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NWB Verlag GmbH & Co. KG, Herne
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Vorwort
Der anspruchsvolle Themenkomplex „Investitionen und Steuern” soll in einem kompakt zusammengefassten Buch mit all seinen
Aspekten behandelt werden. Es ist durchaus eine Herausforderung für den Autor, diesem Anspruch gerecht zu werden. Dies gilt
insbesondere für ein Land wie die Türkei, die einen wichtigen Investitionsstandort für die deutschen Unternehmen darstellt.
Die schnellen rechtlichen, steuerlichen und wirtschaftlichen Änderungen erfordern, dass ein allgemeiner und richtungweisender
Leitfaden mit einem zumindest mittelfristigen Nutzungswert für Investoren und Berater zur Verfügung steht. Vor diesem
Hintergrund wurde die Gliederung des Buches vorgenommen.
Der Schwerpunkt der Arbeit liegt beim Gesellschafts- und Steuerrecht des Landes. Dieser Teil ist eine überarbeitete, gekürzte
und aktualisierte Form des 2003 veröffentlichten Werkes „Das Steuerrecht der Türkei”. Die wesentlichen Neuerungen ergaben
sich in den letzten zehn Jahren im Körperschaftsteuerrecht. Die Bestimmungen des neuen Doppelbesteuerungsabkommens (welches
am 1. August 2012 in Kraft getreten und rückwirkend ab dem 1. Januar 2011 anwendbar ist) wurden hier in den Grundzügen
dargestellt, um den Rahmen des Buches nicht zu sprengen.
Der besondere Dank gilt meiner Frau Irmgard Schäfer-Kesen, meinem Sohn Serko und dem stets freundlichen und hilfsbereiten
Kollegenteam des NWB Verlages.
Hamburg, im August 2012
1. Der Wirtschaftsstandort Türkei
1.1. Land und Bevölkerung
Die Türkei liegt geographisch zwischen den beiden Kontinenten Europa und Asien. Die Landesfläche von 814.578 qkm entfällt
zu 97 % auf den asiatischen Teil (Anatolien) und zu 3 % auf den europäischen Teil (Thrazien). Die angrenzenden Nachbarstaaten
sind Armenien, Bulgarien, Georgien, Griechenland, Iran, Irak und Syrien.
Staats- und Regierungsform sind die parlamentarische Republik und Demokratie mit der Hauptstadt Ankara. Jedoch ist Istanbul
die bevölkerungsreichste Metropole mit über 13 Mio. Einwohnern als Zentrum der Wirtschaft, Kultur und Medien des Landes.
Daher konzentrieren sich die ausländischen Direktinvestitionen in Istanbul und Umgebung.
Die Bevölkerungszahl lag Ende 2010 bei 73,7 Mio. mit einer Dichte von 90,5 pro qkm. Kennzeichnend ist auch das im europäischen
Vergleich hohe Bevölkerungswachsum von 1,1 %. Die Bevölkerungsstruktur weist in Bezug auf Ethnizität,1) Sprache2) und Religion3) eine Vielfalt auf, wie es in keinem anderen europäischen Land der Fall ist. Türkisch ist die Mehrheits- und Amtssprache.
Die Türkei ist Mitglied in fast allen wichtigen internationalen Organisationen wie UNO (1945), Weltbank (1947), IWF (1947),
OECD (1948), Europarat (1949), NATO (1952), OIC (Organisation der Islamischen Konferenz, 1969) und OSZE (Organisation
für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, 1973). Das Land ist eng verbunden mit Europa. Seit 1963 besteht ein Assoziationsverhältnis
zwischen der Türkei und der EU, dem die Gründung der Zollunion (1996) und die EU-Beitrittskandidatur folgten. Im Oktober
2005 wurden Beitrittsverhandlungen mit dem Ziel der Vorbereitung der Türkei auf eine EU-Vollmitgliedschaft aufgenommen.4)
1.2. Wirtschaftskennzahlen
1.2.1. Bruttoinlandsprodukt (BIP)
Die Volkswirtschaft der Türkei zeichnet sich seit 2002 durch hohe Wachstumsraten aus. Sie zählt zu den am stärksten wachsenden Volkswirtschaften und liegt ihrer Stärke nach auf Platz 17 der Weltrangliste.
Die Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes und der Wachstumsraten ist der folgenden Tabelle zu entnehmen:5)
TAB. 1: Bruttoinlandsprodukt (Mio. US-Dollar) und reales Wirschaftswachstum ( %)
Das volkswirtschaftliche Wachstum wird vor allem von den Branchen wie Automobilindustrie, Maschinenbau, Chemiesektor,
Elekro- und Informations- sowie Kommunikationtechnik getragen. Auch der Dienstleistungssektor gilt als ein kontinuierlich
zunehmender Wirtschaftssektor. Die Einflussfaktoren der positiven wirtschaftlichen Entwicklung sind vor allem die
Binnen- und Exportnachfrage sowie (ausländische) Investitionen. Auch die Tourismuseinnahmen, die Geldtransfers aus dem
Ausland und die internationalen Finanzhilfen des IWF und der EU haben zu dieser positiven Entwicklung beigetragen.6)
1.2.2. Inflation
Die hohe Inflation ist stets eine Begleiterscheinung der Wirtschaft gewesen. 2011 lag sie bei 8,3 %, was im Vergleich
mit den europäischen Staaten als zu hoch, jedoch in Bezug auf die Vergangenheit als positiv zu bewerten ist. In den
letzten zehn Jahren konnte die Inflation mit einer restriktiven Geldpolitik und dank des Wirtschaftswachstums erfolgreich
bekämpft werden.7)
Während nach offiziellen Angaben die Inflationsrate 2010 bei 6,4 % lag, stieg sie im Jahr 2011 auf 10,4 %. Diese inflationäre
Entwicklung ist vor allem auf die Erhöhung der Verbrauchssteuern bei Genussmitteln wie alkoholische Getränke und Tabakprodukte
zurückzuführen. Auch die Abwertung der türkischen Lira hat zu diesem Inflationstrend beigetragen.
1.2.3. Arbeitslosigkeit
Die Arbeitslosigkeit, die für 2011 mit 11,9 % offiziell beziffert wird, gehört zu den wichtigsten wirtschaftlichen Problemen. Da es sich
hierbei um die offiziellen Angaben handelt und die statistische Erfassung der Arbeitslosigkeit zum größten Teil auf
Schätzungen beruht, dürfte die tatsächliche Arbeitslosenquote weit über 20 % liegen.
TAB. 2: Entwicklung der Arbeitslosenquote (2001-2010)
Quelle: TÜIK (Türkisches Statistisches Amt), http://www.tuik.gov.tr
Als Gründe der hohen Arbeitslosigkeit trotz des Wachstumstrends kommen mehrere Aspekte in Betracht. Diese sind u. a. das
anhaltend hohe Bevölkerungswachstum, die explosive Binnenmigration und Urbanisierung sowie der geringe (Aus)Bildungsgrad.
