Parker lackiert den "Roten Hahn" - Günter Dönges - E-Book

Parker lackiert den "Roten Hahn" E-Book

Günter Dönges

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Beschreibung

Exzellent – das ist er im wahrsten Sinne des Wortes: einzigartig, schlagfertig und natürlich auch unangenehm schlagfähig. Wer ihn unterschätzt, hat schon verloren. Sein Regenschirm ist nicht nur sein Markenzeichen, sondern auch die beste Waffe der Welt. Seinem Charisma, Witz und Charme kann keiner widerstehen. Der exzellente Butler Parker ist seinen Gegnern, den übelsten Ganoven, auch geistig meilenweit überlegen. In seiner auffallend unscheinbaren Tarnung löst er jeden Fall. Bravourös, brillant, effektiv – spannendere und zugleich humorvollere Krimis gibt es nicht! Agatha Simpson zog die Nase kraus und schnupperte argwöhnisch. »Was ist das für ein merkwürdiger Geruch, Mister Parker?« Auch dem Butler fielen die Duftschwaden auf, die zum halboffenen Seitenfenster hereinwehten und von Minute zu Minute intensiver wurden. »Falls man sich nicht gründlich täuscht, dürfte es sich um das Aroma frisch gerösteten Kaffees handeln, Mylady«, antwortete Josuah Parker, während er sein hochbeiniges Monstrum im rückflutenden Ausflugsverkehr Richtung Innenstadt lenkte. »Kaffee?« wiederholte die ältere Dame verdutzt. »Wird denn in London so viel Kaffee getrunken, daß die Röstereien schon am heiligen Sonntag arbeiten müssen?« »Auch die Nation der Teetrinker spricht dem genannten Getränk in steigendem Maße zu, Mylady«, gab der Butler Auskunft. »Im vorliegenden Fall dürfte es sich aber kaum um einen normalen Arbeitsvorgang handeln, sofern man eine Vermutung äußern darf.« Inzwischen war der Geruch so penetrant geworden, daß Parker rasch die Scheibe hochkurbelte. Beißender Qualm trieb quer über die Straße. Der zuckende Widerschein eines Feuers erhellte den Abendhimmel... »Mit Vermutungen gibt eine Lady Simpson sich nicht zufrieden, Mister Parker«, beschied die passionierte Detektivin ihren Butler. »Deshalb werde ich der Ursache dieses infernalischen Gestanks unverzüglich auf den Grund gehen.« Eigentlich hatte sich Agatha Simpson nach einer leicht verregneten Landpartie auf die Rückkehr ins heimische Shepherd's Market gefreut – zumal dort ein opulentes Nachtmahl wartete, das Parker vor der Abfahrt zubereitet und kaltgestellt hatte. Doch im Moment war Lady Agathas Neugier stärker als ihr sprichwörtlicher Appetit. »Man wird sich bemühen, Mylady einen ungehinderten Blick auf den Brandherd zu ermöglichen«

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Der exzellente Butler Parker – 14 –

Parker lackiert den "Roten Hahn"

Günter Dönges

Agatha Simpson zog die Nase kraus und schnupperte argwöhnisch. »Was ist das für ein merkwürdiger Geruch, Mister Parker?«

Auch dem Butler fielen die Duftschwaden auf, die zum halboffenen Seitenfenster hereinwehten und von Minute zu Minute intensiver wurden.

»Falls man sich nicht gründlich täuscht, dürfte es sich um das Aroma frisch gerösteten Kaffees handeln, Mylady«, antwortete Josuah Parker, während er sein hochbeiniges Monstrum im rückflutenden Ausflugsverkehr Richtung Innenstadt lenkte.

»Kaffee?« wiederholte die ältere Dame verdutzt. »Wird denn in London so viel Kaffee getrunken, daß die Röstereien schon am heiligen Sonntag arbeiten müssen?«

»Auch die Nation der Teetrinker spricht dem genannten Getränk in steigendem Maße zu, Mylady«, gab der Butler Auskunft. »Im vorliegenden Fall dürfte es sich aber kaum um einen normalen Arbeitsvorgang handeln, sofern man eine Vermutung äußern darf.«

Inzwischen war der Geruch so penetrant geworden, daß Parker rasch die Scheibe hochkurbelte. Beißender Qualm trieb quer über die Straße. Der zuckende Widerschein eines Feuers erhellte den Abendhimmel...

