Psychosoziale und traumapädagogische Arbeit mit geflüchteten Menschen - Silke Birgitta Gahleitner - E-Book

Psychosoziale und traumapädagogische Arbeit mit geflüchteten Menschen E-Book

Silke Birgitta Gahleitner

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Beschreibung

Menschen, die aus kriegsbedingten, religiösen, politischen oder wirtschaftlichen Gründen ihr Heimatland verlassen mussten, haben häufig schwerwiegende physische, psychische und soziale Verletzungen erfahren. In Deutschland angekommen, werden ihnen nicht nur die drastischen globalen Chancenunterschiede bewusst, sondern sie erleben darüber hinaus im Alltag oft Benachteiligung und Ausgrenzung. Solch komplexe Problemlagen können nicht allein im Rahmen des Gesundheitssystems aufgefangen werden. Vielmehr benötigen Traumatisierte eine kompetente psychosoziale Versorgung, die Gefahrenpotenziale bannen hilft, eine fachgerechte Begleitung anbietet und auf diese Weise Chancen auf eine gelungene Integration eröffnet. Silke Gahleitner, Dorothea Zimmermann und Dima Zito zeigen, wie in Räumen des Verstehens und Immer-wieder-neu-Anknüpfens an konstruktive Veränderungsmöglichkeiten Schritt für Schritt haltende und stabilisierende »Verhältnisse« entstehen. Dieser Band zur psychosozialen und traumpädagogischen Arbeit gibt einen Überblick und neue Impulse, wie adäquate Angebote und Ressourcen für geflüchtete Menschen bereitgestellt und damit die Möglichkeiten einer geglückten Integration erhöht werden können – im Sinne eines gelungenen interkulturellen Zusammenlebens.

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Geflüchtete Menschen psychosozial unterstützen und begleiten

Herausgegeben von

Maximiliane Brandmaier

Barbara Bräutigam

Silke Birgitta Gahleitner

Dorothea Zimmermann

Silke Birgitta Gahleitner Dorothea Zimmermann Dima Zito

Psychosoziale und traumapädagogische Arbeit mit geflüchteten Menschen

Mit 8 Abbildungen und einer Tabelle

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-647-99877-0

Weitere Ausgaben und Online-Angebote sind erhältlich unter: www.v-r.de

Umschlagabbildung: Nadine Scherer

© 2017, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG,

Theaterstraße 13, D-37073 Göttingen /

Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U.S.A.

www.v-r.de

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.

Wissenschaftliches Lektorat: Ilona Oestreich

Reihenredaktion: Silke Strupat

Satz: SchwabScantechnik, GöttingenEPUB-Erstellung: Lumina Datamatics, Griesheim

Inhalt

Geleitwort der Reihenherausgeberinnen

1 Einführung

2 Psychosoziale Zufluchten bieten

2.1 Trauma, Bindung, Vertrauen und soziale Einbettung

2.2 Ein Modell der Bewältigung traumatischer und schwieriger Fluchtumstände

3 Fluchtbiografien verstehen

3.1 Klinische Diagnostik

3.2 Biografiediagnostik

3.3 Lebensweltdiagnostik

3.4 Koordinaten psychosozialer Diagnostik und Intervention

4 Praktische Vorgehensweisen und Übungen

4.1 Für eine gemeinsame Sprache sorgen

4.2 Bestandsaufnahme und Clearing: Ohne soziale keine psychische Stabilisierung

4.3 Exploration: Biografische Erkundungen

4.4 Traumasensible Haltung und Psychoedukation

4.5 Handwerkszeug vermitteln: Strategien zur Distanzierung und Selbstberuhigung

4.6 Imaginationsübungen

4.7 Ressourcenorientierung

5 Begleitung und Unterstützung im Asylverfahren

5.1 Die Vorbereitung auf das Asylverfahren

5.2 Die Anhörung

5.3 Die Entscheidung

6 Schluss und Ausblick

7 Literatur

Geleitwort der Reihenherausgeberinnen

Der Band »Psychosoziale und traumapädagogische Arbeit mit geflüchteten Menschen« der Reihe »Fluchtaspekte. Geflüchtete Menschen psychosozial unterstützen und begleiten« hat sich in besonderer Weise zum Ziel gesetzt, sich dem Spannungsfeld zwischen ressourcenorientierter Unterstützung und intensivem traumasensiblen Beistand auszusetzen und diese beiden Pole fachgerecht auszubalancieren. Die Phänomene Flucht und Trauma werden dafür stets kontextualisiert und im Rahmen einer fundierten Analyse der umgebenden Debatten rund um den Begriff und das Feld reflektiert.

