Kompendium Fachdidaktik Romanistik. Französisch – Italienisch – Spanisch - Daniel Reimann - E-Book

Kompendium Fachdidaktik Romanistik. Französisch – Italienisch – Spanisch E-Book

Daniel Reimann

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Beschreibung

Das "Kompendium Fachdidaktik Romanistik" betritt in zweierlei Hinsicht Neuland: erstmals wird eine umfassende, sprachenübergreifend konzipierte Einführung in die Fachdidaktiken der drei großen romanischen Schulsprachen Französisch, Spanisch und Italienisch vorgelegt. Durch den Grad der Vertiefung ist das Werk nicht nur als Einführung, sondern auch als studienbegleitende Lektüre und für die Lehrkräfteaus- und -fortbildung geeignet. Band I behandelt u.a. die folgenden Themen: Definitionen - Geschichte des Unterrichts der romanischen Sprachen - Bildung durch Fremdsprachenunterricht - Rahmenbedingungen - Unterrichtsplanung - Inklusion - Professionalisierung und Berufsperspektiven - Forschungsmethoden.

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Daniel Reimann

Kompendium Fachdidaktik Romanistik

Französisch – Italienisch – Spanisch  Band I: Grundlagen

DOI: https://doi.org/10.24053/9783381102426

 

© 2023 • Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KGDischingerweg 5 • D-72070 Tübingen

 

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetztes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

 

Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor:innen oder Herausgeber:innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor:innen oder Herausgeber:innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich.

 

Internet: www.narr.deeMail: [email protected]

 

ISSN 2197-6384

 

ISBN 978-3-381-10241-9 (Print)

ISBN 978-3-381-10243-3 (ePub)

Inhalt

1 Definitionen, Disziplinen und Diskurse1.1 Historische Standortbestimmungen: Romanistik, romanistische Fachdidaktiken, Fremdsprachenforschung1.1.1 Entwicklung der Neuphilologie und der Fremdsprachenlehrkräftebildung seit dem 19. Jahrhundert (Schwerpunkt Romanistik)1.1.2 Zur gegenwärtigen Situation der romanistischen Fachdidaktiken1.2 Disziplinen und Diskurse vom Lehren und Lernen fremder Sprachen1.2.1 Methodik und Methodologie/Fachmethodik1.2.2 Fachdidaktik1.2.3 Sprachlehrforschung1.2.4 Fremdsprachendidaktik1.2.5 Fremdsprachenforschung1.3 Zusammenfassung und Vorschläge für einen zeitgemäßen Begriffsgebrauch1.4 Rückblicke und Ausblicke: Benachbarte Disziplinen und Diskurse in Vergangenheit und Gegenwart1.4.1 Rückblick: Allgemeine Didaktik1.4.2 Ausblick: Allgemeine Fachdidaktik1.4.3 Ausblicke in die Romania2 Geschichte des Unterrichts der romanischen Sprachen2.1 „Äußere Geschichte“ des Fremdsprachenunterrichts: Entwicklung des Interesses an romanischen Sprachen und (Schul-)Sprachenpolitik2.1.1 Motive und Ziele der Fremdsprachenaneignung (Schwerpunkt: romanische Sprachen)2.1.2 Geschichte der romanischen Sprachen als schulische Fremdsprachen in Deutschland2.2 „Innere Geschichte“ des Fremdsprachenunterrichts: Geschichte der (Unterrichts-)Methoden2.2.1 Methodische Entwicklungen vom Mittelalter bis zur Etablierung des staatlichen Schulwesens2.2.2 Grammatik-Übersetzungs-Methode2.2.3 Direkte Methode2.2.4 Vermittelnde Methode2.2.5 Audiolinguale und audiovisuelle Methode2.2.6 Kommunikative Methode2.2.7 Synopse über methodische Tendenzen seit dem Mittelalter2.2.8 Neokommunikative Phase3 Bildung durch Unterricht in den romanischen Sprachen3.1 Was ist Bildung?3.2 Historische Momente einer Theorie der Bildung3.2.1 Griechische Antike – Platon: Begründung der europäischen Bildungstradition3.2.2 Aufklärung – Kant: Autonomie, Mündigkeit und Moral3.2.3 Neuhumanismus – Wilhelm von Humboldt: Bildung durch Sprache3.2.4 Deutscher Idealismus – Hegel: Bildung und Sozialisierung3.2.5 Bildungstheoretische Didaktik – Klafki: „Kategoriale Bildung“, „Schlüsselprobleme“ und Allgemeinbildung3.3 Neuere Modellierungen des Bildungsbegriffs (auch innerhalb des fremdsprachendidaktischen Diskurses)3.3.1 Das Spannungsfeld von Bildung und Kompetenzen3.3.2 Neuere (romanistisch-)fremdsprachendidaktische Versuche3.4 Philosophische Impulse zur Aktualisierung des Bildungsbegriffs und Vorschlag eines neuen Humanismus3.4.1 „Eigenleistung“ (Lenk): Ein humanes Leistungsprinzip für die demokratische Gesellschaft3.4.2 Bildung zu sprachlicher und religiöser Vielfalt (Fabbro)3.4.3 „Humane Bildung“ (Nida-Rümelin): ein erneuerter Humanismus/Neohumanismus3.4.4 Vorschlag eines neuen Humanismus: Bildung durch Sprachen im 21. Jahrhundert3.5 Der Beitrag des Unterrichts der romanischen Sprachen zur Bildung4 Rahmenbedingungen des gegenwärtigen Fremdsprachenunterrichts4.1 Rahmensetzungen auf europäischer Ebene4.1.1 Vorläufer: Der Treshold Level (1975ff.)4.1.2 Der Gemeinsame europäische Referenzrahmen für Sprachen (2001)4.1.3 Der Referenzrahmen für Plurale Ansätze (REPA) (2012ff.)4.1.4 Der „Companion Volume“/„Begleitband“ zum GeR (2018/2020)4.2 Rahmensetzungen auf bundesdeutscher Ebene4.2.1 Bildungsstandards – Grundlagen4.2.2 Die Bildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss (2003/2023)4.2.3 Die Einheitlichen Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung (1979–2004) und die Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife (2012)4.3 Rahmensetzungen auf Länderebene – Lehrpläne4.3.1 Definitionen, Systematik und Funktion4.3.2 Geschichte der (Fremdsprachen-)Lehrpläne4.3.3 Exemplarische Lehrplanbetrachtungen – historisch: Italienisch-Lehrpläne im 19. und 20. Jahrhundert4.3.4 Exemplarische Lehrplanbetrachtungen – gegenwartsbezogen: Aktuelle Lehrpläne für Französisch, Spanisch, Italienisch und Portugiesisch5 Unterrichtsplanung und Unterrichtsmethoden: Prinzipien, Planung, Techniken, Qualitätssicherung5.1 Taxonomien und Modelle der Unterrichtsgestaltung5.2 Schulpädagogische und allgemein-didaktische Perspektive: Unterrichtskonzeptionen, Unterrichtsprinzipien und Unterrichtsqualität5.3 Fremdsprachendidaktische Perspektive: Didaktisch-methodische Prinzipien5.4 Unterrichtsplanung5.4.1 Grundlagen der Unterrichtsplanung im Fremdsprachenunterricht5.4.2 Aufbau einer Unterrichtsstunde und das Prinzip der Aufgabenorientierung5.4.3 Schriftliche Unterrichtsplanung und -vorbereitung5.5 Unterrichtsorganisation: Sozial- und Arbeitsformen, Offener Unterricht, Balanced Teaching5.6 Unterrichtsmethoden und -techniken5.6.1 Unterrichtsmethoden und -techniken – Allgemeine Hinweise5.6.2 Unterricht in der Zielsprache – Grundlagen und 30 ausgewählte Ausdrücke auf Französisch, Italienisch und Spanisch5.6.3 Unterrichtstechniken – Auswahl einer „Top 20“: 20 Unterrichtsverfahren für einen kommunikationsorientierten und nachhaltigen Fremdsprachenunterricht5.7 Unterrichtsbeobachtung5.7.1 Unterrichtsbeobachtung im Praktikum5.7.2 Unterrichtsbeobachtung durch Fachleiter/innen – der Blick der Prüfenden5.7.3 Ausblick: Wissenschaftliche Unterrichtsbeobachtung6 Differenzierung und Inklusion im Unterricht der romanischen Sprachen6.1 Individuelle Lernervariablen6.1.1 Biologische Faktoren6.1.2 Kognitive Faktoren6.1.3 Sozio-affektive Faktoren6.1.4 Soziokulturelle Faktoren – Eltern/Familie6.1.5 Herkunfts-/Familiensprachen und vorgelernte Sprachen6.2 Kognitive Stile und Fremdsprachenunterricht6.3 „Standardisierungs-Paradox“ und Heterogenitäts-Diskurs6.4 Heterogenität – Lernerorientierung – Differenzierung – Individualisierung6.4.1 Heterogenität6.4.2 Lernerorientierung6.4.3 Differenzierung6.4.4 Individualisierung6.5 Beispiele für Differenzierung und Individualisierung im Unterricht der romanischen Sprachen6.5.1 Vorgelernte Sprachen/Mehrsprachigkeitsdidaktik6.5.2 Jungenförderung und individuelles Feedback zur Aussprache im Anfangsunterricht6.5.3 Individuelles Feedback zu Klassenarbeiten6.6 Inklusion im Unterricht der romanischen Sprachen6.6.1 Theoretische Grundlagen6.6.2 Prinzipien und Bausteine inklusiven Fremdsprachenunterrichts6.6.3 Methoden und Techniken inklusiven Fremdsprachenunterrichts6.6.4 Inklusive Inhalte im Fremdsprachenunterricht7 Professionalisierung und Berufsperspektiven7.1 Was macht eine gute (Fremdsprachen-)Lehrkraft aus und bin ich für den Beruf geeignet? Bildungswissenschaftliche Bezüge und fremdsprachendidaktische Implikationen7.2 Phasen der Lehrerbildung ab dem Referendariat7.2.1 Referendariat: Die zweite Phase der Lehrerausbildung7.2.2 Weiter- und Fortbildung: Die dritte Phase der Lehrerbildung7.3 Berufliche Alternativen bei Nicht-Einstellung im staatlichen Schuldienst des erwünschten Bundeslandes7.3.1 Schulische Alternativen7.3.2 Fachbezogene berufliche Alternativen, v. a. im Bildungssektor7.4 Berufliche Entwicklungsperspektiven im staatlichen Schuldienst7.4.1 Fachbezogene besondere Tätigkeiten und Funktionen7.4.2 Tätigkeiten und Funktionen mit pädagogischem Schwerpunkt und/oder in Schulverwaltung und Schulaufsicht7.4.3 Auslandsschuldienst7.4.4 Hochschule und Universität8 Romanistische Fachdidaktiken/Fremdsprachenforschung als wissenschaftliche Disziplinen: Forschungsmethoden8.1 Epistemologische Grundlagen und Forschungsfelder8.1.1 Epistemologische Grundlagen8.1.2 Ausgewählte Forschungsfelder8.2 Forschungsprozess und Entwicklung eines Forschungsdesigns, Gliederung einer forschungsorientierten Studienarbeit8.3 Theoretisch-konzeptionelle Forschung8.3.1 Grundlagen8.3.2 Felder und Beispiele hermeneutisch-fremdsprachendidaktischer Forschung8.4 Qualitative Forschung8.4.1 Prinzipien qualitativer Fremdsprachenforschung8.4.2 Exemplarische Verfahren: Befragung, Beobachtung, Dokumentenanalyse8.5 Quantitative Forschung8.5.1 Grundlagen quantitativer Datenerhebung8.5.2 Grundlagen quantitativer Datenauswertung8.6 Weitere Formate fremdsprachendidaktischer Forschung8.6.1 Quasi-experimentelle Designs und Lernersprachenforschung8.6.2 Handlungsforschung und Design Based Research8.7 Qualitätssicherung in der Forschung8.7.1 Gütekriterien8.7.2 Forschungsethische Fragen9 Fünfzehn Thesen zu Fremdsprachenunterricht und Fremdsprachendidaktik im 21. JahrhundertBibliographieRegister

parentibus carissimis

Nadiae sorori

gratissimo animo

Vorwort

Das vorliegende Kompendium unternimmt eine überblickende, sprachenübergreifende Darstellung der Grundlagen der Didaktik der romanischen Sprachen und Literaturen. Es richtet sich vor allem an Studierende, aber auch an praktizierende Lehrkräfte, an Ausbilderinnen und Ausbilder an den Studienseminaren und an junge Forschende und Lehrende. Die einen werden hier eine Einführung in Gegenstände und Methoden der Didaktik der romanischen Sprachen und Literaturen vorfinden, die anderen eine Synthese von ihnen Bekanntem für die persönliche Weiterbildung oder für die Vorbereitung von Lehr- und Seminarveranstaltungen. Nicht zuletzt können einzelne Kapitel den Ausgangspunkt für eine vertiefte Auseinandersetzung mit den jeweiligen Gegenständen und Fragestellungen bieten.

