Neue Wege im Instrumentalunterricht - Ulrich Haider - E-Book

Neue Wege im Instrumentalunterricht E-Book

Ulrich Haider

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Beschreibung

„Im Probespiel habe ich hervorragende Musiker, die im Orchester grandios spielten, scheitern sehen.“ Woran liegt es, dass so viele professionell ausgebildete Musiker beim Probespiel scheitern? Macht es Sinn, gleiche Auswahlverfahren für alle Instrumente und Orchesterpositionen zu verwenden? Wie kann die Übertragung der Denkweise aus dem asiatischen Kampfsport Orchestern helfen, die richtigen Musiker zu finden? Ulrich Haider, stellvertretender Solohornist der Münchner Philharmoniker, hinterfragt kritisch die aktuellen Lehr- und Prüfungssysteme - vom Instrumentalunterricht über die Prüfungen an Musikhochschulen, Musikwettbewerbe wie „Jugend musiziert“ bis hin zur Probespielpraxis der Berufsorchester. Seine eigene Lehr- und Orchestertätigkeit sowie die Erfahrungen im Taekwondo brachten den aktiven Kampfsportler dazu, Unterrichts- und Prüfungsverfahren des asiatischen Kampfsports auf die Musik zu übertragen. Praktische Beispiele zum Spielen, Hören und kreativen Musizieren regen dazu an, das eigene Unterrichten zu überdenken und Neue Wege im Instrumentalunterricht zu entdecken.

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Seitenzahl: 116

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Für Barbara, meine Liebe

Ulrich Haider

Neue Wege im Instrumentalunterricht

Lehr- und Prüfungsverfahrenasiatischer Kampfsportarten in der Musik

DVO Druck und Verlag Obermayer GmbH

© DVO Druck und Verlag Obermayer GmbH, Buchloe 2018www.dvo-verlag.deISBN 978-3-943037-49-4Alle Rechte vorbehaltenNachdruck nur mit Genehmigung des VerlagsCoverfotos: Ulrich HaiderPorträtfoto: Fabian WildgrubeCovergestaltung, Herstellung und Satz: DVO Druck und Verlag Obermayer GmbHDruck: Memminger MedienCentrum

Inhalt

Ulrich Haider

Vorwort

1. Musik und Kampfsport: Ein Vergleich

1.1 Musik in Kindheit und Jugend

1.2 Grundzüge des Kampfsports

Taekwondo-Unterricht

Taekwondo und Fehler

Die Prüfungen im Taekwondo

Die Prüfung als Entwicklungsschritt

1.3 Kann das Unterrichts- und Prüfungsprinzip des Taekwondo auf die Musik übertragen werden?

Anfängerunterricht

Fortgeschrittene

Prüfungen in der Musik

Wettbewerbe im Allgemeinen und »Jugend musiziert« als Beispiel

Musikstudium

Probespiele

Auftrittsängste

Konzentration im Unterricht

Taekwondo und Lernen

Flexibler Körper und flexibles Denken

Tradition

Beispiel Naturtöne auf dem Horn

2. Basisübungen zum Spielen, Hören und kreativen Musizieren

2.1 Das gegenseitige Zuhören

2.2 Basisübungen

Übung 1 (Naturtöne 4, 5 und 6)

Unterschiedliche Transpositionen

Gleichmäßiges Metrum

Übung 2 (7. Naturton)

Übung 3 (Erweiterung um mehrere Naturtöne)

