Rockertochter - Joanna Wylde - E-Book

Rockertochter E-Book

Joanna Wylde

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Beschreibung

Emma hat ihr gesamtes junges Leben im Schatten des Motorradklubs Reapers MC verbracht. Auch wenn es ihr unter der Aufsicht ihres Vaters, des Präsidenten des Motorradklubs, kaum möglich ist, eine normale Beziehung zu führen, sehnt sich Emma nach der großen Liebe. Doch seit ihr Vater ihren letzten Freund in einem Wutanfall angeschossen hat, sind alle Männer, die sich Emma nähern wollen, auf der Hut: Statt sich um sie zu kümmern, sind sie mehr daran interessiert, ihren Vater bei Laune zu halten. Dann jedoch begegnet Emma einem gutaussehenden Fremden, einem Mann, der keine Angst vor ihrem Vater zu haben scheint und sie wie eine richtige Frau behandelt. Sein Name ist Liam, und Emma verfällt ihm mit Haut und Haaren. Doch schon bald gerät alles aus den Fugen, und der vermeintliche Traummann zeigt sein wahres Gesicht.

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Seitenzahl: 558

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howard

Man kann sich nicht von der Lektüre losreißen

Gutes Buch, dafür gibt es 5 Sterne von mir. Hier sollte man alle Teile kaufen und lesen! Kann aber natürlich auch einzeln gelesen werden, ohne etwas "zu verpassen"!
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://d-nb.de abrufbar.

Für Fragen und Anregungen:

[email protected]

1. Auflage 2015

© 2015 by Lago, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH,

Nymphenburger Straße 86

D-80636 München

Tel.: 089 651285-0

Fax: 089 652096

© der Originalausgabe 2014 by Joanna Wylde. Die englische Originalausgabe erschien 2014 bei Berkley Books unter dem TitelDevil’s Game.

All rights reserved including the right of reproduction in whole or in part in any form. This edition published by arrangement with The Berkley Publishing Group, a member of Penguin Group (USA) LLC, A Penguin Random House Company.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Übersetzung: Ramona Wilder

Redaktion: Dr. Carina Heer

Umschlaggestaltung: Melanie Melzer

Umschlagabbildung: iStockphoto

Satz: EDV-Fotosatz Huber/Verlagsservice G. Pfeifer, Germering

Druck: CPI books GmbH, Leck

Printed in Germany

ISBN Print 978-3-95761-121-5

ISBN E-Book (PDF) 978-3-95762-049-1

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-95762-050-7

Weitere Informationen zum Verlag finden sie unter

www.lagoverlag.de

DANKSAGUNG

Zu Beginn eines jeden Buches habe ich panische Angst, dass ich jemand Wichtigen vergesse. Denn an der Entstehung vonRockertochterhaben so viele verschiedene Menschen mitgewirkt: Ein besonderes Dankeschön geht an meine Lektorin Cindy Hwang und an meine Literaturagentin Amy Tannenbaum, die mich jederzeit unterstützt haben. Äußerst dankbar bin ich auch dem ganzen Team bei Berkley, besonders Jessica Brock, die sich solche Mühe gegeben hat, mir zum Erfolg zu verhelfen.

Ich möchte mich bei meinen schreibenden Freundinnen und bei meinen Beta-Leserinnen bedanken, die mich Tag für Tag ermutigen. Dazu zählen Kylie Scott, Kim Jones, Renee Carlino, Kim Karr, Katy Evans, Kristin Ashley, Cara Carnes, Raelene, Sali, Hang und Lori. Ihr seid unglaublich, Mädels.

Ohne die Unterstützung durch Leseclubs, Blogger und Super-Leser (ihr wisst, wer gemeint ist) fände kein einziger Autor sein Publikum. Ich liebe euch: Maryse, Jenny, Gitte, Lisa, Giselle, die Mädels von Triple M, von Kristen Ashley Anonymous und all die unglaublichen Frauen in meiner Junkies-Gruppe. Ein großes Dankeschön geht auch an die Mädels, die ich ursprünglich auf Maryses Facebookseite kennengelernt habe – ich fühle mich so geehrt, dass ihr mich ganz am Anfang meiner Autorinnenkarriere unterstützt habt. Ich hoffe, ihr wisst, wie sehr ich euch schätze!

Und schließlich möchte ich meiner Familie für ihre anhaltende Unterstützung danken. Meinem Ehemann, meinen Kindern, meinen Eltern und meinem tollen Bruder. Ich liebe euch alle so sehr!

ANMERKUNG DER AUTORIN

Die Handlung vonRockertochterüberschneidet sich zum Teil zeitlich und inhaltlich mitRockerblut. Doch wer bereits andere Bücher der Reihe gelesen hat, wird merken, dass der Ton der Geschichte ein wenig davon abweicht. Mehrere Leute haben mich nach dem Grund gefragt. Die einzige Erklärung, die ich dafür habe, ist, dass die Figuren jünger sind und ihre Geschichte sich einfach so entwickelt hat. Dies ist in gewisser Weise ein Buch für junge Erwachsene, was sich auch in der Struktur der Erzählung niedergeschlagen hat.

Ein Hinweis zur Kultur der Motorradclubs: Eine der häufigsten Fragen, die Leser an mich stellen, lautet: »Wie real ist der Reapers MC?« Das ist schwer zu beantworten, weil meine Bücher romantische Fantasien sind und nicht darauf abzielen, das Innenleben eines Clubs zu erforschen oder die ethischen Aspekte des Clublebens zu beleuchten. Die Bücher dienen der Unterhaltung – deshalb neige ich vielleicht auch manchmal zu Übertreibungen.

Als frühere Journalistin habe ich aber von Anfang an beim Schreiben der Reihe natürlich Wert darauf gelegt, den Inhalt so realistisch wie möglich zu gestalten, besonders was Kultur und Sprache der Motorradclubs angeht. Darum ließ ichRockertochtervon einer Frau überprüfen, die einem Outlawclub angehört. Alles, was das Clubleben angeht, ist ziemlich realitätsnah (mit ein paar kleineren Ausnahmen, bei denen ich mir ein wenig künstlerische Freiheit nahm). Die MC-Kultur weist eine große Vielfalt auf und das Leben der Frauen in den Clubs ist kaum dokumentiert. Ich hatte das Privileg, viele dieser Frauen bei meiner Recherche kennenzulernen. Dabei wurde mir bewusst, dass die Stereotypen, die über ihr Leben im Umlauf sind, häufig ungenau und sogar schädlich sind. Die Hinweise dieser Frauen waren für diese Geschichte extrem wertvoll und ich danke ihnen sehr für ihre anhaltende Unterstützung.

PROLOG

Coeur d’Alene, Idaho

Acht Jahre zuvor

Em

»Verdammt noch mal … sie führen sich auf wie zwei brünstige Wiesel. Ich kotz gleich.«

Ich nickte, da ich mit meiner Schwester zu hundert Prozent übereinstimmte.

Kotzen war die einzig vernünftige Antwort auf diese Scheiße.

Wir standen in unserem Esszimmer, das durch zwei Schiebetüren mit der Küche verbunden war. Dad hatte Mom auf die Anrichte gesetzt. Sie hatte ihre Beine um seine Taille geschlungen und er seine Zunge so tief in ihren Hals gesteckt, dass das eigentlich ihren Würgereiz hätte auslösen sollen.

»Euch ist schon klar, dass wir euch beobachten, oder?«, fragte Kit laut.

Dad löste sich von Mom und drehte seinen Kopf, um uns böse anzustarren. Mom zwinkerte uns zu, besaß aber nicht mal den Anstand, rot zu werden.

»Macht euch doch noch zehn Minuten die Haare oder sonst irgendwas«, sagte er. »Dann könnt ihr wieder runterkommen zum Frühstücken.«

Kit knurrte neben mir. Sie hatte Dads Temperament. Ich wünschte, ich hätte es auch, denn ich befolgte immer die Regeln, was mir irgendwie auf die Nerven ging. Kit nannte mich Papakind und hatte damit vielleicht sogar recht. Ich hasste es eben einfach, ihn zu verärgern.

»Heute ist der erste Schultag, und ich will nicht zu spät kommen«, erklärte sie. »Ihr könnt jederzeit vögeln, aber der erste Schultag ist nur einmal pro Jahr. Ich habe Hunger.«

Dad trat einen Schritt von Mom zurück, wandte sich zu uns um und verschränkte die Arme. Seine verblassten Tattoos erzählten unzählige Geschichten und die meisten meiner Freundinnen waren in seiner Gegenwart etwas nervös. Seine schwarze Lederkutte mit den Reapers-MC-Aufnähern machte die Sache nicht besser. Wir Glückspilze hatten einfach keinen normalen Dad, der in einer Bank oder so arbeitete.

Nope.

Unserer musste ausgerechnet der President eines Motorradclubs sein.

Laut meiner besten Freundin Quinn war Dad ein knallharter Scheißkerl. Wo sie recht hatte, hatte sie recht. Ich wusste, egal, was passierte, er würde immer für mich da sein. Insgeheim gefiel es mir, dass er die Reapers als Rückendeckung hatte. Der Anblick von Dads Tattoos und seinen Aufnähern verlieh mir ein Gefühl der Sicherheit, was ich aber nie zugegeben hätte. Trotz alldem fand ich es einfach ekelhaft, dass er und Mom es praktisch in der Küche trieben. Ich meine, schließlich belegte ich mir auf dieser Anrichte sonst meine Sandwiches. Und wo sollte ich das jetzt machen?

