Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt - Sven Regener - E-Book
SONDERANGEBOT

Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt E-Book

Sven Regener

0,0
9,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 9,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

»Regener ist noch nie so gut gewesen – lakonisch wie immer, aber mit zarter Melancholie. Herzzerreißend schön.« Elke Heidenreich. Als Karl Schmidt, Opfer eines depressiven Nervenzusammenbruchs am Tag der Maueröffnung, nach Jahren der Versenkung von alten Kumpels zufällig in Hamburg als Bewohner einer drogentherapeutischen Einrichtung wiedergefunden wird, ist das der Anfang einer seltsamen Zusammenarbeit: Die alten Freunde, mittlerweile zu Ruhm und Reichtum gelangt, wollen mit ihrem Plattenlabel auf einer Tour durch Deutschland den Rave der Neunzigerjahre mit dem Hippiegeist der Sechziger versöhnen und brauchen dazu einen, der immer nüchtern bleiben muss. Das kommt Karl Schmidt gerade recht, denn der hat keine Lust mehr, sich in einer Parallelwelt aus Drogen-WG, Hilfshausmeisterjob und gruppendynamischen Wochenendausflügen zu verschanzen.Und so beginnt eine Reise durch ein Land und eine Zeit im Umbruch, unternommen von einer Handvoll Techno-Freaks, betreut von einem psychisch labilen Ex-Künstler, für den dies der Weg zurück in ein unabhängiges Leben sein soll.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 577

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Sven Regener

Magical Mystery oder: Die Rückkehr des Karl Schmidt

Roman

Kurzübersicht

> Buch lesen

> Titelseite

> Inhaltsverzeichnis

> Über Sven Regener

> Über dieses Buch

> Impressum

> Hinweise zur Darstellung dieses E-Books

zurück

Inhaltsverzeichnis

Widmung1. Teil Altona1. La Romantica2. Supervision3. Wurmloch4. Alligatorenfütterung5. Schlumheimer für Arme6. Sie haben dreißig Sekunden Zeit!7. Magical Mystery8. Das dunkle Gefühl9. Das Versprechen2. Teil Mitte10. Alles leer11. Ihr Fahrplaner12. Hosti Bros13. Ferdis Erzählung14. BummBumm Club15. Lala II16. Regen17. Wer meckert, bleibt zu Hause18. Lala III19. Kein Fluxi in Schrankenhusen-Borstel20. Bing21. Backhendl22. Tourplan23. Am Start24. Omelett3. Teil Magical Mystery25. Lolek und Bolek26. Salat27. Wo ist das Merch?28. Verzeih mir29. Transit30. Fluxi Hotell AB31. Boot Camp32. Der Junge mit dem weißen Pferd33. Elch Käfig nein34. Faceless Techno35. Kontaktstoned36. Zeit37. Nazischeiße38. Der kleine Samstag39. Gelb40. Krisengespräch41. Allein in Köln42. Schotterbett43. Zugvögel44. Die Stimme von Clean Cut 145. Schöne Grüße46. Mechanik und Statik47. Michael und Monika48. Astrid49. Eins, zwei, gsuffa!50. Die Zombie-Armee51. Endstation Holger52. Im Dunkeln53. Schmitt mit Doppel-t54. Das Peter-Prinzip55. Prollhouse56. Frühling Galore57. Das Gipfeltreffen58. Exit Lolek59. Die Satanshexe vom Piz Palü60. Rotbarsch-Konferenz in Friedas Fischbratküche61. Marcel Marceau62. Der Schimmelreiter63. Frag nicht!64. Bolek returns!65. Geniale Frau66. Poppenbüttel4. Teil Springtime67. Es geht los68. Tradition Spargelessen vs. Tradition Fischessen69. Lasst hundert Blumen blühen70. Werner in the house71. Halle 472. Am Arsch die Räuber73. Schwache Phase74. Der alte Eierdieb75. Am Ende des Tunnels76. Rosa77. Open End78. Schreck79. Magical Mystery
zurück

Für Charlotte

zurück

1. TeilAltona

1.La Romantica

Ich sah Raimund Schulte lange bevor er mich sah. Ich hatte gerade Paranoia und die Tür fest im Blick, weil Werner nicht wollte, dass wir ins Eiscafé gingen, und ich hatte die Pillen abgesetzt und Angst davor, dass Werner beim nächsten Plenum aus einem Eisbecher »Monteverdi« ein großes Ding machen würde, da hätte ich kaum für mich garantieren können ohne Pillen. Aber Werner kam nicht und auch nicht Klaus-Dieter, der mich sofort aus Angst davor, von mir an Werner verpetzt zu werden, an Werner verpetzt hätte, der arme Willi. Stattdessen kam Raimund Schulte rein und sah sich um wie einer, dem der Laden gehört. Daran erkannte ich ihn sofort, obwohl er eine Vollglatze hatte statt der nach hinten gekämmten Kokserfrisur, die bis Ende der achtziger Jahre sein ganzer Stolz gewesen war. Damals hatte ich ihn aus den Augen verloren, so will ich das jetzt mal nennen, und jetzt war es Mitte der Neunziger und ich saß in Hamburg-Altona im Eiscafé »La Romantica« mit einem Eisbecher »Monteverdi« ohne Eierlikör und ohne Maraschino-Kirsche und war paranoiamäßig so sehr auf entweder Werner oder Klaus-Dieter gepolt, dass ich, als ich Raimund Schulte sah, gar nicht erst auf die Idee kam, mich hinter dem Eisbecher zu verstecken, wie ich es bei Werner oder Klaus-Dieter sofort getan hätte, im Gegenteil, ich glotzte ihn unverhohlen an, und dann sah er mich und kam zu mir rüber.

»Charlie? Bist du das?«

Ich hatte den Namen Charlie seit Jahren nicht mehr gehört und war auf eine Begegnung mit Raimund Schulte auch sonst nicht vorbereitet, und ich hätte gerne »Nein« gesagt, aber ich kriegte so schnell kein Wort raus.

»Charlie … Charlie …«

»Schmidt.«

»Schmidt, klar, Charlie Schmidt, ich bin nicht gut mit Nachnamen, aber das weißt du ja, Charlie!«

Er sah sich wieder im Laden um und trommelte dabei mit den Fingern auf die Stehtischplatte, an der ich auf meinem Hocker hockte mit dem Eisbecher »Monteverdi« und dem langen Löffel und der Zigarette, an der ich schon einige Zeit zu ziehen vergessen hatte.

»Was machst du denn in Hamburg? Ich dachte, sie hätten dich damals nach Bielefeld gebracht«, sagte er schließlich.

»Wer hat das denn gesagt?«

»Wurde so geredet. Weil du da herkommst. Oder deine Eltern da wohnen oder was!«

»Meine Mutter wohnt in Hamburg.«

»Ach so. Logisch. Kommen die hier eigentlich auch an den Tisch und bringen einem was?«

»Ja, aber du musst am Tresen bestellen.«

»Ach so.«

Er ging weg und ich bekam etwas Bedenkzeit und die hatte ich auch bitter nötig, denn ich war nicht vorbereitet und Vorbereitung war alles, da hatte Werner recht, das war einer von Werners Überlebenstipps, »Vorbereitet sein ist alles!«, das kam bei ihm noch vor »Nur dahin gehen, wo ihr’s im Griff habt!« und »Einmal ist jedesmal, nur keinmal ist keinmal!« und was er sonst noch so an Altonaer Drogen-WG-Bauernregeln auf der Pfanne hatte. Aber Werner war nicht hier und eine Weisheit für den Fall, dass ein alter Bekannter aus einer anderen Stadt und einem anderen Leben einen wiederentdeckte, hatte ich von ihm noch nicht gehört, höchstens »Zur Not weglaufen!«, das passte natürlich immer, aber zum Weglaufen war es zu spät.

»Grottige Gastro, mein lieber Schwan«, sagte Raimund, als er mit einem Bier zurückkam. »Bin eigentlich nur hier, weil ich noch fast eine Stunde auf meinen Zug nach Berlin warten muss, was ist das überhaupt für ’ne Gegend?«

»Das ist Altona.«

»Schon klar, der Bahnhof heißt ja Hamburg-Altona, aber was ist das denn für ’ne Gegend??!!«

»Weiß ich nicht, ich wohn hier.«

»Ja, bei deiner Mutter, irgendwie stark! Ich könnte das nicht mehr!«

»Nein, nicht bei meiner Mutter! Ich wohne nicht bei meiner Mutter!«

»Ach so, ist ja auch egal.« Er blickte sich zufrieden um und nuckelte an seiner Bierflasche.

»Was machst du denn hier?«, fragte ich schließlich.

»Ich war im Studio, bei Big Boom, da mastern wir jetzt immer, die sind hier um die Ecke.«

»Wer ist wir?«

»Kratzbombe, das Label. Oder BummBumm, wir haben ja mehrere Label, eigentlich ist BummBumm natürlich das Label und Kratzbombe nur das Sublabel, aber das jetzt war für Kratzbombe, das mach ich, bei BummBumm ist meist Ferdi am Start.«

Ich musste wohl etwas doof aus der Wäsche geschaut haben.

»Wie lange bist du jetzt weg?«, sagte er.

