Schwerer Verlauf - Gerd Bedszent - E-Book

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Gerd Bedszent

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Beschreibung

Drei Jahre sind seit Beginn des Corona-Ausnahmezustandes im März 2020 vergangen. Zeit für eine Rückschau und kritische Aufarbeitung – insbesondere im Hinblick auf die Ursachen und Folgen der als "Corona-Krise" bezeichneten gesellschaftlichen Katastrophe. Diese wurde weniger durch ein außerordentliches Krankheits- und Sterbegeschehen verursacht als durch eine fatale Überreaktion auf ein für weite Teile der Bevölkerung eher mäßig gefährliches Atemwegsvirus und ein unverhältnismäßiges, in hohem Maße (auch gesundheits)schädliches "Pandemiemanagement". Im Zentrum des Bandes steht die These, dass die destruktive "Seuchenbekämpfungspolitik" und ihr gesellschaftlicher Fallout im Kontext einer sich schon länger abzeichnenden und dynamisch fortschreitenden Kapitalismuskrise sowie daraus resultierender Verfalls- und Erosionsprozesse gesehen werden muss. Corona trifft nicht nur auf eine Gesellschaft in der Krise, sondern dabei auch auf psychisch weitgehend destabilisierte und zu irrationalen Reaktionen neigende Subjekte. Dies drückt sich z.B. in zunehmenden Abstiegs- und Zukunftsängsten vor allem in den Mittelschichten aus, verbunden mit einem rasch voranschreitenden "Extremismus der Mitte", der sich u.a. in rassistischen, antisemitischen und verschwörungsideologischen Haltungen (teilweise auch unter "Maßnahmengegnern"), einer unverhüllt zu Tage tretenden Lust an der Disziplinierung von realen oder imaginierten Unterschichten und in einem um sich greifenden Konformismus Ausdruck verschafft.

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Andreas Urban (Hg.)Schwerer Verlauf

  

Corona als Krisensymptom

© 2023 Promedia Druck- und Verlagsgesellschaft m.b.H., Wien

ISBN: 978-3-85371-906-0(ISBN der gedruckten Ausgabe: 978-3-85371-513-0)

Coverfoto : shutterstockUmschlaggestaltung : Gisela Scheubmayr

Der Promedia Verlag im Internet: www.mediashop.atwww.verlag-promedia.de

Inhaltsverzeichnis
Corona als Krisensymptom: eine Einleitung
Fabio Vighi – Die Untergangsschleife: COVID-19 und das Zeitalter der kapitalistischen Dauerkrise
Die Alles-Blase
Der Meta-Notstand
Im Bann der Finanzen
Systemische Erschöpfung
Die Ökologie der kontrollierten Zerstörung
Auf dem Weg zur globalen Massenverelendung
Gerd Bedszent – Corona-Regime: Virusinfektion und Krisenverwaltung
Von der Postmoderne zur autoritären Wende
Das Gesundheitswesen der Moderne
Gesundheitsindustrie am Vorabend der Pandemie
Abgründe moderner Medizin
Autoritäre Welle und Widerstand
Eskalation der Verteilungskämpfe
Kein Lichtblick? Nirgends?
Andreas Urban & F. Alexander von Uhnrast – Die Gesundheitskrise: Thesen zu Ursachen und Bedingungen eines historischen Nervenzusammenbruchs
Krisenbedingte Abstiegs- und Zukunftsängste
Postmoderne Verflachung des Denkens
Verzerrte Wahrnehmung und Abkoppelung von der Wirklichkeit
Corona-Politik: Flucht nach vorn
Intellektueller Verfall und Korruption in Wissenschaft und Medizin
Grenzen der modernen Naturbeherrschungsrationalität
Gesundheitskrisen
Dietmar Czycholl – Infantilisierung und Regression in der Corona-Krise
Regression
Infantilität und Masse
Weitere Aspekte der Regression
Regression als Symptom welcher Störung?
Alan Schink – Verschwörungsangst und Viruswahn
Ängste in der Pandemie und ihre Psychologisierung
Angst als kommunikatives Phänomen und politische Praxis
Deutschland, gekapert?
Angst als (hegemoniale) Schockstrategie
Die Normalisierung des Krieges und die »Infodemie«
Wahn, Angst und gesamtgesellschaftliches Trauma
Ortwin Rosner – Dynamik des Hasses: Zur Metamorphose der Medien unter dem Corona-Regime
Die Installation eines Diskurses
Strategien der Dissoziation und der Assoziation
Vom »Krieg gegen das Virus« zum Krieg gegen die eigene Bevölkerung
Corona-Demos: Wie Framing funktioniert und zum Realitätsverlust führt
Hetzjournalismus: Extremistische Rhetorik und die Radikalisierung der Mitte
Zensur, Polizeistaat und Einflussnahmen
Nicht alle Journalisten sind so
Ada Frankiewicz – Biopolitik und Subjektdispositive im Zeichen von COVID-19
Subjektordnung im Wandel
Neue Knechtschaft statt Befreiung
»Infektionsschutzmaßnahmen« als Mittel zur Durchsetzung einer neuen Biopolitik
Die Spaltung der Linken
Ein Fazit – zwei Gewaltverhältnisse
Kurt B. Uhlschütz – Inkompetenzgesellschaft – Konturen einer Zeitdiagnose
Die Zäsur
Erklärungsversuche
Systemische Überforderung
Kommunizierende Röhren
Anthropologische Revolution
Silja Samerski – »Kontraproduktiv« und »todfeindlich«. Zur Aktualität von Ivan Illichs Nemesis der Medizin angesichts der Corona-Krise
Morbide Gesellschaft und Ritualisierung der Krise
Die Herrschaft der Technik
Das »Streben nach Gesundheit« führt zu einer zunehmend überwachten und kontrollierten Gesellschaft
Das »Streben nach Gesundheit« ist todfeindlich
Das »Streben nach Gesundheit« verwüstet unsere Selbstwahrnehmung
Ein Weg aus der »verplanten, technisierten Hölle«?
Alexa Lichtaus – Babyelefant geht. Zoonose bleibt? Oder: Das Schweigen der Fledermäuse
Babyelefant geht. Zoonose bleibt.
Das Virus als Wirklichkeit, Wille und Design
What’s going on?
Follow the Science! Aber welcher?
Die Werke der Öko-Gesundheits-Allianzen
Funktionsgewinnforschung und die Segnungen der CRISPR-Schere
Wir werden es nie erfahren!
Dual Use?
Glaube an das Gute im Virus!
Naturbeherrschungsphantasien
Das Übersehen des großen Ganzen
AutorInnenbiografien

Corona als Krisensymptom: eine Einleitung

»Die schlimmste Manipulation besteht darin, dort Sinn stiften zu wollen, wo objektiv keiner ist.«

Jörg Ulrich1

Die sogenannte Corona-Krise hat seit 2020 zu einer unübersehbaren Verschärfung zahlreicher, schon vorher bestehender Krisentendenzen des kapitalistischen Weltsystems geführt. Insbesondere die zur Pandemiebekämpfung ergriffenen Maßnahmen haben massive Schäden auf verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen verursacht, deren kritische Aufarbeitung großteils noch aussteht und die – wie inzwischen selbst in Mainstreammedien nachgelesen werden kann2 – den behaupteten Nutzen der Maßnahmen weit übersteigen. Beispielsweise haben die Corona-Lockdowns zu einem dramatischen Anstieg der Zahl der Hungernden weltweit geführt, die Kinder- und Müttersterblichkeit ist vor allem im globalen Süden stark angestiegen, Todesfälle durch andere Krankheiten haben aufgrund medizinischer Unterversorgung zugenommen (z. B. Herzinfarkte, Schlaganfälle, Krebs), nicht zu vergessen die schwerwiegenden Folgen des Maßnahmenregimes für Kinder, etwa in psychischer Hinsicht oder mit Blick auf die »Kollateralschäden« im Bildungsbereich.3 Hinzu kommt, dass sich die ergriffenen Maßnahmen gerade für den Schutz »vulnerabler Gruppen« (vor allem alte Menschen mit Vorerkrankungen) als wenig effektiv erwiesen – abzulesen etwa am hohen Anteil von PflegeheimbewohnerInnen an den Corona-Toten, der in den meisten westlichen Ländern während der »ersten Welle« zwischen 30 und 60 Prozent lag.4

Die durch massive mediale und politische Propaganda systematisch geschürte »Corona-Angst« wurde zur Durchsetzung immer noch restriktiverer Verordnungen, zur Suspendierung von Grund- und Freiheitsrechten und zur Etablierung von Zensurmaßnahmen instrumentalisiert. Das Narrativ vom »Killervirus« kulminierte schließlich in einer Impfkampagne auf der Grundlage neuartiger genetischer Vakzine, die in historisch beispielloser Geschwindigkeit entwickelt und auf den Markt geworfen wurden. Je mehr sich deren bescheidene Wirksamkeit und schwerwiegende Nebenwirkungen herausstellten, desto starrsinniger wurde am Framing als »wirksam und sicher« festgehalten. Die Impfkampagne ging in vielen Ländern einher mit der forcierten Spaltung der Bevölkerung durch Drangsalierung der »Ungeimpften« und deren Ausschluss aus dem gesellschaftlichen Leben mittels digitaler Zertifikatssysteme.

