Management Macht Sinn - Claude Rosselet - E-Book

Management Macht Sinn E-Book

Claude Rosselet

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Beschreibung

Manager und Berater müssen immer wieder zur Kenntnis nehmen, dass vieles, was in Plänen steht, nicht umgesetzt wird – und dass sich dagegen anderes erfolgreich durchsetzt, was nie in Plänen festgeschrieben stand. Die Schnittstelle zwischen Planung und Umsetzung entzieht sich offenbar einer rein vernünftigen Handhabung. Die Antriebskräfte für Innovation liegen zum größten Teil im stillschweigenden Wissen der Organisationen verborgen. Organisationsaufstellungen helfen, die "kollektive Intelligenz" eines Unternehmens zu erschließen: in der Praxis gereifte Erfahrung, Intuition, Wünsche und Sehnsüchte der Beteiligten – allesamt Erfolgsfaktoren, die oft unterbewertet oder systematisch ausgeblendet werden. In einer Organisationsaufstellung lassen sich auch komplexe Sachverhalte erfassen, abbilden und auf das Wesentliche reduzieren, ohne unzulässig zu vereinfachen. Häufig treten dabei unausgesprochene Regeln zutage, die Mitarbeiter wie Führungskräfte binden und das Unternehmen in seiner Entwicklung behindern. Die erfahrenen Organisationsberater Claude Rosselet und Georg Senoner erläutern in diesem Buch die Grundlagen der Methode und entwickeln einen Leitfaden für ihren Einsatz. An Beispielen zeigen sie, wann eine Organisationsaufstellung angebracht ist, wie man sie mit anderen Interventionsmethoden, sinnvoll kombinieren kann und wie sich die Methode in eine allgemeine Organisationstheorie einfügt. Die Autoren gehen dabei auf unterschiedliche Settings ein – Teams, offene Gruppen, Einzelcoaching – und demonstrieren jeweils die Möglichkeiten der Intervention, die sich für Führungskräfte und Berater ergeben.

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Für Helen

Claude Rosselet / Georg Senoner

MANAGEMENT MACHT SINN

Organisationsaufstellungen in Managementkontexten

Mit einem Geleitwort von Gunthard Weber

ebook 2020

Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats des Carl-Auer Verlags:

Prof. Dr. Rolf Arnold

Prof. Dr. Dirk Baecker

Prof. Dr. Bernhard Blanke

Prof. Dr. Ulrich Clement

Prof. Dr. Jörg Fengler

Dr. Barbara Heitger

Prof. Dr. Johannes Herwig-Lempp

Prof. Dr. Bruno Hildenbrand

Prof. Dr. Karl L. Holtz

Prof. Dr. Heiko Kleve

Dr. Roswita Königswieser

Prof. Dr. Jürgen Kriz

Prof. Dr. Friedebert Kröger

Tom Levold

Dr. Kurt Ludewig

Dr. Burkhard Peter

Prof. Dr. Bernhard Pörksen

Prof. Dr. Kersten Reich

Prof. Dr. Wolf Ritscher

Dr. Wilhelm Rotthaus

Prof. Dr. Arist von Schlippe

Dr. Gunther Schmidt

Prof. Dr. Siegfried J. Schmidt

Jakob R. Schneider

Prof. Dr. Jochen Schweitzer

Prof. Dr. Fritz B. Simon

Dr. Therese Steiner

Prof. Dr. Dr. Helm Stierlin

Karsten Trebesch

Bernhard Trenkle

Prof. Dr. Sigrid Tschöpe-Scheffler

Prof. Dr. Reinhard Voß

Dr. Gunthard Weber

Prof. Dr. Rudolf Wimmer

Prof. Dr. Michael Wirsching

Umschlaggestaltung: Uwe Göbel

Satz u. Grafik: Drißner-Design u. DTP, Meßstetten

Printed in Germany

Druck und Bindung: Freiburger Graphische Betriebe, www.fgb.de

Erste Auflage, 2010

ISBN 978-3-89670-752-9

eISBN 978-3-84978-276-4

© 2010 Carl-Auer-Systeme Verlag

und Verlagsbuchhandlung GmbH, Heidelberg

Alle Rechte vorbehalten

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Informationen zu unserem gesamten Programm, unseren Autoren und zum Verlag finden Sie unter: www.carl-auer.de.