»Könnt ihr euch nicht einmal wie normale Eltern benehmen und euch beim Essen einfach ignorieren?«, sagte Kit mit schmalen Augen.

»Klingt langweilig …«, murmelte Dad und kniff ebenfalls die Augen zusammen.

Mom und ich starrten einander an, und sie verdrehte die Augen. Ich hasste das – Dad und Kit konnten sich wegen jeder Kleinigkeit in die Haare kriegen. Laut Mom waren sie sich einfach zu ähnlich. Da konnte ich ihr nur zustimmen. Mom war wie das Öl, das die Maschine »Familie« am Laufen hielt, und sie entschärfte knifflige Situationen, bevor sie unkontrollierbar wurden.

»… und ich langweile mich ungern«, fügte er hinzu. »Geh und mach das, was Mädels in Badezimmern gewöhnlich so lange tun, und dann kommst du wieder runter. Mein Haus, meine Regeln.«

Ich packte Kits Arm und zog sie weg, bevor sie zurückschießen konnte. Sie war erst zwölf und ich war vierzehn, aber sie ließ sich nie einschüchtern. Manchmal war das nicht schlecht … aber sie musste lernen, nur die wichtigsten Kämpfe auszufechten.

»Komm einfach mit hoch«, zischte ich ihr zu.

»Sie sind zu alt, um in der Küche zu vögeln!«

»Wir vögeln gar nicht«, sagte Dad. »Aber selbst wenn, dann würde dich das auch nichts angehen, Kleine.«

Ich grub meine Finger in Kits Arm, zog sie aus dem Esszimmer und die Treppe hoch. Im Hintergrund hörte ich Dad lachen und Mom leise quieken.

»Sie sind so ekelhaft«, sagte Kit und ließ sich auf mein Bett fallen. Wir hatten jede ein eigenes Zimmer, aber sie verbrachte viel Zeit in meinem Zimmer, weil es größer war. Außerdem gab es vor dem Fenster einen Ast, über den wir heimlich rausklettern konnten …

Nicht, dass wir das jemals getan hätten, aber Kit hatte schon große Pläne für die Highschool.

»Ich weiß«, antwortete ich. »Aber er hat recht, das Haus gehört ihm.«

»Zumindest sitzt du nicht in der doofen Middleschool«, sagte sie mit einem schweren Seufzer. »Ich kann’s nicht glauben, dass du einfach weg bist! Das ist nicht fair.«

»Nur noch ein Jahr, dann bist du auch dort«, sagte ich. Da mir klar wurde, dass ich die Wartezeit auch nutzen konnte, betrachtete ich eingehend meine Haare im Spiegel der Frisierkommode, die mir Mom zu meinem 13. Geburtstag geschenkt hatte. Sie hatte früher ihr gehört. Als kleines Mädchen hatte ich es geliebt, davorzusitzen, mich zu schminken und mir vorzustellen, dass ich eine Prinzessin wäre. »Und ich bin mir sicher, dass es gar nicht so toll wird. In der neunten Klasse ist nicht wirklich was los.«

»Na, immer noch mehr als in der achten«, sagte sie. »Aber du wirst eh nicht dazu kommen, irgendwas anzustellen. Glaubst du wirklich, dass dich Dad auf irgendwelche Partys gehen lässt?«

»Natürlich wird er das«, sagte ich, obwohl ich so meine Zweifel hatte. Dad konnte sehr … anstrengend sein.

Kit öffnete ihren Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn dann aber wieder, als wir röhrende Harleys die Einfahrt raufkommen hörten.

»Was zum Teufel ist denn da los?«, fragte ich, während ich zum Fenster hinüberging. Draußen fuhren sechs Reapers vor – an einem Dienstagmorgen um sieben Uhr dreißig … Kein gutes Zeichen. Die Jungs aus dem Club waren nicht als Frühaufsteher bekannt.

»Shit«, murmelte Kit. »Da muss irgendwas passiert sein.«

Wir sahen einander an, und ich fragte mich, ob sie auch dieses Gefühl von Übelkeit in der Magengrube spürte. »Irgendwas passiert sein« konnte in unserer Welt alles Mögliche bedeuten. Dad hielt die Clubangelegenheiten normalerweise von unserem Familienleben fern. Aber im Lauf der Jahre hatte ich genügend miterlebt und konnte nicht so tun, als ob alles in Ordnung und wunderbar wäre, wenn ein Drittel der Brüder plötzlich unangekündigt auftauchte.

»Ich geh runter«, sagte Kit mit grimmiger Stimme.

Ich schüttelte meinen Kopf.

»Die werden uns nicht dabeihaben wollen.«

»Scheiß drauf.«

Wir schlichen wie kleine Diebe die Treppe runter. Ich rechnete damit, gedämpfte Stimmen zu hören und die Spannung zu spüren, die in der Luft lag, wenn etwas richtig schieflief. Stattdessen hörte ich die Männer in der Küche lachen und plaudern. Als wir ins Esszimmer kamen, sahen wir unseren Onkel Duck am Tisch sitzen, während ihm Mom gerade eine Tasse Kaffee brachte. Dad saß neben ihm, zusammen mit Ruger – dem äußerst scharfen Anwärter, der nun seit vier Monaten zum Club gehörte. Ich musste wegsehen, bevor ich anfing zu brabbeln oder rot zu werden.

Wenn ich erst groß war, würde ich auf jeden Fall Ruger heiraten.

Das würde ich meinem Vater aber sicher nicht erzählen, Papakind hin oder her. Ruger war vor einem Jahr mit der Highschool fertig geworden, und Quinn hatte mir erzählt, dass sie ihn beim Vögeln mit ihrer Schwester Nicole im Wohnzimmer erwischt hatte, als ihre Eltern abends ausgegangen waren. Ich tat furchtbar schockiert, brachte sie aber dazu, mir alle schmutzigen Details zu erzählen … und es waren eine ganze Menge. Quinn war nicht weggelaufen, als sie sie entdeckt hatte. Nope. Sie hatte sich versteckt und die ganze Sache, die ihrer Ansicht nach kein Quickie gewesen war, in aller Ruhe angesehen.

Nein, keinesfalls ein Quickie.

Quinn erzählte auch, dass Ruger einen gepiercten Schwanz hatte und dass ihre Schwester drei Nächte lang geweint hatte, weil er sich nie wieder bei ihr gemeldet hatte. Wenn ich erst alt genug war, würde ermichauf jeden Fall anrufen. Ich hatte große Pläne für uns.

»Morgen«, sagte Duck und lächelte mich an. Er hatte mir nie verraten, warum sie ihn Duck nannten, aber ich fand, dass er eher wie ein alter Bär aussah. Groß und haarig, was furchteinflößend gewesen wäre, wenn er mich nicht, solange ich denken konnte, durch die Luft gewirbelt und mir heimlich Süßigkeiten zugesteckt hätte. »Du siehst wunderhübsch aus, Em. Du machst dich sicher prima auf der Highschool.« Er warf einen Blick rüber zu meinem Dad. »Ich kann immer noch nicht fassen, dass unser Mädel schon alt genug dafür ist.«

Igitt. Ich hasste solche Bemerkungen, besonders wenn Ruger dabei war. Alle schienen mich für ein Baby zu halten, dabei war ich schon vierzehn. In zwei Jahren durfte ich Auto fahren, na ja, dann eben mit Führerschein. Denn auf unserem Grundstück fuhr ich schon seit Jahren herum …

»Ich weiß es echt zu schätzen, dass ihr hergekommen seid«, sagte Dad zu den Jungs. »Em, nimm dir was zum Frühstücken. Wir begleiten dich heute in die Schule. Ich will nicht, dass wir zu spät dran sind.«

Mir fiel die Kinnlade runter, und ich hörte, wie Kit überrascht ein ersticktes Geräusch von sich gab.

»Wir?«, flüsterte ich in der Hoffnung, mich verhört zu haben.

»Wir alle«, erwiderte Dad mit einem aufgesetzten Lächeln. »Du wirst langsam zur Frau. Ich dachte mir, es wäre keine schlechte Idee, diese kleinen Arschlöcher an deiner Schule daran zu erinnern, wer deine Familie ist. Gleich mal von Anfang an Missverständnisse aus dem Weg räumen.«

Mir wurde tatsächlich schwindlig.

»Daddy, das kann doch nicht dein Ernst sein!«, platzte Kit heraus. »Wenn ihr alle dort auftaucht, jagt ihr den Jungen eine Heidenangst ein! Wie soll Em da jemals ein Date haben?«

Dads Lächeln wurde zum Zähnefletschen eines Raubtiers.

»Ein Junge, der mit Ems Familie ein Problem hat, braucht auch kein Date mit ihr.«

Ich schluckte. Das konnte nicht wahr sein. Meine Mom fuhr sich mit den Fingern durchs Haar, und er zog sie auf seinen Schoß. So waren sie immer – ständig am Fummeln. Aber normalerweise wies ihn Mom in die Schranken, wenn sein Beschützerinstinkt mit ihm durchging. Im Gegensatz zu Dad wusste sie, was es hieß, ein Mädchen im Teenageralter zu sein.

»Mom, ich dachte, du würdest mich hinfahren?«, quiekte ich unter Mühen.

Sie schüttelte traurig ihren Kopf.