Berücksichtigt werden die großen romanischen Schulsprachen Französisch, Spanisch und Italienisch, punktuell wird auch auf das derzeit noch weniger verbreitete Portugiesische Bezug genommen. Der sprachenübergreifende Ansatz wurde vor dem Hintergrund der Tatsache gewählt, dass viele (angehende) Lehrkräfte einer romanischen Sprache auch eine weitere romanische Sprache unterrichten (werden) oder sich nachträglich auf das Unterrichten einer weiteren romanischen Sprache vorbereiten. Die sprachenübergreifend-interdisziplinäre Ausrichtung ist aber auch im Sinne der Mehrsprachigkeitsdidaktik und der mehrsprachigen Bildung zu verstehen. Sie ist nicht zuletzt der Tatsache geschuldet, dass sich eine (Fach-)Didaktik der romanischen Sprachen und Literaturen in den letzten Jahrzehnten als eigenständige wissenschaftliche Disziplin konstituiert hat, die, wenn sie nicht explizit nur einzelsprachlich betrieben wird, als romanistische Teildisziplin originär und immer sprachenübergreifend-interdisziplinär ausgerichtet ist.

In der Tiefe der romanistisch-sprachenübergreifenden Darstellung und in dem Bemühen, den aktuellen Forschungsstand mit den Bedürfnissen der Praxis zu verbinden, betritt das Werk innerhalb der deutschsprachigen Romanistik Neuland. Auch werden beispielsweise Ausführungen zur wissenschaftstheoretischen Verortung im Feld der Fachdidaktiken und der Romanistik, eine vergleichende Geschichte des Unterrichts der romanischen Sprachen, Reflexionen über Bildung im und durch den Unterricht der romanischen Sprachen oder auch die neurophysiologischen Grundlagen der Fremdsprachenaneignung erstmals in einem Kompendium zur Fachdidaktik der romanischen Sprachen zusammengetragen.

Das insgesamt dreibändig konzipierte Werk ist wie folgt aufgebaut: Band I widmet sich den Grundlagen und nähert sich dem Forschungs- und Handlungsfeld der Didaktik der romanischen Sprachen und Literaturen aus verschiedenen Perspektiven: Einleitend werden Definitionen vorgeschlagen und eine Verortung im Feld der Wissenschaften vorgenommen, sodann eine Geschichte des Unterrichts der romanischen Sprachen als Schulsprachen skizziert. Es folgen Reflexionen über Bildung durch Fremdsprachenunterricht. An diese grundlegenden Abschnitte schließen sich eher praxisbezogene Ausführungen an, die gerade auch mit Blick auf frühe Praktika im Studium bereits an dieser Stelle vorgestellt werden: Auf eine Betrachtung der Rahmenbedingungen des Fremdsprachenunterrichts (z. B. GeR, Bildungsstandards, Lehrpläne) folgt eine Einführung in Unterrichtsplanung und Unterrichtsmethoden aus romanistischer Sicht. Diese spezifizierend schließt sich ein Abschnitt zu Differenzierung und Inklusion als Handlungsfeldern, die besonderer Unterrichtsplanung und besonderen methodischen Geschicks bedürfen, an. Die den Band beschließenden Kapitel greifen die bereits aufgezeigten zwei grundlegenden Dimensionen der Fachdidaktik auf: den Praxisbezug und die Wissenschaftlichkeit. Hier werden einerseits berufliche Perspektiven und berufliche Alternativen aufgezeigt, die bereits in einem frühen Ausbildungsstadium (aber beispielsweise auch gegen Ende des Studiums) für die Selbstreflexion relevant sein können, andererseits ein grundlegender Überblick über Forschungsmethoden in der Fachdidaktik gegeben, der ebenfalls schon früh im Studium für die Fachdidaktik als forschende Disziplin sensibilisieren soll, zugleich auch bei der Rezeption wissenschaftlicher Studien sowie beim Verfassen erster eigener Forschungsskizzen im weiteren Verlauf der Ausbildung oder auch des beruflichen Werdegangs Orientierung geben soll. In Band II steht die Sprachdidaktik im weitesten Sinne im Fokus: Ausgehend von einer Vorstellung der anthropologischen und neurobiologischen Grundlagen des Spracherwerbs und der Fremdsprachenaneignung, einem Überblick über Erstspracherwerb, Mehrsprachenerwerb und mehrsprachige Bildung werden die Felder des Sprachunterrichts (sprachliche Mittel, kommunikative Fertigkeiten) am Beispiel der romanischen Sprachen in Theorie und Praxis vorgestellt. Der Band wird durch ein Kapitel zur Evaluation beschlossen, die sich bis dato weitgehend auf die Aspekte des sprachlichen Lernfortschritts bezieht. Band III widmet sich den Bereichen Medien-, Kultur- und Literaturdidaktik, die insofern miteinander vernetzt sind, als medienpädagogische Aspekte auch im Bereich der Kulturdidaktik mit ihren zentralen Dimensionen der inter- und transkulturellen Bildung wirksam werden und nicht zuletzt Literaturdidaktik aufs engste mit der Kulturdidaktik verknüpft ist. Auch hier werden Theorie, Empirieund Beispiele aus der Praxis des Unterrichts der drei großen romanischen Schulsprachen miteinander in Bezug gesetzt.

Die verschiedenen Abschnitte stellen den aktuellen Forschungsstand in Grundzügen dar und geben Beispiele für die Praxis. Die Konzeptionsphase des Werkes begann im Jahr 2015, die Schreibphase ist auf die Jahre 2018 bis 2021 zu datieren, ab dem Jahr 2022 stand die Endredaktion im Vordergrund. Forschungsliteratur und auch publizierte unterrichtsmethodische Anregungen wurden grundsätzlich bis zu einem Erscheinungstermin 2021 erfasst, punktuell auch danach in der redaktionellen Phase. Der Forschungsstand wurde jeweils nach bestem Wissen und Gewissen aufgearbeitet. Gleichwohl bleibt die Auswahl der berücksichtigten Forschungsliteratur – und erst recht die der unterrichtspraktischen Beispiele – für eine grundsätzlich als Einführung und als grundlegendes, studien- und ausbildungs-, ggf. berufsbegleitendes Nachschlagewerk konzipierten Darstellung zwangsläufig subjektiv und es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Wiewohl es sich um eine Überblicksdarstellung handelt, werden punktuell neue Forschungsergebnisse hier erstmals präsentiert und eigene Standpunkte vorgebracht.

Die Darstellung geht auf inzwischen beinahe zwanzigjährige Erfahrungen mit akademischen Einführungsveranstaltungen in die Didaktik der romanischen Sprachen und Literaturen an verschiedenen Universitäten in Deutschland zurück. Sie kann sich zudem auf unterrichtspraktische Erfahrungen in den Fächern LateinLatein, Französisch, Italienisch, Spanisch und Portugiesisch schwerpunktmäßig an Schulen (Sekundarstufen I und II), aber auch in der Erwachsenenbildung, in den letzten nunmehr etwa dreißig Jahren stützen. Aus diesen Erfahrungen sind die Anregungen für die Praxis erwachsen, die in das Kompendium eingeflossen sind.

Das Werk stellt in gewisser Hinsicht eine Synthese meiner bisherigen romanistisch-didaktischen Beschäftigung in Wissenschaft und Praxis dar. Vor diesem Hintergrund danke ich allen meinen eigenen Lehrerinnen und Lehrern, akademischen Lehrerinnen und Lehrern, Kolleginnen und Kollegen an Schule und Hochschule, vor allem aber auch allen Schülerinnen und Schülern und Studierenden, durch deren Impulse und Fragen diese Zusammenstellung reifen konnte. Darüber hinaus danke ich auch der Sprach- und literaturwissenschaftlichen Fakultät und der Humboldt-Universität zu Berlin für die Gewährung eines Forschungssemesters im Frühjahr 2023, das die abschließenden Arbeiten am Projekt zu intensivieren ermöglicht hat. Dem Verlag Gunter Narr und seiner Redakteurin Kathrin Heyng M. A. danke ich recht herzlich für die Anregung und die Bereitschaft, diese umfassende Synthese als Kompendium Fachdidaktik Romanistik in das Verlagsprogramm aufzunehmen und für die hervorragende redaktionelle und verlegerische Betreuung im Entstehungsprozess. Nicht zuletzt bin ich meiner Familie – meinen Eltern und meiner Schwester wie auch meinen Großeltern, nunmehr zusätzlich meiner eigenen Familie –, ohne deren Unterstützung und Verständnis sich auch dieses Werk nie hätte entwickeln können, nicht in Worte zu fassen dankbar.

Möge diese Darstellung einen sinnvollen Beitrag zu einer jungen romanistischen Teildisziplin, mithin zur Romanistik insgesamt leisten – und vor allem auch angehende Lehrkräfte für die Beschäftigung mit den romanischen Sprachen, für die Wissenschaft und für das Unterrichten begeistern!

1Definitionen, Disziplinen und Diskurse

Fachdidaktik hat sich in ihrem wissenschaftstheoretischwissenschaftstheoretischen Selbstverständnis und in ihrem methodologischen Anspruch in den letzten Jahrzehnten spürbar verändert. „Fachdidaktik“ war früher in ihrem landläufigen (Selbst-)Verständnis vor allem eine Disziplin der ReflexionReflexion von Praktikern über die Praxis z. B. in der zweiten Phase der LehrerbildungLehrerbildung und eine Disziplin der Entwicklung von UnterrichtsentwürfenStundenentwurf, -planung, -konzeption, mithin eher ein Diskurs über (Unterrichts-)MethodikMethodik. Man spricht hier oft von „Best-practiceBest-practice“-Beispielen, die im Regelfall nicht wissenschaftlichen Ansprüchen im engeren Sinn entsprechen, da sie nicht konsequent (forschungs-)methodisch reflektiert sind (landläufig auch abfällig als „RezeptologieRezeptologie“, „MeisterlehreMeisterlehre“ usw. bezeichnet). Diese – für die Praxis mitunter verdienstvollen – Ansätze können also aus heutiger Sicht nicht mit wissenschaftlicher Fachdidaktik gleichgesetzt werden.

Spätestens seit etwa den 1960er Jahren, als die erste Phase der LehrerausbildungLehrerbildung zunehmend an die UniversitätenUniversität integriert wurde, begannen insbesondere Linguisten, sich im Kontext einer „Angewandten LinguistikAngewandte Linguistik“ z. B. mit für das Fremdsprachenlernen relevanten Aspekten des Kontrasts zwischen Sprachen zu befassen oder auch die InterimsInterimssprache-Interimssprache bzw. LernersprachenLernersprache, lernersprachlich auf typische Merkmale hin zu untersuchen. Zugleich wurde an den Pädagogischen Hochschulen, später auch an den UniversitätenUniversität, die Disziplin „Fachdidaktik“ eingeführt, die sich insbesondere als WissenschaftWissenschaft der TransformationTransformation, d. h. der Adaption bezugswissenschaftlicherBezugswissenschaft, bezugswissenschaftlich (z. B. sprach- oder literaturwissenschaftlicher) Inhalte für den schulischen Fremdsprachenunterricht verstand.