2.3 Tonleitern und Skalen

Modifikationen bei Tonleitern

Gebrochene Dreiklänge

2.4 Klang- und Balanceübungen

Die Quint

Dreiklänge

Vier- und Mehrklänge

Fortgeschrittene Übungen

Improvisation

Einklänge

Das gemeinsame Spielen von Etüden und Konzerten

2.5 Das Üben

Pausen und Konzentrationsphasen

Ansatztraining einmal anders

Gesten als Hilfsmittel

3. Das Prüfungssystem – Anregungen für eine Veränderung

3.1 Probespiele

3.2 Aufnahmeprüfungen an den Hochschulen

3.3 Zwischenprüfungen

3.4 Abschlussprüfung

3.5 Musikalische Prüfungen als Entwicklungsschritt

3.6 Der Wettbewerb »Jugend musiziert« als Beispiel

3.7 Erkenntnis und Entwicklung

4. Nachwort

5. Anhang

5.1 Allgemeine Übungen

Triolen und Punktierungen

5.2 Übungen für Horn

Höhe

Große Intervalle

Das Stopfen

Lippentriller

5.3 Gymnastik für den Morgen

Dank

Literaturempfehlungen

Ulrich Haider

Ulrich Haider, 1971 in Erding geboren, wurde bereits mit 16 Jahren als Jungstudierender an der Musikhochschule München aufgenommen. Seine erste Stelle trat er mit 20 Jahren als Wechselhornist am Nürnberger Opernhaus an. Seit September 1993 ist er stellvertretender Solohornist der Münchner Philharmoniker und spielte so noch unter dem legendären Dirigenten Sergiu Celibidache.

Durch seine Tätigkeiten als Orchestervorstand, Personalrat sowie im Team »Spielfeld Klassik«, dem Educationbereich der Münchner Philharmoniker, gewann er einen umfassenden Einblick in die Abläufe eines Orchesters und beschäftigte sich auch mit der Ausbildung und Auswahl von Musikern. Darüber hinaus rief er den »Orchesterrat«, ein Diskussionsforum innerhalb des Orchesters, ins Leben.

Seit 2011 läuft erfolgreich das Familienmusical »Ristorante Allegro«, das Haider gemeinsam mit »Sternschnuppe« für die Philharmoniker initiiert und entwickelt hat. Auch die CD »Ehrensache«, bei der die Blasmusik der Münchner Philharmoniker Märsche unter der Leitung von Lorin Maazel und Zubin Mehta eingespielt hat, ist auf seine Initiative hin entstanden.

2013 rief er die Kooperation zwischen dem Musikbund von Ober- und Niederbayern (MON) und den Münchner Philharmonikern ins Leben und ist seit 2015 Dozent bei der Bläserakademie »advanced«.

Als Autor schreibt er eine regelmäßige Kolumne für die Zeitschrift »Bayerische Blasmusik« sowie Artikel für verschiedene Fachzeitschriften wie »CLARINO« oder »Das Orchester«.

Die koreanische Kampfsportart Taekwondo betreibt Haider seit 2003.

Vorwort

Für mich stand schon sehr früh fest, dass ich den Beruf des Musikers ergreifen werde. Mit 16 Jahren war ich Jungstudierender an der Münchner Musikhochschule und wurde darauf vorbereitet, möglichst bald Probespiele absolvieren zu können. Einziges Ziel war, wie bei so vielen anderen Instrumentalisten, eine Stelle im Orchester zu bekommen, denn dort hat man ein regelmäßiges Auskommen – zumindest in deutschen Orchestern – und kann dem nachgehen, was man sich immer gewünscht hat, nämlich zu musizieren.

Der Unterricht an der Hochschule war weitgehend ein Studium der Konzerte und Orchesterstellen, die verlangt werden, wenn man eine Stelle als Musiker bekommen will. Einzelunterricht und das wöchentliche Vorspielen vor den Kommilitonen bildeten das Ausbildungsprogramm, das, sobald ich nach dem Abitur als Vollstudent an der Hochschule aufgenommen worden war, durch Theoriefächer ergänzt wurde.

Mein Studium liegt inzwischen mehr als 25 Jahre zurück und bestimmt hat sich an den Hochschulen vieles verändert. Trotzdem fällt mir bei den Probespielen auf, dass bei den meisten Kandidaten im Vordergrund steht, möglichst ohne Fehler und vor allem perfekt zu spielen. Man spürt die Angst und den Druck, der auf denjenigen lastet, von denen man eigentlich hören will, ob sie musikalisches Verständnis haben, die Fähigkeit gemeinsam zu musizieren und Freude an der Musik, die sie in Form ihres Berufes ein Leben lang ausüben wollen.

Vieles kann sich ändern, wenn man sich in der Welt der Musik auf den Weg macht, das Unterrichten und auch die Auswahlverfahren für die Musikerberufe zu hinterfragen.

In diesem Buch werde ich aufzeigen, dass es Wege gibt, die Unterrichtsweise und Prüfungsverfahren der asiatischen Kampfsportarten auf die Musik zu übertragen. Auch in der Musik wird dadurch möglich, was im Kampfsport selbstverständlich ist: individuelle, den eigenen Möglichkeiten entsprechende Höchstleistungen ohne Leistungsdruck entstehen zu lassen.