Gerade in der Arbeit mit Geflüchteten wird deutlich, dass sie auf der Grundlage eines sozial und politisch kontextualisierten Traumakonzepts erfolgen muss. Geflüchtete Menschen im Sinne einer positiven Bewältigung zu unterstützen, erfordert daher eine sichere und solidarische Umgebung als Alternativerfahrung zum (re)traumatisierenden Umfeld, die die Würde der Geflüchteten respektiert und fördert und einer viktimisierenden Kultur entgegentritt. Wie es gelingt, Geflüchteten psychosoziale Zufluchten zu bieten, wird von den Autorinnen Silke Birgitta Gahleitner, Dorothea Zimmermann und Dima Zito daher bereits im ersten Abschnitt des Buches aus verschiedenen Blickwinkeln reflektiert.

Angemessene Unterstützung anzubieten bedeutet jedoch in gleicher Weise eine fachlich kompetente Einschätzung von Problemlagen unter Zuhilfenahme eines Spektrums an adäquaten Konzepten für eine geeignete Unterstützung bei psychischem, physischem und sozialem Leid. Wie es gelingen kann, angesichts der vorherrschenden Komplexität zu einer fachlich gestützten und umfassenden Einschätzung zu kommen, behandelt der zweite Abschnitt des Bandes. Auf dieser Basis schließen sich im dritten Abschnitt des Bandes eine Reihe pragmatisch ausgerichteter Übungen an, die sich problemlos in den Praxisalltag integrieren lassen.

Der Band versucht auf diese Weise, vor dem breiten fachlichen Hintergrund der Autorinnen im psychosozialen Feld für Professionelle wie Ehrenamtliche eine Reihe von Anregungen zu geben, die bei der Arbeit vor Ort ganz konkret gebraucht werden.

Silke Birgitta Gahleitner Dorothea Zimmermann Barbara Bräutigam

1 Einführung

»Die Menschheit befindet sich in der Krise – und es gibt keinen anderen Ausweg aus dieser Krise als die Solidarität zwischen den Menschen. Das erste Hindernis auf dem Weg zum Abbau der wechselseitigen Entfremdung ist die Verweigerung eines Dialogs: das aus Selbstentfremdung, Distanz, Achtlosigkeit, Zurücksetzung und Gleichgültigkeit geborene (und davon wiederum verstärkte) Schweigen.« (Bauman, 2016, S. 24)

Die globale Weltlage hat für einen großen Teil der Bevölkerung ein menschenwürdiges Überleben in den Herkunftsländern unmöglich gemacht. Kriege, ökonomische und biologische Katastrophen und diktatorische Herrschaftssysteme, nicht selten von wohlhabenderen Ländern unterstützt, führten und führen zu physischen, psychischen und sozialen Verletzungen und Erfahrungen, die die Menschen an Flucht denken ließen oder die ein Verlassen des Ursprungslandes existenziell notwendig machten. Fachkräfte der Sozialen Arbeit, die mit den Geflüchteten hier in Deutschland arbeiten, übernehmen daher eine verantwortungsvolle Aufgabe. In Deutschland angekommen, sind Geflüchtete in einem hohen Maß auf Begleitung und Unterstützung angewiesen. Diese angemessen zu leisten, heißt, sich in einer ständigen Gratwanderung zwischen politischem Handeln als Zeugen und Zeuginnen des erfahrenen Leids und empowernder sowie ressourcenorientierter Unterstützung, aber auch intensivem traumapädagogischen Beistand fachkundig zu bewegen.

In Deutschland angekommen, hoffen geflüchtete Menschen zu Recht, endlich die schlimmsten Strapazen hinter sich gelassen zu haben. Der Anspruch an die Geflüchteten in Deutschland geht jedoch sehr früh in Richtung »fordern und fördern«. Auch psychosoziale Fachkräfte sind unter Druck, diesen Anspruch flankierend mit umzusetzen. In der Realität jedoch sind die meisten Geflüchteten – vor allem aus Kriegsregionen –, wenn sie Deutschland erreicht haben, vor allem sehr mit der Frage beschäftigt: »Wie geht es meiner Familie und meinen Freunden, Freundinnen in den Herkunftsländern?« Sie fragen sich auch: »Was gibt mir das Recht, mich um mein Leben zu kümmern, während andere noch in Gefahr oder tot sind?« Nur schwer können sie sich auf die Lage im Aufnahmeland und die neuen Anforderungen konzentrieren. Ein Umstand, der in die Gestaltungsprozesse von Hilfeleistungen in der ersten Phase einbezogen werden sollte, um ein Gelingen des Integrationsprozesses nicht bereits an dieser Stelle zu verunmöglichen.