»Seit Ende neunundachtzig.«

»O Mann«, sagte Raimund Schulte in einem mitleidigen Ton, »klar, so lange ist das schon her, kein Wunder, dann hast du ja alles verpasst!«

»Natürlich habe ich alles verpasst«, platzte es aus mir heraus, bevor ich richtig nachdenken konnte, das ging noch nicht so schnell damals, ich hatte das noch nicht so gut im Griff, den Ärger, den Zorn, die ganze Gefühlssause, »was denkst du denn?! Das war doch die Idee davon, ich bin ja nicht hierhergekommen, weil hier der Bär steppt, das ist Hamburg-Altona, Mann, hier kommt man her, um …« – mir fehlten die Worte, ja, warum kam man hierher? Um zu überleben? Das klang mir zu dramatisch. Um zu wohnen? Als ob es woanders keine Drogen-WGs gäbe, als ob nicht eigentlich sogar eine Drogen-WG in der Nähe des Altonaer Bahnhofs eine ziemlich dumme Idee war, »… um alles zu verpassen«, brachte ich schließlich den freudlosen Satz zu Ende.

»Ja, ja, schon gut«, sagte Raimund. »Ich hol mir noch ein Bier, du auch eins?«

»Kaffee. Filterkaffee, groß, schwarz.« Ich hatte keine Lust mehr zu reden. Und ich hatte keine Lust mehr auf den Eisbecher. Ich wollte aber auch nicht gehen. Dass es ausgerechnet Raimund sein musste, der mich hier aufspürte! Hätte es nicht Frankie sein können oder sonst jemand Nettes, Heidi oder Isabella oder wegen mir auch Erwin Kächele oder wie sie alle geheißen hatten, jedenfalls jemand von der warmen Seite, denn meine Vergangenheit hatte zwei Seiten gehabt, eine warme und eine kalte, so sah ich das damals, so wie es warme und kalte Drogen gab, Klaus-Dieter, der alte Multitox, hatte mir das mal erklärt, kalt Speed, warm Heroin oder so, »die warmen sind gefährlicher«, hatte er noch gesagt, aber als ich ihn gefragt hatte, ob Alkohol zu den warmen oder den kalten gehört, hatte er »beides« gesagt, der alte Quatschkopf.

Raimund kam wieder und stellte mir einen Kaffee hin, es war der falsche Kaffee, eine verlängerte Plörre aus dem Espressovollautomaten, ein Quatschkaffee, den man als solchen gleich an den vielen sinnlosen Schaumbläschen erkannte, die darauf herumschwammen. Raimund hatte recht, das Eiscafé »La Romantica« war grottig, ein Musterbeispiel für die Talentlosigkeit der Altonaer Gastronomie, die einen irgendwie immer an Schultheateraufführungen erinnerte.

»Wahrscheinlich darfst du überhaupt kein Bier«, sagte Raimund und prostete mir dabei zu. Er schluckte und schluckte, während ich pro forma die Kaffeetasse hob und gleich wieder abstellte. Draußen hatte es zu regnen begonnen und durch die Tür, die der Letzte, der gegangen war, offen gelassen hatte, drang das Wischgeräusch von Autoreifen auf nasser Straße herein.

»Muss hart sein«, sagte er, und plötzlich erinnerte ich mich, warum ich ihn immer so gern gehabt hatte: Bei Raimund Schulte wurde nicht drumherum geredet, bei ihm war immer alles eins zu eins, keine Hintergedanken, keine Anspielungen, kein Subtext, keine Metaphern, keine Rücksichten. Natürlich war das kalt, aber auch toll.

»Nicht so schlimm«, sagte ich. »Solange man rauchen kann, geht’s.«

»Rauchen hab ich mir abgewöhnt«, sagte er, »aber kein Bier, das ist hart. Darfst du denn kiffen? Ich dachte, das war bei dir wegen dem Koks gewesen oder Speed oder was?«

»Schwer zu sagen«, sagte ich. »Ich darf gar nichts mehr.«

»Aber ihr kriegt doch immer so Pillen«, ließ Raimund nicht locker. »Was gibt’s denn da so?«

»Kommt drauf an, was man hat«, sagte ich.

»Was hast du denn gekriegt?«

»Die waren nicht so toll«, sagte ich. »Ich hab sie abgesetzt.«

»Wieso nicht so toll?«

Ich hatte schon zu viel gesagt. Ich hatte keine Lust, Raimund Schulte zu erzählen, wie fett ich von den Pillen geworden und wie grau alles gewesen war und dass die Dinger mich impotent gemacht hatten und wie ich mich über nichts mehr hatte aufregen oder freuen können. Jetzt war zwar immer noch alles grau, aber das hatte mehr mit Hamburg-Altona zu tun, und es gab nicht viel zu freuen, aber das hatte mit Werner und der WG und dem Job zu tun, und das war irgendwie besser und ich konnte mich wenigstens wieder darüber aufregen.

»Es ist nicht die Art von Pillen, an denen du Freude hättest, Raimund.«

»Ja, wahrscheinlich, sonst würde man sowas ja wohl mal angeboten kriegen. Und du darfst gar nichts mehr nehmen? Kein Bier, kein Hasch, gar nichts?«

»Nur Kaffee und Zigaretten.«

»Und ist das schwer?«

»Ja, manchmal.«

»Sag ich doch!« Raimund nahm sich eine meiner Zigaretten. »Ich nehm mir mal eine.«

»Klar. Ich dachte, du rauchst nicht mehr«, sagte ich und gab ihm Feuer.

»Nur noch ganz selten«, sagte er nach dem ersten Zug. »Nur noch bei Gelegenheit.«

Also rauchten wir einige Zeit nebeneinanderher und sagten nichts, und das war eine ganz einfache Sache, sitzen, rauchen, nichts sagen, es war fast wie beim Frühstück mit Henning, nur dass bei Henning die Sache einen schwarzen Anstrich hatte, man wusste nie, ob er nicht gleich tot umfallen würde, nur um einem ein schlechtes Gewissen zu machen, Henning war unberechenbar, nicht aber Raimund, bei Raimund war alles easy going, daran erinnerte ich mich jetzt wieder, easy going, das war mal seine Lieblingsantwort auf alles gewesen, easy going, aber bis jetzt hatte er das noch nicht gesagt, vielleicht hatte er etwas Neues, fünf Jahre sind eine lange Zeit.

»Und sonst, Raimund? Wie läuft’s denn immer so?«

»O Mann!« Raimund saugte gierig an seiner Zigarette, »alles tippitoppi Mann, I love it!«

»Tippitoppi?«

»I love it, Mann, Charlie, ich sag dir, du glaubst es nicht, BummBumm, weißt du noch, wie ich dir davon erzählt hatte?«

»Wieso erzählt? So hieß doch der Club von dir und Ferdi, was gab’s denn da zu erzählen?«

»Ja, das Label auch, das mach ich auch mit Ferdi!«

»Ja, damals doch auch schon.«

»Der ist immer noch dabei, der gute alte Ferdi, der ist jetzt schon fünfzig oder so, du glaubst ja nicht, wie das in den letzten Jahren gelaufen ist, ich glaube, das ging alles erst nach deiner Zeit los.«

»Sieht so aus.« Ich wusste das Wichtigste. Ich meine, okay, ich war in Altona und wohnte mit Leuten wie Klaus-Dieter und Astrid zusammen, denn es war eine gemischtgeschlechtliche Drogen-WG, »damit ihr gleich mal nichts verlernt, so sozialkompetenz- und gendermäßig«, wie Werner immer sagte, und so eine Drogen-WG war zu Recht nicht der große Nachrichtenumschlagplatz, die Entwicklung in den Clubs betreffend, aber »einmal Junkie, immer Junkie«, wie Werner sagte, und das galt natürlich auch für den deutschen Dance, und so wie ein Junkie immer wusste, wo es etwas gab, auch wenn er nichts mehr nahm, so wusste ich natürlich, was BummBumm als Label in jenen Tagen bedeutete und in welchen Sphären Raimund und Ferdi jetzt unterwegs waren.

»Du glaubst es nicht, da kam ein Arsch aus dem Himmel und hat uns mit Geld zugeschissen, I love it, Charlie, das hätte ich nie gedacht, ich meine, wir waren ja Idealisten, oder? Wir waren doch Idealisten oder?«

»Ich ja nicht so«, sagte ich und musste lachen. Das Gespräch fing mir an Spaß zu machen.

»Dir geht’s aber ganz gut, was?«, sagte Raimund. »Scheint dir gut zu bekommen, das ohne Bier und so!«

»Ich bin noch fetter geworden«, sagte ich. »Ich rauch schon dauernd, damit ich schlanker werde.«

»Ich hab ja aufgehört«, sagte Raimund und wie zum Beweis drückte er die Zigarette aus, nachdem er noch einen letzten, tiefen Zug genommen hatte. »Ich rauch nur noch bei Gelegenheit. Aber dicker werd ich trotzdem nicht!«

»Das ist gut zu wissen«, sagte ich, »das gibt Mut für einen selber, wenn man mal aufhören will.«

»Da sagst du was.« Raimund schaute sich wieder fröhlich um. »Wovon leben die eigentlich hier? Die leben doch nicht nur vom Eisverkauf, das läuft ja wohl nicht so gut hier!«

»Keine Ahnung, Raimund.«

»Und du nimmst gar nichts mehr? Überhaupt nichts? Immer nüchtern und so?«

»Ja.«

»Hast du auch eine Telefonnummer?«

»Ja klar. Ist aber eine WG, lass dich dann nicht abwimmeln.«

Ich gab ihm die Nummer. Ich hatte zwar das Gefühl, dass ein Anruf von Raimund Schulte die Lage verkomplizieren würde, Raimund Schulte und der BummBumm-Club und Berlin und Clean Cut 1 und das Kinderkurheim Elbauen und Hamburg-Altona, das passte nicht zusammen. Aber die Nummer gab ich ihm trotzdem.