1.3. Währung
Die Währungseinheit des Landes ist die Türkische Lira (Türk Lirası, ISO-Code TRY). Nach der Währungsreform im Jahr 20058) konnte sich in den Folgejahren der Wert der türkischen Währung gegenüber US-Dollar und Euro stabilisieren. 2011 stand
die Lira unter einem starken Abwertungsdruck. So stieg der Wert von einem Euro von 2,0 TRY am 31. 12. 2010 auf 2,5 TRY
am 31. 12. 2011.
1.4. Außenwirtschaft
Die Türkei weist vielseitige Außenwirtschaftsbeziehungen auf, wobei die EU den ersten Platz einnimmt. Unter den europäischen
Staaten gilt Deutschland wiederum als der größte Wirtschafts- und Handelspartner der Türkei. Weitere wichtige Handelspartner
sind die USA, China, Russland und Iran.
Im Außenhandelsbereich zeichnen sich die Exporte durch Wachstum und Diversifikation aus. Die führenden Exportbranchen
sind die Kfz-, Textil- und Bekleidungsindustrie, Nachrichtentechnik und Maschinenbau sowie Eisen- und Stahlindustrien.9) Die ebenfalls diversifizierte Importstruktur ist seit Jahrzehnten auf die Zwischenprodukte bzw. Halbwaren für die inländische
Produktion und Rohstoffe (Erdöl und Erdgas) fokussiert.
TAB. 3: Entwicklung der Ex- und Importe (2001-2010)
Quelle: TÜIK (Türkisches Statistisches Amt), http://www.tuik.gov.tr
Trotz der Exportorientierung weist die türkische Volkswirtschaft ein ständiges Handelsbilanzdefizit auf. Die Importe liegen
seit Jahrzehnten über dem Niveau der Exporte, was mit der Industrialisierung, dem Wachstum und der zunehmenden internationalen
Wettbewerbsfähigkeit des Landes zusammenhängt. Der hohe Importbedarf führt zu einem ständigen negativen Handelsbilanzergebnis,
vor allem gestärkt durch die steigenden Preise der Energieimporte. Auch die Abwertung der türkischen Lira, was die Importe
verteuert, jedoch in geringem Umfang zum Exportanstieg führt, ist ein negativer Einflussfaktor im Außenhandel der
Türkei.
TAB. 4: Handelsbilanzsaldo (2001-2010)
Quelle: TÜIK (Türkisches Statistisches Amt), http://www.tuik.gov.tr
1.5. Bedeutung als Investitionsstandort
Die Türkei gilt als ein attraktiver Investitionsstandort, bei dem mehrere Einflussfaktoren wie geostrategische Lage, Bevölkerungs-
und Wirtschaftsdynamik, steigende Kaufkraft und geringe Produktionskosten eine Rolle spielen. Hinzu kommt die staatliche
Investitions- und Steuerpolitik, die sich auch auf die Förderung von ausländischen Direktinvestitionen richtet. Zugleich
weist das Land auch investitionshemmende Probleme wie Schattenwirtschaft, Bürokratiehemmnisse und Korruption sowie das geringe Bildungsniveau auf.10)
Die deutschen Unternehmen haben die Türkei ebenfalls als einen strategischen Investitionsstandort erkannt und dementsprechend
gehandelt. Zu den größten deutschen Investoren gehören vor allem Konzerne wie Daimler-Chrysler, Siemens, MAN und Bosch.
Diese haben sich insbesondere auf die Bereiche Maschinenbau, chemische Industrie, Automobil- und Textilindustrie sowie
die Herstellung von Geräten der Elektrizitätserzeugung konzentriert. Auch Dienstleistungen (Fremdenverkehr und Finanzdienstleistungen)
gehören zu den Tätigkeitsbereichen von deutschen Unternehmen in der Türkei. Es gibt auch eine eindeutige regionale
Konzentration der Direktinvestionen (regionale Verteilung). Die Marmara-Region und die Ägäis-Küste sind die Hauptstandorte,
während die Provinzen Ankara und Antalya auch als Investitionsstandorte in Betracht kommen.
TAB. 5: Ausländische Direktinvestitionen in der Türkei (2000-2009)
Zusammengestellt aus: T. C. Başbakanlık Hazine Müsteşarlığı, http://www.hazine.gov.tr/irj/portal/anonymous; T. C. Merkez Bankası, http://www.tcmb.gov.tr/.
Ende 2010 waren in der Türkei insgesamt 25.948 ausländische Direktinvestoren präsent, von denen 77 % in Form einer GmbH,
20,8 % in Form einer AG und 2,2 % durch Gründung einer Personengesellschaft tätig waren. Unter den ausländischen Investoren
nehmen die Unternehmen aus der EU den ersten Platz ein, an deren Spitze wiederum die deutschen Unternehmen stehen. 2010 wurden 3.344 neue Firmen mit ausländischem Kapital gegründet, von denen 1.343
aus dem EU-Raum stammen. Die Anzahl der deutschen Investoren lag bei 471.11)
TAB. 6: Anzahl der ausländischen Firmen in der Türkei
Quelle: T. C. Başbakanlık Hazine Müsteşarlığı, http://www.hazine.gov.tr/irj/portal/anonymous.
2. Türkisches Handelsrecht
2.1. Gesellschaftsrecht
2.1.1. Allgemeines
Die gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen erstrecken sich auf mehrere allgemeine und spezielle Gesetze. Die wichtigsten
allgemeinen Gesetze sind Türkisches Handelsgesetzbuch (Türk Ticaret Kanunu, TTK),1) Kapitalmarktgesetz (Sermaye Piyasası Kanunu, SPK),2) Türkisches Obligationengesetzbuch (Türk Borçlar Kanunu, TBK)3) und Türkisches Zivilgesetzbuch (Türk Medeni Kanunu, TMK).4) Als spezielle Gesetze sind Bankengesetz (Bankalar Kanunu), Genossenschaftsgesetz (Kooperatifler Kanunu), Versicherungsgesetz (Sigortacılık Kanunu) und Leasinggesetz (Finansal Kiralama Kanunu) zu nennen.
Der Begriff „Gesellschaft” ist gesetzlich nicht definiert. Im Gesetz wird im Einzelnen eine Aufzählung der „Handelsgesellschaften”
vorgenommen, die eine Rechtspersönlichkeit besitzen (§§ 124 und 125 TTK). Dazu zählen sowohl Personengesellschaften
wie Kollektive Gesellschaft (KollG, Kollektif Şirket) und Kommanditgesellschaft (KomG, Komandit Şirket) als auch Kapitalgesellschaften wie Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA, Sermayesi Paylara Bölünmüş Komandit Şirket), Aktiengesellschaft (AG, Anonim Şirket) und Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH, Limited Şirket). Die Personengesellschaft in Form einer „einfachen Gesellschaft” (eG, AdiŞirket) gehört dagegen nicht zu den Handelsgesellschaften.