»Sorry, Baby. Dein Vater hat sich das in den Kopf gesetzt«, sagte sie. »Ich bringe Kit in die Schule und Dad fährt dich, zusammen mit deinem Onkel Duck und den anderen Brüdern.«

»Diese kleinen Arschlöcher an deiner Schule müssen wissen, mit wem sie es zu tun haben, wenn sie dich verarschen wollen«, fügte Dad mit tiefer Stimme hinzu. »Ich will dir das Leben nicht schwer machen, aber ich war auch mal ein Teenager. Sie denken mit ihren Schwänzen und müssen deshalb begreifen, dass sie diese Schwänze verlieren, wenn sie dich nicht anständig behandeln. Es gibt nichts Besseres als eine kleine Machtdemonstration, um einem Jungen die Augen zu öffnen.«

»Das ist Schwachsinn, Daddy, das weißt du«, sagte Kit und kam mir zu Hilfe. Gott sei Dank, denn ich hatte meine Denkfähigkeit eingebüßt und konnte mich nicht mehr bewegen. »Und es ist sexistisch! Em kann schon selbst auf sich aufpassen. Du hast kein Recht, sie so zu demütigen.«

»Ich habe sehr wohl dieses Recht«, antwortete er. An seinem Tonfall konnte ich erkennen, dass die Diskussion hiermit beendet war. »Ich bin euer Vater und es ist meine Aufgabe, euch zu beschützen. Ich will dich nicht in eine peinliche Lage bringen, Em, aber ich tue, was nötig ist, um dich zu beschützen.«

»Niemand will mir wehtun«, sagte ich mühsam.

Er schnaubte.

»Aber sie wollen dich ficken.«

Ich spürte, wie meine Wangen knallrot wurden, und senkte den Blick, um nur ja nicht Ruger oder einem der anderen Jungs in die Augen sehen zu müssen.

»Du willst, dass ich dich wie eine Erwachsene behandle? Ist ziemlich schwierig, wenn dich schon die Erwähnung von Sex rot werden lässt. Wenn du nicht mal darüber reden kannst, bist du garantiert noch nicht so weit, es zu machen. Und jetzt wird dich sowieso niemand mehr unter Druck setzen. Schnapp dir dein Müsli, falls du was essen willst. Wir fahren gleich los.«

Mir war schlecht. Mein Highschool-Leben war vorbei, bevor es überhaupt begonnen hatte. Und er wollte, dass ichMüsliaß?

»Ich nehm mir ’nen Müsliriegel«, murmelte ich und bedachte ihn mit einem wütenden Blick. Dad zuckte mit den Schultern, und ich sah, wie er seine Hand zwischen Moms Beine schob.

Igitt. Mein Leben war beschissen.

Eigentlich liebte ich es, mit meinem Dad Motorrad zu fahren. Es gab nichts Besseres, als hinter ihm zu sitzen, die Arme fest um seine Taille geschlungen, und den Highway runterzubrettern. Kit hatte vielleicht sein Temperament, aber ich hatte seine Liebe zum Motorradfahren geerbt. Ich sparte seit meinem sechsten Geburtstag auf mein eigenes Bike, und ich sah den Stolz in seinen Augen, wenn ich ihn bat, mich mitfahren zu lassen.

Heute jedoch … Zum ersten Mal in meinem Leben hasste ich es, hinter ihm auf dem Bike zu sitzen.

Mit lautem Röhren fuhren wir an der Schule vor, Dad und ich vornedran, gefolgt von sechs Reapers (inklusive Ruger, der wahrscheinlich vor seinem Abschluss mit der Hälfte der Mädchen hier geschlafen hatte). Dad hielt direkt vor dem Haupteingang im Parkverbot, und die Brüder stellten sich mit ihren Bikes alle neben ihn, sodass sie eine Reihe aus glänzendem Chrom bildeten. Wenn ich mir eingebildet hätte, am ersten Tag schnell und unauffällig ins Gebäude zu schleichen, hätte sich dieser Plan spätestens jetzt in Luft aufgelöst.

Eine der Lehrerinnen, eine Frau etwa Mitte zwanzig, stand auf dem Rasen und sah nervös zu uns herüber. Doch als die Männer abstiegen, forderte sie sie nicht zum Umparken auf. Nein, sie starrte uns nur mit offenem Mund an, was eigentlich ganz amüsant hätte sein können, wenn ich mir nicht ziemlich sicher gewesen wäre, dass ich in ihrer Klasse war. Ich hatte sie am Tag der offenen Tür schon gesehen. Ruger grinste frech und schlenderte zu ihr rüber. Sie wurde knallrot.

Shit, gab es irgendeine Frau an dieser Schule, mit der er nicht geschlafen hatte? Vielleicht sollte ich diese Hochzeitspläne noch einmal überdenken.

»Okay, danke fürs Herbringen«, sagte ich überdeutlich zu meinem Dad. »Ihr könnt jetzt wieder fahren.«

»Zeig mir deinen Spind«, sagte er. Offensichtlich hatte er fest vor, jede Chance auf ein bisschen Glück in den nächsten vier Jahren zunichte zu machen. Ich sah zu ihm auf und setzte jedes Mittel ein, das mir zur Verfügung stand: Den Welpenblick, das Kleine-Mädchen-Lippen-Beißen und das Ich-muss-gleich-heulen-Atmen. Normalerweise schaffte ich es auch noch, ein oder zwei Tränen rauszudrücken, aber dazu brauchte ich mehr Vorlaufzeit.

»Daddy, kannst du mich bitte einfach allein reingehen lassen?«, fragte ich flüsternd mit wackliger Stimme. »Du hast deinen Standpunkt klargemacht.«

Er schüttelte gnadenlos seinen Kopf.

»Versuch’s nicht mal«, sagte er. »Das hab ich alles schon mal gesehen, und verglichen mit deiner Mutter bist du eine Amateurin. Ich komme mit rein, weil ich möchte, dass jedes Kind hier begreift, dass du zum Reapers MC gehörst und dass sie es mit uns zu tun kriegen, wenn sie sich mit dir anlegen.«

Keine Ahnung, warum ich es überhaupt versucht hatte.

Dad war eine Naturgewalt – eine Flutwelle, die mein Leben zerstören wollte. Alle Blicke folgten uns, als wir durch die Tür traten und den Gang entlangmarschierten. Quinn fing meinen Blick auf und hob dramatisch die Augenbrauen. Ich zuckte resigniert mit den Schultern und suchte nach der Nummer 1125, die im ersten Stock in der Nähe der Jungsumkleide lag – der Umkleide, aus der gerade die Footballmannschaft nach ihrem morgendlichen Training rausspazierte.

Perfekt.

Mein beschissenes Leben war absolut perfekt.

Ich sah auf und bemerkte, dass uns Quinns Bruder Jason beobachtete. Er war Elftklässler und einer der Defense-Spieler des Teams. Ich war schon immer in ihn verknallt gewesen. Genau genommen hatte ich insgeheim gehofft, dass er mich endlich nicht mehr nur als die nervige Freundin der kleinen Schwester sehen würde. Denn mal im Ernst – wenn ich wollte, dass sich ein Typ wie Ruger bei mir meldete, brauchte ich zuerst ein wenig Übung, oder?

»Reed«, sagte Dad lässig mit einer Kinnbewegung in Richtung Jason. »Klasse Saison letztes Jahr. Wie läuft’s momentan mit dem Team?«

Jason schluckte und ließ seinen Blick zwischen Dad und mir hin- und herwandern.

»Äh, ziemlich gut«, antwortete er.

Ich öffnete meinen Spind und wünschte mir verzweifelt, hineinkriechen und dort einfach sterben zu können. Oder zumindest für die nächsten vier Jahre zu verschwinden. Traurigerweise passte nicht einmal ein busenloses Wunderwesen wie ich in den Metallschrank.

»Freut mich«, antwortete Dad. Er beugte sich zu mir rüber und küsste mich auf den Kopf. Dann sagte er so laut, dass fast ein Echo zu hören war: »Viel Spaß auf der Highschool, Prinzessin. Du sagst mir Bescheid, falls dich einer dieser Typen blöd anmacht, in Ordnung?«

Ich nickte und bat im Stillen um einen schnellen und gnädigen Tod. Ein Aneurysma vielleicht? Ja, das wäre genau das Richtige.

»Geh einfach«, flüsterte ich.

»Wir sehen uns heute Abend«, antwortete er. Dann drehte er sich um und schlenderte den Gang hinunter, sodass die Aufnäher auf seinem Rücken alle, die uns sahen, eindringlich daran erinnerten, dass mein Dad der President des Reapers Motorradclubs war.

Quinn kam zu mir und lehnte sich mit großen Augen an die Spinde.

»Wow«, sagte sie. »Niemand wird dich zu irgendwelchen Veranstaltungen oder so als Begleitung einladen. Das weißt du, oder? Und Sex wirst du ganz sicher auch nie haben.«

»Ich weiß«, sagte ich mit elender Stimme. Nicht, dass ich Sex haben wollte – jetzt noch nicht zumindest.

Aber es wäre trotzdem schön, mit jemandem zu den Schulpartys zu gehen. Ich seufzte.

»Ich werde als Jungfrau sterben, Quinn.«

Sie nickte mit ernstem Gesicht und sah mich voll Mitgefühl an.

»Ich fürchte, das ist so gut wie sicher«, sagte sie. »Aber du musst auch die positive Seite sehen.«

»Und die wäre?«

»Nonnen müssen nicht mehr ständig diese Pinguinkostüme tragen: Du musst dir also gar keine neuen Klamotten kaufen.«

Ich sah hinüber zu Jason, der mich anstarrte, als ob mir ein zweiter Kopf gewachsen wäre.