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Carl-Auer Verlag GmbH

Häusserstraße 14

69115 Heidelberg

Tel. 0 62 21-64 38 0

Fax 0 62 21-64 38 22

[email protected]

Inhalt

Geleitwort

Danksagung

Einleitung

Teil IOrganisationsaufstellungen – Wissen in Szene setzen

1.Systemaufstellung und Komplexität

1.1Der Sache auf den Grund gehen

1.2Was passiert in Systemaufstellungen?

1.2.1Der Repräsentant als Resonanzkörper impliziten Wissens

1.2.2Der Prozess der Systemaufstellung

1.3Beispiel einer Aufstellung

Zusammenfassung

1.4»Szenisches Protokoll« zur Nutzung kollektiver Intelligenz

1.5Systemaufstellung und lernende Organisation

1.6Systemaufstellung – ein ganz normales Management-Tool?

1.6.1Aufstellungsarbeit – ein modernes Orakel?

1.6.2Der Wahrheitsgehalt der Bilder einer Aufstellung

1.6.3Systemaufstellung und Managementsysteme

2.Das Murmeln des impliziten Wissens

2.1Implizites und explizites Wissen

2.2Abkehr von der Magie des Wissensschatzes

2.3Von den Daten zum Wissen – und wieder zurück

2.4Wissen als komplexe Prüfoperation – die Ordnungsmomente von Organisationen

2.4.1Exkurs: Was eine Organisation zusammenhält

2.5Regeln und Routinen

2.6Regeln in sozialen Systemen

2.6.1Grammatische Regeln

2.6.2Informelle Regeln

2.6.3Technische Regeln

2.7Systemaufstellung als Rezeptor für implizites soziales Wissen

Teil II Leitfaden für die Aufstellungsarbeit in Managementkontexten

3.Momente des Gelingens

3.1Beachtung der Zugehörigkeitsbedingungen

3.2Würdigung der Reihenfolge

3.3Anerkennung der höheren Verantwortung und des höheren Einsatzes

3.4Förderung individueller Leistungen und Fähigkeiten

4.Settings der Aufstellungsarbeit

4.1Team-Setting – Management Constellations

4.1.1Aufstellungsarbeit in Managementkontexten

4.2»Offene« Seminare

4.3Einzel-Setting

4.3.1Aufstellungsarbeit am Tisch

4.3.2Aufstellungsarbeit im Raum

5.Ablauf der Aufstellung

5.1Zur Rolle des Facilitators

5.2Formulierung der Frage

5.3Bestimmung der aufzustellenden Elemente

5.4Auswahl und Aufstellen der Repräsentanten

5.5Interpretation eines Aufstellungsbildes

5.6Interventionen

5.7Abschluss

6.Ausgewählte Schemata und entsprechende Aufstellungsformate

6.1Management und Leadership

6.1.1St. Galler Management-Modell

6.1.2Epidauros-Modell

6.1.3Werte- und Ressourcendreieck

6.1.4TZI-Modell

6.2Strategie und Innovation

6.2.1Strategy Maps

6.2.2Schmetterlingsmodell

6.2.3Wertequadrat

6.2.4Potenzialentwicklung

6.3Problemlösung und Entscheidungsfindung

6.3.1Tetralemma

6.3.2Problemstruktur

6.3.3Konfliktlösungsansatz

7.Ergänzende Methoden und Techniken

7.1Dialog

7.2World Café

7.3Open Space

7.4Dialogisches Interview

7.5Fish Bowl

7.6Wiederkehrende Frage

7.7Vier Räume des Wandels

Ausblick: Aufstellungsarbeit als Sinnstiftung

Weicks Organisationsbegriff

Aufstellungsarbeit als Prozess kollektiver Sinnstiftung

Literatur

Über die Autoren

Geleitwort

Als ich das Manuskript zu diesem Buch las, kamen mir unvermittelt zwei Zeilen eines Gedichtes von Börries von Münchhausen in den Sinn:

»Doch als der Tag schlich durch die Gärten her,da war der weiße Flieder aufgebrochen ...«