 

Er musste dann auch los. »Ich bin Reiseneurotiker«, sagte er. »Sagt Ferdi immer, dass ich Reiseneurotiker bin, dann muss es ja wohl stimmen.«

»Ja«, sagte ich, »wenn Ferdi das sagt …«

»Hau rein, Charlie, schön, dich mal wiedergesehen zu haben. Hab mich immer schon gefragt, was aus dir wohl geworden ist.«

»Naja, nichts Besonderes«, sagte ich.

»Machst du noch Kunst?«

»Nein.«

»Dann geh ich mal!«

Und dann war er weg. Ich hab für ihn mitgezahlt. Er hatte das vergessen. Das erste Mal seit fünf Jahren, dass ich Bier auf der Rechnung hatte!

2.Supervision

»Was ist los, Werner?«, sagte Klaus-Dieter. »Du siehst irgendwie geschafft aus.«

Werner hatte bis dahin während des Abendessens, das aus belegten Broten und Hagebuttentee ohne Zucker bestand, noch kein Wort gesagt, kein aufmunterndes und kein ermahnendes, kein scherzendes und kein drohendes Wort, er starrte nur vor sich hin und kaute mit leeren Augen an einem mit Corned Beef belegten Brot herum, genau wie Astrid, bei der das aber keinen wunderte, denn Astrid war Ex-Junkie, nicht aber Werner, Werner war Sozialpädagoge und erfolgreicher Unternehmer im, wie Gudrun es nannte, Sozialscheißbereich, da konnte man sich schon mal Sorgen machen, wenn so einer mit leeren Augen auf einer Corned-Beef-Stulle herummümmelte wie ein Tattergreis auf Valium.

»Was soll schon los sein?« Werner schaute in die Runde, auf mich, auf Klaus-Dieter, auf Astrid und schließlich auf Henning, den Uralt-Süffel, der auf die siebzig zuging und gar nichts aß, wahrscheinlich hatte er sein Gebiss nicht drin. Dann wanderte sein Blick zurück und blieb an mir hängen. »Du isst ja gar nichts, Karl Schmidt!«

»Du kannst das Pferd auf die Weide führen, Werner, aber du kannst es nicht zum Fressen zwingen«, sagte ich.

»Soso«, sagte Werner. »Warst du schon wieder im Romantica?«

»Kommst ’n darauf?« Ich nahm mir ein Salamibrot. Astrid machte immer Brote, wenn sie mit dem Abendessen dran war, und sie tat immer saure Gürkchen drauf, obwohl Werner dagegen war, »Solche Sperenzchen machen bloß abhängig«, sagte er dann, und keiner wusste, ob das ein Scherz oder doch irgendwie Teil einer Rückfallpräventionsstrategie war.

»Ich doch nicht«, sagte ich und wurde rot dabei, das war damals noch so, ich war ja noch nicht lange runter von den Pillen und dementsprechend labil, aber Werner bohrte nicht weiter nach, er war nicht er selbst, er nahm einen Schluck Hagebuttentee und klappte seine Stulle auf, um zu gucken, was drin war, Corned Beef und ein kleines, längs halbiertes Gürkchen, er nahm das Gürkchen in die Hand, hielt es hoch und steckte es kommentarlos in den Mund.

»Ich bin demnächst mal für eine Weile weg«, sagte er. »Ich muss mal raus. Ich brauch Supervision.«

»Ab wann?«, sagte Astrid.

»Ab nächste Woche«, sagte Werner.

»Für wie lange?«

»Drei Wochen.«

»Drei Wochen Supervision?«

»Quatsch. Ich hab auch mal Urlaub, Astrid Hagenauer, falls du schon mal was davon gehört hast, ich hab auch mal Urlaub, auch Leute wie ich kriegen mal Urlaub, falls das neu für dich ist.«

»Nein, ich weiß«, sagte Astrid. Ironie perlte an ihr ab wie Wasser an der Ente, sie hatte keinen Sinn dafür, so wie andere Leute nicht singen oder nicht Schach spielen können. »Aber du hattest Supervision gesagt und nicht Urlaub, da hab ich mich gewundert.«

»Wir kriegen nie Urlaub«, sagte Klaus-Dieter.

»Wieso kriegst du keinen Urlaub? Du hast doch neulich erst Urlaub gehabt!«, sagte Werner.

»Ja, von der Arbeit«, sagte Klaus-Dieter. »Aber nicht von Clean Cut.«

»Und wie soll so ein Urlaub von Clean Cut bei dir aussehen, Klaus-Dieter Hammer? Mit einem Beutel voll Klebstoff und der Tasche voll Hasch im Stadtpark eine Flasche Rotwein verhaften, oder was? Oder eine Butterfahrt nach Helgoland mit zollfreiem Schnapseinkauf?« Werner war offensichtlich verrückt geworden: Er ging auf Klaus-Dieter los!

»Nein, ich meine mal so wegfahren, sagen wir mal nach Mallorca oder so.«

»Ballermann6 oder was? Am besten die ganze Mannschaft gleich Ballermann6 oder was? Mit Schlagerkaraoke und Sangria aus Eimern oder wie?«

Klaus-Dieter war kurz vorm Heulen, er plinkerte mit den Augenlidern und knetete mit beiden Händen seine Ohrläppchen, deshalb versuchte ich Werner abzulenken, denn ein Abend, an dem Klaus-Dieter zu heulen anfing, war kein Feierabend, wenn bei Klaus-Dieter erstmal die Schleusen geöffnet waren, kam keiner vor Mitternacht ins Bett.

»Ich war im Romantica«, sagte ich. »Ich geb’s zu. Aber nur auf einen Espresso ohne Zucker!«

Werner guckte mich an, aber nicht wie sonst, er war irgendwie desinteressiert. »Espresso ohne Zucker? Im Romantica? Wie bist du denn drauf?!«

»Weiß nicht«, sagte ich erleichtert, weil Klaus-Dieter mit dem Ohrläppchenkneten aufgehört hatte und überhaupt jetzt, wo ich der Arsch war, wieder ganz zufrieden aus der Wäsche schaute. »Hat sich so ergeben.«

»Wie oft habe ich euch gesagt, dass … – ach leckt mich doch am Arsch, macht doch, was ihr wollt.«

»Wieso das denn jetzt?«, sagte Astrid. »Ich meine, das ist Clean Cut, da kann doch nicht einer, der da arbeitet, sowas sagen, so mit was ihr wollt und so, einfach leckt mich am Arsch, das geht doch nicht, wir können doch nicht einfach machen, was wir wollen!«

»Einer der da arbeitet? Einer der da arbeitet?« Werner kam nun doch etwas in Fahrt. »Ich hab Clean Cut erfunden, oder wer sonst etwa?« Er schaute grimmig in die Runde. »Oder wer sonst? Und mein Haus ist das hier auch! Ha, der da arbeitet!«

»Und bei wem hast du Supervision?« Klaus-Dieter stellte die Frage, aber er sah nicht aus, als ob es ihn interessierte. Er wollte nur mit Werner geredet haben, Werner war sein Stadtpark und sein Ballermann 6, ein Tag, an dem Werner mit ihm geredet hatte, war ein guter Tag für Klaus-Dieter.

»Das geht dich gar nichts an, du bist ja sowieso nicht dabei, wäre ja auch noch schöner.«

»Wer kommt denn, wenn du weg bist? Wer betreut uns denn dann?«, fragte Astrid.

»Gudrun.«

Ein Stöhnen ging durch die Runde. Das war geheuchelt, wir stöhnten nur, um Werner eine Freude zu machen. Gudrun war seine Ex-Frau und sie hing in Clean Cut mit drin und die Häuser, die Werner an Clean Cut, also quasi an sich selbst, vermietet hatte, gehörten ihr auch zur Hälfte, da war es nur recht und billig, wenn er wenigstens bei uns der Einzige war.

»Ach du Scheiße, Gudrun«, sagte ich und konnte sehen, wie Werner aufblühte. »Drei Wochen! Wie soll das denn gehen?«

»Sie muss die 2 und die 1 gleichzeitig machen, geht ja nicht anders«, sagte Werner heiter. »Tut mir auch leid für euch, aber es geht nicht anders, den Urlaub muss ich nehmen, sonst verfällt der, das ist kurz vor knapp. Und was getan werden muss, muss getan werden, da beißt die Maus keinen Faden ab.«

»Ja«, sagte Klaus-Dieter, »und wenn die Maus satt ist, schmeckt das Korn bitter.«

»Da sagst du was«, sagte Werner. Und Klaus-Dieter strahlte.

