John Sinclair 1073 - Jason Dark - E-Book

John Sinclair 1073 E-Book

Jason Dark

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Beschreibung

Endlich als E-Book: Die Folgen der Kult-Serie John Sinclair aus den Jahren 1990 - 1999!

Liebling der Toten.

Lernen Sie in einer Woche eine Person kennen, die auch mir das Gruseln beibrachte. Es ist ein Mann namens Hardy, und Hardy küsste die Toten. Ein Wahnsinn, als ich davon hörte und Hardy sogar versuchte, mit meinem alten Freund Tanner zusammenzuarbeiten.

Jemand wie Tanner kam damit nicht zurecht. Er alarmierte mich, und so traf ich auf den Liebling der Toten.

John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung. Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.

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Seitenzahl: 145

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Inhalt

CoverJohn Sinclair – Die SerieÜber dieses BuchÜber den AutorImpressumLiebling der TotenVorschau

John Sinclair – Die Serie

John Sinclair ist der Serien-Klassiker von Jason Dark. Mit über 300 Millionen verkauften Heftromanen und Taschenbüchern, sowie 1,5 Millionen Hörspielfolgen ist John Sinclair die erfolgreichste Horrorserie der Welt. Für alle Gruselfans und Freunde atemloser Spannung.

Tauche ein in die fremde, abenteuerliche Welt von John Sinclair und begleite den Oberinspektor des Scotland Yard im Kampf gegen die Mächte der Dunkelheit.

Über dieses Buch

Liebling der Toten

Lernen Sie in einer Woche eine Person kennen, die auch mir das Gruseln beibrachte. Es ist ein Mann namens Hardy, und Hardy küsste die Toten. Ein Wahnsinn, als ich davon hörte und Hardy sogar versuchte, mit meinem alten Freund Tanner zusammenzuarbeiten.

Jemand wie Tanner kam damit nicht zurecht. Er alarmierte mich, und so traf ich auf den Liebling der Toten.

Über den Autor

Jason Dark wurde unter seinem bürgerlichen Namen Helmut Rellergerd am 25. Januar 1945 in Dahle im Sauerland geboren. Seinen ersten Roman schrieb er 1966, einen Cliff-Corner-Krimi für den Bastei Verlag. Sieben Jahre später trat er als Redakteur in die Romanredaktion des Bastei Verlages ein und schrieb verschiedene Krimiserien, darunter JERRY COTTON, KOMMISSAR X oder JOHN CAMERON.

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen RomanheftausgabeBastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG© 2015 by Bastei Lübbe AG, KölnVerlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian MarzinVerantwortlich für den InhaltE-Book-Produktion:Jouve

ISBN 978-3-8387-3806-2

www.bastei-entertainment.dewww.lesejury.dewww.bastei.de

Liebling der Toten

Hardy stand auf der Türschwelle und wusste, dass ein unsichtbarer Gast im Zimmer weilte.

Es war der Tod!

Seine Kälte rieselte über Hardys Hände hinweg, erfasste auch sein Gesicht und drückte sich unter das dunkle Haar, das er nackenlang trug. Auf der Kopfhaut hinterließ sie eine Gänsehaut und in der Höhe der Wirbelsäule ein leichtes Kribbeln.

Er sah das schlichte Bett, das einsame Licht daneben, das sehr dunkel wirkte, als läge es in Trauer um die tote Person. Er sah die Frau neben dem Bett sitzen, und er sah den Toten im Bett.

Er war spät gekommen. Trotzdem hatte er es geschafft, noch rechtzeitig hierzu sein. Hardy spürte es. Deshalb war er überhaupt hier. Deshalb hatte man ihn gerufen. Der junge Mann war noch nicht lange tot. Es war noch etwas von ihm hier, das spürte Hardy. Er nahm es auf wie ein Hund, der eine Fährte gewittert hatte. Seine letzten Gedanken, all das, was ihm da durch den Kopf gegangen war, lag zwischen den Wänden als unsichtbare Botschaft gespeichert.

Die Frau hatte sein Eintreten gehört, aber nicht einmal den Kopf gedreht. Erst als sich Hardy in Bewegung setzte, blickte sie zu ihm und sah die schlanke Gestalt, die mit kleinen Schritten näherkam. Sie sprach nicht und wartete nur.

Hardy wusste, wie er sich zu verhalten hatte. Er setzte seine Schritte sehr langsam, nickte der Frau auch zu. Sein Gesichtsausdruck zeigte aufrichtige Anteilnahme. Nichts war an ihm gespielt. Dieser Mann litt tatsächlich.