2.1.2. Rechtsformen
2.1.2.1. Personengesellschaften5)
Das türkische Handelsgesetzbuch nennt bei der Unterteilung der Handelsgesellschaften als Personengesellschaften ausdrücklich die Kollektiv- und Kommanditgesellschaft.
Die allgemeinen und speziellen Vorschriften des Handelsgesetzbuches sind auf diese Rechtsformen vorrangig anzuwenden.
Außerdem verweist das Gesetz auf die Anwendung der allgemeinen Vorschriften des türkischen Zivilgesetzbuches betreffend
die juristischen Personen und die Bestimmungen des Obligationengesetzbuches über die einfache Gesellschaft.
Die allgemeinen Vorschriften des Gesetzes (§§ 124 ff. TTK), die bei den Personengesellschaften zu beachten sind und
allerdings auch für Kapitalgesellschaften gelten, beziehen sich insbesondere auf die Rechtspersönlichkeit, die Befugnis
zum Erwerb der Rechte und zum Eingehen von Verbindlichkeiten, die Einlagepflicht und die Forderungen der Gesellschafter.
2.1.2.1.1. Einfache Gesellschaft
Für die Gründung der einfachen Gesellschaft (eG) sind die Vorschriften des türkischen Obligationengesetzbuches (§§ 620 ff. TBK) maßgebend. Die gesetzlichen Mindestvorgaben
sind allgemein gefasst, so dass die Gesellschafter im Vergleich zu anderen Gesellschaftsformen mehr und flexible
Gestaltungsmöglichkeiten haben. Die vertraglichen Vereinbarungen müssen jedoch mit den gesetzlichen Bestimmungen im
Einklang stehen.
Die eG ist eine Personenvereinigung und kommt durch einen mündlichen oder schriftlichen Gesellschaftsvertrag zwischen zwei
oder mehr Personen zustande. Der Gesellschaftszweck muss nicht unbedingt wirtschaftlicher Natur sein. Die Gründer
bzw. Gesellschafter einer eG können sowohl natürliche als auch juristische Personen sein. Die Gesellschaft als bloße Personenvereinigung besitzt
keine Rechtspersönlichkeit und ist nicht verpflichtet, ins Handelsregister eingetragen zu werden.
Die Höhe der Gesellschaftereinlagen und deren Anteile werden von Gesellschaftern vertraglich bestimmt, was für die Anteile
am Gewinn bzw. Verlust der eG entscheidend ist. Ohne diesbezügliche Vereinbarungen gilt der gesetzliche Grundsatz, dass der Gewinn bzw. Verlust auf
die Gesellschafter gleichmäßig verteilt wird (§ 621 TBK).
Die Geschäftsführung der eG steht grundsätzlich allen Gesellschaftern zu, ist jedoch auf einen oder mehrere Gesellschafter übertragbar. Die
Einzelgeschäftsführung kann aber auch vertraglich oder durch Gesellschaftsbeschluss von einem Dritten wahrgenommen werden
(§ 625 TBK).
Gegenüber den Gläubigern gilt die Gesamtschuldnerschaft der Gesellschafter (§ 637 TBK). Daher haftet jeder Gesellschafter
für die Schulden der eG mit seinem Gesellschaftsanteil und seinem Privatvermögen. Die Haftung gilt jedoch nicht für die stillen Beteiligten
an der eG.
Die Beendigung der eG kann mehrere Gründe haben (§ 639 TBK). Neben dem Gesellschafterbeschluss können auch andere Gründe wie der Tod
oder das Ausscheiden eines Gesellschafters bei einer Zweipersonengesellschaft, Konkurs oder Entmündigung zum Ende der
Gesellschaft führen. Im Falle einer Vertragsvereinbarung über eine befristete Dauer der Personenvereinigung gilt der Zeitablauf genauso wie die Verfehlung oder die Erfüllung des Gesellschaftszweckes
als Auflösungsgrund.
Die Auflösung der einfachen Gesellschaft ist mit der Auseinandersetzung über das Gesellschaftsvermögen verbunden
(§§ 642 ff. TBK). Nach der vorrangigen Tilgung der Gesellschaftsschulden sind die Forderungen und die Einlagen der Gesellschafter
zurückzuzahlen. Das verbleibende Vermögen der eG ist als Gewinn auf die Gesellschafter zu verteilen.
2.1.2.1.2. Kollektivgesellschaft
Die Kollektivgesellschaft (KollG, Kollektif Şirket) ist eine Personengesellschaft, deren Zweck im Betreiben eines Handelsbetriebes durch Zusammenschluss von natürlichen
Personen liegt. Diese Gesellschafts- bzw. Rechtsform in der Türkei ist mit der deutschen OHG vergleichbar. Der wichtigste
Unterschied liegt darin, dass die Mitunternehmerschaft der juristischen Personen in einer KollG nicht zulässig ist.
Die wesentlichen Rechtsgrundlagen sind im türkischen Handelsgesetzbuch (§§ 211-303 TTK) verankert. Die allgemeinen Vorschriften des Gesetzes über die Handelsgesellschaften (§§ 124 ff. TTK)
müssen ebenfalls besonders beachtet werden. Im Gegensatz zur einfachen Gesellschaft besitzt die KollG eigene Rechtspersönlichkeit
und unterliegt den strikt zu befolgenden handelsrechtlichen Bestimmungen.
Die Gründungsprozedur ist gesetzlich vorgegeben. Danach muss zunächst ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag geschlossen
und notariell beglaubigt werden. Im Gesellschaftsvertrag müssen die folgenden Angaben unbedingt enthalten sein:
1.
Vor- und Nachname, Wohnsitz und Staatsbürgerschaft der Gesellschafter;
2.
Bezeichnung als Kollektivgesellschaft,6)
3.
Handelsbezeichnung und Sitz der Gesellschaft;
4.
mit wesentlichen Aspekten angegebener und definierter Gegenstand des Unternehmens der Gesellschaft;
5.
Geldwert der von den Gesellschaftern zugesagten Kapitaleinlage, Wert der nicht in Geld eingebrachten Kapitaleinlage
und deren Bewertungsweise, Eigenschaft, Umfang und Wert der Dienstleistung als eingebrachtes Kapital;
6.
Vor- und Nachname der zur Vertretung der Gesellschaft befugten Personen, Angabe darüber, ob diese Personen allein oder
gemeinsam die Unterschriftsvollmacht ausüben können.
