P.S. Ich bin schwanger! (4-teilige Serie) - Kelly Hunter - E-Book

P.S. Ich bin schwanger! (4-teilige Serie) E-Book

KELLY HUNTER

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Beschreibung

1001 KUSS - UND DANN SCHLUSS?

Nur noch einmal die Freiheit genießen! Bevor er die Thronfolge in seinem fernen Wüstenreich antreten muss, will der glutäugige Prinz Razi eine letzte Nacht der Sünde erleben: Ohne Zwänge, ohne Pflichten! Ist die junge Lucy die Richtige für seinen lustvollen Plan? Als ihm die süße Köchin in einem Luxushotel über den Weg läuft, ist spontan sein Appetit geweckt. Mit all seinem Charme verführt er Lucy zum Liebesspiel. Allerdings mit ungeahnten Folgen, wie er nur wenig später erfahren muss. Denn Lucy folgt ihm heimlich in seine Heimat, mit Zwillingen unter dem Herzen. Ein Skandal!

VORSICHT, CASANOVA!

Er sieht ja noch besser aus als damals, denkt Mariel erschrocken, als Dane Huntington ihr auf der Party lässig entgegen schlendert. Alle Alarmglocken läuten schrill. Keine Frage, es wäre mehr als vernünftig, den heiß begehrten Junggesellen zu ignorieren. Und vor allem, sich nicht von ihm nach Hause bringen zu lassen! Doch dazu prickelt es zwischen ihr und Mr. Unwiderstehlich einfach viel zu aufregend. Und kurz darauf macht Dane ihr einen Vorschlag, der einerseits unmöglich ist - andererseits aber höchst verführerisch: Er will sich mit ihr zum Schein verloben …

VERFÜHRT, VERLOBT VERLIEBT?

Eine Mischung aus Abenteurer, Pirat und sexy Verführer - so steht Greyson Tyler überraschend vor Charlotte. Schon auf dem Foto sah er gut aus, aber live ist er geradezu umwerfend! Am liebsten würde Charlotte vor Scham in den Boden versinken. Denn sie muss ihm gestehen, dass sie ihn frech als ihren Verlobten ausgegeben hat, während er auf einer Exkursion war. Doch Greyson überrascht sie ein zweites Mal: Mit blitzenden Augen schlägt er vor, auch in Wirklichkeit als Paar aufzutreten. Nichts als ein praktisches Arrangement - oder der Beginn einer prickelnden Affäre?

AUF WOLKE SIEBEN MIT DEM BOSS

Erstaunt bleibt Joe an der Schlafzimmertür stehen: Eine wunderschöne Frau räkelt sich sexy auf seinem Bett - seine erste große Liebe Mirandi! Offensichtlich arbeitet sie für seine Firma, sollte etwas in seinem Apartment abgeben und hat gleich mal kess sein Bett ausprobiert. Doch ihre Entschuldigung winkt er lässig beiseite. Er hat einen Entschluss gefasst: Mirandi wird seine neue, sehr persönliche Assistentin und soll ihn auf eine Geschäftsreise an die Riviera begleiten. Heimlich wünscht er sich nur eins: dass sie da weitermachen, wo sie das letzte Mal aufgehört haben …

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Seitenzahl: 798

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Susan Stephens, Anne Oliver, Kelly Hunter, Anna Cleary

P.S. Ich bin schwanger! (4-teilige Serie)

IMPRESSUM

JULIA erscheint 14-täglich im CORA Verlag GmbH & Co. KG,

20350 Hamburg, Axel-Springer-Platz 1

Redaktion und Verlag:

Brieffach 8500, 20350 Hamburg

Tel.: 040/347-25852

Fax: 040/347-25991

Geschäftsführung:

Thomas Beckmann

Redaktionsleitung:

Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)

Cheflektorat:

Ilse Bröhl

Lektorat/Textredaktion:

Sarah Hielscher

Produktion:

Christel Borges, Bettina Schult

Grafik:

Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

Vertrieb:

asv vertriebs gmbh, Süderstraße 77, 20097 Hamburg Telefon 040/347-29277

Anzeigen:

Christian Durbahn

Es gilt die aktuelle Anzeigenpreisliste.

© 2010 by Susan Stephens

Originaltitel: „Ruling Sheikh, Unruly Mistress“

erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London

in der Reihe: MODERN HEAT

Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe: JULIA

Band 042011 (4/3) 2011 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg

Übersetzung: Trixi de Vries

Fotos: f1 online

Veröffentlicht im ePub Format in 02/2011 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

ISBN-13: 978-3-86349-675-3

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.

JULIA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Satz und Druck: GGP Media GmbH, Pößneck

Printed in Germany

Aus Liebe zur Umwelt: Für CORA-Romanhefte wird ausschließlich 100 % umweltfreundliches Papier mit einem hohen Anteil Altpapier verwendet.

Der Verkaufspreis dieses Bandes versteht sich einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:

BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, HISTORICAL MYLADY, MYSTERY,

TIFFANY HOT & SEXY, TIFFANY SEXY

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Susan Stephens

1001 Kuss – und dann Schluss?

PROLOG

„Geheimnisvoller als die Nacht und doppelt so gefährlich“ – so lautete die Beschreibung der Gebrüder al Maktabi in der Zeitschrift, die Razi al Maktabi sich vom Schreibtisch seiner Sekretärin geschnappt hatte. Augenzwinkernd gab er sie etwas später der einzigen Frau zurück, die wusste, wie er seinen Kaffee am liebsten trank.

Anschließend schlenderte er in sein Chefbüro im Maktabi Communications Tower und schloss die Tür hinter sich. Offensichtlich hatte die Presse es mal wieder auf ihn abgesehen. Razi stellte sich an die Fensterfront und machte seinen ersten Anruf. Während er darauf wartete, dass der Teilnehmer sich meldete, betrachtete er die graue Themse. Das stete Treiben auf dem Fluss beruhigte ihn. Am anderen Ufer erstreckte sich das Parlamentsgebäude in – wie es schien – unmittelbarer Nähe seines Penthouses. Er hatte die Firma zu einem international tätigen Konzern ausgebaut, nun wurde es Zeit, sich anderen Aufgaben zu widmen. Der Phönixthron der Isla de Sinnebar wartete auf ihn. Doch bevor er sein Amt in dem Wüstenkönigreich antrat, wollte er sich noch einmal mit seinen Freunden treffen.

Der Zeitschriftenartikel enthielt auch einige Fakten, wie Razi zugeben musste, während er darauf wartete, dass Lord Thomas Spencer-Dayly sich in seinem Herrenhaus in Gloucestershire bequemte, ans Telefon zu gehen. Razis älterer Bruder Scheich Ra’id al Maktabi war tatsächlich unerbittlich, und das aus gutem Grund. Ihr Vater hatte unzählige Kinder und somit Anwärter auf Ra’ids Thron gezeugt.

Das erklärte, warum Ra’id das Scheichtum mit eiserner Faust regierte, was ihm den dramatischen Spitznamen ‚Schwert der Vergeltung‘ eingebracht hatte. Der Journalist hatte allerdings eine Tatsache unerwähnt gelassen: Razi würde sein Leben für seinen Bruder geben. Denn dieser hatte ihm die Kindheit erträglich gemacht und sich dafür eingesetzt, dass er dieselben Rechte hatte wie Ra’id als ehelicher Sohn ihres Vaters.

Razi strahlte, als er endlich die Stimme seines engsten Freundes hörte.

„Was gibt’s, alter Junge?“, fragte Tom verschlafen. Offenbar war er gerade erst aufgestanden.

Razi erzählte ihm von seiner Idee.

„Gibt die Presse mal wieder keine Ruhe?“, fragte Tom amüsiert.

„Ach, es interessiert mich nicht, was die sich zusammenschreiben. Mir geht es vielmehr darum, dass wir uns alle noch einmal treffen, bevor ich das Ruder übernehme.“

Beide Männer wussten, dass Razi als Herrscher über die Isla de Sinnebar eine schwierige Aufgabe erwartete. Mit dem Tag der Thronbesteigung musste er sich ganz dem Wohlergehen seines Volkes widmen.

„Ich freue mich auf die Herausforderung, Tom.“

„Ich weiß … ich weiß.“

Tom konnte durchaus ernst sein, doch jetzt war es wichtiger, seinen besten Freund aufzumuntern. „Es gibt keine Zeitung, aus der mir dein hässliches Gesicht nicht entgegenstarrt“, sagte er vorwurfsvoll. „Ich habe die Morgenzeitungen vor mir liegen.“

Als Razi einfiel, dass der Butler die Zeitungen immer zuerst bügelte, bevor er sie Tom brachte, lächelte er amüsiert.

„Hier, hör dir das an!“ Hektisch blätterte Tom in einer Zeitung. „Wird es dem Playboyprinzen gelingen, auf der Isla de Sinnebar ein ebensolches Wunder zu vollbringen wie mit Maktabi Communications?“

„Ich habe die Zeitungen bereits gelesen, Tom.“

„Hier wird behauptet, du wärst eine Gefahr für jede Frau.“

„Meine Geschäfte sind meine Leidenschaft“, widersprach Razi. Bald würde er seine Fähigkeiten auf die Führung seines Landes konzentrieren.

„Und was ist mit Frauen?“, hakte Tom nach. So leicht ließ er sich nicht abspeisen.

„Im Moment gibt es keine.“ Aber natürlich konnte er jeder Frau gefährlich werden, die das zuließ.

Tom lachte ungläubig. „Lange wirst du sicher nicht allein sein. Diese Journalistin beschreibt dich und deinen Bruder als gebildete Muskelprotze.“

„Ja, das gefällt mir.“ Toms gute Laune war ansteckend. „Und es geht noch weiter. Sie schreibt, wir seien leidenschaftliche Kämpfer und Liebhaber.“

„Berichtet sie aus eigener Erfahrung?“, fragte Tom neugierig.

