Nach 58 Jahren - Gerhard Roos - E-Book

Nach 58 Jahren E-Book

Gerhard Roos

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Beschreibung

Sieben miteinander verwandte oder verschwägerte Männer, im Kriegsjahr 1943 geboren, erzählen einander von ihrem Leben. Kindheit, Jugend, Existenz- und Familiengründung sowie das Erreichte stehen im Blick. Es entsteht ein bunter Fächer von Eindrücken über die vergangenen 58 Jahre. So unterschiedlich die Lebensentwürfe und -abläufe, so überraschend ähnlich sind manche Umstände und Ereignisse. Alle sieben eint ihre Dankbarkeit für ein erfülltes Leben.

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Inhalt

Die Verabredung

Die Themenauswahl

Kindertage

Umbruchzeiten

Auf zur Existenz

Beruf und Familie

Alle Handlungen und Personen sind frei ersonnen. Ähnlichkeiten oder gar Übereinstimmungen mit Lebenden oder Verstorbenen sind zufällig und ungewollt.

Die Verabredung

Irgendwer aus der großen Nachkommenschaft der inzwischen zum Teil schon verstorbenen Brüder Ernst, Johann und Albert Falk hatte den Einfall, im Jahr 2000 ein richtig großes Sippentreffen zu veranstalten. In der Nähe von Witzenhausen in Nordhessen hat sich ein ländliches Tagungshotel finden lassen, dessen Betreiber glücklich sind, in der Vorsaison das ganze riesige Anwesen mit einer solch großen Anzahl Gästen voll belegt zu haben. Zwei Familien musste man sogar in eine nahe gelegene Pension ausquartieren.

Für die in der ganzen Republik verteilt wohnenden Einzelfamilien und -personen liegt dieser schöne Versammlungsort wunderbar zentral. Immerhin kommt die nördlichste Familie aus Kiel in Schleswig-Holstein, die südlichste aus den Allgäuer Alpen, die westlichste aus einem Dorf bei Trier und die östlichste aus einem Ort nahe Bautzen. Wohl infolge dieses zentralen Versammlungsorts, aber auch vermutlich wegen eines klug gewählten Termins kommt diese rege Teilnahme zustande.

Innerhalb eines ganz munteren Programms gibt es auch genügend Zeit für spontane Gespräche in einzelnen, oft ganz zufällig entstandenen Gruppen. Am Samstagabend finden sich dann, wohl auch eher ohne Absicht, alle jene sieben Männer zu einer solchen Gesprächsrunde zusammen, die im Kriegsjahr 1943 geboren worden sind. Sie sitzen bis spät und stellen überrascht fest, dass sie einander noch eine ganze Menge zu berichten hätten, einerseits gerade wegen der Parallelität durch ihr gemeinsames Geburtsjahr, andererseits jedoch auch wegen der schon deutlich erkennbaren Besonderheiten ihres jeweiligen Lebensweges bis hier. Ein heftiges Interesse füreinander hat sich spontan entwickelt, sie kannten teilweise einander ja bisher kaum oder noch gar nicht.

Nach kurzer Rücksprache mit den sechs Ehefrauen – einer der betreffenden Herren ist Junggeselle – wird gemeinsam beschlossen, im kommenden Jahr zum Einstieg in das neue Jahrtausend ein besonderes Treffen der dann mehr oder weniger Achtundfünfzigjährigen mitsamt ihren Damen am gleichen Ort zu organisieren. Ein Termin ist mit den Wirtsleuten am nächsten Morgen schnell gefunden. Der herzliche Abschied ist von Vorfreude geprägt.

Die Themenauswahl

Da eine Anreise freitags doch sehr mühselig geworden wäre, ist in das Treffen ein Urlaubs-Freitag eingebaut worden. So ist auch der letzte Anreisende, der allein lebende Arzt Dr. Kurt Falk, schon gegen zwanzig Uhr am Abend des Donnerstags zur Stelle. Ein gemütlicher gemeinsamer Abend aller dreizehn Teilnehmenden bietet zwischen den unterschiedlichsten sehr ausführlichen Kennenlerngesprächen auch die Gelegenheit, für die geplante Männerrunde gewisse Themenkreise klar abzusprechen. Es sollen jeweils alle sieben nacheinander zum jeweiligen Bereich ihre Erzählung beitragen, schön geordnet nach Alter, also entsprechend der Folge der Geburtsmonate.