3.Wurmloch

Als ich einige Tage danach morgens aufstand, war alles vergessen und alles wie immer, ein ganz normaler Morgen, es war noch halb dunkel und wie immer saß Henning schon in der Küche und wartete darauf, endlich arbeiten zu dürfen, die Sadisten vom Amt wollten ihn nicht vor acht Uhr mit der Arbeit anfangen lassen, das war hart, das nagte an ihm, und so saß er um zehn nach sechs schon in der Küche und scharrte mit den Füßen, seine beste Zeit am Tag musste er auf diese Weise vertrödeln, der arme alte Schluckspecht. Wenigstens hatte er das Gebiss schon drin und konnte antworten, als ich »Guten Morgen« sagte, ansonsten hatten wir uns nicht viel zu sagen, er war morgens immer neidisch, weil ich schon losmusste, da redete er nicht gern mit mir, und wenn man, wie er, vom Amt den Job bekommen hatte, an jedem Tag, den der Herrgott werden ließ, den Strand von Övelgönne durchzuharken, dann hatte man genug Zeit, mit sich selbst zu sprechen, dann brauchte man morgens keinen Halb- oder Ex-Irren, der gerade die Pillen abgesetzt hatte, um sich Ansprache zu holen.

Ich machte mir also schweigend einen Nescafé und setzte mich zu ihm an den großen Tisch. Die Küche war das Beste an Clean Cut 1 und das Beste an der Küche war der Tisch, groß und alt und aus verwitterten Eichendielen war er und er verströmte im Licht der funzligen Lampe, die über ihm hing, ein Gefühl von Geborgenheit und zugleich Abenteuer, wie ein flämisches Gemälde aus dem 17. Jahrhundert, der alte, verwitterte Tisch, ein staubiger Lichtschleier darüber, ringsherum alles dunkel oder halbdunkel und im Lichte und am Tisch sitzend Henning, der runzlige, vom Baum des Alkoholismus geschüttelte Apfel, Werners ältester und liebster Kunde. Das war das Beste am frühen Aufstehen: dieses Bild im morgendlichen Dunkel.

Und dann klingelte das Telefon.

Clean Cut 1 war in einem Haus mit mehreren Etagen untergebracht, was jetzt gewaltiger klingt, als es war, es war Altona und nicht Berlin, Häuser in Altona sind eher klein und schmal, bei diesem gab es zwar drei Stockwerke, aber pro Stockwerk nur zwei Zimmer, und ganz oben war die Wohnung von Werner, der hatte sein eigenes Telefon, der Apparat für alle war im Flur des ersten Stocks, und als der nun klingelte, rannte ich vom Souterrain, wo die Küche war, nach oben und hob schnell ab, Henning war kein Konkurrent bei solchen Sachen, der lief nicht zum Telefon, für den war Telefonklingeln ein Problem anderer Leute, der Nächste, der bei Henning anrufen würde, war Gevatter Hein, und dem schlug er schon seit vielen Jahren durch Abstinenz ein Schnippchen.

Ich rannte also ans Telefon, es klingelte für mich, das wusste ich, ich glaube immer am Klingeln zu hören, dass es für mich ist, was natürlich esoterischer Quatschkram ist, aber irgendwie muss man ja durchs Leben kommen, und ganz ohne Esoterik geht es nicht, der Mensch lebt nicht vom Brot allein, und wenn man schon keine Drogen mehr nehmen darf und auch sonst ein paar Schrauben locker hat, dann kann ein bisschen Esoterik nicht schaden.

»Clean Cut 1, Schmidt.«

Niemand antwortete, aber man hörte im Hintergrund die Bassdrum, nicht so laut, wie wenn das Telefon direkt im Club gewesen wäre, was sollte es da auch, wie sollte man in einem Club, in dem die gute alte Bummbumm-Musik lief, telefonieren wollen, nein, es klang eher so, als ob das Bummbumm durch eine Wand kam, es dringen ja nur die tieferen Töne durch die Wände, das hatte mir Ferdi, der alte House-Guru, mal erzählt, der hatte dauernd solche Sachen auf Lager gehabt, es hatte etwas mit der Wellenlänge zu tun, »wenn die Longitudinalwelle länger ist als die Wand dick«, hatte er behauptet, »dann dringt die Welle durch, wenn nicht, wird sie reflektiert«, so hatte er das Phänomen erklärt, wieso man durch die Wände immer nur noch den Bass und die Bassdrum hört und das ganze Gefiepe und Gedudel eben schon nicht mehr, und sowas merkt man sich über ganze Jahre hinweg, während man zugleich drei Tage hintereinander im Baumarkt vergisst, die 50-mm-Spaxschrauben einzukaufen, obwohl sie ganz oben auf dem Zettel stehen, so ist das nun mal, wenn zu viele Synapsen verschmort sind, dachte ich, während ich dem Bummbumm und dem Gemurmel zuhörte, das sich in das Bummbumm hineinmischte, und dann nahm wohl jemand die Hand von der Sprechmuschel und rief zugleich: »Was soll ich ihn nochmal fragen?«, und das Bummbumm war schon erheblich lauter und auch fiepsiger jetzt, war es wohl die Hand und nicht die Wand gewesen, die da alles gedämpft hatte, falsch geraten, die ganze schöne Gedankenarbeit für nichts, und ich rief »Hallo« in die Muschel, aber gedämpft, im Zimmer neben dem Tischchen, auf dem das Telefon stand, schlief Astrid, die wollte ich auf keinen Fall wecken.

»Charlie?« Es war Raimund, keine Frage. Er klang zwar etwas heiser, aber das war er im Club immer, er schrie ja so viel herum, wenn er sich amüsierte.

»Ja.«

»Charlie, bist du das?«

»Ja.«

»Kann dich nicht hören?«

»Dann mach doch mal die Musik leiser!«

»Haha, der war gut, immer der gute alte Charlie.«

»Ja, ich fand ihn auch gut.«

»Was?«

»Egal.«

»Hör mal, ich kann dich kaum verstehen, Charlie, ich hab nur eine Frage eben …«

Wieder wurde die Musik gedämpft und dann wurde sie wieder lauter, da hatte jemand seine Hand oder die Sprechmuschel oder beides nicht richtig im Griff, und Raimund sagte in eine andere Richtung »Ach so«, und dann hörte ich einige Zeit nur Musik und ich verspürte ein seltsames Ziehen und der ganze Körper wollte durch die Telefonleitung kriechen und am anderen Ende im BummBumm Club, der alten Unsinnsbasis von Raimund und Ferdi, den Space-Kadetten des deutschen Clubwesens, aus der Sprechmuschel wieder rauskommen und gleich mitmachen, irgendwas trinken, Mineralwasser meinetwegen, und einfach nur dabei sein, nicht mal tanzen, tanzen war eh nicht so mein Ding, aber einfach dabei sein, abhängen, Unsinn reden.

»Charlie?«

»Ja.«

»Charlie, bist du da?«

»Ja klar.«

»Was ich fragen wollte, sagt Ferdi: Hast du einen Führerschein?«

»Ja.«

»Klasse 3?«

»Natürlich Klasse 3, was denn sonst?«

»Hör mal, alles klar, ich kann mich jetzt nicht mit dir unterhalten, ist zu laut hier, hast du also, ja?«

»Ja, hab ich.«

»Führerschein?«

»Ja.«

»Klasse 3?«

»Ja.«

»Alles klar.«

Und dann legte Raimund auf. Die Uhr auf dem Telefontischchen zeigte 6:18, und Raimund und Ferdi waren noch voll dabei. Und ich schon wieder. Das verwirrte mich: Hieß das nun, dass wir irgendwie eine Verbindung hatten, dass da sowas wie ein Wurmloch war zwischen dieser und der anderen Welt und 6:18 Uhr am Morgen die Zeit, an der das Wurmloch geöffnet wurde, so wie es sich immer in den Science-Fiction-Heftchen von Klaus-Dieter öffnete, er hatte mir mal ein paar davon geliehen, er las die Dinger tagaus, tagein, und immer taten sich irgendwelche Wurmlöcher auf, ein bisschen zu oft für meinen Geschmack, das müffelte nach verschwitzter Sublimierung, wenn man mich fragte, aber mich fragte ja keiner, außer Klaus-Dieter, und dem konnte man mit sowas nicht kommen, »prima Geschichte« war das Einzige, was Klaus-Dieter bei seinen Heftchen als Literaturkritik verkraften konnte.

Nun ja, jedenfalls war ich verwirrt, hatte aber keine Zeit, groß darüber nachzudenken, denn nun war Werner über mir, und das ist wörtlich zu verstehen, er kam die Treppe von oben herunter und auf mich nieder und zeterte dabei herum: »Wer ruft denn da jetzt an?«, und: »Karl Schmidt, was ist los mit dir, irgendwas stimmt hier nicht!«, und ich: »Was soll denn jetzt nicht stimmen, Werner, da hat sich einer verwählt, ich meine, wer ruft denn schon so früh am Morgen bei uns an?«

»Das klang für mich aber gar nicht nach verwählt«, sagte Werner.

»Wieso, du hast doch gar nicht mit denen gesprochen!«

»Soso, waren das gleich mehrere? Was ist da los, Karl Schmidt?«

In diesem Moment öffnete sich Astrids Tür und sie stand im Türrahmen in einem gestreiften Pyjama und sagte: »Könnt ihr mal ruhig sein, ich glaub, ich spinne«, und Werner ging die Treppe wieder hoch, nicht aber ohne noch »Heute Abend Plenum, Karl Schmidt, und kein Bullshit!« über die Schulter zu rufen, der alte Sozpäd-Titan.

Mit dieser Ansage und aller gebotenen Verwirrung ging ich dann zur Arbeit.