»Mit Vermutungen gibt eine Lady Simpson sich nicht zufrieden, Mister Parker«, beschied die passionierte Detektivin ihren Butler. »Deshalb werde ich der Ursache dieses infernalischen Gestanks unverzüglich auf den Grund gehen.«

Eigentlich hatte sich Agatha Simpson nach einer leicht verregneten Landpartie auf die Rückkehr ins heimische Shepherd’s Market gefreut – zumal dort ein opulentes Nachtmahl wartete, das Parker vor der Abfahrt zubereitet und kaltgestellt hatte. Doch im Moment war Lady Agathas Neugier stärker als ihr sprichwörtlicher Appetit.

»Man wird sich bemühen, Mylady einen ungehinderten Blick auf den Brandherd zu ermöglichen«, versprach Parker und bog von der Hauptstraße ab. Doch so ohne weiteres war das Versprechen nicht einzulösen.

Die enge Seitenstraße, an der die Kaffeerösterei Ball lag, war mit Feuerwehrfahrzeugen und Schaulustigen derart verstopft, daß der Butler sein schwerfällig wirkendes Gefährt schon zwei Ecken vorher abstellen mußte.

Diskret half er seiner Herrin beim Aussteigen und achtete fürsorglich darauf, daß Mylady sich auf dem Weg zur Brandstelle nicht in den kreuz und quer verlegten Löschschläuchen verstrickte.

»Das Feuer dürfte beträchtlichen Schaden angerichtet haben«, bemerkte Parker nach einem Blick auf die qualmenden Reste der hölzernen Lagerschuppen. »Inzwischen scheint der Brand jedoch unter Kontrolle zu sein.«

Der Feuerwehr war es gelungen, ein Übergreifen der Flammen auf die eigentliche Rösterei und den Bürotrakt zu verhindern. Schon rollten die ersten Löschmannschaften ihre Schläuche ein und traten den Rückzug an. Nur eine Brandwache blieb zurück und spritzte schwelende Balken ab, um ein erneutes Aufflammen zu verhindern.

Enttäuscht wollte Agatha Simpson umkehren, doch in diesem Augenblick entdeckte Parker auf dem Hof der Rösterei ein bekanntes Gesicht.

Bei dem untersetzten Mittfünfziger mit dem geröteten Teint und den vorstehenden Basedowaugen handelte es sich zweifelsfrei um Chief-Superintendent McWarden, einen einflußreichen Yard-Beamten, der das Sonderdezernat zur Bekämpfung des organisierten Verbrechens leitete. Er unterhielt sich gerade mit einem schätzungsweise vierzigjährigen Mann, dem die blonden Haarsträhnen wirr ins Gesicht hingen.

Unauffällig machte Parker seine Herrin auf die beiden Männer aufmerksam. Im selben Moment hatte auch McWarden das skurrile Paar aus Shepherd’s Market entdeckt und winkte. Rasch verabschiedete er sich von dem Blondschopf und kam näher.

Der Chief-Superintendent, häufiger Gast im Hause Simpson, hatte sich bei Parker schon manch wertvollen Tip geholt. Er begrüßte Mylady und den Butler mit ausgesuchter Höflichkeit.

»Sind Sie zufällig hier vorbeigekommen, Mylady?« erkundigte er sich.

»Was ich tue, ist nie zufällig, mein lieber McWarden«, belehrte Agatha Simpson den Yard-Beamten. »Und was hat Sie hierher geführt?«

»Wie Sie sich denken können, Mylady, bin ich dienstlich hier«, gab McWarden zurück.

»Was Sie nicht sagen!« stichelte die passionierte Detektivin. »Ich dachte schon, Sie wollten sich an diesem kühlen Abend ein wenig wärmen.«

»Natürlich hätte mich der Brand allein nicht vom Schreibtisch weggelockt, Mylady«, antwortete McWarden gelassen. »Aber...«

»Aber...?« unterbrach Agatha Simpson neugierig.

»Seit Wochen hält eine Serie von Bränden Polizei und Feuerwehr in Atem«, teilte der Kriminalist mit gedämpfter Stimme mit.

»Darf man die Vermutung äußern, daß Sie an Brandstiftung denken, Sir?« schaltete der Butler sich ein.

»In der Tat, Mister Parker«, bestätigte der Chief-Superintendent. »Alle Fälle, die wir bisher untersucht haben, riechen geradezu nach Versicherungsbetrug. Inhaber maroder Firmen wollen sich sanieren, indem sie ihre veralteten Gebäude und Anlagen ›warm abreißen‹, wie man so sagt. Nur haben wir noch keinen einzigen stichhaltigen Beweis.«

»Das wundert mich nicht im geringsten, mein Lieber«, kommentierte Agatha Simpson, die aus ihrer Meinung über die Polizei nie ein Hehl machte – schon gar nicht in Gegenwart eines Angehörigen von Scotland Yard.