Die sechs Frauen entwickeln eigene Pläne für gemeinsame Unternehmungen, als besonderes Bonbon einen Besuchstag auf der fast allen unbekannten Wartburg. Dorthin kann man bequem in knapp anderthalb Stunden fahren. So gehen alle Teilnehmer des Treffens voller Erwartungen auf die kommenden Tage schlafen. Christiane Berger, Kurts jüngere Schwester, liegt noch einige Zeit neben ihrem selig schlafenden Mann Walter wach. Sie findet die Themenwahl und -aufteilung der Männer ausgesprochen passend und interessant. Zuerst soll jeder aus seinen Kindertagen berichten. Dann ist verabredet, soviel wie möglich aus den oft recht schwierigen Pubertätsjahren zu erzählen. Wahrscheinlich besonders spannend werden dann wohl die Berichte aus den Ausbildungs- und Studienzeiten, zumal sicher für die meisten in dieser Zeit die Entstehung ihrer Partnerschaften stattgefunden haben dürfte. Und deren Folge, das jeweilige Berufs- und Familienleben, wird dann möglicherweise die längsten Geschichten ergeben.

Zu gerne wäre sie Zeugin aller dieser Berichte gewesen, sieht aber ein, dass es wohl besser ist, wenn vorerst die Kommentare der jeweiligen Ehefrau außen vor bleiben. Sie kennt sich selbst gut genug und ist auch genügend selbstkritisch, um zu wissen, dass auch sie selbst den Mund nicht würde halten können. Hier geht es aber nun einmal um die Sicht dieser sieben Männer. Basta. Und Peter, der Professor, will ohnehin alle Berichte aufzeichnen, zumindest als eigene Erinnerungshilfe und wohl auch zur späteren Information der Ehefrauen.

Kindertage

Joachim Günzel genannt Achim ist nach vorgesehener Reihenfolge der Erste, der seine Kindheitserinnerungen zum Besten geben soll: „Als ältester Sohn, außerdem auch erstes Kind einer alteingesessenen Buchhändlerfamilie lebte ich von Anbeginn - nach und nach dann auch mit meinen schließlich vier Geschwistern - teils in der Wohnung über unserem Laden, teils im hinteren Lager- und Bürobereich des Geschäftshauses. Unsere Mutter arbeitete immer wieder stundenweise im Geschäft mit, vorwiegend als eine Art Assistentin und Sekretärin unseres Vaters und unseres Großvaters. Großmutter versorgte kompetent und mit energischen Erziehungsmethoden den Haushalt und, wenn nötig, die wachsende Kinderschar.

Nur aus Erzählungen weiß ich, dass Vater den gesamten Zweiten Weltkrieg als zwangsrekrutierter Soldat an der Westfront mitgemacht, im zweiten Heimaturlaub unsere Mutter geheiratet und mich gezeugt sowie schließlich die beiden anderen Heimaturlaube zur Vergrößerung unserer Familie mit zwei Mädels genutzt hat. Meine beiden jüngsten Brüder sind Nachkriegsprodukte. Großvater betrieb im Krieg den Buchhandel wieder allein, da war eh nicht viel los. Er verkaufte fast ausschließlich aus dem Bestand. Neuerscheinungen waren ihm verdächtig, auch hätte er sie gar nicht finanzieren können.

Unser großes Geschäftshaus liegt unmittelbar neben einer Eckkneipe. Die markierte damals die Grenze zwischen der feineren Wohn- und Geschäftsgegend der Quadratestadt Mannheim und dem Arbeiterviertel. Die Straße, die an der benachbarten Kneipe beginnt, gehörte schon zu dem Gebiet, in dem das Geld bei Weitem nicht so locker saß, wie nach der Innenstadt hin. Jedoch in der ersten Nachkriegszeit waren die Mittel bei allen verflixt knapp. Da war auch im Buchhandel nicht viel los. Erst als ab 1949 das frisch aufgezogene Schulwesen im neu geschaffenen Bundesland Baden-Württemberg neue Schulbücher brachte, ging es wieder langsam aufwärts. Und die Eckkneipe wurde zur Begegnungsstätte zwischen der zuvor wohlhabenderen und der zu früherer Zeit ärmeren Bevölkerung unserer Stadt.

Nach den Osterferien 1949, am Montag, 25. April, wurde ich Schulkind. Wie die Eckkneipe war auch unsere Schule eine Stätte der Begegnung. Sie zwischen Kindern aus jetzt wohlhabenderen und Kindern aus ärmeren Familien. Schon damals hat man den Unterschied deutlich gespürt. Wir aus den etwas besser gestellten Familien trumpften mit unserer feineren Kleidung, unseren soliden Schulranzen sowie den neuen Schultafeln und Griffeln auf, regelrecht überheblich. Die weniger Betuchten spielten eher ihre körperliche Robustheit und eine gewisse Rücksichtslosigkeit aus. Da gab es allerlei Zündstoff. Heute bewundere ich rückblickend unseren Grundschullehrer, mit welcher Gelassenheit und welchem Geschick er diese fast feindlichen Lager innerhalb der riesigen Klasse zusammen brachte. Viel half ihm dabei sein musisches Talent. Wir haben eine Menge Volkslieder gelernt und schon damals zweistimmig gesungen. Außerdem haben wir in diesen vier Jahren mehrere kleine Theaterstücke eingeübt und auch vor versammelten Familienmitgliedern aufgeführt.