Neben dem Bett blieb er stehen. Die Frau schaute zu ihm hoch. Sie sah sein schwaches Lächeln. Mit einer schon zärtlichen Geste strich Hardy durch das graublonde Haar.

»Es tut mir sehr leid, Madam.«

Sie hatte aufgehört zu weinen, hüstelte und zuckte mit den Schultern. »Danke. Es war ja nicht zu ändern. Dabei ist er noch so jung.«

»Ich weiß, dass er noch hätte leben können, aber seine Mörder werden bestraft werden, das verspreche ich Ihnen. Sie haben recht getan, sich an mich zu wenden. Ich werde Ihnen helfen können, das verspreche ich Ihnen. Und auch ihm.«

»Danke.«

»Dann möchte ich Sie bitten, mich jetzt mit Kevin allein zu lassen.«

Die Frau zögerte. Es fiel ihr nicht leicht, Abschied zu nehmen. Sie warf einen letzten Blick auf den Zwanzigjährigen, sie strich über sein verklebtes Haar, danach über die Stirn, musste wieder weinen, riss sich aber zusammen und stand auf.

Hardy trat zur Seite, um sie vorbei zu lassen. Sie schaute ihn nicht mehr an und verließ das Zimmer in der gebückten Haltung einer alten Frau, den Blick zu Boden gesenkt.

Der Besucher wartete ab, bis sie die Tür hinter sich geschlossen hatte. Er wischte seine feuchten Handflächen an den Hosenbeinen ab. Erst danach wandte er sich dem Toten zu.

Er setzte sich auf den frei gewordenen Stuhl. Die Lampe mit dem gelben Schirm stand hinter dem Kopf auf einem kleinen Nachttisch. Hardy rückte sie zurecht, bis das Licht etwas besser auf das Gesicht der Leiche fiel.

Er wollte alles sehen. Er musste viel von dem Toten wissen. Er wollte in sein Gesicht schauen. Dem letzten Ausdruck, den es zeigte, konnte er oftmals bestimmte Informationen entnehmen, die für seine weitere Tätigkeit wichtig waren.

Hardy bewegte sich nicht. In seiner Haltung glich er ebenfalls einem Menschen, der als Leiche auf einen Stuhl gesetzt worden war. Er wollte und durfte jetzt nicht gestört werden, um seine Fähigkeiten voll ausspielen zu können.

Er mochte die Toten. Und sie mochten ihn. Er war so etwas wie ein Liebling der Leichen, denn sie akzeptierten ihn und hatten ihm auch noch so viel zu sagen. Allerdings »sprachen« sie auf eine bestimmte Art und Weise zu ihm die kein normal denkender Mensch richtig nachvollziehen konnte.

Um das Unsichtbare kümmerte er sich nicht, sondern er konzentrierte sich auf das Gesicht. Es war, wie er es sich vorgestellt hatte. Die Züge zeigten keine Entspannung. In den letzten Sekunden des irdischen Daseins musste der junge Mann Schreckliches erlebt haben. Wahrscheinlich war das an seinem geistigen Auge vorbeigezogen, was ihn in den letzten Jahren so stark beschäftigt hatte. Nahezu verbissen hatte er den Mund verzogen, obwohl dieser noch offen stand. Kevins Mutter hatte dem Toten nicht die Augen geschlossen, so glotzte er starr in die Höhe, als wollte er sich ein Bild unter der Decke anschauen. Die Nase war lang und spitz geworden, die Wangen waren eingefallen, und seine Haut sah bleich aus wie altes Rinderfett, mit einem gelblichen Stich.

Hardy hob beide Hände an. Erst als sie über Kevins Gesicht schwebten, schloss er selbst die Augen. Er war jetzt voll konzentriert. Stärker ging es nicht mehr, und er spürte schon sehr bald, dass sich etwas in seinem Umkreis tat.

Da war eine gewisse Unruhe vorhanden. Nicht zu hören, nur zu spüren. Etwas umwehte ihn, hielt ihn fest, war herangeschwebt und ließ sich auch nicht vertreiben.

Etwas Fremdes. Etwas, das nicht sichtbar war. Eine Aura, eine sehr starke Strahlung, die von der Leiche ausging. Es gab wohl kein Instrument in der Welt, das diese Aura exakt hätte messen können, doch Hardy war besser als die Technik. Er war ein besonderer Mensch mit einer besonderen Vergangenheit, dem es gelang, einen Blick auch hinter die Kulissen zu werfen.

