Königsgemahlin Camilla - Angela Levin - E-Book

Königsgemahlin Camilla E-Book

Angela Levin

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Beschreibung

Königlicher Glanz Der unerwartete Tod von Königin Elizabeth II. erschütterte die Welt. Nun hat Charles III. den Thron bestiegen, ihm zur Seite Gemahlin Camilla. Doch wer ist diese Frau, die den neuen Monarchen schon seit über 50 Jahren kennt und die so lange auf ihn wartete? Die Adelsexpertin Angela Levin pflegt ein enges Vertrauensverhältnis zu Camilla und zeigt nun den Menschen hinter dem vermeintlich blassen Image. Sie beschreibt eine Frau, die aufgrund höfischer Konventionen viele Jahre lange im Abseits stand. Doch 2005 heiratete sie trotz aller Widrigkeiten und Anfeindungen endlich die Liebe ihres Lebens. Seitdem ist Camilla nicht nur Ruhepol und Beraterin von Charles, sondern auch eine leise Revolutionärin, die das Bild der Royals durch ihre Weltoffenheit bereits maßgeblich verändert hat. Neben karitativen Veranstaltungen und aktiven Beiträgen zur Rolle der »neuen Frau« sind ihre Herzenswärme und Nahbarkeit wichtige Charakterzüge, die das Königshaus im 21. Jahrhundert neu legitimieren werden. Ein stilvolles und authentisches Porträt.

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Seitenzahl: 497

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Angela Levin

Königsgemahlin Camilla

Die Biografie

www.editionkoch.de

Widmung

Für Daren

Über die Autorin

Angela Levin gehört weltweit zu den angesehensten Kennerinnen der britischen Royals. Die Journalistin und Autorin hat zahlreiche Artikel in Zeitschriften und Tageszeitungen veröffentlicht, u.a. im Observer und der Daily Mail. Als gefragte Kommentatorin in Bezug auf royale Themen tritt sie häufig im Radio und Fernsehen auf. Sie hat bisher vier Bücher über die Königsfamilie verfasst, darunter Harry: Conversations with the Prince, Diana’s Babies: Kate, William and the Repair of Broken Family und Raine and Johnny: The Scandal of Althorp über Prinzessin Dianas Vater und ihre Stiefmutter. Angela Levin lebt in London.

Impressum

Deutsche Erstausgabe 2023

© 2023 by Edition KOCH

Edition KOCH, ein Imprint der KOCH International GmbH, A-6604 Höfen

www.editionkoch.de

ISBN 978-3-85445-751-0

Auch als Hardcover erhältlich mit der ISBN 978-3-85445-750-3

Titel der Originalausgabe: Camilla, Duchess of Cornwall: From Outcast To Queen Consort

Erschienen 2022 bei Simon & Schuster UK Ltd

© Angela Levin, 2022

ISBN 978-1-3985-1306-8

Coverfoto © WPA Pool / Getty Images Entertainment via Getty Images

Coverdesign und grafischer Satz in deutscher Sprache: Thomas Auer

Übersetzung: Paul Fleischmann

Deutsches Lektorat: Thorsten Schulte

Hinweis für den Leser:

Kein Teil dieses Buchs darf in irgendeiner Form (Druck, Fotokopie, digitale Kopie oder einem anderen Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlags reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet werden.

Die Autorin hat sich mit größter Sorgfalt darum bemüht, nur zutreffende Informationen in dieses Buch aufzunehmen. Alle durch dieses Buch berührten Urheberrechte, sonstigen Schutzrechte und in diesem Buch erwähnten oder in Bezug genommenen Rechte hinsichtlich Eigennamen oder der Bezeichnung von Produkten und handelnden Personen stehen deren jeweiligen Inhabern zu.

Inhalt

Einleitung

Kapitel 1 Ein Blick auf Camilla

Kapitel 2 Sind Titel nur Schall und Rauch?

Kapitel 3 Camillas illustre Familiengeschichte

Kapitel 4 Kindheit

Kapitel 5 Und dann kam Charles

Kapitel 6 Alle gegen Camilla

Kapitel 7 Die Ausgestoßene

Bilderstrecke 1

Kapitel 8 Langsamer Fortschritt

Kapitel 9 Meinungsverschiedenheiten

Kapitel 10 Eine stabile Ehe

Kapitel 11 Große Veränderungen mit 57

Kapitel 12 Im Einsatz gegen Osteoporose

Kapitel 13 Häuser, Gärten und Elefanten

Kapitel 14 Ein royales Vergnügen

Kapitel 15 Noch mehr Arbeit

Kapitel 16 Corona-Jahr 2020

Kapitel 17 Eine virtuelle Verbindung

Kapitel 18 Camillas Leselust

Kapitel 19 Eine große Zusammenkunft

Kapitel 20 Auf der Seite der Frauen

Bilderstrecke 2

Kapitel 21 Ein gutes Vorbild

Kapitel 22 Pferde und Hunde

Kapitel 23 Harry – was nun?

Kapitel 24 Die Serie The Crown auf Netflix

Kapitel 25 Der Herzog von Edinburgh

Kapitel 26 Das Platin-Thronjubiläum der Queen

Kapitel 27 Queen Camilla: ein Neubeginn

Danksagungen

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Einleitung

Ich interessiere mich schon seit jeher für Menschen. Als Journalistin bemühe ich mich, ohne Vorurteile tief in ein Thema einzutauchen, um dann meine eigenen Erkenntnisse mit den Aussagen der Person, über die ich schreibe, und jenen ihres Umfelds zu einem ausgewogenen Porträt zu verbinden. Ich habe bereits häufig über die königliche Familie geschrieben und seit etlichen Jahren wollte ich schon ausführlicher über Camilla, bis vor Kurzem die Herzogin von Cornwall, berichten. Es war mir nämlich ein Bedürfnis, einen Brückenschlag zwischen ihrem Image in der Öffentlichkeit und ihrem tatsächlichen Wesen zu wagen. Ich war neugierig herauszufinden, wie es ihr gelungen ist, mit den entsetzlichen Schmähungen zurechtzukommen, die sie für ihre Beziehung zu Prinz Charles, dem jetzigen König, einstecken musste. Und warum manche Leute ihr immer noch die Schuld am Tod von Prinzessin Diana anhängen wollen, obwohl wir mittlerweile alle wissen, dass Dianas Ehe mit Charles ein tragisches Missverständnis war und ihr Tod in erster Linie ihrem betrunkenen Chauffeur anzulasten ist.

Natürlich wollte ich ihre Stärken und Schwächen verstehen lernen: So ist ihre Liebe zu Charles zwar stark und beständig, doch sträubt sie sich gegen öffentliche Reden, das Fliegen – vor allem mit dem Hubschrauber –, Aufzüge und Injektionsnadeln. Zudem hoffte ich, in Erfahrung zu bringen, wie sie mit der Gefühlskälte am Hofe zurechtkam.

Schon 2015 verbrachte ich mehrere Monate mit Camilla, um im Auftrag des Magazins Newsweek eine Reportage über sie zu schreiben. Es überraschte mich, wie gut sie mit Menschen umzugehen verstand, wie offenherzig sie sich präsentierte und wie sie unerwartete Strapazen meisterte.

Leider standen mir weder genug Zeilen noch ausreichend Zeit zur Verfügung, um ein wirklich rundes Bild von ihr zeichnen zu können. Daher wollte ich noch mehr über sie erfahren und schreiben. Meine persönlichen Alarmglocken schrillten, als ich die dritte Staffel der Netflix-Serie The Crown verfolgte und feststellen musste, in welch negativem Licht Camilla hier dargestellt wurde. Nicht weniger schockierte mich, wie sich Prinz Harry – dessen Biografie ich 2018 schrieb –, zu seiner Familie äußerte, als er und seine Frau Meghan im März 2021 von Oprah Winfrey für das US-Fernsehen interviewt wurden. Auch schwieg er, als Meghan sich Luft verschaffte, obwohl er wusste, dass manche ihrer Anschuldigungen schlichtweg falsch waren. Die Causa überraschte mich deshalb so sehr, weil Harry eigentlich als jener Royal gilt, der über den ausgeprägtesten Familiensinn verfügt, und zu dessen größten Stärken zählte, Gräben zu überbrücken. Tragischerweise scheint dies jedoch der Vergangenheit anzugehören. So beschloss ich, dass es an der Zeit wäre, Camillas Biografie in Angriff zu nehmen.

Camillas Leben lässt sich in zwei sehr gegensätzliche Abschnitte unterteilen: den vor und den nach ihrer Hochzeit mit Prinz Charles im April 2005. Jahrelang habe ich eine Vielzahl an persönlichen Kommentaren aus ihrem Freundeskreis und von Menschen, die mit ihr oder für sie gearbeitet haben, zusammengetragen. Zudem unterhielt ich mich mit einer Reihe von Schlüsselpersonen, die auf höchst unterschiedliche Weise mit ihr verbunden sind. Nur sehr wenige baten dabei um Vertraulichkeit. Vielmehr schien es ihnen ein besonderes Anliegen zu sein, die „wahre“ Camilla vorstellen zu dürfen.

Überraschenderweise schilderten mir die meisten meiner Gesprächspartner, die keine Ahnung hatten, mit wem ich mich sonst noch unterhalten würde, und zwischen denen auch sonst keinerlei offenkundige Verbindung bestand, ihren Charakter und ihre Wesensart jeweils auf sehr ähnliche Art und Weise. Da ich ja in der Biografie nicht immer das Gleiche schreiben konnte, weihte ich meine Gegenüber irgendwann ein, dass sich ihre Beschreibungen mit denen anderer deckten. Was sie nicht überraschte: „Das liegt daran, dass Camilla authentisch ist“, wurde mir versichert. „Sie gibt nicht vor, anders zu sein als sie ist.“

Jemand, der sie schon seit sehr langer Zeit kennt, vertraute mir an, dass sie sich „nicht im Geringsten“ verändert hat. Durchaus ungewöhnlich, so von einer Frau zu sprechen, die so abscheuliche Schimpfkanonaden erdulden musste, und die dabei stets ihre Würde, ihre Selbstachtung und ihren Humor bewahren konnte.