Das alles geschah und geschieht nota bene »im Krieg« gegen ein für bestimmte Bevölkerungsgruppen zwar durchaus nicht ungefährliches, epidemiologisch und mit Blick auf die gesamte Bevölkerung jedoch mäßig bedrohliches Virus, dessen Pathogenität zu keiner Zeit signifikant über der einer Influenza lag.5 Wie konnte es dazu kommen?

Nicht zu Unrecht wurde während der Corona-Krise bisweilen darauf hingewiesen, dass die Pandemie »wie ein Brennglas«6 schon lange bestehende politische Versäumnisse und strukturelle gesellschaftliche Missstände ans Tageslicht gebracht hat. Der vorliegende Sammelband vertritt die These, dass die gesellschaftliche Reaktion auf das Coronavirus im Kontext einer dynamisch fortschreitenden Krise des Kapitalismus sowie dar­aus resultierender gesellschaftlicher Erosionsprozesse besser verstanden werden kann. Diese Krisentendenzen haben nicht nur ökonomische (Wirtschafts- und Finanzkrisen, Massenarbeitslosigkeit, Prekarisierung, kapitalistische Überakkumulation etc.) und ökologische (Klimawandel, Umweltzerstörung, Artensterben etc.), sondern auch sozialpsychologische Dimensionen. Sie durchdringen unsere historisch gewachsenen Lebens- und Denkformen. Die Krise betrifft also nicht nur ein abstraktes Gesellschaftsmodell oder »die Ökonomie«, sondern die moderne, bürgerliche Subjektform schlechthin.

Es ist daher davon auszugehen, dass die Corona-Krise zwar nicht nur, aber maßgeblich auch sozialpsychologisch erklärt werden muss. Eine Rolle dürften hier nicht zuletzt fortgeschrittene Prozesse der »Postmodernisierung« spielen, die mit ihrer Tendenz zur »Virtualisierung« im Laufe der vergangenen Jahrzehnte zu einer enormen Verflachung des Denkens und einer Beschädigung des Realitätsbezuges geführt haben. Ebenso zeitigen gesellschaftliche Krisen auch Prozesse sozialer Verrohung, wie sie nicht nur im seit vielen Jahren zu beobachtenden Vordringen von Rassismus oder Sexismus, sondern gerade auch an den sich im Corona-Kontext abspielenden Spaltungstendenzen beobachtet werden konnten: etwa in der Diffamierung und Unterdrückung jeglicher Kritik am Maßnahmenregime oder in der Aggression gegen »Ungeimpfte«. Bemerkenswert dabei ist, dass ein großer Teil dieser gesellschaftlichen Aggression gegen KritikerInnen und Andersdenkende von linksliberalen Milieus7 ausging, die bislang mit Blick auf die sich abzeichnenden (im sozialwissenschaftlichen Diskurs z. B. unter dem Stichwort »Extremismus der Mitte«8 verhandelten) sozialen Verrohungstendenzen wenig im Fokus der Aufmerksamkeit standen.

Der »schwere Verlauf« der Corona-Krise – so die hier vertretene These – kann also nur vor dem Hintergrund der umfassenden Krisentendenz des Spätkapitalismus hinreichend verstanden werden. Diese unterscheidet sich von den zahlreichen zyklischen Krisen, die der Kapitalismus im Laufe seiner Durchsetzungs- und Entwicklungsgeschichte durchlief, grundlegend dadurch, dass sie eine fundamentale Krise der kapitalistischen Produktionsweise als solche anzeigt, deren Entwicklungspotenziale durch ihre inneren, eskalierenden Widersprüche an ihr Ende kommen. Ein Grundwiderspruch des Kapitalismus, auf den bereits Karl Marx im 19. Jahrhundert hingewiesen hat, besteht darin, dass das Kapital von der produktiven Ausbeutung und Vernutzung menschlicher Arbeitskraft lebt, infolge der universalen Konkurrenz auf dem Markt und dadurch motivierter Produktivitätssteigerungen aber dazu tendiert, Arbeit überflüssig zu machen und aus dem Produktionsprozess »wegzurationalisieren« – insbesondere durch Mechanisierung bzw. Automatisierung der Produktion. Marx nannte dies einen »prozessierenden Widerspruch«, der irgendwann dazu führen müsse, dass »die auf dem Tauschwert ruhende Produktion zusammen[bricht]«,9 da das Kapital mit der Produktivkraftsteigerung seine eigene »Substanz«,10 die Arbeit, buchstäblich vernichtet. Zwar steigert das Kapital damit stets »den Grad der Ausbeutung, aber es unterminiert damit Grundlage und Gegenstand der Ausbeutung«,11 nämlich die kapitalistische Wertschöpfung als solche. Dieser Widerspruch scheint mittlerweile ins Stadium der Reife eingetreten zu sein. Dies zeigt sich nicht erst an den Effekten der aktuellen, durch Corona nochmals stark beschleunigten Digitalisierungsprozesse (Stichwort Industrie 4.0), durch die sich der längst absehbare Trend zur Massenarbeitslosigkeit noch zuspitzen wird.12

Mit dem Philosophen Robert Kurz (1943−2012), der die Marx’sche Krisentheorie bedeutend weiterentwickelte und seit den 1980er Jahren zum prominentesten deutschsprachigen Theoretiker des sich abzeichnenden »Kollaps der Modernisierung«13 avancierte, können vier Dimensionen bzw. Prozesse differenziert werden, die für die fundamentale Krise bestimmend und charakteristisch sind: Rationalisierung, Globalisierung, Tertiarisierung und Fiktionalisierung.14

Rationalisierung bezieht sich auf die bereits angesprochene Tendenz des Kapitals, durch innovative Fertigungstechnologien die Produktivität zu erhöhen, um einen Wettbewerbsvorteil auf dem Markt zu erringen. Historisch (z. B. bei früheren »industriellen Revolutionen« wie etwa durch die Dampfmaschine oder die Fließbandproduktion) konnte die damit einhergehende Tendenz zum Wegrationalisieren von Arbeit dadurch kompensiert werden, dass durch Produktinnovationen und neue Geschäftsfelder ein hinreichendes Maß an (anderswo überflüssig gewordener) Arbeit in den Verwertungsprozess absorbiert wurde. Seit der dritten industriellen Revolution der Mikroelektronik ab den 1970er Jahren (Computer, Robotik etc.) wird nun allerdings diese Reabsorption quantitativ und qualitativ mehr und mehr durch die steigende Produktivität und die damit einhergehende Ersetzung menschlicher Arbeitskraft überholt. Die Produktivität des Systems ist durch die neuen Technologien inzwischen so hoch, dass die Arbeitsintensität immer weiter abnimmt, im Produktionsprozess also immer weniger menschliche Arbeitskraft benötigt wird.15 Eine wesentliche Folge davon ist ein seit vielen Jahren wachsender Sockel nicht mehr nur konjunktureller, sondern struktureller Arbeitslosigkeit, der auf einen weiteren Grundwiderspruch des Kapitalismus auf dem mittlerweile erreichten Produktivitätsniveau verweist: Wer soll die in immer größerer Quantität produzierten Waren kaufen, wenn den Menschen durch Massenarbeitslosigkeit die Kaufkraft entzogen ist? Überdeckt wurde dieser Widerspruch in den letzten Jahren nicht zuletzt durch Konsum auf Pump, was sich vor allem in einer enormen, quasi parallel zur Staatsverschuldung steigenden Privatverschuldung niederschlägt. In den USA sind mittlerweile rund 80 Prozent der Bevölkerung prekär beschäftigt und/oder verschuldet.16

Globalisierung meint vor allem die in den letzten Jahrzehnten rasch vorangeschrittene Internationalisierung der Märkte und die damit faktisch einhergehende Herausbildung eines »Weltkapitals«.17 Auch sie beruht wesentlich auf der technologischen Entwicklung der Mikroelektronik und den daraus hervorgehenden Möglichkeiten, über den gesamten Globus hinweg in Echtzeit zu kommunizieren. Die Globalisierung ermöglicht es, den »Produktionsprozeß quer zu den bisherigen Nationalökonomien verlaufen zu lassen; die bisherige nationalökonomische Kohärenz wird aufgesprengt.«18 Angesichts einer parallel zur Steigerung der Produktivität und zum Sinken der Arbeitsintensität verlaufenden Erhöhung der Kapitalintensität und einem daraus resultierenden Druck auf die Profitraten nutzen Konzerne diese Möglichkeiten, um z. B. arbeitsintensive Betriebsteile auszulagern, indem sie sich die Billiglohnstrukturen im Globalen Süden zunutze machen. Für diese Praxis hat sich der Begriff »Outsourcing« eingebürgert. Letztlich versucht das Management der Unternehmen, »alles dorthin zu verlagern, wo es von den Märkten, den Krediten, der Arbeitskraft, den Steuern und was es alles an Rentabilitätsgesichtspunkten noch gibt, […] in der Welt am günstigsten ist.«19 Die Folge daraus ist einerseits eine häufig unter menschenunwürdigen Bedingungen stattfindende Ausbeutung von Arbeitskräften in Billiglohnländern, andererseits eine fortschreitende Deindustrialisierung mit der Konsequenz steigender Arbeitslosigkeit in den kapitalistischen Zentren (siehe z. B. paradigmatisch dafür den rustbelt in den USA).