Für den Fall, dass der Abschluss oder die Inhalte des Gesellschaftsvertrages den gesetzlichen Anforderungen nicht entsprechen,
ist nach dem Handelsgesetzbuch eine KollG wie eine eG zu behandeln. Die Folge davon ist, dass die Bestimmungen des Obligationengesetzbuches betreffend die eG auf die Gesellschaft anzuwenden sind.
Nach der notariellen Beglaubigung des Gesellschaftsvertrages muss innerhalb von 15 Tagen die Eintragung ins Handelsregister,
wodurch die KollG erst Rechtspersönlichkeit erwirbt, beantragt werden. Der Registereintragung folgt dann als letzter
Akt der Gründungsprozedur die öffentliche Bekanntmachung der Gesellschaftsgründung im Handelsregisterblatt (Publizitätspflicht).
Für alle Rechtsgeschäfte, die vor dem endgültigen Abschluss der Gründungsprozedur abgewickelt werden, haften die
Gesellschafter gegenüber Dritten persönlich und gemeinschaftlich.
Für die Höhe der Gesellschaftereinlagen, die in Form von Geld, Sachen, Rechten oder Arbeitsleistungen eingebracht werden
können, besteht keine gesetzliche Mindesteinlage. Die vertraglich vereinbarten und noch nicht eingebrachten Einlagen
sind Gesellschafterschulden, die von der KollG direkt oder gerichtlich eingefordert werden können. Nach vorangegangener
Mahnung kann von dem Gesellschafter auch eine Entschädigung verlangt werden. Bei Geldeinlagen ist die Gesellschaft
berechtigt, zusätzlich Verzugszinsen einzufordern.
Bei der Rechtsform der KollG gewährt das Handelsgesetzbuch die weitgehende „Vertragsfreiheit”, soweit die gesetzlichen Bestimmungen beachtet werden. Dies gilt auch bezüglich
der Geschäftsführung einer KollG. Der gesetzliche Grundsatz, dass jeder Gesellschafter einzeln das Recht und die
Pflicht zur Geschäftsführung der KollG hat, kann durch den Gesellschaftsvertrag oder durch einen Gesellschafterbeschluss
anders geregelt werden. Die Geschäftsführung kann auf einen, mehrere oder alle Gesellschafter übertragen werden.
Auch Dritte können mit der Geschäftsführung der KollG beauftragt werden.
Die Gesellschafter haben sich an das handelsrechtliche Wettbewerbsverbot zu halten. Ohne Zustimmung der anderen Gesellschafter
darf ein Gesellschafter keine Tätigkeiten, die mit den Handelsgeschäften der KollG vergleichbar Art sind, auf
eigene Rechnung oder für Dritte ausüben. Genauso ist es dem Gesellschafter nicht erlaubt, sich an einer in der gleichen
Branche tätigen Gesellschaft ohne Haftungsbeschränkung zu beteiligen. Bei neu eingetretenen Gesellschaftern, die
bereits an einem anderen ähnlichen Handelsunternehmen als Gesellschafter mit unbeschränkter Haftung beteiligt
sind, gilt das Wettbewerbsverbot nicht, wenn die anderen Gesellschafter Kenntnis davon haben und den Rücktritt aus der
anderen Gesellschaft nicht verlangen.
Bei Verstößen gegen das Wettbewerbsverbot ist die Gesellschaft berechtigt, Schadensersatz zu verlangen oder die auf
eigene Rechnung abgewickelten Geschäfte des Gesellschafters auf die Gesellschaft zu übertragen. Dies gilt auch
für Geschäfte auf Rechnung Dritter, deren Ergebnisse seitens der Gesellschaft verlangt werden können. Diese Optionen können mit der Stimmenmehrheit
der anderen Gesellschafter ausgeübt werden. Gesellschafter, deren Rechte verletzt sind, können auch die Auflösung der
Gesellschaft beantragen.
Der Anteil der einzelnen Gesellschafter am Gewinn bzw. Verlust wird i. d. R. durch Gesellschaftsvertrag oder per
Gesellschafterbeschluss festgelegt. Nach der gesetzlichen Bestimmung kann die Verteilung des Gewinns bzw. des Verlustes
auch einem der Gesellschafter oder einem Dritten überlassen werden. Beim Verstoß gegen den Gerechtigkeitsgrundsatz
kann der jeweilige Gesellschafter den Verteilungsbeschluss gerichtlich anfechten. Als Ausschlussgründe einer Anfechtungsklage
werden im Handelsgesetzbuch die Überschreitung der Dreimonatsfrist, volle oder teilweise Inanspruchnahme oder auf Dritte vollzogene Übertragung
des Gewinnanteils sowie die angefangene Verlustbegleichung seitens des anfechtenden Gesellschafters genannt.
Die Finanztabellen (Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung sowie Anlagen) sind nach dem Ende des Geschäftsjahres von der
Geschäftsführung aufzustellen und der Gesellschafterversammlung vorzulegen. Die Feststellung des Jahresabschlusses
bedarf der Stimmenmehrheit der Gesellschafter. Nach der obligatorischen gesetzlichen Bestimmung hat jeder Gesellschafter
eine Stimme. Die Gesellschafterversammlung beschließt auch die Gewinn- und Verlustverteilung, wenn gesellschaftsvertraglich
nichts anderes bestimmt ist. Jeder Gesellschafter kann innerhalb von drei Monaten nach dem Gesellschafterbeschluss
eine Nichtigkeitsklage erheben.
Jeder Gesellschafter ist berechtigt, von dem nach dem Geschäftsjahr festgestellten Gesamtgewinn seinen Gewinnanteil,
seine Darlehensforderungen gegenüber der Gesellschaft und die Darlehen und die auf das eingelegte Kapital anfallenden
Zinsen sowie seinen vertraglich vereinbarten Unternehmerlohn einzufordern. Soweit vertraglich vereinbart, werden der
Unternehmerlohn und die Zinsen auf das eingelegte Kapital innerhalb des Geschäftsjahres ausgezahlt.
Die Aufstellung der Bilanz und der Gewinnanteile können von jedem Gesellschafter angefordert werden. Diese Rechte der
Gesellschafter dürfen nach dem Handelsgesetzbuch durch Vertragsgestaltungen nicht eingeschränkt oder aufgehoben werden.
Die Haftung für die Gesellschaftsschulden ist sukzessiv geregelt. Zunächst gilt die Haftung der KollG mit dem Gesellschaftsvermögen.