Seit den frühen 1970er Jahren wurde dann systematisch – auch von der Deutschen Forschungsgemeinschaft als nationales Anliegen gefördert – eine so genannte „SprachlehrforschungSprachlehrforschung“ (auch: „Sprachlehr- und -lernforschung“) entwickelt, die, idealerweise auch sprachenübergreifend, auf empirischer Grundlage fremdsprachliche Lehr-/LernprozesseLernprozess zu ergründen versuchte. Ihre Entstehung ist u. a. der Tatsache zu verdanken, dass man seit den 1960er Jahren mit zunehmendem Zusammenrücken innerhalb EuropaEuropas und einer sich abzeichnenden Globalisierung auf politischer Ebene die Bedeutung von Fremdsprachenunterricht erkannt hatte. Die Disziplin „Sprachlehrforschung“ wurde aus hochschulpolitischen Gründen an ihren wenigen Standorten in Deutschland inzwischen formal abgeschafft. Zugleich hat die Fachdidaktik, auch im weiteren Kontext einer empirischen Wendeempirische Wende in den BildungswissenschaftenBildungswissenschaft vor allem seit etwa dem Jahr 2000, (Forschungs-)Methoden und Zielsetzungen der genannten Forschungsrichtungen, also der Angewandten LinguistikAngewandte Linguistik, insbesondere aber der Sprachlehrforschung und der empirischen Bildungsforschung, integriert. Sie verbindet also traditionelle theoretisch-konzeptionelletheoretisch-konzeptionell und neuere empirischEmpirie, empirische Forschungsansätze. Daher spricht man heute, gerade auch um die ForschungsorientierungForschungsorientierung, forschungsorientiert der Disziplin zu kennzeichnen, häufig eher von „Fremdsprachenforschung“ (vgl. z. B. Reimann 2018, 123f.).

Die Tatsache, dass es seit den 1970er Jahren zwei Disziplinen bzw. Bündel von Disziplinen gab, die sich mit dem Lehren und Lernen von Fremdsprachen in institutionalisierten Kontexten befassten – namentlich die SprachlehrforschungSprachlehrforschung und die verschiedenen fremdsprachlichen Fachdidaktiken – stellt ein Spezifikum der fremdsprachlichen Fachbereiche dar. Indem eine dieser Disziplinen – die Sprachlehrforschung – explizit der empirischen Erforschung fremdsprachlicher Lehr-/LernprozesseLernprozess gewidmet war, nimmt die Erforschung des Lernens und Lehrens fremder Sprachen bei genauem Hinsehen eine Vorreiterrolle mit Blick auf die von anderen Fachdidaktiken erst viel später vollzogene Hinwendung zur EmpirieEmpirie, empirisch ein. Gelten also mit Blick auf die jüngere „empirische Wendeempirische Wende“ der Fachdidaktiken die mathematisch-naturwissenschaftlichenNaturwissenschaft, naturwissenschaftlich Fachdidaktiken mit Recht als Vorreiterinnen, so ist doch nicht zu vergessen, dass empirischeEmpirie, empirisch Forschung mit Blick auf fremdsprachliche Lehr-/LernprozesseLernprozess ebenfalls eine sehr lange Tradition hat. Auch die heute festzustellende Existenz der Begrifflichkeit einer „Fremdsprachenforschung“ neben den einzelsprachlichen fremdsprachlichen Fachdidaktiken stellt ein Spezifikum der fremdsprachlichen Lernbereiche dar – so gibt es beispielsweise keine in Analogie denkbare eigene Disziplin „empirischeEmpirie, empirisch Lehr-Lern-ForschungLehr-Lern-Forschung der mathematisch-naturwissenschaftlichenNaturwissenschaft, naturwissenschaftlich Fächer“ o.Ä.

Aus wissenschaftstheoretischer Perspektivierung ist festzuhalten, dass eine Disziplin dann als WissenschaftWissenschaft gelten darf, wenn sie 1. über einen bestimmten Gegenstandsbereich und 2.Fremdsprachezweite über eigene ForschungsmethodenForschungsmethode, forschungsmethodisch verfügt. Ulf Abraham und Martin Rothgangel formulieren dies für die Fachdidaktiken wie folgt:

In wissenschaftstheoretischer Hinsicht zeichnet sich jede Disziplin durch einen bestimmten Gegenstandsbereich aus, den sie erforscht (bzw. rekonstruiert oder modelliert), sowie bestimmte Methoden, die der Erforschung (bzw. RekonstruktionRekonstruktion oder Modellierung) des Gegenstandsbereichs dienen. (Abraham/Rothgangel 2017, 16)

Orientierend seien in einem ersten Schritt folgende Kurz- bzw. Arbeitsdefinitionen vorgeschlagen:

Fachdidaktik ist die fachbezogene Lehr-/Lernforschung, die in der heutigen Zeit traditionelle historische und hermeneutischehermeneutisch Verfahren mit empirischen Methoden verbindet und sich mit der Geschichte, mit Inhalten, Kontextbedingungen und Verfahren sowie mit Akteurinnen und Akteuren von (hier: Fremdsprachen-) Unterricht befasst.

SprachlehrforschungSprachlehrforschung war die Disziplin der empirischen Erforschung fremdsprachlicher Lehr- und LernprozesseLernprozess, die von ihr bevorzugt sprachenübergreifend (also unabhängig von einzelnen Fächern) oder sogar sprachenunabhängig (z. B. mit Kunstwörtern) untersucht wurden. Innerhalb der Sprachlehrforschung spielte auch das Deutsche als Fremd- und Zweitsprache eine bedeutende Rolle. Sie zeichnete sich in ihrer wirkmächtigen Phase von den 1970er bis 1990er Jahren durch eine ausgesprochene LernerorientierungLernerorientierung, lernerorientiert aus, d. h. die Prozesse des Lernens und die Lernenden als solche wurden häufig in den Fokus genommen. Daher wird die Disziplin häufig auch präzisierend als Sprachlehr-/-lernforschung oder sogar Sprachlern-/-lehrforschung bezeichnet (hierzu vgl. bes. auch Kap. 1.2.3).

Fremdsprachendidaktik ist die WissenschaftWissenschaft vom Lehren und Lernen fremder Sprachen. Mit Einführung des Begriffs wurde ein besonderer Fokus auf dem sprachenunabhängigen und sprachenübergreifendensprachenübergreifend Aspekt gelegt, eine Eigenschaft, die Fremdsprachendidaktik mit der SprachlehrforschungSprachlehrforschung teilte. Im Unterschied zur Sprachlehrforschung weist der zweite Bestandteil des Wortes „-didaktik“ darauf hin, dass nicht ausschließlich empirischeEmpirie, empirisch, sondern traditionell auch hermeneutischehermeneutisch bis hin zu lediglich auf Einzelerfahrungen bzw. ErfahrungswissenErfahrungswissen basierende (unterrichts-)methodische Fragestellungen Gegenstandsbereich von Fremdsprachendidaktik sein können. Letztlich wurde und wird Fremdsprachendidaktik häufig als Oberbegriff für die Gesamtheit der fremdsprachlichen Fachdidaktiken verwendet (hierzu vgl. bes. auch Kap. 1.2.4).

Fremdsprachenforschung ist die Disziplin der Erforschung fremdsprachlicher Lehr- und Lernkontexte, die in besonderem Maße Fragen und Methoden der SprachlehrforschungSprachlehrforschung aufgreift, weiterführt und mit den Forschungsgegenständen und traditionellen Methoden der fremdsprachlichen Fachdidaktiken verbindet. Fremdsprachenforschung kann daher als die Disziplin verstanden werden, die derzeit (auch empirisch) forschungsorientierte fremdsprachliche Fachdidaktiken unter einem Dach vereint. Fremdsprachenforschung ist, mit Blick auf die ForschungsorientierungForschungsorientierung, forschungsorientiert, der im Verhältnis zur Fremdsprachendidaktik aktuell geläufigere Oberbegriff zur Bezeichnung aller forschungsorientierten fremdsprachlichen Fachdidaktiken einschließlich der Fachdidaktik des Deutschen als Fremd- und Zweitsprache (hierzu vgl. bes. auch Kap. 1.2.5).

(Fach-)MethodikFachmethodik bezeichnet auf unterrichtspraktischer Ebene die Gesamtheit der (Unterrichts-)Methoden, also der Verfahren und Techniken u. a. von (Fremdsprachen-)Unterricht. Auf einer Meta-Ebene kann mit „MethodikMethodik“ oder „MethodologieMethodologie, methodologisch“ auch die ReflexionReflexion über und die Erforschung von solchen Verfahren und Techniken gemeint sein. Man könnte also Methodik (oder eben Methodologie) auch als die WissenschaftWissenschaft von der systematischen Beschreibung und der Erforschung von (Unterrichts-)Methoden – hier des Fremdsprachenunterrichts – definieren.

Unmittelbar benachbarte Disziplinen sind u.a.:

Allgemeine DidaktikAllgemeine Didaktik, allgemein-didaktisch ist eine Teildisziplin der (Schul-)PädagogikPädagogik, die sich in den 1950er und 1960er Jahren entwickelte und besonders in den 1960er/1970er Jahren wirkmächtig war. Seinerzeit stellte sie auch eine bedeutende Bezugsdisziplin für die (fremdsprachlichen) Fachdidaktiken dar. Gegenstand der Allgemeinen DidaktikAllgemeine Didaktik, allgemein-didaktisch ist die Theorie von Unterricht in abstrakter Form, d. h. bewusst unabhängig von einzelnen Fächern. Die Allgemeine DidaktikAllgemeine Didaktik, allgemein-didaktisch hat insbesondere auch Modelle zur (Persönlichkeits-)Bildung durch Unterricht sowie Ansätze zur Beschreibung von fachunabhängigen UnterrichtsmethodenUnterrichtsmethode, -methodik, -methodisch und -techniken entwickelt (hierzu vgl. bes. auch Kap. 1.4.1).

Allgemeine Fachdidaktik ist eine sich seit etwa 2015 konstituierende Disziplin, die sich mit dem Vergleich der Fachdidaktiken untereinander befasst und sich daher auch als Metatheorie oder Metawissenschaft der Fachdidaktiken versteht. Durch den Vergleich werden insbesondere Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Themen, Unterrichts- und ForschungsmethodenForschungsmethode, forschungsmethodisch zwischen den einzelnen Fachkulturen herausgearbeitet. Ein Ziel der Allgemeinen Fachdidaktik ist die Entwicklung einer Theorie fachlicher bzw. durch Fachunterricht bedingter Bildung (hierzu vgl. bes. auch Kap. 1.4.2).

Im Folgenden sollen die einzelnen Disziplinen weiterführend definiert, wesentliche Entwicklungslinien und Diskurse skizziert und abschließend ein Vorschlag für eine zeitgemäße Begriffsverwendung gemacht werden. Zudem werden Ausblicke auf benachbarte Disziplinen und Diskurse aus dem weiteren Feld der Didaktik gegeben.

1.1Historische Standortbestimmungen: Romanistik, romanistische Fachdidaktiken, Fremdsprachenforschung

1.1.1Entwicklung der NeuphilologieNeuphilologe, Neuphilologie und der Fremdsprachenlehrkräftebildung seit dem 19. Jahrhundert (Schwerpunkt Romanistik)

1.1.1.1Anfänge der romanischen Philologie

Bis ins 19. Jahrhundert gab es keine institutionalisierte FremdsprachenlehrerbildungFremdsprachenlehrerbildung. Der Unterricht wurde häufig von muttersprachlichenMuttersprachler/in, muttersprachlich Lehrkräften, traditionell so genannten „Sprachmeistern“, erteilt (s. u. Kap. 2.1, bes. 2.1.2.4). Eine frühe philologische Professur mit einem linguistischen Schwerpunkt wurde 1821 als Professur für Orientalische LiteraturLiteratur und Allgemeine Sprachkunde an der UniversitätUniversität zu Berlin eingerichtet und mit Franz Bopp, der als Begründer der vergleichenden indogermanischen Sprachwissenschaft gilt, besetzt. Zu Bopps Korrespondenten und „Schülern“ im weiteren Sinne gehörten u. a. Friedrich Rückert, Wilhelm von Humboldt und August Wilhelm Schlegel (Meier-Brügger 2010, 135ff.).

