Kochen und Backen: Gluten- & Weizen-Unverträglichkeit - Bettina Snowdon - E-Book

Kochen und Backen: Gluten- & Weizen-Unverträglichkeit E-Book

Bettina Snowdon

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  • Herausgeber: TRIAS
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2017
Beschreibung

Endlich beschwerdefrei genießen! Bauchschmerzen, Blähungen oder bleierne Müdigkeit nach dem Essen - viele Menschen müssen den Genuss leckerer Gerichte oft mit Beschwerden bezahlen. Schon lange steht das Gluten als Übeltäter hierfür im Fokus, aber inzwischen weiß man mehr: schuld an den Beschwerden sind sogenannte ATIs, das sind Eiweißstoffe, die sich untrennbar vom Gluten im Getreidekorn finden, in Mehlen oder anderen Produkten aus Getreide. Die gute Nachricht: trotz Unverträglichkeit ist es meist dennoch nicht nötig, komplett auf Getreide zu verzichten - und dieses Koch- und Backbuch verrät Ihnen, wie es geht! - Das richtige Maß: herausfinden, wie viel Gluten Sie vertragen und Ihre Ernährung optimal darauf abstimmen - so geht’s. - Geschickt glutenfrei: wie lässt sich herkömmliches Mehl ersetzen, welche Bindemittel sind geeignet und wie gelingen glutenfreie Backwaren, Saucen oder Panaden? Hier bekommen Sie die besten Tipps für die glutenarme oder -freie Küche! - 135 Rezepte: Müsli, Brote, Kuchen, Pizza, Quiches und Co. - dieses Kochbuch setzt dort an, wo der Schuh am meisten drückt, wenn man Gluten meidet. Entdecken Sie glutenarme Varianten von Rezept-Klassikern und raffinierte Gerichte, die völlig ohne Gluten auskommen.

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Seitenzahl: 174

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Kochen und genießen bei Gluten- und Weizen-Unverträglichkeit

Bettina Snowdon

1. Auflage

47 Abbildungen

Liebe Leserin, lieber Leser,

Sie haben den Verdacht, dass Ihnen Brot, Nudeln, Pizza, Kuchen und andere Getreideprodukte nicht bekommen? Dann gehören Sie vielleicht zu der steigenden Anzahl von Menschen, die auf bestimmte Stoffe in Weizen und anderen Getreidearten mit Unverträglichkeiten reagieren – »Gluten« lautet das Reizwort. Lange Zeit kannte man nur die erblich bedingte Krankheit Zöliakie, bei der der Darm durch das Klebereiweiß aus Getreide angegriffen wird und nur der konsequente Verzicht auf glutenhaltiges Getreide Beschwerdefreiheit garantiert. Aber seit einigen Jahren häufen sich die Fälle einer wesentlich milderen Form der Unverträglichkeit, der Gluten- oder Weizensensitivität.

Mit diesem Buch möchte ich Ihnen nicht nur helfen herauszufinden, ob auch Sie davon betroffen sind, sondern Sie auch dabei unterstützen, gut damit zu leben. Denn auf glutenhaltiges Getreide müssen Sie im Gegensatz zu Zöliakiebetroffenen nicht komplett verzichten, Sie müssen es nur ganz nach Ihrer individuellen Reaktion darauf reduzieren.

Deshalb finden Sie in diesem Buch nicht nur glutenfreie, sondern auch zahlreiche glutenarme Rezepte. Ich habe viele traditionell glutenreiche Rezepte in für Sie besser verträgliche Versionen umgewandelt. Dabei habe ich den Fokus besonders auf die Zubereitungen und Gerichte gelegt, die für Sie wegen des hohen Glutengehalts problematisch sind. Sie werden sehen: Brote, Kuchen, Gebäck, Pizza und Waffeln gelingen auch ohne oder mit wesentlich weniger Weizen und Gluten. Dabei schmecken sie ebenso gut wie ihre weizenreichen Pendants. Vielleicht werden Sie hier ein paar neue Lieblingsgerichte entdecken.