Wenn eine Orientierung auf die Situation im Aufnahmeland erfolgen kann, werden geflüchteten Menschen zudem nicht nur die drastischen globalen Chancenunterschiede zwischen Deutschland und dem Heimatland deutlich, sondern auch die gewachsene Kluft innerhalb Deutschlands zwischen Arm und Reich (vgl. BMAS, 2008). Wer mit einer guten Ressourcenausstattung schnell wechselnde soziale und kulturelle Bedingungen flexibel zu nutzen weiß, sieht sich, wenn es der Aufenthaltsstatus zulässt, in Deutschland einem vielfältigen Angebot an Lebenswegen und Gestaltungsmöglichkeiten gegenüber. Für benachteiligte Menschen erwachsen daraus jedoch zahlreiche Risiken und Belastungen (Beck, 1986). Für die Wahrnehmung der Möglichkeiten bedarf es andauernder emotionaler, kognitiver und handlungsbezogener Planungs-, Entscheidungs- und Aktionshandlungen. Übergänge und Brüche sind dabei zu bewältigen (Gahleitner u. Hahn, 2012). Resultat ist eine wachsende Exklusionsspirale mit negativen Konsequenzen für Entwicklungs-, Sozialisations- und Identitätsprozesse benachteiligter Menschen (Keupp, 2012; vgl. auch »Disembedding-Prozesse« nach Giddens, 1999/2001).

Auf diese Weise »abgehängte Menschen« leiden nicht nur unter Exklusion, sondern diese geht auch mit gravierenden gesundheitlichen Risiken einher (Franzkowiak, Homfeldt u. Mühlum, 2011). Eine Reihe internationaler Untersuchungen zeigt auf, dass psychosoziale Faktoren die wichtigsten Mediatoren zwischen psychischer wie körperlicher Gesundheit und materieller Benachteiligung darstellen (vgl. u. a. WHO, 2001). Diese Tatsache gilt insbesondere für geflüchtete Menschen mit vorangegangenen Verletzungen und Gewalterfahrungen (BAfF, 2017). Menschen, die traumatische Erfahrungen erlitten haben, sind zum Beispiel deutlich gefährdeter als andere Menschen, physisch wie psychisch zu erkranken und im Lebensverlauf vor Problemen zu stehen (Felitti, 2002). Um psychosoziale Versorgung am aktuellen Bedarf zu orientieren, muss folglich neben einer Reihe anderer Aufgaben des Sozial- wie Gesundheitswesens auch eine adäquate professionelle Antwort auf Überforderungen durch psychosoziale Verarbeitungsprozesse aktueller Lebensverhältnisse bereitgestellt werden – und zwar für alle Menschen.

Diese Aufgabenstellung bedeutet aber nicht, dass die dadurch entstehenden Problemlagen alleine im Gesundheitssystem gelöst werden können (vgl. z. B. BAfF, 2017). Traumatisierte Geflüchtete benötigen beispielsweise nicht immer sofort eine Psychotherapie, häufig ist dies zum Zeitpunkt des Ankommens und Sicheinfindens nicht die angemessene Hilfe. Sie brauchen aber in jedem Fall eine psychosoziale Versorgung, die Gefahrenpotenziale bannen hilft, eine fachgerechte Begleitung anbietet und auf diese Weise Chancen auf eine gelungene Integration eröffnet. In adäquaten Räumen des Verstehens und immer wieder neu Anknüpfens an konstruktive Veränderungsmöglichkeiten können so – Schritt für Schritt – haltende und stabilisierende »Verhältnisse« entstehen, die den Integrationsprozess befördern (Gahleitner u. Golatka, 2016; Gahleitner, 2016, 2017). In solchen Räumen können eine Einordnung des Erlebten und ein Gefühl gesellschaftlichen Angenommenseins entstehen. Böhnisch (1994) spricht von einem förderlichen »Milieu« als »biografisch verfügbarer sozialräumlicher und sozialemotionaler Kontext« (S. 222).

Dieser Band zu psychosozialer Arbeit mit traumatisierten Geflüchteten soll dazu verhelfen, auf die eingangs beschriebene Weise angemessene Angebote und Ressourcen für geflüchtete Menschen bereitzustellen. Nach einer kurzen Hinführung zur Auswirkung schwieriger Lebensereignisse auf geflüchtete Menschen wird in diesem Sinne konkret beschrieben, wie es gelingen kann, Menschen nach Flucht, Krieg und Vertreibung biografisch und kontextorientiert zu verstehen und ihnen über psychosoziale Arbeitskonzepte im Alltag Veränderungsmöglichkeiten anzubieten. Aus dem Alltagszusammenhang heraus sollen auf diese Weise Chancen eröffnet werden, biografische Verletzungen zu erkennen und schonend, im Rahmen eines geschützten, aber realen Alltags, neue, alternative Erfahrungen zu machen. Auf diese Weise können auch eine Stabilisierung physiologischer und psychologischer Reaktionen und eine Erschließung sozialer Ressourcen erfolgen. Konkrete Vorschläge für einzelne Übungen und ein Ausblick schließen diesen Band ab.