Er spürte es kribbeln. Es lief über seine Fingerspitzen hinweg bis hin zu den Gelenken. Auch dort stoppte es nicht. Das Kribbeln breitete sich aus, erreichte seine Arme, rann über den Körper und wurde von ihm absorbiert.

Es war Kevins Botschaft, Kevins Seele, hätten andere gesagt, die sich noch im Raum aufhielt. Und es ging ihm nicht gut. Es waren schlechte, angsterfüllte Gedanken, die auch der Tod des Körpers nicht hatte auslöschen können. Sie waren das fließende Fluidum, das sich allerdings nicht so konkret darstellte, wie Hardy es sich gewünscht hätte. Zuviel lief durcheinander. Er bekam nicht heraus, was ihm der Tote »sagen« wollte.

Die letzten Gedanken konnten sich noch nicht so leicht lösen. Vielleicht warteten sie darauf, erlöst zu werden, und auch deshalb war Hardy gekommen.

Erlöst und gewünscht.

Kevin war keines natürlichen Todes gestorben, auch das stand fest, und Hardy war gekommen, um ihm zu helfen. Bevor er sich richtig an die Arbeit machte, griff er in die Tasche und holte einen Notizblock hervor. Ein Kugelschreiber gehörte auch dazu, und beide Utensilien legte er auf seine Knie.

Er war bereit.

Kevin lag auf dem Rücken. Eine starre bleiche Puppe mit dünner, gelblicher Haut und einem halb offenstehenden Mund. Die Lippen waren ebenfalls sehr blass geworden und kaum zu erkennen, aber genau die brauchte Hardy.

Er beugte sich nach vorn.

Schon bald schwebte sein Gesicht dicht über dem des Toten. Nur eine Handbreit waren die Lippen der beiden voneinander entfernt.

Wenig später nicht mehr.

Da küsste Hardy die Leiche …

*

Der Sommer war bisher nicht besonders gewesen, und das hatte sich auch in dieser neuen Woche fortgesetzt, obwohl sie für Suko super begonnen hatte.

Percy Iron, der Erbe eines Autohauses, hatte ihm den neuen, gebrauchten BMW praktisch vor die Tür gesetzt und dafür nur einen sehr geringen Preis verlangt. Das Auto war praktisch ein Geschenk, Ausdruck der Dankbarkeit, die er uns gegenüber empfand, denn wir hatten einen Fall gelöst, in den auch Percy Iron verwickelt gewesen war.

Bestechung war das nicht gewesen, darüber hatte Suko auch mit Sir James gesprochen, denn in der Zukunft würden wir wohl kaum etwas mit Percy Iron zu tun haben, abgesehen von eventuellen Reparaturen oder Inspektionen.

Wir sahen den grauen Himmel, der die Farbe der in der Nähe verlaufenden Straße angenommen hatte. Aber das Grün der Wiesen und das ferne Gelb der Kornfelder entschädigte uns für den grauen Anblick. Außerdem mochte ich persönlich diese Temperaturen mehr als die wüstenartige Hitze, die so gar nicht zu unseren Breiten gehörte. Da ich nicht in Urlaub war, wollte ich mich auch nicht beschweren.

Die weitere Umgebung war im Prinzip für uns nicht interessant. Uns ging es um die Tankstelle, auf deren Gelände wir standen, allerdings etwas versteckt, weil uns ein bestimmter Mann zunächst nicht sehen sollte, obwohl er uns nicht kannte und wir nicht ihn. Was sich so kompliziert anhörte, war im Prinzip recht simpel, wenn auch mit einem möglicherweise spektakulären Hintergrund versehen, wie uns unser alter Freund und Spezi, Chief Inspector Tanner, erklärt hatte, der den Einsatz seiner verdeckten Ermittler leitete.

Seine vier Männer hielten sich ebenfalls gut versteckt. Zwei waren in der Tankstelle und bedienten an der Kasse oder waren dabei, Regale aufzufüllen.

Sie sollten jemand stoppen, der als Mörder gesucht und auf eine verdammt ungewöhnliche Art und Weise überführt worden war. Der letzte Beweis fehlte allerdings noch, und wir sollten dabei sein, wenn er geliefert wurde.

Das zumindest war Tanners Wunsch gewesen, und wir hatten ihm den nicht abschlagen können.

Wir saßen im Rover und schauten durch die Scheibe zum Himmel. Er hatte sich immer mehr zugezogen, und erste, winzige Tropfen lagen bereits auf der Windschutzscheibe.

Suko, der neben mir saß, zog ein skeptisches Gesicht und seufzte leise auf.