Daneben habe ich aber auch ein paar ohnehin glutenfreie Rezepte eingeflochten, um Ihnen die große Bandbreite an Gerichten zu demonstrieren, die für Sie weiterhin möglich ist. Finden Sie heraus, wie viel Gluten Sie essen können, und genießen Sie wieder uneingeschränkt beschwerdefrei!

Ihre Bettina Snowdon

Inhaltsverzeichnis

Liebe Leserin, lieber Leser,

1 Mein glutenfreier Tag

Teil II Leben mit Glutensensitivität

2 Gluten – was dahintersteckt

2.1 Getreide in Verruf

2.2 Keine Angst vor Gluten

2.2.1 Was ist Gluten?

2.2.2 Gute Backeigenschaften

2.3 Das Getreidekorn

2.3.1 Die Randschichten

2.3.2 Das Endosperm

2.3.3 Der Keimling

2.4 Vollkorn- und Weißmehl

2.4.1 Ausmahlungsgrade

2.4.2 Glutengehalt

2.5 ATIs – die wahren Täter?

2.5.1 Was sind ATIs?

2.5.2 Wie wirken ATIs?

2.6 ATI-Gehalte

2.7 Wo befindet sich Gluten?

2.7.1 Weizen

2.7.2 Dinkel

2.7.3 Grünkern

2.7.4 Hafer

2.7.5 Roggen

2.7.6 Gerste

2.7.7 Triticale

2.7.8 Alte Getreidesorten

2.8 Glutenfreies Getreide

2.8.1 Reis

2.8.2 Wildreis

2.8.3 Mais

2.8.4 Buchweizen

2.8.5 Hirse

2.8.6 Teff

2.8.7 Amaranth

2.8.8 Quinoa

2.9 Weizen- oder Glutensensitivität erkennen

2.9.1 Wie erkennen?

2.9.2 Verschlechterung chronischer Krankheiten

2.9.3 Unterschied zu verwandten Darmerkrankungen

2.10 Warum der Anstieg?

3 Verursacher dingfest machen

3.1 Individuelle Unterschiede

3.2 Besserung in Sicht?

3.3 Positive Einflüsse

3.4 Andere Übeltäter im Brot

3.4.1 Bio ist besser

3.5 Geht es ohne Getreide?

3.6 Suchdiät: Glutensensitivität aufspüren

3.6.1 Zu Beginn

3.7 1. Stufe: glutenfrei

3.8 2. Stufe: Suchdiät

3.8.1 Hafer

3.8.2 Roggen

3.8.3 Gerste

3.8.4 Zwischenbilanz

3.8.5 Weizen

3.9 Das Ergebnis

4 Die Rezepte

4.1 Mehlauswahl

4.2 Der glutenarme Tag

4.2.1 Morgens

4.2.2 Mittags

4.2.3 Zum Kaffee und Zwischendurch

4.2.4 Abends

4.3 Rezeptkennzeichnung

Teil III Glutenarm kochen und backen

5 Frühstück

6 Brot, Brötchen und pikante Snacks

7 Kuchen, Kekse und Waffeln

8 Deftiges  aus dem Ofen

9 Aus Topf, Pfanne und Waffeleisen

10 Desserts

Sachverzeichnis

Impressum

1 Mein glutenfreier Tag

Quinoa-Erdbeer-Porridge

Frühstück

Für 4 Portionen

ca. 30 Min.

300 g   Quinoa

600 ml   Milch oder Mandeldrink

1 Msp.   gemahlene Vanille

4 TL   Mandelmus

600 g   Erdbeeren

4 TL   Ahornsirup

4 TL   gehackte Mandeln

Quinoa mit Milch oder Mandeldrink aufkochen. Hitze reduzieren, Vanille und Mandelmus zufügen und bei schwacher Hitze ca. 25 Min. quellen lassen.

Erdbeeren zerkleinern und mit Ahornsirup zugeben, in 4 Schälchen verteilen und mit gehackten Mandeln bestreuen.

Bunte Gemüsenudeln mit Erdnuss-Rucola-Pesto

Mittagessen

Für 4 Portionen

ca. 20 Min.

