Scheiß dich nicht an – lebe! - Manfred Rebhandl - E-Book

Scheiß dich nicht an – lebe! E-Book

Manfred Rebhandl

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Beschreibung

SUPERMANS REISE IN DEN DARM DER FINSTERNIS: BIERMÖSELS DRITTER STREICH! Solange der Biermösel nämlich auf die gut paprizierte, insgesamt gut gewürzte Schweinsgulaschsuppe "Feuerzange", mit der die Roswitha jeden Chiliwettbewerb in Texas drüben gewinnen täte, nicht verzichten will, wird das mit dem Kanalanschluss bei ihm nichts werden, hat ihm die Landesregierung neulich ausrichten lassen, und auch die entsprechende Volksabstimmung ist leider eindeutig gegen ihn und die Roswitha ausgegangen. Sogar der Bob Woodward von der Post in Washington drüben kann da nur sagen: "Greatest story ever told!" ************************************************************************************* "Das ist eines der unappetitlichsten Bücher, die ich kenne." Ein empörter Buchhandelskunde "Wie von Manfred Deix geschrieben!" Herr Karl "Hinaus mit dem Schuft!" Herr Norbert "Nestbeschmutzung!" Herr Herbert "Primitiv! Widerlich! Ganz dickes Pfui!" Frl. Anne-Sophie "Der Papa liest es am Klo. Die Mama sagt, da gehört es hin." Marcel, 5 Jahre "Voll frauenfeindlich!" Jessica

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Manfred Rebhandl

Scheiß dich nicht an – lebe!

Der dritte Biermösel-Krimi

Inhaltsverzeichnis
Cover
Titel
Prolog
Betriebsausflug
Frühlingserwachen
Früher Vogel fängt den Wurm
Hasenscharten-Ulf
Kind des Frühlings
Süßes Schweinchen Jugend
Föhn und Fön
Tage des Zorns
Verschellt
Schweinchen Dick
„Bob spricht!“
Diesseits der Baumgrenze
Jenseits der Baumgrenze
Scheiß dich nicht an – lebe!
Western
Ostern
Reise in den Darm der Finsternis
Meisterschuss
Suppenedgar
Greatest story ever told
Manfred Rebhandl
Zum Autor
Impressum

Prolog

Einmal, Kruzifix, einmal nur, dass auch er im Frühling eine packen könnte und dass es ihr dabei bei den Ohren herausstaubt! Einmal nur, dass ihm dabei das Pulver nicht nass wird, bevor er feuert, und wieder alles im Magazin stecken bleibt, einmal nur, das täte ihm so gut!

Oder einmal wenigstens, dass auch er der Welt einen Haxn ausreißen könnte! Kann ja gut sein, dass auch er ein bisserl sehr am erfüllten Leben vorbeigegangen ist und mehr der Furchengeher war als der umtriebige Welteneroberer, das kann ja wirklich gut sein, dass er bisher nichts erlebt hat! Kann weiters gut sein, denkt er sich, dass auch er bis heute ein bisserl zu sehr mit angezogener Handbremse gelebt und das Dasein nicht aus vollen Krügen genossen hat, das kann vielleicht auch gut sein. Und möglich auch, dass er bis heute nicht alle Weiber gepackt hat, die er hätte packen können, und erst recht nicht all die vielen anderen, die er hätte packen wollen, das kann ja wirklich alles gut sein!

Einmal, Kruzifix, einmal nur, dass ihm nicht stattdessen der Föhn auf den Schädel drauffällt und ihn zu einer unsteuerbaren Bestie macht! Einmal nur, dass nicht wieder alles im unkontrollierten Amoklauf endet und er den Weg auf die Titelseite vom Ländlichen Boten schafft. Einmal nur, dass sie ihn dort als Helden feiern könnten!

Oder einmal wenigstens, dass er irgendwo eine Unterhose findet, die ein bisserl länger hält als 30 Jahre! Du meine Güte, was hat der Mann für eine Erwartung an eine Unterhose, was wäre seine Antwort auf diese Frage? Dass man sie nicht alle Jahre waschen muss wegen jedem Dreck, das wäre das eine. Und dass sie ein bisserl was aushält, bevor man dann sowieso früh genug wieder Windeln tragen muss, das wäre das andere.