Diesem Einfall gebe ich Raum, weil ich davon ausgehe, dass das Buch sich vorerst (leider) nur relativ selten zu Managern »verirren« wird, die ein solcher Einfall an dieser Stelle eventuell irritieren könnte. Ich sehe es eher und vor allem in den Händen von Organisations- und Unternehmensberatern und Supervisoren. Dass es den »weißen Flieder« der Organisationsaufstellungen gibt, ist in Managementkreisen bisher eher noch ein Geheimtipp. Er beginnt erst zu erblühen, aber dieses Buch weist darauf hin, wie sich dieser außergewöhnliche Beratungsansatz schon durch die Gärten herschleicht und wie es aussehen könnte, wenn er in vielen weiteren Unternehmen seine Leuchtkraft, Wirksamkeit und Schönheit entfaltet. Wie ich 1975 von mehreren Kollegen gefragt wurde: »Warst du schon einmal bei Bert Hellinger?« – ihn kannten damals nur ganz wenige –, so kann es heute passieren, dass man angesichts in Organisationen oder Unternehmen auftretender Schwierigkeiten gefragt wird: »Hast du schon einmal eine Organisationsaufstellung versucht?«

Erstaunlich viel gefällt mir an diesem Buch:

Es ist im Umfang umschrieben und kompakt und so selbst für Vielbeschäftigte gut lesbar. Die Autoren vermitteln die Inhalte gut geordnet, gleichzeitig differenziert und mit anschaulichen Beispielen. Die Beschreibungen über verwandte Ideen von C. O. Scharmer oder K. E. Weick sind anregend, und die Vergleiche mit den Prozessen in Management Constellations zeigen, wie sich an anderen Stellen ähnliche Ideen und Beratungsrichtungen entwickelt haben, nur dass in den Systemaufstellungen die Sprache der Verkörperung und des Raumes sowie andere Wahrnehmungsmodalitäten hervorgehoben werden.

Das Buch kommt eher bescheiden daher. Es will seine Leser schon von den einzigartigen Möglichkeiten dieses noch jungen Ansatzes überzeugen, aber ohne missionarischen Eifer, und es weist auch hinreichend und detailliert auf die Herausforderungen sowohl für diejenigen hin, die ihn als Berater anwenden, wie für die Managementteams, die ihn in Anspruch nehmen werden. So wird deutlich, dass es sich um eine anspruchsvolle Methode handelt, die bei den Organisations- und Unternehmensberatern, die sie anwenden, viel Grundlagenwissen und Erfahrung voraussetzt, und zwar mehr, als es auf den ersten Blick aussieht.

Gut herausgearbeitet sind auch die simultanen Möglichkeiten der Informationsgewinnung und -erzeugung durch Management Constellations sowie die sich gegenseitig befruchtenden Transformationen von Sprache zur Abbildung – und zurück – sowohl für eine sich verdichtende Hypothesenbildung als auch für die Umsetzung in konkrete Handlungsstrategien.

Theorie und Praxis gehen eine gute Verbindung ein. Im Vordergrund bleibt jedoch die Anwendung. Es wird erfreulich wenig spekuliert und die Praxis sehr lebendig und umfassend beschrieben. Die Leser bekommen jede Menge Denk- und Handlungsanregungen, und sicherlich wird auch dieses wie das erste Buch der Autoren (Rosselet, Senoner u. Lingg 2007) wieder Ausgangspunkt zu intensiven Diskursen und weiteren kreativen Entwicklungen sein. Richtungweisend und innovativ ist das Buch für Aufsteller auch dadurch, dass es zeigt, wie man sich mit dieser für die Managementwelt erst einmal gewöhnungsbedürftigen und anfangs oft befremdlichen Methode an deren Sprache und Erwartungen ankoppeln kann und wie sie gewinnbringend mit anderen Managementberatungs- und Großgruppenmethoden kombiniert und so noch wirkungsvoller und nachhaltiger werden kann.

Der Ansatz der Organisations- und Managementaufstellungen ist trotz bereits jahrelanger, oft erfolgreicher Praxis immer noch im Stadium des Sichentwickelns und meines Erachtens, was die mögliche Anwendungsbreite betrifft, in seiner Potenzialität bisher nur andeutungsweise erkannt und erprobt. Wie der Ansatz den Möglichkeitssinn in Organisationen und Unternehmen für erfolgreiche Managementprozesse zu entzünden in der Lage ist, so wünsche ich auch ihm selbst, dass sich seine Möglichkeiten immer mehr entfalten können. Dieses Buch könnte dazu beitragen, denn es ist für mich die zur Zeit beste Einführung nicht nur in die Arbeit mit Management Constellations, sondern auch mit Organisationsaufstellungen insgesamt. Deshalb verdient es eine breite Beachtung, und die wünsche ich ihm sehr.