4.Alligatorenfütterung

Zur Arbeit musste ich nach Othmarschen in das Kinderkurheim Elbauen, und obwohl ich einen Führerschein Klasse 3 hatte, wie nun auch Raimund wusste, hatte ich natürlich kein Auto, ein Hilfshausmeister in einem Kinderkurheim verdient das Geld nicht gerade säckeweise, und ich wusste auch nicht, ob Autobesitzen bei Clean Cut 1 überhaupt erlaubt war, Clean Cut 1 war kein Autofahrerding, das war mal klar, so wie Altona kein U-Bahn-Ding war, sie hatten ja überhaupt nur drei U-Bahnen in Hamburg und Altona war da nicht angeschlossen, und Othmarschen dann natürlich schon gleich dreimal nicht, Othmarschen war viel zu ländlich-sittlich für eine U-Bahn, aber genau richtig für ein Kinderkurheim, und wenn eine von den kleinen Knalltüten ausbüxen wollte, dann musste sie halt die S-Bahn nehmen, aus Othmarschen führte nur die S-Bahn raus und die nahm ich auch jeden Werktagmorgen, um reinzukommen, und oft auch noch an den Wochenenden, denn ich war nicht nur der Hilfshausmeister, ich war auch der Ersatztierpfleger, seit der alte Tierpfleger tot war, weil Rüdiger, der Hausmeister, als Vollalkoholiker für sowas weder Bock noch Nerven hatte, deshalb hatte ich das übernommen, so wie überhaupt alles von Rüdiger außer der Schlüsselgewalt und dem BAT-Vertrag, die lagen bei ihm, aber das machte mir nichts, solange er mich in Ruhe arbeiten ließ. Und der Tierpfleger, auch der Ersatztierpfleger, genoss Respekt, das war mal sicher, jedenfalls bei den Affen und Kaninchen und den Nasenbären und den Schildkröten und dem ganzen anderen Gekreuch, das sich zu Tiertherapiezwecken dort versammelt hatte, aber zum Ausgleich hatte ein Ersatztierpfleger im Kinderkurheim Elbauen nie wirklich frei, auch an den Wochenenden nicht, eigentlich alles genau wie bei Werner und Clean Cut 1.

 

Und so, wie ich meine Halbdunkelkaffeemorgen mit Henning irgendwie mochte, so mochte ich auch die Tierfütterung, denn eins ist mal klar: Wer Tiere gefüttert hat, der hat schon mal etwas Gutes getan, und wenn man das jeden Tag als Erstes macht, dann ist kein Tag mehr umsonst, und so hatte ich das auch Werner erklärt, als der sich darüber beschweren wollte, dass man mir die Extraarbeit aufgedrückt hatte, er war kaum zu beruhigen gewesen, manchmal übertrieb er die Fürsorglichkeit, wir nannten das das Lady-Di-Syndrom, jedenfalls Klaus-Dieter und ich, daran war Astrid schuld, die machte sich schon lange immer Sorgen um Lady Di, weil die sich immer um alles kümmerte und nachts noch die Leute in den Krankenhäusern aufweckte, damit die auch wussten, dass Lady Di sich um sie kümmerte, das beeindruckte und bedrückte Astrid schwer, mehr jedenfalls als das gleiche Verhalten bei Werner, und deshalb sagten Klaus-Dieter und ich immer Lady-Di-Syndrom, wenn Werner die Sache übertrieb, nämlich um Astrid zu ärgern, die es hasste, wenn wir Werner und Lady Di auf eine Stufe stellten, für sie stand Lady Di weit über Werner, bei Klaus-Dieter war es genau umgekehrt, ich war da neutral, mir waren Werner und Lady Di genau gleich lieb.

 

Ich ging beim Kinderkurheim Elbauen hintenrum rein, weil ich dann niemandem begegnete, den Erziehern nicht, die um diese Zeit eintrudelten und die Kinder weckten, und auch nicht den frühen Vögeln unter den Lehrern, denn im Kinderkurheim wurde nicht nur therapiert, sondern auch gelehrt, die Schule ging hier schön weiter, weil die hundert jeweils schlimmsten Hamburger Schüler zwischen sechs und zehn Jahren, wenn sie hier ihre hundert Tage Behandlung bekamen, hinterher schulisch gesehen nicht noch weiter zurückhängen sollten als ohnehin schon, und das war nichts für mich, dieser Lehrer- und Erzieheranblick am frühen Morgen und dann eventuell auch noch Ärzte und Therapeuten, nein danke, danke, danke, aber auch danke, Mutter, für diesen schönen Job, denn meine Mutter hatte ihn mir besorgt, Werner war dagegen gewesen, schon wegen Alkoholikerchefhausmeister Rüdiger, aber meine Mutter war ein hohes Tier beim Senator für Soziales, und da hatte Werner nichts zu melden, da musste er als Schweinchen im Garten des sozialen Epikurs mal kurz ruhig sein und meine Mutter machen lassen, denn meine Mutter war befreundet mit Dr. Selge, und die war Psychiaterin und Chefin vom Kinderkurheim Elbauen, und so kam eins zum anderen und ich hierher, wo ich nun den Eingang hintenrum direkt in die Werkstatt nahm, das machte ich immer so, das war okay und allgemein anerkannt, ich hatte mir dafür einen eigenen Schlüssel besorgt und war schon so lange hier, dass auch Dr. Selge mich nicht mehr jeden Morgen sehen und von mir wissen wollte, ob ich den Weg mit der S-Bahn ganz alleine und ohne Ab- und Umwege und ohne Schweißausbrüche bewältigt hatte.

 

Ich mischte gerade den Babybrei für die beiden kleinen, böse aussehenden Affen, von denen niemand mehr wusste, welche Sorte sie waren, Namen hatten sie wohl, sie hießen Jimmy und Johnny, aber ihre Sorte war unbekannt, der alte Tierpfleger, Herr Munte, hatte das Wissen darum mit ins Grab genommen und sonst interessierte es keinen, Hauptsache einer gab ihnen das Futter und das war ich, sie bekamen immer Babybrei mit Bananenstücken drin und ab und zu Mehlwürmer, und manchmal tat ich ihnen die Mehlwürmer auch in den Babybrei, da fuhren sie drauf ab, die kleinen Leckermäuler, es war immer niedlich anzusehen, wie sie die Mehlwürmer da rauspulten, ich mischte also gerade den Babybrei für die beiden kleinen Primatenfreaks, als ich hinter den Säcken mit Heu und Streu und Futterkram, die in der Zooküche die Hälfte vom Platz einnahmen, ein Geräusch hörte, und ich hatte schon Angst, dass das vielleicht Ratten waren, als im selben Augenblick die Tür aufging und Hartmut, einer der Erzieher, reinschaute.

»Hast du einen von unseren Jungs gesehen?«

»Nein.«

»So ein kleiner …« Er zeigte, wie klein. »Ist schon angezogen. Ist weg. Die Penner vom Nachtdienst, die merken auch gar nichts!«

»Okay, wenn ich ihn sehe, was soll ich machen?«

»Ihn festhalten und eben anrufen. Nicht, dass der ausbüxt.«

Und dann war Hartmut wieder draußen.

»Du kannst rauskommen«, sagte ich zu den Säcken.

Es raschelte wieder, aber niemand kam raus. Vielleicht waren es doch Ratten. Ich nahm eine Schaufel, die in der Ecke stand, und hielt sie in der rechten Hand bereit, während ich mit links die Säcke umschichtete.

»Ihr scheiß Ratten, ich hau euch tot!«, rief ich.

Ratten im Zoo waren der größte anzunehmende Unfall, die Kaninchen würden sich einscheißen oder getötet werden und die Affen würden ausflippen und Seuchen würden über den Zoo kommen und das ganze Futter würde angefressen, der alte Tierpfleger, Herr Munte, hatte da immer so Horrorgeschichten erzählt, von Rüdiger, dem Hausmeister, ganz zu schweigen, der hatte ihm nicht nur eifrig zugestimmt, Rüdiger hatte immer noch einen draufgesetzt; wenn bei Herrn Munte alle Kaninchen tot gewesen waren, dann waren es bei Rüdiger immer gleich die Kaninchen und die Schildkröten auch noch, und wenn bei Herrn Munte Seuchen über die Tiere kamen, dann brach bei Rüdiger auch noch gleich die Pest unter den Menschen aus, Rüdiger war ganz besessen von Ratten, der alte Wirkungstrinker, bloß keine Ratten, bloß keine Ratten, vielleicht war es auch das drohende Delirium tremens, das ihm Angst machte, bloß keine Ratten, bloß keine Ratten, ich hatte irgendwann nach dem Tod von Herrn Munte die Frühstückspause mit Rüdiger verweigert, weil ich es nicht mehr hören konnte, er hörte ja nicht etwa auf damit, als Herr Munte tot war und nicht mehr mitmachen konnte, im Gegenteil, er übernahm Herrn Muntes Part in dem ganzen Rattengequatsche gleich noch mit, das hatte sich irgendwann ins Groteske gesteigert, aber das war nun alles Geschichte, weil Rüdiger seine Schlüsselgewalt mittlerweile von zuhause ausübte und mich ansonsten die ganze Arbeit machen ließ, was mir verdammt recht war.

»Ihr scheiß Ratten, ich hau euch tot!«

»Nicht hauen.«

Nun kam er doch raus, ein kleiner, dünner Junge, vielleicht sieben Jahre alt. Er hielt die Hände über den Kopf. »Nicht hauen.«

»Keine Angst.« Ich atmete auf und stellte die Schaufel weg. Ich merkte, dass ich schwitzte. Ich holte den Tabak raus und drehte mit zitternden Händen erst einmal eine Zigarette. Der Kleine stand zwischen den herumgeräumten Säcken und schaute mir dabei zu.