So eine Unterhose wie die vom Superman halt, das wäre seine Erwartung.

Betriebsausflug

Der E. E. Biermösel sitzt an diesem schönen Frühlingsmorgen auf seinem neu ausgebauten Erlebnispark am Gendarmerieposten in Aussee herüben und blättert den internationalen Teil vom Ländlichen Boten durch, er blättert und blättert und schaut sich dabei ein paar sehr blutrote Fotos an, aber du meine Güte, was die da heute wieder zeigen, das macht ihm den Mund auch nicht wässrig und lockt ihn so gar nicht von seiner Muschel herunter – Kriege hier und Kriege da, Kriege, Pest und Cholera! Was die Probleme von der großen weiten Welt und der depperten Menschheit anbelangt, unterscheidet der Biermösel ja zwischen denen, die ihn gar nicht interessieren, und den anderen, die ihn überhaupt nicht interessieren.

Er selbst ist ja nicht viel herumgekommen in der großen weiten Welt, der Marco Polo unter den Landgendarmen ist er nicht geworden, zeit seines Lebens ist er mehr ein Furchengeher geblieben, als dass er sich zum großen Welteroberer aufgeschwungen hätte. Na gut, will er sich jetzt nicht kleiner machen, als er ist, oben in Linz ist er früher natürlich schon öfter gewesen, wie er dort die Gendarmerieschule besucht hat und der Jahrgangsbeste in „Schießen aus der Hüfte heraus“ war, aber das ist lange her. Und drüben in Gmunden kennt er sich auch ganz gut aus, seit er vom dortigen Krankenhaus den alten Biermösel hat abholen müssen, den er dann im Siechenheim in Goisern drüben abgegeben hat, wo er sich jetzt selbstverständlich auch ganz gut auskennt. Aber das waren sie im Wesentlichen, seine Erfahrungen mit den Überlandfahrten innerhalb der allzu engen Grenzen seiner wunderbar saftigen Heimat, zu mehr hat es nicht gereicht.

Sobald der Biermösel nämlich die Glocken von seiner heimatlichen Pfarrkirche nicht mehr gehört hat, hat er lieber umgedreht und ist wie der Hund in die Hütte sofort zurückgerannt und hat sich auf die warme Ofenbank in der Wirtsstube von der Roswitha drüben gelegt.

Allerdings, muss der Biermösel jetzt wieder einmal die guten alten Zeiten loben, hat man sich das Glockengeläute von der heimischen Pfarrkirche damals noch anhören können, was ja heute leider nicht mehr der Fall ist, seit der Hasenscharten-Ulf aus dem Glockenturm vom Pfarrer Hein verschwunden ist und der Biermösel gar nicht mehr weit genug davonrennen könnte, damit er das elende Dingdong aus seiner Bruchbude nicht mehr hören muss. Bei dem, was der Pfarrer Hein heute selbst zusammenläutet, kann es nämlich gut sein, dass der regionale Teil vom Ländlichen Boten sehr bald sehr voll sein wird mit Berichten über ihn, den Schießwütigen, der das Problem vom immer weiter um sich greifenden Wahnsinn vom Pfarrer Hein endgültig gelöst haben wird, und zwar mit der Präzisionsbüchse.

Aber gut, will der Biermösel der Geschichte nicht vorgreifen, noch ist es ja nicht so weit.

Noch freut er sich ja darauf, dass er nach 35 Jahren Flaute im Privaten wie im Beruflichen heuer endlich was erleben wird, Zeit wird es ja, dass die windstille See endlich ein bisserl auffrischt und seine kleine Nussschale, in der er im Meer des Lebens dahintreibt, ein paar Meter weit anschiebt. Zeit wird es wirklich, dass er mit der Anni nach Kaprun ins Gendarmerieerholungsheim hinüberfährt und sie endlich packen wird, lieber mit der Anni nach Kaprun hinüber und sie dort packen als noch einmal mit seinen Kameraden ins Ausland fahren, danke herzlich, so was Schreckliches will er kein zweites Mal erleben.