Zusätzlich werde ich für die Bereiche Wettbewerbe, Prüfungen und Aufnahmeverfahren Alternativen zur Diskussion stellen, die erfolgversprechender und auch menschlicher sind.

1. Musik und Kampfsport: Ein Vergleich

1.1 Musik in Kindheit und Jugend

Musiziert man mit kleinen Kindern, ist dies in der Regel mit dem Singen verbunden und geschieht in einer spielerischen Form. Musik ist ein neues, anderes Ausdrucksmittel und ermöglicht mehr als das Sprechen, seinen eigenen Körper wahrzunehmen. Auch ist sie eine Ausdrucksform, die ermöglicht, Gemeinschaft, Harmonie und Freude zu erleben.

Kinder lieben Musik und sie lieben es vor allem, sie aktiv auszuüben. Gerade das aktive Musizieren wird in unserer deutschen Gesellschaft aber sehr schnell aufgegeben. Musik wird meist mit dem Ende des Grundschulalters nur noch gehört, oft sogar nur unbewusst konsumiert. Das wohltuende Gefühl, Musik unmittelbar aus sich heraus zu erleben und vor allem zu empfinden, bleibt auf der Strecke. Ausnahmen sind Kinder und Jugendliche, die selbst ein Instrument erlernen und/oder in einem Chor singen oder einer Musikgruppe musizieren. Beides ist mit viel Engagement der Kinder, aber auch deren Eltern und Lehrer verbunden.

Es ist nicht leicht, die Pubertät zu überbrücken, ohne dass das aktive Musizieren in den Hintergrund gerät oder sogar ganz aufgegeben wird. Da aber kontinuierlicher und regelmäßiger Unterricht von großer Wichtigkeit für einen persönlichen Fortschritt ist, wird den Jugendlichen viel Disziplin abverlangt.

In einer sehr intellektualisierten, kopfgesteuerten Gesellschaft ist auch der Unterricht sehr auf die Methodik fixiert. Es wird suggeriert, dass das Üben ausschließlich mit Arbeit verbunden ist. Dass die Beschäftigung mit dem Instrument auch ein meditativer Akt sein kann und sein soll, wird selten vermittelt.

1.2 Grundzüge des Kampfsports

Im Folgenden möchte ich die Unterrichtsprinzipien des Kampfsports am Beispiel Taekwondo zeigen. Taekwondo deswegen, weil ich diesen koreanischen Weg der Kampfkunst für mich entdeckt habe und seit vielen Jahren ausübe.

Taekwondo wird in zwei unterschiedlichen Richtungen gelehrt: traditionell und olympisch. Diese unterscheiden sich in der Art und Weise der vorgegebenen Formen (Pomse 1 oder Hyongs 2) und in der Art der Zweikämpfe. Die Art zu unterrichten ist aber bei beiden Wegen sehr ähnlich und auch die Prüfungssituationen sind vergleichbar. Meine Beispiele werden mit der traditionellen Form zu tun haben, da ich diese Richtung für mich gewählt habe.

Taekwondo-Unterricht

Besucht man eine Taekwondo-Unterrichtsstunde, fällt auf, dass vom Anfänger bis zum Meistergrad alle Schüler gemeinsam unterrichtet werden. Nur vereinzelt gibt es Spezialstunden, die nach dem jeweiligen Können der Schüler angeboten werden.

Zu erkennen ist der Grad des Teilnehmers an der unterschiedlichen Farbe des Gürtels, angefangen von weiß über gelb, grün, blau, rot bis zum Schwarzgurt. In einigen Schulsystemen werden auch noch Zwischengrade verliehen, deren aktuelle Gürtelfarbe dann mit einem Streifen der zu erreichenden versehen wird, beispielsweise weiß-gelb. Träger eines schwarzen Gürtels haben den Meistergrad (Dan) erreicht.

Diese Dan-Träger können sich ebenfalls noch weiterentwickeln, je nach Schulsystem bis zum 6. oder 7. Grad oder noch mehr. Um ein Training leiten zu dürfen, bedarf es eines schwarzen Gürtels. Nur wer diesen durch viel Training und nach dem Absolvieren aller übrigen Prüfungen erreicht hat, besitzt die nötige Kompetenz, um seinen Schülern gerecht zu werden.