„Moment, ich muss mal überlegen. Gab es mal eine unverfrorene Frau, die sich Notizen beim Sex mit mir gemacht hat?“

Lachend las Tom weiter. „Razi al Maktabis eindringlicher Blick und der fantastische Körper, den er unter eleganten Maßanzügen versteckt, machen ihn so überlegen.“

Razis smaragdgrünen Augen standen in starkem Kontrast zu dem blauschwarz schimmerndem Haar und dem bronzefarbenen Teint seiner Vorväter, den Beduinen. Augenfarbe und Mund hatte er von der englischen Kurtisane geerbt, die seinen Vater verhext hatte.

Diese Frau hatte ihn einfach der Obhut von Kindermädchen am Hofe übergeben. Doch das war eine andere Geschichte. Die Vergangenheit interessierte ihn nicht mehr. Und er brach auch keine Herzen oder war darauf aus, sich an Frauen dafür zu rächen, was seine Mutter ihm angetan hatte. Im Gegenteil: Er vergötterte Frauen. Daran hatten auch die zahlreichen Versuche, ihn vor den Traualtar zu zerren, nichts geändert.

„Lass es gut sein, Tom. Kommst du nun mit zum Skilaufen oder nicht?“

Wie erwartet, sagte Tom begeistert zu. Die Skifirma gehörte zu Razis Konzern. Sie warf zwar keinen großen Gewinn ab, doch er behielt sie, weil es ihm Spaß machte, jedes Jahr ein anderes Chalet zu testen. Gab es eine schönere Möglichkeit, noch einmal das Leben und die Freundschaft zu genießen, als in die Berge zu fahren, bevor ihn die Pflicht endgültig rief?

„Allerdings müssen wir dir wohl eine Tüte über den Kopf stülpen, damit uns die Damen in Ruhe lassen.“

„Neben euch bin ich völlig unauffällig.“

„Meinst du?“ Tom war skeptisch.

„Wir werden völlig unter uns sein. Ganz ohne Frauen.“

„Das glaubst du doch wohl selbst nicht.“ Tom widersprach mit seinem für die britische Aristokratie typischen Akzent, über den Razi sich immer amüsierte. „Wie willst du sie denn auf Distanz halten?“

„Das ist deine Aufgabe, Tom.“ Razi liebte dieses humorvolle Geplänkel, das sie schon während der Schulzeit und später bei der Eliteeinheit verbunden hatte. „Du warst immer mein Lieblingsaußenverteidiger. Gib mir einfach Rückendeckung.“

„Und wenn es zu einem Frontalangriff kommt?“

„Dann, mein lieber Tom, wartest du mein Zeichen ab.“

1. KAPITEL

Angespannt hielt Lucy Tennant die Liste der Gäste in der Hand, die diese Woche erwartet wurden.

„He, was ist los?“, fragte ihre Kollegin Fiona, die ebenfalls in dem Nobelchalet arbeitete und sich gern eine halbe Stunde früher in den Feierabend verabschiedete. „Nach deiner Miene zu urteilen, stehen uns schwierige Gäste ins Haus.“

„Halb so wild.“ Geistesabwesend schaute Lucy in die Flammen des duftenden Kaminfeuers, das sie kurz zuvor entzündet hatte. Vor einigen Minuten hatte sie noch im siebten Himmel geschwebt, weil ihre Kollegen und Chefs sie zur Mitarbeiterin des Jahres gewählt hatten. Die Würdigung ihrer Arbeit im Chalet bedeutete ihr sehr viel. Außerdem war dies ihre erste Auszeichnung. Aber neben dem Glückwunschschreiben steckte die Liste mit den Vorlieben der Gäste, die sich für eine Woche im Chalet eingemietet hatten. Ein Blick darauf, und ihr Hochgefühl verschwand wieder.

Thomas Spencer-Dayly: keine besonderen Wünsche

Sheridan Dalgleath: Porridge mit Salz, Single Malt Whisky und Rindfleisch nur von

Aberdeen Angus Rindern

William Montefiori ausschließlich frisch hergestellte Pasta

Theo Constantine: guter Champagner – und viel davon

Ein weiterer Gast

Der letzte Eintrag beunruhigte sie. Unwillkürlich erschauerte sie. Außerdem stand auf der Liste, dass die Gruppe von zwei Leibwächtern begleitet wurde. Der eine sollte im obersten Stockwerk untergebracht werden, sein Kollege im kleinen Gästezimmer gegenüber dem Skiraum.

Offenbar handelte es sich um hochkarätige Kunden, wenn sie sogar ihre eigenen Bodyguards mitbrachten. Genau das bereitete ihr Kopfzerbrechen. Allerdings fragte sie sich jedes Mal, wenn sie so eine Liste in der Hand hielt, ob sie den Ansprüchen der Gäste genügen würde. Denn ihr Ziel war es, die Erwartungen ihrer Kunden zu übertreffen.

Trotzdem: So unsicher hatte sie sich noch nie gefühlt. Noch einmal überflog sie die Liste. So außergewöhnlich waren die Wünsche nun auch wieder nicht. Das war alles machbar. Und doch blieb ein ungutes Gefühl.

Energisch versuchte sie, sich zu beruhigen. Sie arbeitete in einem der teuersten Chalets, die man in einem der exklusivsten Skiorte der Welt mieten konnte. Sie war den Umgang mit reichen Gästen gewohnt und wusste mit ihnen und ihrer Entourage umzugehen. Außerdem war diese Gruppe vergleichsweise übersichtlich und stellte wirklich keine übertriebenen Ansprüche. Aus Erfahrung wusste sie, dass eine Männergruppe sowieso die meiste Zeit auf den Skihängen verbrachte. Sie würde sie also nur zu den Mahlzeiten sehen. Viel gutes Essen, heiße Duschen, saubere Handtücher und Drinks, wenn sie vom Skilaufen zurückkehrten – mehr wurde vermutlich nicht von ihr verlangt. Da sie unter Brüdern aufgewachsen war, kannte sie sich im Umgang mit Männern aus.

Wahrscheinlich haben die Gäste alle exklusive Internate besucht, vermutete Lucy und studierte erneut die Namen. Ein Gast wollte inkognito bleiben. Dafür konnte es verschiedene Gründe geben – und keiner ging sie etwas an.

Sie strich sich eine honigblonde Strähne aus dem Gesicht und wusste plötzlich, was sie so beunruhigte. Der handschriftliche Vermerk ganz unten auf der Liste. Dort stand: „Wenn jemand dieser Gruppe gewachsen ist, dann du, Lucy.“ Übersetzt bedeutete es, dass man von ihr erwartete, gelassen auf die Sonderwünsche der Gäste zu reagieren.

Lucy Tennant war nämlich nicht nur eine Sterneköchin, sondern auch ein ruhiges, bescheidenes Mädchen, das stolz darauf war, im exklusivsten Chalet der Firma zu arbeiten. Sie arbeitete nicht nur sehr hart, sondern beschwerte sich auch nicht. Ihre Vorgesetzten wussten das. Aber dieses Mal verschwiegen sie ihr etwas, das spürte sie.

Nun, sie würde es noch früh genug erfahren. Schluss mit den Überlegungen. Es wurde Zeit, sich an die Vorbereitungen zu machen. Da Fiona sich lieber vergnügte, als den ganzen Tag im Chalet zu arbeiten, blieb mehr Arbeit an Lucy hängen. Dabei hätte sie auch gern die kristallklare Alpenluft genossen.

Sie schob den elegant geschnitzten Stuhl zurück und ging zum Fenster. Nachdem sie die kirschroten Vorhänge etwas weiter über die Spitzengardine gezogen hatte, blickte sie sehnsüchtig hinaus. Es war wirklich ein Jammer, so einen perfekten Tag zum Skilaufen im Haus verbringen zu müssen. Aber die Arbeit machte sich nicht von allein.

Außerdem liebte sie ihre Arbeit. Und hier zu arbeiten, wo sie die Freiheit der Berge, die Stille, die Weite und die berauschende Luft förmlich schmecken konnte, bedeutete ihr sehr viel.

Allerdings war sie hier auch einsam.

Doch darüber wollte sie jetzt nicht nachdenken. Wie sollte man in dieser schicken französischen Stadt nicht einsam sein, wenn hier nur Paare auftauchten? Lucy hatte immer gewusst, dass sie nie dazugehören würde und gab sich damit zufrieden, die Energie und das Vergnügen der anderen mitzuerleben. Sie war schüchtern, pummelig und unauffällig. Da hatte man es in Gesellschaft glamouröser, selbstbewusster Menschen schwer, die zudem vollen Körpereinsatz zeigten – nicht nur beim Skilaufen. Aber sie durfte für sie kochen und es ihnen im Chalet so gemütlich wie möglich machen. Das war eine lohnende Aufgabe, mit der sie sich einstweilen zufriedengab.

Eines Tages werde ich meinem Prinzen begegnen, dachte Lucy verträumt und berührte den silbernen Schuh, den sie als Glücksbringer an einer Kette um den Hals trug. Hoffentlich übersah er sie nicht unter den vielen hübschen, schlanken, trainierten Mädchen!

„Bis später!“

Die Haustür fiel ins Schloss, und Lucy beobachtete, wie Fiona sich in die Arme ihrer neuesten Eroberung warf.

Lucy wandte sich ab. Die Schneelandschaft mit den hohen Bergen, der klaren Luft und dem gleißenden Licht, das zwischen den zerklüfteten Granitspitzen hindurch bis ins Tal fiel, war wirklich zauberhaft. Aber noch wichtiger waren ihr die entspannte, fröhliche Arbeitsatmosphäre, der Zusammenhalt mit den Kollegen und die Herzlichkeit der Gäste. Was sie zu Hause im Zentrum einer nach Abgasen stinkenden, lauten Stadt bei ihrer Familie vermisste, die ihre Nasen ständig in Bücher steckte, fand sie hier in dieser ursprünglichen Wildnis.