Tertiarisierung bezieht sich auf die mit der steigenden Produktivität und der Freisetzung von Arbeitskraft aus dem unmittelbaren industriellen Produktionsprozess verbundenen Hoffnungen auf eine »postindustrielle Dienstleistungsgesellschaft«. Aus der Perspektive kapitalistischer Wertverwertung ist das Problem kommerzieller Dienstleistungen allerdings, dass sie »teilweise gar keinen eigenständigen Sektor der Kapitalakkumulation dar[stellen], sie sind von Haus aus trotz formeller Selbständigkeit kapitalistisch unproduktiv und müssen aus dem industriellen Mehrwert gespeist werden.«20 Es ist kein Zufall, dass ein großer Teil der gesellschaftlichen Tätigkeiten, die heute unter »Dienstleistungen« gefasst werden, vom Staat erbracht wurden und zum Teil bis heute werden, z. B. Aufbau und Erhalt öffentlicher Infrastruktur, Bildung, Sozial- und Gesundheitswesen etc. Solche Leistungen sind häufig wenig rentabel und nur unzureichend über Marktprozesse zu gewährleisten. Was passiert, wenn die entsprechenden Sektoren profitabel betrieben werden sollen, konnten wir schon lange vor Corona, aber nochmals erheblich verschärft durch das staatliche »Pandemiemanagement«, etwa an der Privatisierung und Ökonomisierung des Gesundheitswesens, beobachten: Unter Rentabilitätsgesichtspunkten muss »alles abgestoßen und stillgelegt werden, was bloß defizitär funktioniert; und das heißt dann letzten Endes, daß die Infrastruktur ihren Beruf nicht mehr erfüllt und als solche zusammenbricht.«21 Das Ergebnis davon sind Pflegenotstand, miserable Arbeitsbedingungen, Bettenabbau, Krankenhausschließungen etc. Unter den Bedingungen der Profitlogik ist es dann z. B. auch kein Widerspruch, wenn mit der Begründung der »Entlastung des Gesundheitssystems«, wie während der Corona-Krise geschehen, Grund- und Freiheitsrechte eingeschränkt werden, während die Schließung »unrenta­bler« Krankenhäuser völlig unbeeindruckt voranschreitet. Der tertiäre Sektor ist also »keine Ausweichmöglichkeit«, um die in der hyperproduktiven Industrie freigesetzte Arbeitskraft zu »verwerten« und so die Arbeitsgesellschaft auf eine neue Grundlage zu stellen.22

Mit Fiktionalisierung ist schließlich der vielleicht charakteristischste Aspekt des postmodernen Krisenkapitalismus angesprochen: Vor dem Hintergrund der stetig abnehmenden Rentabilität reeller Warenproduktion infolge des erreichten Produktivitätsniveaus und des damit einhergehenden Anstiegs der Kapitalintensität ist das Kapital in den vergangenen Jahrzehnten dazu übergangen, sich vorzugsweise »virtuell« und spekulativ zu verwerten. Die auf den Finanzmärkten akkumulierten Geldmengen übersteigen inzwischen alles, was mit Realökonomie zu tun hat, um ein Vielfaches und repräsentieren daher kaum noch »reale« Werte.23 Man könnte in diesem Zusammenhang auch von »Finanzialisierung« sprechen, da das Finanzkapital, oberflächlich betrachtet, zur neuen, primären Triebkraft der Akkumulation geworden zu sein scheint (folgerichtig wird heute auch von einem »Finanzmarkt-Kapitalismus« im Sinne eines neuen »finanzgetriebenen« Akkumulationsregimes24 gesprochen). Fiktionalisierung ist jedoch insofern ein präziserer Begriff, als damit auf eine wesentliche Eigenschaft jenes spekulativen Finanzkapitals verwiesen ist: Es handelt sich dabei, mit Marx gesprochen, um »fiktives Kapital«. Dieses repräsentiert keine realen Werte aus kapitalistischer Warenproduktion, sondern erhebt, etwa in Form von Aktien, einen Anspruch auf Mehrwert aus zukünftiger Warenproduktion. Bereits Marx erachtete daher den schon damals wiederholt zu beobachtenden Trend zur Spekulation als ein kapitalistisches Krisenphänomen.25 Während allerdings zu Marx’ Zeiten spekulative Tendenzen binnen relativ kurzer Zeit mit dem Platzen der entsprechenden Finanz- und Aktienblasen endeten, haben die seit den 1980er Jahren vorangetriebene globale Diversifizierung des Finanzkapitals und die Deregulierung der Finanzmärkte die drohende Krise effektiv, wenn auch unter großen Friktionen (z. B. wiederholte Finanz- und Währungskrisen in zahlreichen Ländern der Welt), quasi durch das »gigantischste kreditfinanzierte Konjunkturprogramm, das es je gegeben hat«,26 um Jahrzehnte hinausgezögert.

Mit der globalen Finanzkrise von 2007/08 ist dieses neoliberale Krisenmanagement an seine Grenzen gestoßen. Seither versuchen die Staaten in einer Form von »neoliberalem Keynesianismus«27 ein Fortschreiten der Krise zu verhindern. Die politischen Handlungsspielräume werden vor dem Hintergrund explodierender Staatsverschuldung bei gleichzeitig stagnierender Wirtschaftsleistung aber zusehends kleiner. Den Staaten bleibt als Bewältigungsstrategie nur noch die Wahl zwischen einer radikalen Austeritätspolitik, die jedoch mit einer forcierten Demontage sozialstaatlicher Strukturen einhergeht und darüber hinaus ein erhöhtes Deflationsrisiko mit sich bringt, und dem Reagieren auf die Krise mit Konjunkturprogrammen, Niedrigzinspolitik, Gelddrucken etc., um so Wirtschaft und Finanzsystem zu stützen, was aber nur ein weiteres Anwachsen der Staatsschulden bedeuten kann und darüber hinaus (wie wir ja heute erleben) erhebliche inflationäre Potenziale in sich birgt.28 Dieser sich verengende Handlungsspielraum und insbesondere das Problem der Staatsverschuldung hat mittlerweile das Phänomen sogenannter gescheiterter Staaten hervorgebracht. Betroffen davon waren und sind bislang insbesondere Staaten in peripheren Regionen des Weltsystems (vor allem Afrika, Naher Osten und Lateinamerika), die auf dem heute erreichten Produktivitätsniveau auf dem Weltmarkt nicht mehr konkurrenzfähig sind. Dort gehen staatliche Strukturen tendenziell in Erosion über und es breiten sich anomische und bürgerkriegsähnliche Zustände aus.29 Drastisch verschärft wurde dieser sich schon länger abzeichnende Prozess ebenfalls durch die Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2007/08, in deren Zuge mittlerweile auch Länder der kapitalistischen Zentren zunehmend in die Nähe des staatlichen Scheiterns rückten (z. B. die südeuropäischen EU-Mitgliedsländer).

Zu dieser ökonomischen Krisendynamik kommt schließlich noch die ebenfalls eskalierende ökologische Krise hinzu. Diese beschränkt sich nicht nur auf den heute besonders im Fokus stehenden, propagandistisch und kommerziell ausgeschlachteten Klimawandel, sondern umfasst zahlreiche andere, nicht minder gefährliche Entwicklungen wie das voranschreitende Artensterben, die systematische Zerstörung der Biodiversität durch eine hochproduktive, globalisierte Agroindustrie oder die zunehmende Übersäuerung der Meere. Auch die ökologische Krise ist vor dem Hintergrund der gegenüber Mensch und Natur vollends rücksichtslosen Verwertungs- und Produktivitätslogik der kapitalistischen Produktionsweise zu betrachten.30

Das Virus traf 2020 auf eine Gesellschaft, die nicht nur dank des seit Jahren betriebenen neoliberalen Kahlschlags in vielen Bereichen bereits heruntergewirtschaftet war, sondern sich insgesamt in einer (auch psychisch) äußerst instabilen Konstitution befand. Die kapitalistische Gesellschaft ist ihrem Wesen nach eine »Arbeitsgesellschaft«: Nicht nur die Mehrwertproduktion beruht auf Arbeit, sondern ihr gesamtes Selbstverständnis bis hin­ein in individuelle Lebensläufe und Identitätsentwürfe. Was sich hier in der Krise befindet, ist mithin eine ganze Zivilisations- und Lebensform. Es ist so gesehen wenig überraschend, dass derart umfassende Krisentendenzen sowohl auf gesellschaftlicher als auch auf individueller Ebene ein Klima latenter Angst und Abstumpfung erzeugen und entsprechend irrationale Verhaltensweisen begünstigen – zumal der kapitalistischen Produktionsweise bereits per se eine Rationalität eigen ist, die angesichts der heute kaum noch zu übersehenden (auto)destruktiven Effekte schwerlich anders als irrational zu bezeichnen ist.31 Zuweilen drängte sich in den vergangenen drei Jahren tatsächlich der Eindruck auf, die Welt sei schlicht einer Art Massenpsychose erlegen.32

Ebenso wenig überrascht es, dass in der Corona-Krise die repressive Menschenverwaltung eine neue Qualitätsstufe erklommen hat. Es ist offensichtlich, dass viele der seit März 2020 umgesetzten Maßnahmen wie etwa der »Grüne Pass« nicht oder jedenfalls nicht nur der »Virusbekämpfung« dienten, sondern vielmehr dazu, »ein Klima der Unterwerfung [zu] schaffen und die Kontrollinstrumente [zu] präparieren, die die Staaten brauchen, wenn die wirklichen Krisen kommen.«33 Corona wurde und wird also im Hinblick auf die innere Notstandsverwaltung benutzt, um die mit Fortgang der Krise zunehmend von Verarmung bedrohte Bevölkerung in Schach zu halten. Auch daran ist per se nichts Neues. Überwachung und Kontrolle, in Verbindung mit einer fortschreitenden Punitivierung des Strafrechts, sind als Strategien der Funktionseliten seit vielen Jahren erkennbar.34 Mit dem im Zuge der Corona-Krise ins Werk gesetzten Maßnahmenportfolio und der gleichzeitigen massiven Beschädigung des Rechtsstaats wurde und wird das Überwachungs- und Kontrollin­strumentarium weiter ausgebaut, technologisch verfeinert und die Fügsamkeit der Bevölkerung getestet.