Mein Dad war der gemeinste Vater aller Zeiten.

Oh Mann.

Stockton, California

Acht Jahre zuvor

Hunter

Natalie wischte sich den Mund ab und sah zu mir hoch. Ihr hübsches Gesicht wirkte verschlagen und berechnend. Ich stopfte meinen erschlaffenden Schwanz zurück in meine Hose und zog den Reißverschluss zu. Dann löste ich mich von der Ziegelmauer hinter der Tankstelle. Nat stand auf, lächelte mich kurz an und knabberte an ihrer Lippe. Ich schätze, sie wollte verspielt wirken, sah dabei aber nur verzweifelt aus.

»Und?«, fragte sie.

Ich hob fragend eine Augenbraue.

»Was ›und‹?«

»Äh … ich hab mich gefragt, ob du mir was geben kannst?«

Das war echt typisch, verdammt. Diese reichen Tussis.

Aber nicht wirklich eine Überraschung. In Natalies Welt würde ich nie mehr als ein schnelles Sexabenteuer mit guten Beziehungen zur Drogenwelt sein. Das war eigentlich kein Problem. Geschäft ist Geschäft, und Nat hatte reichlich Kohle.

»Was willste denn?«, fragte ich in der Hoffnung, dass sie für den Blowjob keinen Preisnachlass erwartete. Sie war okay, aber nichts Besonderes. Sie hatte mich richtig offensiv angemacht. Und warum sollte ich ein Mädel, das meinen Schwanz lutschen wollte, wegschicken? Jetzt, nachdem sie’s runtergeschluckt hatte, ging sie mir nur noch auf die Nerven. Bevor Natalie die Frage beantworten konnte, vibrierte mein Handy.

Kelsey. Shit.

Ich ging ran und wandte mich von Natalie ab.

»Hey, Kels.«

»Jim wurde heute im Werk gefeuert. Du musst schnell nach Hause kommen, er ist betrunken, und ich hab Angst.«

Mein ganzer Körper spannte sich an und mein Sichtfeld verengte sich.Dieser verdammte Schwanzlutscher. Wenn er sie anrührt …

»In ein paar Sekunden bin ich bei dir, okay? Bleib ruhig, Kelsey«, sagte ich zu meiner Pflegeschwester. »Schau, dass du aus dem Haus kommst, und renn in den Park. Wenn das nicht klappt, dann sperr dich im Klo ein. Halt durch – ich komm dich holen.«

»Okay«, flüsterte sie. Im Hintergrund hörte ich Jim mit laut dröhnender Stimme brüllen. James Calloway war ein Pflegevater, wie man ihn sich schlimmer nicht vorstellen konnte, ein richtiges Arschloch. Ich beendete das Gespräch und sah mit ausdruckslosem Gesicht hinüber zu Natalie. Ich gab nie mehr preis als nötig, das hatte ich auf die harte Tour gelernt.

»Ich muss schnell nach Hause«, sagte ich zu ihr. »Kannst du mich fahren?«

Sie lächelte und versuchte, schüchtern und unschuldig zu wirken.

»Natürlich«, sagte sie und zog im Straßenstaub mit ihren Fick-mich-Schuhen, die sie immer anhatte, kleine Kreise. Vor einer halben Stunde hatten mich die Schuhe wesentlich mehr angemacht. »Aber bevor wir gehen …«

So ein Scheiß. Dafür hatte ich keine Zeit.

»Gib mir den verfluchten Schlüssel«, sagte ich. Ich war mit meiner Geduld am Ende. Sie öffnete ihren Mund, um zu protestieren, und ich kniff die Augen halb zusammen, zum sorgfältig einstudierten Kalt-und-Gefühllos-Blick. Im Lauf der Jahre hatte ich diesen Blick perfektioniert, und er verfehlte nie seine Wirkung. Sie zog scharf die Luft ein und suchte nach ihrem Schlüssel, den sie mir schließlich aushändigte. Ich wusste, dass ich mit meinen ein Meter neunzig ziemlich furchteinflößend war.

Es machte mir auch nicht das Geringste aus, ein Mädchen in Angst und Schrecken zu versetzen.

Schnell ging ich um das Gebäude herum zu Natalies süßem, kleinem Mustang – ein Geschenk von Daddy, zu ihrem 16. Geburtstag. Ich setzte mich rein und ließ den Motor an, dessen Röhren mir zu einem anderen Zeitpunkt vielleicht gefallen hätte. Natalie schlüpfte schnell auf den Beifahrersitz. Offenbar hatte sie Angst, dass ich ohne sie abfahren könnte.

Hätte ich auch gemacht, aber ich wollte nicht unnötig Aufmerksamkeit erregen. Als ich Jim das letzte Mal von Kelsey weggezerrt hatte, hatte ich ihm versprochen, dass ich ihn beim nächsten Mal töten würde. Herrgott, sie war erst dreizehn und hatte sich bereits angewöhnt, mit einem Messer unterm Kopfkissen zu schlafen. Ich hatte den Verdacht, dass das Ganze recht unschön werden könnte. Das Letzte, was ich dabei brauchte, war eine Anzeige wegen eines gestohlenen Autos.

Fünf Minuten später hielt der Mustang mit quietschenden Reifen vor dem verfallenen Farmhaus meines Pflegevaters, das von vertrocknetem Rasen mit einer rostenden Kinderschaukel darauf umgeben war. Seine eigenen Kinder waren längst ausgezogen, und ich vermutete, dass er das Haus ohne das Pflegegeld, das er für mich und Kels bekam, verlieren würde. Die Sozialarbeiter hatten nicht mitbekommen, dass Autumn, seine Frau, vor sechs Monaten abgehauen war. Wer konnte ihr das übel nehmen? Ich musste schließlich nur vorübergehend hier wohnen. Aber hier für den Rest meines Lebens verrotten? Scheiße, nein. Ich hätte mich auch davongemacht.

Normalerweise machte es mir auch nichts aus, in seiner Bruchbude zu wohnen. Ich hatte gern ein eigenes Zimmer. Mir stand das ganze Untergeschoss zur Verfügung, ich ließ aber auch Kels da unten schlafen. In ihrem Zimmer im Obergeschoss fühlte sie sich nicht sicher. Es lag zu nahe bei Jim. Schlaues Kind.

Ich sprang aus dem Auto und rannte Richtung Haus.

»Warte!«, rief Natalie, die hinter mir herkam.

»Was ist?«, fragte ich, ohne langsamer zu werden. Ich hörte Jim drinnen irgendwas brüllen und blieb stehen, um zu überlegen. Was war das beste Vorgehen? Ein lautes, klirrendes Geräusch von nebenan störte mich beim Nachdenken. Der alte Typ, unser Nachbar, arbeitete wohl wieder draußen in der Garage an seinen Bikes …

»Du hast gesagt, du gibst mir was«, sagte Nat mit schiefem Lächeln.

Gott, war sie immer noch da?Ich griff in meine Hosentasche und zog ein Tütchen raus, das ich ihr mit Schwung zuwarf.

»Da«, sagte ich. »Jetzt steig in dein verdammtes Auto und verschwinde.«

Sie öffnete und schloss ihren Mund wie ein Goldfisch, und ich fragte mich ernsthaft, warum ich sie damit meinen Schwanz hatte lutschen lassen. Dann hörte ich Kelsey schreien, und ich sah rot. Nur Schlappschwänze brauchten einen Plan – dieses Arschloch sollte so schnell wie möglich Schmerzen spüren. Ich lief zum hinteren Tor und hoffte, dass Natalie so glücklich über ihre kostenlose Ration war, dass sie alles, was sie hier gehört oder gesehen hatte, vergessen würde.

Gottverdammter Mist.

Das Tor war abgesperrt.

Ich stemmte mich hoch und sprang über den hohen Gitterzaun, wobei ich aus den Augenwinkeln Natalie sah. Sie achtete gar nicht auf mich. Nein, die Schlampe suchte im Gras nach ihrem Tütchen. Kelsey schrie wieder. Ich rannte ums Haus herum und schlüpfte durch ein schmales Fenster in den Keller.

Jim hatte die Türen immer abgesperrt und gab mir keinen Schlüssel. Was auch egal war – das Schloss, das ich nicht knacken konnte, musste erst noch erfunden werden. Aber dafür hatte ich jetzt keine Zeit. Ich lief die Treppe hoch zu Kelseys Zimmer. Im Türrahmen erstarrte ich.

Sie kauerte mit fast bis zur Taille heruntergerissenem Shirt auf dem Bett, sodass man den kleinen, hautfarbenen BH sehen konnte, den ich für sie hatte kaufen müssen. Das war der allerschrägste Einkaufstrip meines Lebens gewesen, verdammt. Auf ihrer Wange zeichnete sich ein Handabdruck leuchtend rot ab, und von ihrer Unterlippe tropfte Blut.

Jim ragte über ihr auf. Er stank nach Schweiß und Alkohol, und seine Schultern hoben und senkten sich unter tiefen Atemzügen. Seine Hose stand schon offen und saß nur noch auf seinen schwabbligen, schmalen Hüften. Sein dünner Schwanz wackelte wie eine besoffene Kobra umher.

»Lass sie in Ruhe, oder …«, sagte ich und legte all den aufgestauten Hass in meine Stimme. Jim drehte sich zu mir um und grunzte. Seine rote, geschwollene Nase saß wie eine faulige Tomate mitten in seinem Gesicht.

