Jenseits von Wurst und Käse - Matthias Politycki - E-Book

Jenseits von Wurst und Käse E-Book

Matthias Politycki

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Beschreibung

In seinen Gedichten lässt Matthias Politycki vor allem die Bademeister und Toilettenfrauen zu Wort kommen, die Tankwarte und Kellnerinnen, die Männerbeauftragten, Whiskeytrinker und all die anderen Wurstbudenbesitzer auf verlorenem Posten: ein Lyrikband als Photoalbum der kleinen Leute, aber ohne alle Pose, Ideologie und, vor allem, ohne jedes Pathos. Polityckis Gedichte sind Rollengedichte und zugleich viel mehr: All die Kirschkuchenesser im Café, die Pin-ups an der Kneipenwand, die Bockwurstbrater in der Imbißbude und natürlich auch all die Verliebten, Verletzten und Verträumten sind, oft konterkarierend, "in Form gebracht": Strenge Sonette stehen neben konkreter Poesie, freie Rhythmen neben romantischem Reimzauber, die Tonlagen variieren vom derben Gepolter bis zum liedhaft Hingehauchten. In 44 Momentaufnahmen des modernen Großstadtlebens kehrt das Gedicht zum Leser zurück; jenseits von poetischer Hermetik, aber auch von allen Klischees der trivialen Unterhaltungspoesie findet Politycki einen zeitgenössischen Ton - und das heißt nicht zuletzt: einen neuen Klang.

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Seitenzahl: 25

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Matthias Politycki

Jenseits von Wurst und Käse

44 Gedichte

Hoffmann und Campe Verlag

Bademeister, das Ende der Betriebszeit verkündend

He, ihr Ferkel da driN, hört alle her:

ihr krAulenden Krankenpfleger, Krähenzüchter und sonstigen Supermänner

, die ihr in schönster Regelmäßigkeit allwöchentlich

eure behaarten Rücken, Brust Warzen und Arschspalten

in meinen Teich hier ungestraft taucht!

Und auch ihr seid gemeint, ihr fröhlichen Wasserleichen in spe,

ihr Kegelkönige und Frühstücksdirektoren,

wie ihr da

, glatzkopfglänzend und sehnenhurtig,

eurer letzten Rentenauszahlung entgegenschwImmt!

Und ihr ToRtentanten mit ermäßigtem Eintritt,

ihr: mit den rosa und weiß erblühten BaDesahnehauben

, die ihr, schnatternd wie WarmwaSserenten,

jahreinjahraus nebeneinander paddelnd,

mein Becken blockiert,

auf daß an euch vorbei sich niemand drücken kann!

Vor allem ihr aber, habt acht, ihr Nivea-Nymphen und -Nixen

mit den hin und her schwappenden BikiniBrüsten,

den hoffnungsvollen Hüftschwüngen

und euren frech funkelnden Fingernägeln

, die ihr hierher nur kommt,

um auch dies Wässerchen zu trüben! He

: Hört her, denn es wird allerhöchste Zeit,

dAß eigenhändig ich euch samt und sonders!

freundLichst den Hahn abDreh.

Kaffeehaus

Die Wahrheit über Kaffeetrinker

Tage gibt’s, da biegen die Himmel

noch tiefer sich unter der Last der Kirschkerne, Sahnehauben

und all dem Saharasandglitzern im Auge der Kellner –

Tage gibt’s, da dehnen die Schatten der Frauen

noch farbiger sich vor lauter Lust an Limonen, Taubengegurr

und dem Geklapper der Registrierkassen –

Tage gibt’s, da kriegst du beim Hören, beim Schauen

eine regelrechte Glücksdepression und

, wenn die Himmel noch immer

verstellt zwar sind mit Apfeltaschen und Pfennigabsätzen,

an jeder Straßenecke jedoch, unter jedem Sonnenschirm

die Operetten ihrem Finale entgegen schon plappern,

da beschließt du

– ja: du! mit der digitalen Uhr,

den breiten Füßen, dem beginnenden Haarausfall! –

ein Ende jetzt endlich zu machen

mit diesem Gedicht,

an einen der wackligen, runden Metalltische statt dessen dich zu setzen

und einen Kirschkuchen zu bestellen,

ganz einfach und ganz ohne

die großen Worte,

als wärest du einer von denen,

die warten auf eine Verabredung warten dürfen warten,

die extra deinetwegen

– ja: deinetwegen! des Kerls mit der Uhr,

den Füßen, den Haaren,

du darfst mir ruhig glauben! –

die extra deinetwegen heut

von weither heut, ja: angereist heut kommt

mitsamt ihren schwarzen Haaren, den blauen Augen

und dem Glanz ihrer Zähne:

Einen Kirschkuchen, bitte.

Und einen kleinen Kaffee dazu.

Was jeder will

    … und eine Henkeltasse, hundert Jahre alt,

     in blassem Blau gemustert, gut gefüllt

     und so heiß dampfend, daß man nicht

     den kleinsten Schluck zu nehmen wagte,

     geschweige denn sie auszutrinken – ja so herrlich heiß,

     daß man die Hände an ihr wärmen würde

     und, wenn denn wirklich keiner hersieht,

     vielleicht sogar die Füße …

Als ich mir vorstellte

– hinter der Fensterscheibe saß ich des kleinen Cafés,

so zwischen halbwach und ganzmüde, weißt du? –

ich würde heute deinen Brief bekommen

: da war September, satt und südlich, in der Luft

: da sonnte sich in seinem Glück der Dächerhorizont

: da fiel ein erstes Blatt aus heitrem Himmel

: da zogen Wolken auf aus schwerem Duft