Die Anfänge der Romanischen PhilologieRomanische Philologie werden in der Fachgeschichte häufig ebenfalls um die Wende zu den 1820er Jahren datiert, und zwar – mit Blick auf einzelne Studien – beispielsweise unter Bezug auf Friedrich Diez’ Übersetzungen altspanischer Romanzen ab 1817 und seine Studien zur provenzalischen Troubadour-DichtungDichtung aus den 1820er Jahren (z. B. Die Poesie der Troubadours, 1826) oder auch unter Bezug auf August Wilhelms Schlegels Publikation Observations sur la langue et la littérature provençales von 1818 (vgl. Reimann 2017b, 14). Der Beginn einer institutionalisierten romanischen Philologie wird üblicherweise mit den Vorlesungen des Berliners Valentin Schmidt über altfranzösische und klassischeKlassik, klassisch französische, spanische und italienische LiteraturLiteratur ab 1821, den Bonner Vorlesungen von Friedrich Diez über romanische Sprachen und Literaturen ab 1821/1822 (vgl. z. B. Lieber 2003, 836) und von August Wilhelm Schlegel über „Geschichte der französischen Literatur“ ab 1823/24 (z. B. Rohlfs 1950, 10f.) sowie mit der Besetzung der Hallenser Professur für südeuropäische Sprachen und Literaturen mit Ludwig Gottfried Blanc 1822 (ab 1833 Ordinarius für Romanische Sprachen und ihre Literaturen) datiert (Lieber 2003, 835). Professoren, die im heutigen Sinne romanistische Lehrveranstaltungen abhielten, waren damals noch oft zugleich für germanistische, romanistische und anglistische Studien zuständig, wobei die deutsche LiteraturwissenschaftLiteraturwissenschaft meist vorrangig war (so auch bei Diez, vgl. Lieber 2003, 836 und 835). Neuphilologische Professuren, die etwa ab 1860 eingerichtet wurden, waren anfangs oft nur teilweise der Romanistik und zugleich der Anglistik gewidmet (z. B. Haas 1995, 483, Lieber 2003, 836). Seitens der Lehrenden war die Anglistik meist weniger angesehen, so dass die Romanisten für eine Loslösung der Anglistik von ihren Lehrstühlen plädierten (Lieber 2003, 837). Ein erster rein romanistischer Lehrstuhl wurde 1867 in BerlinBerlin eingerichtet (Lieber 2003, 837), ein erster anglistischer 1872 (Haas 1995, 483, vgl. Reimann 2017b, 15f.).

1.1.1.2Romanische Philologie und Lehrkräftebildung im 19. Jahrhundert

Die romanische Philologie war zur Zeit ihrer Entstehung im 19. Jahrhundert in ihrem Selbstverständnis zunächst vor allem eine mediävistische Disziplin (z. B. Reimann 2017b, 14). Sie hat ihre Ursprünge in der deutschen RomantikRomantik einerseits und in der entstehenden Germanistik andererseits (Lieber 2003, 835). Die oben genannten frühen Studien wie auch erste größere Grundlagenwerke – beispielsweise Diez’ monumentale historische GrammatikGrammatik der romanischen Sprachen (1836–1844) und sein Etymologisches Wörterbuch der romanischen Sprachen (1853) – beinhalten folglich keine fremdsprachendidaktischen Reflexionen (einführend zu Friedrich Diez z. B. Baum 1993). Auch die romanischen Studien der sog. Junggrammatiker ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts – etwa Wilhelm Meyer-Lübkes Grammatik der romanischen Sprachen (1890–1902) oder sein Romanischesetymologisches Wörterbuch (1911ff.) – sehen ihre Untersuchungen noch losgelöst von der etwaigen Nachbarschaft einer anwendungsbezogenen Disziplin wie einer noch zu begründenden Fachdidaktik. Noch Gustav Gröber bezeichnete in seinem Grundriß der romanischen Philologie im Jahr 1888 unmissverständlich „die unverstandene oder unverständlich gewordene Rede und Sprache“ als alleinigen Gegenstandsbereich der Philologie (Gröber 1888, zitiert bei Gier 2000, 49, vgl. Reimann 2017b, 14f.).

Bis heute existierende, bedeutende Zeitschriften aus der Entstehungszeit der Romanischen Philologie sind etwa das Archiv für das Studium der neueren Sprachen (begründet 1846), die Zeitschrift für Romanische Philologie (1877) und die Romanischen Forschungen (1882); gerade die letztgenannten Zeitschriften enthalten bis heute traditionellerweise keine fremdsprachendidaktischen Beiträge. Frühe LehrerzeitschriftenLehrerzeitschrift, die teilweise als didaktische Publikationsorgane ante litteram gelten dürfen, sind indes Die Neueren SprachenDie Neueren Sprachen (DNS) (ab 1893), die 1995 eingestellt und 2010 als Jahrbuch wieder belebt wurden (vgl. Schröder 2010a), die Zeitschrift für französischen und englischen Unterricht (ab 1902), später auch die Zeitschrift für neusprachlichen Unterricht (ab 1935) sowie die Neuphilologische Monatsschrift (ab 1930) (vgl. Rohlfs 1950, 11f., 14f., Lieber 2003, 838, Reimann 2017b, 16).

Zwar wurden Sprachkenntnisse, im Vergleich zu heute freilich in geringem Ausmaß und vor allem an den Bedürfnissen des philologischen Studiums orientiert, seinerzeit auch an den UniversitätenUniversität vermittelt – vgl. z. B. den Aufenthalt Luigi Pirandellos als Lektor in Bonn in den Jahren 1889 bis 1891 (vgl. Pirandello 1994) –, eine ReflexionReflexion über Fremdsprachenunterricht im Sinne einer eigenständigen wissenschaftlichen Disziplin ist vor dem Hintergrund des oben skizzierten Wissenschaftsverständnisses an den UniversitätenUniversität in dieser Zeit indes nicht belegt (vgl. Reimann 2017b, 15).

Dennoch ist die Romanistik schon früh in unmittelbarem Bezug zur LehrerbildungLehrerbildung, mithin zur SchulpraxisSchulpraxis zu sehen. Durch die Konstituierung eines staatlichen öffentlichen Schulwesens und die zunehmende Einführung auch neusprachlichen Unterrichts (vgl. Kap. 2, bes. 2.1.2.7) entstand der Bedarf nach professioneller und im Sinne einer Verstaatlichung des SchulwesensVerstaatlichung des Schulwesens regulärer Ausbildung von Fremdsprachenlehrkräften, zunächst gerade auch des Französischen. So führten nicht zuletzt die Bedürfnisse der Schulpraxis u. a. zur Einrichtung und Gründung folgender Institutionen, Organisationen und Publikationsorgane:

an Schulen angegliederte, spezifisch für die LehrerbildungLehrerbildung ausgerichtete Seminare für neuere Sprachen außerhalb der UniversitätenUniversität (1839 Rostock, 1860 BerlinBerlin),

neuphilologische Professuren ab etwa 1860,

erster romanistischer Lehrstuhl 1867 (BerlinBerlin),

erstes spezifisch romanisches Seminar 1874 (Straßburg),

Königlich Romanisches Seminar in Bonn 1878, an dem eine „pädagogische Einweisung“ explizit vorgesehen ist (vgl. jeweils Reimann 2017b, 15f., mit weiterführender Bibliographie),

Fachverband Verein für neue Sprachen im Jahr 1880 (als erster Fremdsprachenlehrerverband in EuropaEuropa, seit 1886 mit geändertem Namen Allgemeiner Deutscher Neuphilologen-Verband (ADNV)Allgemeiner Deutscher Neuphilologen-Verband (ADNV), Nachfolger seit 1972 Fachverband Moderne Fremdsprachen (FMF), seit 2006 Gesamtverband Moderne Fremdsprachen (GMF)Gesamtverband Moderne Fremdsprachen (GMF) als Dachverband der Fremdsprachenlehrerverbände, vgl. Hagge 2003, 589, Bausch et al. 2016, 2, Berthelmann 2016, 651),

nicht nur tendenziell philologisch orientierte Zeitschriften wie Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen (1846), sondern auch dezidiert fremdsprachendidaktische Zeitschriften seit etwa 1890 (bes. Neuphilologisches Centralblatt: 1887, Die Neueren SprachenDie Neueren Sprachen (DNS): 1893, Zeitschrift für französischen und englischen Unterricht: 1902, als erste fremdsprachendidaktische Zeitschriften weltweit, Schröder 2003, 594).

Die Forderungen gerade auch der weiterführenden Schulen hatten seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts spürbare Auswirkungen auf Forschungs- und Lehrprogramme der UniversitätenUniversität v. a. in folgenden Bereichen:

Bedeutung der PhonetikPhonetik,

Bedeutung der RealienkundeRealienkunde,

Berücksichtigung moderner LiteraturLiteratur (verstärkt ab ca. 1900) (Reimann 2017a, 16f., mit weiterführender Bibliographie).

Weiterhin einführend in die frühe Geschichte der romanischen Philologie gerade auch mit Blick auf die LehrerbildungLehrerbildung kann exemplarisch auf die Beiträge Stierle 1979 (besonders zum Bezug der entstehenden Neuphilologie zur klassischen Philologie mit forschungsmethodischem und wissenschaftstheoretischem Fokus) und Selig 2005 sowie Selig 2020 verwiesen werden; vertiefend auf die entsprechenden Abschnitte in der umfassenden Studie zur frühen Institutionengeschichte der Romanistik von Alexander Kalkhoff (Kalkhoff 2010, in Grundzügen aufgegriffen z. B. in Teixeira Kalkhoff 2020) sowie in der ideen- und diskursgeschichtlichen Studie zur Entstehung der romanischen Philologie im 19. Jahrhundert Wolf 2012 (jeweils mit weiterführender Bibliographie).

1.1.1.3Fallbeispiele zur frühen Lehrkräftebildung in den romanischen Sprachen im 19. Jahrhundert: BayernBayern und BerlinBerlin

Exemplarisch soll die frühe Geschichte der fremdsprachlichen LehrerbildungLehrerbildung an den Beispielen Bayerns und Berlins skizziert werden. Mit der Auflösung des Jesuitenordens 1773 kam es in BayernBayern zu einer Verstaatlichung der (Aus-)Bildung für das Höhere LehramtLehramt ab 1798/99 (Neuerer 1978, 13, 15ff.). In der LehramtsprüfungsordnungLehramtsprüfungsordnung von 1809 war für den gymnasialen Bereich das Philologische Lehramt bestimmend, das die Fächer LateinLatein, GriechischGriechisch, Deutsch und Geschichte mit Anteilen auch der Mathematik, nach einer Novellierung 1811 auch mit Anteilen von Französisch und den orientalischen Sprachen umfasste (op. cit., 47). 1854 wurde erstmals Französisch in einer LehramtsprüfungsordnungLehramtsprüfungsordnung genannt (Englisch und Italienisch implizit unter Französisch im Jahr 1873, Italienisch (neben Französisch und Englisch) explizit im Jahr 1895, vgl. Reimann 2009b, 21; Neuerer 1978, 54). 1873 und in der Neufassung der Lehramtsprüfungsordnung von 1895 war erstmals ein Neuphilologisches Lehramt vorgesehen, das traditionellerweise die Fächer Französisch und Englisch umfasste (op. cit., 56).

Ab 1864 waren an RealgymnasienRealgymnasium und Industrieschulen Französisch und Englisch zu Hauptfächern geworden. Das Handelsministerium regte in der Folge beim zuständigen Innenministerium die Begründung eines neuphilologischen LehramtsLehramt an. Das neuphilologische Lehramt wurde dem philologisch-historischen (s. o.) und dem zwischenzeitlich ebenfalls konstituierten Lehramt für Mathematik und Physik gleichgestellt (op. cit., 56f.). Zwei weitere Lehrämter, die keinen Zugang zu den Gymnasien hatten, waren Chemie und beschreibende NaturwissenschaftenNaturwissenschaft, naturwissenschaftlich (im Wesentlichen Biologie) sowie das Realienlehramt (im Wesentlichen Deutsch, Geschichte, Erdkunde) (op. cit. 57ff.). Zum Vergleich kann die Preußische LehramtsprüfungsordnungLehramtsprüfungsordnung von 1866 herangezogen werden, die vier Lehrämter kannte: ein philologisch-historisches, ein mathematisch-naturwissenschaftliches, ein theologischesTheologie, theologisch und ein neuphilologisches (op. cit., 101).