Vom Ausland insgesamt ist der Biermösel ja kein Freund mehr, seit er gleich am Beginn von seiner beispiellosen Laufbahn am sehr schlecht organisierten Betriebsausflug vom Innenministerium hat teilnehmen müssen, während dem sich die neu aufgenommenen Kameraden in der Gendarmerieschule hätten besser kennen lernen und miteinander anfreunden sollen. Daraus ist dann aber leider nichts geworden, so viel kann er gerne verraten, Freunde fürs Leben hat er am Betriebsausflug leider keine gefunden, und auf das Ausland scheißt er.

Was ist passiert?

Im rot-weiß-roten Gendarmerie-Autobus vom Innenministerium hätte die Reise eigentlich über das kleine deutsche Eck ins schöne Land Tirol hinüber zum Goldenen Dachl in Innsbruck gehen sollen, auf das er als Radikalpatriot natürlich auch sehr stolz ist, nur dass sie es leider nie gesehen haben, weil der Biermösel schon weit vorm Grenzübertritt nach Deutschland hinüber angefangen hat, wegen seiner brennenden Venen zu jammern, „Aua, meine Venen!“, womit im Prinzip sowieso schon besprochen war, dass ihn die lieben Kameraden nicht in ihr Herz schließen werden.

Dabei hat der Ausbildner sogar ein paar Kisten Starkbier mitgehabt, was er ihm hoch angerechnet hat. Aber leider hat er auch die Noten für „Gute Freunde kann niemand trennen“ sowie eine Blockflöte für jeden von ihnen mitgehabt, womit er die Saat für das Kommende im Grunde selbst gelegt hat, weil der Biermösel schon das depperte Busfahren alleine nicht leiden kann, das fröhliche Singen und Blockflötengedüdel während dem Busfahren aber hält er im Schädel nicht aus, „Hoch auf dem Gelben Wagen“ und „Ja so warn’s die alten Rittersleut’!“ im gemeinschaftlichen Chor – nein danke, lieber ohne ihn! Das ist er vom Typ her einfach überhaupt nicht.

Der Biermösel hat sich also lieber mit der frisch ausgefassten Dienstwaffe in der Hand die paar Kisten Starkbier alleine unter den Nagel gerissen und sich damit hinten im Bus verschanzt, während die lieben Kameraden dann alle in den vorderen Reihen gesessen sind und ohne ihn „Gute Freunde kann niemand trennen“ gesungen haben, am Anfang noch sehr fröhlich, in der Folge aber mit immer schwächerer Stimme und immer stärker angeschissenen Unterhosen, weil er ihnen die leeren Bierflaschen auch noch um die Ohren gepfeffert hat, heiliger Bimbam, die lieben Kameraden haben ihn dann gleich von seiner allerbesten Seite kennen lernen dürfen!

Eine Abenteuerreise ins Ungewisse war der Betriebsausflug dann aber mit oder ohne Blockflöte nicht, außer vielleicht in der Folge für seine lieben Kameraden und namentlich für den Busfahrer Steinermeier, um dessen Freundschaft er sich noch gesondert bemüht hat:

„Habe die Ehre“, hat er zu ihm gesagt, als er nach der fünften Kiste Starkbier dann doch schon leicht angedüdelt war. „Ich bin der Biermösel aus Aussee drüben, der E. E. Biermösel, um genau zu sein. Kannst du Trottelvieh von einem depperten Busfahrer deine Rostschüssel von einem Reisebus vielleicht kurz anhalten, damit ich austreten kann, habe die Ehre!“

Du meine Güte!, muss er jetzt fast ein bisserl über sich selbst den Kopf schütteln, damals hat er es wirklich noch können. Aber er war jung, und es war Frühling, und das ist halt überall auf der Welt eine besonders explosive Mischung, wenn man sie noch mit ein paar Litern Starkbier anrührt und den Sonnenstich dazugibt.

Der Rotzlöffel von einem Busfahrer hat sich aber zunächst überhaupt geweigert, dass er mit ihm redet, weil er sich justament hat anschauen wollen, wer von ihnen beiden der Stärkere ist, es war, wie gesagt, Frühling. Also hat er sich lieber auf seine Kosten lustig gemacht und „Nur Bier, nie Möse“ über ihn gespottet, womit er fürs Erste die Lacher noch auf seiner Seite gehabt hat, allerdings wirklich nur fürs Erste, sehr bald haben sie nämlich alle miteinander geweint.