Nicht zuletzt zeichnet sich ab, dass der globale Ausnahmezustand, in dem der »Covid-19-Staat« scheinbar als »Würgeengel der kapitalistischen Produktionsweise«35 auftrat, auch ein Vehikel zur Durchsetzung eines neuen, kybernetischen, auf Digitalisierung und Biotechnologie beruhenden Akkumulationsregimes darstellen sollte.36 Ob ein solches tragfähig sein und den Kapitalismus noch einmal (vorübergehend) vor seiner eigenen Produktivität retten kann, bleibt abzuwarten – und ist in Anbetracht der Erfahrungen mit den zahlreichen, jeweils vollmundig angekündigten und stets im Sande verlaufenen »neuen Akkumulationszyklen« der vergangenen Jahrzehnte fraglich. Dies hat die Funktionseliten jedoch bislang nicht daran gehindert, die Rettungsversuche mit immer noch größerem Aufwand fortzusetzen, gegebenenfalls auch um den Preis enormer sozialer und ökologischer »Kollateralschäden«. Corona könnte also durchaus ein weiteres Beispiel für die zunehmend destruktiven Bemühungen zur Rettung des Systems sein – und dabei zugleich deren neuer Höhepunkt.

Die Beiträge in diesem Band werfen ein Schlaglicht auf einzelne Aspekte der Corona-Krise, die sich vor dem Hintergrund der hier skizzierten These als Symptome einer umfassenden gesellschaftlichen Krise verstehen lassen.

In den Beiträgen von Fabio Vighi und Gerd Bedszent wird zunächst der an dieser Stelle nur grob umrissene Zusammenhang von Corona-Regime und kapitalistischer Dauerkrise näher beleuchtet und politökonomisch analysiert. Vighi stellt die Pandemiebekämpfung in einen direkten Zusammenhang mit der Fragilität des globalen Finanzsystems und den zunehmend repressiven Versuchen der Funktionseliten zur immanenten Krisenbewältigung. Bedszent behandelt u. a. die Instrumentalisierung der Pandemie für die Durchsetzung von Kapitalinteressen und die »autoritäre Welle« der Krisenverwaltung. Auch Andreas Urban und F. Alexander von Uhnrast argumentieren in ihren Thesen zu Ursachen und historischen Bedingungen des »Corona-Wahns« explizit krisentheoretisch, fokussieren aber auf Aspekte der Fiktionalisierung sowie auf soziologisch-sozialpsychologische Dimensionen.

Dietmar Czycholl beschäftigt sich mit dem »Rätsel« der Corona-Krise aus einer psychologischen Perspektive. Sein Beitrag zeigt, wie gesamtgesellschaftliche Regression und Infantilisierung dem »schweren Verlauf« der Krise Vorschub geleistet haben. Deutliche Hinweise auf den labilen psychischen Allgemeinzustand gibt auch der Beitrag von Alan Schink, der sich an der Komplementarität von Viruswahn und Verschwörungsangst abarbeitet. Zu den darin beleuchteten Mechanismen der Verengung des gesellschaftlichen Debattenraums legt Ortwin Rosner eine materialreiche Fallstudie vor. Er analysiert die Wandlung und Entgleisung des medialen Corona-Diskurses in Deutschland und Österreich. Der darauf folgende Beitrag von Ada Frankiewicz betrachtet das Geschehen der vergangenen Jahre aus dem Blickwinkel der Foucault’schen Konzepte »Biopolitik« und »Subjektdispositiv«. Die Autorin entwickelt die These, dass zahlreiche der im Corona-Ausnahmezustand zur Anwendung gebrachten Maßnahmen nicht zuletzt der Durchsetzung einer neuen Subjektordnung vor dem Hintergrund des sich abzeichnenden digitalen und biotechnologischen Akkumulationsregimes dienten.

Kurt B. Uhlschütz entwirft in seinem Text ein breites Panorama unserer von Virusangst und Kriegsgeheul gezeichneten Epoche. Er stellt dabei die provokante Frage, ob wir es, zumindest im Globalen Norden, mit einer »anthropologischen Revolution« hin zur »Inkompetenzgesellschaft« zu tun haben – einer Verfallsform der bürgerlichen Gesellschaft, der selbst das bornierte betriebswirtschaftliche Realitätsprinzip abhanden zu kommen scheint. Silja Samerski legt in ihrem Beitrag die Aktualität von Ivan Illichs Buch Die Nemesis der Medizin (1975) dar und zeigt dabei auf, dass in der Corona-Krise die »medikalisierte Gesellschaft« in einer Weise zu sich gekommen ist, die sich wohl nicht einmal Illich hätte vorstellen wollen. Mit Illich kritisiert sie sowohl diejenigen, die vorgeben, Gesundheit zu produzieren als auch diejenigen, die glauben, sie einfach konsumieren und optimieren zu können. Alexa Lichtaus befasst sich abschließend mit der in der Corona-Krise seltsam vernachlässigten Frage nach deren unmittelbarer Herkunft, also der bio(techno)logischen, medialen, geopolitischen »Schöpfungsgeschichte« des neuartigen Coronavirus.37 Ihre vielschichtige Betrachtung des »Erregers als Artefakt« verweist einerseits auf eine Krise der modernen Naturbeherrschung, andererseits auf eine Krise der Narrativbeherrschung, welche sich nicht zuletzt in der Sabotage der Erkenntnisprozesse manifestiert.

Einige dieser Texte argumentieren explizit kapitalismuskritisch bzw. krisentheoretisch, andere nicht. Unabhängig davon können sie jeweils als eigenständige, mit umfassenden Belegen versehene Versuche gelesen werden, den Verlauf der Corona-Krise nachzuvollziehen und zu deuten. Neben der Dokumentation von Unsinn und Unrecht der vergangenen drei Jahre geht es darum, Corona als Krisensymptom zu dechiffrieren. Symptome sind, in den Worten Dietmar Czycholls, »verkleideter Ausdruck ungelöster, unbewusster Konflikte. Erforderlich sind daher Prozesse der Bewusstwerdung.«38 Genau dazu versucht dieser Band beizutragen. Das erscheint uns umso wichtiger, als das Nachspiel der Corona-Krise geprägt ist von Igno­ranz, Debattenverweigerung und dem Hintertreiben der Aufklärung. So genau will man es im Nachhinein gar nicht wissen, hat man doch nur getan, was »vernünftig« war und getan werden »musste«. Resultat dieser »Vernunft« war eine der bizarrsten Episoden der jüngeren Geschichte. Wird sie nicht bewusst und kritisch verarbeitet, droht sie sich zu wiederholen (als die Tragödie und die Farce, als die sich im Grunde bereits die Corona-Krise darstellte).39 Eine kategoriale Kritik des warenproduzierenden Systems kann zu dieser Verarbeitung Wesentliches beitragen.

Wien, im Februar 2023Andreas Urban und F. Alexander von Uhnrast

1 Jörg Ulrich, Individualität als politische Religion. Theologische Mucken und metaphysische Abgründe (post)moderner Subjektivität, Albeck bei Ulm 2002, S. 319

2 »Rising non-Covid excess deaths reveal the disastrous legacy of the pandemic«, telegraph.co.uk, 29. 10. 2022; »Die fatale Bilanz der Pandemiepolitik«, zdf.de, 11. 12. 2022

3 Vgl. exemplarisch Christian Felber et al., COVID-19 ins Verhältnis setzen. Alternativen zu Lockdown und Laufenlassen, 2021, coronaaussoehnung.org, S. 20ff.; Jens Berger, Schwarzbuch Corona. Zwischenbilanz der vermeidbaren Schäden und tolerierten Opfer, Frankfurt/Main 2021

4 Adelina Comas-Herrera et al., Mortality associated with COVID-19 in care homes: international evidence, 2020, ltccovid.org

5 Eine erstmals im Herbst 2020 im Bulletin der WHO veröffentlichte Meta-Studie errechnete eine durchschnittliche Infektionssterblichkeit von weniger als 0,3 Prozent, was in etwa der Sterblichkeitsrate einer mittelschweren Grippewelle entspricht (John P. A. Ioannidis, Infection fatality rate of COVID-19 inferred from seroprevalence data, in: Bulletin of the World Health Organization, 99(1), 2021, S. 19−33F). Diese Schätzung wurde später auf 0,15 Prozent nach unten korrigiert (John P. A. Ioannidis: Reconciling estimates of global spread and infection fatality rates of COVID-19: An overview of systematic evaluations, in: European Journal of Clinical Investigation 51(5), 2021, e13554). Neuere Studien belegen, dass die Corona-Sterblichkeit insbesondere für die Bevölkerung unter 70 Jahren deutlich überschätzt wurde (Angelo Maria Pezzullo et al., Age-stratified infection fatality rate of COVID-19 in the non-elderly informed from pre-vaccination national seroprevalence studies, 2022, https://doi.org/10.1016/j.envres.2022.114655). Auch unter Berücksichtigung anderer Parameter als der Mortalität (z. B. Krankenbettenbelegung) hebt sich die Corona-Pandemie nicht wesentlich von früheren, größeren Grippewellen ab. Das berühmt-berüchtigte Long Covid ist angesichts seiner extrem breiten Definition und der offensiv betriebenen Vermengung mit Impfschadensbildern (»Post-Vac-Syndrom«) ohnehin ein Thema für sich.