In vielen Gärten der Welt blüht dieser Flieder schon.

Gunthard WeberWiesloch, im Juli 2010

Danksagung

Zunächst gilt unser Dank Gunthard Weber als einem der großen Förderer der Organisationsaufstellung. Er ist unser lieber Freund und Mentor und hat unsere Arbeit in vielem unterstützt. Auch unseren Kunden gilt unser herzlicher Dank. Sie haben sich auf ein ungewohntes Experiment eingelassen, aus dem wir viel lernen durften. In Gesprächen und Workshops mit Henriette K. Lingg haben wir die Management Constellations entwickelt und in der Praxis erprobt. Unsere Erkenntnisse stützen sich auch auf das Wissen vieler Lehrer und Kollegen. Dazu gehören Guni Leila Baxa, Michael Blumenstein, Christine Essen, Siegfried Essen, Stefan Hausner, Albrecht Mahr, Peter Müller Egloff, Bernd Schmid, Gunther Schmidt, Sneh Viktoria Schnabel, Jakob und Sieglinde Schneider, Fritz B. Simon, Kuno Sohm, Gerhard Stey, Jan Jakob und Bibi Stam, Insa Sparrer und Matthias Varga von Kibéd. Die beiden letzteren haben im Verlauf der 1990er Jahre eine Grammatik entwickelt, die für die Theoriebildung und die Lehre von großem Nutzen ist. Von ihnen ist einiges – bewusst und unbewusst – in unsere Praxis und in unser Buch eingeflossen. Einen speziellen Dank möchten wir an dieser Stelle auch Regula Heller Rosselet und Markus Pohlmann für die kritische Durchsicht des Manuskripts und die daraus entspringenden Ideen zu Verbesserungen in inhaltlicher und stilistischer Hinsicht aussprechen.

Claude Rosselet & Georg SenonerMännedorf und Bozen, im Januar 2010

Einleitung

Das 1993 erschienene Buch Zweierlei Glück von Gunthard Weber und die darauf folgenden Arbeitstagungen verliehen dem von Bert Hellinger entwickelten Verfahren des Familien-Stellens kräftigen Schwung: Die systemische Aufstellungsarbeit verbreitete sich rasch im gesamten deutschen Sprachraum und darüber hinaus vor allem in Lateinamerika, Osteuropa, Russland und Asien.

Im Jahr 1994 luden die Unternehmensberater Thomas Siefer und Michael Wingenfeld Bert Hellinger zu einem Seminar ein, in dem es darum ging, die Aufstellungsarbeit im Kontext von Organisationen anzuwenden. Das war der Anfang der »Organisationsaufstellung«. Bis heute blieb diesem Zweig der Aufstellungsarbeit allerdings der große Durchbruch vorenthalten. Und dies trotz intensiver Bemühungen der Vorreiter dieser Methode, insbesondere von Gunthard Weber, das Verfahren weltweit bekannt zu machen.

Es gibt jedoch Nischen, wo sich Manager für das Verfahren begeistern lassen und es in ihr Repertoire von Management-Tools integrieren. Voraussetzung ist ein stabiles Vertrauensverhältnis zu einem Berater, der die Aufstellungsarbeit nur einsetzt, wenn es zweckmäßig ist. Meistens wird dann die Methode mit anderen Interventionspraktiken verknüpft.

In der Betrachtung der Systemaufstellung in Managementkontexten bzw. der Organisationsaufstellung richtet sich dieses Buch denn auch an Manager und Berater, die beim »Hervorbringen von Zukunft« (Mandl 2006, S. 267 ff.) bewusst neue Wege beschreiten wollen, sei es, weil sie das Potenzial »ihrer« Organisation auf innovativere Weise erschließen wollen oder weil sie eingesehen haben, dass den rein vernunftgeleiteten Vorgehensweisen oft die mobilisierende Kraft fehlt.