»Ich dachte, du sollst mich festhalten und dann Hartmut anrufen!«, sagte er nach einer Weile.

»Das hättest du wohl gerne!«

»Nee …« Er kam näher und beschaute sich den Babybrei, den ich für Jimmy und Johnny gemischt hatte. »Kann ich davon was haben?«

»Bist du schon vor dem Frühstück abgehauen, oder was?«

»Ich? Wieso abgehauen? Ich bin doch nicht abgehauen!« Er war kurz davor zu heulen, das konnte man sehen, die Augen kniff er zusammen und die Stimme kippte ins Weinerliche.

»Meinetwegen«, sagte ich. »Sei froh, dass noch keine Würmer drin sind!« Ich suchte ihm einen Löffel raus und wusch ihn ab. »Wo wolltest du denn hin?«

»Nach Hause«, sagte er und löffelte hastig den Babybrei weg. »Da sind ja Bananen drin.«

»Ja, der ist für die Affen. Alle glauben immer, dass die gerne Bananen essen.«

»Stimmt das denn nicht?«

»Mehlwürmer mögen sie lieber. Und Käfer. Fleisch überhaupt.«

»Und wieso gebt ihr ihnen dann Bananen?«

»Ist halt so«, sagte ich. »Weil’s Affen sind. Und du? Warum bist du hier?«

»Ich bin auf Erholung hier. Und ich soll auch mehr essen. Dicker werden!«

Die Kinder waren gerade erst angekommen. Dreimal im Jahr kamen neue Kinder und blieben für hundert Tage, alle Probleme durcheinander, Legastheniker, Choleriker, Verweigerer, Stotterer, die Hamburger Schulbehörde schickte sie dreimal im Jahr, immer hundert auf einmal, dazwischen wurde alles gründlich saubergemacht und desinfiziert.

»Erholung? Du hast doch bestimmt auch Scheiße in der Schule gebaut!«

»Ich doch nicht. Ich bin zur Erholung hier.«

»Und wieso willst du dann gleich wieder weg?«

»Ist doch scheiße hier. Total langweilig.«

»Ja, aber das Essen ist gut«, sagte ich. »Ich an deiner Stelle wäre erst nach dem Frühstück abgehauen.«

»Dann geht das schlecht, dann ist ja Hartmut immer da.«

Ich mischte neuen Babybrei an und tat gleich ein paar Mehlwürmer rein, damit er den nicht auch noch wollte. Er schaute interessiert zu.

»Fütterst du die Affen jetzt?«

»Ja. Du kannst zugucken. Du kennst das hier noch gar nicht, oder?«

»Nein, wir sind ja gerade erst angekommen.«

 

Jimmy und Johnny waren schon ganz außer sich, als wir zu ihnen kamen. Der Zoo hatte einen Innen- und einen Außenbereich, im Innenbereich waren die beiden Affen, die Alligatoren, die Kaninchen, die Schildkröten und ein großer Papageienvogel, der Geräusche machte wie ein altes Transistorradio. Ich öffnete eine kleine Tür in Jimmys und Johnnys Gehege und stellte ihnen den Brei mit den Mehlwürmern hin. Die beiden kleinen Dunkelmänner waren nur ungefähr zwanzig Zentimeter groß, aber sie konnten den Jungen nicht lange fesseln, die Alligatoren fand er besser.

»Sind die Krokodile echt?«, fragte er.

»Ja klar.«

»Aber die bewegen sich gar nicht.«

»Das sind wechselwarme Tiere. Die würden sich mehr bewegen, wenn’s wärmer wäre.«

»Dann mach doch mal wärmer.«

»Geht nicht, dann drehen die auf und dafür ist nicht genügend Platz. Die kommen bald weg, weil sie so groß geworden sind. Die haben ja kaum noch Platz da drin.«

»Ach so.«

Die Alligatoren waren in einem mit dickem Glas eingefassten Reptilienbecken untergebracht. Innen am Glas war zusätzlich ein Gitter. Vorne konnte man das Glas öffnen und dann das Gitter hochheben, um sie zu füttern oder rauszuholen. Ich hatte eine Heidenangst vor den Viechern und die Tage, an denen man sie füttern musste, waren schlechte Tage.

»Und wie klein waren die früher?«

»Wenn die ankommen, sind die noch so klein …«, ich zeigte ihm mit den Händen, wie klein, »… und dann werden die hochgepäppelt.«

»Und wo kommen die dann hin?«

»Alligatorenfarm.«

»Und dann?«

»Keine Ahnung. Wahrscheinlich Handtaschen.«

»Hm …« Er schaute die Alligatoren weiter an und die Alligatoren blieben weiter regungslos sitzen. »Mach doch mal warm, damit die sich bewegen.«

»Das ist nicht gesagt, dass die sich dann bewegen. Die lauern doch auf Beute.«

»Was denn für Beute?«

»Sowas wie dich.«

Er lachte unsicher. »Ich bin doch viel zu groß für die.«

Er blieb an dem Alligatorentank stehen, während ich die Kaninchen versorgte. Jimmy und Johnny holten sich einen runter und der Papagei piepste, flötete und brabbelte blechern vor sich hin, aber den Jungen interessierte das alles nicht, er stand genauso regungslos vor dem Alligatorenbecken, wie die Alligatoren darin herumlagen, wahrscheinlich kommunizierten die vier auf einer der esoterischen Wellenlängen, an die Astrid so fest glaubte.

»Wie heißt du eigentlich?«

Er antwortete nicht.

»Ole? Lasse? Björn?« Keine Reaktion. »Arne? Olaf? Knut?« Er antwortete nicht, da ging ich erstmal raus und kümmerte mich um die Draußentiere, die Nasenbären, den Marder, die Ziegen und die Schafe. Als ich wieder reinkam, stand er immer noch da.

»Hans-Peter«, sagte er, ohne die Augen von den Alligatoren zu lassen. »Ich heiße Hans-Peter. Aber irgendwann müssen die sich doch mal bewegen!«

»Pass mal auf, Hans-Peter«, sagte ich. »Nein, hierher gucken, guck mal kurz hierher, ich mach dir einen Vorschlag.«

»Was gibt’s denn?«

»Hab ich doch gerade gesagt: Ich mach dir einen Vorschlag.«

»Was denn für einen Vorschlag?«

»Du darfst mit mir die Krokodile füttern. Dann bewegen die sich auch. Versprech ich dir. Aber du musst mir auch was versprechen: Wenn wir fertig sind, gehst du hoch und meldest dich bei Hartmut und entschuldigst dich.«

»Au Mann!«, quengelte er. »Hartmut ist voll scheiße.«

»Hartmut ist okay«, sagte ich. »Wenn Hartmut scheiße wäre, dann wüsste ich das.«

»Ach nee, und woher willst du das wissen?«

»Ich kenne ihn länger als du.«

»Au Mann …« Er sah wieder zu den Alligatoren.

»Überleg’s dir!«

Ich ging in die Küche, machte mir einen Kaffee, rauchte eine und mischte noch einen Babybrei zusammen, dann kam er.

»Okay«, sagte er. »Und was kriegen die zu essen?«

»Versprochen?«

»Okay.«

»Versprochen? Sag versprochen!«

»Versprochen!«

»Pass auf!« Ich ging zum Kühlschrank und holte einen Fleischbrocken heraus, den ich am Vortag für die Nasenbären aufgetaut hatte, die Alligatoren waren eigentlich erst in den nächsten Tagen wieder dran.

»Hier ist das Fleisch, davon schneiden wir ein Stück ab und dann kommt das da drauf!«

Ich zeigte ihm den Besenstiel mit dem Nagel oben dran, den Rüdiger vor Jahren mal gebastelt hatte. »Muss man fest draufstecken, wenn das runterfällt, ist das blöd.« Ich schnitt eine Scheibe Fleisch ab, steckte sie auf den Nagel und ließ sie vor Hans-Peters Nase baumeln. »Und dann so hinhalten.«

Ich ging mit ihm zum Alligatorbecken und schob die Scheibe beiseite. Dann hob ich das dahinterliegende Gitter an und steckte das Stielende mit dem Fleisch in den Käfig und ließ das Gitter so weit es ging wieder runter. »Jetzt pass auf«, sagte ich zu Hans-Peter. »Die müssen glauben, dass das was Lebendes ist. Wenn sich das nicht bewegt, dann wollen die das nicht. Hast du kapiert?«

Er nickte.

»Da kann gar nichts passieren, du bist ja hier und dazwischen ist ja auch noch das Gitter.«

»Ja logisch.«

»Also nimmst du jetzt den Stock …«, ich gab ihm das Ende des Besenstiels in die Hand, »und schiebst das jetzt so, ja so, genau, neben die Schnauze von dem Krokodil, und zwar so, dass das Krokodil das Fleisch auch sieht, okay? Brauchst keine Angst zu haben.«

»Ich hab keine Angst.«

»Brauchst du auch nicht zu haben.«

»Hab ich auch nicht.«

»Pass auf, und jetzt so wedeln! Aber vorsichtig, dass du ihn nicht verletzt.«

Hans-Peter konzentrierte sich und wedelte sachte mit dem Fleisch vor der Schnauze des zuoberst liegenden Alligators herum. »Genau so«, sagte ich. »Genau so.«

»Da passiert ja gar nichts. Warum reagiert der denn nicht?«

»Das geht nicht so schnell«, sagte ich. »Es ist ja zu kühl für ihn. Da braucht er ein bisschen Zeit. Vielleicht will er dich auch nur in Sicherheit wiegen, was weiß ich …«

»Da passiert ja gar nichts«, wiederholte Hans-Peter und wedelte eifrig.