6 Z. B. Edmund Stoiber & Bodo Hombach (Hg.), Das Corona-Brennglas. Demokratie und Ökonomie nach der Pandemie, Baden-Baden 2021

7 Zur zweifelhaften Rolle der Linken in der Corona-Krise siehe z. B. die entsprechenden Beiträge in Hannes Hofbauer & Stefan Kraft (Hg.), Herrschaft der Angst, Wien 2021; ebenso Hendrik Wallat, Der autoritäre Seuchenstaat und die Linke, in: Der Erreger #2, 2022, S. 126−131

8 Hans-Martin Lohmann (Hg.), Extremismus der Mitte. Vom rechten Verständnis deutscher Nation, Frankfurt/Main 1994

9 Karl Marx, Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie, MEW 42, Berlin 1983, S. 601

10 Karl Marx, Das Kapital, Bd. 1, MEW 23, Berlin 1973, S. 53; vgl. weiterführend auch Robert Kurz, Die Sub­stanz des Kapitals. Abstrakte Arbeit als gesellschaftliche Realmetaphysik und die absolute Schranke der Verwertung, in: EXIT! Krise und Kritik der Warengesellschaft 1, 2004, S. 44−129

11 Robert Kurt, Die Krise des Tauschwerts, in: Marxistische Kritik 1, 1986, S. 28, Herv. im Orig.

12 In den vergangenen Jahren haben gelegentlich wissenschaftliche Prognosen für mediale Aufmerksamkeit gesorgt, denen zufolge im Laufe der kommenden zwei Jahrzehnte bis zur Hälfte aller Arbeitsplätze in westlichen Industrieländern infolge der Digitalisierung wegfallen könnten (vgl. Jeremy Bowles, The computerisation of European jobs, 2014, bruegel.org; Carl Benedict Frey & Michael A. Osborne, The future of employment: how susceptible are jobs to computerization?, in: Technological Forecasting and Social Change 114, 2017, S. 254−280).

13 Robert Kurz, Kollaps der Modernisierung. Vom Zusammenbruch des Kasernensozialismus zur Krise der Weltökonomie, Frankfurt/Main 1991

14 Robert Kurz, Mit Volldampf in den Kollaps, in: IG Rote Fabrik/Zürich (Hg.), Krise – welche Krise?, Berlin 1995, S. 37−64

15 Dazu ausführlich Robert Kurz, Schwarzbuch Kapitalismus. Ein Abgesang auf die Marktwirtschaft, erweiterte Neuausgabe, Frankfurt/Main 2009, S. 622−800

16 Peter Temin, The vanishing middle class. Prejudice and power in a dual economy, Cambridge 2017

17 Robert Kurz, Das Weltkapital. Globalisierung und innere Schranken des modernen warenproduzierenden Systems, Berlin 2005

18 Kurz, Mit Volldampf in den Kollaps, S. 51

19 Ebd., S. 53

20 Ebd., S. 54

21 Ebd., S. 55

22 Ebd., S. 56

23 Dies wird etwa ersichtlich bei einem Vergleich der Entwicklung von Aktienindizes (z. B. des Dow Jones) mit der Entwicklung der realen Wirtschaftsleistung seit den 1980er Jahren. Diese stehen de facto in keinerlei nachvollziehbarem Verhältnis zueinander.

24 Paul Windolf (Hg.), Finanzmarkt-Kapitalismus. Analysen zum Wandel von Produktionsregimen, Sonderheft 45 der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Wiesbaden 2005; Joachim Bischoff, Finanzgetriebener Kapitalismus. Entstehung – Krise – Entwicklungstendenzen, Hamburg 2014

25 »Gerade das wiederholte Auftreten von Krisen in regelmäßigen Abständen trotz aller Warnungen der Vergangenheit schließt indessen die Vorstellung aus, ihre letzten Gründe in der Rücksichtslosigkeit einzelner zu suchen. Wenn die Spekulation gegen Ende einer bestimmten Handelsperiode als unmittelbarer Vorläufer des Zusammenbruchs auftritt, sollte man nicht vergessen, daß die Spekulation selbst in den vorausgehenden Phasen der Periode erzeugt worden ist und daher selbst ein Resultat und eine Erscheinung und nicht den letzten Grund und das Wesen darstellt. Die politischen Ökonomen, die vorgeben, die regelmäßigen Zuckungen von Industrie und Handel durch die Spekulation zu erklären, ähneln der jetzt ausgestorbenen Schule von Naturphilosophen, die das Fieber als den wahren Grund aller Krankheiten ansahen.« (Karl Marx, Die Handelskrise in England, in: MEW 12, Berlin 1972, S. 336)

26 Meinhard Miegel, zitiert nach: Claus Peter Ortlieb, Zur Kritik des modernen Fetischismus. Die Grenzen bürgerlichen Denkens, Stuttgart 2019, S. 314

27 Robert Kurz, Der Tod des Kapitalismus. Marxsche Theorie, Krise und Überwindung des Kapitalismus, Hamburg 2013, S. 127

28 Vgl. Tomasz Konicz, Kapitalkollaps. Die finale Krise der Weltwirtschaft, Hamburg 2016, S. 81ff.

29 Vgl. Gerd Bedszent, Zusammenbruch der Peripherie. Gescheiterte Staaten als Tummelplatz von Drogenbaronen, Warlords und Weltordnungskriegern, Berlin 2014

30 Andreas Urban, Ein Widerspruch von abstraktem und stofflichem Reichtum. Zum Zusammenhang von Kapitalismus und ökologischer Krise, 2020, wertkritik.org; Tomasz Konicz, Klimakiller Kapital. Wie ein Wirtschaftssystem unsere Lebensgrundlagen zerstört, Wien/Berlin 2020

31 Bereits Max Horkheimer und Theodor W. Adorno haben der kapitalistischen Gesellschaft eine »irrationale Rationalität« bescheinigt (vgl. Max Horkheimer, Zur Kritik der instrumentellen Vernunft, in: ders.: Gesammelte Schriften, Bd. 6, Frankfurt/Main 2008, S. 21−186; Max Horkheimer & Theodor W. Adorno, Dialektik der Aufklärung. Philosophische Fragmente, Frankfurt/Main 2010).

32 Siehe in diesem Sinne z. B. Mattias Desmet, The Psychology of Totalitarianism, White River Junction/London 2022; Leo Krovich, Masse, Wahn, Corona, in: Der Erreger #2, 2022, S. 16−21; Hans-Joachim Maaz et al., Corona-Angst. Was mit unserer Psyche geschieht, Berlin 2021

33 Anselm Jappe, Haben Sie »Gesundheitsdiktatur« gesagt?, 2022, wertkritik.org

34 Andreas Urban, Es muss wieder gestraft werden. Zur Rückkehr des repressiven Strafrechts in der Krise der Arbeitsgesellschaft, 2018, wertkritik.org

35 Alfred J. Noll, Seuchenzeit: Der Staat als ideeller Gesamtkapitalist, in: Hofbauer & Kraft (Hg.), Lockdown 2020. Wie ein Virus dazu benutzt wird, die Gesellschaft zu verändern, Wien 2020, S. 93

36 Vgl. Hannes Hofbauer & Andrea Komlosy, Neues Akkumulationsmodell: Verhalten und Körper im Visier des Kapitals, in: Hofbauer & Kraft (Hg.), Lockdown 2020. Wie ein Virus dazu benutzt wird, die Gesellschaft zu verändern, Wien 2020, S. 79−90; Andrea Komlosy, Zeitenwende. Corona, Big Data und die kybernetische Zukunft, Wien 2022

37 Wenn SARS-CoV-2 tatsächlich aus dem Labor stammen sollte, so könnte das einen Teil der überschießenden behördlichen Reaktionen, die Tendenz zur Militarisierung der Krise etc. erklären. Denn Pathogenität und Mutationsverhalten konnten wohl zunächst schlechter eingeschätzt werden, als das bei natürlich entstandenen Erregern der Fall sein mag. Zwar macht das die implementierte Strategie der Virusbekämpfung, die Maßnahmen im Einzelnen, die Art ihrer Durchsetzung und das offenkundige Desinteresse an ihrer Evaluierung nicht weniger dubios, hätte aber immerhin eine gewisse Binnenrationalität. An der Corona-Krise ergäbe sich damit ein neuer, ebenso kritikwürdiger Aspekt, nämlich die Verschleierung dieses seiner Art und globalen Auswirkung nach präzedenzlosen, geradezu monströsen Vorfalls – eine Vertuschung, die auch den Zweck verfolgte, jegliche öffentliche Debatte über Biowaffenprogramme im Allgemeinen und Gain-of-Function-Forschung im Speziellen zu unterbinden.