Der Biermösel hat dem renitenten Busfahrer seine linke Faust „Krankenhaus“ sanft auf die Schädeldecke gelegt und dann mit der rechten Faust „Friedhof“ fest draufgedroschen, und weil der Steinermeier davon und wegen dem halben Genickbruch auf einmal bewusstlos bis dorthinaus war und der Biermösel dann halt wirklich schon sehr dringend hat austreten müssen, hat er ihn nach erfolgtem Grenzübertritt nach Deutschland hinüber bei den Ohrwascherln genommen und mitsamt der Tür weit ins Gemüse hinausgeschmissen, aber Kruzifixnocheinmal, manchmal muss halt einer zu den Beilagen hinaus, damit man selbst endlich aufs Scheißhaus gehen kann! Und wenn der Biermösel so dringend muss wie damals, dann ist ihm sowieso jedes Mittel recht, auch das äußerste Mittel der Geiselnahme.

Mitsamt dem Gestänge und dem halben Motorblock hat er dann einfach das Steuer an sich gerissen, wodurch der ganze depperte Reisebus aber zunächst ein bisserl ins Schlingern geraten ist, bevor er dann über den Umweg Böschung und nach einem zweifachen Überschlag doch wieder auf allen vieren zum Stehen gekommen ist, und zwar auf einem Parkplatz im benachbarten Ausland drüben, wo der Biermösel dann im kompletten Vollrausch einfach den nächsten Baum angesteuert hat, hinter dem er wie der Waldi endlich sein Geschäft verrichten hat können, und zwar das große, wie er abschließend berichten darf – halleluja, früher hat er es einfach wirklich noch können!

Nachdem er damit fertig war, hat er sich am Parkplatz auch gleich die schmerzenden Füße vertreten wie früher der Boogie-King nach der langen durchtanzten Nacht, während die Kameraden alle miteinander im Bus drinnen gesessen sind und mit den Zähnen geklappert haben – „Schieß uns bitte nicht auch noch über den Haufen!“, haben sie gebettelt wie die Waschweiber, als er dann endlich entspannt und befreit von aller Last – breitbeiniger noch als der John Wayne nach einem langen arbeitsreichen Tag auf seinem Bronco! – zum Bus zurückgekommen ist – „Schieß uns bitte nicht über den Haufen!“

Aber da hat der Biermösel natürlich längst Blut geleckt gehabt, und an einer so genannten Deeskalation, wie sie in der Gendarmerieschule im Sinne einer komplett falsch verstandenen Friedfertigkeit auch gelehrt worden ist, war ihm in diesem Augenblick nicht mehr gelegen, eher im Gegenteil.

Auf einmal hat er nämlich gespürt, wie erhebend es sein kann, wenn sich andere vor einem in Todesangst verstecken, nur weil man ein bisserl außer Kontrolle gerät und mit der Glock in der Hand herumrennt und vielleicht ein bisserl herumballert, herrlich! Dann hat er noch zu allen „Spring, du Feigling!“ gesagt, bevor sie einer nach dem anderen mit „La Montanara“ auf den Lippen durch die von ihm zerschossenen Scheiben vom Bus herausgesprungen und in alle Richtungen davongerannt sind, peng, peng, peng!

Das war sie dann aber auch schon, seine erste und bisher einzige Erfahrung mit dem Ausland. Und dass er davon so begeistert gewesen wäre, dass er gleich einen Diavortrag gehalten hätte, das kann er eigentlich nicht behaupten. Recht viel mehr war ja nicht, als dass er auf Deutschland geschissen und ein bisserl herumgeballert und sich durch die überraschende Geiselnahme bei der Gendarmerie keine Freunde fürs Leben gemacht hat. Eine ausgedehnte Auslandsreise zu den nördlichen Nachbarn kannst du so was jedenfalls nicht nennen, ein mehrwöchiger Aufenthalt bei den Freunden der Weißwurst sieht mit Sicherheit anders aus.