»Falls es wirklich Brandstiftung war – und davon bin ich fest überzeugt – wurde mit ungewöhnlicher Raffinesse gearbeitet«, fuhr McWarden fort. Er war fest entschlossen, sich von der resoluten Lady nicht provozieren zu lassen.

»Einen entsprechenden Verdacht hegen Sie auch im konkreten Fall der Kaffeerösterei Ball, Sir?« hakte Parker nach, und McWarden nickte.

»Der Mann, mit dem ich eben sprach, ist Daniel Ball, der Inhaber«, teilte McWarden mit. »Angeblich kann er sich nicht erklären, wodurch der Brand ausgebrochen ist, zumal am Sonntag alle Anlagen abgeschaltet sind. Aber ich traue dem Kerl nicht über den Weg und werde seine Angaben bis zum letzten i-Punkt überprüfen.

»Daß der Lümmel was auf dem Kerbholz hat, sieht man ihm doch schon an der Nasenspitze an«, behauptete die ältere Dame im Brustton der Überzeugung. »Wenn Sie über den unfehlbaren kriminalistischen Instinkt verfügen würden, mein geschätzter McWarden ...«

»Als Beamter bin ich verpflichtet, bei der Ermittlung rechtsstaatliche Grundsätze einzuhalten, Mylady«, entgegnete der Chief-Superintendent leicht gereizt. »Das dauert zwar manchmal etwas länger, führt aber auch zum Ziel.«

»Bisweilen, mein lieber McWarden, bisweilen«, schränkte die passionierte Detektivin ein. »In allen wirklich brisanten Fällen hätten Sie ohne meine Hilfe passen müssen.«

»Ihnen und Mister Parker habe ich wirklich einiges zu verdanken«, gestand McWarden brummig. »Dennoch ...«

Er sprach seinen Satz nicht zu Ende, weil in diesem Augenblick ein junger Polizist herbeieilte. »Ein dringender Funkspruch, Sir«, meldete er.

»Ich komme«, nickte McWarden und verabschiedete sich von Lady Simpson und ihrem Butler.

»Falls es recht ist, komme ich morgen zum Frühstück vorbei, um mit Ihnen über diese Brandserie zu sprechen«, kündigte der Chief-Superintendent im Weggehen noch an.

Postwendend wollte Agatha Simpson protestieren. Grundsätzlich hatte sie gegen einen Besuch McWardens nichts einzuwenden. Aber mußte er denn immer zum Frühstück erscheinen?

Für eine Ausladung war es jedoch zu spät. McWarden war bereits eiligen Schrittes zwischen den Feuerwehrautos verschwunden.

*

»Für wen ist denn das zweite Gedeck bestimmt, Mister Parker?« erkundigte sich Lady Agatha mißtrauisch, als sie am nächsten Morgen am Frühstückstisch Platz nahm.

»Fraglos dürften Mylady sich erinnern, daß Mister McWarden gestern abend den Wunsch äußerte, mit Mylady über die Brandserie zu sprechen«, erläuterte Parker.

»Wenn er sich einen Rat bei mir holen will – nun gut. Ich bin ja kein Unmensch«, entgegnete die Hausherrin. »Als alleinstehende Frau kann ich es mir aber nicht erlauben, das Geld zum Fenster hinauszuwerfen und McWarden mitdurchzufüttern.«

»Wie Mylady wünschen«, sagte der Butler mit einer angedeuteten Verbeugung und schickte sich an, das zweite Gedeck wieder abzuräumen.«

»Ihre Verschwendungssucht treibt mich hoch in den Ruin, Mister Parker«, klagte die ältere Dame und machte sich mit herzhaftem Appetit über die Forellenfilets her, die Parker als Auftakt servierte, »Eines Tages werde ich völlig mittellos dastehen.«

»Eine Vorstellung, die man nur als schrecklich bezeichnen kann und muß, Mylady«, erwiderte der Butler. »Selbstverständlich wird meine bescheidene Wenigkeit nach Kräften bemüht sein, eine derartige Entwicklung zu verhindern.«

Seine Antwort entsprach den Geboten der Höflichkeit. In Wahrheit hielt Parker die Befürchtungen seiner Herrin zumindest für übertrieben. Er wußte, daß Agatha Simpsons Vermögen ebenso unermeßlich war wie ihre immer wieder betonte Sparsamkeit.