Allerdings waren zunächst keine fachdidaktischen Studien im Rahmen der ersten Phase der LehramtsausbildungLehramtsausbildung vorgesehen. Dennoch gab es beispielsweise in BayernBayern seit Beginn des 19. Jahrhunderts erste Ansätze, unterrichtspraktische Erfahrungen zumindest im Sinne einer impliziten fachdidaktischen Propädeutik mit in die LehrerausbildungLehrerbildung zu integrieren oder zumindest das universitäre Studium an den Bedürfnissen der LehrerbildungLehrerbildung zu orientieren: so wurden etwa 1810 Überlegungen zur Verbindung der fachwissenschaftlichen mit einer methodisch-didaktischen Ausbildung z. B. im Rahmen eines philologischen Seminars an der UniversitätUniversität Landshut angestellt, letztlich aber nicht umgesetzt (vgl. Neuerer 1978, 137f.). Ab 1876 wurde ein neuphilologisch-lehrerbildendes Seminar an der Universität München eingerichtet (zuvor hatte es nur einzelne Lehrstühle gegeben), das allerdings keine fachdidaktischen Studien anbot (op. cit. 154f.). Zunächst angesetzte „praktische Prüfungen“ im Rahmen der wissenschaftlichen Prüfungen wurden „mit der fortschreitenden Verwissenschaftlichung der gymnasialen Lehrämter in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts“ (Neuerer 1978, 169) eher zurückgefahren.

Der Studienplan für das neuphilologische LehramtLehramt an der UniversitätUniversität München von 1892 sah etwa folgende Lehrveranstaltungen vor (Neuerer 1978, 98f.):

A Vorlesungen für das Examen:

Französische und englische Literaturgeschichte, vier Vorlesungen

Encyklopädie der romanischen und englischen Philologie, zwei Vorlesungen

Interpretation altfranzösischer, provenzalischer, mittel- und neufranzösischer, alt-, mittel- und neuenglischer Texte, sechs Vorlesungen

Neufranzösische und neuenglische Stilübungen

Französische und englische PhonetikPhonetik und MethodologieMethodologie, methodologisch, zwei Vorlesungen

Historische GrammatikGrammatik der französischen und der englischen Sprache, vier Vorlesungen

Französische und englische Metrik

PhilosophiePhilosophie[, eine Vorlesung aus der systematischen Philosophie (Logik oder PsychologiePsychologie), vier über Geschichte der Philosophie, eine über PädagogikPädagogik]

Geschichte, je eine Vorlesung über Geschichte des Mittelalters, der neuern und neuesten Zeit

Deutsche Literaturgeschichte, eine Vorlesung

B Wünschenswerte Vorlesungen

Interpretation eines lateinischen Autors

Vulgärlatein

Italienisch

Spanisch

Historische GrammatikGrammatik der deutschen Sprache.

Es ist offensichtlich, dass hier noch immer keine fachdidaktischen Studieninhalte vorgesehen waren. Allerdings kam es in BayernBayern ab 1893 an zunächst fünf Gymnasien zur Einrichtung pädagogisch-didaktischer Gymnasialseminare, an denen nunmehr die zweite Phase der LehrerbildungLehrerbildung angesiedelt war (op. cit., 169, 186ff.).

Auch in anderen Ländern gab es im 18./19. Jahrhundert erste punktuelle Versuche, die LehrerbildungLehrerbildung so früh wie möglich auch an Bedürfnissen der Praxis zu orientieren. So versuchte beispielsweise das Philologische Seminar an der Universität Göttingen unter dem innovativen Johann Matthias Gesner ab 1734, eine fachwissenschaftlich-philologische Ausbildung mit pädagogischenpädagogisch Vorlesungen und UnterrichtsversuchenUnterrichtsversuch an der Stadtschule zu verbinden. Auch das Philologische Seminar an der Universität Halle bemühte sich ab 1787 unter Friedrich August Wolf, unterrichtspraktische Versuche in das LehramtsstudiumLehramtsstudium zu integrieren (vgl. z. B. Neuerer 1978, 194ff., vgl. Reimann 2018, 131–135). Insgesamt lässt sich jedoch die Tendenz feststellen, dass im 18. und 19. Jahrhundert die UniversitätenUniversität häufig unabhängig von den Bedürfnissen der Praxis ausbildeten und sich, je nach Standort, zunächst „Seminare“ außerhalb der UniversitätenUniversität etablierten, die sozusagen als parallele Institutionen strukturierter und zugleich praxisnäher ausbilden wollten (vgl. z. B. Lieber 2003, 836). Erst allmählich bildete sich die heute übliche Struktur der zweiphasigen Ausbildung – erste Phase an der Universität, zweite Phase an einem (Studien-)Seminar, heraus. Vorbild war hier seit 1890 das Preußische Modell, das schon 1893 in BayernBayern übernommen wurde (Neuerer 1978, 187).

Als zweites Beispiel sei der Fall BerlinBerlins und Preußens betrachtet: Die Romanistik an der UniversitätUniversität zu Berlin bzw. der Friedrich-Wilhelms-Universität gehört seit ihrer Gründung zu den Instituten, die das Fach Romanische Philologie deutschlandweit und damit international maßgeblich geprägt haben. Der 1867 mit Adolf Tobler (1835–1910) besetzte Lehrstuhl für Romanische Philologie an der Friedrich-Wilhelms-Universität darf als der erste nur der Romanistik gewidmete Lehrstuhl im deutschen Sprachraum überhaupt gelten (s. o., vgl. z. B. Lieber 2003, 837, zur Vorgeschichte der Romanistik an der Berliner Universität vgl. Kalkhoff 2010, 131–135). Tobler gehörte seinerzeit zu den anerkannten Größen seines Faches und prägte u. a. die Gebiete der historisch-vergleichenden Sprachenwissenschaft, der historischen Grammatikographie und der LexikographieLexikographie auch in forschungsmethodischerForschungsmethode, forschungsmethodisch Hinsicht (z. B. Bott 2010, 345, 347). Marie-Luise Bott wertet seine LeistungLeistung prägnant wie folgt: „Zu Beginn seiner Berliner Lehrtätigkeit war Tobler 32 Jahre alt. In den folgenden 43 Jahren wurde die Universität Berlin mit der Tobler-SchuleSchule zur prima inter pares für Romanistik in Deutschland“ (Bott 2010, 346). Doch die spezifischen Bedürfnisse der fachlichen LehrerbildungLehrerbildung fanden an der Berliner Universität auch unter Tobler noch kaum Berücksichtigung in den Lehr- und Forschungsschwerpunkten des Lehrstuhls (z. B. Lieber 2003, 836): Obschon er, zunächst ausgebildeter klassischer Philologe, als habilitierter Schweizer Gymnasiallehrer für Französisch und Italienisch berufen wurde (z. B. Kalkhoff 2010, 143, Bott 2010, 342, 345), fanden Inhalte einer Lehrerbildung zu seiner Zeit noch keinen Niederschlag im universitären CurriculumCurriculum (z. B. Bott 2010, 347, Kalkhoff 2010, 157) und es wurde vielmehr auf eine strikte Trennung der universitären romanischen Philologie von den Belangen der Lehrerbildung insistiert (vgl. z. B. Kalkhoff 2010, 170).

Die eher an der SchuleSchule orientierte neuphilologische (Weiter-)Bildung fand parallel und außerhalb der UniversitätUniversität statt. Seitens wissenschaftlichwissenschaftlich qualifizierter, aber zugleich für die Bedürfnisse der LehrerbildungLehrerbildung offener Schulpraktiker und Schuldirektoren, insbesondere um Ludwig Herrig, entstanden in Berlin daher schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts mehrere Institutionen, die sich einer auch akademischen Fremdsprachenlehrerbildung verschrieben. Zu nennen wäre das 1860 bestehende Berliner Seminar für Lehrer der neueren Sprachen, das dem Friedrichs-Gymnasium angegliedert war und auch nach der Gründung des grundsätzlich auch der Lehrerbildung gewidmeten, aber noch immer beinahe ausschließlich philologisch ausgerichteten Romanisch-englischen Seminars im Jahr 1877 weiter existierte (z. B. Kalkhoff 2010, 170f.); Letzteres wurde 1896 in zwei fachspezifische Seminare für Romanistik und Anglistik überführt (vgl. Bott 2010, 343f., Kalkhoff 2010, 158). In das Seminar aufgenommen werden konnten Kandidaten, die bereits ein StaatsexamenStaatsexamen oder Examen pro facultate docendiExamen für das Höhere Lehramt, Examen pro facultate docendi erfolgreich abgelegt hatten, sowie ausnahmsweise und als Hospitanten auch besonders begabte Studierende nach der universitären Zwischenprüfung (Kalkhoff 2010, 170). Mit Blick auf die grundlegende wissenschaftliche Lehrerbildung hatte Herrig 1872 weiterhin eine Akademie für moderne Philologie gegründet, die allerdings aufgrund der positiven Entwicklung des Lehrstuhls und der Einrichtung des universitären Romanisch-englischen Seminars (s. o.) 1880 wieder geschlossen werden konnte (vgl. Kalkhoff 2010, 171).

Darüber hinaus hatte Herrig schon um 1850 die oben erwähnte frühe neuphilologische Zeitschrift, das Archiv für das Studium der neueren Sprachen und LiteraturenArchiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen begründet (vgl. Bott 2010, 343) und etwa zeitgleich die Berliner Gesellschaft für das Studium der neueren SprachenBerliner Gesellschaft für das Studium der neueren Sprachen initiiert, die sich durch eine umfassende und breitenwirksame Vortrags- und Debattentätigkeit mit dem Zielpublikum überwiegend der gymnasialen (Neu-) Philologen auszeichnete (vgl. Bott 2010, 343, weiterführend Kalkhoff 2010, 168–170): In den ersten fünfzig Jahren ihres Bestehens fanden ca. 1700 Vorträge in etwa 750 Sitzungen im Konzertsaal des Berliner Schauspielhauses statt, wobei (fach-)wissenschaftliche sowie fachdidaktische Themen erörtert wurden (vgl. Kalkhoff 2010, 169).

Erst im Jahr 1892 ist innerhalb der universitären Romanistik in BerlinBerlin erstmals eine ÜbungÜbung „MethodikMethodik des französischen Unterrichts (mit Bezug auf die LehrpläneLehrplan von 1892)“ belegt, die nur wenige Folgeveranstaltungen kannte, da der sie erteilende Schuldirektor und Extraordinarius Stefan Waetzoldt bereits 1894 wieder aus dem Dienst der UniversitätUniversität ausschied, um sich ganz der SchulverwaltungSchulverwaltung zu widmen (vgl. Kalkhoff 2010, 136, 150).

1.1.1.4Vorgeschichte der romanistischen Fachdidaktiken im 19./20. Jahrhundert

Wiewohl es seinerzeit noch keine institutionalisierte Disziplin Fachdidaktik bzw. Fremdsprachendidaktik/Fremdsprachenforschung gab, liegen seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts einzelne Veröffentlichungen vor, die sich mit Zielsetzungen, Inhalten und Methoden des Fremdsprachenunterrichts auf einer theoretischen Ebene befassen und mithin als Vorläufer einer wissenschaftlichen Fremdsprachendidaktik gelten dürfen (hierzu einführend z. B. Reimann 2018, bes. 135–149). Erste Veröffentlichungen, die einer (romanistischen) Fremdsprachendidaktik ante litteram zugeschrieben werden können, sind ab etwa 1840 nachgewiesen. Sie entstammen also genau der Zeit, in der mit Friedrich Diez’ GrammatikGrammatik der romanischen Sprachen (1836–1844) eines der ersten Hauptwerke der Romanistik publiziert wurde, und sind im bildungsgeschichtlichen Kontext einer Ausweitung des Fremdsprachenunterrichts im Zuge der Schulreformen des 19. Jahrhunderts und einer Institutionalisierung der LehrerbildungLehrerbildung zu sehen. Sie haben ihre institutionengeschichtlicheninstitutionengeschichtlich Ursprünge zumeist in den Lehrerbildungsseminaren, ihre Autoren waren beispielsweise Lehrer oder Rektoren. So legte etwa Karl Mager 1843, seinerzeit Lehrer für Französisch an der Kantonsschule Aarau (vgl. Hausmann 2016ff., s.v. Mager) mit seinen Modernen Humanitätsstudien ein bildungstheoretischbildungstheoretisch fundiertes Konzept für den Fremdsprachenunterricht an Schulen vor – wenn man so möchte, eine „erste Fremdsprachendidaktik“ (vgl. Christ 2019, 17). Mager umreißt u. a. sehr anschaulich, inwiefern wissenschaftliche Linguistik für den schulischen Fremdsprachenunterricht aus seiner Sicht relevant sei, allerdings in didaktisch transformierter Form. In dieser könnten zeitgenössische wissenschaftliche Erkenntnisse den schulischen Fremdsprachenunterricht, wie er üblicherweise erteilt werde, spürbar verbessern und lernpsychologisch bzw. kognitiv-linguistisch bereichern.