100 g   gesalzene Erdnusskerne

1 Knoblauchzehe

30 g   Pecorino

1 kleine Handvoll Rucola

einige Petersilienblättchen

2 getrocknete Tomaten in Öl

80 ml   Olivenöl

Salz

Cayennepfeffer

4 Möhren

2 Zucchini

Erdnüsse grob hacken. Knoblauch schälen und grob hacken. Pecorino reiben. Rucola und Petersilie mit 60 g der Erdnüsse, Knoblauch, getrockneten Tomaten, Pecorino und dem Öl pürieren und mit Salz und Cayennepfeffer würzen.

Möhren schälen. Möhren und Zucchini mit einem Sparschäler in schmale Bandnudeln schneiden. Gemüse in kochendem Salzwasser ca. 8 Min. bissfest garen, abgießen und dabei 6 EL Kochwasser auffangen.

Nudelkochwasser mit dem Pesto verrühren. Pesto mit den Gemüsenudeln vermischen, die restlichen Erdnüsse darüberstreuen und servieren.

Kichererbsen-Waffeln

Abendessen

Für etwa 8 Waffeln

ca. 25 Min.

5 Eier

100 g   Kichererbsenmehl

240 g   Cashewkerne

250 ml   Kokosmilch

6 EL   Öl

1 TL   Backpulver

1 Prise Salz

1 Prise gemahlener Kreuzkümmel

Fett für das Waffeleisen

Alle Zutaten im Mixer mischen. Das Waffeleisen fetten, anheizen und nach und nach etwa 8 Waffeln ausbacken.

Das passt dazu Gemüseaufstriche, Guacamole, Frischkäse, Gemüsesticks (Möhren, Gurken, Rettich) mit Dip

Teil II Leben mit Glutensensitivität

2 Gluten – was dahintersteckt

3 Verursacher dingfest machen

4 Die Rezepte

Ein wenig Hintergrundwissen macht den Umgang mit der Unverträglichkeitsreaktion leichter. Sie werden feststellen: Wenn Sie Ihre individuelle Verträglichkeitsschwelle kennen, müssen Sie auf weniger verzichten, als Sie dachten.

2 Gluten – was dahintersteckt

Seit vielen Jahrtausenden – seit die Menschheit sesshaft geworden ist und begonnen hat, Ackerbau zu betreiben – ist Getreide ein wesentlicher Bestandteil der menschlichen Ernährung. Daran hat sich bis heute wenig geändert.

Schon unser Frühstück beginnt selbstverständlich mit einer Getreidemahlzeit, ob wir nun Brot oder Brötchen oder eher ein Müsli vorziehen. Auf dem Mittagstisch tummeln sich gerne Nudeln, Pizza und andere Teigwaren als Begleiter oder spielen die Hauptrolle auf dem Teller. Nachmittags gönnen wir uns gerne einen süßen oder pikanten Snack aus der Bäckerei oder aber ein Stückchen Kuchen – und zum Abendbrot steht wieder ein gut gefüllter Brotkorb auf unserem Tisch: Getreide begleitet uns ganz selbstverständlich den ganzen Tag. Ohne Getreide können wir uns unsere Ernährung kaum vorstellen. Lange galt es uneingeschränkt als gesund und wird bis heute von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung als eine der wichtigen Nahrungskomponenten aufgeführt.

2.1 Getreide in Verruf

Seit einiger Zeit aber steht das Getreide – darunter besonders Weizen – auf dem Prüfstand. Es ist vor allem der Eiweißstoff Gluten, ein Bestandteil der meisten Getreidesorten, der in letzter Zeit in Verruf geraten ist. Ganz besonders der glutenhaltige Weizen soll dick, dumm und krank machen. Neuere Ernährungstrends wie die Paleo-Ernährung und Low Carb, bei denen so weit wie möglich auf Kohlenhydrate verzichtet wird, unterstützen das Negativ-Image von Getreide. Die Botschaft, die hinter diesen Entwicklungen steht: Um gesund zu bleiben oder zu werden, müssen wir Getreide und vor allem seinen Inhaltsstoff Gluten unbedingt meiden! Die Lebensmittelindustrie macht gerne mit und bietet jede Menge glutenfreie Produkte an, die in der Regel deutlich teurer als ihre natürlicherweise glutenhaltigen Pendants sind. Weil viele Menschen verunsichert sind, entscheiden sie sich dann dafür, glutenfrei zu leben, obwohl sie jedes Getreide problemlos vertragen. Ist das die Folge von Angstmacherei, die durch wirtschaftliche Interessen gesteuert ist, oder steckt eine berechtigte Sorge dahinter?