Eine Unterrichtsstunde beginnt in der Regel mit Aufwärmübungen, die in jedem Training ähnlich, aber nicht immer gleich sind. In dieses Vorbereiten des Körpers auf anspruchsvollere Übungen fließen nach und nach Bewegungsabläufe ein, die komplexer sind als die Standardübungen. Von Anfang an wird dem Schüler ein Maß an Konzentration abverlangt, das es ihm nicht ermöglicht, passiv zu bleiben. In der Gruppe entsteht sofort eine Atmosphäre wirklich gemeinsamen Trainings. Entzieht sich ein Schüler dieser Atmosphäre, zum Beispiel weil er müde oder gedanklich noch nicht ganz anwesend ist, wird ihm vom Trainer besondere Aufmerksamkeit geschenkt. In einem Fördern und Fordern holt der Meister diesen Schüler zurück in das gemeinsame Training.

Ein besonderes Gruppengefühl entsteht durch die Verantwortung, die jeder Schüler durch seine Gürtelfarbe zugeteilt bekommt. Grundsätzlich ist jeder Farbgurt angehalten, als Vorbild für diejenigen zu dienen, die vom Rang her niedriger eingeordnet sind als er selbst. Jeder, mit Ausnahme der Weißgurte, ist also ein Co-Trainer, da er Bewegungsabläufe möglichst so präsentiert, dass man sich »etwas davon abschauen« kann. Man ist also immer Lernender und Lehrender zugleich.

Nach dem Aufwärmen gibt es einen fließenden Übergang in immer komplexer werdende Bewegungsabläufe. Diese Übungen sind oft vom Lehrer entwickelt und basieren auf den Erfahrungen, welche dieser wiederum mit seinen eigenen Lehrern gemacht hat. Bei unterschiedlichen Lehrern hat somit jedes Training einen eigenen Charakter. Der Schüler lernt dadurch sehr viele Facetten des Kampfsports kennen, da jeder Meister unterschiedliche Prioritäten setzt.

Oft folgen darauf Partnerübungen in Form von Dehnübungen, Kicken auf das Pad 3 oder Freikampf 4, der im traditionellen Taekwondo meist ohne Körperkontakt oder nur mit entsprechender Schutzkleidung geführt wird. Partnerübungen dienen dazu, sich auf ein Gegenüber einzustellen und ein Ziel für seine Bewegungen, in der Regel Angriffe oder Abwehrstellungen, zu haben.

Doch auch im übrigen Training gibt es einen Partner, der gleichzeitig wohl einer der schwierigsten Gegner ist: man selbst.

Taekwondo-Schulen sind immer mit einem großen Spiegel oder sogar einer ganzen Spiegelwand ausgestattet. Da man in diesem Spiegel sich selbst sieht, übt man mit einem gleich großen Gegenüber. Die Faust zielt beispielsweise auf einen Solarplexus, welcher der eigenen Körpergröße entspricht. Bewegungen werden dadurch sehr präzise, außerdem hat man immer eine optische Kontrolle seiner selbst und sieht, ob Bewegungen harmonisch sind, ob Fuß- oder Armstellungen genau sind und ob Drehungen um die eigene Achse auch wirklich dort enden, wo es gewünscht ist.

Meist im letzten Drittel des Trainings werden Hyongs gelaufen. Insgesamt 24 dieser vorgegebenen Bewegungsabläufe gibt es, die mit steigender

Nummerierung immer komplexer und anspruchsvoller werden. Jede dieser Formen hat einen bestimmten Namen und eine Bedeutung, die meist mit der koreanischen Geschichte verbunden ist. Die erste, Chon-Ji, ist Himmel und Erde gewidmet, die letzte, T’ong-Il, der Wiedervereinigung Koreas, einem für Koreaner enorm wichtigen Thema.

Hyongs bieten nicht enden wollende Möglichkeiten, verbessert zu werden. Selbst die Chon-Ji-Hyong, die Nummer 1, welche »nur« aus einer Abfolge von zwei unterschiedlichen Blöcken und darauf folgenden Fauststößen besteht, lässt sich nach Jahren des Trainings noch verbessern, sei es durch eine genauere Handhaltung, die Präzision der Fußstellung oder die investierte Kraft oder Energie. Betrachtet man die höheren Hyongs, so würde durch deren Komplexität selbst nach einem kompletten Menschenleben immer noch genug Potenzial zur Verfügung stehen, Details zu verbessern.