Vergleichende GrammatikGrammatik, wie Grimm, Bopp, Benfey, Pott, W. v. Humboldt, Raynouard, Diez u.s.w. sie üben, vergleichende Grammatik als Doctrin, gehört nicht in die SchuleSchule, sondern auf philologische Seminare und in die Akademien der Wissenschaften; aber der hergebrachte Sprachunterricht vergleicht gar nicht, oder doch fast gar nicht, und das ist ein großer FehlerFehler. Das unwillkürliche Vergleichen, das der Schüler nothgedrungen zwischen seiner Muttersprache und der fremden anstellt, genügt nicht; der Lehrer muß zum Vergleichen anleiten, er muß im Gymnasium das Lateinische mit dem GriechischenGriechisch, beide mit dem Deutschen, sowie mit den beiden andern neueren Spra­chen, er muß auf der h. BürgerschuleBürgerschule die neueren Sprachen unter sich vergleichen; die Schule thut wenig, wenn sie den Schülern KenntnisseKenntnisse aus verschiedenen Fächern in den Kopf bringt; diese Kenntnisse müssen zu­sammengebracht werden, damit das Eine Licht vom andern empfängt, und vor Allem, damit sie sich gegenseitig befruchten, damit sie Junge hecken. (Mager 1843/1965, 99, vgl. Reimann 2014a, 11)

Mager fasst hier intuitiv und möglicherweise auf der Verhaltensebene beobachtend vorweg, was neurolinguistischeneurolinguistisch Ergebnisse über 150 Jahre später belegen (vgl. Band 2, Kap. 1.2, bes. 1.2.7).

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts intensivierten sich im Kontext der neusprachlichen Reformbewegungneusprachliche Reformbewegung (vgl. bes. Kap. 2.3) die Debatten über den Fremdsprachenunterricht. Zwar gab es noch immer keine akademische Disziplin „fremdsprachliche Fachdidaktiken“/„Fremdsprachendidaktik“/„Fremdsprachenforschung“, doch entstanden zahlreiche Zeitschriften als Foren des Austauschs (s. o.) sowie weitere frühe Handbücher zum Fremdsprachenunterricht. Zu erwähnen ist in diesem Kontext insbesondere das Handbuch Encyklopädie des französischen Unterrichts. MethodikMethodik und Hilfsmittel für Studierende und Lehrer der französischen Sprache mit Rücksicht auf die Anforderungen der Praxis von Otto Wendt aus dem Jahr 1888 (Wendt 1895). Im Wesentlichen werden hier der Sprach- und LiteraturunterrichtLiteraturunterricht reflektiert; kulturkundliche Aspekte werden, wenn, dann im Bezug auf das Französische eher in ablehnender Intention erwähnt (vgl. Wendt 1895, 4) (vgl. Reimann 2018, 136f.).

Man kann feststellen, dass bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein keine wissenschaftliche Fremdsprachendidaktik mit einem eigenen disziplinären Selbstverständnis (epistemologischEpistemologie, epistemologische und forschungsmethodologische ReflexionReflexion) existierte. Dennoch wurden mehrere umfassende Bestandsaufnahmen zum Fremdsprachenunterricht vorgelegt, oft unter impliziter, teils auch unter expliziter Anknüpfung an philologische (und psychologische) Bezugswissenschaften. Gerade in den 1920er Jahren sind Veröffentlichungen zu verzeichnen, in denen Ansätze epistemologischer Reflexion erkennbar sind (bes. Otto, Aronstein) (zu den 1920er Jahren als einem Jahrzehnt, in dem sich eine Konstitution der Fremdsprachendidaktik als wissenschaftlicher Disziplin abzeichnet, vgl. Christ 2006). In ihnen wird (Fremdsprachen-)Didaktik allerdings tendenziell als Teilgebiet der PädagogikPädagogik verstanden. Eine grundlegende Sensibilität zumindest mancher Philologen und Institute für Belange der LehrerbildungLehrerbildung scheint dennoch zumindest punktuell bereits gegeben gewesen zu sein (vgl. Reimann 2018, 143).

Als es nach dem ersten Weltkrieg zu einer Ausdifferenzierung der Romanischen Philologie in dem Sinne kam, dass sich Sprach- und LiteraturwissenschaftLiteraturwissenschaft zunehmend als eigenständige Disziplinen konstituierten, war von einer Fachdidaktik als etwaiger dritter Disziplin im universitär-institutionellen Kontext indes noch nicht die Rede (Reimann 2017b, 18). Das änderte sich erst allmählich nach dem zweiten Weltkrieg. Noch in Gerhard Rohlfs Einführungswerk Romanische Philologie aus dem Jahr 1950 finden sich folgerichtig keine Hinweise auf eine Subdisziplin „Fachdidaktik“, auch werden Lehramtsstudierende lediglich an wenigen Stellen als Zielgruppe explizit erwähnt (Rohlfs 1950, 2, 3, 15), ohne dass dabei ggf. auf deren spezifische Bedürfnisse eingegangen würde (vgl. Reimann 2017b, 18). Ein zunehmendes Problembewusstsein für Fragen des Fremdsprachenlernens und -lehrens zeichnete sich zunächst im Kontext der anglophonen Linguistik ab, und hier insbesondere im Kontext der so genannten Applied LinguisticsAngewandte Linguistik, die, in ihren Anfängen dem BehaviorismusBehaviorismus, behavioristisch nahe stehend, insbesondere auch im Bereich der kontrastivkontrastiven Linguistik nach Möglichkeiten einer Optimierung des Fremdsprachenlernens suchte – man denke etwa an Publikationen von Fries und Lado zwischen 1945 und 1957 (vgl. Fries 1945, Lado 1957) und die so genannte Kontrastivitätshypothese, in der Schwierigkeiten und Erleichterungen der Fremdsprachenaneignung durch Übereinstimmungen bzw. Divergenzen zwischen Ausgangs- bzw. Erst- und ZielspracheZielsprache, zielsprachlich des Fremdsprachenunterrichts zu erklären versucht wurden (z. B. Reimann 2014a, 14, vgl. Band II, Kap. 2.1.5). Auch in Deutschland befasste sich die Linguistik gerade in den 1960er und 1970er Jahren mit Fragestellungen des Fremdsprachenlernens (exemplarisch aus romanistischer Sicht z.B.: Hausmann 1975, Barrera-Vidal/Kühlwein 1975, aus anglistischer Perspektive z. B. Burgschmidt et al. 1974).

1.1.1.5Entwicklung der romanistischen Fachdidaktiken seit den 1960er Jahren

Seit den 1960er und 1970er Jahren wurden dann erstmals an den Pädagogischen Hochschulen Professuren für Fachdidaktik(en) der Fremdsprachen eingerichtet, z. B. 1971 ein Lehrstuhl für Didaktik der französischen Sprache und LiteraturLiteratur an der PH Berlin (besetzt mit Ludger Schiffler, ab 1980 an der FU Berlin). Mit der Überführung der LehrerbildungLehrerbildung an die UniversitätenUniversität folgten auch dort erste Lehrstuhlgründungen, z. B. 1974 ein Lehrstuhl für Didaktik des Französischen an der Universität Gießen (besetzt mit Herbert Christ). In den Jahren 1970 und 1972 erfolgte einerseits die Definition der Fächergruppe „Fachdidaktik“ durch den Deutschen Bildungsrat, andererseits die Formulierung des Forschungsprogramms „SprachlehrforschungSprachlehrforschung“ durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) (aus dem insbesondere auch das Bochumer Seminar für Sprachlehrforschung hervorging, das faktisch 2016 geschlossen wurde) (vgl. Reimann 2017b, 21f., s. u., bes. Kap. 1.2.2, 1.2.3). Wichtige fremdsprachendidaktische Handbücher dieser Zeit, die teilweise weit bis in die Folgejahrzehnte hinein weiter aufgelegt wurden, sind etwa Schröter/Ladwein: Der neusprachliche Unterricht (1962), Leisinger: Elemente des neusprachlichen Unterrichts (1966) und Arnold: Fachdidaktik Französisch (1973) (der letzte im Karlsruher Virtuellen Katalog (KVK) (Stand 14.01.2022) verzeichnete Nachdruck der dritten Auflage stammt aus dem Jahr 1997). Beiträge wie der Aufsatz „Zur Didaktik der französischen Sprache im Hochschulbereich“ von Wolfgang Maier und Erich G. Pohl aus dem Jahr 1973 enthalten indes wenig konkrete Daten über den Ausbauzustand des Faches, lassen aber aus ihren Formulierungen und Forderungen schließen, dass das Fach noch beinahe inexistent ist (Maier/Pohl 1973). Noch 1980 musste ein Studienführer für das Fach Romanistik sehr knapp, aber im Grunde treffend feststellen: „Fachdidaktik ist kaum in Ansätzen vorhanden“ (Beyer/Gallasch 1980, 15, vgl. Reimann 2017b, 21f.). Dennoch dürfen die 1960er und 1970er Jahre insgesamt in institutionen- und fachgeschichtlicher Hinsicht als die eigentliche Gründungsphase einer wissenschaftlichen Fremdsprachendidaktik in Deutschland gelten (vgl. Reimann 2018, 143f.).

1.1.2Zur gegenwärtigen Situation der romanistischen Fachdidaktiken

1.1.2.1Situierung der Fachdidaktik innerhalb der Romanistik

Eine zentrale fachwissenschaftliche BezugsdisziplinenBezugsdisziplin der romanistischen Fachdidaktiken ist die romanistische LinguistikLinguistikromanistische (und hier insbesondere die Teildisziplinen PhonetikPhonetik und PhonologiePhonologie, PragmatikPragmatik, linguistische und VarietätenlinguistikVarietätenlinguistik, in gewissem Maße auch die historische LinguistikLinguistikhistorische) (vgl. bes. Band II, bes. Kap. 3.1, 4.2). In besonderem Maße relevant sind – mit Blick auf die Entwicklung inter- und transkultureller Lernprozesse – weiterhin die romanistischen Landes-Landes- und Kulturwissenschaftromanistische und Kulturwissenschaften sowie eine sich allmählich konstituierende romanistische MedienwissenschaftMedienwissenschaftromanistische. Insofern literarischliterarische Texte im Fremdsprachenunterricht eingesetzt werden, bleibt auch die romanistische LiteraturwissenschaftLiteraturwissenschaft eine relevante Bezugsdisziplin (vgl. hierzu bes. Band III, Medien-, KulturKultur- und Literaturdidaktik, zu den fachwissenschaftlichen BezugsdisziplinenBezugsdisziplin der romanistischen Fachdidaktiken vgl. auch Reimann 2020a, 534). Wünschenswert wäre weiterhin, dass die NeurowissenschaftenNeurowissenschaft, neurowissenschaftlich/Neurolinguistik mit sprachspezifischen Untersuchungen als BezugsdisziplinenBezugsdisziplin erschlossen würden (vgl. hierzu Band II, Kap. 1.2).