Camilla hat sich längst daran gewöhnt, dass Charles ein echter Workaholic ist und seit jeher sein Bestes für die Krone, das Land und die zahllosen wohltätigen Organisationen unter seiner Schirmherrschaft gibt. Und sie hat inzwischen selbst einen unermüdlichen Arbeitseifer entwickelt. Ihre zentrale Rolle besteht darin, Charles Halt zu geben. Auf diese Weise gelang es ihr, einen positiven Einfluss auszuüben. Sie zeichnet sich nicht nur durch ihre Vertrauenswürdigkeit aus, sondern kann sich auch auf ihr Bauchgefühl verlassen. Charles weiß, dass sie ihm den Rücken freihält. Sie verletzt keine royalen Tabus und drängt sich neben ihrem Mann nicht allzu sehr ins Rampenlicht. Wenn das königliche Paar einen offiziellen Anlass mit seiner Anwesenheit beehrt, folgt sie zumeist zwei, drei Schritte hinter ihm. Nicht etwa, weil sie sich ihm unterlegen fühlt. Nein, sie respektiert und liebt ihren Charles und hält sich bei solchen Veranstaltungen dezent im Hintergrund.

Wenn sie jedoch allein in Erscheinung tritt, entfaltet sie ihr volles Potenzial, zeigt sich wagemutig und couragiert. Man kennt sie für ihre akribische Vorbereitung, sie steuert eigene Vorschläge bei, für deren Umsetzung sie Sorge trägt, und legt keinen großen Wert darauf, Applaus dafür zu ernten. In Wahrheit will sie nur helfen. Sie inszeniert sich nicht als allwissende Schulmeisterin, sondern tritt als Förderin auf, die ermutigen will. Eben ein Vorbild für gewöhnliche Leute von der Straße und deren Kinder. Es überraschte mich, wie viel Arbeit sie hinter den Kulissen in ihre Wohltätigkeitsorganisationen steckt. Ganz unauffällig, dafür umso effizienter – und ohne jedes Verlangen, für ihren unermüdlichen Einsatz besondere Huldigungen zu erfahren.

Dank ihrer mentalen Stärke mied sie schon immer die Opferrolle. Ganz offensichtlich leistet sie ihre Beiträge nicht, um ihr eigenes Ego zu pushen. Vielmehr nutzte sie die Erfahrungen einer heiteren Kindheit und eines stabilen, liebevollen Elternhauses sowie ihren eigenen stark ausgeprägten Instinkt, um all ihren Unternehmungen und Erlebnissen stets positive Aspekte abzugewinnen. So kümmert sie sich um wohltätige Projekte, denen andere Mitglieder des Königshauses lieber aus dem Weg gehen – zum Beispiel, wenn es um Themen wie Vergewaltigung und Gewalt gegen Frauen geht. So avancierte zu einer enormen Bereicherung für die Royals.

Auch scheint sie sich keine Sorgen um ihr Alter zu machen. Sie akzeptiert es – samt Falten und anderen Begleiterscheinungen. Tatsächlich wirkt sie immer dynamischer, je älter sie wird. Ja, sie witzelt sogar darüber. Nach einem viertägigen offiziellen Besuch in Jordanien und Ägypten, den sie im November 2021 mit Prinz Charles absolviert hatte, betonte sie zwar, dass solche Auslandsreisen Arbeitsausflüge wären und keine Urlaube. „Ich bin ja nicht mehr die Jüngste“, ergänzte sie. „Doch sind wir immer noch so knackig wie junges Gemüse. Eine herrliche Redenwendung, nicht wahr?“

Persönlich bin ich davon überzeugt, dass sich die britische Königsfamilie und die Öffentlichkeit glücklich schätzen dürfen, sie zu haben. Deshalb hoffe ich, dass die Leserschaft die medialen Vorurteile über sie, die sich in den letzten 25 bis 35 Jahren angehäuft haben, zu ignorieren imstande ist, um sich ein eigenes Bild von der frischgebackenen Königsgemahlin zu machen.

Kapitel 1 Ein Blick auf Camilla

Selbst die eingefleischtesten Royalisten müssen einräumen, dass die britische Monarchie in den letzten Jahren ein wenig ins Wanken geraten ist. Sie überlebte vor allem dank der Beliebtheit Ihrer Majestät, Queen Elizabeth II., die am 6. Februar 2022 noch ihr 70-jähriges Thronjubiläum feiern durfte. Trotz der Schande, die Prinz Andrew der Krone zugefügt hat, und Prinz Harrys selbstauferlegtes Exil sowie dessen Abschied von der Königsfamilie, traf die Queen noch eine richtungsweisende Entscheidung, indem sie die Frau ihres Nachfolgers Prinz Charles, Camilla, zur zukünftigen Königsgemahlin ernannte. Damit beendete sie wirkmächtig die leidige Diskussion darüber, ob die Herzogin von Cornwall diesen Titel oder „nur“ den der Prinzgemahlin erhalten würde.

Obwohl Camillas Name und Gesicht auf der ganzen Welt bekannt sind, blieb ihre wahre Persönlichkeit bisher in Dunkel gehüllt. Nachdem ich mich intensiv mit ihrer Geschichte befasst habe, sehe ich sie als eigenständige Frau, die gern von anderen lernt, dabei aber stets Selbstsicherheit ausstrahlt. Sie zeichnet sich durch ihre zurückhaltende Entschlossenheit aus, hat aber auch eine verletzliche Seite. Außerdem unterstützt sie mit großem Enthusiasmus die Anliegen der Frauen, ohne dabei Männern schaden zu wollen.

Die Queen war berühmt für ihre Überzeugung, stets die Fassung bewahren zu müssen. (Man spricht in diesem Zusammenhang gern von der typisch britischen „stiff upper lip“.) In der Öffentlichkeit zeigte sie nur höchst selten Gefühle –vielleicht, wenn eines ihrer Rennpferde bei einem prestigeträchtigen Derby triumphierte. Und sie forderte die prominentesten Mitglieder ihrer Familie auf, es ihr selbst dann gleichzutun, wenn es die eigenen Kinder oder etwas Besorgniserregendes betraf. Camilla ist da ganz anders gestrickt. Manchmal kann sie es kaum erwarten, nach Hause zu kommen, um sich dort ganz allein die Augen auszuheulen. Wenn sie sich nun aber mit einem besonders erschütternden Sachverhalt konfrontiert sieht, schreckt sie auch nicht davor zurück, ihren Tränen sogar in aller Öffentlichkeit freien Lauf zu lassen.

Als junge Frau strebte Camilla nicht danach, der Welt ihren Stempel aufzudrücken. Ihre Erwartungen an das Leben waren, eines Tages zu heiraten, Kinder zu bekommen, sich dem Reitsport und ihrer Lektüre zu widmen sowie ihre Zeit auf dem Lande zu verbringen. Als unkomplizierte Optimistin versuchte sie, immer das Beste in den Menschen zu sehen. Sie galt als vergnügliche Zeitgenossin und hatte viele Freunde. Unsicherheit und Neid waren ihr fremd. Viele ihrer positiven Eigenschaften behielt sich Camilla bis ins reifere Alter bei. Als sie mit 24 den zu dieser Zeit noch eher unbeholfenen Prinz Charles – damals zarte 22 Jahre jung – kennenlernte, war sie genau die richtige Frau für ihn. Doch das Timing und die Stimmung im Lande sprachen gegen sie.

Ihre so außergewöhnliche Lovestory begann vor über einem halben Jahrhundert, als ihre gemeinsame Freundin Lucia Santa Cruz als Liebesfee fungierte, weil sie Camillas Beziehung mit Andrew Parker Bowles mit Skepsis begegnete und instinktiv fühlte, dass Charles und Camilla einen Draht zueinander finden könnten. So war dem dann auch, doch das damalige Protokoll sprach gegen ihren Bund. Allerdings hat ihre Beziehung seither einem kaum vorstellbaren öffentlichen Druck standgehalten. Gemeinsam haben sie zahlreiche Hindernisse überwunden, die sich stark auf ihr Leben auswirkten. Camilla wurde immer wieder vorgeworfen, die erste Ehe von Prinz Charles mit Lady Diana Spencer zerstört zu haben, weshalb sie oftmals mit anstandslosen Schimpftiraden konfrontiert war. Diese haben verständlicherweise Narben hinterlassen, aber auch dazu beigetragen, dass sie sich ein dickes Fell zulegte. Camilla und Charles besiegelten ihre gegenseitige Zuneigung schließlich 2005, als sie endlich in den Hafen der Ehe einliefen. „Es fühlte sich niemals so an, als gäbe es da für sie noch andere Leute“, kommentiert Mark Bolland, der in den 1990er-Jahren als Prinz Charles’ stellvertretender Privatsekretär fungierte. „Außer ihnen beiden war da niemand sonst.“

Seit dem Zeitpunkt ihrer Eheschließung rückte Camilla aus der Rolle einer Ausgestoßenen in den Stand der zweiteinflussreichsten Frau innerhalb der britischen Gesellschaft auf. Nun, nach dem Ableben der Queen, bekleidet sie sogar den Rang der Königsgemahlin an der Seite des Regenten König Charles III. Was für ein wilder Ritt ihr Leben bisher doch war! Wie hat sie das nur alles überstanden?