Danach kommt die persönliche Haftung der Gesellschafter mit ihrem Gesamtvermögen für die Schulden und Verpflichtungen
der Gesellschaft. Dies gilt auch für die neu eingetretenen Gesellschafter, auch wenn die Schulden vor seinem Eintritt
in die KollG bereits entstanden sind. Soweit die Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen erfolglos geblieben ist
oder die Gesellschaft nicht mehr besteht, können die Gesellschafter neben der Gesellschaft im gerichtlichen Verfahren
in Haftung genommen werden. Insofern ist die Gesellschafterhaftung subsidiär. Im Falle der Begleichung der Gesellschaftsschulden kann der zahlende Gesellschafter von den Mitunternehmern
einen Ausgleich verlangen.
Für die Beendigung der KollG werden im Gesetz mehrere Gründe genannt. Zunächst wird auf die Auflösungsgründe der eG verwiesen, welche auch für die KollG gelten (siehe dazu: Unterkapitel 2.1.2.2.1.). Außerdem führen folgende Fälle
zur Auflösung der Gesellschaft:
1.
Konkurs der Gesellschaft, auch wenn es zu einem Vergleich gekommen ist;
2.
Verlust des Gesellschaftskapitals im Ganzen oder zu zwei Drittel, wenn der Kapitalverlust nicht ausgeglichen wird oder
die Fortsetzung der Gesellschaft mit dem Restkapital nicht beschlossen ist;
3.
Verschmelzung mit einer anderen Gesellschaft;
4.
Gerichtsentscheidung über die Liquidation auf Antrag eines oder mehrerer Gesellschafter;
5.
Konkurs eines Gesellschafters, wenn er aus der Gesellschaft nicht ausgeschlossen und sein Anteil an die Konkursverwaltung
nicht ausgezahlt wird.
Abgesehen vom Konkursfall beginnt nach der Auflösung der KollG das Liquidationsverfahren (§§ 267-303 TTK). Soweit im
Gesellschaftsvertrag nichts anderes vereinbart ist, ist die Liquidation nach den gesetzlichen Bestimmungen durchzuführen.
Liquidatoren können die von der Gesellschaft einstimmig beauftragten Personen, Gesellschafter selbst oder vom
Gericht bestellte Personen sein.
Die Liquidatoren sind verpflichtet, am Beginn der Liquidation eine Bilanz und ein Inventar aufzustellen und die Abwicklung
durchzuführen. Dabei sind die Gläubiger der „KollG in Liquidation” vorrangig zu behandeln. Nach dem Abschluss der Abwicklungsgeschäfte
ist eine Schlussbilanz aufzustellen, die ohne gerichtlichen Widerspruch der Gesellschafter innerhalb eines Monats
nach der Bilanzerstellung endgültig ist. Anschließend werden die Anteile betreffend Kapital, Gewinn und sonstige Rechte
an die Gesellschafter ausgezahlt. Mit der Eintragung der Löschung ins Handelsregister verliert die KollG ihre Rechtspersönlickeit.
2.1.2.1.3. Kommanditgesellschaft
Die Eigenschaft der Kommanditgesellschaft (KomG) als eine Personengesellschaft wird im türkischen Handelsrecht durch
eine Begriffsdefinition klar festgelegt (§ 304 TTK). Danach ist eine KomG jene Gesellschaft, die zum Zwecke eines
Handelsbetriebes unter einer Handelsbezeichnung gegründet wird, und zwar von einem oder mehreren Gesellschaftern,
die gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft unbeschränkt haften, und von einem oder mehreren Gesellschaftern, deren
Haftung auf ein bestimmtes Kapital beschränkt ist. Der voll haftende Gesellschafter wird, wie im deutschen Recht, als Komplementär (kommandite) und der Gesellschafter mit beschränkter Haftung wird als Kommanditist (komanditer) bezeichnet. Als Komplementäre einer KomG kommen ausschließlich natürliche Personen in Betracht, während die
Kommanditisten auch juristische Personen sein können.
Die speziellen handelsrechtlichen Vorschriften (§§ 304-328 TTK) über die KomG beziehen sich insbesondere auf die
Definition und Gründung der Gesellschaft, das Innenverhältnis der Gesellschafter und deren Rechtsstellung im Außenverhältnis
sowie Rechte und Pflichten der Kommanditisten. Auf die KomG finden auch die allgemeinen Vorschriften und die besonderen
Bestimmungen des Handelsgesetzbuches über die KollG Anwendung. Abgesehen von den Besonderheiten unterliegen beide
Personengesellschaften, Kollektivgesellschaft und Kommanditgesellschaft, meistens den gleichen Regelungen des Handelsgesetzbuches.
Die Erlangung der Rechtspersönlichkeit der KomG erfordert den erfolgreichen Abschluss des Gesellschaftsvertrages und
der Eintragung ins Handelsregister,7) wie es bei der KollG im vorigen Kapitel erläutert wurde. Zu den Mindestangaben im Gesellschaftsvertrag der KomG
gehören außerdem die Angaben über die Kommanditisten, deren beschränkte Haftung und Einlagen.
Bezüglich der Gesellschaftereinlagen gilt bei einer KomG, dass die Einlagen der Kommanditisten weder in Form von Arbeitsleistung
noch eines „guten Leumunds” (ticariitibar) eingebracht werden können. Für die Komplementäre gelten die gleichen, im vorigen Kapitel erläuterten Einlagenrechte
und -pflichten der Gesellschafter einer Kollektivgesellschaft.
Die Geschäftsführung und die Vertretungsbefugnis der KomG obliegen ausschließlich den Komplementären. Auch wenn bei
Gesellschafterbeschlüssen jeder Gesellschafter, also auch ein Kommanditist, eine Stimme hat, haben die Kommanditisten
bei den laufenden Geschäften der Geschäftsführung kein Widerspruchsrecht. Soweit die vertraglichen Bestimmungen
nicht verletzt werden, können Kommanditisten als Vertreter, Bevollmächtigte oder Verkaufsagent der Gesellschaft beauftragt
und tätig werden.
Das Wettbewerbsverbot der Gesellschafter ist unterschiedlich geregelt. Für die Komplementäre der KomG gelten die gleichen
Verbotsregelungen wie bei den Gesellschaftern einer KollG. Bei Kommanditisten gilt dieses Verbot nicht, führt jedoch
bei Vorliegen der Voraussetzungen des Wettbewerbsverbots dazu, dass diese Gesellschafter ihr Recht auf die Prüfung
der Unterlagen und Bücher der KomG verlieren. In der Regel dürfen die Kommanditisten selbst oder durch Dritte nach dem
Ende des Geschäftsjahres alle Geschäftsunterlagen, insbesondere die Finanztabellen, prüfen und können dieses Recht gegebenenfalls durch Gerichtsbeschluss
durchsetzen.