Aber er hat wenigstens was erlebt damals. Und das war bei weitem mehr, als er heute über sich sagen könnte.

Frühlingserwachen

Der Biermösel zischt eine erste Flasche Osterbock, damit er nicht ganz austrocknet, und zupft dann sowieso lieber an den Blättern von seiner mitgebrachten Frühlingsblume herum, als dass er sich weiter für die große weite Welt im Ausland und ihre immensen Probleme interessiert. Er zupft und zupft und rückt dabei immer unruhiger auf seiner Muschel herum, und dann denkt er sich: Na gut, jetzt kann er ja endlich verraten, dass er auf gar keinem Erlebnispark sitzt, sondern auf seinem Scheißhaus, aber freuen tut er sich trotzdem sehr darauf, dass er heuer endlich was erleben und die Anni drüben im Gendarmerieerholungsheim in Kaprun packen wird, darauf freut er sich jetzt wirklich schon sehr.

„Biermösel, ich lass wegen dir alles liegen und stehen und flieg mit dir in Richtung Glück“, hat die Anni zwar nicht gesagt, als er sie im frühlingshaften Überschwang und im Osterbock-Komplettrausch gefragt hat, ob sie sich von ihm endlich packen lassen will. Aber sie hat auch nicht „Nein“ gesagt, und das ist bei weitem mehr, als einer wie er vom Leben erwarten darf, so wie er im Moment ausschaut – wie der Zottelbär im engen Gehege schaut er nämlich aus! Da kann er dem Herrgott schon danken, wenn eine nicht sofort den Kittel hinaufzieht und vor ihm davonrennt, also Dank sei Gott dem Herrn!

Wenn der Biermösel aber bei der Anni heuer wirklich landen will, dann wird er sich vorher noch ein bisserl säubern müssen, er muss die alte verrunzelte Haut abstreifen und die neue der aufsteigenden Sonne darbieten. Wie eine frische Mon Chéri will er sich vor der Anni auswickeln, wenn es dann so weit sein wird, gekämmt, geschnäuzt, gewaschen und frisiert will er sein, frisch wie der morgendliche Tau auf den saftigen Wiesen. Der Adler Biermösel soll sein schönstes Federkleid tragen müssen, wenn er die Anni anfliegt, „Also tu was, Biermösel!“, feuert er sich jetzt selbst ein bisserl an, „Häute dich endlich!“

Nach einem allzu langen Winter wird sich der allzu lange hinausgeschobene Frisörbesuch nicht mehr viel länger hinausschieben lassen, auch wenn den Biermösel ein Frisörbesuch so glücklich macht wie den Delinquenten das Hackebeil vom Henker. Lieber geht er ja zum Zahnarzt als zum Frisör, und lieber springt er gefesselt in den Kanal hinein, als dass er zum Zahnarzt geht, also soll sich jetzt bitte ein jeder zusammenreimen, wie gerne er zum Frisör geht.

Da freut er sich ja – im Vergleich! – fast schon ein bisserl auf die gründliche Fußwaschung, die ihm nach mittlerweile schon zwei sehr langen Wintern auch nicht erspart bleiben wird, wenn er mit der Anni wirklich in die Kiste hüpfen will, Heilige Maria Muttergottes, da werden wieder alle schön deppert schauen, wenn sich die gewisse eklatante Duftwolke über das weite Land legen und es zum Stillstand bringen wird, sobald er seine Schuhbänder nur anschaut. „Wie kann er denn so was tun?!“, werden sie wieder alle jammern, „Hat er denn keine Seife daheim?“

Und dann ist da natürlich immer die lästigste und schwierigste Frage überhaupt, die ein Mann beantworten muss, bevor er einer Dame gegenübertritt, die Oberbekleidung ablegt und die Winchester durchlädt – kurze oder lange Unterhose? Du meine Güte, nach all den langen Wintern braucht der Biermösel dann wirklich dringend eine frische und saubere Unterwäsche, aber woher nehmen, wenn nicht stehlen?