Ihre Vertraute Catherine Goodman, die künstlerische Leiterin und Mitgründerin der Royal Drawing School, einer unabhängigen und wohltätigen Kunstschule im Londoner East End, zeigt sich zutiefst davon beeindruckt, wie Camilla sich mit Mitte 50 in den royalen Alltag einzugliedern vermochte. „Sie ist eine Dame vom Lande. Zwar genoss sie den Ruf, gebildet und kultiviert zu sein, doch war sie vor allem eben eine Offiziersfrau, die in Wiltshire lebte“, erklärt Catherine. „Das brachte jede Menge Verpflichtungen mit sich. Ihre Pferde und Hunde sowie ausgiebige Spaziergänge halfen ihr zumeist dabei, einen klaren Kopf zu behalten. Sie war niemand, der viel reiste oder Kunstmessen besuchte.“

Gyles Brandreth, Radio- und Fernsehmoderator sowie vormaliger britischer Parlamentsabgeordneter, kennt Camilla bereits seit ihrer Schulzeit und sieht sie daher in einem etwas anderen Licht. „Sie beklagt sich nie öffentlich über ihr Los und verfügt über ein hohes Maß an Selbstkontrolle und Zurückhaltung“, verrät er. „Ihre Familie steht für sie an erster Stelle – vor allem ihre Schwester [Annabel], ihr Exmann [Andrew Parker Bowles] und ihre Kinder [Tom und Laura] spielen eine wichtige Rolle. Andrew ist ihr mittlerweile ein lieber Freund, er nahm an den Feierlichkeiten anlässlich ihres 70. Geburtstags teil. Sie hat sich im Verlauf der Jahrzehnte nicht grundlegend verändert, aber sie hat sich höchst geschickt an ihre Situation angepasst und blüht in ihrer neuen Funktion voll auf. Auf mich wirkt sie wie dieselbe Person, die nun aber eben andere Aufgaben erfüllt und sich manchmal auch selbst damit überrascht, wie leistungsfähig sie ist.“

Er ist außerdem der Ansicht, dass Prinz Philip dabei eine große Hilfe war. „Sie hat wirklich viel mit dem verstorbenen Herzog von Edinburgh gemeinsam“, mutmaßt Gyles Brandreth. „Sie vermeidet es, mit ihrem Mann zu konkurrieren. Auch Philip hielt sich stets zurück und unterstützte die Queen. Camilla ist Charles’ Verbündete, stärkt ihm den Rücken und zeichnet sich durch absolute Diskretion aus. Prinz Philip diente ihr als eine Art Vorbild, weshalb sie ebenfalls darauf beharrt, einen Schritt hinter Charles zu gehen, wenn sie zu zweit auftreten. Dafür versteht sie es, sich gekonnt in Szene zu setzen, wenn sie solo unterwegs ist. Auch verzichtet sie darauf, sich zu Themen zu äußern, von denen sie keine Ahnung hat. Deshalb hört man sie nicht über die Umwelt oder wissenschaftliche Agenden philosophieren. Dafür kann sie schier endlos über Bildung sprechen.“

Andere meiner Gesprächspartner vermuten wiederum, dass die Königinmutter Elizabeth, einst liebevoll „Queen Mom“ genannt, einen noch nachhaltigeren Einfluss auf sie ausübte. „Prinz Charles ist sicherlich überzeugt davon, dass ihn seine Frau ebenso gut berät wie früher seine Großmutter“, sagt etwa der Historiker Andrew Roberts. „Wenn man jemanden an seiner Seite weiß, der einem gute Ratschläge erteilt und immer zu einem steht, lässt man diese Person nicht mehr so einfach ziehen. Er hätte Camilla Parker Bowles im vergangenen Jahrhundert viele Male ziehen lassen können – und er stand unter enormen Druck, ebendies zu tun. Auch wollte er seinen Anspruch auf den Thron nicht gefährden. Wie lachhaft es doch rückblickend wirkt, dass der Thronfolger keine geschiedene Frau heiraten darf, wo doch mittlerweile 50 Prozent aller Ehen in Scheidung enden. Ich halte Camilla für viel behutsamer und überlegter, weshalb ich mich frage, ob sie ihn mitunter ein wenig zügeln muss. In der Tat wäre ich nicht allzu sehr überrascht, wenn sie ihn auf eine Weise berät, wie das die Königinmutter einst mit George VI. tat. Etwa indem sie ihn am Arm nimmt und wissen lässt, dass er sich für eine unpassende Herangehensweise entschieden hat. Bestimmt weiß er diese Art von Weisheit an seiner Seite sehr zu schätzen, weil es schlichtweg zu viele Ja-Sager in beratenden Funktionen gibt.“

Gavin Barker, der eine Künstleragentur leitet und den durch das TV-Format Strictly Come Dancing (die britische Version von Shows wie Let’s Dance und Dancing Stars) bekannten Juror Craig Revel Horwood zu seinen Schützlingen zählt, ist gut mit Camilla befreundet und sieht etliche Ähnlichkeiten zwischen beiden Frauen. „Charles liebte die Königinmutter über alles und Camilla besitzt denselben liebenswürdigen Charme. Ihr fantastischer Sinn für Humor erinnert ihn ebenfalls an seine Großmutter. So wie ihr gelingt es auch Camilla, dass sich Leute in ihrer Gesellschaft wohlfühlen. Ich habe schon oft mit der Königsfamilie zu tun gehabt und bewundere etwa die Kronprinzessin Anne sehr. Allerdings jagt sie mir auch eine Heidenangst ein, wohingegen Camilla über eine dermaßen warmherzige, gelassene, natürliche und irgendwie neckische Ausstrahlung verfügt, die einem dabei hilft, sich in ihrer Nähe ganz ungezwungen zu verhalten.“

Mitunter, etwa wenn sie an einer gut besuchten Veranstaltung teilnimmt, kann Camillas schüchterne Seite zum Vorschein kommen. Dann bevorzugt sie es, von jemandem herumgeführt zu werden, der ihr im Abstand weniger Minuten alle wichtigen Personen vorstellt. Camilla steht nicht gern im Rampenlicht, was dem manchmal ein wenig sensiblen Prinz Charles nur allzu gut in den Kram passt. Sie buhlt nicht mit ihm um die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und die Wohltätigkeitsorganisationen, für deren Unterstützung sie sich entschieden hat – manche befassen sich etwa mit häuslicher Gewalt – zählen nicht zu seinen Interessensgebieten. Außerdem besteht ihre höchste Priorität immer noch darin, ihm eine Stütze zu sein. „Die Herzogin von Cornwall“, so konnte man vor dem Ableben der Queen auf der Website des Clarence House, der Residenz des britischen Thronfolgers, lesen, „unterstützt ihren Mann, den Prince of Wales, seine Aufgaben und Pflichten als Thronfolger zu erfüllen.“ Selbstverständlich wird sich daran auch weiterhin nichts ändern!

Sie lässt sich allerdings nicht dazu zwingen, Dinge zu tun, die ihr widerstreben, vor allem, wenn es um ihre Schirmherrschaften geht. So engagiert sie sich eher für künstlerische und humanitäre Angelegenheiten als für Wissenschaft und Technologie. Vor allem genießt sie es, Menschen persönlich zu treffen. Wo immer sie sich einbringt, möchte sie sich nützlich machen, und nicht bloß in festlichem Rahmen Bänder durchtrennen, Gedenkplaketten enthüllen oder auf dem Briefkopf einer Einladung für eine Benefizgala stehen. Regelmäßig erkundigt sie sich bei den Verantwortlichen, was sie tun kann, um wirklich weiterzuhelfen – und sie lässt ihren Worten stets Taten folgen.

Die Wohltätigkeitsorganisationen, für die sie als Patin eintritt, wählt sie nicht, um sich selbst zu inszenieren. Sie ist keine Heuchlerin und möchte einfach nur anderen helfen. So ist es ihr ein großes Anliegen, Aufmerksamkeit für SafeLives zu generieren. Dabei handelt es sich um eine Stiftung, die sich gegen häusliche Gewalt engagiert, obwohl viele der Schicksale, mit denen sie hier konfrontiert wurde, sie traumatisiert und ihr Albträume bereitet haben. Auf die Geschäftsführerin Suzanne Jacob wirkt Camilla „außerordentlich engagiert“. Sie ist voll des Lobes für die nunmehrige Königsgemahlin. „Während der gesamten Pandemie“, so erzählt sie, „hat sie sich fortlaufend gemeldet, um sich zu erkundigen, wie sie helfen könne. Sie hat unserer Organisation wichtige Starthilfe geleistet. Im ganz großen Stil! Das macht wirklich einen Riesenunterschied.“

Camilla nimmt jede einzelne ihrer Patenschaften überaus ernst. „Sie liest und versteht sämtliche Berichte, die ihr übermittelt werden“, erzählt Claire Horton, die ehemalige Leiterin des Tierheims Battersea Dogs and Cats Home. „Sie interessiert sich sehr dafür, was hinter den Kulissen abläuft, weshalb sie auch wirklich weiß, was wir hier tun.“

Ihre jüngere Schwester Annabel, die sich nur selten über Camilla äußert, sprach im Juni 2015 mit der Londoner Tageszeitung Evening Standard: „Wenn sie oder ich nicht gerade auf Reisen sind, unterhalten wir uns fast jeden Tag. Sie erfüllt ihre Aufgaben ganz vortrefflich. Ich bin ja so stolz auf sie. Unsere Eltern und [ihr verstorbener Bruder] Mark wären das ebenfalls. Als Familie stehen wir uns sehr nahe. Unsere Kinder sind miteinander aufgewachsen und de facto wie Brüder und Schwestern“, schwärmte sie. Auch nannte sie Charles einen „außergewöhnlichen Mann“.

Ganz egal was passiert: Camilla bleibt sich treu – mitsamt ihrem unverwechselbaren Sinn für Humor und ihrer neckischen Art. „Ich bin ein großer Fan“, erklärt die Radiosprecherin Clare Balding. „Sie und Sophie Wessex sind meine Lieblings-Royals. Sie wissen, wie sie sich in gewissen Situationen verhalten müssen, pflegen aber dennoch weiterhin echte Freundschaften und kehren gern zu ihren Wurzeln zurück. Ihnen ist immer noch bewusst, dass wir letztendlich alle nur Menschen sind.“

Als Journalistin habe ich an vielen von Camillas Veranstaltungen teilgenommen. Jeder, der Zeit mit ihr verbringt, wird normalerweise zum Fan. Fotografen und Journalisten sind es gewohnt, von hochrangigen Royals links liegen gelassen zu werden. Camilla versteht hingegen, dass die Medienvertreter einfach nur ihren Job machen. Daher zeigt sie sich kooperativ und hat immer wieder Zeit für ein kurzes Pläuschchen mit uns. Noch überraschender ist, dass sie sich an Gespräche erinnert, die bereits Wochen oder Monate zurückliegen.