Aufmerksam überprüfte sie den Inhalt des Kühlschranks. Sie las auch gern, aber sie setzte das Gelesene auch gern in die Praxis um. Darum war sie hier gelandet – in der pittoresken Ecke eines Alpendorfs, mit einem Gebirgsbach vor dem Holzchalet. Sie genoss die Auswahl köstlicher Käsesorten aus der Region und die Milch und Sahne im Kühlschrank, die sie von Bauernhöfen in der Umgebung bezog. Noch immer fiel es ihr schwer zu glauben, dass sie mit den Erzeugern der Region bestmögliche Konditionen aushandelte und tatsächlich für die Skisaison bei einer der Topfirmen in Val d’Isère als Köchin angestellt war.

Aber sie hatte dafür auch einiges getan. Lucy schrieb schnell auf, was sie für die vor ihr liegende Woche bestellen musste und machte den Kühlschrank wieder zu. Vor dem verantwortungsvollen Job im französischen Chalet hatte sie in einem englischen Nobelrestaurant das Kochen von der Pike auf gelernt. Monsieur Roulet persönlich hatte ihr das alles entscheidende Empfehlungsschreiben mit auf den Weg gegeben. Natürlich war es ständig eine neue Herausforderung, für anspruchsvolle Kunden zu kochen, aber das machte ja gerade den Reiz dieser Aufgabe aus. Außerdem hatte Lucy endlich die Gelegenheit bekommen, aus dem Schatten ihrer Brüder herauszutreten.

Lucys sechs Brüder zeichneten sich auf Gebieten aus, die ihre Eltern höher einschätzten als die Kochkünste ihrer Tochter. Ihr Selbstbewusstsein hatte einen empfindlichen Dämpfer bekommen, als ihre Mutter ihr eines Tages anvertraut hatte, sie hätten keine Ahnung, was sie mit einer Tochter anfangen sollten – dazu noch mit einer, die kochte! In den Augen ihrer Mutter wirkte sich die Leidenschaft fürs Kochen abwertend auf die Stellung als Frau in der Gesellschaft aus. Als sie dann noch in ihrer lässigen, leicht abwesenden Art hinzugefügt hatte, Lucy sollte lieber zu Hause bleiben und für ihre Familie kochen, weil sie dann wenigstens keinen Unsinn anstellen konnte, war das Maß voll gewesen. Lucy hatte gewusst, dass es an der Zeit war, eigene Weg zu gehen.

Lucy lächelte trocken. Ihre Mutter würde es wahrscheinlich begrüßen, dass Männer sie wie eine kleine Schwester behandelten. Wenigstens war sie den ständigen Erwartungen ihrer Familie entkommen und hatte nun Gelegenheit herauszufinden, wer sie eigentlich war. Es gefiel ihr, Menschen mit ihren Kochkünsten zu erfreuen und Anerkennung zu erfahren.

Die Familie war völlig überrumpelt gewesen, als Lucy verkündet hatte, sie habe einen Ausbildungsplatz bei Monsieur Roulet erhalten. Auch sie selbst war überrascht gewesen, dass der furchterregende Sternekoch sie tatsächlich nehmen wollte. Als er sie nach der Ausbildung dann zur Seite nahm, ihr riet, ins Ausland zu gehen und ihr sogar ein persönliches Empfehlungsschreiben mitgab, konnte sie ihr Glück kaum fassen. Um den Mann, der ihre Karriere gefördert hatte, nicht zu enttäuschen, kam sie auf die kühne Idee, eine Dinnerparty für die Direktorin der Firma auszurichten, der die nobelsten Chalets der Welt gehörten. Lucys ungewöhnlicher Ansatz hatte die Frau beeindruckt, und die Dinge nahmen ihren Lauf. Triumphierend war Lucy an dem Abend nach Hause gekommen, hatte sich beim Essen geduldig die üblichen akademischen Diskussionen angehört und vergeblich versucht, ihre aufregenden Neuigkeiten vorzutragen.

Genug davon! Wenn sie sich nicht bald ins Zeug legte, würde sie womöglich noch den Job verlieren, der ihr so viel Freude bereitete. Fiona hatte es mal wieder ihr überlassen, die Betten zu machen und die Böden zu wischen. Wenigstens das Essen war vorbereitet. Nur die Ungewissheit über den inkognito reisenden Gast bereitete ihr nach wie vor Bauchschmerzen.

Razi zerknüllte den Brief, der ihm per Kurier zum Hubschrauber zugestellt worden war. Am liebsten hätte er die alte Garde der Isla de Sinnebar höchstpersönlich zur Rede gestellt und sich deren Einmischung verbeten.

Doch dann hätte er die Reise mit seinen Freunden stornieren müssen.

Er hatte kaum Augen für die atemberaubende Landschaft schneebedeckter Berggipfel, die sie gerade überflogen. Was fiel diesen Leuten eigentlich ein, ihn mit einer Cousine zu verloben, die er noch nie im Leben gesehen hatte? Natürlich war sein Thron der wahre Grund. Und nicht nur der Thron von Isla de Sinnebar, es ging auch um Ra’ids Thron auf dem Festland, den nur eine Meerenge von der Insel trennte. Aber wenn sich jemand einbildete, er würde sich gegen seinen eigenen Bruder stellen …

Wütend riss Razi das Päckchen auf, das ihm zusammen mit dem Brief ausgehändigt worden war und hielt ein Foto in der Hand. Aufmerksam betrachtete er die bildhübsche junge Frau: Leila, eine entfernte Cousine. Ihr langes schwarzes Haar schimmerte, ihr Blick war traurig. Sie war wirklich eine Schönheit, doch leider empfand er nichts für sie.

„Arme Leila“, murmelte er leise und voller Mitgefühl für das Mädchen, das sicher wusste, dass seine skrupellosen Verwandten es als Schachfigur auf dem politischen Parkett missbrauchten.

Er wickelte das Bild zurück in die Seidenhülle und schob es in das Netz neben seinem Sitz. Es kam überhaupt nicht infrage, dass er sich von irgendjemandem zur Ehe zwingen ließ. Er würde sich seine zukünftige Frau selbst aussuchen. Sie musste cool, intelligent und weltgewandt sein und jeden Hollywoodfilmstar in den Schatten stellen.

Was für ein Desaster! Sie hatte alles fallen lassen. Die mit viel Liebe zubereiteten Kanapees lagen auf dem Boden verstreut und schwammen im verschütteten Champagner. Ein Mann wischte sich über die durchnässte Jeans, und der inkognito angereiste Gast blickte Lucy ärgerlich an.

Nicht einmal ihre Ausbildung bei dem Furcht einflößenden Monsieur Roulet hatte sie auf ihre erste Begegnung mit diesem mysteriösen Gast vorbereitet. Er war groß, hatte einen bronzefarbenen Teint und hielt sich offensichtlich sehr fit. Seine Persönlichkeit füllte den ganzen Raum aus, und sein vernichtender Blick verwandelte Lucy in ein bebendes Nervenbündel.

Im Nu war alles ruiniert. Ihr Patzer war ein Kündigungsgrund. Bei dieser Vorstellung kamen Lucy die Tränen. Sie hatte alles so sorgfältig geplant. Um vier Uhr morgens war sie aufgestanden, um das Chalet für die Gäste herzurichten und die Mahlzeiten vorzubereiten.

Nichts hatte sie dem Zufall überlassen. Im Kamin brannte ein Feuer, ein frischer Blumenstrauß auf dem Tisch verbreitete den zarten Duft der französischen Alpenlandschaft. Und das Chalet war so sauber, dass man das exklusive, sorgfältig zubereitete Festessen vom liebevoll polierten Eichenfußboden hätte essen können.

Das Menü war aus erlesenen Delikatessen komponiert, denen nicht einmal die Gaumen der anspruchsvollen Männer würden widerstehen können. Besagte Männer saßen auf dem Sofa. Auf ihren Mienen spiegelte sich Erstaunen über Lucys Ungeschicklichkeit. Der Mann im Schatten, der sie vom ersten Augenblick an in seinen Bann gezogen hatte, musterte sie dagegen abfällig. Sie hatte nicht nur versehentlich das Tablett vom Tisch gestoßen, als ihr Blick dem des geheimnisvollen Gastes begegnet war, sondern auch die Designerjeans eines seiner Freunde durchnässt. Alle fünf Männer waren ausgesprochen attraktiv, was sie jedoch kaum wahrgenommen hatte. Vom ersten Blick an hatte sie nur Augen für den Fremden gehabt, der sie so eindringlich gemustert hatte, dass sie gestolpert und an den Tisch gestoßen war.

Wie konnten grüne Augen so strahlen? Wie konnte ein Mann in Begleitung vier unglaublich gut aussehender Männer diese völlig in den Hintergrund drängen?

Endlich gelang es Lucy, den Blick abzuwenden. Resolut riss sie sich zusammen und konzentrierte sich auf ihren Job. Sie war nicht bereit, ihn wegen eines bezwingenden Blicks zu riskieren. „Ich bitte vielmals um Verzeihung, Gentlemen. Wenn Sie erlauben, werde ich den Schaden schnell beheben.“

Da machte er einen Schritt vorwärts. „Sollten wir einander nicht erst einmal vorstellen?“, fragte er kühl.

Aus seinem Mund klang das wie ein Befehl. Hastig hob sie die zerbröselten Kanapees auf. „Ja, Entschuldigung.“ Sie sah auf, bemerkte, dass sie auf Augenhöhe mit einem bestimmten Körperteil von ihm war, was ihr einen Schock versetzte, und ließ den Blick schnell weiter hinaufgleiten. Lucy sah in ein unglaublich schönes Gesicht, das sie am liebsten für immer und ewig angesehen hätte. Der Mann hatte dichtes blauschwarzes Haar, das sich an seine hohen Wangenknochen schmiegte und ihm wellig bis auf die stolz geschwungenen Brauen fiel. Einige Strähnen hatten sich in den Koteletten verfangen. Ein blauschwarzer Schatten verriet starken Bartwuchs.

Was für ein Mann, dachte sie und richtete sich wieder auf.

Er strahlte unnachgiebige Autorität aus, und es war offensichtlich, dass er der führende Gast war. Diesen Mann mit einer Stimme wie Bitterschokolade musste sie zufriedenstellen, wenn sie ihren Job behalten wollte. Jetzt verstand sie auch die Bedeutung der handschriftlichen Notiz auf der Gästeliste.