»Hast du was?« fragte ich.

»Kaum.«

Ich grinste schief. »Denkst du an deinen neue Wagen, oder daran, dass ich in der letzten Woche fast verbrannt worden wäre?«

Er schüttelte den Kopf. »Zweimal falsch. Ich habe nur gerade an die Conollys gedacht.«

»Warum das denn?«

»Die sind gestern in Urlaub geflogen.«

»Sicher, nach Mallorca.«

Suko hatte meine Antwort nicht gefallen. »He, warum hat sich das so komisch angehört?«

»Wieso? Hat es sich das?«

»Ja.«

Ich winkte ab. »Mallorca! Himmel, alles fliegt dorthin. Ob Reich, ob Arm, es scheint nur diese Insel zu geben, wobei die Deutschen noch schlimmer sind als unsere Landsleute.«

Suko verteidigte die Insel. »Es gibt aber auch wunderschöne Stellen. Das darfst du nicht vergessen.«

»Habe ich auch nicht. Ich frage mich nur, wie lange es diese Flecken noch gibt.«

Er stieß mich an. »Sieh das nicht so pessimistisch, John. Außerdem wollen die Conollys neben dem Urlaub noch einen Kulturtrip machen. Das haben sie zumindest gesagt.«

»Klar, das glaube ich ihnen sogar. Sheila und Bill gehen durch Museen, schauen sich alte Kirchen, Klöster und Gebäude an und peilen vielleicht nach einer kleinen Finca, die sie kaufen wollen. Auch das ist ja jetzt Mode geworden.«

»Neidisch?«

»Um Himmels willen. Sie sollen ihren Spaß haben, aber Bill sah vorgestern nicht besonders happy aus. Ich bin ja noch mal kurz bei ihnen gewesen.«

»Er hätte lieber Action, wie?«

»Kann sein. Der hätte sich sogar zu uns in den Wagen gesetzt und Wache gehalten.«

»Neidisch, John?«

»Nein, auf keinen Fall.«

Das war ich wirklich nicht, obwohl der Regen zugenommen hatte. Der Sprüh war nicht mehr vorhanden. Er hatte sich zu größeren Tropfen verdichtet, die gegen die Scheiben klatschten und dann wie Tränenspuren am Glas herabliefen.

Die Tankstelle lag auf dem flachen Land. Zwar gehörte das Gebiet noch zu London, es war allerdings nicht dicht bebaut oder besiedelt, weil der Flughafen Heathrow in der Nähe lag und der Lärm die Menschen störte.

Wir parkten neben einer Mauer, damit wir niemand störten, der in die Waschanlage fahren wollte. Sie befand sich hinter der eigentlichen Tankstelle und wurde um diese frühe Nachmittagszeit nicht frequentiert. Erst später, wenn der Pendlerverkehr einsetzte, würde sich das ändern – hatten wir zumindest gehört.

Warten ist immer langweilig. So war es ganz natürlich, dass ich anfing zu gähnen und meinen Freund Suko damit ansteckte. »Wer von uns soll denn nun ein Nickerchen machen?«

Ich zuckte die Achseln.

Suko gab sich selbst die Antwort. »Keiner, denn wir bekommen Besuch.«

Er hatte Tanner zuerst gesehen, der mit ziemlich schnellen Schritten auf den Rover zukam. Wie immer trug Tanner seinen alten Filzhut, dessen Krempe er zum Schutz gegen den Regen nach unten gebogen hatte. Über seinen üblichen grauen Anzug hatte er einen alten Staubmantel geschlungen, auf dem sich schon nasse Flecken ausgebreitet hatten, als Tanner die linke hintere Wagentür öffnete und sich auf den Sitz fallen ließ. Hart wuchtete er die Tür zu.

»Scheiß Wetter!«

»Hast du das bestellt?« fragte ich.

»Sehe ich so aus?«

»Manchmal schon.«

Er knurrte mich böse an und schob seinen Hut zurück. Danach wischte er über sein Gesicht, das einige nasse Flecken bekommen hatte. Seine Kleidung roch feucht und auch leicht nach kalter Zigarrenasche.

»Hat es überhaupt noch Sinn, zu warten?« fragte ich.

»Ja, das hat es. Bisher ist der Mann immer an einem Montag hier erschienen, um vollzutanken und sich mit Zigaretten einzudecken.« Tanner lachte. »Da kann ein Verbrecher noch so vorsichtig sein, aber seine Rituale möchte er nicht missen.«

»Heißt er wirklich Miller?« fragte ich.