Beflissen legte er Lady Agatha Fasanenbrüstchen in Blätterteig vor, schenkte Kaffee nach und trat in seiner unnachahmlichen Art einen halben Schritt zurück.

Die Hausherrin verdoppelte ihr ohnehin eindrucksvolles Verzehrtempo und zeigte denselben Eifer bei den Rindermedaillons und der Hirschkalbpastete, die der Butler anschließend servierte.

Als es schließlich an der Haustür klingelte, wartete nur noch eine mit exotischen Früchten garnierte Käseplatte darauf, abgeräumt zu werden.

»Das wird McWarden sein«, vermutete die Detektivin. »Den Sherry werde ich heute etwas später zu mir nehmen, Mister Parker. Schließlich will ich einen Yard-Beamten ja nicht zum Trinken im Dienst verführen.«

»Ein Vorsatz, der von außerordentlichem Verantwortungsbewußtsein zeugt, Mylady«, merkte Parker an, ehe er seine Schritte in Richtung Vorflur lenkte. Im stillen argwöhnte er jedoch, daß seine Herrin sich in diesem Fall weniger von moralischen Grundsätzen leiten ließ. Sie wurde einfach von dem Verdacht gepeinigt, McWarden habe es bei seinen Besuchen einzig darauf abgesehen, sich an ihrem feinen, alten Sherry zu laben.

»Das Herz einer Dame schlägt höher, wenn sie sieht, daß es noch wahre Gentlemen gibt, mein lieber McWarden«, säuselte Agatha Simpson im lieblichsten Tonfall, der ihr zu Gebote stand, als der Chief-Superintendent mit einem üppigen Bukett lachsfarbener Rosen durch die geräumige Wohnhalle auf sie zusteuerte. »Leider habe ich mein bescheidenes Frühstück gerade beendet. Sonst hätte ich Ihnen natürlich ein Häppchen angeboten.«

»Davon bin ich überzeugt, Mylady«, entgegnete McWarden. »Alle Welt rühmt ja Ihre Gastfreundschaft.«

»Sie übertreiben, mein Bester«, antwortete die ältere Dame sichtlich geschmeichelt. »Alle Welt...«

»Was die Serie mutmaßlicher Brandstiftungen angeht, fange ich allmählich an, meine eigene Theorie in Zweifel zu ziehen«, wechselte der Chief-Superintendent abrupt das Thema.

»Darf man sich erkundigen, wie Sie diese Äußerung verstanden wissen möchten, Sir?« schaltete Parker sich ein.

»Bei den beiden Bränden von gestern abend scheidet Versicherungsbetrug mit größter Wahrscheinlichkeit aus«, gab der Mann vom Yard Auskunft.

»Verzeihung, Sir«, vergewisserte sich der Butler. »Hat man korrekt vernommen, daß Sie von zwei Bränden zu sprechen beliebten?«

»Richtig, Mister Parker«, bestätigte McWarden. »Als der junge Kollege mich gestern abend zum Funkgerät holte, erfuhr ich, daß gleichzeitig eine Villa in Mayfair lichterloh brannte.«

»Zweifellos wäre Mylady Ihnen sehr verbunden, Sir, wenn Sie sagen könnten, warum Sie in beiden Fällen Versicherungsbetrug für unwahrscheinlich halten«, bohrte Parker auf seine höfliche Art weiter.

»Bei Ball ist die Versicherungssumme viel zu niedrig«, erläuterte der Chief-Superintendent. »Er hätte seinen Vertrag aufstocken müssen, wenn der Brand sich rentieren sollte. Das Geld, das er bekommen wird, deckt nicht mal den tatsächlichen Schaden.«

»Und die Villa in Kensington?« fragte die ältere Dame neugierig.

»Mayfair, Mylady«, korrigierte McWarden. »Die Villa gehört einem angesehenen Richter namens Gerald Marble.«

»Hoffentlich ist der gute Mann nicht mit verbrannt?« erkundigte sich Lady Agatha besorgt.

»Richter Marble ist seit zwei Tagen mit seiner Familie in Urlaub, Mylady«, antwortete der Yard-Beamte. »Wir haben ihn bisher nicht mal erreichen können, da er mit seiner Segeljacht auf dem Mittelmeer kreuzt.«

»Darf man dennoch von der Annahme ausgehen, Sir, daß Sie die Ursachen beider Brände ermitteln lassen?« wollte Parker wissen.