Als sie einfach nur sprachlos dastand, kam ihr der freundliche Mann namens Tom zur Hilfe. „Das ist Lucy“, sagte er höflich.

Razi betrachtete die ungenießbaren Kanapees auf dem Parkett und in den Händen des Mädchens. Als perfekter Gentleman behielt Tom seine Gedanken für sich, doch ihm war klar, dass dieses völlig verunsicherte Mädchen, das von einem Bein aufs andere trat, seinem Job nicht gewachsen war. Die Kleine war genauso aufgelöst wie die Häppchen und hatte den erlesenen Champagner nicht nur auf den Boden, sondern auch über William Montefioris Jeans verschüttet.

„Nicht der Rede wert“, murmelte William charmant und begab sich sicherheitshalber aus der Gefahrenzone. „Ich ziehe mich um.“

Razi jedoch vergab ihr nicht so schnell. Er war drauf und dran, seinen eigenen Küchenchef herzuzitieren.

„Kommen Sie, ich helfe Ihnen.“ Sein Freund Theo lächelte anzüglich – wie nicht anders zu erwarten war –, nahm Lucy die Serviette ab und sah dem Mädchen tief in die Augen, während er so tat, als wischte er die Champagnerlache auf.

„So geht das nicht …“ Razis schneidender Tonfall veranlasste Tom, Theo die Serviette wegzunehmen und seinerseits den Schaden zu beheben. Razi bezweifelte, dass einer von ihnen Erfahrung mit dem Beseitigen von Champagnerlachen hatte. Zweifellos boten sie ihre Hilfe nur an, weil sie beabsichtigten, der Kleinen später an die Wäsche zu gehen. Das Mädchen war allerdings viel zu erschüttert, um davon etwas mitzubekommen. Er nahm sich vor, später herauszufinden, was genau sie so erschreckt hatte.

„Lucy“, flüsterte Tom ihm diskret ins Ohr. „Lucy Tennant, unsere Köchin und Leiterin dieses Chalets.“

„Lucy …“ Das Mädchen bebte am ganzen Körper. Als er sah, wie jung sie noch war, warf er Theo einen tadelnden Blick zu. An so eine geballte Ladung männlicher Hormone war die Kleine offensichtlich nicht gewöhnt. Außerdem schien sie schreckliche Angst zu haben, ihren Job zu verlieren.

„Freut mich, Sie kennenzulernen, Sir.“

Die melodische Stimme und ihr unerschrockener Blick sprachen für sie, entschuldigten jedoch nicht ihr Missgeschick. In seinem Konzern arbeiteten nur Topleute.

„Lucy ist gerade zur Mitarbeiterin des Jahres gewählt worden.“ Erneut kam Tom ihm zur Hilfe.

„Danke, Tom“, sagte er leise und abweisend. Toms weiches Herz in allen Ehren, aber sollte er sich wirklich seinen letzten unbeschwerten Skiurlaub von einer unfähigen Mitarbeiterin verderben lassen? Forschend betrachtete er das Mädchen und überlegte, wie viel Inkompetenz er zu ertragen bereit wäre, bevor er sein eigenes Team herzitierte, um den Service zu übernehmen.

„Und wie heißen Sie?“ Lucy unternahm einen schüchternen Versuch, der Förmlichkeit Genüge zu tun.

Unwillkürlich schaute er Tom an.

„Mac?“, schlug Tom vor und zuckte die Schultern.

„Mac“, wiederholte das Mädchen schüchtern.

Erneut sahen sie einander lange an, als sie sich per Handschlag begrüßten. Lucy hatte warme Hände und einen festen Händedruck. Leider entzog sie ihm ihre Hand schneller, als ihm lieb war. Die Beurteilung, die er über sie angefordert hatte, beschrieb Lucy als diszipliniert, ruhig, intelligent, gut im Organisieren, mehrsprachig und Sterneköchin. Von den letzten beiden Talenten hatte er sich noch nicht überzeugen können, den Rest konnte man getrost vergessen.

Dann erlebte er eine Überraschung.

„Ich bitte nochmals um Entschuldigung“, sagte sie und riss sich ganz offensichtlich zusammen. „Hoffentlich hat das kleine Malheur Ihnen nicht den Appetit verdorben.“

„Ganz im Gegenteil.“ Tom lächelte aufmunternd, wurde jedoch sofort wieder ernst, als er Razis warnenden Blick auffing.

Aber irgendetwas duftete verlockend. „Was haben Sie denn für uns zubereitet?“, fragte Razi daher selbst.

Sie taute sichtlich auf und beschrieb das Menü so, dass ihm das Wasser im Mund zusammenlief.

„Frische französische Zwiebelsuppe mit einer Scheibe Baguette und Parmesankäse überbacken, gefolgt von knuspriger Entenbrust an Jus, anschließend Schokoladentorte und Karamelleis.“

„Na so was!“, rief Tom begeistert, während seine Freunde in freudiger Erwartung seufzten und bereit waren, Lucy alles zu verzeihen. Selbst Razi war geneigt, ihr eine zweite Chance zu geben. Wenn das Menü so gut schmeckte, wie es klang, konnte sie bleiben.

„Tom“, sagte er, wobei er Lucy noch immer tief in die türkisblauen Augen schaute. „Sei so gut, die Chaletverwaltung anzurufen.“ Obwohl sie gerade mit ruhiger, melodiöser Stimme gesprochen hatte, bewies ihr Blick, dass sie noch immer durcheinander war. Und jetzt las er auch Angst in ihren Augen. Angst, dass er sie feuern könnte. Das gab den Ausschlag. Sehr zu seiner eigenen Überraschung fügte er hinzu: „Du kannst ihnen mitteilen, dass wir kein weiteres Personal benötigen. Lucy soll bleiben. Abu und Omar kümmern sich um den Rest.“

Erleichtert atmete Lucy auf, wirkte aber immer noch beunruhigt.

„Keine Sorge, Sie sind ganz sicher bei uns“, versprach er trocken, als sie unwillkürlich zurückwich. „Wir sind zum Skifahren hier.“ Er rang sich ein Lächeln ab. „Sie werden uns kaum sehen.“

„Ja, das dachte ich mir“, erwiderte sie und errötete.

„Das wäre dann alles“, hätte er jetzt vermutlich gesagt, wenn sich die Szene im alten Palast von Isla de Sinnebar abgespielt hätte. Doch die Situation hier war eine andere. Verglichen mit dem riesigen Palast war das Chalet eher klein und intim. Lucy hatte dem Haus ihre persönliche Note verliehen. Auf dem Tisch standen ein bunter Blumenstrauß, eine Schale mit frischem Obst, Kuchen und Kekse, die aromatisch dufteten, sowie ein Stapel Bücher und Kartenspiele. Er ließ sich gern verwöhnen, und Lucy hatte sich große Mühe gegeben, das Chalet so gemütlich wie möglich für ihn und seine Freunde herzurichten. Selbstverständlich konnte sie bleiben.

Irgendetwas schien sie noch immer zu bedrücken. Besorgt fragte er: „Möchten Sie, dass ich Omar und Abu bitte, Ihnen zu helfen?“

„Nein, nein!“ Mit großen Augen schaute sie ihn an – offensichtlich beseelt von dem Wunsch, ihm alles recht zu machen. Razi wurde es heiß, und er stellte sich vor, wie sie ihn mit ihren perlweißen Zähnen spielerisch biss. „Das ist sehr nett gemeint, aber in meiner Küche ist zu wenig Platz“, erklärte sie.

„Und es ist Ihnen lieber, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen?“, fragte er und atmete ihren blumigen Duft ein. Überrascht stellte er fest, dass er ihren subtilen Charme aufregend fand.

„Ich liebe meine Arbeit, und bin dabei am liebsten ungestört.“

„Tatsächlich?“ Er lächelte. „Dann werde ich dafür sorgen, dass Ihnen keiner zu nahe kommt.“

„Sie nehmen mich auf den Arm“, antwortete sie unsicher.

„Tu ich das?“

Lucy errötete erneut. „Es tut mir leid, was vorhin passiert ist.“

„Das vergessen wir jetzt einfach. Fangen Sie noch einmal von vorn an!“ Das Aufleuchten ihrer strahlend blauen Augen entzückte ihn. „Sie haben es mit fünf ausgehungerten Männern zu tun.“

Erstaunt ließ sie den Blick an ihm vorbeigleiten. Ihre Miene verriet, dass sie seine Freunde vergessen hatte.

Das konnte er ihr nicht einmal zum Vorwurf machen, denn ihm ging es ebenso.

Lucy verschwand in der Küche und bereitete schnell neue Kanapees zu. Überrascht blickte sie auf, als Mac sich plötzlich zu ihr gesellte. Er füllte die Küche fast allein aus. Damit er nicht merkte, wie sehr ihre Hände bebten, umklammerte sie das Backblech mit den Kanapees.

„Die brauchen Sie nicht zu überbacken.“

„Es dauert nur eine Minute. Ich verspreche Ihnen, dass sie anschließend besser schmecken.“ Wenn es um ihre Kochkünste ging, war sie sehr selbstbewusst. Leider traf das auf das tägliche Leben nicht zu. Sonst hätte sie dem eindringlichen Blick des Mannes, der offensichtlich keinen Widerspruch gewohnt war und gern lachte, standgehalten. „Ich stelle sie nur ganz kurz unter den Grill“, erklärte sie. „Darf ich bitte vorbei?“

Er machte Platz. Aber erst nachdem er ein Kanapee vom Blech stibitzt hatte und es sich schmecken ließ. „Und warm schmecken die noch besser?“, fragte er erstaunt.

„Ja, davon können Sie sich gleich selbst überzeugen.“ Geschickt versperrte sie ihm den Weg zum Ofen, bevor er sich auch die restlichen Häppchen einverleibte. Der Wunsch, es ihm recht zu machen, war fast übermächtig. Sie freute sich, als er anerkennend die ebenholzschwarzen Augenbrauen hochzog und genießerisch die Augen verdrehte.