Abb. 1:

Romanistische Fachdidaktiken und ihre intradisziplinären Bezugsdiskurse innerhalb der Romanistik (eigene Darstellung)

Fachwissenschaftliche Aspekte von Relevanz finden sich u. a. in der Erforschung der romanischen Gegenwartsliteraturen und der romanistischen Medienwissenschaft (einführend in die romanistische LiteraturwissenschaftLiteraturwissenschaft z. B. zum Französischen Klinkert 2017, Gröne/Reiser 2017 bzw. mit auch kulturwissenschaftlicher Ausrichtung Hartwig/Stenzel 2007, Mecke/Wetzel 2007, spezifisch zur französischen KulturKultur- und Medienwissenschaft Lüsebrink et al. 2004; zum Italienischen Grewe 2009, Gröne/von Kulessa/Reiser 2012, Liebermann/Kuhn 2014, zum Spanischen Stenzel 2010, Strosetzki 2010, Gröne/von Kulessa/Reiser 2016, Hartwig 2018 mit Schwerpunkt HispanoamerikaHispanoamerika und mit kulturwissenschaftlicher Ausrichtung, zum Portugiesischen Zepp 2014; konzise, aber systematisch allgemeinromanistisch einführend Poppenberg 2019; speziell zur Lyrik im Französischen, Italienischen und Spanischen Wetzel 2016). Landes- und kulturwissenschaftliche Inhalte sind für die LehrerbildungLehrerbildung ebenso unabdinglich, Einführungen und Überblicksdarstellungen sind z. B. Röseberg 2001, Grosse/Lüger 2008, Lüsebrink 2011 zu Frankreich, Grosse/Trautmann 1997, Baasner/Thiel 2004 zu Italien, Bernecker 2008, Gimber 2003, Gimber/Walter 2012 zu Spanien, Kreutzer 2013, Briesemeister/Schönberger 1997 sowie Hendrich/Pereira Martins 2018 zu Portugal, Costa/Kohlhepp/Nitschack/Sangmeister 2010 zu Brasilien. Weiterhin finden sich für die Lehrerbildung relevante Inhalte gerade auch in der romanistischen LinguistikLinguistik (einführend z. B. Platz-Schliebs/Schmitz/Müller/Merino Claros 2012 (sprachenübergreifend), Sokol 2007, Stein 2014, Pustka 2022 zum Französischen, Kabatek/Pusch 2011, Dietrich/Noll 2012, Becker 2013 zum Spanischen, Haase 2012, Michel 2016 zum Italienischen, Endruschat/Schmidt-Radefeldt 2014 zum Portugiesischen). Hier ist, mehr als in der Vergangenheit, als entsprechende KenntnisseKenntnisse selbstverständlich waren, zunächst grundlegend die historische LinguistikLinguistikhistorische zu nennen. Sprachhistorisches WissenWissen hilft, scheinbare Unregelmäßigkeiten im Sprachsystem zu erklären und kann folglich als Merkhilfe vermittelt werden (z. B. im Französischen zur Begründung des Präpositionsgebrauchs bei Benennung der Jahreszeiten en hiver – en été – en automne vs. au printemps). An Studienorten, an denen ein Latinum nicht mehr verpflichtend ist, können Lehrveranstaltungen eines „Latein für Romanisten“ oder Einführungen in die Entwicklungen vom LateinLateinischen zu den romanischen Sprachen sinnvollerweise an dessen Stelle treten (vgl. Müller-Lancé 2020 sowie Müller-Lancé/Kropp/Siebel/Stöckel 2021, Kiesler 2018). Auch sprachwissenschaftliche Lehrveranstaltungen zu historischen Sprachstufen sollten (wieder) eine Selbstverständlichkeit sein (einführend z. B. noch immer Wolf/Hupka 1981 zum AltfranzösischAltfranzösischen, Michel 1997 und Heinemann 2017 zum AltitalienischAltitalienischen, Barme 2014 zum AltspanischAltspanischen, noch immer Huber 1933 zum AltportugiesischAltportugiesischen). Weiterhin grundlegend sind Erkenntnisse der (mehrsprachigen) SpracherwerbsforschungSpracherwerbsforschung (z. B. Müller/Kupisch/Schmitz/Cantone 2011), der PhonetikPhonetik und PhonologiePhonologie (z. B. Pustka 2016 zum Französischen, Blaser 2007, Gabriel & Meisenburg & Selig 2013 sowie Pustka 2021a zum Spanischen, Heinz/Schmid 2021 zum Italienischen), der VarietätenlinguistikVarietätenlinguistik (z. B. einführend Sinner 2013, Pöll 2017 zur FrankophonieFrankophonie, frankophon, Herling/Patzelt 2013, Noll 2019 zum Spanischen) und der PragmatikPragmatik, linguistische (z. B. Siebold 2008, Sieberg 2018, Reimann/Robles i Sabater/Sánchez Prieto 2019 zum Spanischen und Portugiesischen). Linguistische Sprachbetrachtung mit Blick auf die Ausbildung von Fremdsprachenlehrkräften kann immer in kontrastiv-linguistischerkontrastiv-linguistisch Perspektive erfolgen (einführend z. B. Tekin 2012, exemplarisch Reimann 2014d, Robles i Sabater/Reimann/Sánchez Prieto 2016a, b, Reimann/Robles i Sabater/Sánchez Prieto 2019, Wolf-Farré/Cantone/Moraitis/Reimann 2021).

1.1.2.2Fachdidaktische Ansätze und Forschungsschwerpunkte

Die Fachdidaktik der romanischen Schulsprachen bezog sich traditionellerweise vor allem auf das Französische, seit der Etablierung des Italienischen und Spanischen als dritten FremdsprachenFremdsprachedritte vor allem seit den 1980er Jahren zunehmend auch auf Spanisch und Italienisch, nunmehr punktuell auch auf PortugiesischPortugiesisch. Als Eckdaten und historische Orientierungsmarken können für das Spanische z. B. die Gründungen der Zeitschriften Hispanorama im Jahr 1972 und Der fremdsprachliche Unterricht Spanisch 2003 sowie die Veröffentlichung erster Einführungen in die Fachdidaktik (Grünewald/Küster 2009, Sommerfeldt 2011 und Bär/Franke 2016) gelten; für das Italienische die Gründung der Fachzeitschrift Italienisch – Zeitschrift für italienische Sprache und KulturKultur mit regelmäßig mindestens einem fachdidaktischen Beitrag im Jahr 1979, die Publikation fachdidaktischer Sektionen der Italianistentage seit den 2000er Jahren, z. B. Becker/Heinz/Lüderssen 2001 sowie die erste spezifische Einführung in die Fachdidaktik Italienisch Michler/Reimann 2019; für das Portugiesische einführende Erhebungen wie Scotti-Rosin 1997 und Reimann 2017c, ein erster schwerpunktmäßig auf das Portugiesische als Fremdsprache in Deutschland ausgerichteter Band wie Koch/Reimann 2019 sowie, als „Gründungsdokument“ einer Fachdidaktik Portugiesisch, Reimann et al. i.Vb. Als weitere historische Wegmarke für die Entwicklung einer fächerübergreifendfächerübergreifend und sprachenvernetzendsprachenvernetzend arbeitenden Fachdidaktik der romanischen Sprachen kann die Gründung der Zeitschrift für Romanische Sprachen und ihre Didaktik im Jahr 2007 angesehen werden.

Die theoretisch-konzeptionelltheoretisch-konzeptionell wie auch empirisch forschende Fachdidaktik der romanischen Schulsprachen befasst sich dabei im Wesentlichen mit allen Bereichen der Fremdsprachendidaktik und Fremdsprachenforschung. Aufgrund der an vielen Hochschulen noch immer defizitären Ausstattung des Faches ist der Forschungsoutput gemessen an größeren Fachdidaktiken trotz des Einsatzes seiner Akteurinnen und Akteure bislang noch überschaubar; auch größere Forschungsprojekte oder -verbünde sind selten. Größere Studien werden überwiegend im Rahmen von Qualifikationsschriften (DissertationenDissertation und – selten – Habilitationen) durchgeführt (vgl. Caspari 2016a, 13), die in ihrer Zahl insgesamt spürbar zunehmen (wenn auch die Zahl der Habilitationen rar bleibt – zwischen 2010 und 2020: circa fünf).

In den vergangenen beiden Jahrzehnten seit Veröffentlichung der BildungsstandardsBildungsstandards für den Mittleren SchulabschlussBildungsstandards für den Mittleren Schulabschluss (KMK 2003), die auf den Fremdsprachenunterricht insgesamt große Strahlkraft haben – nicht zuletzt, weil sie seinerzeit ohnehin virulente Bemühungen um Kompetenzmodellierungen durch den Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für SprachenGemeinsamer Europäischer Referenzrahmen für Sprachen (Europarat 2001) und eine Stärkung der „MündlichkeitMündlichkeit“ (Hör-SehverstehenHör-Sehverstehen und SprechenSprechen) katalysierten – hat sich ein breiter theoretisch-konzeptioneller und empirischer Forschungsdiskurs um KompetenzorientierungKompetenzorientierung, kompetenzorientiert, AufgabenorientierungAufgabenorientierung, DifferenzierungDifferenzierung und InklusionInklusion, inklusiv im Unterricht der romanischen Sprachen entwickelt, wobei sich dieser besonders in der verhältnismäßig jungen Spanischdidaktik entfalten konnte (vgl. z. B. Tesch 2010, Meißner/Tesch 2010, Abendroth-Timmer/Bär/Roviró/Vences 2011a, Bär 2013a, Grünewald/Krämer 2014). Eine in den letzten beiden Jahrzehnten (neu) modellierte Teilkompetenz, an deren (Weiter-)Entwicklung die romanistische Fachdidaktik beteiligt war, ist der Bereich der SprachmittlungSprachmittlung (also der situations- und adressatenadäquaten, sinngemäßen Übertragung von Texten aus einer in eine andere Sprache, einführend z. B. Reimann 2016a). In jüngerer Zeit finden sich verstärkt theoretisch-konzeptionelletheoretisch-konzeptionell Erinnerungen an die Bedeutsamkeit von – motivierenden und (allgemein-)bildenden – „Inhalten“ im Unterricht der romanischen Schulsprachen (z. B. Reinfried 2017c, bes. 79, exemplarisch Imbach 2011, Steinbrügge 2016a, Reimann 2017a).

Andreas Grünewald und Katharina Verriere konnten im Jahr 2014 an 29 von 34 angeschriebenen Hochschulen, die eine LehramtsausbildungLehramtsausbildung in den romanischen Sprachen anboten, Daten zur Stellensituation und zu Forschungsschwerpunkten erheben (Grünewald/Verriere 2015, 19). Dabei wurden – auf den Angaben der jeweiligen Professuren basierend – bei einer einfachen deskriptiv-statistischen Auswertung der induktivinduktiv auf der Grundlage einer offenen Fragestellung gewonnenen Kategorien folgende von wenigstens einem Fünftel der Antwortenden bearbeitete Forschungsschwerpunkte ersichtlich (Grünewald/Verriere 2015, 20f., 27):

inter-/transkulturelles Lernen

48%

Literaturdidaktik

44%

Standardorientierung/Kompetenzorientierung

41%

Mehrsprachigkeit (einschließlich Zweitsprachenforschung)

33%

bilingualer Unterricht

30%

Mediendidaktik

30%

Linguistik

22%

Aufgabenorientierung

22%

Teilkompetenzen (Sprechen, Sprachmittlung, Schreiben)

22%

In einem Forschungsüberblick zur Französischdidaktik der Jahre 2005 bis 2015 konnte Lars Schmelter folgende thematische Schwerpunkte ausmachen: KompetenzorientierungKompetenzorientierung, kompetenzorientiert, Behandlung kulturellerkulturell, medialer und literarischerliterarisch Inhalte, interkulturelle KompetenzKompetenzinterkulturelle, SprachmittlungSprachmittlung, MehrsprachigkeitsdidaktikMehrsprachigkeitsdidaktik, MotivationMotivation (Schmelter 2016). Dabei ist festzustellen, dass UnterrichtsforschungUnterrichtsforschung im Bereich der Französischdidaktik noch weitgehend als Desiderat bezeichnet werden muss (Schmelter 2016, 124). Dieser Befund gilt auch für die Fachdidaktiken des Spanischen (vgl. z. B. Bär 2019) und des Italienischen (vgl. Reimann 2009c, 2019c).