2.2 Keine Angst vor Gluten

Die erste wichtige Botschaft in diesem Buch lautet: Gluten ist weder grundsätzlich schädlich noch ungesund. Wenn Sie Gluten vertragen, können Sie unbesorgt jede Art von Getreide und Produkte daraus wie Brot, Kuchen, Nudelgerichte und mehr genießen – natürlich immer alles in einem gesunden Maß. Legen Sie dieses Buch beruhigt aus der Hand, um sich ein Butterbrot zu schmieren oder eine ordentliche Gabel voll Pasta aufzuspießen. Freuen Sie sich darüber, denn Sie profitieren von einem wertvollen Nahrungsmittel, das zu einer ausgewogenen Ernährung beiträgt. Getreide enthält hochwertiges Eiweiß, ungesättigte Fettsäuren, Vitamine und Mineralstoffe. Besonders in der Vollkornvariante wird es wegen seines hohen Ballaststoffgehaltes geschätzt, der einen positiven Einfluss auf die Verdauung, den Cholesterinspiegel und Diabetes Typ 2 hat. Wer Getreide verträgt, muss also auf diese wertvolle Bereicherung des Speiseplans keinesfalls verzichten.

Aber es gibt berechtigte Gründe, das Eiweiß einmal unter die Lupe zu nehmen, denn tatsächlich reagieren immer mehr Menschen mit Unverträglichkeitsreaktionen auf bestimmte Inhaltsstoffe aus dem Getreide. Unter Verdacht steht dann in erster Linie das Gluten.

2.2.1 Was ist Gluten?

Gluten ist ein wichtiger Bestandteil vieler Getreidesorten. Es besteht aus zwei unterschiedlichen Eiweißfraktionen, den Prolaminen und den Glutelinen. Die Proteine dieser beiden Eiweißgruppen unterscheiden sich bei den einzelnen Getreidearten hinsichtlich ihrer chemischen Charakteristika und tragen entsprechend auch andere Namen. In Weizen sind es beispielsweise Gliadin und Glutenin, in Roggen Secalin und Secalinin. Kommen die Proteine dieser beiden Gruppen mit Wasser in Berührung, dann verbinden sie sich zu Gluten und nehmen dabei ein Vielfaches ihres Eigengewichts an Wasser auf.

2.2.2 Gute Backeigenschaften

Damit ist Gluten für viele positive Eigenschaften des Korns verantwortlich, die besonders beim Backen von Brot gewünscht sind: Zusammen mit Wasser bildet es das sogenannte Kleberweiß, eine sehr elastische Struktur. Dieses dreidimensionale Eiweißgerüst ist sehr stabil und damit Grundlage für einen schönen Teig. Beim Backprozess wird das entstehende Kohlendioxid, das Gärgas, von diesem Gerüst gehalten. Der Teig geht gut auf, macht eine nachgiebige, lockere Krume mit großen Poren, eine knusprige Kruste und das Brot hält sich länger frisch. Kurz: Weil viel Gluten im Getreide ein gutes Backergebnis garantiert und die Teigausbeute erhöht, ist es der Traum eines jeden Bäckers. Moderne Weizenzüchtungen kommen dem Bäckertraum entgegen und enthalten zur Verbesserung der Backeigenschaften besonders viel des Klebereiweißes. Gut für den Bäcker, aber schlecht für alle, die unter Glutensensitivität leiden.