Die Gewinn- bzw. Verlustverteilung wird nach den gleichen Grundsätzen wie bei einer KollG vorgenommen. Der Gewinnanteil
des Komplementärs ist aufgrund des Jahresabschlussergebnisses festzustellen und auszuzahlen. Der Unternehmerlohn
und die Darlehenszinsen können nach vertraglicher Vereinbarung auch während des Geschäftsjahres gezahlt werden. Die
Kommanditisten haben das Recht auf Auszahlung der Gewinnanteile und der ggf. vorhandenen, vertraglich vereinbarten
Zinsforderungen, solange ihre Kapitaleinlage nicht gemindert ist. Während die Auszahlung des Gewinns und der Zinsen
an den Komplementär zu einem negativen Kapitalkonto von ihm führen kann, hat ein Kommanditist im Falle seiner
nicht ausgeglichenen Kapitaleinlage keinen Gewinn- und Zinsauszahlungsanspruch.
Die Verpflichtungen der KomG und ihrer Komplementäre in Bezug auf die Gesellschaftsschulden entsprechen den diesbezüglichen
gesetzlichen Regelungen über eine KollG. Demnach haftet der Komplementär nach dem Subsidiaritätsprinzip persönlich und
unbeschränkt mit seinem Gesamtvermögen. Dagegen ist die Haftung des Kommanditisten auf die eingebrachte Gesellschaftseinlage
beschränkt. Bei Nichteinbringung der Einlage haftet der Kommanditist in dieser Höhe subsidiär, persönlich und mit seinem
Privatvermögen. Für den Fall, dass der Kommanditist in der Handelsbezeichnung namentlich angegeben ist, trägt er die
selben Haftungspflichten gegenüber Dritten wie ein Komplementärgesellschafter. Die volle Haftung eines Kommanditisten
ist auch gegeben, wenn er bei Geschäftshandlungen mit Dritten auf seine Eigenschaft als Vertreter, Bevollmächtigter
oder Verkaufsagent der KomG nicht ausdrücklich hinweist.
Für die Beendigung der KomG gelten die gleichen gesetzlichen Regelungen wie bei einer KollG. Bestimmte, die Kommanditisten
betreffenden Ereignisse wie der Tod oder die Entmündigung führen nach der Gesetzeslage nicht zur Auflösung der Gesellschaft,
wenn solche Fälle gesellschaftsvertraglich geregelt sind. Das Liquidationsverfahren einer KomG ist nach den gleichen
Maßstäben durchzuführen, wie dies für die KollG vorgeschrieben ist.
2.1.2.3. Kapitalgesellschaften
2.1.2.3.1. Gesellschaft mit beschränkter Haftung
Die GmbH (türk.: Limited Şirket) ist eine juristische Person und eine Handelsgesellschaft, die nach der Handelsregistereintragung erst ihre Rechtspersönlichkeit
und die Kaufmannseigenschaft erlangt. Sie wird nach den Bestimmungen des Handelsgesetzbuches gegründet. Auf diese
Gesellschaftsform sind insbesondere die speziellen Vorschriften (§§ 573 bis 644 TTK), die allgemeinen handelsrechtlichen Vorschriften und zum Teil die auf die AG bezogenen
Bestimmungen des Gesetzes anzuwenden.
Für die Gründung sind zunächst ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag und die notarielle Beglaubigung der Unterschriften
der Gründungsgesellschafter erforderlich. Der Gesellschaftsvertrag muss folgende Mindestangaben enthalten:
1.
Handelsbezeichnung8) und Sitz der Gesellschaft;
2.
Gesellschaftszweck, der mit wesentlichen Aspekten angegeben und definiert ist;
3.
Nominalwert des Stammkapitals, Anzahl und Nominalwert der Anteile am Stammkapital, gegebenenfalls Vorrechte, Gruppeneinteilung
der Anteile am Stammkapital;
4.
Vor- und Nachname, Titel und Staatsangehörigkeit der Geschäftsführer;
5.
Form der Bekanntmachungen seitens der Gesellschaft.
Die GmbH kann mindestens von einer Person, jedoch höchstens von 50 Personen gegründet werden. Die Gründer bzw. Gesellschafter
können sowohl natürliche als auch juristische Personen sein. Eine Ein-Personen-GmbH ist nach dem neuen türkischen
Handelsgesetzbuch zulässig. Im Falle des Ausscheidens aller anderen Gesellschafter ist die Geschäftsführung verpflichtet, die Eigenschaft
der Gesellschaft als Ein-Personen-GmbH eintragen zu lassen und bekanntzumachen.
Die Mindesthöhe des Stammkapitals liegt zurzeit bei 10.000 Türkische Lira (TL). Dieser Betrag kann auf Beschluss des
Ministerrates bis zum Zehnfachen erhöht werden. Im Gesellschaftsvertrag muss der Nennwert der Anteile am Stammkapital
mindestens 25 TL betragen. Dieser Betrag kann jedoch zur Verbesserung der Situation der Gesellschaft unterschritten
werden. Die Anteile der einzelnen Gesellschafter können unterschiedlich bestimmt werden, und ein Gesellschafter kann
mehrere Anteile besitzen. Der Gesamtanteil eines Gesellschafters am Stammkapital muss mindestens 25 TL oder das
Mehrfache dieser Mindesteinlage betragen.
Die Gesellschafter haben ihre Anteile am Stammkapital in der im Gesellschaftsvertrag vereinbarten Form (Geld- oder Sacheinlage,
Verrechnung von Forderungen oder Umwandlung der Eigenkapitalanteile in Stammkapital) einzuzahlen. Die Erhöhung oder
die Minderung des Stammkapitals bedarf der Änderung des Gesellschaftsvertrages durch einen Beschluss der Gesellschafter
mit einem Zweidrittelanteil und ist mit der Verpflichtung zur Handelsregistereintragung sowie zur öffentlichen Bekanntmachung
verbunden.
Als höchstes Entscheidungsgremium gilt die aus den Gesellschaftern bestehende Generalversammlung (türk.: genel kurul). Die nicht übertragbaren Befugnisse dieses Organs sind gesetzlich festgelegt (§ 616 TTK). Dazu gehören zunächst:
Satzungsänderungen;
Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer;
Bestellung und Abberufung von Prüfern, einschließlich der Prüfer für die Gesellschaft und die Geschäftsvorgänge;
Genehmigung der Jahresfinanztabellen und des Jahresgeschäftsberichts der Gesellschafter;
Genehmigung der Jahresfinanztabellen und des Jahresgeschäftsberichts, Beschluss über die Gewinnverteilung; Feststellung
der Gewinnanteile;
Festlegung und Bestätigung der Gehälter der Geschäftsführer;
Genehmigung der Übertragung der Anteile am Stammkapital;
Beantragung des Austritts eines Gesellschafters aus der Gesellschaft beim Gericht;
Beauftragung des Geschäftsführers für den Erwerb der Eigenanteile der Gesellschaft oder Genehmigung eines solchen
Erwerbs;
Auflösung der Gesellschaft;
Entscheidung über Sachverhalte, die sich aus dem Gesetz und aus dem Gesellschaftsvertrag ergeben oder von den
Geschäftsführern zur Beschlussfassung der Generalversammlung vorgelegt wurden.