Gesundheitlich? Danke, an seiner Gesundheit wird es heuer jedenfalls nicht liegen, wenn er beim Anflug auf die Anni doch wieder abstürzt. Besser wird es ja nicht mehr werden in seinem Alter, „sauschlecht“ ist bei ihm ja schon „recht gut“. Als solides Unterfutter zu all den anderen Beschwerden quälen ihn seine Probleme untenherum, aber die quälen ihn seit Anbeginn der Welt. Dazu kommt die Fettleber, die ihn heuer sogar noch ein bisserl stärker zwickt als letztes Jahr, weil ihm die Roswitha nur noch eingefrorene Schweinereien auftischt anstatt frisch abgestochener Sauen, die natürlich viel gesünder wären. Seit der Doktor Krisper ihr im Zuge von einer Notoperation nämlich den halben Magen und mit dem halben Magen auch gleich die ganze Lebensfreude mit herausgeschnitten hat, schlachtet sie ja nicht mehr, weil ihr zum Schlachten die Substanz fehlt, und der Biermösel leidet sehr unter der falschen Ernährung.

Dafür zerreißt es ihn heuer nicht mehr wie all die Jahre davor, wenn er im Frühling auch nur daran gedacht hat, dass er das Fenster einen Spalt breit aufmacht und einmal kräftig durchatmet. Den furchtbar hartnäckigen Heuschnupfen als Begleitmusik – „Hatschi!“ – zur ständig steigenden Frühlingssonne hat er heuer endlich besiegt:

„Kann ich dir vermitteln Termin bei meine kleine Bruder Hristov oben in Hamburg-Altona, wo ist er Boxer in Talenteschmiede“, hat der Doktor Krisper zu ihm gesagt, wie ihn der Biermösel wegen seinem Heuschnupfen mit der eigenen rechten Faust auf eine Lösung hat festnageln wollen. „Sprich: Kann er dir zuerst mit linke Haken und dann mit rechte Gerade Nase so verbiegen, dass Heuschnupfen ist Probleme von gestern, sprich: Falls kleine Hristov einmal tut, was große Bruder ihm sagt, weil muss ich ehrlich sein, Biermösel: Kleine Bruder Hristov ist unverlässlich und böse, undankbar und blöde, muss ich spucken auf Boden, wenn ich rede über meine kleine Bruder Hristov oben in Hamburg-Altona.“

Da hab ja sogar ich es einmal besser erwischt mit meinem kleinen Bruder, hat sich der Biermösel dann gedacht, auch wenn sein kleiner Bruder natürlich eine kleine Schwester ist und Roswitha heißt. Die ist zwar auch unverlässlich und undankbar, aber dafür mit einer gusseisernen Pfanne ausgerüstet, mit der sie ihm dann Gott sei Dank die Reise nach Hamburg erspart hat, wie sie noch die Substanz dazu gehabt hat – und prack!

Mit einer eleganten Rückhand hat sie ihn notoperiert, kaum dass er sie darum gebeten hat, und zwar so sorgfältig, dass es nicht beim einfachen Nasenbluten geblieben ist, sein Zinken ist jetzt innen drinnen so verwinkelt und verbogen, dass kein Heu mehr hineinkommt und kein Schupfen heraus.

Der Biermösel steckt dann seinen mehrfach zertrümmerten Riechkolben noch tiefer in die herrlich duftende Blüte von seiner Frühlingsblume hinein anstatt in die Druckerschwärze vom Ländlichen Boten und damit in Probleme, die ihn ja wirklich nichts angehen. Er zupft immer weiter an seiner Frühlingsblume herum – „Sie liebt mich, sie liebt mich nicht“ –, während er den frischen Duft vom neuen Morgen atmet, mmmhm, denkt er sich, herrlich ist das! Er fühlt sich wohl wie die Laus in der Rockerfrisur vom verstorbenen Herrn Jesus Christus, seine Aussichten sind blendend, die traurige Vergangenheit hinter ihm interessiert ihn nicht mehr. Kein Gewicht beschwert heute seine vorösterliche Seele. Leicht wie der geölte Blitz durch die Pfanne gleitet er aus seinem früher so depperten Leben hinaus in Richtung strahlende Zukunft und gemeinsames Glück zu zweit, wie man es sonst nur aus dem grenzenlos depperten Liebesfilmfernsehen kennt. Nichts und niemand vermag ihn mehr aufzuhalten, denn es ist endlich Frühling geworden, halleluja! Und im Frühling ist der Biermösel einfach immer so gut drauf.