2.3 Das Getreidekorn

Eine kleine Exkursion durch die einzelnen Schichten eines Getreidekorns verdeutlicht, was das kleine Kraftwerk alles zu bieten hat und welche Rolle Gluten dabei spielt. Jedes Korn besteht aus drei Teilen, von denen jeder seine spezifische Aufgabe hat:

2.3.1 Die Randschichten

Die äußeren Schichten setzen sich aus Spelz bzw. Fruchtschale, Kleie und Aleuronschicht zusammen. Der Spelz ist für die menschliche Ernährung nicht geeignet und wird vor dem Mahlen entfernt, während die Kleie nach dem Mahlen je nach Mehltype mehr, weniger oder gar nicht abgesiebt wird. Weil Kleie zwar kaum Eiweiß und Stärke enthält, dafür aber reich an Mineralstoffen, Vitaminen und Ballaststoffen ist, ist sie ernährungsphysiologisch gesehen wertvoll. Die unter der Kleieschicht liegende Aleuronschicht ist für die Versorgung des keimenden Korns zuständig und enthält neben hochwertigem Eiweiß Fette, Mineralstoffe und Vitamine. Auch sie ist damit von hohem ernährungsphysiologischem Wert.

2.3.2 Das Endosperm

Der zweite Teil des Korns ist mit über 80‍% der Hauptbestandteil. Zum Endosperm gehören der Mehlkörper und ein Eiweißhäutchen, die Aleuronschicht. Im Mehlkörper stecken die Stärke und die beiden Eiweißfraktionen Prolamine und Gluteline, die zusammen das Gluten bilden. Diese Eiweiße umhüllen die Stärkekörnchen und stabilisieren sie damit. Stärke bildet also zusammen mit dem Gluten den hauptsächlich für die Ernährung genutzten Teil des Korns.

2.3.3 Der Keimling

Schließlich befindet sich als dritter Bestandteil im Korn noch der Keimling, der alle Anlagen für ein neues Getreidepflänzchen besitzt. Er strotzt nur so von guten Inhaltsstoffen, schließlich muss er damit die künftige Pflanze zu Beginn ihres Wachstums versorgen. Dazu enthält er gute ungesättigte Fettsäuren, hochwertiges Eiweiß und Spurenelemente.

 Der Keimling und die Randschichten des Getreidekorns sind besonders nährstoff- und ballaststoffreich.

2.4 Vollkorn- und Weißmehl

Vollkornmehl wird mit dem ganzen Kleieanteil und dem Keim gemahlen und ist dadurch besonders nährstoff- und ballaststoffreich. Bei Weißmehl fehlen Kleieanteil und Keim dagegen komplett, es besteht nur aus dem Mehlkörper, also aus Stärke und Gluten.

2.4.1 Ausmahlungsgrade

Zwischen diesen beiden Extremen gibt es Mehle verschiedener Ausmahlungsgrade, die einen gewissen Anteil an Kleie und Keim besitzen. Die Ausmahlungsgrade werden durch die Typenbezeichnungen gekennzeichnet, die beispielsweise bei Weizen 405 oder 550 lauten. Österreich und die Schweiz haben wieder andere Klassifizierungen. Die Mehltype sagt aus, wie hoch der Mineralstoffanteil des Mehls ist – je größer die Zahl, desto mehr von Kleie und Keim sind im Mehl enthalten. Vollkornmehle tragen keine Typenbezeichnungen, da der Mineralstoffgehalt variabel ist.

2.4.2 Glutengehalt

Der Glutengehalt von Weißmehl aus derselben Getreideart ist etwas höher als der von Vollkornmehl, da es sich nur um den reinen Mehlkörper handelt. Bei Glutensensitivität kann es daher sinnvoll sein, auf Vollkornprodukte zurückzugreifen, um den Glutenanteil etwas niedriger zu halten. Ballaststoffe haben zusätzlichen einen positiven Einfluss auf die Verträglichkeit.

2.5 ATIs – die wahren Täter?

Der Begriff »Weizen«- oder »Glutensensitivität« wird als Synonym für ein Phänomen benutzt, das sich in den letzten Jahren stark verbreitet hat: die Unverträglichkeit von Getreide, insbesondere von Weizen. In letzter Zeit häufen sich aber die Hinweise darauf, dass es gar nicht das Gluten ist, das diese Beschwerden verursacht, sondern ein damit assoziierter Eiweißstoff, der ganz anders zusammengesetzt ist: die Alpha-Amylase-Trypsin-Inhibitoren, kurz ATIs. Bisher war auch in diesem Buch immer von Gluten die Rede. Bevor Sie sich fragen, ob dem Klebereiweiß damit nicht Unrecht getan wird und warum sich auch hier trotz besseren Wissens alles um das Gluten dreht: Für das Beschwerdebild an sich und den Umgang mit den Beschwerden spielt das keine Rolle. Gluten und ATIs sind nicht voneinander zu trennen. Sie befinden sich gemeinsam im Getreidekorn und damit auch in Mehl und anderen Produkten aus Getreide. Für die Praxis macht es also keinen Unterschied. Deshalb habe ich mich entschieden, bei dem eingeführten und allgemein verwendeten Begriff der Weizen- oder Glutensensitivität zu bleiben.