Ian Jones, der die Royals in offizieller Funktion seit 1992 fotografiert, hat Charles und Camilla regelmäßig auf Auslandsreisen begleitet. „Es war stets ein großes Vergnügen, mit ihr zu arbeiten“, so Ian. „Sie strahlt eine authentische Warmherzigkeit und Eleganz aus. Sie war nie eine Diana, aber sie sieht trotzdem in allem, was sie trägt, fantastisch aus. Ihr Stil und ihre Gelassenheit sind beeindruckend.“ Er erinnert sich besonders gern an eine Reise nach Indien im Jahr 2010. „Wir besuchten ein Dorf und es herrschte eine unerträgliche Hitze. Sie bewahrte jedoch die Fassung und beschwerte sich kein einziges Mal. Es war so heiß, dass Prinz Charles und sie sich auf einer Holzplanke niederließen und er ihr mit einem indischen Fächer Luft zufächelte.“

Warum bleibt Camilla trotz all dieser Lobpreisungen die verdiente Unterstützung seitens der Öffentlichkeit versagt? Seit Dianas Tod im Jahr 1997 hat ihre Anhängerschaft langsam, aber stetig zugenommen, aber laut Umfragen zählt sie nicht wirklich zu den beliebtesten Royals. Über die Jahre hinweg sprachen sich immer mehr Leute dafür aus, ihr den Titel Königsgemahlin zuzuerkennen. Doch als die Queen am ersten Tag ihres letzten Lebensjahres, in dem sie noch ihr Platinjubiläum auf dem Thron feiern sollte, ihrer Schwiegertochter diese höchste Ehre zukommen ließ, lag die Zustimmung zu dieser Entscheidung in vielen Umfragen immer noch bei unter 50 Prozent. Eingefleischte Diana-Fans und jene, die glauben, dass man Camilla wegen Ehebruchs bestrafen sollte, der bereits Jahrzehnte zurückliegt, stehen ihr immer noch reserviert gegenüber, obwohl die Vergangenheit der meisten Menschen auch dunkle Kapitel aufweist.

Die Künstlerin Catherine Goodman wundert sich, warum Camilla in der Öffentlichkeit nicht besser ankommt. „Sie selbst macht sich keine Illusionen und ist ziemlich bescheiden hinsichtlich ihres Einflusses. Und sie würde nie von sich behaupten ‚die Königin der Herzen‘ zu sein“, so Catherine. „Aber sie verhält sich absolut empathisch, wenn Leute ihr von ihren Problemen erzählen.“

Außerdem weigert sie sich, ins Rampenlicht zu drängen. Das kann den Eindruck erwecken, dass sie etwas eigenbrötlerisch ist. Vor allem, wenn sie sich in Charles’ Windschatten bewegt. Es ist eben ihre Art, ihre Unterstützung zum Ausdruck zu bringen und ihn in den Mittelpunkt zu rücken. Dass sie keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen will, ist mit ein Grund dafür, warum sie für die von ihr geförderten Wohltätigkeitsorganisationen jahrelang keine Reden halten wollte. Irgendwann kam sie jedoch zum Schluss, dass ihre öffentliche Fürsprache wichtiger war als ihre Gefühle. Inzwischen hat sie ihre Nervosität fast überwunden, obwohl sie sich bei ihren Reden immer noch recht kurz fasst. Man kann ihr jedoch nicht unterstellen, vor irgendeinem Thema zurückzuschrecken. Im Oktober 2021 erschütterte sie etwa das Publikum mit einer pointierten wie leidenschaftlichen Rede im Rahmen das Shameless!-Festivals der WOW Foundation in London, wo sie dazu aufrief, entschlossen gegen Gewalt an Frauen vorzugehen. Nur wenige andere Royals hätten so ein heißes Eisen angefasst.

Camilla gibt nicht vor, jemand anderes zu sein, nur um die Leute für sich einzunehmen. Vielmehr zieht sie es vor, ihnen persönlich entgegenzutreten, damit sie sich selbst ein Bild von ihr machen können. So geschah es auch während der Covid-Pandemie. Bis dahin hatten sie nur wenige Menschen bei einer ihrer royalen Verpflichtungen gesehen – und noch weniger hatten sie sprechen gehört. Doch sobald die Pandemie losging, verbrachten die Leute mehr Zeit vor ihren Fernsehern und wurden so Zeuge, wie sympathisch und witzig sie eigentlich ist, wenn sie sich für alte, junge und verletzliche Menschen einsetzt. Auch ihre Fürsorglichkeit und ihr Fleiß waren dabei stets augenscheinlich.

Während ihre Bescheidenheit zum Teil dafür verantwortlich ist, dass sie in der Öffentlichkeit keine magnetische Wirkkraft entfaltet, wird sie von vielen genau aus diesem Grund bewundert. Es wäre nicht weiter verwunderlich, wenn Camilla sich während der letzten 18 Jahre im inneren Kreis der Royals verändert hätte, doch viele Leute, die sie bereits vor ihrer Ehe mit dem nunmehrigen König Charles III. kannten, betonen, dass ihr der königliche Status nicht zu Kopf gestiegen ist.

„Ich habe mitverfolgt, wie sie aufgeblüht ist“, berichtet etwa Amanda MacManus, die Camilla 20 Jahre lang als persönliche Assistentin zur Seite stand. „Manche Leute, die sie sogar noch länger [als ich] kennen, sind der Auffassung, dass sie sich charakterlich nicht verändert hat, obwohl das auf ihre Arbeitsmoral vielleicht zutreffen mag. Sie hat sich an ihre Situation angepasst. Dazu gehören zum Beispiel die großen Dinner-Veranstaltungen und traditionelle Events. Es ist schön, dass sich auf ihre Position nichts einbildet. Sie ist sicherlich keine eitle Person, die dauernd in den Spiegel blickt. Natürlich will sie gut aussehen, aber echte Eitelkeit kann man ihr nicht unterstellen.“

Camillas langjährige Freundin Lucia Santa Cruz pflichtet dieser Sichtweise bei. „Camilla verhält sich nie gebieterisch“, betont sie. „Manchen Menschen steigt eine solche Veränderung ihres Lebensstils zu Kopf. Bei Camilla ist das nicht der Fall. Natürlich hat sie jetzt weniger Zeit und kleidet sich anders als zuvor. Ansonsten sind unsere Gespräche immer noch so wie früher. Sie erkundigt sich gern nach meinen Kindern. Und ich mich nach ihren! Wir unterhalten uns über alles. Alles ist beim Alten geblieben – und ich finde das herrlich!“

In von Zynismus, Arglist, Treulosigkeit und Scheinheiligkeit geprägten Zeiten wie diesen ist es durchaus erfrischend, wenn Authentizität immer noch vor Reichtum und Titeln rangiert. Es ist kaum vorstellbar, dass die niederträchtigen Online-Trolle, die sie zur „meistgehassten Frau Großbritanniens“ erklären und sie als „hässliche“ und „boshafte Frau“ bezeichnen, sie jemals von Angesicht zu Angesicht getroffen haben. Niemand ist perfekt – und es gibt nur wenige Menschen, die so hart wie Camilla für Bürger jeden Alters in Großbritannien und im Commonwealth geschuftet haben. Es steht der Öffentlichkeit jedenfalls nicht zu, darüber zu urteilen, wer wen heiratet. Auch müssen manche Menschen akzeptieren lernen, dass Ehen eben scheitern können.

Lord Carey of Clifton, der ehemalige Erzbischof von Canterbury, kannte Camilla, Charles und Prinzessin Diana bereits Mitte der 1990er-Jahre. „Es war mir unbegreiflich, dass die Presse Camilla als sündhaftes Frauenzimmer verunglimpfte, wo Charles sie doch so aufrichtig liebte“, erinnert sich der fromme Gottesmann. „Das konnte schlichtweg nicht der Wahrheit entsprechen, da er ein so empfindsamer Mann ist. Damals wollte ich ihnen meine Unterstützung aussprechen.“

Charakterzüge, die sie in jüngeren Jahren vielleicht weniger auszeichneten, die aber seit ihrer Partnerschaft mit dem heutigen König besonders zum Vorschein kommen, sind ihre Entschlossenheit und Widerstandskraft, die zusammen eine vitale Rolle für ihr Durchhaltevermögen spielen. Sie musste Jahrzehnte darauf warten, dass Charles sie heiratete. Es dauerte beinahe ebenso lange, bis ihre Schwiegerfamilie sich erweichen ließ, mit ihr ins Gespräch zu treten.

Auch hat sich erst unlängst Prinz Harrys Einstellung zu seiner Familie gewandelt. Es muss sich für ihn angefühlt haben, als wäre er, als hochrangiger Royal, nicht in der Lage gewesen, für sich selbst das Wort zu ergreifen. Harrys Frau, Meghan Markle, empfand dies als Kränkung, was zu ihrer Entscheidung beitrug, ihren royalen Status niederzulegen.

Camilla hat immer wieder unter Beweis gestellt, was man mit Liebe und der Bereitschaft, andere zu unterstützen, alles erreichen kann. Es ist ganz offenkundig, wie wohl sie und Charles sich miteinander fühlen. Er wirkt im Vergleich zu früher oft wie ausgewechselt und fühlt sich um seiner selbst willen geliebt und wertgeschätzt – Faktoren, die ihn zweifellos zu einem ausgezeichneten König machen werden.