„Wie haben Sie die gemacht?“, fragte Mac und schaute sie mit seinen faszinierenden Augen an.

„Sie möchten das Rezept haben?“

Sein Lächeln war unwiderstehlich. „Gern, dann kann einer meiner Köche diese köstlichen Kanapees für mich zubereiten.“

Natürlich! Das hätte sie sich ja denken können. Die Situation traf sie völlig unvorbereitet. Mac war kein gewöhnlicher Gast. Wie freundlich er sich auch geben mochte, es wurde Zeit, sich zusammenzureißen und die Beziehung auf das rein Berufliche zu beschränken. „Kleine, runde getoastete Bruschetta mit Ziegenkäse, einer hauchdünnen Feigenscheibe und einem Tupfer Honig“, erklärte sie in geschäftsmäßigem Tonfall. „Und ich verspreche Ihnen, dass sie heiß noch besser sind“, fügte sie mit gestärktem Selbstbewusstsein hinzu.

„Das ist bei den meisten Dingen so, oder?“, flüsterte er ihr ins Ohr, bevor er sich abwandte.

Lucy brauchte einen Moment für sich. Bei diesem Spiel konnte sie nicht mithalten. Mit wenigen Worten hatte Mac ihren Körper in Brand gesetzt. Der Mann war ein Playboy, sie hingegen eine unerfahrene Köchin. Sie flirtete niemals mit den Gästen, und nach diesem kurzen Dialog mit Mac geriet ihre Welt ins Schwanken. Natürlich wusste sie genau, dass er nur mit ihr spielte. Männer wie er spielten mit Frauen. Und sie war seinem Spiel nicht gewachsen. Die einzige Möglichkeit, diese Woche unbeschadet zu überstehen, war, sich einzig und allein dem zu widmen, wovon sie etwas verstand: dem Kochen.

2. KAPITEL

Razi war keine fünf Minuten in diesem Chalet, und schon war sein erotisches Interesse geweckt. Kleine Dinge fielen ihm an Lucy auf: Sie war sehr ordentlich, präzise und beherrscht. Die letzte Eigenschaft stellte eine Herausforderung für ihn dar.

Eigentlich dürfte ich überhaupt keine Notiz von ihr nehmen, dachte er. Doch alle Versuche, dem Gespräch seiner Freunde über den Aktienmarkt zu folgen, schlugen fehl. Lucy dabei zu beobachten, wie sie die heißen Kanapees auf einer Porzellanplatte arrangierte, die sie dann herumreichte, war viel interessanter. Wahrscheinlich weil ihn die kleinen, beweglichen Hände faszinierten und er sich vorstellte, wie sie ihn berührten …

Lucy gefiel ihm. Als einer seiner Freunde ihn ins Gespräch ziehen wollte, erteilte er ihm eine so barsche Abfuhr, dass Lucy ihn verblüfft anschaute und errötete, als sie seinen Blick auffing. Auch das gefiel ihm.

Deshalb war er auch so erleichtert, dass sie ihr Malheur mit einem hervorragenden Abendessen wettmachte. Und er mochte ihre üppigen Kurven. Die Vorstellung, Lucy durch eine knochige Kollegin zu ersetzen, missfiel ihm sehr. Worin bestand da die Herausforderung?

Als Lucy erwähnte, dass es noch eine Käseplatte gab, stöhnten alle entsetzt. Wieder errötete sie verlegen, und sowohl der Wunsch, sie in Schutz zu nehmen, als auch der Druck in seiner Hose verstärkten sich.

„Tut mir wirklich leid, wenn ich Ihnen zu große Portionen serviert habe.“

„Das Essen war einfach zu köstlich. Da konnten wir nicht widerstehen“, erklärte er.

Ihr stockte der Atem. Interessiert beobachtete Razi, wie sich das auf ihren Körper auswirkte und verspürte ein immer heftigeres Verlangen.

„Freut mich. Dann essen wir morgen wie die Franzosen, ja?“, schlug sie völlig unschuldig vor. Als sie die anzüglichen Blicke der Männer auffing, geriet ihr neu erwachtes Selbstbewusstsein wieder ins Wanken. „Ich meine, der Käse wird vor dem Dessert serviert. Natürlich nur, wenn Sie mögen.“

Er ließ sich nichts anmerken. „Wir begeben uns vertrauensvoll in Ihre Hände“, antwortete er und schaute ihr eindringlich in die Augen.

Lucys Wangen brannten. Was war hier eigentlich los? Bis zum heutigen Abend war ihr Leben in geregelten Bahnen verlaufen. Sie arbeitete unauffällig im Hintergrund als Köchin und ließ sich niemals mit einem Gast ein. Nicht, dass sie sich mit Mac einlassen würde. Oder er sich mit ihr. Aber es war ihr unmöglich, ihn zu ignorieren. Niemals würde sie vergessen, was sie entdeckt hatte, als sie auf Augenhöhe mit seinem Schritt gewesen war. Und nun diese anzügliche Bemerkung über ihre Hände … Ihre Fantasie ging mit ihr durch.

Schnell wandte sie sich ab und richtete ihre Aufmerksamkeit auf Tom, der sie anstrahlte. „Sie sind eine ausgezeichnete Köchin, Lucy. Vielen Dank! Was auch immer Sie uns servieren und in welcher Reihenfolge, ich werde mir jeden Bissen auf der Zunge zergehen lassen“, schwärmte er.

„Wie wir alle.“ Mac fuhr in scharfem Tonfall dazwischen.

„Morgen gibt es drei verschiedene Sorten Kanapees“, versprach sie hektisch. „Und alle werden auf der Platte liegen bleiben.“

Die Männer lachten herzlich, und zu Lucys Erleichterung schien auch Mac sich wieder zu beruhigen. Allerdings war er ihr viel zu nah. Ihr Körper reagierte sofort. Die Brustknospen wurden hart, in ihrem Schritt pulsierte es. Ein erfahrener Mann wie Mac spürte bestimmt, was mit ihr los war …

Dieser Gedanke nahm sie so gefangen, dass sie kaum wahrnahm, wie die anderen Männer sich bedankten und sie mit Mac allein ließen.

„Drei Sorten Kanapees und richtig guter Käse – das hört sich wirklich sehr gut an“, sagte Mac erfreut.

Beim Klang seiner Stimme erwachte Lucy aus ihrer Benommenheit. „Das macht überhaupt keine Umstände“, versicherte sie schnell und hoffte, dass Mac nun auch gehen würde. „Sie müssen mir nur sagen, was Sie noch gern möchten. Ich bin sicher, dass ich Sie zufriedenstellen kann.“ Sie dachte dabei an Rezepte – Razi aber hatte anderes im Sinn.

„Davon bin ich überzeugt“, entgegnete er und lehnte sich an die Wand.

Macs Lächeln war einfach unwiderstehlich. Die grünen Augen blitzten sexy. So einem Mann bin ich einfach nicht gewachsen, dachte Lucy, als sie den Männern am nächsten Tag das Mittagessen servierte. Nicht nur Macs fantastisches Aussehen, sondern auch seine unglaublich erotische Ausstrahlung machten ihn so gefährlich. Sie wusste, dass sie sich verbrennen würde, wenn sie ihm zu nahe käme. Aber warum beschäftigte sie das überhaupt? Er fand sie ja wohl kaum attraktiv, oder?

„Soll ich Ihnen beim Abräumen helfen?“

„Nein!“, rief sie abwehrend. Sie hatte es heute besonders eilig, fertig zu werden, weil sie am Abend verabredet war. Die Ehre der Chaletverwaltung stand auf dem Spiel. Ihre Kollegen hatten geschworen, nur Lucy könnte sie retten.

„Haben Sie ein bestimmtes System?“, fragte Mac und schreckte sie aus ihren Gedanken auf. „Lucy?“

„Abspülen und einräumen?“ Sie warf einen schnellen Blick auf die Geschirrspülmaschine. Hilfe konnte sie gut gebrauchen.

„Dann will ich Sie nicht aufhalten.“

Verwirrt sah sie ihn an. Hatte er ihr nicht eben noch seine Hilfe angeboten?

Einer von Macs Freunden platzte in die Szene, schaute von einem zum anderen und sagte schließlich: „Wir würden gern einen Spaziergang in die Stadt machen.“

„Prima“, sagte Mac, ohne den Blick von Lucy abzuwenden. „Geht schon mal vor.“

Razi wollte bei Lucy bleiben. Es interessierte ihn, warum sie es so eilig hatte und warum sie noch immer so unsicher war, obwohl sie gerade erneut unter Beweis gestellt hatte, dass sie eine hervorragende Köchin war.

„Wollen Sie nicht mit in die Stadt gehen?“, fragte Lucy.

„Ich habe es nicht eilig.“

Als Eigentümer des Chalets musste er sich wohl kaum rechtfertigen. Und wenn doch, hätte er gesagt, er wollte nicht, dass sie Reißaus nahm, während er fort war. Allerdings war das nur die halbe Wahrheit. Ein ruhiges, zurückhaltendes Mädchen um sich zu haben war eine neue Erfahrung und reizte ihn. Lucy gab sich große Mühe, die anfänglichen Probleme wiedergutzumachen, und das war ihr gelungen. Er wollte, dass sie selbstbewusster wurde. Und er wollte, dass dieses zurückhaltende Mädchen Lustschreie ausstieß, wenn sie im Bett zum Höhepunkt kam.

Noch nie war sie so eingehend geprüft worden. Doch Lucy hatte Verständnis dafür, dass Mac sich persönlich überzeugen wollte, ob sie ihrer Aufgabe auch wirklich gewachsen war.

Sie wollte jetzt nicht mehr an ihn denken und begann, die Teller abzuspülen. Doch so leicht ließ er sich nicht aus ihren Gedanken vertreiben. Mac mit dem glänzend schwarzen Haar, den wunderschönen smaragdgrünen Augen. Mac, der vor Energie nur so strotzte. Mac, der sie irritierte, was ihr sehr gefiel. Wie bitte? Hatte sie jetzt komplett den Verstand verloren?