38 Siehe Czycholls Beitrag in diesem Band.

39 In Abwandlung des bekannten Marx’schen Diktums zu Hegel (vgl. Karl Marx, Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte, in: MEW 8, 1972, S. 115).

Fabio Vighi

Die Untergangsschleife: COVID-19 und das Zeitalter der kapitalistischen Dauerkrise40

»Im Sinne der eigentlichen reellen Mehrwertschöpfung und des damit verbundenen Wachstumszwangs hat das Herz des Weltkapitals bereits zu schlagen aufgehört.«

Robert Kurz41

Die Alles-Blase

Wir erinnern uns alle daran, wie die Kernschmelze des globalen Finanzsystems von 2007/08 eine bemerkenswerte Kombination aus Verschuldung und Austerität hervorbrachte. Damals wurde uns versichert, dass eine magische Formel aus staatlicher Kreditschöpfung durch außergewöhnliches Gelddrucken (Quantitative Easing, QE) und niedrige Zinsen den Crash bald in eine ferne Erinnerung verwandeln würde. Ein Regime des billigen Kredits, begleitet von »Reformen« (Privatisierungen und Arbeitsplatzabbau), sollte die Bedingungen für einen weiteren Wachstumszyklus schaffen. Mit Blick auf eine bald wieder strahlende Zukunft wurde uns Austeritätspolitik als ein schmerzhaftes, aber vorübergehendes Opfer verkauft.

In Wahrheit erwiesen sich die Rettungsaktionen von 2008 als Fortsetzung eines »Finanzcoups«, der sich seit einigen Jahrzehnten anbahnte – unter anderem bestätigte sich, dass Verluste der Superreichen durch Plünderung der Staatskassen vergemeinschaftet, Gewinne hingegen privatisiert werden. Die Übernahme staatlicher fiskalpolitischer Operationen durch private Unternehmen und Banken (einschließlich der Zentralbanken, die sich im Besitz und unter der Aufsicht privater Bankiers befinden) hatte bereits in den 1980er Jahren begonnen. In den USA ging die wachsende Verfügungsgewalt der Zentralbank (Federal Reserve, kurz: Fed) über Steuergelder Hand in Hand mit der Implementierung von Maßnahmen, die es zunehmend schwieriger (wenn nicht gar unmöglich) machten, Einsicht in die Buchführung der Regierung zu erhalten. Die Verschleierung von Bundestransaktionen gipfelte 2018 im FASAB Statement 56, einer administrativen »Erklärung«, die es aus Gründen der nationalen Sicherheit erlaubt, US-Bundeskonten geheim zu halten.42 Kurz gesagt, die »Finanzialisierung der Wirtschaft«, die heute unseren ontologischen Horizont bildet, umfasst sowohl die direkte Manipulation von öffentlichen Geldern als auch die Schaffung von neuem Geld aus dem Nichts. Das reicht von außerbilanzmäßigen Rettungsaktionen in Höhe von vielen Billionen bis hin zu groß angelegten Käufen von Anleihen oder anderen »Finanzprodukten«. Die Zentralbanker erschaffen oder verschieben riesige Geldmengen, »befreundete Megabanken« speisen sie in das System ein und kaufen damit weitere Felder auf dem Monopoly-Brett der »Finanzindustrie«. Um Liquidität zur Verfügung zu stellen, schafft und/oder deponiert die Fed frisches Geld auf den Konten ihrer primary dealers, etwa 25 privilegierte Banken und Finanzinstitute.43

Im Jahr 2008 eskalierte der Finanzialisierungsprozess in der durch den Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers ausgelösten Krise. Die Fed hatte zwischen 1913 (dem Jahr ihrer Gründung) und 2008 die Geldmenge von etwa 5 Milliarden Dollar auf 847 Milliarden Dollar erhöht. Zwischen Ende 2008 und Anfang 2010 schuf sie in etwas mehr als einem Jahr 1,2 Billionen Dollar – mehr als in einem knappen Jahrhundert monetärer Aktivität. Darüber hinaus wurden 2008 bis 2011 etwa 15 Billionen Dollar aus den öffentlichen Kassen der Welt entnommen, was die globale Staatsverschuldung auf 39 Billionen Dollar ansteigen ließ – eine astronomische Zahl, die sich seither mehr als verdoppelt und die 83-Billionen-Dollar-Marke44 erreicht hat, während die weltweite öffentliche und private Verschuldung zusammengenommen jetzt bei über 300 Billionen Dollar liegt.45 Mit anderen Worten: Die Welt wird süchtig nach Schulden in der wahnhaften Erwartung, dass dieser von den Computern der Zentralbanken erzeugte monsunartige Schauer substanzlosen Geldes den Boden des Kapitals wieder fruchtbar macht. Da unser schuldenbasiertes System immer fragiler und unkontrollierbarer wird, versucht der Kapitalismus nun, seine Machtstrukturen zu erhalten, indem er von einem liberalen zu einem autoritären Reproduktionsmodell übergeht.

Die Corona-Krise sollte als erster globaler Schritt in Richtung eines solchen Paradigmenwechsels betrachtet werden. Die despotischen Corona-Maßnahmen dienten in erster Linie dazu, die Voraussetzungen für eine weitere monetäre Expansion zu schaffen. Verglichen mit den Geldwellen, die durch die Krise von 2008 ausgelöst wurden, setzte die Pandemie einen regelrechten Tsunami der Geldschöpfung frei. Das Virus – in erster Linie als Übung in semantischer Simulation gedacht, d. h. als unerbittliche Kampagne sich selbst reproduzierender, Angst erzeugender Signifikanten – ermöglichte es, per Mausklick innerhalb kürzester Zeit mehrere Billionen Dollar in die Welt zu setzen. Diese dienten dazu, Löcher im maroden Finanzsektor zu stopfen, der bis heute eine Geisel der Zockerei mit Derivaten ist. Bei Letzteren handelt es sich um hochspekulative Finanzinstrumente, die ihren Wert aus dem Wert anderer Vermögenswerte ableiten und mittlerweile den Löwenanteil praktisch jeder Finanztransaktion ausmachen. Der Großteil des Derivatehandels findet im Over The Counter-Schattenbankensystem statt. Obwohl niemand den genauen Wert dieser Derivate-Galaxie kennt, wird er auf über eine Quadrillion (d. h. 1.000 Billionen) Dollar geschätzt. Da jedes Derivat ein Zinselement enthält, droht jeder Anstieg der Geldkosten (Zinssätze) zu einem Platzen der Derivatblase und damit zu einem Crash der gesamten Wirtschaft zu führen.

Im September 2019 rettete die Fed mit dem Repo46-Markt einen Grundpfeiler des Finanzsystems, auf dem täglich Hunderte Milliarden Dollar von Kreditgebern wie JP Morgan an Kreditnehmer wie Hedgefonds (Nicht-Banken) gegen Sicherheiten (meist US-Staatsanleihen) verliehen werden. Hedgefonds, die Teil des unregulierten Schattenbankensystems sind, nutzten rund 2 Billionen Dollar an Krediten für Übernacht-Repos als »Hebel«, um mit riskanten Assets (einschließlich Derivaten) zu spekulieren. Als der Repo-Markt Mitte September 2019 aufgrund der rasch ansteigenden Zinssätze am Rande einer Kernschmelze stand – was katastrophale Folgen für die gesamte Finanzarchitektur gehabt hätte – musste die Fed schnell handeln. Am 17. September griff sie in den Repo-Markt ein und rettete die in Not geratenen Hedgefonds, indem sie ihnen Kredite zu einem Zinssatz von 2,1 Prozent anstelle der 10 Prozent des Repo-Satzes gewährte. Bis zum Februar 2020 war dieses Rettungsprogramm bereits zu einem alltäglichen Instrument zur Aufrechterhaltung eines am Rande des Zusammenbruchs stehenden Finanzsystems geworden.

Um aber eine so große Menge an frischem Geld zu schaffen und dem System zuzuführen, war ein »Schutzschild« erforderlich. Warum? Die massive Ausweitung der Geldmenge, die notwendig wurde, als der Repo-Markt im September 2019 implodierte, hätte eine abrupte, verheerende Hyperinflationswelle ausgelöst, die nach Jahren von QE und Null- (oder sogar Negativ-)zinsen schon lange im Anrollen war. Zentralbanken bekämpfen Inflation in der Regel mit einer Erhöhung der Leitzinsen, um überschüssige Liquidität abzuschöpfen. Doch Ende 2019 hätte eine substanzielle Anhebung der Zinssätze – die damals knapp unter zwei Prozent lagen – eine Explosion der margin calls47 bei Repos zur Folge gehabt, was wiederum zu einem Zusammenbruch der gesamten Finanzpyramide geführt hätte, die mit einem riesigen, durch billige Kredite aufgeblasenen und von Algorithmen gesteuerten Heißluftballon verglichen werden kann. Gerade wegen der inhärenten Instabilität dieses hyperfinanzialisierten Systems hätte ein plötzlicher Anstieg der Geldkosten die »Alles-Blase« zum Platzen gebracht.

Die einzige andere »kapitalistische Option«, die zur Verfügung stand, war die autoritäre: den Finanzsektor zu retten, indem man die Wirtschaft zum Stillstand bringt, in der Hoffnung damit zu verhindern, dass das massenhaft künstlich geschaffene Geld zu schnell in Umlauf kommt. Das virusinduzierte Koma der Realwirtschaft ermöglichte es den Zentralbanken, tonnenweise computergenerierte Liquidität an die großen Finanzakteure zu »liefern«.