Viele Freundschaften sind damals entstanden, die bis heute Bestand haben, auch und gerade zwischen einzelnen Kindern der einst verfeindeten Lager. Ein besonderes Problem waren - sicher bei euch genau so - die zahlreichen Flüchtlingskinder, die zuerst eher zu den ärmeren Kindern gehörten. Ich entwickelte schon im ersten Schuljahr eine enge Freundschaft zu einem Flüchtlingsmädchen, das zwei Monate älter war als ich. Ihre durch den Krieg vaterlose Familie lebte in einer furchtbar engen kleinen Wohnung im Hinterhaus der Bäckerei uns schräg gegenüber.

Immerhin hatte das den Vorteil, dass ihre Mutter sie und ihre zwei kleinen Zwillingsschwestern gut ernähren konnte, sie arbeitete in der Bäckerei. Sowohl in der zweiten Backschicht ab etwa vier Uhr dreißig morgens in der Backstube als auch nach der Versorgung ihrer Kinder ab etwa acht Uhr für einige Stunden im Verkauf. Erstaunlicher Weise bekam sie dann noch einen kleinen Sohn. In unserer Familie sprach man davon, der Bäckermeister sei dessen Vater, und seine kinderlose Frau habe das zähneknirschend akzeptiert. So habe der Bäcker einen Erben. Der Bub hat später auch die Bäckerei vererbt bekommen und inzwischen mit zwei seiner Söhne daraus eine der feinsten Konditoreien der Doppelstadt Mannheim-Ludwigshafen entwickelt. Ein Seitensprung mit guten Folgen.

Die älteste Schwester Hildegund dieses Seitensprung-Sprösslings lebte zeitweilig mehr bei uns als drüben in der engen Wohnung. Großmutter hatte ihr im Zimmer meiner Schwestern ein drittes Bett gerichtet, da hat sie oft geschlafen. Da sie nach ihrer Ausbildung nach Mannheim zurück gekommen ist, haben wir unsere Freundschaft schon vor langer Zeit wiederbelebt. Jetzt, nach dem Auszug ihrer Kinder, nutzt sie mit ihrem Mann alleine ihr hübsches Einfamilienhaus. Ich möchte sagen, es gibt für Heide und mich keine engeren Freunde als Gundi, wie sie genannt wird, und ihren Ulrich. Wir haben uns oft gegenseitig geholfen, wenn´s mal brenzlig wurde.

Nach der Grundschule wurde ich zum Gymnasium geschickt. Vater wollte aus mir einen Buchhändler machen und hoffte, dass mir eine gymnasiale Bildung den Zugang dazu erleichtern werde. Eigentlich hatte er mich richtig eingeschätzt. Schon in der Grundschulzeit hockte ich nach Erledigung der Schularbeiten mit meiner Freundin Gundi gerne im Bücherlager und las alles, was mir in die Finger kam, Gundi auch. Ich denke, deshalb hat sie Germanistik und Geschichte studiert und ist Realschullehrerin geworden. Ihr Mann Uli hat den gleichen Beruf, unterrichtet aber Mathe und Physik.

Unsere Eltern waren nie sehr streng, dafür fehlte die Zeit. Großmutter sorgte liebevoll für Disziplin und Ordnung. Leider ist sie kurz nach meinem Abitur verstorben. Und Großvater hat dann auch nicht mehr lang gelebt. Aber das war natürlich alles erheblich später.“

Der zweite Berichterstatter ist nun Kurt Falk , der Arzt: „Wie meine älteren Brüder Hans-Joachim und Albrecht bin ich in Mainz geboren. Als aber unser Vater Johann, der zweite Falk-Bruder, aus kurzer französischer Gefangenschaft zurück kam, wurde er direkt zur zweiten Hälfte des laufenden Schuljahres ans Gymnasium in Montabaur abgeordnet. Weil es da wundersamer Weise Wohnraum gab, waren wir als Familie schon zu Weihnachten 1945 dort hingezogen. Mutig fabrizierten unsere Eltern dann sofort noch unsere kleine Schwester Christiane, deine Frau, lieber Walter. An die ersten Monate einschließlich dieses Familienzuwachses kann ich mich natürlich nicht selbst erinnern.

Halt, das stimmt nicht ganz. Immerhin weiß ich noch ganz genau, dass die Mutter unserer Mutter, von uns allen Omi genannt, aus Alzey angereist kam und kompetent und energisch für die Familie sorgte, bis Mutter mit der Kleinen im Arm aus dem Krankenhaus zurück kam. Omi blieb noch ein paar Tage, dann hatte Mutter wieder alles selbst im Griff.