„Er verliebte sich in sie, als er noch sehr jung war“, so Andrew Roberts. „Dieser Zustand hält nun bereits seit einem halben Jahrhundert an. Man kann nicht so lange in jemanden verliebt sein, ohne dass dies einen großen Effekt auf die eigene Persönlichkeit und Weltsicht hat. Ebenso teilen sie ihren Sinn für Humor. Es ist unmöglich, Charles zu verstehen, wenn man nicht den enormen positiven Einfluss anerkennen will, den Camilla Parker Bowles auf ihn hat.“

Kapitel 2 Sind Titel nur Schall und Rauch?

Die Queen sträubte sich jahrzehntelang strikt dagegen, Camilla zu treffen oder mit ihr zu sprechen, weil sie sich große Sorgen um die Auswirkungen auf die Monarchie machte. Ihr Platin-Thronjubiläum nahm sie zum Anlass, der Nation schriftlich mitzuteilen, dass die damalige Herzogin von Cornwall zukünftig den Titel Königsgemahlin und nicht Prinzgemahlin tragen sollte. „Ich bin euch auf ewig dankbar für eure Loyalität und Zuneigung, die ihr mir fortlaufend schenkt“, ließ sie verlauten. „Zu gegebener Zeit, wenn mein Sohn Charles als König den Thron besteigen wird, werdet ihr ihm und seiner Frau Camilla dieselbe Unterstützung zukommen lassen, die ihr mir entgegengebracht habt. Es ist mein aufrichtiger Wunsch, dass Camilla, wenn der Zeitpunkt gekommen ist, im Rahmen ihres eigenen loyalen Dienstes den Titel Königsgemahlin erhalten soll.“

Dieser persönlichen Empfehlung folgte eine Neujahrsankündigung, der zufolge die Queen Camilla mit der höchsten Ehrung – einer Berufung in den Hosenbandorden – auszeichnen wollte. Dieses royale Gütesiegel, das nur der jeweilige britische Regent verleihen darf, ist eine Anerkennung für die harte Arbeit, die Loyalität und das Feingefühl, durch die sich Camilla seit ihrer Eheschließung mit Prinz Charles 2005 profiliert hatte. Auf jeden Fall handelte es sich um einen außergewöhnlichen Sinneswandel.

Die zukünftige Königsgemahlin dankte es Ihrer Majestät, indem sie auch weiterhin ihre royalen Pflichten wahrnahm. Am 6. Februar 2022 besuchte sie den Nourish Hub, eine Gemeindeküche im Westlondoner Viertel Notting Hill, wo sie mithalf, ein persisches Gericht zuzubereiten. Als Nächstes stand eine Visite im Paddington Haven auf dem Programm, einer Anlaufstelle für Opfer sexueller Gewalt. Im Anschluss daran ging es noch weiter zur Thames Valley Partnership in Aylesbury, ebenfalls eine Wohltätigkeitsorganisation, die sich den Anliegen von Missbrauchsopfern verschrieben hat. Es war typisch für Camilla, dass sie sich in einer gewöhnlichen Gemeinschaftsküche zur Ehrung durch die Queen äußerte und nicht auf die offiziellen Kanäle ihrer Residenz Clarence House setzte. „Ich fühle mich sehr geehrt – und sehr gerührt“, verkündete sie im Rahmen ihrer Visite.

Die Art und Weise, wie sie ihren Kommentar formulierte, war nicht unerwartet – die Örtlichkeit vermittelte jedoch sehr wohl den Eindruck, dass sie neben Dankbarkeit noch etwas anderes zum Ausdruck bringen wollte, denn obwohl sie sich „geehrt“ und „gerührt“ fühlte, waren höchste Auszeichnungen und Würden nichts, wonach sie aktiv strebte. Immerhin hatte sie schon alles, was sie sich wünschte: nämlich die Möglichkeit, einer Vielzahl von Menschen in Not auf die eine oder andere Weise zu helfen, sowie ein Leben an der Seite ihres Charles, also jenes Mannes, den sie über alles liebte. Zudem war sie in der Lage, ihrem engsten Familienkreis die bestmögliche Existenz zu garantieren.

Ihr Titel wurde während einer Zeremonie des Hosenbandordens am 13. Juni 2022 besiegelt. Diese älteste britische Ehrung wurde vor fast 700 Jahren eingeführt. Heute verfolgten weltweit ungefähr eine Milliarde Menschen die traditionelle Prozession. Camilla trug zu diesem Anlass ein Kleid von Designer Bruce Oldfield mit fließender blauer Samtrobe und einem schwarzen Samthut, der mit Straußenfedern bestückt war. Die Queen blieb der Prozession zwar fern, nahm jedoch am anschließenden Mittagessen und der Einführungszeremonie teil. Die Frage, ob Camilla „Queen“ genannt werden sollte, beschäftigte das United Kingdom und das Commonwealth of Nations, seitdem sie nach Dianas Tod als Prinz Charles’ offizielle Partnerin in Erscheinung trat. Königin oder Prinzessin, so lautete die Frage.

Die Antwort wäre eigentlich naheliegend gewesen. Der Tradition zufolge erhält die Frau eines in der Thronfolge an erster Stelle rangierenden Prinzen den Titel Prinzgemahlin, wohingegen der Titel Königsgemahlin für die Frau eines Regenten reserviert ist. Doch Clarence House winkte ab: Anlässlich der Hochzeit des Paares im Jahr 2005 wurde verlautbart, dass Camilla sich weiterhin mit dem Titel Prinzgemahlin begnügen würde, selbst wenn Charles den Thron bestiege – in erster Linie, weil man eine negative Reaktion der Öffentlichkeit befürchtete.

Dabei handelte es sich um einen Rückschritt für eine Monarchie, die ansonsten auf Modernisierung setzte. Prinz Charles selbst war nicht erpicht darauf, über diesen Traditionsbruch zu sprechen. Im November 2010 wurde er vom amerikanischen TV-Network NBC im Rahmen der Veröffentlichung seines Buches Harmonie: Eine neue Sicht unserer Welt zum Thema Nachhaltigkeit befragt. Das Interview verlief reibungslos, bis persönlichere Themen angesprochen wurden. „Wird die Herzogin von Cornwall die nächste Königin von England, wenn Sie den Thron besteigen?“, lautete eine Frage. Er blickte ein wenig betreten. „Nun, wir werden sehen. Ich weiß ja nicht, ob ich … ob ich dann überhaupt noch lebe. Aber ja … das könnte eintreffen … Vielleicht ist es aber besser, sich nicht zu viele Gedanken darüber zu machen“, murmelte er nach einigem Zögern. „Aber wenn das so kommt, dann müssen wir uns damit befassen.“

Es ist schwer zu begreifen, warum Camilla ihr royaler Titel hätte verwehrt werden sollen: Das lange Zaudern bei einer laut Historikern und Verfassungsexperten prinzipiell unkomplizierten Formalität lag zum Teil darin begründet, dass Camilla sich vor 30 Jahren von ihrem ersten Mann, dem geselligen Offizier Andrew Parker Bowles, scheiden ließ.

Dabei spielte der Partner eines Regenten, ganz egal, welchen Geschlechts, stets eine stabilisierende Rolle innerhalb der britischen Monarchie. Er oder sie stellt aus vielen Gründen einen entscheidenden Faktor dar – nicht zuletzt, um die Erbfolge einer Dynastie zu sichern. Die traditionelle Aufgabe der royalen Gemahlin besteht darin, einen Thronfolger (und am besten noch einen als Reserve!) zur Welt zu bringen. Die Königinmutter und Prinzessin Diana erfüllten diese Aufgabe vorbildlich und punktgenau. Die Probleme, die auftreten können, wenn die Königsgemahlin keine Thronfolger gebärt, zeigten sich beispielweise an der Regentschaft Heinrichs VIII., dessen Ehe mit Katharina von Aragon annulliert wurde, nachdem sie daran scheiterte, männliche Nachkommenschaft zur Welt zu bringen. (Allerdings bestieg ihre Tochter als Königin Maria I. den Thron.) Selbst heute noch sind die historischen Auswirkungen der gescheiterten ersten Ehe Heinrichs VIII. spürbar. Erst in vierter Ehe mit Jane Seymour sollte er einen rechtmäßigen männlichen Erben (Eduard VI.) zeugen.

Obwohl nichts an die turbulenten Zustände während Heinrichs Regierungszeit heranreicht, stellte zuletzt in den 1930ern eine „unpassende“ und letztlich „verhinderte“ Königsgemahlin eine veritable Bedrohung für den Weiterbestand der Monarchie dar. Wallis Simpson war bereits 40 Jahre alt, als sie Eduard VIII. ehelichte. Damals war es somit unwahrscheinlich, dass sie noch einen Thronerben gebären würde. Auch sie war zudem geschieden. Diese Umstände machten sie für das Land zu einer inakzeptablen Wahl, was wiederum der König als inakzeptabel empfand und lieber abdankte, bevor er der Frau, die er liebte, den Rücken kehrte. Viele fürchteten, dass die Monarchie diese Krise nicht überstehen würde. Doch dank der Umsichtigkeit König Georges VI. und der Unterstützung durch seine Frau – die spätere Königinmutter („Queen Mom“) – überstand sie auch diese Prüfung. Das ist die zweite wichtige Aufgabe des Menschen an der Seite des Regenten: den Monarchen zu unterstützen und gleichzeitig eine eigene Nische für sich zu finden. Die Mutter der späteren Queen Elizabeth II. festigte durch ihr Verhalten im Zweiten Weltkrieg einen Platz im Herzen ihres Volkes, als sie und König George die gleichen Gefahren und Entbehrungen durchleiden mussten wie ihre Untertanen.