„Lucy?“

„Ja?“ Schuldbewusst sah sie ihn an.

„Sie scheinen nicht ganz bei der Sache zu sein.“

„Doch, doch.“ Sie lachte unsicher. „Ich habe nur gerade überlegt, was ich fürs Abendessen kochen soll.“

„Gefällt Ihnen eigentlich die Uniform?“, fragte Mac, als sie nervös daran herumzupfte.

„Ja.“ Entschlossen, sich nicht verunsichern zu lassen, hielt sie seinem Blick stand. Fiona stand die Uniform zwar besser, aber auch sie selbst fühlte sich darin wohl und … unauffällig. „Sie vermittelt mir eine Art Zugehörigkeitsgefühl“, erklärte sie und legte die Schürze ab, weil nun alles abgespült war.

Weil sie sich abwandte, um die Schürze an den Haken hinter der Tür zu hängen, sah sie nicht, wie Mac nachdenklich die Stirn runzelte.

Dann kehrte Tom zurück, um seinen Freund doch noch zu überreden, mit in die Stadt zu kommen.

„Ich lasse Omar hier, falls Sie etwas brauchen.“

„Nein, nehmen Sie ihn auch mit.“ Lucy hatte keine Lust, womöglich über den unsichtbaren Bodyguard zu stolpern. „Falls ich etwas brauche, kann ich in der Chaletverwaltung anrufen.“

„Also gut. Dann bis später, Lucy.“

„Bis später.“ Also hatte sie es sich nur eingebildet, dass Mac mit ihr allein sein wollte!

Als die Haustür hinter den Männern ins Schloss fiel, ließ Lucy sich auf den nächsten Stuhl fallen. Sie zitterte und fühlte sich ausgelaugt wie nach einem Marathon. Tatsächlich hatte sie gerade das wichtigste Rennen ihres Lebens bestritten – das Rennen um ihren Job. Natürlich wusste sie, dass sie ihn doch noch verlieren konnte, falls Mac es sich anders überlegte.

Ich muss mich wieder an die Arbeit machen, dachte sie. Mit Träumen reinigte man keine Fußböden. Für das Abendessen musste sie noch Eier schlagen und in den Kühlschrank stellen.

Automatisch schlug sie Eier in eine Schüssel und sah sich in der blitzsauberen Küche um. Was wusste sie eigentlich über die Gäste, außer dass sie ein Übermaß an Testosteron zu haben schienen? Alle Männer außer Theo trugen schwere Siegelringe. Tom, Sheridan und William gehörten ganz offensichtlich zur britischen Aristokratie. Aber was mochten der wütende Löwe und das Krummschwert auf Macs Siegelring bedeuten?

Vor Lucys geistigem Auge erschien das Bild einer beeindruckenden Wüstenlandschaft. Doch woher hatte Mac die grünen Augen? Diese Augen, bei denen sie an Beduinenzelte in einer Oase bei Morgenröte dachte. An Liebende, die ihre biegsamen Glieder streckten und sich immer wieder dem Liebesspiel hingaben …

Sie konnte sich Mac in wehenden Gewändern vorstellen. Für einen Moment ließ sie den Schneebesen ruhen. Das Bild wurde schärfer, sie fuhr fort, die Eier schaumig zu schlagen. Die Seidendecken auf den Beduinenkissen umhüllten Macs muskulösen Körper und deuteten an, welche Stärke sich unter der Decke verbarg.

Sie wollte alles sehen und musste die Decke beiseite ziehen.

„Wollen Sie die Eier totschlagen?“

Erschrocken fuhr sie zusammen, als Mac plötzlich ihre Hand festhielt. Sie hatte ihn gar nicht zurückkommen hören!

„Was haben Ihnen die armen Eier getan?“ Sein Blick brachte Lucy völlig aus dem Gleichgewicht.

„Ich war nur überrascht, dass Sie schon zurück sind.“

„Warum? Gibt es hier so etwas wie eine Eingangssperre?“

„Nein, nein. Entschuldigung.“ Sie war völlig durcheinander. Mac im eleganten schwarzen Skianzug war ein noch gefährlicherer Anblick als Mac in Jeans. Und er hielt noch immer ihre Hand.

„Sie brauchen keine Angst zu haben“, sagte er und gab ihre Hand frei. „Ich wollte Sie nicht kontrollieren.“

Und was will er dann hier? Lucy rieb sich die Hand. Macs Berührung war warm, fest und bezwingend, und leider viel zu kurz für ihren Tagtraum und nicht kurz genug für die Wirklichkeit.

„Was treiben Sie denn nun da?“ Fragend sah er sie an.

Lucy wandte den Blick ab und suchte verzweifelt nach einer plausiblen Erklärung. „Das ist für heute Abend. Kuchen.“

„Kuchen?“ Vielsagend betrachtete er die Kuchen, die bereits auf dem Tisch standen.

„Wartet Tom nicht auf Sie?“ Lucy wechselte schnell das Thema.

„Und wenn es so wäre?“

„Könnten Sie mir bitte die Kuchenform reichen?“

Er hielt sie ihr hin, sie griff danach, doch er ließ nicht los. Jetzt war sie mit Mac durch eine Springform verbunden.

„Lucy?“

Sie blinzelte und war plötzlich wieder die geschäftige, selbstbewusste Köchin. „Wenn Sie ein Stück Kuchen essen möchten, nehmen Sie Platz, und ich …“

„… Sie bedienen mich?“, schlug er frech vor und ließ die Kuchenform los.

„Ich schneide Ihnen ein Stück ab“, antwortete sie überkorrekt und griff nach einem Messer.

„Ich habe es mir anders überlegt.“ Mit einem spöttischen Lächeln verließ er die Küche wieder.

Doch Lucys Gedanken kreisten weiter um ihn. Er tat Dinge mit ihr, die in einigen Ländern per Gesetz verboten waren. Träumen war ja nicht verboten, oder?

Die nächste Stunde verbrachte Lucy in ihrem kleinen Dachgeschosszimmer und dachte nach. Wäre es nicht besser, wenn unscheinbare Mädchen keine Lustgefühle hätten? Ihr Leben wäre so viel leichter, und Zurückweisung täte nicht weh.

Natürlich war ihre Beziehung zu Mac rein beruflich. Außerdem kannte sie ihn kaum. Aber es wäre nett gewesen, wenn auch er das erregende Prickeln gespürt hätte. Am liebsten hätte sie jetzt ein langes Bad genommen, um zu versuchen, nicht mehr an ihn zu denken, doch dazu blieb ihr keine Zeit mehr. Sie musste noch die Betten machen, Badezimmer reinigen, Handtücher austauschen, Kaminholz hereinbringen und, und, und.

Als schließlich alles erledigt war, hinkte sie ihrem Zeitplan hinterher. Ihr blieb gerade noch Zeit für ein kurzes Bad, dann musste sie aber auch schon rennen, um sich noch rechtzeitig mit ihren Kollegen im Club zu treffen.

Aus dem Interesse an Lucy war inzwischen heiße, schamlose Lust geworden. Razi musste sie haben. Sie war schön, natürlich und bereit für ihn. Meinetwegen kann sie noch das Chalet aufräumen und alles fürs Frühstück vorbereiten, aber dann will ich sie haben, dachte er.

Seine Ungeduld war leicht zu erklären. Erstens wurde sein Verlangen immer schmerzhafter, und zweitens lief ihm die Zeit davon. Die Pflicht rief in auf die Isla de Sinnebar. Eigentlich freute er sich darauf, den Thron zu besteigen, doch leider würde sich damit sein ganzes Leben ändern.

Eine traditionelle Heirat stand ihm bevor, wenn auch nicht mit seiner Cousine Leila. Er musste seinem Land dienen, doch zuvor …

„Du bist so schweigsam, Razi“, bemerkte Tom.

„Ja“, antwortete er einsilbig. Sie saßen in einer lauten Bar, und er wollte weiterziehen. Die Getränke waren zu warm, und der Knabberkram schmeckte wie Pappe, wenn man Lucys Köstlichkeiten gewohnt war.

Er freute sich schon darauf, Champagner von ihrem Körper zu lecken.

„Wenn du willst, verschwinden wir“, schlug Tom vor.

„Entschuldige, Tom. Ich habe dich nicht absichtlich ignoriert. Mir geht nur gerade so vieles durch den Kopf.“

„O nein!“ Theatralisch hielt Tom sich die Augen zu. „Lass mich raten.“

„Nein“, antwortete Razi in scharfem Tonfall. Niemand sollte anzügliche Bemerkungen über Lucy machen. Auch nicht sein bester Freund Tom. „Kommt, Leute, wir ziehen weiter.“

Warm eingepackt in eine überdimensionale Skijacke, Schal, Pudelmütze und Handschuhe eilte Lucy durch verlassene Straßen zum Club. Um diese Zeit hielt sich niemand mehr draußen auf. Die Leute hatten es sich in Restaurants und Bars gemütlich gemacht. Nur Musik und Gelächter drang nach draußen.

Im Gegensatz zu ihren Brüdern, die ganz scharf darauf gewesen wären, an der bevorstehenden Veranstaltung teilzunehmen, lagen Lucys Nerven schon jetzt blank. Die Vorstellung, in den Club zu gehen, wo sie jeder kannte, war ihr nicht geheuer. Hoffentlich traf sie gleich auf ihre Kollegen, und hoffentlich hatten Mac und seine Freunde sich nicht ausgerechnet diesen Club ausgesucht. Bei dem Gedanken daran hätte sie fast auf dem Absatz kehrtgemacht.

Ihre Begeisterung sank erst recht auf den Nullpunkt, als ein Mitarbeiter des Konkurrenzunternehmens ihr am Eingang den Weg versperrte. „Die Zweite ist auch schon da“, rief er seinen Freunden zu, die sofort in schallendes Gelächter ausbrachen. Lucy schnitt ihm ein Gesicht und drängte sich an ihm vorbei. Die erwartungsvollen Blicke ihrer Kollegen gaben ihr fast den Rest.

„Fertig?“, fragten sie im Chor.