Historisch zurückblickend, Spezifika der romanistischen Fachdidaktik unterstreichend und ihre besonderen Leistungen für die Fremdsprachenforschung insgesamt würdigend können – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – u. a. folgende ForschungsfelderForschungsfeld hervorgehoben werden: Ein Gebiet, in dem der Unterricht der romanischen Sprachen – hier des Französischen – eine Vorreiterrolle zukam, war seit den 1960er Jahren die Entwicklung des bilingualen Sachfachunterrichtsbilingualer Sachfachunterricht (z. B. Mentz/Nix/Palmen 2007, Schmelter 2013, Deutsch 2016). Damit eng verbunden ist der Bereich des frühen Fremdsprachenlernens, in dem das Französische insbesondere im Südwesten (v. a. Baden-WürttembergBaden-Württemberg, Saarland, Rheinland-Pfalz) lange eine besondere Bedeutung innehatte und für den frühzeitig Konzepte für eine „Didaktik des ÜbergangsDidaktik des Übergangs“, mithin für eine Kontinuität zwischen FrühbeginnFrühbeginn und Sekundarstufe I, entwickelt wurden (z. B. Prinz 1999, Prinz 2003, Kierepka/Krüger/Mertens/Reinfried 2004, Mertens 2003, Mertens 2018). Ein Bereich, in dem die romanistische Fachdidaktik vor allem seit den 1990er Jahren richtungweisende Pionierarbeit geleistet hat, ist die so genannte MehrsprachigkeitsdidaktikMehrsprachigkeitsdidaktik. Diese ist u. a. insbesondere mit den Namen Franz-Joseph Meißner und Marcus Reinfried verbunden (vgl. z. B. Meißner/Reinfried 1998, Martinez/Reinfried 2006). Naheliegenderweise hat sich die Fachdidaktik der romanischen Sprachen, die beinahe als einzige Fremdsprachendidaktik mehrere Schulfremdsprachen aus einer SprachenfamilieSprachenfamilie vertritt, die in einer schulischen Lernbiographie aufeinander folgend erlernt werden können (z. B. in den 1990er Jahren Spanisch als spät beginnende Fremdsprache nach Französisch als 3. Fremdsprache, zunehmend auch z. B. Italienisch als 3. Fremdsprache nach Französisch als 2.Fremdsprachezweite Fremdsprache und inzwischen z. B. auch Französisch oder Italienisch als 3. oder spät beginnende Fremdsprachen nach Spanisch als 2.Fremdsprachezweite Fremdsprache), als erste und wohl am intensivsten Gedanken über sprachenvernetzendsprachenvernetzendes Lehren und Lernen schulischer Fremdsprachen gemacht und damit auch Impulse für die Fremdsprachendidaktik insgesamt gegeben. Im Kontext der Mehrsprachigkeitsdidaktik hat sich im weiteren Verlauf zum einen die InterkomprehensionInterkomprehensionsforschung entwickelt (Erforschung insbesondere der Möglichkeiten des rezeptiven Sprachverstehens auf der Grundlage vorhandener SprachkompetenzenSprachkompetenz in anderen, z. B. verwandten, Sprachen), zu der die romanistische Fachdidaktik wiederum maßgebliche Beiträge vorlegen konnte (z. B. Klein/Stegmann 2000, Meißner 2005, Bär 2009). In jüngerer Zeit hat man zunehmend auch die lebensweltliche MehrsprachigkeitMehrsprachigkeitlebensweltliche in den Blick genommen (z. B. Hu 2003) und es wurden theoretische Konzepte erarbeitet, beide Forschungsrichtungen der Mehrsprachigkeitsdidaktik/-forschung zu integrieren, etwa unter den Vorzeichen einer „aufgeklärten MehrsprachigkeitMehrsprachigkeitaufgeklärte“ (z. B. Reimann 2016b, Reimann/Siems 2015, Reimann 2017d, vgl. weiterhin z. B. García García/Prinz/Reimann 2020). Auch zu der von der europäischeneuropäisch Sprachenpolitik (bes. Europäisches FremdsprachenzentrumEuropäisches Fremdsprachenzentrum des EuroparatsEuroparat) beförderten Entwicklung einer Modellierung von KompetenzenKompetenz und RessourcenRessourcen zu „Pluralen Ansätzen zu Sprachen und Kulturen“, die einen weit gefassten Begriff von MehrsprachigkeitMehrsprachigkeit und MehrkulturalitätMehrkulturalität modellieren, hat die romanistische Fachdidaktik einschlägige Veröffentlichungen beigesteuert (z. B. Schröder-Sura 2018, Schröder-Sura 2020, Melo-Pfeifer/Reimann 2018a). Spezifika des Lernens und Lehrens der romanischen Sprachen als dritter und ab der späten Mittelstufe neu einsetzender spät beginnender Fremdsprachen etwa aus Perspektive der UnterrichtsforschungUnterrichtsforschung und der LernersprachenforschungLernersprachenforschung werden indes derzeit noch zu wenig in umfassenden Studien erforscht (vgl. als Vorläufer die Publikation Christ 1985 zu Französisch als spät beginnender Fremdsprachespät beginnende FremdspracheFremdspracheFremdsprachespät beginnende, Bahr et al. 1996 zu Italienisch und Spanisch im Rahmen des Bochumer TertiärspracheTertiärsprachenprojekts sowie Bouwmeester 2011 zu Spanisch als dritter Fremdsprache). Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich die Fachdidaktiken der romanischen Sprachen bzw. die romanistische Fremdsprachenforschung im Grunde mit allen Fragen der gegenwärtigen Fremdsprachendidaktik auseinandersetzen. Vor der Folie der anderen fremdsprachlichen Fachdidaktiken – etwa Anglistik, aber auch SlavistikSlavistik – darf als spezifisches Verdienst innerhalb der Fremdsprachenforschung seit den 1990er Jahren sicherlich die maßgebliche Beteiligung an der Entwicklung einer Mehrsprachigkeitsdidaktik gelten (vgl. Reimann 2020a, 534–536).

1.1.2.3Fachdidaktische ForschungsmethodenForschungsmethode, forschungsmethodisch

Die Fremdsprachenforschung verfügt derzeit mit Settinieri et al. (2014) und Caspari et al. (2016, 22022) über zwei aktuelle und umfassende Handbücher zu ForschungsmethodenForschungsmethode, forschungsmethodisch. An dem letztgenannten Band war die romanistische Fremdsprachenforschung mit Daniela Caspari maßgeblich beteiligt. Eine konzise Einführung, die für eine erste Orientierung etwa im Bachelor-Studium mit Blick auf erste eigene Forschungsvorhaben geeignet ist, hat ebenfalls aus romanistischer Perspektive Reimann 2020b vorgelegt. Neben traditionelle, hermeneutischhermeneutischehermeneutisch Methoden der historischen (bes. Marcus Reinfried, z. B. Reinfried 2014, 2016) und vor allem der theoretisch-konzeptionellentheoretisch-konzeptionell fachdidaktischen Forschung sind in den letzten Jahrzehnten zunehmend empirischeEmpirie, empirisch Methoden getreten. Dabei bedient sich die Fremdsprachenforschung, wie andere Fachdidaktiken auch, u. a. durch PsychologiePsychologie und BildungswissenschaftenBildungswissenschaft vermittelt, überwiegend der empirischen Sozialforschungempirische Sozialforschung entlehnter Methoden. Immer wieder wird dafür plädiert, das spezifische Potential einer kleineren Teildisziplin der Fremdsprachenforschung insbesondere im Bereich qualitativer Ansätze zu nutzen. Neben etablierten Verfahren wie v. a. leitfadengestützten InterviewsInterviewleitfadengestütztes, Leitfadeninterview, LerntagebüchernLerntagebuch usw. wird in jüngerer Zeit z. B. auch das ErfassenErfassen unterrichtsbezogener Produkteunterrichtsbezogenes Produkt angeregt, d. h., „von Texten bzw. Dokumenten auszugehen, die nicht extra erhoben werden müssen, sondern bereits vorhanden sind […], z. B. Unterrichtsplanungen, TafelbilderTafelanschrift, Tafelbild, […] Kurz-Präsentationen, GedichteGedicht, PlakatePlakat […] RollenspieleRollenspiel usw.“ (Caspari 2016c, hier 193). Quantitative Einzelstudien auf umfassender Datenbasis, die über einfache deskriptivstatistischdeskriptivstatistischedeskriptivstatistisch Operationen hinausgehen, stellen bislang eher die Ausnahme dar (z. B. Porsch/Köller 2010, Venus 2017). Insgesamt geht die Tendenz zu Mixed-methodsMixed-methods-Ansätze-Ansätzen, TriangulationTriangulation gilt als eine zentrale ForschungsstrategieForschungsstrategie.

In der historischen Entwicklung der Disziplin und ihrer ForschungsmethodenForschungsmethode, forschungsmethodisch – von einer eher auf die Verschriftlichung von UnterrichtsentwürfenStundenentwurf, -planung, -konzeption bzw. Beispielen für die UnterrichtspraxisUnterrichtspraxis zielenden systematisierenden UnterrichtsmethodikUnterrichtsmethode, -methodik, -methodisch seit dem 19. Jahrhundert bis in die 1960er/1970er Jahre (vgl. Reimann 2018, bes. 135–149), über eine vor allem bis in die 1970er/1980er Jahre stark aus der hermeneutischhermeneutisch-geisteswissenschaftlichen Tradition geprägte theoretisch-konzeptionelletheoretisch-konzeptionell Forschung einer Fachdidaktik als „TransformationTransformation“ bezugswissenschaftlichBezugswissenschaft, bezugswissenschaftlicher Inhalte (die hier vor allem philologisch, allenfalls landeswissenschaftlich gedacht wurden, vgl. Schumann/Steinbrügge 2008) hin zu einer sich durch Anregungen aus der in den 1970er Jahren geprägten SprachlehrforschungSprachlehrforschung einerseits (vgl. z. B. Gnutzmann/Königs/Küster 2011, Königs 2013, Bausch et al. 2016) und der empirischen Bildungsforschungempirische Bildungsforschung besonders seit etwa 2000 andererseits wandelnden, sich zunehmend empirischer Methoden bedienender forschenden Fachdidaktik, die ihr methodisches Instrumentarium in enger InteraktionInteraktion, interaktional mit den anderen verwandten (Fremd-)Sprachendidaktiken (bes. AnglistikAnglistik, aber auch Slavistik und Niederlandistik sowie DaF/DaZ) beständig reflektiert und weiterentwickelt, ist die romanistische Fachdidaktik und Fremdsprachenforschung in demselben Beziehungsgefüge zu verstehen, wie Cramer 2019 es anschaulich für andere Fachdidaktiken nachgewiesen hat (vgl. z. B. Reimann 2020a).

Insgesamt verzeichnet die Fremdsprachenforschung in den vergangenen Jahren spürbar mehr wissenschaftlichen Nachwuchs. Eine sehr gute NachwuchsförderungNachwuchsförderung findet auch durch die Deutsche Gesellschaft für Fremdsprachenforschung (DGFF)Deutsche Gesellschaft für Fremdsprachenforschung (DGFF) statt, die u. a. gezielt Nachwuchstagungen und Sommerakademien für Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler ausrichtet (vgl. www.dgff.de). Die zunehmende ProfessionalisierungProfessionalisierung der fremdsprachlichen Fachdidaktiken zeigt sich u. a. in der steigenden Zahl an Promotionen und durch die Ausdifferenzierung und ReflexionReflexion des forschungsmethodischen Repertoires, wobei sich neben hermeneutischhermeneutisch-konzeptionellenhermeneutisch-konzeptionell Zugriffen qualitative und quantitative Ansätze etabliert haben. Abschließend kann man feststellen, dass in der aktuellen romanistischen Fachdidaktik historische, theoretisch-konzeptionelletheoretisch-konzeptionell und empirischeEmpirie, empirisch ForschungsdesignsForschungsdesign koexistieren, wobei verstärkt seit etwa 2000 eine Hinwendung zur Empirie mit einem Übergewicht der qualitativen Forschung festzustellen ist. In den letzten Jahren ist punktuell eine Rückbesinnung auf theoretisch-konzeptionelletheoretisch-konzeptionell Forschung anzutreffen. Auch gibt es Versuche, empirischeEmpirie, empirisch Forschung mit einem erstrebten PraxisbezugPraxisbezug zu verbinden, z. B. in erneuerten Konzepten der HandlungsforschungHandlungsforschung wie etwa Design-Based-Research (z. B. Grünewald et al. 2014) (vgl. Reimann 2020b, 536, weiterführend vgl. Reimann 2020a und Kap. 8).

1.1.2.4Institutionelle Verankerung des Faches und fachdidaktische Curricula im Studium

Erst seit etwa 2005 wurden im Kontext der Umstellung auf Bachelor-/Master-Studiengänge und der zeitgleich auferlegten Akkreditierungen ansatzweise flächendeckend fremdsprachendidaktische Professuren eingerichtet, was eine grundsätzlich sehr erfreuliche Entwicklung darstellt und das Forschungspotential der Disziplin grundlegend stärkt. Allerdings sind noch immer Defizite u. a. in folgenden Bereichen zu konstatieren: Nicht alle UniversitätenUniversität, die ein LehramtsstudiumLehramtsstudium in einer Fremdsprache anbieten, richten auch Professuren ein (noch gravierender ist dieses Defizit im Übrigen im Bereich der Didaktik der Alten SprachenSprachenalte), in jüngerer Zeit musste wiederholt festgestellt werden, dass de facto