»Oder was?«

»Du stirbst«, sagte eine leise Stimme hinter mir. Dann hörte ich den unverwechselbaren Klang einer Waffe, die entsichert wurde.

Wir erstarrten alle, als unser Nachbar langsam ins Zimmer spaziert kam. Er hielt seine Pistole ganz entspannt, eher wie eine Fernbedienung als wie eine Waffe. Er war ein älterer Mann – und, so viel ich wusste, verbrachte er die meiste Zeit in seiner Garage und reparierte dort Motorräder, die er dann verkaufte.

Ich hatte sogar ein Auge auf sein jüngstes Projekt geworfen und mir überlegt, ob ich mir das Bike leisten konnte.

Burke.

So hieß er. Keine Ahnung, ob mit Vor- oder Nachnamen. Er war ein harter Kerl mit langem, ergrauendem Bart und verblassten Tattoos auf den Armen. Durch die Aufnäher auf der Lederkutte, die er immer trug, wusste ich, dass er zu den Devil’s Jacks gehörte, einem Motorradclub. Heute hatte ich zum ersten Mal die Gelegenheit, mir die Kutte gründlich anzusehen. Auf einer Schulter war ein rot-weißer Aufnäher, auf dem »Burke« und darunter »Original« stand. Auf der anderen Schulter prangte eine Raute mit der Aufschrift »1%«. Darunter befand sich eine lange Reihe kleinerer Aufnäher mit Namen und Daten.

Seine stark gebräunte Hand mit der Waffe blieb völlig ruhig, seine Augen blickten so kalt und tödlich wie die meinen.

»Kelsey, schau, dass du hier rauskommst«, befahl ich mit ruhiger Stimme. Ich kannte Burke nicht wirklich und hatte keine Ahnung, was er vorhatte … Aber solange Kels in Sicherheit war, interessierte mich das, ehrlich gesagt, auch nicht im Geringsten.

»Tu, was er sagt.«

Kelsey nickte mit großen Augen, glitt vom Bett und schlich an die Mauer gepresst nach draußen.

»Geh in mein Zimmer und warte dort«, sagte ich zu ihr. »Sperr die Tür ab und mach sie für niemanden außer mir auf.«

Als sie verschwunden war, zog sich die Zeit bedrohlich in die Länge.

»Un was willste jez tun, mich erschiiießen?«, lallte Jim mit angriffslustiger Stimme.

Er war nüchtern schon nicht der Schlaueste, aber betrunken war gar nichts mehr mit ihm anzufangen.

»Kommt drauf an«, sagte Burke.

»Worauf?«

»Auf den Jungen hier«, antwortete er und zeigte mit dem Kinn auf mich. »Willst du dieses Arschloch erschießen, mein Junge?«

Ich sah ihn überrascht an. Seine Miene war eiskalt, Burke machte offensichtlich keine Witze. Shit.

Jetzt wurde es ernst.

»Denk gut drüber nach«, sagte Burke. »Wenn du abdrückst, gibt es kein Zurück mehr. Aber du musst dir dann auch keine Sorgen mehr machen, dass er deine Schwester vergewaltigt. Wir können die Leiche verschwinden lassen.«

Jims Blick zuckte zwischen uns beiden hin und her. Er wirkte halb verrückt vor Angst und war plötzlich wieder ganz nüchtern.

»Hör nicht auf ihn«, flüsterte er. »Du kommst in den Knast. Todesstrafe. Er spricht vonMord.«

»Unwahrscheinlich«, sagte Burke. »Du hast mich nie groß interessiert, Calloway. Genau genommen glaube ich, dass es auf der ganzen Erde niemanden gibt, der sich auch nur im Geringsten darum kümmert, ob du lebst oder stirbst. Deine Frau ist weg, deine Kinder hassen dich, und laut den Papieren auf deiner Küchenanrichte hast du auch keinen Job mehr. Es wird so sein, als ob du nie existiert hättest. Da trifft’s genau den Richtigen.«

»Die Sozialarbeiter«, keuchte Jim verzweifelt. »Die Sozialarbeiter müssen vorbeischauen, um nach den Kindern zu sehen. Sie werden es merken.«

Ich konnte mich nicht beherrschen und lachte einfach los: Meinen Sozialarbeiter hatte ich seit über einem Jahr nicht mehr gesehen. Hätte es nicht die Überweisungen vom Jugendamt gegeben, die Jim jeden Monat versoff, hätte ich angenommen, dass meine Akte verloren gegangen war. Das Gesicht meines Pflegevaters wurde rot vor Wut, und ich sah genau, wie sich sein Hirn abschaltete und er die Pistole vergaß.

»Ich bring dich um, du kleiner Scheißer«, knurrte er. »Du hältst dich für was Besonderes, aber du bist einfach nur ein Aso. Deine kleine Schlampe ist genauso asozial wie du. Zwei Müllhaufen, die mein Haus vollstinken.«

»Du solltest dich wohl bald entscheiden, Junge«, murmelte Burke. »Willst du ihn umlegen oder nicht?«

Wollte ich ihn töten?Ich dachte an Kelseys Tränen und daran, wie er mir die Rippen gebrochen hatte, als ich mich geweigert hatte, einen Teil meines Verdienstes als Drogenlieferant abzugeben.

Verdammt.

Ich wollte ihndefinitivumlegen.

»Gib mir die Pistole«, sagte ich und kostete dabei jedes Wort aus.

Jim stürzte sich auf uns, und plötzlich hallte das knallende Echo eines Pistolenschusses durch den Raum. Mein Stiefvater schrie auf und fiel zu Boden, während er seine Schulter umklammerte. Hellrotes Blut quoll zwischen seinen Fingern hervor.

Burke blinzelte nicht mal.

Er hielt lediglich seine Waffe, die immer noch auf Jim gerichtet war, fest in der Hand und griff hinter seinen Rücken, um eine zweite Pistole aus seinem Hosenbund zu ziehen. Dann reichte er sie mir.

Sie lag perfekt in meiner Hand.

»Du kannst damit umgehen?«, fragte er.

Als Antwort entsicherte und lud ich sie.

»Mach ihn fertig, Junge«, sagte Burke und lächelte dabei zum ersten Mal. Fast wie ein stolzer Vater. »Du steckst schon so tief drin, da kannst du den Weg auch zu Ende gehen.«

Ich richtete den Lauf auf Jims Brust und feuerte.

Im Nachhinein betrachtet war die Nachbarschaft genau so, wie wir sie an diesem Tag brauchten – niemand interessierte sich auch nur im Geringsten für den anderen, weil sich niemand für sich selbst interessierte. Wir starben alle schon auf Raten. Als Burke und ich an diesem Nachmittag den Vorgang für meinen Pflegevater etwas beschleunigten, bekamen das die Nachbarn nicht mal mit.

Niemand beschwerte sich über die Schüsse.

Niemand machte sich die Mühe, die Bullen zu rufen, als ich eine hysterisch weinende Kelsey nach drüben zu Burkes Haus trug.

Die Nachbarn sahen nicht aus dem Fenster, als ein Transporter die Gasse entlangfuhr und hinter Jims Haus anhielt. Zehn Minuten später fuhr er wieder weg – ein in schwarze Plastikmülltüten gewickeltes Paket in menschlicher Form im Laderaum.

Jim hörte auf zu existieren. Ebenso wie ich und Kelsey.

In der nächsten Woche lebten wir in einer anderen Stadt mit neuen Geburtsurkunden, einem Geschenk von Burkes Cousin und seiner Alten Lady. Er machte mir auch einen verdammt guten Preis für das Motorrad. Ich bezahlte ihn mit dem Dollarbündel, das ich in Jims Geldbörse entdeckt hatte. Ein Jahr später feierte ich meinen 18. Geburtstag, indem ich ein offizieller Anwärter des Devil’s Jacks MC wurde.

Burke hätte nicht stolzer auf einen Sohn sein können, der mit ihm durch Blutsbande verbunden war.

Was ich ja im Grunde auch war.

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KAPITEL EINS

Coeur d’Alene, Idaho

Fünf Monate zuvor

Hunter

»Wer zum Teufel geht im Februar zur Pediküre?«, fragte Skid. »Frieren ihr da nicht die Füße ab?«

»Du kennst keine einzige Frau, oder?«, fragte ich und machte mir einen Energydrink auf. Wir waren die Nacht durchgefahren, um von Portland hierher zu kommen. Ich wollte nur noch schlafen, aber Burkes Anweisungen waren eindeutig. Die Tochter von Reese »Picnic« Hayes abchecken und einen Schlachtplan entwerfen. Nach all den dramatischen Ereignissen, die sich zwischen unseren Clubs abgespielt hatten, bestand Burke darauf, dass nun der perfekte Zeitpunkt zum Handeln gekommen sei. Vielleicht war es sogar an der Zeit, der Geschichte der Devil’s Jacks eine ganz neue Wendung zu geben.

Es ging vor allem darum, Druck auf die Reapers auszuüben – womöglich lag genau darin der Unterschied zwischen einer erfolgreichen Übernahme durch unseren Club oder, im Fall unseres Scheiterns, dem Verscharrtwerden in einem flachen Grab. Und als besagtes Druckmittel sollte uns offenbar diese kleine Schlampe dienen. Ich war mir nicht ganz sicher, was der alte Bastard geplant hatte. Aber ich würde meinen Beitrag dazu leisten. Tat ich ja immer.