Das »Schutzschild« kam also in Form der Covid-Lockdowns und der damit verbundenen Maßnahmen, die zur Pleite kleiner Unternehmen, zum Verlust von Arbeitsplätzen und zu einem weiteren Anstieg der Vermögensungleichheit führten – kurz: zur kontrolliertenZerstörung einer bereits stagnierenden Realwirtschaft. Als die Märkte im Februar/März 2020 weltweit zusammenbrachen, wurde der Öffentlichkeit das altbekannte Narrativ vom Phönix aus der Asche verkauft: Mit unsterblicher Kraft würde der Kapitalismus wieder einmal Staub zu Gold machen. Doch nur allzu vorhersehbar haben wir es mit der zweiten Welle derselben Krise zu tun, die bereits 2008 ausgebrochen war. Heute manifestiert sie sich in einer heftigen, von drastischen Formen der Entwertung (strukturelle Inflation) begleiteten wirtschaftlichen Kontraktion und geht mit einer grausam repressiven Notstandsideologie einher, für die Covid wahrscheinlich nur eine Kostprobe war. Während wir unter den Auspizien beliebiger Not- und Ausnahmezustände in ein sich immer deutlicher abzeichnendes Modell kapitalistischer Tyrannei übergehen, in dem die liberale Utopie durch ein neues Disziplinarsystem normalisierter Überwachung und erzwungener kollektiver Opfer ersetzt wird, sollen wir immer noch die obsolete und wahnwitzige Geschichte glauben, dass unsere Produktionsweise uns wieder einmal aus der Patsche helfen wird.

Die Perspektive, die ich in diesem Beitrag skizzieren möchte, lässt sich wie folgt umreißen: Als sozioökonomisches Reproduktionssystem hat der Kapitalismus eine absolute innere Schranke erreicht und befindet sich nun in einem Zustand des unumkehrbaren Niedergangs. Die fortschreitende Zersetzung der Wirtschaft liegt ursächlich in der Unfähigkeit, neuen Mehrwert zu erzeugen – die einzige Quelle kapitalistischen Reichtums.48 Einerseits verurteilt diese Unfähigkeit große Teile der Welt, einschließlich der wohlhabendsten, zu einem Zustand permanenter Unproduktivität. Andererseits führt sie zu einer beinahe vollkommenen Abhängigkeit von der kreditgetriebenen Wachstumssimulation auf den Finanzmärkten. Die Instabilität des Finanzsystems ist ein Vorbote des völligen Zusammenbruchs. Vor diesem Hintergrund gibt es für das (neo)liberale kapitalistische Modell nur einen Ausweg: Es wird ausgeschlachtet, entsorgt und durch sein totalitäres Double ersetzt.

In einem leidlich funktionierenden liberalen Kapitalismus ist die Realwirtschaft der Motor für Finanzgeschäfte. Stattdessen ist das System heute Geisel einer endlosen Kette von Finanzblasen. Der Versuch, den Systembankrott zu leugnen, führt nicht mehr nur zur Normalisierung von »kreativer« Geldpolitik wie QE, sondern auch zum strategischen Rückgriff auf serielle globale Not- und Ausnahmezustände. Deren Ziel ist es letztlich, die Lebenserwartung unseres senilen Wirtschaftsmodells zu verlängern und gleichzeitig die Verantwortung für sein unvermeidliches Scheitern auf externe Faktoren zu schieben. Diese Strategie bedient sich autoritärer Ideologien und Techniken im globalen Maßstab. Ihr Ziel ist es, die Massen der zur Verarmung und Verzweiflung verdammten »Überflüssigen« in Schach zu halten.

Der Meta-Notstand

Vielleicht ist es kein Zufall, dass die Einführung des »Notstandsmodells« historisch gesehen mit dem Platzen der Dotcom-Blase begann – dem ersten globalen Marktcrash. Ende 2001 waren die meisten Tech-Unternehmen in Konkurs gegangen. Im Oktober 2002 brach der Nasdaq um 77 Prozent ein und offenbarte die strukturelle Schwäche einer New Economy, die von Schulden und »kreativer« Finanzierung angetrieben wurde. Seither wurde die kreditgetriebene Wachstumssimulation von Weltordnungskriegen begleitet und vom Medienzirkus gebührend verpackt.

Die jüngste Eskalationsstufe (Corona-Krise, gefolgt vom Krieg in der Ukraine) lässt sich somit in einen relativ vertrauten geopolitischen Kontext einordnen, der uns mit dem Golfkrieg (1990−91), gefolgt von den Konflikten in Kroatien (1991−95), Bosnien (1992−95) und im Kosovo (1998−99) an den Beginn der Globalisierung zurückführt. Am Anfang des neuen Jahrtausends folgten dann der Anschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001, Colin Powells kleines Fläschchen mit dem weißen Pulver, der »Krieg gegen den Terror« (Afghanistan und Irak) und der Krieg in Libyen. Im Laufe von drei Jahrzehnten erschien eine beeindruckende Reihe von Feinden des US-geführten »reichen und demokratischen« Westens: Saddam Hussein, Slobodan Milošević, Osama bin Laden und Al Qaida, die Taliban, der Islamische Staat, Muammar Gaddafi, Assads Syrien, Kim Jong-uns Nordkorea, Xi Jinpings China, Putins Russland und schließlich, in einem überwältigenden emotionalen Crescendo: das Virus. Jetzt scheint es, als ob sogar ein neuer Eiserner Vorhang errichtet wird.

Der derzeitige Stellvertreterkrieg der NATO gegen Russland untergräbt nicht nur die handels- und geopolitischen Beziehungen zwischen der EU und Russland, sondern gibt den großen westlichen Zentralbanken auch die Möglichkeit, weiterhin monumentale Gelddruckoperationen durchzuführen bzw. zu planen. Dies ist nun die Einbahnstraße des gegenwärtigen Kapitalismus. Es geht um die Legitimierung der kontinuierlichen Zufuhr von aus dem Nichts geschaffenen Geldbergen in ein schuldensüchtiges System. Die Finanzaktivitäten mit fiktivem (Aktien und Anleihen) und spekulativem (Derivate) Kapital49 werden durch die Nachfrage nach billigen Krediten aufrechterhalten, was wiederum verschiedene Vermögensblasen aufbläht. Diese Abhängigkeit ist wahrlich endemisch; sie betrifft nicht nur den Finanzsektor, sondern auch die Realwirtschaft und die Staatsdefizite.

Das Finanzregime, unter dem wir leben, ist auf eine rasche Abfolge von globalen Notlagen ausgerichtet: Pandemien, militärische Konflikte, Terrorismus, nukleare Bedrohungen, Handelskriege, ökologischer Misanthropismus usw. Zusammen mit dem Bild eines brutalen und blutrünstigen Feindes müssen Chaos und Konflikte bei jeder Gelegenheit heraufbeschworen werden. Ob in den Medien oder in der Realität, es ist der »Notstandszyklus«, auf den es ankommt, weil er den Tag der Abrechnung hinauszögert (indem er die Gelddruckmaschinen in Gang hält). Aus diesem Grund wird auch der Krieg in der Ukraine bis zum letzten Tropfen ausgepresst: Je länger er dauert, desto mehr Liquidität lässt sich aus der Zukunft leihen – genau wie bei der »Operation COVID-19«. Wenn die Pandemie dazu diente, die strukturelle Krise des Kapitalismus zu verschleiern, indem diese als mikrobiologische Krise getarnt wurde, so erfüllt der Krieg manu militari denselben Zweck. Aber diese Strategie ist nichts anderes als ein verzweifelter Versuch, den Systemzusammenbruch zu managen, und wird die Implosion »unserer Welt« nur beschleunigen.

Die kapitalistische Dauerkrise muss auch in einen globalen Kontext eingeordnet werden, der vom US-Dollar (als Fiatgeld) beherrscht wird. Die amerikanische Vormachtstellung beruhte sowohl auf militärischer Macht als auch auf der Fähigkeit, den Dollar als »Weltgeld« durchzusetzen – zunächst mit dem Bretton-Woods-Abkommen (1944) und dann mit der Entscheidung von Präsident Nixon, dieses System durch die Aufhebung der Golddeckung des Dollars (15. August 1971) zu beenden. Seit den 1970er Jahren haben sich die USA als zunehmend postindustrielle finanzialisierte Wirtschaft etabliert, die von der globalen Dominanz ihrer Währung (mit ihrer »Militärdeckung«) abhängig ist.