Im Frühling lacht er sich buckelig über die alten Weiber, die nach einem langen Winter ihre Zähne nicht mehr finden. Oder er scheißt sich überhaupt an vor Lachen über den Bauer Erwin zum Beispiel, der die lustige Magd Magda erschossen hat, nachdem sie ihm überraschend eröffnet hat, dass er es letztlich doch nicht ist für sie, „Erwin“, hat sie im Überschwang der Frühlingsgefühle gesagt, „während dem Winter hast du mich ja ganz gut gewärmt, aber im Frühling juckt es mich halt woanders als in den kalten Füßen, da kann ich dich nicht mehr brauchen mit deinem impertinenten Silage-Geruch.“ Also hat der Bauer Erwin sie lieber gleich kaltgemacht, bevor sie sich von einem anderen wärmen lässt, und „Alter Bauer sucht neue Frau“, ist jetzt halt aus dem Gefängnis heraus.

„Aaaah, der Frühling und seine herrlichen Düfte!“, will der Biermösel dann nicht immer nur den ewigen Scheißdrauf spielen und insbesondere auch die herrlichen Düfte vom Frühling einmal ein bisserl loben. Ein wahrer Segen sind die frischen Düfte vom neuen Morgen, die ein gutes Stück die strengen Düfte von seinen alten Winden vertreiben, die er über den letzten Winter vom Erlebnispark aus in die Kanalisation hinuntergejagt hat, einen nach dem anderen, einer lauter als der andere – „Herrgottnocheinmal!“, ist er von sich immer wieder aufs Neue begeistert, wie er ein weiteres sehr schönes Junggesellenlied hinausschmettert, er kann es halt immer noch, er hat ja nichts verlernt!

„Sie liebt mich nicht, sie liebt mich schon“, zupft der Biermösel dann immer weiter an seiner Frühlingsblume herum und träumt sich sehnsüchtig wie die depperte Gutsbesitzerin im Liebesfilmfernsehen in eine glückliche Welt, „Sie liebt mich nicht, sie liebt mich sehr!“, hofft er inständig, dass die Anni bei ihm den Gendarmerieposten bald wieder herauswischen wird, sobald er sie in Kaprun drüben erst ordentlich gepackt und glücklich gemacht haben wird. „Sie liebt mich“, zupft er weiter und freut sich sehr darüber, dass die Anni ihn liebt, „Sie liebt mich nicht“, ist er dann wieder ein bisserl mehr der Wirklichkeit zugetan, „Sie liebt mich doch, sie liebt mich nicht, sie liebt mich schon, ja-nein, hin-her.“ Du meine Güte!, muss der Biermösel sich dann doch wieder sehr über die Weiber und ihre ewigen Launen ärgern. Was ist denn los mit ihnen, dass sie einfach überhaupt nie wissen, ob sie einen jetzt lieben oder nicht, können die sich denn nie entscheiden?

Der Biermösel köpft zwei weitere Flaschen Osterbock, damit er nicht ganz entwässert, während er weiterzupft, und er fragt sich, ob er sich die gute Laune jetzt wirklich von einer depperten Frühlingsblume verderben lassen soll, nur weil die sich nicht entscheiden kann? Mit seinem durch und durch schwarzgalligen Gemüt zieht er ja im Grunde sowieso die Herbstzeitlose vor, „Du depperte Frühlingsdingsbums mit deiner kunterbunten Blüte obendrauf bist ja noch komplett grün hinter den Ohren!“, wendet er sich jetzt sogar persönlich an die Frühlingsblume, die hat ja im Unterschied zur Herbstzeitlosen zum Beispiel noch gar nichts erlebt, was weiß denn also der unnötige Kaktus schon von der Liebe?

Er jedenfalls ist bereit!

Früher Vogel fängt den Wurm

Na gut, gibt der Biermösel dann gerne zu, ganz bereit ist ein Mann ja nie, ganz bereit ist ein Mann ja immer erst, wenn er gekämmt und gebürstet im Sarg drinnen liegt. Noch schaut er ja wirklich nicht aus wie der junge Burt Reynolds, noch gibt es andere, die hübscher ausschauen als er und besser in Schuss sind.