Manager und Berater müssen immer wieder zur Kenntnis nehmen, dass vieles, was in Plänen steht, nicht umgesetzt wird – und dass sich dagegen anderes erfolgreich durchsetzt, was nie in Plänen festgeschrieben stand. Offenbar entzieht sich die Schnittstelle zwischen Planung und Umsetzung einer rein vernünftigen Handhabung. Besonders schmerzhaft wird dies spürbar, wenn es um radikale Veränderungen geht. Grundlegende Innovationen werden in den seltensten Fällen durch einen Businessplan angeregt. Die Triebkräfte für Innovation liegen zum größten Teil im stillschweigenden Wissen der Organisationen verborgen.

Rationalistischen Ansätzen der Entscheidungsfindung ist eines gemeinsam: Sie neigen zu Trivialisierung und verkürzter Sicht der Verhältnisse. Dabei werden folgende »Erfolgsfaktoren« unterbewertet oder systematisch ausgeblendet: Wünsche und Sehnsüchte, Intuition sowie die in der Praxis gehärtete Erfahrung. Gerade auf diesen Elementen aber baut Exzellenz auf. Allerdings wird Exzellenz auch immer wieder übersehen, weil sie nicht lärmend und angeberisch daherkommt, sondern sich in Disziplin übt. Sie führt im doppelten Wortsinn ein stilles Dasein.

Notwendige Voraussetzung für jede Erneuerung ist der unverstellte und anerkennende Blick, auf das was ist. So kommt eine vorschnelle Bewertung gar nicht erst auf. Erfolgt diese Sichtung dann noch mit der nötigen Genauigkeit und Sorgfalt, so zeigen sich jene Triebkräfte, die etwas zu dem gemacht haben, was es ist. Dadurch gewinnen die Dinge eine Plastizität, die es ermöglicht, nächste konsistente Schritte in eine Zukunft anzuschließen. Eben dies scheint uns das Geheimnis von Emergenz zu sein: eine Zukunft im Einklang mit der Herkunft.

Planung wird damit keineswegs unnütz. Alle Vorhaben mit Ressourcen auszustatten, die nicht in beliebigem Umfang bereit stehen, gehört zu den zentralen Aufgaben des Managements. Hier nun ist Rationalität sehr wohl gefragt. Sinnvoll wird Planung aber erst, wenn ein vitales Zukunftsbild geschaffen ist, das die Bedingungen der Möglichkeit integriert. Sonst wird nur platt die Vergangenheit in die Zukunft fortgeschrieben.

Nun findet aber die Aufstellungsarbeit – wie einleitend bereits erwähnt – nicht ohne Weiteres Zugang zu den Führungsetagen der Unternehmen. Vermutlich gibt es da einige Hindernisse, die nicht so leicht aus dem Weg zu räumen sind. Wenn wir diese hier anführen, heißt das nicht, dass wir unsere Leser gleich zu Beginn entmutigen wollen. Ganz im Gegenteil: Gerade in Kenntnis der Hindernisse können Berater und Manager, die von der Aufstellungsarbeit angetan sind, ihre Strategien zur Implementierung der Methoden effektiver einsetzen. Was also gilt es zu beachten?

•Dass sich mit Hilfe der Systemaufstellung die Verhältnisse in Organisationen durchleuchten lassen, erscheint einigen Managern eher bedrohlich. Mit der Ambiguität lässt sich gelegentlich doch besser leben als mit der Klarheit.

•Die Fokussierung auf die Körperwahrnehmung und das Gefühl bricht mit gewohntem Kommunikationsverhalten und löst Verunsicherung aus.

•Wenn es um Entscheidungen unter hohem Risiko geht, wünscht man sich wenigstens sichere »Tools«, die durch (den Mythos der) Wissenschaftlichkeit abgesichert sind.

•Das Verfahren ist vielen Managern zu aufwendig. Denn es bedarf eines speziellen Settings und eines Facilitators, der die Methode kompetent einführt und anwendet. Aufstellungsarbeit lässt sich nicht so einfach applizieren wie beispielsweise ein klassisches Brainstorming.

•Das größte Hindernis scheint uns jedoch darin zu liegen, dass zahlreiche Manager – aber auch Berater, die ausschließlich auf rationale Methoden setzen – der Aufstellungsarbeit nicht recht trauen. Folglich wird sie – selbstverständlich hinter vorgehaltener Hand – abgewertet: als Psychospiel, esoterisches Zeugs, Theater etc.