Den Dollar zu managen bedeutet, ein Währungsimperium zu managen, das sich um das Auf und Ab riesiger Mengen von Greenbacks dreht. Sie werden per Mausklick erzeugt und sind hauptsächlich für spekulative Investitionen (Finanzkredite) bestimmt. Auf internationaler Ebene genießen die USA nach wie vor das Privileg, dieses besondere Gut namens USD zu drucken, das die ganze Welt sowohl für Investitionen als auch für den Handel begehrt (SWIFT-Zahlungssystem). Die USA leben von ihrer Fiatwährung, die Aufrechterhaltung ihres (relativen) Wohlstands hängt von der einfachen Tatsache ab, dass sie über Menge und Wert der grünen Scheine entscheiden können, die in die verschiedenen Volkswirtschaften der Welt ein- und ausströmen. Mit den Gezeiten vergleichbar überschwemmen Ozeane von Dollars erst ganze Volkswirtschaften und lassen sie dann wieder austrocknen. Wenn die Fed die Zinssätze senkt, bringt sie im Grunde genommen billige Dollars in Umlauf. Das dient sowohl dazu, die US-Spekulationsindustrie (Aktien, Derivate und Schulden) liquide zu halten als auch Investitionen in anderen Volkswirtschaften zu fördern. Wenn die Fed jedoch beschließt, die Kosten des Geldes zu erhöhen (wie das heute der Fall ist), führt das dazu, dass große Mengen an internationalem Kapital zurück in die US-Märkte fließen. Volkswirtschaften, die sich dieses Geld leihen mussten, geraten in eine Notlage und sind gezwungen, weitere Kredite beim Internationalen Währungsfonds oder bei der Weltbank zu beantragen.

Die jüngere Geschichte ist voll von Beispielen dafür, wie die Achterbahn der Dollarauf- und -abwertung das »Leben und Sterben« ganzer Volkswirtschaften verursachte. Man denke an Lateinamerika in den 1970er und 1980er Jahren, wo in Ländern wie Argentinien der Aufwertungszyklus des Dollars zwischen 1978 und 1985 eine heftige Schuldenkrise auslöste und es dem US-Kapital anschließend ermöglichte, ganze Wirtschaftszweige zu Schnäppchenpreisen aufzukaufen. Etwas Ähnliches geschah in den 1990er Jahren in Südostasien, als die Volkswirtschaften der »asiatischen Tiger« zunächst mit abgewerteten Dollars »bewässert« und dann ab 1994 durch den folgenden Aufwertungszyklus ausgetrocknet wurden. Angesichts dieser Strategie der globalen Währungsmanipulation ist unsere »Finanzzivilisation« in den letzten zwanzig Jahren in eine besonders heikle Phase eingetreten, in der das Kreditsystem begonnen hat, Spekulationsblasen zu bilden, die so unproportioniert sind (und so wenig mit den realen Wirtschaftszyklen zu tun haben), dass sie zunehmend durch Anfälle von geo- und biopolitischer Gewalt »gemanagt« werden. Je mehr das System also seine Effizienz verliert, desto mehr braucht es exogene Krisen, um seinen Zusammenbruch hintan zu halten und gleichzeitig den Grundstein für eine autoritäre Wende zu legen. In diesem Zusammenhang bleibt die klassische Strategie des »Teile und Herrsche« – wie bei der jüngsten globalen Kriminalisierung der »Ungeimpften« – die zuverlässigste Methode zur Zermürbung und Unterwerfung der Bevölkerung.

Heute zerfällt die Virtualisierung der künstlich aufgepumpten Kreditwirtschaft – gemeinsam mit der Illusion, dass sie durch ständige Einmischung in die globale (Un-)Ordnung verwaltet werden kann – unter den Schlägen einer absehbaren »großen Entwertung«,50 die alle wichtigen Währungsräume betrifft. Die Entwertung des Geldkapitals – d. h. der Rückgang der Kaufkraft unserer Währungen – ist ein Prozess, der das gesamte 20. Jahrhundert geprägt hat und der heute so tiefgreifende sozioökonomische Verwerfungen verursacht, dass ein Paradigmenwechsel notwendig erscheint. Alle kapitalistischen Gesellschaften sind mit dem Paradox konfrontiert, dass trotz eines enormen Potenzials zur Schaffung von materiellem Reichtum ein deutlicher und ununterbrochener Verlust an realem Wert zu verzeichnen ist – was sich u. a. in finanzieller und geopolitischer Instabilität, weit verbreiteter Unterbeschäftigung und chronischer Arbeitslosigkeit niederschlägt. Der oben beschriebene Mechanismus verschärft einerseits den Wettbewerb zwischen den Volkswirtschaften, andererseits zwingt er alle Akteure, über die kapitalistische Untergangsschleife das Deckmäntelchen propagandistischer »Notlösungen« zu breiten.

Im Bann der Finanzen

Beim Aufstieg der New Economy in den späten 1990er Jahren ging es nicht so sehr um das Internet, sondern um die Schaffung eines riesigen Apparats der Wachstumssimulation, der ohne die Vermittlung von massenhafter Lohnarbeit funktionieren sollte. Damals herrschte mit der neoliberalen Ideologie des jobless growth die von der Linken enthusiastisch begrüßte Illu­sion, dass eine Blasenökonomie ein neues kapitalistisches Eldorado schaffen könne. Obwohl diese Vorstellung inzwischen wie eine Kaugummiblase vor unseren Augen geplatzt ist, scheint das niemand wahrhaben zu wollen. Während Politiker aus Unwissenheit und Opportunismus schweigen, predigen mit Nobelpreisen dekorierte Ökonomen weiterhin aus den Höhen ihres Glaubens an die unendliche Formbarkeit des Systems. Inzwischen sind wir jedoch in einen Inflationszyklus eingetreten, der in der Geschichte einzigartig ist. Der Versuch, ein System aufrechtzuerhalten, das auf der ontologischen Annahme permanenter Geldspritzen beruht, setzt eine säkulare Inflation frei, welche die Grundlagen der kapitalistischen Gesellschaften erodieren lässt.

Die globalisierte Welt, in der wir leben, ist im Grunde eine gigantische Wohlstandssimulation. Unsere Zivilisation ist tatsächlich »fremdfinanziert« und vollständig von Gelddruckprogrammen abhängig, die darauf abzielen, Spekulationsballons aufzublasen. Es gibt heute nichts Gefährlicheres, als die Ausweitung der künstlichen Liquidität zu stören; nichts Bedrohlicheres als eine Kreditklemme. Dies zeigte sich bei der Rettung des britischen Anleihenmarkts durch die Bank of England im September 2022, nachdem die Europäische Zentralbank nur drei Monate zuvor bereits en masse italienische Anleihen aufkaufen musste. Wenn sogar die US-Finanzministerin und ehemalige Chefin der Fed, Janet Yellen, vor einem »Liquiditätsverlust« auf dem Markt für US-Staatsanleihen warnt und den primary dealers Rückkäufe vorschlägt,51 sollte klar sein, dass die Angelegenheit sehr ernst ist (zehnjährige Staatsanleihen sind das Thermometer, mit dem das globale Schuldenfieber gemessen wird).

Anleihemärkte sind in der Tat das Epizentrum eines möglichen Crashs: Wann immer die Renditen von Sicherheiten (von US-Treasuries bis hin zu italienischen BTP) rapide ansteigen, fallen ihre Kurse ebenso dramatisch, da die Verkäufe am Markt die Käufe übersteigen und das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage zu niedrigeren Preisen wiederhergestellt wird. Mit anderen Worten: Die Anleger eilen zum Notausgang und lassen den Anleihensektor (und den davon abhängigen Aktiensektor) aufgrund mangelnder Liquidität in einer äußerst volatilen Situation zurück. An diesem Punkt haben die Zentralbanken keine andere Wahl, als ihre sprichwörtlichen Bazookas zu zücken und mit dem Geld, das sie am Bildschirm erschaffen, ungeliebte und schwach performende Anleihen zu kaufen – was den Inflationskreislauf weiter antreibt.

Die COVID-19-Pandemie war im Wesentlichen ein beispielloser Versuch, die Expansionsfähigkeit des Kredits zu einem besonders kritischen Zeitpunkt in der Geschichte des zeitgenössischen Kasinokapitalismus wiederherzustellen. Heute, nachdem die Pandemie scheinbar vorbei ist, bleiben wir Geiseln eines Pyramidenspiels, in dem toxische Schuldtitel als Sicherheiten für andere toxische Schuldtitel dienen: eine unförmige Masse von gleichermaßen verbrieften wie substanzlosen Werten. Vor dem Hintergrund dieser endemischen Schuldeninstabilität kann eine Anhebung der Leitzinsen nur vorübergehend sein, denn die Zentralbanken müssen ihre Bilanzen weiter ausweiten, um Anleihen zu kaufen und zu verhindern, dass sich der Papierwert dieser Schulden wieder allzu schnell in Luft auflöst.

Wir haben einen so extremen Punkt der Kreditsucht erreicht, dass ein Ende der Geldmengenausweitung unsere Gesellschaften in die Knie zwingen würde. Wenn das Geldangebot stagniert oder gar schrumpft, bricht das Weltsystem zusammen. Aber gleichzeitig muss eine so grotesk hypertrophe »Finanzindustrie« wie die unsere letztlich die Währungen entwerten und die reale Nachfrage zerstören. Die meisten Länder stehen in den kommenden Jahren wohl vor der Wahl zwischen Zahlungsausfall und Hyperinflation. Das bedeutet, dass die Manager des »Krisenkapitalismus« (vor allem die Zentralbanker) in einer Zwickmühle stecken: Einerseits müssen sie hinreichend überzeugende Gründe finden, um weitere Liquidität in das System zu pumpen, andererseits sind sie sich durchaus bewusst, dass diese List die Geldentwertung nur verstärken wird. Die »neue Normalität« besteht im Wesentlichen darin, die autoritäre Verwaltung einer überlebten und rasch verkommenden kapitalistischen Zivilisation zu planen und gleichzeitig ihre Machthierarchien zu bewahren.