Wir wohnten recht nah an der Innenstadt mit ihrem wuchtigen Schloss auf dem Berg. Das Haus ist heute weg, und der nahe Stadtbach, in dem ich als Fünfjähriger fast ums Leben gekommen wäre, ist auf weite Strecken nicht mehr sichtbar, weil er verrohrt und überbaut wurde. Vater war immer Alleinverdiener. Mutter war gerne und ganz konservativ Hausfrau und Mutter. Ihr Lieblingsort war unser Garten, den sie hingebungsvoll pflegte, und der uns weitgehend ernährte. Nur ein uralter Zaun trennte diesen vom Stadtbach. Wenn es ordentlich geregnet hatte, musste dieser das Oberflächenwasser der zahlreichen Dächer und schrägen Sträßchen der nördlichen Innenstadt aufnehmen, dann war er für einige Tage ein reißendes Gewässer.

Hans, Albrecht und ich spielten gerne und oft an diesem Zaun. Wir hatten eine alte verbeulte Zinkbadewanne im Schuppen entdeckt, holten uns die immer wieder heraus und ernannten sie dann einfach je nach Spielgeschehen entweder zum Schiff oder zum Lastwagen, manchmal auch zum Gartenhaus. Einmal im November hatten wir sie zu nah zur Grabenböschung direkt an den Zaun gestellt und als Segelboot ausgestattet. Meine Brüder halfen mir, dem Kleinsten, als Erstem in dieses unser Boot. Mein Gewicht brachte die Wanne auf dem nassen glitschigen Rasen ins Rutschen. Sie durchbrach den dürftigen Zaun, kippte um und beförderte mich in den eiskalten Bach, der gerade viel Wasser führte. Hätte unser Nachbar von der anderen Bachseite das nicht mitbekommen und sich sofort mutig in das Gewässer gestürzt, wäre ich wohl ertrunken.

Im Krankenhaus wurde dann meine Unterkühlung behandelt, und ich durfte vier Tage dort bleiben. Die Schwestern verwöhnten mich nach allen Regeln der Kunst. Der Arzt kam täglich zwei Mal und nahm sich nicht nur Zeit fürs Medizinische sondern auch für kleine Spiele mit mir Fünfjährigem. Seit diesem Aufenthalt habe ich nie mehr etwas Anderes als Arzt werden wollen. Daheim hatte in diesen wenigen Tagen unser Vater, der ja genügend Fertigkeiten in der elterlichen Schreinerwerkstatt erworben hatte, mit unserem Hauseigentümer zusammen sofort einen viel solideren Holzzaun errichtet. Es ist nie wieder was passiert.

Eingeschult wurde ich am gleichen Tag wie du, Achim. Das war zwei Tage nach meinem sechsten Geburtstag. Unsere Klasse war auch recht groß. Durch viele Flüchtlingskinder gab es ein starkes Sozialgefälle. Unsere Lehrerin kam damit gar nicht gut zurecht. Wenn das mit der Disziplin nicht gleich klappte, fing sie an herumzuschreien. In der Rückschau sehe ich auch, dass Kinder aus gesellschaftlich anerkannteren Familien von ihr bevorzugt behandelt wurden. Vielleicht lag das daran, dass sie selber ein Freifräulein von Ichweißnichtmehr gewesen ist, also selbst unter Privilegien aufgewachsen war. Auf das „von“ legte sie extrem hohen Wert. Für mich hatte ihre Sicht der Welt den großen Vorteil, dass ich als Sohn eines Studienrats stark gefördert wurde. Der Nachteil war, dass ich reichlich überheblich zu werden drohte. Das aber bemerkte Mutter rechtzeitig und holte mich immer wieder auf den Boden der Realität zurück.

Unser Vater war oft, obwohl zu Hause am Schreibtisch, für uns Kinder unerreichbar. Nur die kleine Christiane, die sich einen feuchten Kehricht um seinen Wunsch nach Ruhe scherte, drang regelmäßig zu ihm durch und brachte es allmählich fertig, ihn auf Zeit in die Nähe aller seiner Kinder zu bringen. Ich vermute, ihr regelrecht unverschämter Kleinkindercharme war stärker als seine Ängste, beunruhigt zu werden oder bei uns Kindern Erziehungsfehler zu machen. Ich glaube, in ihm regierte lange die Sorge, man werde ihm vorhalten: „Lehrerskinder, Müllers Vieh geraten selten oder nie.“ Ganz interessant: als er 1953 zum Oberstudienrat befördert wurde, legte er seine Ängste vor familiärer Nähe endgültig ab. Ab dieser Zeit hatten wir plötzlich einen nahbaren recht verständnisvollen Vater, der uns drei Jungs nicht ungeschickt durch die Jahre der Pubertät navigiert hat. Mit Christiane hatte er da gar kein Problem, umso mehr jedoch unsere Mutter.