Der gelassene Umgang mit den Einwänden ist ein erfolgversprechender Weg: Statt eifrig für eine »wunderbare Methode« zu missionieren, bricht in der Regel die im richtigen Moment eingebrachte Einladung das Eis: »Versuchen wir es doch einmal mit einem Experiment!«

In Teil I des Buches erläutern wir, wie man mit Hilfe der Systemaufstellung Komplexität visualisieren kann, und wir veranschaulichen dies anhand eines detaillierten Beispiels. Außerdem ordnen wir das Verfahren methodisch ein. Wie wir darlegen, kann man die Systemaufstellung sehr gut mit den neueren Konzepten der »lernenden Organisation« verbinden. Dann erörtern wir Begriffe wie »implizites Wissen« und »soziale Intelligenz«. Im Weiteren zeigen wir detailliert den Zusammenhang zwischen der Praxis sozialer Systeme und den ihr zu Grunde liegenden Spielregeln auf. Da die Systemaufstellung Licht in die impliziten Ordnungen von Organisationen zu bringen vermag, wird sie gerade für ein »Management des Regelwerks«, dem Dreh- und Angelpunkt im Rahmen eines Veränderungsmanagements (Change Managements), interessant. Sie eröffnet Führungskräften und Beratern neue Möglichkeiten der Intervention in sozialen Systemen.

In Teil II wenden wir uns ganz der Methode der Systemaufstellung und ihrer Anwendung in Managementkontexten zu. Dieser Teil macht das vorliegende Buch zu einem »Field Book« für Beraterinnen und Berater, die sich entschieden haben, die Aufstellungsarbeit in ihre Arbeit mit Managern zu integrieren:

•Wir zeigen auf, welcher Voraussetzungen es bedarf, um Systemaufstellungen im Organisationskontext anzuwenden.

•Wir weisen auf die Unterschiede zwischen den verschiedenen Settings der Aufstellungsarbeit hin: in Teams, offenen Gruppen und im Coaching einzelner Führungskräfte.

•Wir stellen einen Standardablauf vor und unterbreiten Vorschläge, wie sich die Systemaufstellung mit anderen Methoden des Konzepts der »lernenden Organisation« verbinden lässt.

Im Unterschied zu Teil I, der wesentliche Gedanken aus unserem Buch »Management Constellations« (Rosselet, Senoner u. Lingg 2007) übernimmt und, wo nötig, aktualisiert, ist Teil II völlig neu erarbeitet.

Der abschließende Ausblick rückt die Systemaufstellung in einen größeren Zusammenhang und stellt eine Verbindung zur Organisationstheorie von Karl E. Weick her: Wie wir ausführen werden, geht es bei der Systemaufstellung darum, Energie für einen ersten anschlussfähigen und plausiblen Schritt in Richtung offene Zukunft freizusetzen.

Teil IOrganisationsaufstellungen – Wissen in Szene setzen

Wir erzählen zunächst drei Geschichten aus dem Managementalltag. Sie alle haben etwas gemeinsam:

•Ein Managementteam sieht sich herausgefordert durch eine unentscheidbare Frage.

•Die herkömmlichen Methoden der Problemlösung und Entscheidungsfindung führen zu keinem sinnvollen Ergebnis.

•Irgendwie drehen sich die Diskussionen im Kreis – Argumente und Gegenargumente halten sich die Waage.

•Nach und nach greift eine gewisse Verdrossenheit um sich.

Übergangener gesunder Menschenverstand

Ein Freizeitpark mit ausgedehnter Bäderanlage, mehreren Shopping-Zentren und einem Hotelkomplex ist in die Jahre gekommen. Früher einmal war der Standort ein Vorzeigeobjekt des Einzelhandelsunternehmens, zu dem es gehört. Die Geschäftsleitung entschied sich deshalb für eine umfassende Neugestaltung. Dabei sollte auch der Hotelkomplex an Attraktivität gewinnen, denn die unterdurchschnittlichen Belegungszahlen gaben Anlass zu Unzufriedenheit.