»Nicht zu doll!«, mahnte ich.

»Da schläft einem ja der Arm ein!«

»Weitermachen.« Ich trat einen Schritt zurück und begann zu schwitzen. Ich hasste die Alligatorenfütterung. Der Alligator, der ganz oben lag, tat wie ausgestopft.

»Da passiert ja gar nichts.«

»Keine Angst, da passiert schon noch was.«

»Da passiert ja …«

Da schnappte der Alligator zu, in einem großen Zucken machte der ganze Körper samt Schwanz und allem eine Vierteldrehung und das Fleisch war weg und ich hoffte nur, dass Hans-Peter nicht mitbekommen hatte, wie ich zusammengezuckt war, aber der Kleine hatte genug mit seinem eigenen Schrecken zu tun, er schrie auf, sprang zurück und zog dabei den Besenstiel aus dem Käfig. Das Gitter klappte nach unten und er drehte sich zu mir herum. Ich hob beruhigend die Hände.

»Kein Grund zu erschrecken, das ist immer so.«

»Mann, hab ich mich erschrocken.«

»Musst du nicht, ist ganz normal. Der kann dir ja nichts tun, da ist ja immer noch das Gitter dazwischen – irgendwie.«

»Mann, hab ich mich erschrocken.«

»Okay, der hat genug. Jetzt den Nächsten.«

Hans-Peter guckte mich zweifelnd an, er war ganz blass geworden, der kleine Spargeltarzan. Dann betrachtete er wieder das Reptilienbecken. Die Lage der Alligatoren hatte sich verändert, der, der gefressen hatte, war jetzt ganz vorne und im Wasser, während die beiden anderen weiter hinten, wo das Land war, übereinanderlagen.

»Gleich den Nächsten füttern«, sagte ich.

»Mach du!« Hans-Peter hielt mir den Stock hin.

Ich ging in die Küche zum Fleisch, Hans-Peter folgte mir mit dem Stock. »Mach du.« Er klopfte mir mit dem Stock gegen die Hüfte. »Mach du.«

»Keine Lust mehr?«, sagte ich.

»Nee, mach du!«

»Willst du noch zugucken oder willst du gleich zu Hartmut hochgehen?«

»Die Schule fängt gleich an«, sagte er. »Ich geh da mal hin.«

»Aber erst Hartmut Bescheid sagen!«

»Au Mann …«

»Du hast es versprochen. Und Entschuldigung sagen.«

»Au Mann …«

»Du hast es versprochen.«

»Na gut …«

»Hier!« Ich hielt ihm den Brei hin, den ich gerade noch angerührt hatte. »Iss noch schnell was. Du sollst ja dicker werden!«

Er stopfte sich den Brei rein und dann ging er. Vielleicht zu Hartmut, vielleicht zur S-Bahn, wer konnte das wissen? Als sich die Tür hinter ihm schloss, war ich ein bisschen traurig.

Beim Alligatorenfüttern merkte ich immer, wie einsam ich war.

5.Schlumheimer für Arme

Kurz nach der Fütterung liefen in der Werkstatt die Anrufe ein. Die Gruppen riefen immer in der halben Stunde an, nachdem die Kinder in den Unterricht gegangen waren, dann machte immer einer von den Erziehern Kaffee und die anderen inspizierten die Räume, um zu notieren, was alles kaputt war, und dann tranken sie Kaffee und einer rief in der Werkstatt an. Seit Rüdiger nicht mehr mitspielte und ich mir meine Zeit selber einteilen konnte, versuchte ich, mein Kaffeemachen und Kaffeetrinken mit ihrem Kaffeemachen und Kaffeetrinken zu synchronisieren, aber die Kaffeemaschine, die Rüdiger mir hinterlassen hatte, brauchte eine Ewigkeit für ihren Job, ich hätte sie längst entkalken sollen, aber so läuft das, man repariert alles, was nicht bei drei auf dem Baum ist, Stühle, Toilettenspülungen, Kasperletheater, Heizungen, Rasenmäher und zerbrochene Bilderrahmen, aber die eigene Kaffeemaschine zu entkalken schiebt man immer weiter vor sich her. Wer weiß, was Dr. Selge dazu zu sagen gehabt hätte, sie war ja nicht nur Psychiaterin, sondern auch Psychoanalytikerin, als solche hätte sie sicher eine interessante Theorie dazu gehabt, aber bei mir war sie nur Psychiaterin, an mich war sie analysemäßig nicht rangekommen, nicht, dass sie es nicht versucht hätte, sie hatte ja schon meine Mutter analysiert, da wollte sie natürlich auch mal die Gegenseite durchchecken, aber ich hatte das abschmettern können: »Das wäre ja Parteienverrat«, hatte ich gesagt und sie darauf: »Ich bin Ärztin, kein Anwalt, was denken Sie?!«, als ob ich das nicht gewusst hätte, als Ärztin behandelte sie mich ja schon die ganze Zeit, seit ich aus Ochsenzoll raus war, daran hatte es keinen Weg vorbei gegeben, aber Analyse, nein danke, irgendwo musste auch mal Schluss sein, man kann doch nicht jemanden an seine Ödipuskomplexe lassen, der schon die eigene Mutter analysiert hat!

 

Jedenfalls liefen wie jeden Tag die Anrufe ein, während die Kaffeemaschine laut vor sich hin gurgelte. Das Telefon war gleich neben der Kaffeemaschine an der Wand verschraubt, deshalb waren das anstrengende Telefonate und die Reparaturzettel waren auch gerade alle, da war ein Besuch bei Frau Schmidt und ihrem Kopierer fällig, einen hatte ich noch ausgefüllt und dann erst gemerkt, dass es schon der vorletzte war, so beginnen Tage, an denen man auf die Idee kommen konnte, sein Leben neu zu gestalten, endlich alles anders zu machen, zum Beispiel morgens erst in die Werkstatt zu gehen und die Kaffeemaschine anzumachen und dann erst in den Zoo, um die Tiere zu füttern, denn das wäre natürlich auch möglich gewesen, dass man erst einmal Rüdigers verkalkte Röchelmaschine auf ihren langen Marsch schickte, bevor man sich in der Küche vom Zoo wie immer einen Nescafé mit demselben heißen Wasser machte, mit dem man auch den Babybrei für die Affen anrührte. Aber das hatte mir immer widerstrebt. Eine Kaffeemaschine in Gang zu setzen, um sich gleich darauf am anderen Ende des Kellers einen Nescafé zu machen, das hatte irgendwie was Gieriges, Kaffeejunkiemäßiges, das hatte einen Hauch von Klaus-Dieter in seinen manischen Momenten, das roch nach Abhängigkeit und auch nach Doofheit, weil man all diese Verrenkungen ja nur machte, um nicht die Kaffeemaschine entkalken zu müssen, und wieso tat man das eigentlich nicht? Am Ende, wenn man mal ganz ehrlich zu sich selber war, was auch ohne Dr. Selges Seelenschredderei gehen musste, war es eine Frage der inneren Sicherheit: Rüdigers Kaffeemaschine entkalkt zu haben, das hätte dem Leben eine neue Qualität gegeben, jedenfalls den Anrufen aus den Gruppen, die hätte man dann schon mit einem Kaffee in der Hand, bei völliger Stille und in friedlicher Stimmung entgegengenommen, vielleicht untermalt von ein bisschen Vogelgezwitscher, das im Frühling durch die gekippten Kellerfenster eingedrungen wäre, und das wäre natürlich toll gewesen, aber die Nachteile lagen auf der Hand, denn wenn man mit dieser Art von Reform erst einmal anfing, dann war Polen offen, wie Henning, der ewige Hitlerjunge, es neulich in der Gruppe in einer Diskussion über die Gefahren von Geleebananen formuliert hatte, was Werner natürlich überhaupt nicht lustig gefunden und Henning auch gar nicht lustig gemeint hatte, so redete er halt, der alte Fähnleinführer, jedenfalls: wenn man erst einmal anfing, alles, aber auch wirklich alles im Leben einer Inspektion und Sanierung zu unterwerfen, wenn man ernsthaft sogar schon Sachen reparierte, die eigentlich noch halbwegs funktionierten, wenn auch röchelnd und sprotzend wie Rüdigers Kaffeemaschine, die ja im Grunde genommen nur den Zustand seiner Blutgefäße und das Geräusch seiner Atemwege nachbildete, dann standen auch andere Dinge zur Reformdebatte, über die man lieber nicht nachdenken wollte, auch wenn man es neuerdings wieder konnte, weil man die Pillen abgesetzt hatte, was sich allmählich bemerkbar machte.