2.5.1 Was sind ATIs?

Alpha-Amylase-Trypsin-Inhibitoren sind ein genialer Kniff der Natur, denn sie dienen als natürlicher Fraßschutz und fungieren so als Abwehrstoffe gegen Schädlinge, Pilze und Parasiten. Ihre Wirkung besteht darin, zwei Enzyme zu blockieren: das stärkeabbauende Enzym Amylase und das proteinabbauende Trypsin.

Fälschlicherweise wird häufig vermutet, dass dieser Stoff erst in das Getreide hineingezüchtet wurde, um resistentere Sorten zu erhalten. ATIs sind aber schon immer im Korn enthalten, allerdings in schwankenden Mengen. Durch gezielte Züchtung besonders resistenter Weizenarten aber ist der ATI-Gehalt im Weizen tatsächlich stark gestiegen.

2.5.2 Wie wirken ATIs?

Dass sich ein Schutz gegen Fraßfeinde auch gegen den Menschen richten kann, wundert dann nicht mehr, wenn wir uns vor Augen halten, dass auch wir genau genommen ein Fraßfeind für das Getreide sind. Die ATIs aktivieren das angeborene Immunsystem über sogenannte Toll-like-Rezeptoren und verursachen damit im Körper teilweise heftige Entzündungen. Neueren Erkenntnissen zufolge sind sie auch starke Allergene, die eine Weizenallergie auslösen können.

2.6 ATI-Gehalte

Noch in der Erforschung befindet sich auch die Frage nach dem Gehalt an ATIs abhängig von der Züchtungsstufe des Getreides. Er muss bei Neuzüchtungen nicht zwingend höher sein als bei älteren Sorten derselben Getreideart, es gibt aber einen deutlich erkennbaren Trend:

Alle glutenhaltigen Getreidesorten enthalten in der Regel ATIs, die modernen Getreidesorten im Schnitt aber in höherem Maße als die älteren Sorten.

In moderneren Weizensorten ist der Anteil durch Züchtung maximal um den Faktor 2 oder 3 erhöht – relevant, aber noch nicht dramatisch. In sehr alten Weizensorten findet man im Vergleich zum modernen Weizen teilweise sogar nur etwa ein Fünftel der Menge an ATIs.

Von Einkorn, einer Urform des Weizens, ist sogar eine nahezu ATI-freie Sorte bekannt, die heute aber kaum noch erhältlich ist.

Dinkel enthält keineswegs grundsätzlich weniger ATIs als Weizen, auch wenn das gerne behauptet wird. Manche Sorten besitzen zwar tatsächlich nur etwa halb so viel ATIs, andere haben einen hohen ATI-Gehalt.

Emmer besitzt etwa ein Drittel oder ein Viertel der ATIs von modernem Weizen.

ATIs sind stark an den Glutengehalt gekoppelt. Der Gehalt an ATIs in glutenfreien Getreiden sowie in anderen Nahrungsmitteln, die kein Gluten enthalten, wie Obst und Gemüse, ist noch nicht zu Ende erforscht. Schon abgeschlossene Untersuchungen zeigen aber, dass diese keinerlei relevante ATI-Aktivität enthalten.

Expertenwissen zu ATIs

Als Leiter des Instituts für Translationale Immunologie und der Ambulanz für Zöliakie und Dünndarmerkrankungen am Uniklinikum Mainz ist Prof. Dr. Dr. Detlef Schuppan federführend bei der Entdeckung der ATIs als Verursacher der Weizen- oder Glutensensitivität. Dort sowie an der Harvard Medical School in Boston erforscht er mit seinem Team ihren Einfluss auf die Beschwerden durch Getreideverzehr.