Ich warf einen Blick auf ihr Foto, das an der Armatur des Trucks befestigt war, und sah dann wieder auf das Schaufenster. Hübsches Mädchen. Laut ihrer Facebookseite würde sie sich heute Morgen hier mit einer Freundin treffen. Als wir angekommen waren, hatte ich gleich ihr Auto entdeckt. Seitdem warteten wir. Ich wollte sie mir genau ansehen, sie vielleicht eine Weile verfolgen. Ein Gefühl für sie bekommen, bevor ich zur Tat schritt. Es gab so viele verschiedene Arten, eine Frau einzuwickeln – meiner Meinung nach lohnte es sich nicht, sich im Voraus zu große Gedanken zu machen.

»Ich kenne deine Schwester«, verkündete Skid unvermutet.

Ich sah ihn ausdruckslos an.

»Du hast gefragt, ob ich irgendwelche Frauen kenne. Zählt sie? Sie hat nämlich verdammt süße Zehen. Trotzdem seh ich sie nicht in Flipflops im Schnee rumrennen.«

»Warum zum Teufel siehst du dir die Zehen meiner Schwester an, du Schwanzlutscher?«

»Ich schau mir noch ganz andere Sachen an, nicht nur ihre Zehen.«

»Zwing mich nicht, dich umzubringen, Kumpel.«

Er schnaubte und zuckte mit den Schultern. »Kannst es ja mal probieren.«

Ich rückte meine Sonnenbrille zurecht und beschloss, ihn zu ignorieren. Die Scheiben des Trucks waren zwar getönt, doch ich hatte trotzdem ein paar einfache Maßnahmen ergriffen, um mein Aussehen zu verändern. Hipster-Beanie, die zum Vollbart passte, den ich mir für meinen letzten Job hatte wachsen lassen. Langärmliges Shirt, das meine Tattoos verdeckte. Falls sie mich entdeckte, müsste ich mich nur schnell rasieren und umziehen, um mich in einen komplett anderen Mann zu verwandeln.

Die Ladentür ging auf. Ich setzte mich aufrecht hin, als die zwei Mädchen herauskamen.

Da war sie.

Emmy Lou Hayes.

»Das ist unser Mädchen«, sagte ich und wies mit dem Kinn auf sie. Sie schaute auf ihr Handy und, scheiße noch mal, sie trug tatsächlich Flipflops. Knallpinke Schaumstoffdinger aus Kunststoff steckten zwischen ihren Zehen und drückten sie auseinander. Ich fragte mich, wie sie damit überhaupt laufen konnte. Völlig verrückt. Zumindest war der Gehsteig fast schneefrei. Ihre braunen Haare hatte sie oben am Kopf zu einem dieser strubbligen Knoten zusammengebunden, die so viele Mädels zu tragen schienen. Sie hatte enge Jeans und eine schwarze Lederjacke an.

Verdammt, Em war süß. Wesentlich süßer als ihre Schwester.

Irgendetwas fiel ihr aus der Hosentasche. Sie drehte sich um und bückte sich, um es aufzuheben.

»Hübscher Hintern«, sagte Skid. »Wirklich süß. Wenn du sie ficken musst, kannst du zumindest die Augen offen lassen. Bei dem letzten Miststück, das du für den Club flachgelegt hast, ging das ja kaum.«

Ich schnaubte, aber unrecht hatte er nicht. Em zu ficken war auf meiner To-do-Liste, auf der ich Methoden auflistete, mit denen ich sie dazu bringen konnte, den Jacks zu helfen, gerade ein paar Positionen nach oben gerutscht. Sie sah auf ihr Handy und winkte ihrer Freundin abwesend zum Abschied.

Dann trat sie direkt auf die Bordsteinkante, rutschte ab und fiel fast auf ihren Hintern. Ihr Handy flog auf den Boden und schlitterte unter ein Auto – es war wie aus einer TV-Show. Em schwankte zuerst auf die eine Seite, dann auf die andere, ruderte mit den Armen und schaffte es schließlich doch, auf den Beinen zu bleiben. Skid verkniff sich ein Lachen, aber ich beobachtete sie völlig fasziniert, bis sie wieder sicher stand. In dem Moment sah Em nach oben und quer über den Parkplatz, mir direkt ins Gesicht. Ihr Gesichtsausdruck wirkte überrascht, aber verdammt attraktiv. Ein strahlendes Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus, und sie winkte mir albern zu.

Mein Schwanz wurde hart, das Adrenalin schoss durch meinen Körper und traf mich wie ein Schlag in die Magengrube. Meinen Schwanz in Emmy Hayes zu stecken bekam plötzlich eine sehr hohe Prioritätsstufe. Ich musste mich schwer beherrschen, um nicht die Autotür aufzureißen, mir das Mädchen über die Schulter zu werfen und sie nach Hause zu schleifen, um sie dort ausgiebig und ernsthaft zu ficken. Stattdessen lehnte ich mich zurück und beobachtete sie.

Es hat schon seinen Grund, warum mich der Club »Hunter« getauft hat.

Sie hob ein Bein leicht in die Höhe, zeigte auf ihre Zehen und reckte triumphierend den Daumen in die Höhe, bevor sie sich abwandte, um nach ihrem Handy zu suchen.

»Mann, irgendwas stimmt nicht mit dem Mädel«, murmelte Skid.

Doch ich ignorierte ihn einfach, griff nach meinem Handy und rief Burke an. Mein Plan war fertig.

»Burke, ich seh sie direkt vor mir.«

»Hast du schon einen Plan für mich?«

»Ist in Arbeit«, sagte ich ihm. »Wie wir uns auch entscheiden, Emmy Hayes gehört mir. Außer mir rührt sie niemand an.«

»Ohne Scheiß?«

»Ohne Scheiß.«

»Solang was für den Club dabei rausspringt, mein Junge, ist mir das völlig egal. Aber wie sehr du die Schlampe auch willst, vergiss nicht deine Verpflichtungen: Jacks zuerst. Für immer.«

»Jacks zuerst«, stimmte ich ihm zu, während ich beobachtete, wie sie ihr Handy aus dem Schnee grub.

Das würde lustig werden.

Coeur d’Alene, Idaho

Gegenwart

Em

»Wenn du dir heute Abend nicht Painter schnappst, chartere ich höchstpersönlich ein Flugzeug, flieg zu dir hoch und tret dir in den Hintern.«

»Das sagst du so einfach, Schwesterchen«, murmelte ich ins Telefon. »Aber du hast eh nichts zu melden. Ich bin immer noch sauer auf dich, weil du im Sommer nicht nach Hause gekommen bist.«

»Naaa guuut«, stöhnte sie. »Lass mich mal überlegen – Praktikum in San Francisco oder noch ein Sommer, in dem mich Dad ständig anknurrt … Echt verführerisch. Wenn du auch nur einen Funken Verstand hättest, wärst du hier unten bei mir.«

Ich verdrehte die Augen.

»So einfach ist das nicht, Kit.«

»Doch«, antwortete sie mit scharfer Stimme. »Dasistso einfach. Gehen wir das Gespräch Schritt für Schritt durch: ›Dad, ich hab beschlossen, dass ich mein eigenes Leben führen will. Schau, wie du damit zurechtkommst.‹ Danach steigst du ins Auto und fährst nach Süden.«

Ich seufzte.

»Ich meine, dass es fürmichnicht so einfach ist«, sagte ich, während ich zum Clubhaus der Reapers hinübersah. Das abgelegene ehemalige Waffenarsenal der Nationalgarde war hell erleuchtet, wie ein Leuchtfeuer in der sommerlichen Abenddämmerung. Die Bäume rundherum waren mir so vertraut wie alte Freunde. Als Kind hatte ich zwischen ihnen Verstecken gespielt. Wir waren als Elfen im Wald herumgesprungen … oh ja, und wir hatten auch Motorradclub gespielt, sogar ziemlich oft.

Beschissen war allerdings, dass die Jungs jetzt echte Reapers spielen durften und ich immer noch kein verdammtes Date hatte.

»Ich mag diesen enttäuschten Blick in Dads Augen nicht«, sagte ich und hörte selbst den weinerlichen Ton aus meiner Stimme heraus. »Du weißt schon, wenn er so eiskalt schaut, bevor er anfängt, auf Wände einzuboxen?«

»Meine Güte, du klingst, als ob du noch immer auf der Highschool wärst«, antwortete Kit. »Was soll’s, wenn er sauer wird. So ist er eben – er wird sauer, er brüllt, und dann ist’s vorbei. Schrei zurück, um Himmels willen.«

»Das sagst du so einfach«, antwortete ich. »Du bist sein Baby. Du kannst dir alles erlauben. Von mir erwartet er so viel.«

»Jetzt reicht’s«, fauchte sie. »Ich werd mir nicht länger anhören, wie du dich den ganzen Abend lang selbst bemitleidest. Ich bin die Jüngere, aberdubenimmst dich wie ein verdammtes Baby. Werd endlich erwachsen.«

»Das ist irgendwie gemein«, sagte ich mit gerunzelter Stirn.

»Nein, das ist die Realität. Du bist zweiundzwanzig Jahre alt und jammerst immer noch rum, dass dich Daddy nicht zum Spielen rauslässt. Willst du für den Rest deines Lebens sein Püppchen bleiben? Wunderbar, deine Entscheidung. Aber wenn du das willst, kannst du dich nicht über ihn beschweren.«

Dann legte sie auf.

Ich saß fassungslos im Auto. Kit hatte bei mir noch nie einfach so aufgelegt. Wir redeten, wir stritten, wir lachten … aber sie hielt immer zu mir.

Shit.