»Unter dem Namen ist er bekannt.«

»Und er ist ein Killer?«

»So sieht es aus.«

Tanner hatte uns eingeweiht. Miller war ein Mann, der für die Unterwelt arbeitete und dabei den Bossen den Weg freischoss. Es gab derartige Typen in allen Ländern, insofern war er nichts Besonderes. Zu Millers Job gehörte es auch, verdammt brutal zu sein, und das hatte er bewiesen. Bei einer seiner Taten war ein siebzehnjähriges Mädchen ums Leben gekommen. Ein Zufall, eine verirrte Kugel, die den Teenager unglücklich in den Hals getroffen hatte.

Die Ärzte hatten trotzdem um ihr Leben gekämpft, den Kampf allerdings verloren.

Obwohl es keine Zeugen gegeben hatte, wussten wir durch Tanner, wie der Mörder aussah. Es gab offiziell kein Fahndungsfoto von ihm, aber man hatte Tanner eine Zeichnung zugeschickt. So gut, so exakt, dass sie schon einem Foto gleichkam. Auch der Name Miller war aufgeschrieben worden, sodass die Polizei reagieren konnte.

So schlimm die Taten auch waren, uns gingen sie in diesem Fall nichts an. Das war eine Sache für die Kollegen der normalen Polizei, aber Tanner hatte uns trotzdem dabeihaben wollen, denn er kam erstens mit der Zeichnung nicht zurecht und zweitens nicht mit dem anonymen Brief, den der Zeichner hinzugelegt hatte.

Er hatte sich praktisch als ein Mensch geoutet, der eine höchst sensible und überdurchschnittliche Begabung besaß. Er war in der Lage, so hatte er sich mitgeteilt, die Gedanken der Toten zu lesen und zeichnerisch umzusetzen, die sie in den letzten Sekunden ihres Lebens so stark beschäftigt hatten.

Das tote Mädchen hatte seinen Mörder gesehen und als Tote gedanklich eine gewisse Person beschreiben können, an die wir gern herankommen wollten. Nun gingen wir davon aus, dass diese Aktion durchaus ein erster Schritt in diese Richtung war.

Wenn der Killer tatsächlich auftauchen sollte und wenn sein Aussehen mit der Beschreibung oder der Zeichnung übereinstimmte, dann war das so etwas wie eine kleine Sensation, obwohl wir auch argwöhnten, dass man uns geleimt hatte.

Das würde sich hoffentlich bald herausstellen. Eine genaue Zeit, wann der Kunde kam, hatte uns der Tankwart nicht mitteilen können. Es war immer Nachmittag.

Auch jetzt hielt sich der Kundenverkehr in Grenzen. Hin und wieder füllte jemand Sprit nach, kaufte einige Kleinigkeiten und fuhr wieder ab.

»Warum bist du gekommen?« fragte Suko.

»Ich wollte euch nur erklären, dass wir noch etwas Geduld haben müssen.«

»Darauf haben wir uns schon eingestellt.«

»Zudem bin ich sicher, dass mehr hinter dieser Sache steckt. Ihr werdet es nicht glauben, aber ich habe mit meiner Frau gesprochen, und sie meinte, dass es besser wäre, wenn ich euch mitnehme.«

»Eine weise Entscheidung«, erwiderte ich grinsend.

»Sie scheint Angst um mich zu haben.«

»Klar, du wirst älter.«

»Was soll das denn heißen?«

»Du bist doch besser an deinem Schreibtisch aufgehoben. Da hast du alles, was du willst. Dein Telefon, deinen Kaffee, kannst deine schrecklichen Zigarren rauchen, die bei dir zu Hause nur die Gardinen angilben, und bist ansonsten …«

»Immer zufrieden, solange nicht irgendwelche Störenfriede wie ihr erscheinen.«

»Das war auch nicht nett.«

Tanner räusperte sich. »Also. Ich werde wieder verschwinden. Irgendwie bin ich kribbelig. Ich denke, dass er kommen wird.« Er hatte bereits die Tür geöffnet, als er sagte: »Achtet auf einen dunklen Lancia. Das ist er.«

»Dann könnte Miller auch ein italienischer Mafiakiller sein«, bemerkte Suko.

»Ja, denn ein romanischer Typ ist er, wie mir der Besitzer hier beschrieben hat.«

»Na denn, achte auf deinen Hintern, Tanner.«

»Danke, John, du auch.«

Er ging wieder weg. Seine Gestalt schien vom Regen aufgesaugt zu werden.

»Freund Tanner ist nervös«, sagte Suko.