»Unsere Experten haben sich gründlich umgesehen, aber sie kommen zu keinem klaren Urteil«, teilte der Chief-Superintendent mit. »Brandstiftung ist in beiden Fällen wahrscheinlich. Nur fehlt das Motiv, wenn Versicherungsbetrug ausscheidet, Mister Parker.«

»Meiner Wenigkeit steht es nicht zu, Ihnen zu widersprechen, Sir«, blieb der Butler beharrlich am Ball. »Dennoch könnte man unter Umständen auch ein anderes Motiv in Betracht ziehen.«

»Das wollte ich auch gerade bemerken«, schaltete Agatha Simpson sich geistesgegenwärtig ein. »An welches Motiv denke ich dabei, Mister Parker?«

»Falls man sich nicht gründlich täuscht, erwägen Mylady, daß es sich zumindest im Fall des Richters Marble auch um einen Racheakt handeln könnte«, gab Parker die gewünschte Auskunft.

»Der Gedanke kam mir auch schon, Mister Parker«, stimmte McWarden zu. »Wirklich ärgerlich, daß wir mit dem Mann nicht sprechen können. Statt dessen habe ich zwei Kollegen eingeteilt, die die Listen aller schweren Jungs durchgehen, die in letzter Zeit aus der Haft entlassen wurden. Beim Vergleich mit den Urteilen, die Richter Marble gefällt hat, könnte sich möglicherweise eine Spur ergeben.«

»Ein etwas mühseliges Verfahren, falls die Anmerkung erlaubt ist, Sir«, meinte der Butler.

»Stimmt«, nickte der Yard-Beamte bekümmert. »Aber was sollen wir denn machen?«

»Wenn Ihnen nichts Besseres einfällt, machen Sie nur so weiter, McWarden«, fiel die Detektivin ein. »In der Zwischenzeit werde ich die Brandstifter zur Strecke bringen.«

»Sie können es ja versuchen, Mylady«, stimmte McWarden gut gelaunt zu. »Für mich steht jedenfalls fest, daß die Brände von gestern abend mit der Serie nichts zu tun haben. Da würde ich jede Wette eingehen.«

»Ich nehme Sie beim Wort, McWarden«, reagierte Agatha Simpson sofort. »Eine Kiste Sherry! Vom feinsten, natürlich.«

»Moment mal«, bremste der Chief-Superintendent. »Was ist überhaupt Inhalt unserer Wette, Mylady?«

»Daß ich Ihnen die Brandstifter liefere.«

»Die von gestern abend?«

»Alle!«

»Alle?« McWarden setzte einen belustigten Gesichtsausdruck auf. »Dann freue ich mich schon jetzt auf den Sherry, den Sie mir zukommen lassen werden, Mylady.«

»Davon war nicht die Rede, McWarden.« Agatha Simpsons Tonfall wurde ausgesprochen eisig. »Sie werden mir eine Kiste Sherry zukommen lassen. Und zwar vom feinsten, wie ich schon betonte.«

»Aber nur, wenn Sie Ihr Versprechen wahrmachen, Mylady.«

»Was für ein Versprechen?« Die ältere Dame runzelte die Stirn.

»Daß Sie die ganze Serie von Brandstiftungen einschließlich der Brände von gestern abend aufklären werden, Mylady.«

»Ein anderer Fall ist überhaupt nicht denkbar, McWarden. Natürlich, werde ich Ihnen die Lümmel liefern. Sie können den Sherry ruhig schon bestellen. Mister Parker wird Ihnen die Anschrift meines Lieferanten mitteilen.«

»Danach wollte ich Sie ohnehin fragen, Mylady«, antwortete der Chief-Superintendent. »Ihr Sherry ist wirklich vorzüglich.«

»Bedauerlich, daß Sie im Dienst nichts trinken dürfen, McWarden«, entgegnete die Hausherrin schadenfroh. Sie hatte das Kompliment als Wink mit dem Zaunpfahl verstanden.

»Manchmal nehme ich das nicht so genau«, gestand der Yard-Beamte. »Aber heute hätte ich ohnehin abgelehnt. Es wird wieder ein heißer Tag. Da muß ich auf meinen Blutdruck achten.«

»Sie sollten wirklich kein Risiko eingehen, mein lieber McWarden«, bestärkte die Lady ihn eilig. »Aber ich könnte mir jetzt ein Schlückchen genehmigen.«

Während Parker zum Wandschrank schritt und die Kristallkaraffe mit dem Sherry holte, erhob sich McWarden und verabschiedete sich von der Hausherrin.