Als plötzlich jemand ans Fenster klopfte, bekam ich fast einen Herzinfarkt. Draußen stand meine Freundin Marie mit verschränkten Armen und erwartungsvollem Blick. Es war wohl fast an der Zeit. Ich stieg aus, und sie umarmte mich fest.

»Aufgeregt?«, fragte sie mit leuchtenden Augen. »Duwirkstnämlich gar nicht aufgeregt. Du wirkst wie jemand, dem man gerade das letzte M&M geklaut hat. Du weißt schon, eines von den roten? Die heb ich mir immer bis zum Schluss auf, weil sie am besten schmecken.«

Ich starrte sie an.

»Du bist komisch, aber das weißt du, oder?«

Sie lachte und zuckte mit den Schultern.

»Mir macht das nichts aus. Du hast meine Frage nicht beantwortet.«

»Ich schätze, ich bin aufgeregt«, sagte ich, obwohl mein kleiner Plausch mit Kit meiner Laune einen Dämpfer versetzt hatte. »Es ist toll, dass Painter seine Aufnäher heute bekommt, aber …«

Maries Augen weiteten sich und sie grinste dämlich.

»Erzähl mir doch nichts«, sagte sie. »Du stehst doch auf ihn. Ichweiß, dass du auf ihn stehst, weil du mir das immer erzählst, wenn du betrunken bist.«

Ich zuckte mit den Schultern, während sich ein Lächeln auf mein Gesicht stahl.

»Okay, gut, ich steh auf ihn«, gab ich zu.

»Und er steht eindeutig auf dich«, antwortete Marie. »Er benimmt sich wie ein Welpe, wenn er dich sieht.«

Ich seufzte und mein Lächeln verblasste.

Im vergangenen Monat hatte ich Painter in die Enge getrieben und ihm ein Angebot unterbreitet, das kein echter Mann zurückweisen würde. Ein Angebot, das er aber, ohne lange nachzudenken, abgelehnt hatte. Wundersamerweise hatte ich diese Geschichte noch nirgendwo rumerzählt … Kurz gesagt hatte ich im vergangenen Jahr ein paar Mal versucht, Painter zu verführen. Ein Jahr lang hatte ich ihn beobachtet, nach ihm gelechzt und mir vorgestellt, wie es zwischen uns beiden sein würde.

Ich verstand einfach nicht, warum er nicht mit mir schlafen wollte. Die Anziehung war beiderseitig, das wusste ich. Außerdem konnte das jeder sehen. Sein Blick folgte mir durchs ganze Clubhaus, und wenn ich ausging, bedrohte er jeden, der mir zu nahe kam. Dad war nicht allzu begeistert von der Vorstellung, dass ich was mit einem Typen hatte, aber er hatte mir gesagt, dass er mich eines Tages gerne mit einem Reaper als festen Partner sehen würde.

»Ich schätze, wir werden es rausfinden, oder?«, sagte ich und schnappte mir meine Tasche. »Tut mir leid, dass ich beim Vorbereiten nicht mithelfen konnte. Ich hatte einen späten Termin und wollte die Kundin unbedingt noch drannehmen. Ich hatte ihr schon einmal abgesagt und es war wirklich höchste Zeit für ihre Nägel. Die mussten dringend gemacht werden.«

»Keine Sorge«, sagte Marie und hakte sich bei mir ein. Wir gingen in Richtung Tor und trotz meiner Bedenken war ihre gute Laune einfach ansteckend. Heute war eine Nacht zum Feiern – nach über einem Jahr als Anwärter würde Painter das nächste Vollmitglied des Clubs werden.

Vielleicht war er es sogar schon.

Ich war gerade erst angekommen, aber schließlich kannte ich den Ablauf schon mein ganzes Leben lang: Zuerst würden ihn die Jungs mit irgendeiner Geschichte über einen Scheißjob, den er noch erledigen sollte, weglocken. Oder sie würden ihm sagen, dass er irgendwas richtig verbockt hätte. Sie würden ihm ordentlich die Hölle heiß machen. Dann, kurz bevor er einen Herzinfarkt bekam, würden sie die neuen Aufnäher für seine Kutte hervorzaubern.

Diese Aufnäher kennzeichneten ihn als Reaper, bis in alle Ewigkeit.

Und die Damen? Unser Job war es, die Party zu organisieren. Es tat mir leid, dass ich das verpasst hatte … Es war zwar Arbeit, aber nebenbei wurde viel gelacht und herumgealbert. Ich musste an meine Mom denken – wir hatten sie vor fünf Jahren begraben. Nie fehlte sie mir mehr als in solchen Nächten. Eine meiner ersten Erinnerungen war, wie ich unter den Tischen im Hof spielte, während sie alles für eine Clubparty herrichtete. Diese Feier heute war eine Party für Painter, aber es war auch ein Familientreffen. Vielleicht nicht gerade die klassische Familie … doch es war meine Familie, und ich liebte sie.

Heute Abend würde diese Familie Zuwachs bekommen.

»Ich wünschte, Mom wäre hier«, sagte ich. Marie lächelte mich an, legte einen Arm um meine Schulter und drückte mich fest an sich. Dann zog sie mich an Banks vorbei, dem bedauernswerten Anwärter, der heute das Clubhaus bewachen musste, und ging mit mir auf den Hof.

Die Jungs waren spät dran.

Es dauerte etwa fünfundvierzig Minuten – gerade genug Zeit, um zwei Bier zu trinken und ein paar Nachrichten mit meinem Freund Liam auszutauschen. Ich kannte ihn bisher nur online … Aber ich wusste, dass er kein durchgeknallter Serienmörder war, weil er Stammgast im Café meiner Freundin Cookie in Portland war. Er postete immer wieder auf ihrer Facebookseite.

So hatten wir uns vor ein paar Monaten kennengelernt. Er kommentierte einen meiner Posts, dann kommentierte ich einen von ihm, am nächsten Tag schickte er mir eine Nachricht, und so ging die Sache weiter. Jetzt schrieben wir uns fast ununterbrochen. Er war lustig und interessant und hörte mir tatsächlich zu. Er war das genaue Gegenteil von Painter, wenn ich es mir recht überlegte. Es war schön, einen Freund zu haben, der nichts mit dem Clubleben zu tun hatte – Liam war nett, normal und ungefährlich.

ICH:Painter ist noch nicht da. Drück mir die Daumen!!!

LIAM:Ich versteh nicht, warum du dich überhaupt mit diesem Idioten abgibst. Ein echter Mann hockt nicht rum und legt die Hände in den Schoß, wenn er die Frau seines Lebens trifft. Er überlegt sich, wie er sie kriegen kann.

ICH:Bisschen wie ein Neandertaler, meinste nich? Ist da heute jemand angefressen?

LIAM:Ich sags wies ist. Ich wette 100 Dollar, dass er dich wieder links liegen lässt. Nicht weil du nicht einfach toll wärst, Em, sondern weil er ein verdammter Schlappschwanz ist. Merkst du nicht, was hier abgeht? Er will deinen Dad glücklich machen, nicht dich.

ICH:Auf wessen Seite stehst du eigentlich?

LIAM:Auf deiner.

Ich runzelte die Stirn und sah auf das Display, weil ich nicht ganz sicher war, wie ich reagieren sollte. Liam mochte Painter nicht und benahm sich deswegen manchmal etwas daneben. Er hatte sogar mal einen Witz darüber gemacht, dass mich Dad für sechs Ziegen und ein paar Harleyersatzteile verkaufen würde. Das war mir ein wenig zu nahe an der Realität … Was aber nicht hieß, dass er mit Painter recht hatte.

ICH:Du weißt nicht alles.

LIAM:Hab ich auch nie behauptet. Aber ich weiß, dass du was Besseres verdient hast als einen Typen, der dich ein Jahr lang ignoriert.

ICH:Er ignoriert mich nicht. Es ist kompliziert. Du solltest ihn mal sehen, wenn wir alle zusammen ausgehen. Er lässt mich nie aus den Augen.

LIAM:Nein, er bewacht dich. Das ist was anderes.

Ich runzelte die Stirn. Eswarkompliziert. Painter war Anwärter gewesen, was bedeutete, dass er nicht wirklich frei in seinem Handeln war. Das konnte Liam aber nicht wissen – aus irgendeinem Grund hatte ich ihm nichts vom Club erzählt, obwohl er wusste, dass Dad ein Biker war. Ich schätze, es gefiel mir einfach, dass es einen Menschen in meinem Leben gab, der mich nicht als die Tochter des Präsidenten ansah. Verdammt, irgendwie war Liam der einzige Mensch, bei dem ich ich selbst sein konnte. Heute Abend jedoch …

Heute Abend ging er mir auf den Geist.

Mir reichte es.

ICH:Ich muss los.

Ich stellte mein Handy auf lautlos und steckte es in meine Hosentasche. Dann schnappte ich mir noch ein Bier und spazierte zu Marie und den anderen Mädels rüber, die über irgendeine Geschichte lachten, in der es um Horse, ihren Alten Mann, ging. Es lief gute Musik und der Alkohol wärmte mich von innen. Ich war optimistisch, trotz Liam. Was wusste der schon?

Ich hatte die feste Absicht, heute Nacht in Painters Bett zu landen.

Oder auf seinem Bike.

Vielleicht unter einem Baum?

Es war mir scheißegal, solange ich dabei meine Jungfräulichkeit verlor. Ja, ich wusste, es war verdammt lächerlich, dass ich noch Jungfrau war. Aber Dad war nicht besonders nett zu meinen Freunden. Am liebsten zeigte er ihnen seine Waffen und erzählte ihnen, welchen Schaden die Kugeln im menschlichen Körper anrichteten.