„Fertig mit den Nerven“, antwortete sie. Warum hatte sie sich nur darauf eingelassen zu singen? Zwar hatte sie lange im Chor gesungen, aber das qualifizierte sie noch lange nicht für den jährlich stattfindenden Karaoke-Wettbewerb, der unter den konkurrierenden Chaletunternehmen ausgetragen wurde. Sie bereute ihre Zusage noch mehr, als die Kolleginnen sie mit zur provisorischen Garderobe zogen. Ihr fehlte einfach die Ausstrahlung für so einen Auftritt.

„Was ist mit Make-up?“, fragte eine Kollegin und riss Lucy aus ihren Fluchtgedanken. Die anderen befreiten sie eilig von Jacke, Schal, Mütze und Handschuhen.

„So etwas habe ich gar nicht.“

„Nein?“ Die Mädchen musterten einander entgeistert.

„Nein, ich wüsste gar nicht, was ich damit machen soll.“

„Kein Problem, wir übernehmen das.“

„Ich sehe bestimmt schrecklich aus mit Make-up“, sagte Lucy abwehrend.

„Du könntest niemals schrecklich aussehen“, entgegnete ein Mädchen aufmunternd. „Überlass das mal uns. Du wirst staunen.“

Lucy atmete tief durch. „Also gut. Dann legt mal los.“

Gleich darauf bereute sie ihren Entschluss, denn eine Kollegin hielt ihr ein Kostüm vor die Nase. „Überraschung! Das ziehst du an!“, rief sie dabei fröhlich.

„Nein!“ Singen war eine Sache, aber diese Kostümierung kam nicht infrage. Lucy beharrte darauf, in Jeans und einem flauschigen blauen Pulli aufzutreten – wenn überhaupt.

Als die Mädchen einsahen, dass sie bei Lucy auf Granit bissen, tauschte sie betretene Blicke aus.

„Sagt mir einfach Bescheid, wann ich singen soll. Der Rest findet sich.“

„Hier, trink ein Glas Wasser, Lucy.“

Dann verstummten alle, um dem Gesang eines ihrer Konkurrenten zu lauschen.

„Er hat eine großartige Stimme“, meinte Lucy.

„Und er ist sexy“, schwärmte eine Kollegin.

Gegen ihn habe ich keine Chance, dachte Lucy, lächelte jedoch tapfer, als sie versprach, alles zu geben.

Ihre Kolleginnen machten sich ans Werk.

„Keine Panik, Lucy, außerhalb der Saison arbeite ich als Kosmetikerin“, beruhigte sie ein Mädchen, während sie einen braunen Balken unter Lucys Wangenknochen zog, darüber einen weißen tupfte und Rouge auf der Wange verteilte.

Ich sehe wie ein Clown aus, dachte Lucy und schloss die Augen. Als sie kurz darauf einen Blick riskierte, stellte sie staunend fest, welchen Effekt die Farben hatten, nachdem sie vermischt worden waren. Ihr Teint wirkte frisch und strahlend, das Gesicht wie gemeißelt. Das Make-up war wie eine Maske, hinter der sie sich verstecken konnte. Augen und Lippen wurden betont. Die Verwandlung war perfekt. Mac würde sie niemals erkennen, falls er beschließen sollte, auf einen Drink hereinzuschauen. „Das ist ja unglaublich“, sagte sie staunend und beugte sich vor, um ihr Spiegelbild näher zu betrachten.

„Dafür hast du jetzt keine Zeit.“ Zwei Kolleginnen hakten sich bei ihr ein und zogen sie hinaus.

Ein letzter Blick zeigte Lucy, dass auch ihr Haar anders aussah. Wellig fiel es ihr über die Schultern und reichte fast bis zur Taille. Sie hatte das Haar noch nie offen getragen. Als Köchin musste sie es immer aufstecken und bedecken. Sie presste die roten Lippen zusammen. Daran würde sie sich wohl nie gewöhnen. Hauptsache, die anderen waren zufrieden.

„Du siehst fantastisch aus“, lautete die übereinstimmende Meinung.

„Nicht albern?“

„Nein!“

„Etwas mehr Selbstvertrauen täte dir gut“, meinte eine Kollegin. „Du hättest niemals erwartet, ‚Mitarbeiterin des Jahres‘ zu werden. Und heute Abend holst du dir die nächste Auszeichnung.“

„Wenn ich doch nur besser singen könnte.“

„Das hier ist ein Karaoke-Wettbewerb, Lucy. Singen ist gar nicht so wichtig, du musst nur für Stimmung sorgen. Dann wird alles gut“, erklärte Fiona.

„Und wenn nicht, verstecken wir uns und tun so, als ob wir dich nicht kennen“, fügte eine andere Kollegin neckend hinzu.

Sie hatten die Bar verlassen und waren auf dem Rückweg zum Chalet, um die Skier zu holen. Razi wollte unbedingt im Dunkeln den Skihang hinunterrasen. Die Piste würde nur von den Stirnlampen an ihren Helmen beleuchtet werden. Wenn man die Schluchten zu beiden Seiten der Piste und das Tempo bedachte, mit dem die Männer ins Tal brettern würden, hatte dieses Abenteuer Ähnlichkeit mit russischem Roulette. Es war aufregend und gefährlich, eigentlich sogar unverantwortlich. Aber er genoss den Adrenalinstoß.

Schon während ihrer Schulzeit hatten die fünf Freunde dieses Abenteuer geliebt. Damals waren sie um Mitternacht heimlich aus dem Fenster geklettert, während die Lehrer selig schnarchten. Heute gehörte das Chalet Razi, und er konnte es ganz normal durch die Haustür verlassen. Aber aufregend war es immer noch.

Alle kamen heil unten an. Doch die Abfahrt hatte wenig gebracht. Razi besaß immer noch zu viel überschüssige Energie.

„Wie wär’s mit einem Glas Champagner in unserer Lieblingsbar?“, schlug Theo vor.

„Ich bin dabei.“ Razi schnallte sich die Skier ab.

„Wir könnten vorher noch im Chalet vorbeischauen und Lucy einladen, uns Gesellschaft zu leisten“, sagte Tom und zwinkerte ihm verschwörerisch zu.

Razi hätte sich eigentlich denken können, wie die anderen Männer darauf reagieren würden. Sie waren alle erfahren und weltgewandt, natürlich fanden sie Lucy anziehend. Das passte ihm überhaupt nicht. „Lasst Lucy in Ruhe, Jungs“, sagte er barsch und nahm den Helm ab. „Ihr habt doch gesehen, wie überfordert sie war, als wir das Chalet gestürmt haben.“

Das anzügliche Grinsen der Freunde übersah er geflissentlich. „Gebt ihr wenigstens Zeit, sich an uns zu gewöhnen.“

„Sich an dich zu gewöhnen, meinst du wohl?“

Auch Theos Bemerkung ignorierte er.

Tom kam auf ihn zu. „Das ist sehr fürsorglich von dir“, sagte er leise.

„Ach, das ist doch ganz normal. Lucy war völlig okay, als wir vorhin losgezogen sind. Wahrscheinlich schläft sie längst. Sie hat uns einen Imbiss auf den Tisch gestellt. Falls wir nachher Hunger haben, können wir uns selbst bedienen.“

„Ganz wie in alten Zeiten“, sagte Theo.

Leider nicht, dachte Razi, als er Toms verständnisvollen Blick auffing. Dieser Skiurlaub hatte nichts mit den unbeschwerten Zeiten ihrer Jugend gemein, sondern war seine letzte Gelegenheit, sich noch einmal richtig auszutoben, bevor die Bürde der Verantwortung für sein Volk auf ihm lasten würde. Doch daran wollte er jetzt nicht denken. „Wer als Letzter in der Bar ist, gibt eine Runde aus“, rief er und rannte los.

Die milliardenschweren Freunde johlten und lieferten sich ein Wettrennen – und das erinnerte tatsächlich an die alten Zeiten.

Es war so weit. Alle Kollegen begleiteten Lucy zur Bühne.

„Mir ist übel.“

„Hinter den Kulissen steht ein Eimer“, sagte eine Kollegin.

„Ich habe den Text vergessen.“

„Den kannst du vom Bildschirm ablesen.“

„Und wenn ich ihn nicht lesen kann?“

„Wir singen ja mit, Lucy.“

„Und wenn ich euch nicht hören kann?“

„Du wirst uns hören.“

Der Conferencier stand bereits auf der Bühne und wartete, bis der Beifall für den letzten Sänger verklungen war, damit er Lucy vorstellen konnte. Doch der Saal tobte noch immer. Super, dann hören die mich nicht, dachte sie, befreite sich aus dem Griff ihrer Kolleginnen und warf einen Blick durch den Vorhangschlitz. Das grelle Scheinwerferlicht blendete sie. Schnell wich sie zurück. „Kann ich nicht von hier aus singen?“

„Nein!“

Lucy wurde immer nervöser. Ihr war heiß, sie litt unter Lampenfieber. „Ein gutes hat die Sache ja“, meinte sie schließlich, um sich und den anderen Mut zu machen. „Ich kann keine Gesichter in der Menge erkennen, weil ich meine Kontaktlinsen herausgenommen habe.“ Sie atmete einige Male tief durch.

Der Conferencier heizte die Menge für den nächsten Auftritt an. Wunderbar, dachte Lucy ironisch.

„Wenn du erst auf der Bühne stehst, geht es dir gleich viel besser.“ Die Mädchen versuchten, sie aufzumuntern und schubsten sie auf die Bühne.

Die dröhnenden Bässe klangen ohrenbetäubend, die Scheinwerfer blendeten sie. Schützend hob sie einen Arm vor die Augen und verpasste den Einsatz. Die Menge wartete nur darauf, sie in der Luft zu zerreißen. Wie ein Häuflein Unglück stand Lucy mitten auf der Bühne, während das Playback unermüdlich weiterlief.

Hinterm Vorhang riefen die Mädchen aufgeregt ihren Namen. Doch auch das nützte nichts.

Es ging nicht. Sie konnte nichts sehen oder hören. Von singen ganz zu schweigen.