Mehrere Geschäftsbereiche waren an dem Vorhaben beteiligt. Auf der Basis eines zu entwickelnden Marketingkonzepts sollte ein Relaunch des gesamten Standortes erfolgen. Ziel war, an die glanzvollen früheren Zeiten anzuknüpfen. Die Sache wollte allerdings nicht so richtig in die Gänge kommen. Das Marketingkonzept blieb Stückwerk. Einzelne Teilvorhaben wurden hingegen zügig umgesetzt. Daraufhin entschied die Geschäftsleitung, sämtliche Aktivitäten in einem Projekt zusammenzufassen. So sollte das Ganze – basierend auf einem integralen Konzept – beschleunigt werden. Doch das Gegenteil geschah. Der Relaunch nahm auf dem Papier gigantische Dimensionen an. Plötzlich gab es Differenzen um die organisatorische Eingliederung des Komplexes. Resigniert warf der Projektleiter das Handtuch. Die Geschäftsleitung wähnte sich vor einem Scherbenhaufen.

Und dann passierte etwas, das niemand für möglich gehalten hatte.

Das Projektteam wurde aufgelöst. Die Differenzen ließen sich im Handumdrehen bereinigen. Die Mitglieder der Geschäftsleitung einigten sich auf einen Aktionsplan und erklärten das Vorhaben zur Chefsache. Ganz besonders zufrieden war der Finanzchef: Ihm, dem zuvor jeweils der Schwarze Peter zugeschoben worden war, wurde – endlich – der Dank ausgesprochen für sein besonderes Engagement in dieser Sache.

Unterlassene Kommunikation

Die »Business Unit« einer Produktionsfirma hatte infolge mangelnder Produktqualität einen wichtigen Kunden verloren. In der Folge konnte die Qualität mit erheblichem Entwicklungsaufwand gesteigert werden. Sie übertraf nun sogar die des Konkurrenten, der in die Bresche gesprungen war. Allein, der verlorene Kunde ließ sich nicht wieder zurückgewinnen. Das ratlose Managementteam hatte nach eigenen Aussagen »bereits alles versucht« und wollte nun unbedingt herausfinden, was es bei seinen umfangreichen Aktivitäten unterlassen hatte.

Dann passierte etwas, das niemand für möglich gehalten hatte.

Die Produktionsfirma schickte eigens einen kommunikationsstarken Entwickler zum umworbenen Kunden, der die Qualität der Produkte mit seinen dortigen Berufskollegen und weiteren Fachleuten auf deren konkrete Bedürfnisse abstimmte. Das Ergebnis nach einem Jahr: Das Produktionsunternehmen gewann »seinen« Kunden zurück. In der Folge verstärkte es die Zusammenarbeit bei der gemeinsamen Entwicklung von Produkten. Heute ist die Produktionsfirma Schlüssellieferant dieses Kunden. Das Element »Kommunikation« des Marketingmix’ hat sich zu einer Exzellenz der »Business Unit« herausgebildet: Entwickler fokussieren nicht mehr nur auf die eigenen Produkte, sie reden direkt mit den Entwicklern ihres Kunden über deren Wünsche.

Verlorene Hoffnung

Die italienische Niederlassung eines deutschen Unternehmens war mitsamt Stammhaus von einem japanischen Konzern übernommen worden. Der selbstbewusste Geschäftsleiter stellte in der Folge mit seinem Managementteam Überlegungen an, wie die italienische Niederlassung im neuen Gebilde eine tragende Rolle spielen könnte. Bei diversen Besprechungen spürte er deutlich die Skepsis, mit der seine Manager dieser Absicht begegneten: Was sollte die Japaner davon abhalten, die Fertigung eines relativ standardisierten Produkts in ein Billiglohnland zu verlagern und das italienische Werk zu schließen? Diese Befürchtungen und Ängste der Manager beruhten vor allem auf Vorurteilen und nicht auf konkreten Maßnahmen der Japaner. Sie waren keine gute Voraussetzung, um Strategien für die Zukunft zu entwickeln.

Doch dann passierte etwas, das niemand für möglich gehalten hatte.

Die Manager entschieden sich, mit der Produktion der deutschen Mutter einen Schulterschluss einzugehen. So etwas wäre früher undenkbar gewesen! Ein weiterer Schritt bestand darin, die italienische Vertriebsstruktur von der italienischen Produktion zu entkoppeln und an die übrigen Vertriebsstrukturen des Konzerns anzunähern. Bisher hatte sich der italienische Vertrieb vorwiegend auf die Vermarktung der im eigenen Lande hergestellten Produkte konzentriert. Die Veränderungen passten hervorragend in das gesamteuropäische Vertriebskonzept, das die Japaner wenig später verabschiedeten. Die Italiener waren bereits gut darauf vorbereitet und arbeiteten ohne die sonst üblichen Bedenken konstruktiv an der Implementierung mit.