Es ist niemals einfach für die Gemahlin (oder den Gemahl), eine Rolle für sich zu finden, die eine dezente und gleichzeitig Nutzen stiftende Existenz im Hintergrund gewährleistet. Auch Prinz Albert leistete seinen Beitrag zur Erbfolge, indem er mit Queen Victoria immerhin neun Kinder zeugte. Während seines kurzen Lebens bereicherte er seine Wahlheimat zudem mit seinen Beiträgen zu Bereichen wie Kunst, Wissenschaft, Technologie und Sozialfürsorge. Prinz Philip empfand seine Rolle an der Seite der Queen zunächst als Einschränkung. So musste er seine vielversprechende Karriere bei der königlichen Marine aufgeben, um sich in den Schatten der jungen Queen Elizabeth zurückziehen, die sich in der Öffentlichkeit großer Beliebtheit erfreute, während Großbritannien nach dem Ungemach des Zweiten Weltkriegs wieder zu neuem Leben erwachte. Irgendwann fand er jedoch seine ihm ureigene Bestimmung, indem er mit dem Duke of Edinburgh’s Award ein wichtiges Jugendprogramm initiierte, das die Leben von Generationen von britischen Teenagern nachhaltig beeinflusste. Auch trug er maßgeblich zur Gründung des World Wildlife Funds bei, der in Bezug auf Natur- und Artenschutz große Leistungen vollbrachte. Außerdem engagierte er sich noch für unzählige weitere gute Zwecke.

Noch bevor die Queen ihrer Schwiegertochter Camilla den Titel als Königsgemahlin zugestand, kommentierte der Historiker Andrew Roberts die Situation. „Es nur in Erwägung zu ziehen, der Herzogin das Privileg zu entziehen, offiziell als Königin von England zu gelten, ist verwerflich“, betonte er. „Das britische Recht sieht vor, dass Frauen den Rang, Titel und Status ihres Mannes übernehmen. Allein die Vorstellung, dass wir nach über zwei Jahrtausenden britischer Monarchie für die Herzogin von Cornwall eine Ausnahme machen, als wäre sie eine unvergleichlich böse und sinistre Gestalt, empfinde ich als große Schande. Wenn Ihre Majestät die Königin nun während der Regierungszeit des gegenwärtigen Premierministers [Boris Johnson] das Zeitliche segnet, stünden wir vor der außergewöhnlichen Situation, dass der Premierminister auf eine Vielzahl von Exliebhaberinnen, Ehefrauen und Kindern verweisen kann, während der neue König darauf verzichten muss, dass die Frau, die er seit über einem halben Jahrhundert liebt, an seiner Seite auf dem Thron in der Westminster Abbey Platz nimmt und zur Königin gekrönt wird. Wie könnte man das jemandem bloß antun?“

Andere gaben der britischen Verfassung die Schuld, weil sie vielleicht nicht wussten, dass Großbritannien, anders als fast jedes andere Land der Welt, über keine ordentlich niedergeschriebene Verfassung verfügt – oder über ein anderes rechtskräftiges Dokument, das die fundamentalen Gesetze des Staates festlegt. Stattdessen gibt es eine „ungeschriebene“ Verfassung, was die Angelegenheit natürlich enorm verkompliziert.

Vernon Bogdanor, einer der renommiertesten britischen Verfassungsexperten, hat bereits ausführlich über politische und verfassungsrechtliche Themen publiziert. „Unsere Verfassung basiert über weite Strecken auf Gewohnheitsrecht. Auf Übereinkommen anstelle von Statuten“, erklärt er. „Dem Gewohnheitsrecht zufolge ist die Frau des Königs unsere Königin – und so wird sie in der Regel gemeinsam bei der Krönungszeremonie zusammen mit ihrem Mann gekrönt – obwohl es kein Gesetz gibt, das dies vorsieht. Andererseits gelten diese Regeln nicht für die Gemahle, was aus moderner Perspektive ein wenig sexistisch wirken mag. So wurde der Herzog von Edinburgh 1953 im Rahmen der Krönungszeremonie von Elizabeth II. nicht gemeinsam mit ihr zum ‚Königinnengemahl‘ gekrönt.

Das Fehlen einer offiziellen Verfassung ermöglicht eine gewisse Flexibilität, was der Öffentlichkeit offenbar behagt. So hängen zahlreiche Regeln in letzter Instanz vom Gutdünken der Öffentlichkeit ab. Natürlich unterscheidet sich dieser Volkswille heute stark von 1936, als Eduard VIII. abdanken musste.“

Damals verbaten die Regeln der Church of England, an deren Spitze der jeweilige Monarch als Supreme Governor steht, eine Eheschließung mit einer geschiedenen Person, deren vormaliger Partner noch lebte. Seit damals haben die klerikalen Vorschriften jedoch einen Wandel durchlaufen. Nachdem Charles Camilla geheiratet hatte, wurde ihr Bund im Anschluss auch von der Church of England gesegnet – ein Zeichen der Zustimmung. Schon bevor Charles König wurde schlussfolgerte Bogdanor, dass Camilla dann auch mit ihm zusammen gekrönt wird. „Das scheint auch dem Willen des Volkes zu entsprechen.“

Wie heikel das Thema war, konnte man zum Beispiel im März 2018 daran erkennen, dass im Rahmen einer Neugestaltung der Website des Clarence House, der damaligen Residenz von Prinz Charles, Camillas zukünftiger royaler Rang keinerlei Erwähnung mehr fand. Bis dahin wurde sowohl in Camillas Lebenslauf und den FAQs (häufig gestellte Fragen) noch das Wort „Prinzgemahlin“ verwendet. Doch als man im Clarence House kalte Füße bekam, wurde rasch eine Klarstellung veröffentlicht. „Die Herzogin soll, sobald der Prinz den Thron besteigt, als Prinzgemahlin angesprochen werden“, hieß es da. „So wurde es im Rahmen ihrer Eheschließung verkündet und seit damals hat sich rein gar nichts geändert.“ Zudem konnte man lesen, dass die Veränderungen auf der Website vorgenommen worden waren, weil die Frage, ob Camilla eine Königin sein würde, sich „in jüngster Zeit“ nicht gestellt habe.

Laut Camillas Freunden macht sie sich ohnehin nicht viel aus Titeln, obwohl König Charles III. sich glücklich schätzt, sie heute als Königin an seiner Seite zu wissen. Tatsächlich lässt sich das damalige Nervenflattern der offiziellen Vertretung des Clarence House damit erklären, dass man sich nicht auf dünnes Eis wagen wollte, weil die öffentliche Meinung zu diesem Zeitpunkt von zentraler Bedeutung war – und die hing gerade in der Schwebe, vor allem, weil immer noch viele Menschen der Meinung waren, dass Camilla für das Scheitern der Ehe des Prinzen mit Diana verantwortlich wäre. Zudem ging man damals davon aus, dass das Ableben Prinz Philips und Queen Elizabeths die Monarchie ohnehin schon schwächen würde, da wollte niemand mit einer Debatte rund um die Titel „Königin“ und „Prinzessin“ zusätzlich Öl ins Feuer gießen. Die entschlossenen Worte der Queen zugunsten Camillas haben der Diskussion um ihren Titel jedenfalls noch rechtzeitig den Wind aus den Segeln genommen.

Allerdings vertrat zumindest ein Insider die Auffassung, dass der Premierminister bei dieser Entscheidung eine aktivere Rolle hätte spielen sollen – anstatt nur darüber informiert zu werden. „Die beste Lösung der Titelfrage wäre gewesen, den Premierminister mit ihrer Beantwortung zu betrauen“, so der besagte Insider. „Immerhin wäre er die mächtigste Person gewesen, die diese Entscheidung fällen hätte können. Er hätte dafür Stärke zeigen und gleichzeitig dem Palast sein Mitspracherecht zugestehen müssen. Auch hätten sie die Frage rasch klären müssen. Im Falle einer massiven Debatte rund um den Titel hätte einiges schieflaufen und die Öffentlichkeit angesichts eines Wandels die Nerven verlieren können. Nur leider zeichnen sich Hofbeamte nicht immer durch besondere Stärke aus und suchen nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner. Persönlich bin ich der Meinung, dass es schrecklich gewesen wäre, wenn sie sich mit dem Titel einer Prinzessin hätte begnügen müssen. Der royale Titel ist mit keinerlei verfassungsrechtlichen Vollmachten ausgestattet.“

Prinz Philip war sich seinerzeit stets bewusst, dass die öffentliche Stimmung hinsichtlich der Monarchie fortlaufenden Schwankungen unterworfen war. Er sprach dieses Thema während eines Besuchs in Kanada 1960 offen an. „Es ist eine vollkommen irrige Fehlannahme, davon auszugehen, die Monarchie existiere im Interesse des Monarchen“, sagte er. „Dem ist nicht so. Vielmehr existiert sie, um die Interessen der Menschen zu schützen. Wenn eine Nation zum Schluss gelangt, dass das System für sie nicht länger tragbar ist, liegt es an ihr selbst, eine Veränderung herbeizuführen.“

Er verstand, dass die königliche Familie sich den Respekt und die Unterstützung des Volkes verdienen musste. Die Queen war ebenfalls dieser Ansicht. Sie glaubte, dass sie und andere Royals sich der Öffentlichkeit im Rahmen von diversen Veranstaltungen als besonders fleißig präsentieren mussten.

Umfragen unterstreichen, dass die Popularität der Monarchie stark variiert und in großem Ausmaß an die Handlungen der königlichen Familie geknüpft ist. Sie zeigen zudem, dass eine zunehmende Anzahl der 18 bis 24 Jahre alten Briten ein gewähltes Staatsoberhaupt der Monarchie vorziehen würden. Bis jetzt kann sich der Regent jedoch immer noch einer starken Unterstützung durch die ältere Generation sicher sein. Im Rahmen solcher Umfragen wurde oft die Frage gestellt, ob das Volk Prinz Charles oder Prinz William als Thronfolger bevorzugt. Üblicherweise behielt William die Nase vorn. Höflinge sorgten sich vor allem um die Übergangszeit zwischen dem Ableben der Queen und der offiziellen Krönung ihres Sohnes, da sie fürchteten, Verfechter der republikanischen Idee könnten die Situation zu ihren Gunsten nutzen.