Doch sie riss sich zusammen, ballte die Hände zu Fäusten und begann, mit bebender Stimme zu singen. Langsam, aber sicher legte sich das Lampenfieber. Lucy war verzaubert von der Melodie. Sie hatte darauf bestanden, ein Liebeslied vorzutragen. Es war so schön und romantisch. Sie brauchte beim Singen nur an Mac zu denken, und schon lief alles wie von selbst.

Dass es ihr so viel Spaß machen könnte, auf der Bühne zu stehen, hätte Lucy nie gedacht. Andächtig lauschten die Zuschauer ihrem Vortrag. Viele Pärchen standen Arm in Arm vor der Bühne. Es war eine magische Erfahrung, sich der Musik einfach hinzugeben. Dabei an Mac zu denken, machte die Sache perfekt.

3. KAPITEL

Was war denn hier los?

Razi und seine Freunde betraten die Bar, und unwillkürlich richtete sich sein Blick auf die Bühne. Dort stand Lucy und sang!

Er glaubte, seinen Augen nicht zu trauen. Doch er hätte sie überall erkannt. Allerdings war dies eine ganz andere Lucy. Ihr taillenlanges Haar schimmerte wie flüssiges Gold, und das Make-up brachte ihr hübsches Gesicht perfekt zur Geltung. Sie trug ein blaues Top, das ihr sehr gut stand. Aber was ihn noch viel mehr faszinierte, war ihre Stimme. Hingerissen lauschte er ihr – wie alle anderen in der Bar.

Als er die begehrlichen Blicke der männlichen Zuschauer sah, verzog er unwillig das Gesicht. Lucys Gesang und ihre eindringliche Interpretation fesselten jeden hier. Ihre Stimme klang verführerisch und so wunderschön, als käme sie direkt aus ihrer Seele. Und dann diese leicht heisere Note – ganz wie er sich das Bettgeflüster mit Lucy vorgestellt hatte …

Die Menschen standen dicht gedrängt zwischen ihm und Lucy, doch sie machten ihm den Weg frei, als ob sie spürten, dass er sich von niemandem aufhalten lassen würde.

Lucy hatte ihren Vortrag beendet, und die begeisterten Zuschauer pfiffen und klatschten und verlangten eine Zugabe. Sie fing wieder an zu singen, als Razi es schließlich bis zur Bühne geschafft hatte. Das Blut seiner kriegerischen Vorfahren kochte in ihm. Er musste diese Frau beschützen und verteidigen – auch wenn es nur für kurze Zeit wäre.

Und ich will Sex mit ihr, fügte er in Gedanken entschlossen hinzu, als sie ihn entsetzt anschaute.

Sofort versagte ihr die Stimme. Im Zuschauerraum wurde es ganz leise. Die Spannung stieg. Razi spürte, dass die Menge sie gleich entweder anfeuern oder mit Buhrufen von der Bühne jagen würde. Ihr Blick flehte ihn um Hilfe an.

Einen Moment lang war sie in Hochstimmung, weil Mac sie so verlangend anschaute. Sie hatte sich zu einer Zugabe überreden lassen, wollte aber nur für Mac singen. Er sollte sehen, wer sie sein konnte und hören, was sie nie in Worte würde fassen können. Dies war Lucy Tennant, die im siebten Himmel schwebte und die Musik für sich sprechen ließ. Wenn sie sang, war alles möglich …

Oder? Mac zog die Brauen zusammen. Lag Missbilligung in seinem Blick? Schwer zu sagen. Er schaute sie an, die Zuschauer sahen ihn an und dann sie. Und dann wieder ihn. Plötzlich wurde sie sich der Situation bewusst. Was tat sie eigentlich auf dieser Bühne? Sie musste fort!

Doch dann geschah etwas Unglaubliches. Macs Miene entspannte sich. Seine Augen wurden noch dunkler, er schenkte ihr ein sexy Lächeln und nickte ihr aufmunternd zu. Mac wollte, dass sie für ihn sang. Und genau das würde sie tun.

Die Menge tobte begeistert, als Lucy weitersang. Dabei ließen Mac und sie einander keine Sekunde aus den Augen. Um sie her wurde Lucys gefühlvoller Beitrag mit stehenden Ovationen gefeiert. Doch davon bekam sie nichts mit. Sie bebte am ganzen Körper, in ihrem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Die innige Verbundenheit mit Mac war einfach unglaublich. Seine Reaktion auf ihren Gesang … ihre Reaktion auf ihn … Erregung … Frustration … überwältigende Erleichterung …

Die Erleichterung überwog. Langsam kehrte Lucy wieder auf die Erde zurück. Ohne Macs magische Unterstützung wäre sie längst von der Bühne geflohen. Dann wäre die Stimmung der Menge wahrscheinlich umgeschlagen.

Stattdessen wurde Lucy begeistert weiter gefeiert. Sie hatte gewonnen! Unfassbar! Lachend ließ sie sich von ihren Freunden umarmen. Mac wartete geduldig am Bühnenaufgang auf sie. Das war der erregendste Moment überhaupt. Sie hatte nur Augen für diesen Mann. Der Conferencier musste sie zweimal aufrufen, den Preis entgegenzunehmen. Beim zweiten Mal sah Mac auf, schenkte ihr sein unwiderstehliches Lächeln und begann, langsam zu applaudieren, ohne den Blickkontakt zu ihr zu verlieren. „Geh schon“, rief er ihr zu. „Du hast gewonnen.“

Ungläubig schüttelte sie den Kopf, trat vor und nahm den Preis entgegen.

„Ich weiß gar nicht, warum dich das so überrascht“, sagte Mac, als er Lucy galant von der Bühne half. „Du hast eine fantastische Stimme und singst sehr gefühlvoll.“ Lächelnd schaute er ihr tief in die Augen.

„Du bist ja noch da“, antwortete sie. Die alte Schüchternheit war zurückgekehrt. Auf der Bühne hatte sie schnell Selbstvertrauen gefasst, aber hier neben Mac …

„Natürlich bin ich noch da.“ Er musterte sie verwundert. „Wo sollte ich denn sonst sein?“

Plötzlich fiel ihr vor Aufregung das Atmen schwer. Ihr fielen viele Orte ein, an denen Mac sein könnte, statt hier auf sie zu warten. Aber das behielt sie lieber für sich. Sie lachte gezwungen, weil sie wusste, dass er nur scherzte. Sie leitete ein Chalet, und Mac war ihr Gast. Er begehrte sie nicht.

„Wollen wir etwas trinken?“, fragte er. „Oder zum Chalet zurückgehen?“

Er scherzte nicht! Selbst Lucy war nicht so naiv, Macs verlangenden Blick und seine Körpersprache misszuverstehen. Seine Augen leuchteten sinnlich. Die Botschaft war eindeutig. Natürlich sollte sie ihn zurückweisen, obwohl sie dadurch Gefahr liefe, einen Gast zu verletzen.

Es gab da nur ein kleines Problem: Sie war unglaublich erregt und begehrte ihn.

Sein eindringlicher Blick sprach Bände. Er wollte nicht, dass sie ihn ins Chalet begleitete, um Holz nachzulegen oder einen Wein zu entkorken. Er wollte sie in seinem Bett haben! Mac begehrte sie!

Mac wollte sie!

Er sah zum Anbeißen aus. Wie eine verbotene Frucht, von der sie unbedingt naschen wollte. So eine Chance bot sich kein zweites Mal. Hoffentlich verlässt mich nicht der Mut, dachte Lucy.

„Ich hole nur schnell meine Jacke“, sagte sie.

„Gute Idee.“

Ein heißes Triumphgefühl durchzuckte Razi. Natürlich hatte er nie an Lucys Bereitwilligkeit gezweifelt. Sie begehrte ihn so sehr wie er sie. Eine Beziehung, die nicht im Himmel, sondern in Val d’Isère geschlossen wurde. Und zwar für die Dauer einer Nacht. Er würde Lucy glücklich machen und gehen. Sein Playboyleben war damit beendet. Die Pflicht rief, und er musste diesem Ruf folgen.

Lächelnd sah er Lucy entgegen, als sie schüchtern zu ihm kam – zugeknöpft bis obenhin. Er freute sich schon, sie gleich auszuziehen. Zuerst wollte er Lucy Tennant dienen, dann der Isla de Sinnebar. Letzterer ein Leben lang und nicht nur für eine einzige Nacht.

Als sie das Chalet erreichten, hatte Razi beschlossen, seine Zeit mit Lucy auf eine Nacht und einen Tag auszudehnen, um all seine Fantasien mit ihr ausleben zu können. Er fühlte sich wohl in ihrer Gesellschaft, und er liebte ihre Stimme. Offenbar hatte Lucy keine Ahnung, wie schön sie war. Momentan versteckte sie ihren schönen Körper unter einer überdimensionalen Skijacke, aber das machte ihm umso mehr Appetit. Seit Lucys Auftritt wusste er, dass sie so sinnlich und leidenschaftlich war, dass er nach einer Nacht sicher noch nicht genug von ihr hatte.

Das Leben war wirklich ungerecht. Hier lernte er nun eine Frau kennen, die ihn ganz wild machte vor Verlangen, und er konnte sich ihr nur kurz widmen, weil die Pflicht rief. Doch die Verpflichtung gegenüber seinem Volk stand nun einmal an erster Stelle. Aber das war noch lange kein Grund, sich vorher nicht noch ausgiebig zu amüsieren.

Sie hatten das Chalet ganz für sich allein. Lucy zog die Stiefel aus. Ihr wurde heiß, denn sie ahnte, was Mac vorhatte. Hoffentlich enttäuschte sie ihn nicht. Sie besaß nicht die geringste Erfahrung. Außerdem hatte Mac sie bisher nur in unförmiger Kleidung gesehen. Aber wenn sie die abgelegt hatte …

„Frierst du? Soll ich dir ein Bad einlassen?“

Ungläubig sah sie ihn an. Mac wollte ihr ein Bad einlassen? Hatten sie jetzt die Rollen getauscht?