Oh, und dann war da ja noch dieser Jagdunfall gewesen. Hoppala.

Aus irgendeinem Grund mieden mich die Männer von Coeur d’Alene nach diesem Vorfall. Zum Flirten blieb mir deshalb nur noch Liam, was ziemlich erbärmlich war, wenn man bedachte, dass er fast vierhundert Meilen entfernt lebte.

Heute Abend, sagte ich mir.Heute Abend wird sich das alles ändern.

Nach einer weiteren halben Stunde waren die Männer immer noch nicht zurück, aber ich stand schließlich nicht nur herum und wartete auf Painter. Mit meinen Freundinnen abzuhängen war echt toll. Die meisten von ihnen waren Alte Ladys, was bedeutete, dass sie in irgendeiner Weise mit einem der Typen aus dem Club zusammen waren. Doch ein paar waren wie ich … ohne Anhang. Maggs zum Beispiel. Ihr Mann war im Gefängnis, weshalb sie alleine gekommen war.

Es waren auch keine Kinder auf dem Arsenal-Gelände, weil es wahrscheinlich ziemlich bald wild hergehen würde. Ich konnte schon ein paar Frauen auf der anderen Seite des Hofes zusammenstehen sehen, die offenbar darauf warteten, dass es richtig abging. Hangarounds, die ab und zu vorbeischauten, Clubhuren, Süßärsche. Einige waren Stripperinnen aus dem Line, der Tittenbar des Clubs (ja, so nannten sie es, ist nicht meine Schuld), ein paar andere waren Mädchen, die sich männermäßig noch nicht so festlegen wollten. Sie hatten alle eines gemeinsam – sie waren frei verfügbar. Mein ganzes Leben hindurch waren sie immer da gewesen, irgendwo im Hintergrund, und in den vergangenen paar Jahren war es öfter vorgekommen, dass ich nach dem Aufstehen eine von ihnen in unserer Küche beim Herrichten des Frühstücks entdeckte.

Dad war inzwischen selbst so was wie eine Schlampe.

Die Schlampenfraktion hatte normalerweise kaum Kontakt zu uns, was für uns ganz in Ordnung war. Ich wusste, dass mein Dad meine Mom nie betrogen hatte. Und ich wusste, dass einige Männer – zum Beispiel Maries Mann Horse – es auch schafften, ihren Schwanz in der Hose zu lassen. Andere wiederum turnten durch sämtliche Betten. Vor aller Augen. Mir war unbegreiflich, wie eine Frau das zulassen konnte, aber vermutlich gingen mich die Beziehungen anderer Leute nicht wirklich etwas an.

Endlich hörten wir die Bikes herandonnern und auf dem Parkplatz anhalten. Nach und nach kamen die Brüder auf den Hof. Dad war der Erste und ich merkte, dass er seinen Blick schweifen ließ, bis er mich gefunden hatte. Sein kantiges Gesicht verzog sich zu einem Lächeln, und seine eisblauen Augen, die ich auch von ihm geerbt hatte, blitzten stolz auf. Die restlichen Männer marschierten hinterdrein. Als Painter mit einem verrückten Grinsen im Gesicht hereinspaziert kam, waren Gejohle und Gepfeife zu hören.

Mein Gott, sah er süß aus. Kurzes, blondes Stachelhaar, markante Wangenknochen … Sein Körper war schlank, aber muskulös, und mit seinen gut ein Meter achtzig war er mir rund 13 Zentimeter voraus. Es schadete auch nicht, dass er sein Shirt ausgezogen hatte und seine Kutte auf der nackten Brust trug.

Lecker.

Ich hatte meine Arme schon ein paar Mal um diese Brust geschlungen, wenn er mich mit dem Bike nach Hause gefahren hatte. Aber mehr war da nicht gewesen.Es ist eine Frage des Respekts meinem Dad gegenüber, rief ich mir in Erinnerung. Er war der Präsident des Clubs, und Painter wusste haargenau, dass er besser nicht mit mir rummachte, ohne es ernst zu meinen. Fairerweise musste man sagen, dass Anwärter gar nicht die Zeit dazu hatten, es mit irgendjemandem ernst zu meinen.

Zumindest redete ich mir das ein.

Anwärter waren zu sehr damit beschäftigt, Aufträge zu erledigen, Bikes zu bewachen und all die hässlichen oder degradierenden Jobs zu machen, die den Clubmitgliedern so einfielen. All das würde sich nun ändern. Diese Party war für Painter – er hatte sich ein wenig Spaß verdient, und die Männer würden dafür sorgen, dass er ihn bekam. Ich hatte mir besondere Glückwünsche für ihn überlegt, obwohl es ein paar Stunden dauern konnte, bis ich ihn mal allein erwischte. Doch irgendwann würde es klappen, das hatte ich mir fest vorgenommen.

Heute Nacht war unsere Nacht.

»Wie geht’s, Emmy Lou?«, fragte Duck, als er zu mir trat und mich umarmte. Ich rümpfte die Nase, weil ich meinen alten Spitznamen hasste. Doch es war verdammt schwierig, einen Spitznamen wieder loszuwerden, wenn er erst einmal hängen geblieben war.

»Gut«, sagte ich. »Hast du schon ein Bier? Soll ich dir eines holen?«

»Gerne, Kleine«, murmelte er und sah über den Hof. Ich bemerkte, wie sein Blick auf einem der Mädchen ruhte. »Wer ist denn das? Gehört sie zu deinem Dad, oder will sie einfach mitfeiern?«

Er wies mit dem Kinn auf eine Blondine, die sich um meinen Vater gewickelt hatte. Meine Augen wurden groß. Heilige Scheiße, ich war mit dem Miststück auf die Highschool gegangen. Sie war sogar in der Klasse unter mir gewesen, verdammt. Ekelhaft. Ich zuckte mit den Schultern, weil ich wusste, dass ich in der Situation sowieso nichts ausrichten konnte.

»Keine Ahnung«, murmelte ich. »Ich hab’s aufgegeben, mir seine Huren zu merken.«

Das klang härter, als ich beabsichtigt hatte, weshalb mich Duck scharf ansah.

»Das hört sich etwas bitter an, Emmy Lou«, sagte Duck. »Wenn du nicht in der Stimmung bist, dich zu amüsieren, solltest du vielleicht nach Hause gehen. Das ist kein Kindergeburtstag hier, und Picnic kann vögeln, wen er will. Es ist nicht deine Aufgabe, ihn zu verurteilen.«

Ich seufzte, denn ich wusste, dass er recht hatte. Dad war völlig frei – soweit ich wusste, hatte er keinerlei Beziehung seit Moms Tod gehabt. Ich war nicht für sein Privatleben zuständig, und wenn ich vorhatte, mich in Sachen Sex verklemmt zu geben, war ich definitiv am falschen Ort. Auf der anderen Seite des Hofs entdeckte ich zwei langbeinige Blondinen mit sehr kurzen Shorts und abgeschnittenen Oberteilen, die sich gerade an Painter heranmachten und ihm abwechselnd Glückwunschküsse verabreichten.

Nein, zum Teufel.

Ich würde ihn nicht mit diesen beiden Schlampen alleine lassen. Heute Nacht ging es um alles oder nichts – er würde mir gehören, oder ich würde für immer mit ihm abschließen. Wenn ich hierblieb, landete ich vielleicht in Painters Bett. Oder auch nicht. Aber wenn ich jetzt ging? Dann würde ganz sicher eine von den beiden in seinem Bett landen.

»Es ist seine Sache, was er macht«, murmelte ich. Ich ließ Duck stehen, um zwei Becher zu holen und sie für uns zu füllen. Nachdem ich ihm das Bier gebracht hatte, stellte ich mich neben Duck und sah der Menge zu.

Überall, wo ich hinsah, waren nur Pärchen.

Marie und Horse, Bam Bam und Dancer … Ruger und seine Schlampe der Woche.

»Heilige Scheiße«, platzte ich heraus und spuckte dabei beinahe mein Bier aus.

»Was ist los?«, fragte Duck.

»Das da drüben bei Ruger ist meine Lehrerin aus der Kosmetikschule«, murmelte ich. »Oh, sie ist so eine Fotze. Sie hat mich dreimal hintereinander durchfallen lassen, nur weil Dad, nachdem er sie gefickt hatte, nicht wieder angerufen hat.«

Duck lachte schnaubend.

»Nur gut, dass du deinen Abschluss schon hast. Ruger wird sie nämlich auch nicht anrufen.«

Und plötzlich hatte ich meine gute Laune wiedergefunden.Nur zu, Ruger!

»Ich werde Painter gratulieren«, sagte ich.

»Tu das«, sagte Duck. »Aber denk dran – heute darf er es richtig krachen lassen.«

»Ich weiß«, antwortete ich. »Vielleicht kann ich ihm beim Feiern helfen.«

Ducks Miene verdüsterte sich.

»Emmy Lou, heute ist nicht der richtige Abend dafür.«

»Es ist nie der richtige Abend«, sagte ich mit einem Schulterzucken. Dann kippte ich mein Bier hinunter. »Keine Sorge, Duck. Du hast dich immer gut um mich gekümmert. Aber ich weiß, was ich tue. Ich bin erwachsen.«

»Ja, ich weiß«, antwortete Duck. »Ich schätze, ich sehe dich immer noch mit Pferdeschwanz und einer Puppe im Arm.«