Das Augenmerk ist also darauf gerichtet, sich stetig zu verbessern, nicht aber, die eine, die perfekte Version zu beherrschen. Es geht vielmehr darum, den eigenen Rhythmus zu finden, die eigene Harmonie der Bewegungen und, nach dem Grad der persönlichen Entwicklung, der Hyong einen individuellen Charakter zu verleihen.

Weitere Trainingsbestandteile sind Ilbo-Taeryon und Hosinsul, traditioneller Ein-Schritt-Kampf und waffenlose Selbstverteidigung.

Ilbo-Taeryon-Techniken können vorgegeben sein oder selbst entwickelt werden. Im Ein-Schritt-Kampf ist das Ziel, einen Angriff (meist in Form eines Fauststoßes) schnell und effizient abzuwehren und den Gegner durch einen darauf folgenden Angriff zu besiegen.

Hosinsul ist das, was im Allgemeinen als Selbstverteidigung bezeichnet wird, also die Abwehr tätlicher Angriffe mit dem Ziel, den Angreifer auszuschalten.

Dies sind die Teile des Trainings, die einer wirklichen Auseinandersetzung mit einem Gegner am meisten ähneln. Auch der Freikampf, der in der Regel ohne Körperkontakt stattfindet, stellt eine wirkliche Kampfsituation dar. Hier versucht man möglichst viele der Kicks und Handtechniken anzuwenden. Ziel ist, den Partner dort zu treffen, wo er tatsächlich verwundbar ist. Auch ohne Körperkontakt ist ersichtlich, ob ein Schlag, Stoß oder Kick (Fußtritt) 5 erfolgreich gewesen wäre. Am Rücken z. B. ist deren Wirkung sehr begrenzt, trifft man aber den Bauchraum, vor allem den Solarplexus, wäre das für den Gegner sehr schmerzhaft oder unter Umständen sogar tödlich. Andere effektive Ziele sind Gesicht, Hals und Knie. Nun ist es so, dass das Gegenüber ebenfalls angreift oder die eigenen Angriffe pariert, sei es durch ein schnelles Ausweichen oder einen effektiven Block. Auch im Freikampf ist also höchste Konzentration gefordert.

Durch die unterschiedlichen Bestandteile ist jedes Training anders. Der Lehrer legt fest, welche Komponenten in der jeweiligen Unterrichtseinheit besondere Geltung bekommen. Auch wenn bestimmte Teile eines Trainings Standard sind, so sind diese nie komplett gleich und legen das Augenmerk immer auf etwas anderes als in der Stunde vorher.

Taekwondo und Fehler

Obwohl es im Taekwondo um Kraft, Beweglichkeit, Schnelligkeit und Präzision geht, gibt es etwas, das diese traditionelle Kampfsportart, und viele andere auch, von der musikalischen Praxis unterscheidet: Fehler werden nicht als solche definiert, sondern als Weg, der über Verbesserung zur Erkenntnis führt.

Die stetige Entwicklung des Übenden, sowohl in körperlicher Hinsicht, als auch vor allem aber in Bezug auf seine Persönlichkeit, seine Entschlusskraft und Konzentration sind das Wesen dieser Kampfkunstphilosophie. Diese Entwicklung steht in der Verantwortung des Lehrers, der Möglichkeiten aufzeigt, etwas zu verbessern, der aber gleichzeitig den Fokus niemals auf das richtet, was noch nicht beherrscht wird.

Die Grundhaltung des Schülers ist dadurch automatisch eine positive, da er nicht auf das achten wird, was er nicht kann, sondern ausschließlich versuchen wird, sich zu verbessern.

Somit ist Taekwondo – körperliche Eignung vorausgesetzt – ein Sport, der wirklich allen Menschen offensteht, unabhängig davon, welche intellektuellen Fähigkeiten dem Schüler zu eigen sind. Je nach Begabung werden die Fortschritte unterschiedlich schnell, aber immer stetig sein. Jeden Schüler nach seinen Fähigkeiten herauszufordern, zu fördern und weiterzubringen ist das Ziel dieses Lehrsystems.

Die Prüfungen im Taekwondo