Mehrere Untersuchungen, die die Rolle der ATIs bei der Weizensensitivität und darüber hinaus belegen, wurden bereits veröffentlicht. Prof. Schuppan ist sicher: »ATIs können bei bestimmten Patienten Krankheiten verstärken. Klinische Studien dazu haben wir bereits begonnen.« Weitere Studien zusammen mit Weizenzüchtern und -forschern beschäftigen sich mit der Frage, wodurch der Gehalt an ATIs in Getreide beeinflusst wird. Schuppan: »Es zeichnet sich ab, dass der ATI-Gehalt stärker als der Glutengehalt schwankt.«

2.7 Wo befindet sich Gluten?

Gluten befindet sich in fast allen unserer viel verzehrten Getreidearten: Weizen, Roggen, Gerste, der Mischzüchtung Triticale aus Roggen und Weizen, in Dinkel und dem daraus gewonnenen Grünkern. Die Menge an Gluten ist stark sortenabhängig, auch Standort, Klima und Erntezeitpunkt spielen eine Rolle. Man kann nicht davon ausgehen, dass ältere Sorten grundsätzlich weniger Gluten enthalten. Natürlich gibt es die neuen Weizensorten, in die gezielt mehr Gluten hineingezüchtet wurde, aber auch alte Weizensorten können einen sehr hohen Gehalt haben.

Konventioneller Weizen entwickelt durch die Düngung mit Mineraldünger besonders hohe Eiweiß- und Glutengehalte. Studien zeigen, dass der Eiweißgehalt in konventionellen Hochleistungssorten ca. 18‍% beträgt, in Bio-Weizen dagegen nur um die 12‍%. Die Entscheidung für Getreide aus Bio-Anbau kann also bei Glutensensitivität ein Schritt in die richtige Richtung sein.

2.7.1 Weizen

Weizen ist Brotgetreide Nummer 1 und auch in Gebäck, Nudeln und Teigwaren sowie in Kuchen ist er das vorherrschende Getreide. Zum Backen ist er mit seinem hohen Klebereiweißanteil ideal. Damit ist Weizen als eines unserer Grundnahrungsmittel ein enormer Wirtschaftsfaktor. Um die Erträge weiter zu steigern, wurde er durch Züchtungen zu immer höheren Leistungen und immer verarbeitungsfreundlicheren Zusammensetzungen getrieben. Die steigenden Zahlen der von Weizen- bzw. Glutensensitivität Betroffenen zeigen aber auch, dass diese Hochzüchtungen zu Lasten der Verbraucher gehen. Viele Betroffene reagieren nur auf Weizen mit Symptomen, vertragen aber andere Getreidesorten gut.

2.7.2 Dinkel

Dinkel gilt als ein Verwandter des Weizens. Dass er lange Zeit nur eine kleine Rolle in unserer Ernährung spielte und züchterisch vernachlässigt wurde, kommt ihm jetzt zugute: Er ist nicht nur robuster als sein hochgezüchteter Bruder, sondern auch besser verträglich. Es lohnt sich, statt Weizen einmal Dinkel auszuprobieren, denn bei Weizensensitivität wird er von vielen vertragen. Und das, obwohl entgegen häufiger Behauptungen sein Glutengehalt nicht unbedingt niedriger ist als der von Weizen. Dinkel ist eine ideale Alternative zu Weizen, kann in Rezepten problemlos gegen ihn ausgetauscht werden, ist zum Backen ebenso geeignet und hat einen kräftigeren, nussigeren Geschmack. Viele ziehen ihn geschmacklich dem Weizen vor.

2.7.3 Grünkern

Unreif geerntet und dann geröstet: Der würzig-deftige Geschmack des so verarbeiteten Dinkels hat viele Fans. Dinkel wird zu Flocken, Graupen oder Mehl verarbeitet, ist aber auch als ganzes Korn erhältlich und schmeckt in Suppen, als Bratling oder Klößchen. Zum Backen eignet er sich nicht. Wer Dinkel verträgt, bekommt auch mit Grünkern keine Beschwerden.