Ungeachtet des klaren Wunschs der Queen, Camilla möge zur Königsgemahlin aufsteigen, war dies nicht für alle das Ende der Debatte. Manche stellten weiterhin ihren Anspruch auf den Titel in Frage. In der Church of England gibt es nach wie vor eine sehr überschaubare, aber dennoch unerbittliche Fraktion älterer Kirchenmitglieder, die Camilla und Charles ob ihrer standesamtlichen Eheschließung grollen, die sie aufgrund ihrer zivilen Natur als illegitim erachten. Zwar haben jüngere Menschen heute kein Problem mit dem Thema Scheidung, doch mangelt es ihnen auch an Interesse an der Monarchie. Ihnen ist egal, wer auf dem Thron sitzt.

Andrew Roberts glaubt, dass „die Institution [der Monarchie] funktioniert und uns vor Diktatur und machtgierigen Politikern und Präsidenten schützt. Camillas Scheidung liegt bereits ein Vierteljahrhundert zurück. Der Gedanke, dass dieser überaus beeindruckenden und hinreißenden Frau nach all den unglaublichen Mühen, die sie seither auf sich genommen hat, und all der Zeit, die inzwischen vergangen ist, der Titel Königin von England hätte verwehrt bleiben können, ist eine verfassungsrechtliche Farce.“

Lord Carey, ehemaliger Erzbischof von Canterbury, stimmt dieser Sichtweise zu. „Man darf nicht außer Acht lassen, dass die Sexualmoral einen Wandel durchlaufen hat und wir als Gesellschaft viel offener dafür sind, wie Menschen leben. Die Leute haben Camilla inzwischen akzeptiert und sind der Meinung, dass sie eine sehr gute Königsgemahlin sein wird.“ Camillas Fürsprecher argumentieren, dass ihr wachsender Einfluss innerhalb der königlichen Familie, vor allem seit dem Rückzug des Herzogs und der Herzogin von Sussex, und ihre zunehmenden Beliebtheitswerte Anzeichen dafür sind, dass die Öffentlichkeit sich inzwischen darüber freut, dass sie zur Königsgemahlin befördert wurde.

Amanda MacManus, Camillas erst unlängst in den Ruhestand getretene Assistentin, sagt: „Es wird für sie eine große Herausforderung, König Charles III. zu unterstützen. Aber sie ist dafür stark genug. Immerhin hat sie schon in den letzten beiden Jahren mehr Arbeit als zuvor geleistet und regelmäßig die Queen vertreten. Sie ist somit bestens vorbereitet, um in ihre neue Rolle zu schlüpfen.“

Vernon Bogdanor stimmt dem zu. „Mit ihrem Dienst an der Öffentlichkeit ist sie eine große Stütze der Monarchie. Das muss man anerkennen. Immerhin leistet sie harte Arbeit, die nicht sonderlich glamourös ist“, erklärt er. „Gleichzeitig darf sie nicht vergessen, dass sie keine politischen Ansichten zum Ausdruck bringt. Das ist gar nicht so einfach, wie man meinen möchte. Dennoch ist sie noch in kein Fettnäpfchen getreten. Sie und Charles bilden ein sehr gutes Team. Angesichts seiner enormen Verpflichtungen ist es für ihn von integraler Bedeutung, eine Frau zu haben, die ihn entlastet. Ohne eine solche Unterstützerin kann es schwer sein, die schwere Bürde der Monarchie erfolgreich zu schultern.“

Auch Dame Susan Hill, eine bekannte Autorin, äußerte sich zu diesem Thema. „Camilla sollte sein dürfen, was immer Charles für sie vorgesehen hat – und das ist nun einmal Königsgemahlin“, sagt sie. „Es geht letzten Endes darum, was sich richtig anfühlt. Aus Respekt vor Diana hat sie nie den Titel der Princess of Wales getragen. Es gibt immer noch zahlreiche eingefleischte Diana-Fans, die Camilla hassen und auf die Barrikaden gestiegen wären.“

David Yelland, der ehemalige Chefredakteur der Sun, der Camilla besser kennenlernte, als sie und Prinz Charles ihn während der Krebserkrankung seiner mittlerweile verstorbenen Frau unterstützten, ist anderer Meinung. „Sie ist eine sehr nette Person“, betont er, „aber sie sollte auf den Titel Königsgemahlin verzichten. Trotz all ihrer Leistungen werden sich die Leute nur schwer an das Konzept einer Queen Camilla gewöhnen. Das liegt zum Teil daran, dass wir längst im 21. Jahrhundert angekommen sind und die Vorstellung, jemanden zur Königin zu machen, weil sie mit einem König verheiratet ist, nicht mehr zu ziehen scheint. Ich bin auch nicht sicher, ob die Leute Kate [Middleton] als Queen akzeptieren werden, wenn es einmal so weit ist. Diesen Titel an die Ehepartner der Regenten zu vergeben, wirkt nicht mehr ganz zeitgemäß. Prinz Philip war ja nie König. Die Leute werden akzeptieren, dass sie de facto ihre Königin ist, aber ich glaube, dass es ihnen missfällt, sie als ihre Queen zu bezeichnen oder ihr Gesicht auf unseren Briefmarken zu sehen. Ein anderer Titel würde wirklich keinen großen Unterschied machen.“

„Ich glaube, dass sie gar nicht Königin sein will“, so der Moderator Gyles Brandreth, „aber sie ist bereit, die Herausforderung anzunehmen und ihrem Land zu dienen – auf welche Weise das gerade notwendig ist. Wir leben in einer Welt, in der viele Menschen in zweiter Ehe verheiratet sind und Stiefkinder haben.“ Der Geschäftsmann Ben Elliot – Camillas Neffe, der bis September 2022 als Co-Vorsitzender der Conservative Party fungierte – gilt als großer Bewunderer seiner Tante. „Sie hegt keine Ambitionen, Königin zu sein“, verriet er mir. „Sie will nur ihren Mann unterstützen. Camilla ist eine gute Seele und eine fantastische Tante, Mutter und Großmutter. Ihre Eltern und Großeltern waren allesamt liebe, warmherzige und großzügige Leute, die diese Qualitäten an sie weitergegeben haben. Sie hat nichts zu verbergen.“

Mark Bolland, der im Vorfeld ihrer Hochzeit dazu beitragen konnte, sowohl Charles’ als auch Camillas Bild in der Öffentlichkeit geradezurücken, zeigt sich von der Bescheidenheit Camillas angetan. „Als ich mit ihr zu tun hatte, kam es mir nie so vor, als würde sie irgendeinen Nutzen für sich herausschlagen wollen“, betont er. „Sie hätte nichts getan, was ihr gemeinsames Leben oder ihr Leben als Individuum von Neuem mit Kontroversen belastet hätte. Sie ist eine überaus redliche Person.“

Obwohl er sich bewusst ist, dass er kein Experte in Verfassungsfragen ist, repräsentiert Craig Revel Horwood, Juror bei der TV-Show Strictly Come Dancing, eine weitverbreitete Sichtweise, wenn er sagt, dass er Camilla hundertprozentig als Queen akzeptiert. „Camilla soll Königsgemahlin sein. Sie wird sich wunderbar in dieser Rolle machen. Auch wird sie die bestimmt menschlichste Queen, die die Welt jemals erlebt hat“, streut er seiner Königin Rosen. „Es ist wirklich wichtig, dass König und Königin Ahnung vom Leben und Verständnis für die Menschen haben. Da ist mir Camilla, die ein gewöhnliches Leben gelebt hat, die klug ist und mit Verzweiflung und Herzschmerz zurechtkommen musste, gerade recht. Sie weiß, was es bedeutet, geliebt zu werden und sehnt sich nach diesem Gefühl. Menschen, die so ein Leben durchmachen, ziehen ihre Lehren daraus. Niemand ist perfekt und ich finde nicht, dass man jemanden dafür bestrafen sollte, weil er vor Jahrzehnten eine Affäre hatte.“

Andrew Roberts zieht eine literarische Parallele. „Das Gute an der Monarchie ist, dass sie wie ein Buch aus mehreren Kapiteln besteht. Dazwischen muss man nur umblättern“, sagt er. „Das Ende der Herrschaft der Queen beschließt ein besonders langes Kapitel. Aber das Geniale an dieser Institution ist, dass immer bereits ein neues royales Kapitel wartet.“

Kapitel 3 Camillas illustre Familiengeschichte

Als Camilla Shand zehn Jahre alt war, verkündete sie stolz im Klassenzimmer der Queen’s Gate School im Londoner Stadtviertel South Kensington: „Meine Urgroßmutter war die Geliebte des Königs. Somit zählen wir praktisch zum Königshaus.“ Da konnte sie natürlich noch nicht wissen, dass sie selbst einmal ein Verhältnis mit dem Prince of Wales haben würde. Allerdings übertraf sie ihre schillernde Vorfahrin, indem sie ihren Liebhaber irgendwann sogar ehelichte.

Ihr Urgroßmutter Alice Keppel kam 1868 auf Duntreath Castle in Schottland zur Welt. Sie war das jüngste der neun Kinder von Sir William Edmonstone, einem Admiral der Royal Navy im Ruhestand, und seiner Frau Mary Elizabeth. Alice wuchs zu einer wunderschönen jungen Frau heran. Sie hatte blaue Augen, kastanienbraunes Haar und eine stattliche Oberweite, die durch ihre schlanke Taille noch besser zur Geltung kam. Sie besaß ein freundliches Naturell, schier unerschöpflichen Elan und brachte die Leute gern zum Lachen. Nachdem sie mehrere Hochzeitsanträge ausgeschlagen hatte, heiratete sie im Juni 1891 George Keppel, den dritten Sohn des siebten Earl of Albermarle, der in den Reihen der Gordon Highlanders diente und es bis in den Rang eines Colonels schaffen sollte. Sie war damals 22 und er 26 Jahre alt. Das Paar zog daraufhin nach London und verkehrte in hochangesehenen gesellschaftlichen Kreisen. Auch wird ihr nachgesagt, dass sie sich bereits wenige Monate nach ihrer Hochzeit einen wohlhabenden Liebhaber anlachte. Ihre erste Tochter Violet, deren Leben ebenso aufregend verlaufen sollte wie jenes ihrer Mutter, erblickte 1894 das Licht der Welt. Gerüchten zufolge war sie die Tochter Ernest William Becketts, dem zukünftigen Lord Grimthorpe.