Nach einem allzu langen Winter der Liebe gehören seine Scharniere da unten erst einmal ordentlich geölt, die Abschussvorrichtung muss noch justiert werden, die Granaten darunter gut gefüllt und der Zünder sorgfältig geputzt werden, da muss also noch einiges passieren, bevor er die Anni wird packen können.

Der Biermösel hat ja schon lange nicht mehr musiziert auf seiner Stalinorgel, muss er zugeben. Das gute Stück ist ein bisserl verstaubt in all den Jahren der Einsamkeit, während derer nur die Bettdecke seine treue Gefährtin war und es bei ihm in der Kiste immer nur dann heiß geworden ist, wenn er sich auch noch die Heizdecke darübergelegt hat, sonst war es ja immer bitterkalt bei ihm in der Kiste.

Sein Mörser hat also einiges an Gefährlichkeit eingebüßt, seit er ein hoffnungsvoller Zuchteber war und sein Himmel voller Knödel hing. Und mit seinen jetzt doch schon 60 Jahren am krummen Buckel hängt ihm auch keine Munitionsfabrik mehr zwischen den krummen Beinen in der leichten Frühlingshose herum und schießt er natürlich längst nicht mehr wie der Indianerpfeil aus dem hart gespannten Bogen heraus, aber Kruzifixnocheinmal, für das eine Mal auf der Anni wird es seine Winchester noch immer tun, sie muss es ja tun!

Na gut, denkt sich der Biermösel dann, lieber als mit seiner Winchester aus der Hose heraus hat er ja sowieso immer mit der Doppelläufigen gefeuert und in den letzten Jahren halt mit der Glock aus der Hüfte heraus. Und wenn er so wie heute einen weiteren komplett ereignislosen Vormittag auf seinem Erlebnispark verbringen muss, während dem sich über Aussee erst langsam die dunklen Wolken zusammenbrauen müssen, die sich dann am Ende entladen und ihn in die Schlagzeilen vom regionalen Teil vom Ländlichen Boten bringen werden, dann holt er am liebsten einfach den Flobert aus der Satteltasche heraus und ballert mit dem ein bisserl in der Gegend herum, für das sinnlose Herumballern zieht er den Flobert allen anderen Schießprügeln vor, und peng!

Der Biermösel ist ja um diese Jahreszeit immer schon sehr früh auf seinen schlecht durchbluteten Beinen. „Früher Vogel fängt den Wurm“, sagt der Volksmund. „Wenn ihn nicht der Biermösel vorher vom Himmel ballert!“, darf er hinzufügen. Fad ist es ja auch im schönsten Frühling, wenn man nicht gerade irgendwelche Weiber zum Packen hat, und irgendwie muss der Mensch sich ja zerstreuen, also peng, peng, peng!

Der Biermösel stellt sich im Frühling gerne zum weit aufgerissenen Fenster auf seinem Erlebnispark, er holt die Munition aus der Satteltasche heraus und lädt den Flobert durch. Dann stellt er die Kiste mit dem Osterbock zum Fenster, damit er nicht austrocknet, während er feuert. Und mit dem Adlerauge schaut er entspannt zum Gebirgskamm hinauf und hofft, dass er dort oben zum Aufwärmen vielleicht ein paar Gämslein erspäht, die gerade zum gewagten Sprung ansetzen und die er mit dem gezielten Schuss aus seinem Büchslein heraus auf ewig daran hindern kann, aber nein!

Die Gämslein kennen ihn und seine frühlingshafte Schießwut leider schon in- und auswendig. Die sind auf die andere Seite vom Gebirgskamm hinübergeflüchtet, wo sie sich hinter den großen Steinen verstecken und vielleicht darüber unterhalten, warum das Leben früher irgendwie besser war, als das Schwarzpulver noch nicht erfunden war und die blauen Bohnen noch nicht so tief geflogen sind.

Na und!, denkt sich der Biermösel und lässt sich nicht entmutigen. Wenn schon keine Gämslein, dann halt Reisebusfahrer!