2.7.4 Hafer

Hafer essen wir vor allem in Form von Flocken. In Müslimischungen, Granolas, den trendigen Frühstücksgerichten Porridge und Overnight Oats ist er der Hauptdarsteller. Als alleiniges Backgetreide ist er weniger geeignet, weil ihm das Klebereiweiß fehlt. Er ist zwar per se glutenfrei, durch Verunreinigungen mit Resten anderer Getreide bei der Verarbeitung aber in der Regel dennoch nicht als glutenfrei zu bewerten. Wer auf Gluten sehr stark reagiert – wie es bei Zöliakiebetroffenen der Fall ist –, kann auch mit Hafer Probleme bekommen. Es gibt aber speziell verarbeitete Haferflocken, die nicht mit anderen Getreiden in Berührung kommen und damit glutenfrei sind. In Reformhäusern und Bioläden sind sie erhältlich. Sie sind mit der durchgestrichenen Ähre gekennzeichnet.

2.7.5 Roggen

Roggen besitzt im Schnitt nicht weniger Gluten als Weizen, wird bei Glutensensitivität aber dennoch von den meisten besser als Weizen angenommen. Seine Klebereiweiße reagieren beim Backen anders, weshalb reines Roggenbrot mit Hefe nicht gelingt, sondern mit Sauerteig zubereitet werden muss. Das könnte auch ein Grund dafür sein, dass er besser verträglich ist. Roggen spielt in unserer Ernährung hauptsächlich als Brotgetreide eine Rolle.

2.7.6 Gerste

Gerste kann man in unserer täglichen Ernährung schon fast als Exoten bezeichnen, denn außer bei der Bierherstellung wird sie wenig verwendet. Bier ist deshalb nicht glutenfrei, es sei denn, es ist speziell als glutenfrei gekennzeichnet. Allenfalls in Form von Graupen kommt Gerste sonst noch auf den Tisch. Sie ist als alleiniges Backgetreide nicht gut geeignet. Oft ist sie besser verträglich als Weizen.

2.7.7 Triticale

Die Kreuzung aus Weizen und Roggen ergibt ein zwar robustes Getreide, das Vorteile bei schwierigen klimatischen Bedingungen hat, es wird aber wegen seiner nicht so guten Backeigenschaften nicht so häufig bei uns eingesetzt und spielt mehr als Futtergetreide eine Rolle. Seine individuelle Verträglichkeit muss getestet werden.

2.7.8 Alte Getreidesorten

Auch die alten und seltener erhältlichen Getreidesorten wie Einkorn, Emmer und Kamut sind glutenhaltig. Trotz ihres vergleichsweise geringeren Klebereiweißgehaltes sind sie als Backgetreide gut geeignet. Einkorn hat wegen seines ganz besonderen, leicht süßlichen Geschmacks seine Liebhaber, während Emmer und Kamut, der auch Khorasan-Getreide genannt wird, eher deftig schmecken. Viele Glutensensitive vertragen Brote und Gebäck aus diesen alten Sorten besser. Man erhält diese Sorten im Bioladen oder dem Reformhaus. Weil sie weniger ertragreich als Weizen sind, sind sie deutlich teurer.

2.8 Glutenfreies Getreide

Nicht alle Getreidesorten enthalten Gluten. Mais, Reis, Wildreis, Buchweizen, Hirse, Teff, Amaranth und Quinoa sind gänzlich glutenfrei und daher bei Weizen- bzw. Glutensensitivität gut verträglich. Das fehlende Klebereiweiß macht diese Sorten aber für das Backen nicht so gut geeignet, man muss sich dann mit alternativen ▶ Bindemitteln behelfen. Ein Brot mit glutenfreiem Getreide wird nicht so locker wie gewohnt. Je nach individueller Glutenverträglichkeit ist es ideal, diese Getreide mit glutenhaltigem Mehl zu mischen, um einerseits das Backergebnis zu verbessern, andererseits die Glutenmenge niedrig zu halten.

Übrigens: Auch wenn die genannten Sorten küchentechnisch meistens unter dem Begriff »Getreide« zusammengefasst werden, sind sie genau genommen nicht alle Familienmitglieder der Getreide-Großfamilie.