1898 lernte sie mit Edward Albert den damaligen Prince of Wales kennen. Der älteste Sohn von Queen Victoria war als Bertie bekannt und bestieg später als König Eduard VII. den Thron. Alice war inzwischen 29 und für ihren unersättlichen sexuellen Appetit – und noch größeren Hunger auf Geld – berüchtigt. Bertie zählte damals bereits 56 Lenze. Ganz hin und weg nannte er sie „La Favorita“ und innerhalb weniger Wochen avancierte Alice zu seiner neuesten Mätresse. Allerdings übertraf sie ihre vielen Vorgängerinnen hinsichtlich ihrer öffentlichen Sichtbarkeit und Bertie besuchte sie regelmäßig in ihrem Zuhause am Portman Square in London. In weiterer Folge etablierte sich Alice als eine der angesehensten Gastgeberinnen ihrer Zeit, bei der sowohl Aristokraten als auch Politiker aus ganz Europa ein- und ausgingen.

Zudem gelang es ihr, die Beziehung zu ihrem Ehemann und das Verhältnis mit ihrem Liebhaber unter einen Hut zu bringen. Im Mai 1900 gebar Alice eine zweite Tochter namens Sonia Rosemary, die spätere Großmutter Camillas. Obwohl sie gezeugt wurde, als sie noch Berties Geliebte war, gehen die meisten davon aus, dass George ihr Vater war. George reagierte sogar gelassen, als ihn ein Großfürst mit den Worten „Sind Sie mit der Mätresse des Königs verwandt?“ beleidigt haben soll. Er soll die Frage schlichtweg ignoriert haben. Falls sie tatsächlich ein illegitimes Kind Eduards VII. war, wäre sie eine Cousine neunten Grades des nunmehrigen Königs Charles III.

Alexandra von Dänemark, die Bertie 1863 zur Frau genommen hatte, soll Alice gegenüber ihrer Vorgängerin als Mätresse – Daisy, der Gräfin von Warwick – aufgrund ihrer Diskretion bevorzugt haben. Nachdem seine Mutter Victoria 1901 das Zeitliche gesegnet hatte, bestieg Bertie als König Eduard VII. den Thron. Da sie erpicht darauf war, möglichst alle glücklich zu machen, begleitete Alice einerseits den König auf Jachtausflüge vor Cowes und half ihm sogar dabei, Geschenke für seine Frau auszusuchen, während es ihr andererseits gelang, sowohl ihre Reputation als auch ihre Ehe mit dem so toleranten George Keppel intakt zu halten. George ließ sich selbst ebenfalls auf mehrere Affären ein und kommentierte die Machenschaften seiner Frau ganz lapidar: „Es ist mir egal, was sie so treibt, so lange sie letzten Endes wieder zu mir zurückkehrt.“

Alice war nicht nur eine Bereicherung für den Königshof, sondern zudem eine verlässlich-diskrete Vertraute seiner Majestät – eine Qualität, die Camilla von ihr geerbt haben dürfte. Auf diese Weise wurde sie zu einer idealen Vermittlerin zwischen dem König und seinen Ministern. So wusste sie genau, wie sie ihm ein Thema unterbreiten musste, um sich Gehör zu verschaffen, selbst wenn er gelegentlich nicht ihrer Meinung war. Die einzigen Dinge, auf die sie keinen positiven Einfluss nehmen konnte, waren seine Qualmerei und seine Völlerei.

Obwohl Alice quasi als das akzeptable Aushängeschild für Ehebruch im England jener Tage galt, weigerte sie sich später, die leidenschaftliche wie leidvolle Liebesaffäre ihrer Tochter Violet mit der Autorin Vita Sackville-West zu tolerieren. Um den Skandal abzuwenden, den dieses untragbare Verhältnis garantiert auslösen würde, setzte Alice alles daran, um den Fortbestand der Beziehung zu verhindern. Sie drängte darauf, dass sich Violet auf eine Ehe mit Denys Trefusis einließe. Violet weigerte sich zunächst, willigte aber 1919 unter der Bedingung ein, dass sie und Denys niemals miteinander schlafen würden. Sie verabredete sich weiterhin mit Vita, die 1913 den Diplomaten Harold Nicolson geheiratet hatte, sooft dies möglich war. Auch büxten sie mehrfach nach Frankreich aus. Irgendwann versagte Alice ihrer Tochter jede weitere finanzielle Unterstützung, was das endgültige Aus für die Affäre bedeutete.

Im Jahr 1910, als Eduard VII. im Sterben lag, ließ er nach Alice schicken, damit sie ihn noch einmal besuchte. Königin Alexandra willigte zwar widerwillig ein. Doch sobald der König das Bewusstsein verlor, soll sie zu einem Arzt gemurmelt haben, dass er ihr diese Frau aus den Augen schaffen sollte. Das neue Königspaar, König George V. und seine Frau Mary, war viel traditioneller ausgerichtet und Alice spielte fortan keine Rolle mehr am königlichen Hof. Stattdessen begab sie sich im November 1910 mit ihrem Mann auf eine Reise nach Ceylon (heute Sri Lanka) und sie ließen sich etwas später in Florenz nieder. Sie kehrten erst 1940 aufgrund des Zweiten Weltkriegs nach Großbritannien zurück. Alice verstarb schließlich mit 78 Jahren am 11. September 1947 an Leberzirrhose – gerade einmal zwei Monate nach Camillas Geburt. Ihre Urenkelin sollte sie leider nicht mehr zu Gesicht bekommen. Alices Ehe mit George überdauerte 56 Jahre und es hieß, dass er ohne sie nicht leben konnte. So starb er nur zweieinhalb Monate später in seiner Suite im Londoner Hotel Ritz.

Alice überstrahlte ihre Töchter und vor allem Sonia verbrachte ein beschauliches Leben. Im November 1920 heiratete sie Roland Calvert Cubitt, den dritten Baron Ashcombe, in der Guards’ Chapel in der Londoner Kaserne Wellington Barracks. Sie hatten drei Kinder, von denen Camillas Mutter, Rosalind Maude Cubitt, das Älteste war. Ihre beiden Geschwister waren Brüder: Henry folgte seinem Vater nach und wurde der vierte Baron Ashcombe, Jeremy hingegen verstarb im 31. Lebensjahr. Die Ehe ihrer Eltern ging im Juli 1947 in die Brüche und Roland heiratete noch zwei weitere Male. Er war ein immens reicher Adeliger und ließ große Grundstücke im Londoner Stadtzentrum bebauen, etwa in den Stadtteilen Belgravia und Pimlico.

Camillas Vater, Major Bruce Middleton Hope Shand, durchlebte hingegen eine eher chaotische Kindheit und wuchs in der Obhut seiner Mutter, seines Stiefvaters und seiner Großeltern väterlicherseits auf. Später sollte er wohl auch aufgrund seiner Kindheitserfahrungen ein besonders engagierter Familienvater werden.

Camillas Großvater väterlicherseits, Philip Morton Shand, wurde im Januar 1888 geboren. Er besuchte sowohl Eton als auch das King’s College in Cambridge, wo er bekannt dafür war, „gewagte Krawatten“ zu tragen. Später wurde er ein renommierter Journalist und Kommentator, der über Architektur schrieb und London in den 1950ern als „einen Albtraum voller abscheulicher und schäbiger amerikanisierter Gebäude“ beschrieb. Er galt zudem als Autorität auf den Gebieten Kulinarik und Wein und schrieb besonders gern über Obst.

1916 heiratete er Edith Marguerite Harrington. Sie führten jedoch keine glückliche Ehe. Philip galt als regelrechter Schürzenjäger und genoss die Vorzüge seines schillernden Daseins, wohingegen er keinerlei Interesse an seinem einzigen Kind, dem kleinen Bruce, zeigte. Er heiratete später noch drei Mal und hatte zahllose Liebhaberinnen, von One-Night-Stands bis hin zu dauerhaften Kurtisanen. Edith, die sein liederliches Verhalten missbilligte, hatte sich vier Jahre nach ihrer Hochzeit von ihm scheiden lassen. Damals war Bruce gerade erst drei Jahre alt. In den 1920ern galt Scheidung als großes Stigma. Philip war darob so wütend auf Edith, dass er sich fortan weigerte, irgendetwas mit seinem Sohn zu tun zu haben oder für seinen Unterhalt aufzukommen. Bruce, der ein Einzelkind blieb, sah seinen Vater erst wieder, als er bereits 18 war und sie beide am Begräbnis seiner Großmutter teilnahmen. In weiterer Folge gab es 20 Jahre lang keinen Kontakt zwischen Vater und Sohn, und Bruce war mittlerweile selbst verheiratet und Vater dreier Kinder.

Nun ganz auf sich gestellt suchte Edith fast schon verzweifelt nach einem neuen Ehemann, der für Bruce und sie sorgen könnte. Damals waren alleinstehende und heiratswillige Männer eine Rarität, da so viele Jünglinge im Ersten Weltkrieg ums Leben gekommen und viele weitere dauerhaft körperlich gehandicapt von der Front zurückgekehrt waren. Edith durfte sich glücklich schätzen, den Veteranen Herbert Charles Coningsby Tippet kennenzulernen, der sie schließlich 1921 in London zur Frau nahm. Tippet hatte sich als mutiger Soldat profiliert. Im November 1917 wurde er für seine Tapferkeit in der Schlacht von Passchendaele belobigt. In der ersten Schlacht an der Somme fügte ihm ein Schrapnell eine Kopfverletzung zu, und für seinen „beispielhaften Heldenmut im Vorgehen gegen den Feind“ wurde er mit dem Military Cross ausgezeichnet.