Auf diese Weise für Menschen nach Fluchterfahrungen adäquat, einzelfallorientiert und niedrigschwellig Möglichkeiten und Räume zu schaffen, in denen in einem Gefühl der Sicherheit neue Erfahrungen und damit Veränderungen des psychisch belastenden Erlebens ermöglicht werden, stellt unserer Erfahrung nach eine große Chance für die weitere Entwicklung und damit die Möglichkeiten einer geglückten Integration in unseren Lebensalltag dar – im Sinne eines gelungenen inter- oder transkulturellen Zusammenlebens.

2 Psychosoziale Zufluchten bieten

Krieg, Flucht, Folter und Entbehrung bringen Menschen in schwierige Lebensereignisse, Krisen und traumatische Situationen. Nicht alle Geflüchteten haben selbst traumatische Erfahrungen gemacht, aber alle sind auf irgendeine Weise mit schwierigen Lebensereignissen oder Traumata in Berührung gekommen (vgl. dazu auch Baer u. Frick-Baer, 2016; Fürst, 2016; Imm-Bazlen u. Schmieg, 2016; Preitler, 2016; Schneck, 2017). Geflüchtete Menschen sind deshalb mitnichten als »psychisch krank« zu deklarieren oder wahrzunehmen, aber im Umgang mit ihnen ist es wichtig, krisenhafte und traumatische Vorgänge zu verstehen und ihnen psychoedukativ dieses Verständnis entgegenzubringen und damit möglichst optimale Bewältigungsmöglichkeiten bieten zu können (mehr dazu in Kapitel 4.4 Traumasensible Haltung und Psychoedukation). Jedoch auch aus einer übergreifenden Perspektive ist es für psychosoziale Fachkräfte und Helferinnen sinnvoll, die Zusammenhänge zwischen Trauma, Bindung und sozialer Integration zu verstehen und sich darin zurechtzufinden. Viele einzelne und unverständliche und überfordernde Situationen in der Arbeit werden dann verstehbar, handhabbar und lösbar. Im Folgenden wird daher kurz auf traumatische Prozesse eingegangen, um auf dieser Basis Hinweise für einen gelungenen Umgang mit geflüchteten Menschen geben zu können.

2.1 Trauma, Bindung, Vertrauen und soziale Einbettung

2.1.1 Trauma

Ein Trauma als ein »vitales Diskrepanzerlebnis zwischen bedrohlichen Situationsfaktoren und individuellen Bewältigungsmöglichkeiten« (Fischer u. Riedesser, 1998, S. 79) entsteht durch ein erschütterndes Ereignis und geht mit Kontrollverlust, Entsetzen und (Todes-)Angst einher. Das Ausmaß der Traumatisierung ist abhängig von der Art, den Umständen und der Dauer des Ereignisses sowie vom Entwicklungsstand, in dem sich das Opfer zu diesem Zeitpunkt gerade befindet. Zu den Umständen zählt auch, ob es vor, während oder nach der Traumatisierung schützende Faktoren gegeben hat oder ob dies ausgeblieben ist. Für ein erweitertes Verständnis des traumatischen Geschehens – besonders im Hinblick auf Flucht und Vertreibung – ist daher neben psychotraumatologischen Grundlagen (für ein tiefergehendes Verständnis zu Trauma und seinen Folgeerscheinungen siehe den Band von Karin Mlodoch in dieser Buchreihe) vor allem das Konzept der sequenziellen Traumatisierung von Hans Keilson (1979/2005) hilfreich, welches im Folgenden kurz vorgestellt wird.

Keilson war Sportlehrer, Arzt, Schriftsteller und Überlebender der Shoa. Er führte in den Niederlanden eine sehr differenzierte Langzeitstudie mit jüdischen Kriegswaisen durch. Aus den Ergebnissen dieser Forschung entwickelte er das Konzept der sequenziellen Traumatisierung. Darin arbeitete er heraus, dass das Trauma der Kinder und späteren Erwachsenen nicht aus einer, sondern vielmehr aus drei Sequenzen besteht: aus einer Vorbereitungs- und Beginnphase der Verfolgung (z. B. Abbröckeln eines Rechtsschutzes, Demütigung im Alltag, Auflösung der vertrauten Umgebung), aus »traumatogenen« Momenten (z. B. Gewalthandlungen