 

Also waren die Anrufe aus den Gruppen auch an diesem Morgen schwer zu verstehen, die Kaffeemaschine gurgelte und brodelte und knackte, dass einem angst und bange werden konnte, aber sonst war eigentlich alles ganz okay und ich kam langsam auf andere, bessere Gedanken, die Anrufe aus den Gruppen brachten mich immer gut drauf, verstopfte Klos, kaputte Glühbirnen, herausgerissene Waschbecken, zerstörte Möbel, das waren gute Probleme, die man schnell und einfach lösen konnte, und dann waren alle dankbar und freuten sich, und solange sie mich brauchten, sagten die Erzieher, wenn sie anriefen, auch gerne alles dreimal, weil die Kaffeemaschine eben so laut war, und die Erzieher warteten auch gerne, bis ich endlich kam und mich kümmerte, es brachte ja nichts, wenn man sich wegen dem ersten verstopften Klo gleich mit dem Pümpel auf den Weg machte, nur damit sich die anderen Erzieher in der Zwischenzeit wegen neuen Glühbirnen oder sonstwas die Finger mit der Werkstattdurchwahl wundwählten, und dann musste ich ja auch noch warten, bis die Kaffeemaschine durch war und ich das schwarze Zeug, das sie produzierte, getrunken hatte, das gehörte zum Ablauf, war Teil der Kette verlässlicher Ereignisse, die meinen Tag unterteilten wie das gute alte Bummbumm den deutschen Dance.

 

An den ich schon lange nicht mehr gedacht hatte, wie ich dachte, als ich eine Stunde später die Gruppe vier verließ, in der linken Hand den Pümpel, schön abgespült, vom Spülwasser sogar noch tropfnass, aber trotzdem oder vielleicht sogar gerade deswegen von allen, die mir entgegenkamen, misstrauisch beäugt. Schon lange nicht mehr gedacht an den deutschen Dance, dachte ich, so hatte Ferdi ihn immer genannt, was irgendwie seltsam nach Siebzigerdisco und James Last klang, da hatte sich Raimund öfter mal dagegen verwahrt, dass Ferdi das, was Raimund meistens »unser Ding« oder »House« nannte, als deutschen Dance bezeichnete, »das ist doch Ilja-Richter-Scheiße«, hatte er dann immer gesagt, sie waren ein lustiges Paar gewesen, die beiden, jedenfalls den deutschen Dance hatte ich eigentlich schon ziemlich lange ziemlich gut verdrängt, aber das Telefonat mit Raimund hatte alles wieder hochgebracht, wie mir klar wurde, als ich Gruppe vier verließ und auf einmal merkte, dass ich ein Bummbumm vor mich hin flüsterte und dazu ein bisschen zuckte, Pümpel in der linken, kaputter Stuhl in der rechten Hand, irgendeiner von den kleinen Stumpfmeiern hatte einen Stuhl kaputtgemacht, nichts, was ein bisschen Ponal nicht aus der Welt schaffen konnte, das rechte vordere Bein war abgebrochen, das trug ich unter den linken Arm geklemmt, und in der Armbeuge des rechten Arms hatte ich auch noch den Einkaufskorb, in dem ich immer die Glühbirnen transportierte, der war jetzt aber, weil ich gerade mit allem durch war, leer, das musste wohl etwas komisch ausgesehen haben, Pümpel, Stuhlbein, Stuhl, Einkaufskorb, leises Bummbumm und dann das Zucken, es war wohl doch nicht nur der Pümpel, der Gabi und Heidrun, zwei Erzieherinnen von Gruppe acht, die mir entgegenkamen, so angewidert gucken ließ, die Erzieherinnen von Gruppe acht waren eher so Muttis, auf die ganz Kleinen ließen sie immer die Muttitypen los, wahrscheinlich brauchten sie das, die kleinen Heulsusen, Heimweh war bei ihnen schlimmer als Durst, genau wie bei mir, nur dass ich wegen dem Durst nicht nach Hause durfte, wie ich kurz und etwas albern dachte, als nun eben Gabi und Heidrun naserümpfend an mir vorbeigingen und der deutsche Dance, der ja nun wirklich für all das nichts konnte, mich in seiner Gewalt hatte, was mich gut draufbrachte, erstaunlicherweise, würde ich mal sagen, weil ich nämlich diesmal beim Gedanken an die ganze Bummbummigkeit überhaupt nicht mehr dieses Heimwehding verspürte, das mich sonst manchmal überkam und hier überhaupt allgegenwärtig war und wohl auch die kleinen Hooligans in Gruppe vier und anderswo immer dazu brachte, ihre Stühle zu zerdeppern oder das Klo zu verstopfen oder zu weinen oder wegzulaufen oder was immer sie so taten, um ihr Schicksal zu beklagen, jedenfalls hatte ich plötzlich gute Laune, vielleicht auch wegen der blöden Gesichter von Gabi und Heidrun, denn das hatte was, wenn einen zwei so Mutterkreuzlerinnen angewidert anstarrten, jedenfalls beschloss ich, gar nicht erst runterzulaufen und den Krempel in der Werkstatt abzuladen, sondern lieber gleich und sofort und samt Pümpel und Stuhl und Stuhlbein und Einkaufskorb zu Frau Schmidt zu gehen und mir sofort ihre Vorträge wegen Tipp-Ex-Preisen und Papierknappheit und was sonst noch immer so an Quatsch aus ihr rauskam, anzuhören, ich hatte einen mutigen Moment und solche Momente waren nicht so häufig in meinem Leben, dass ich diesen hier ungenutzt hätte verstreichen lassen können.

 

»Frau Schmidt, ich muss mal was kopieren«, sagte ich. Bei Frau Schmidt stand »ohne klopfen eintreten« an der Tür, da platzte man einfach rein, sie wollte es ja nicht anders. Ich hielt die beiden Reparaturformulare hoch, die ich noch hatte, das eine noch unbeschrieben, das andere schon ausgefüllt, und dazu schwenkte ich den Pümpel – Stuhl, Stuhlbein und Einkaufskorb hatte ich vor der Tür gelassen, da standen sie nun als kleine Installation auf dem Flur, es hatte gleich ein bisschen nach Schlumheimer ausgesehen, wie der Embryo einer großen Schlumheimerinstallation, und der ist jetzt auch schon tot, hatte ich gedacht, nachdem ich das irgendwie schlumheimermäßig aufgetürmt hatte, der Stuhl stand ja auf seinen drei Beinen nicht mehr richtig, da musste man das erst ein bisschen arrangieren, aber den Pümpel hatte ich mit reingenommen, warum auch immer.

»Igitt, lassen Sie das draußen«, sagte Frau Schmidt und zeigte auf den Pümpel, sie hielt sich dabei sogar die Nase zu, das hatte schon wieder irgendwie Klasse, sie hasste mich zwar, aber jemand, der sich beim Anblick eines frischgewaschenen Pümpels die Nase zuhält, kann kein ganz schlechter Mensch sein, so jemand hat wenigstens Fantasie und Gestaltungskraft.

»Gern, ich hab nur Angst, dass mir den einer klaut«, sagte ich. »Da sind die alle ganz scharf drauf. Und dann müsste ich einen neuen kaufen, und dann beschweren Sie sich wieder, dass wir so viel Geld brauchen, Herr Wieczorek und ich.«

»Das Ding bleibt draußen, das kommt mir hier nicht rein«, sagte sie.

Also ging ich wieder raus und stellte den Pümpel zu Stuhl, Stuhlbein und Einkaufskorb dazu, aber der Pümpel passte nicht so gut da rein, mit Pümpel sah es nicht so gut aus wie ohne Pümpel, der Pümpel war arschklar over the top und machte mir den ganzen schönen Protoschlumheimer kaputt, ich musste erst noch einen Papierkorb dazustellen, dann ging es wieder, dann glich sich das irgendwie aus und ich konnte wieder zurück zu Frau Schmidt.

»Reparaturformulare«, rief ich im Hineinkommen, um ihr gleich den Wind aus den Segeln zu nehmen, und dazu schwenkte ich die beiden Zettel, die ich noch hatte, »ich brauche neue Reparaturformulare!«

»Da ist der Kopierer«, sagte sie und sah dabei auf die elektrische Schreibmaschine, in die sie hineinhämmerte, was sie aus ihrem Kopfhörer eingeflüstert bekam, sie konnte das alles gleichzeitig, das eine sagen und was anderes dabei anhören und auch noch in ihre Maschine tippen, eine tolle Frau eigentlich, sie sah auch nicht schlecht aus, obwohl sie schon um die fünfzig war, irgendwie sexy, das kommt davon, dachte ich, wenn man die Pillen absetzt, es dauert nicht lange, dann kommt der Notstand und dann ist sogar Frau Schmidt sexy.

»Ich brauche aber Tipp-Ex«, sagte ich.

Sie hörte auf zu tippen und nahm entnervt ihren Kopfhörer ab.

»Was wollen Sie denn mit Tipp-Ex?«

»Ich muss das hier wegmachen«, sagte ich und zeigte auf die Schrift auf dem Reparaturzettel, den ich im Eifer des Gefechts schon vollgeschrieben gehabt hatte. »Ich brauche ja zwei davon, weil das doch DINA5 ist und die Kopien DINA4, dann muss ich ja zwei auf den Kopierer legen, und der eine ist schon vollgekritzelt, da brauch ich mal eben Tipp-Ex, ist doch logisch.«

»Logisch ist, wenn Sie den anderen, der noch leer ist, erst einmal kopieren, dann haben Sie zwei leere Formulare, die Sie auf den Kopierer legen können, und mit denen machen Sie dann die ganzen nächsten Kopien!« Sie setzte den Kopfhörer wieder auf und tippte weiter. Eine tolle Frau, keine Frage, aber auch böse, also ging ich zum Kopierer und tat, was sie mir vorgeschlagen hatte, man muss wissen, wann man verloren hat.