Soweit im Gesellschaftsvertrag geregelt ist, obliegen folgende Befugnisse ausschließlich der Generalversammlung
(§ 616 TTK):
Beschlüsse über die gesellschaftsvertraglich für die Genehmigung der Generalversammlung vorgesehenen Fälle und die
Genehmigung der Tätigkeiten der Geschäftsführer;
Beschlüsse über Vorschlagsvorlagen, Vor- und Rückkauf sowie Kaufrechte;
Bestätigung der Anwendung des Verpfändungsrechtes über die Stammkapitalanteile;
Verabschiedung einer internen Richtlinie über die Nebenpflichten der Gesellschafter;
Genehmigung der mit der Treuepflicht und dem Wettbewerbsverbot unvereinbaren Tätigkeiten der Geschäftsführer und der
Gesellschafter;
Ausschluss eines Gesellschafters aus den im Gesellschaftsvertrag vorgesehenen Gründen.
Die ordentliche Generalversammlung der GmbH wird jährlich innerhalb von drei Monaten nach dem Ende des Geschäftsjahres
durch die Geschäftsführer einberufen. Die Mindestfrist der Ladung zur Versammlung beträgt nach dem Gesetz 15 Tage,
kann jedoch durch Gesellschaftsvertrag auf 10 Tage gekürzt oder verlängert werden. Diese Ladungsfristregelung gilt auch für außerordentliche Generalversammlungen, die entsprechend dem Gesellschaftsvertrag und
jederzeit einberufen werden. Die Gesellschafter können sich untereinander oder durch einen Dritten vertreten lassen.
Für die Gesellschafterbeschlüsse ist die absolute Mehrheit der auf der Versammlung vertretenen Stimmen erforderlich,
die nach dem Nennbetrag der Gesellschaftsanteile berechnet werden. Jede 25 TL des Anteils am Stammkapital gewähren
eine Stimme, was durch Gesellschaftsvertrag auch anders geregelt werden kann. Ein Gesellschafter hat mindestens eine
Stimme. Die Stimmrechte der Gesellschafter, die mehr Anteile besitzen, können gesellschaftsvertraglich beschränkt werden.
Die Stimmenregelung kann auch nach der Anzahl der Gesellschafter festgelegt werden, soweit dies im Gesellschaftsvertrag
geregelt ist und der Nennbetrag des Gesellschafters mit geringster Beteiligung mindestens ein Zehntel der anderen
Gesellschafteranteile beträgt. In diesem Fall verfügt jeder Gesellschafter über eine Stimme. Die Anwendung dieser
Stimmrechtsverteilung ist für folgende Beschlüsse ausgeschlossen:
Wahl der Prüfer;
Wahl der Sonderprüfer für Geschäftsführung oder bestimmte Aufgabenbereiche;
Erhebung einer Haftungsklage.
Gesellschafter, die an der Geschäftsführung beteiligt sind, dürfen an der Abstimmung über die Entlastung der Geschäftsführer
nicht teilnehmen. Bei Übertragung der Gesellschaftsanteile oder im Falle der Beschlussfassung bezüglich der Verstöße
gegen die Treuepflicht oder das Wettbewerbsverbot sind die betroffenen Gesellschafter ebenfalls vom Stimmrecht
ausgeschlossen.
Die Gesellschafterbeschlüsse dürfen in folgenden Fällen bei Zustandekommen einer Zweidrittelmehrheit der vertretenen
Stimmen oder einer absoluten Mehrheit der Gesamtanteile am Stammkapital auf der Versammlung gefasst werden:
Änderung des Gesellschaftszwecks;
Festlegung der bevorrechtigten Stammkapitalanteile;
Beschränkung, Verbot oder Erleichterung der Übertragung der Stammkapitalanteile;
Erhöhung des Stammkapitals;
Beschränkung oder Aufhebung der Vorrechte;
Verlegung des Gesellschaftssitzes;
Genehmigung seitens der Generalversammlung betreffend die mit der Treuepflicht und dem Wettbewerbsverbot unvereinbaren
Tätigkeiten der Geschäftsführer und der Gesellschafter;
Klageerhebung wegen Ausschlusses eines Gesellschafters aus berechtigten Gründen und Ausschlusses eines Gesellschafters
aus den im Gesellschaftsvertrag festgelegten Gründen;
Auflösung der Gesellschaft.
Die Geschäftsführung und Vertretung der GmbH (§§ 623 bis 630 TTK) wird durch Gesellschaftsvertrag geregelt. Ein oder
mehrere Gesellschafter sowie Dritte können zu Geschäftsführern bestellt werden, von denen mindestens einer Gesellschafter
sein muss. Die Generalversammlung kann jederzeit den oder die Geschäftsführer abberufen. Aus berechtigten Gründen
(z. B. Verletzung der Treuepflicht bzw. des Wettbewerbsverbots und Verstöße gegen Gesetze oder Satzungsbestimmungen)
können die einzelnen Gesellschafter die Abbestellung der Geschäftsführer oder die Einschränkung ihrer Befugnisse
beim Gericht beantragen.
Sowohl natürliche als auch juristische Personen können Geschäftsführer sein. Die juristischen Personen werden zur Wahrnehmung
ihrer Geschäftsführungsaufgaben durch eine natürliche Person vertreten. Mindestens ein Gesellschafter muss seinen
Wohnsitz in der Türkei haben und zur Einzelvertretung der Gesellschaft befugt sein.
Bei mehreren Geschäftsführern wird durch die Generalversammlung ein Vorsitzender bestellt, der u. a. zur Einberufung
und Durchführung der Generalversammlung sowie zur Abgabe von Erklärungen und Anzeigen im Namen der Gesellschaft befugt
ist, soweit im Gesellschaftsvertrag oder durch Generalversammlung nichts anderes geregelt ist. Die Beschlüsse der
Gesamtgeschäftsführung werden nach dem Mehrheitsprinzip gefasst, wobei in Pattsituationen die Stimme des Vorsitzenden
für die Mehrheitsfindung entscheidend ist.