In allen drei Geschichten haben wir ein Moment ausgeblendet und damit möglicherweise die Geduld unserer Leser etwas strapaziert. Was passierte denn Entscheidendes, so dass ein Umschwung in die Richtung einer überraschenden, neuen Lösung stattfinden konnte?

Da war als Erstes bei den Managern die Einsicht gewachsen, das Problem könne nur gelöst werden, wenn sich alle Betroffenen gemeinsam an der Lösungssuche beteiligen. Das müßige Spiel mit der wandernden heißen Kartoffel kam damit an sein Ende. Einsames nächtliches Brüten und stilles Taktieren hinter dem Rücken des Kollegen wich dem gemeinsamen Diskurs über erfolgsrelevante Sachverhalte.

Auch waren die Manager zu der Überzeugung gelangt, keine zusätzlichen Ressourcen in Analysen, Expertisen und Konzepte zu stecken. Schließlich verfüge man im Team über ausreichend Erfahrung, um zu plausiblen und für alle Beteiligten sinnvollen Lösungen zu gelangen. Im Übrigen schienen die »Papierlösungen« eher vom Wesentlichen abgelenkt zu haben.

So hatten sich die Manager für ein Vorgehen entschieden, mit dem sie die »kollektive Intelligenz« ihres ganzen Teams ins Spiel bringen konnten. Denn ihnen war klar geworden: Wenn es um Fragen der Zukunft geht, hilft es oft nicht weiter, sich ausschließlich auf rationalistische Ansätze zu berufen. Wie auch die neuesten Ergebnisse der Neurobiologie belegen, spielen Wünsche, Sehnsüchte, Intuition und die in der Praxis gehärtete Erfahrung die zentrale Rolle bei Entscheidungen, welche die Zukunft betreffen. Allerdings: Alle diese »Erfolgsfaktoren« senden nur schwache Signale aus. Und oft genug werden sie von Menschen abgewertet, die meinen, »es« besser zu wissen.

Doch welche Instrumente sind sensibel genug, auch verborgenes, so genanntes implizites Wissen aufzuspüren? Und welche davon sind gleichzeitig intelligent genug, die gewonnenen Daten so zu interpretieren, dass daraus Informationen entstehen, die einen Orientierungsrahmen für das zukünftige Handeln abgeben?

Mit dem im nächsten Kapitel vorgestellten und in der Folge detailliert besprochenen Instrument der Systemaufstellungen hat das Management eine Methode erhalten, mit dem sich in unübersichtlichen (Entscheidungs-)Situationen die Risiken besser abschätzen lassen und für die Beteiligten klare Orientierung – das heißt: Gewissheit – schaffen lässt. Dies führen wir in Abschnitt 1.3 eindrucksvoll und praxisnah anhand unseres obigen Beispiels der italienischen Niederlassung vor Augen.

1.Systemaufstellung und Komplexität

Die Systemaufstellung gehört zu den szenischen Verfahren: Konkrete Ereignisse werden in Raum und Zeit abgebildet. Dadurch entsteht eine Art »bewegtes« Bild, und damit kann man Rückschlüsse auf die Dynamiken ziehen, die einem bestimmten Ereignis innewohnen.

Der Wunsch, komplizierte oder komplexe Verhältnisse und Beziehungen in eine Szene zu fassen, ist alt. Deshalb wohl gehören szenische Darstellungen zu den Grundpfeilern fast aller Kulturen. Sie belegen, dass es die Menschen seit frühesten Zeiten faszinierte, die Essenz von Ereignissen in einem Raum-Zeit-Abschnitt zu verdichten und darzustellen, also in Szene zu setzen.

Die Szene macht etwas möglich, was kein Bericht leisten kann: Sie vermittelt das Wesentliche einer Situation in und mit einer lebendigen Bildfolge. Sie leistet aber auch mehr als ein einzelnes Bild, weil sie von einer Herkunft in eine Zukunft weist und damit einer Bewegungsrichtung – einer Intention – Ausdruck verleiht.

1.1Der Sache auf den Grund gehen