Die Geschäftführer unterliegen ohne vertragliche Vereinbarungen oder Genehmigung der Generalversammlung dem Wettbewerbsverbot
und haben wie die Gesellschafter die Treuepflicht gegenüber der Gesellschaft. Die Geschäftsführung darf folgende Aufgaben
auf Dritte nicht übertragen (§ 625 TTK):
Die oberste Führung und Leitung der Gesellschaft;
Bestimmung der Organisation der Gesellschaftsführung entsprechend den Gesetzen und dem Gesellschaftsvertrag;
Festlegung der Buchführung, Finanzkontrolle und -planung in der für die Geschäftsführung erforderlichen Form;
Aufsicht über die Tätigkeiten der dritten beauftragten Personen in Bezug auf die Vereinbarkeit mit den Gesetzen, dem
Gesellschaftsvertrag und den internen Richtlinien sowie Gesellschaftsbeschlüssen;
Gründung eines Ausschusses zur frühen Feststellung und Verwaltung der Risiken, davon ausgenommen die kleinen Gesellschaften;
Vorbereitung der Finanztabellen und des Jahresgeschäftsberichtes der Gesellschaft und erforderlichenfalls auch der
Gesellschafter;
Vorbereitung der Sitzung der Generalversammlung und die Umsetzung von deren Beschlüssen;
Mitteilung an das Gericht im Falle der Überschuldung der Gesellschaft.
Die Generalversammlung kann für bestimmte Aufgaben auch Prokuristen (ticari mümessil) und Handlungsbevollmächtigte (ticari vekil) bestellen. Soweit im Gesellschaftsvertrag vereinbart, können der Einzelgeschäftsführer oder die Mehrheit der
Geschäftsführer ebenfalls zur Einberufung und Abbestellung befugt sein. Die Absetzung der von der Generalversammlung
berufenen Prokuristen oder Handlungsbevollmächtigten bedarf des Beschlusses dieses Organs.
Die Gewinnverteilung erfolgt gemäß dem Verhältnis der Anteile am Stammkapital, wobei die Zuzahlungen der Gesellschafter
und die Eigenanteile der GmbH in der Berechnung der ausschüttbaren Gewinnanteile zu berücksichtigen sind. Im
Gesellschaftsvertrag kann auch eine andere Verteilungsregelung vereinbart werden. Maßgebend für die Gewinnverteilung
ist der Jahresreingewinn bzw. die dafür gebildete Rücklage. Der Gesellschafterbeschluss über die endgültige Verteilung
setzt voraus, dass die gesetzlichen und satzungmäßigen Rücklagen bereits gebildet worden sind.
Die Beendigung der GmbH erfolgt nach dem Gesetz in folgenden Fällen (§ 636 TTK):
Eintritt eines der im Gesellschaftsvertrag genannten Beendigungsgründe;
Beschluss der Generalversammlung;
Konkurseröffnung;
Vorliegen der sonstigen, in den Gesetzen vorgesehenen Beendigungsgründe.
Auf Antrag eines Anteilseigners oder Gläubigers kann das zuständige Handelsgericht die Auflösung beschließen, wenn über
einen längeren Zeitraum eines der gesetzlich notwendigen Organe fehlt oder die Generalversammlung nicht tagt.
Zuvor ist der Vorstand anzuhören und eine Frist für die Wiederherstellung des Gesellschaftzustandes zu gewähren.
Bei Vorliegen berechtigter Gründe kann jeder Gesellschafter die Auflösung beim Gericht beantragen. Das Gericht kann
statt der Auflösung der Gesellschaft die Rückzahlung der Gesellschaftsanteile und das Ausscheiden des beschwerten
Gesellschafters oder eine andere angemessene und akzeptable Lösung anordnen.
Außer den beiden Fällen Konkurs und Auflösung durch Gerichtsbeschluss ist die Beendigung der GmbH vom Einzelgeschäftsführer
und von mindestens zwei Geschäftsführern beim Handelsregister anzumelden und bekanntzumachen.
Auf die GmbH sind die im nächsten Unterkapitel erläuterten Bestimmungen über das Liquidationsverfahren einer AG (§§ 536
bis 548 TTK) entsprechend anzuwenden. Dem Abschluss des Liquidationsverfahrens folgt dann die Löschung der Gesellschaft
im Handelsregister.
2.1.2.3.2. Aktiengesellschaft
Die Aktiengesellschaft (türk.: anonim Şirket) erlangt die Kaufmannseigenschaft und die Rechtspersönlichkeit mit der Handelregistereintragung. Dabei sind die
handelsrechtlichen speziellen Vorschriften (§§ 329-563 TTK) besonders zu beachten. Hinzu kommen die allgemeinen
Bestimmungen des Handelsgesetzbuches und die Sondervorschriften der Einzelgesetze wie das Kapitalmarktgesetz.
Die Gründung erfolgt durch einen den gesetzlichen Vorgaben entsprechenden schriftlichen Grundvertrag (esas sözleşme). Darin müssen die Zusicherung der Einzahlung des Kapitals und die notariell beglaubigten Unterschriften der
Gründer enthalten sein (§ 335 TTK). Sowohl natürliche als auch juristische Personen können eine AG gründen. Nach
dem neuen Gesetz kann die AG auch von einer Person gegründet werden. Im Falle einer Ein-Personen-AG sind Name, Wohnsitz
und Staatsangehörigkeit des einzigen Aktionärs ins Handelsregister einzutragen und bekanntzumachen (§ 338). Die
Gesellschaft kann eigene Aktien nicht in dem Maße halten, dass sie einziger Aktionär wird.
Im Grundvertrag müssen folgende Angaben enthalten sein:
1.
Handelsbezeichnung und Sitz der Gesellschaft;
2.
Gesellschaftszweck, der mit wesentlichen Aspekten angegeben und definiert ist;
3.
Nominalwert des Gesellschaftskapitals und eines jeden Anteils sowie die Art und Bedingungen der Einzahlung;
4.
Hinweis auf Ausstellung der Aktien nach Namen oder Inhabern; Vorrechte für bestimmte Anteile; Beschränkung der
Übertragungen;
5.
Angaben über andere Kapitaleinlagen (Rechte und Sachen);
6.
Vorteile aus dem Gesellschaftsgewinn für Gründer, Vorstandsmitglieder oder dritte Personen;
7.
Anzahl der Vorstandsmitglieder und darunter die Ernennung der im Namen der Gesellschaft zur Unterschrift bevollmächtigten
Personen;
8.
Art der Einberufung der Generalversammlung; Stimmrechte;
9.
Dauer der Gesellschaft, falls diese beschränkt vorgesehen ist;
10.
Art der Gesellschaftsanzeigen;
11.
Art und Beträge und von den Aktionären zugesicherten Kapitalanteile;
12.
Geschäftsjahr der Gesellschaft.
Der vertraglich zur Einzahlung verpflichtende Mindestnennbetrag des Grundkapitals liegt bei 50.000 TL. Bei nicht
börsennotierten und deren Kapitalerhöhung im Zuständigkeitsbereich des Vorstandes9) liegenden Aktiengesellschaften darf das Grundkapital nicht unter 100.000 TL liegen. Der Ministerrat kann diese
Mindestbeträge erhöhen (§ 332 TTK).
Eine Aktie darf unter ihrem Nominalwert bzw. Nennwert nicht ausgegeben werden.10)