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Carlo Rovelli

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Beschreibung

Hundert schmale Seiten reichen, um die Physik der Moderne zu erklären Wo kommen wir her? Was können wir wissen? Seit ihren umwälzenden Entdeckungen im zwanzigsten Jahrhundert spüren Physiker den Kräften und Teilchen nach, die die Welt im Innersten und Äußersten zusammenhalten. Für jedermann verständlich, hat Carlo Rovelli dieses zauberhafte Buch darüber geschrieben. Es stürmte in wenigen Wochen an die Spitze der italienischen Bestsellerliste und wird derzeit in fast zwanzig Sprachen übersetzt. In eleganten, klaren Sätzen erklärt Rovelli die Physik der Moderne: Einstein und die Relativitätstheorie, Max Planck und die Quantenmechanik, die Entstehung des Universums, Schwarze Löcher, die Elementarteilchen, die Beschaffenheit von Raum und Zeit – und die Loop-Theorie, sein ureigenstes Arbeitsfeld. Ein Buch, das jeder verstehen kann – ein Lesevergnügen zum Staunen, Genießen und Mitreden können. «Von Natur aus wollen wir immer mehr wissen und immer weiter lernen. Unser Wissen über die Welt wächst. Uns treibt der Drang nach Erkenntnis und lernend stoßen wir an Grenzen. In den tiefsten Tiefen des Raumgewebes, im Ursprung des Kosmos, im Wesen der Zeit, im Schicksal der Schwarzen Löcher und im Funktionieren unseres eigenen Denkens. Hier, an den Grenzen unseres Wissens, wo sich das Meer unseres Nichtwissens vor uns auftut, leuchten das Geheimnis der Welt, die Schönheit der Welt, und es verschlägt uns den Atem.», schreibt Carlo Rovelli.

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Carlo Rovelli

Sieben kurze Lektionen über Physik

Aus dem Italienischen von Sigrid Vagt

Über dieses Buch

Hundert schmale Seiten reichen, um die Physik der Moderne zu erklären

 

Wo kommen wir her? Was können wir wissen? Seit ihren umwälzenden Entdeckungen im zwanzigsten Jahrhundert spüren Physiker den Kräften und Teilchen nach, die die Welt im Innersten und Äußersten zusammenhalten. Für jedermann verständlich, hat Carlo Rovelli dieses zauberhafte Buch darüber geschrieben. Es stürmte in wenigen Wochen an die Spitze der italienischen Bestsellerliste und wird derzeit in fast zwanzig Sprachen übersetzt.

In eleganten, klaren Sätzen erklärt Rovelli die Physik der Moderne: Einstein und die Relativitätstheorie, Max Planck und die Quantenmechanik, die Entstehung des Universums, Schwarze Löcher, die Elementarteilchen, die Beschaffenheit von Raum und Zeit – und die Loop-Theorie, sein ureigenstes Arbeitsfeld.

Ein Buch, das jeder verstehen kann – ein Lesevergnügen zum Staunen, Genießen und Mitreden können.

«Von Natur aus wollen wir immer mehr wissen und immer weiter lernen. Unser Wissen über die Welt wächst. Uns treibt der Drang nach Erkenntnis und lernend stoßen wir an Grenzen. In den tiefsten Tiefen des Raumgewebes, im Ursprung des Kosmos, im Wesen der Zeit, im Schicksal der Schwarzen Löcher und im Funktionieren unseres eigenen Denkens. Hier, an den Grenzen unseres Wissens, wo sich das Meer unseres Nichtwissens vor uns auftut, leuchten das Geheimnis der Welt, die Schönheit der Welt, und es verschlägt uns den Atem.», schreibt Carlo Rovelli.

Vita

Carlo Rovelli, geboren 1956 in Verona, ist Professor für Theoretische Physik an der Universität Marseille. Zuvor forschte und lehrte er unter anderem am Imperial College London, an der Universität Rom, der Yale University und als Forschungsdirektor am Zentrum für Theoretische Physik in Luminy. Er ist italienischer und US-amerikanischer Staatsbürger. Zusammen mit Lee Smolin entwickelte er die Schleifen-Quantengravitation (Loop-Theorie), die derzeit als verheißungsvollste Theorie zur Vereinigung von Einsteins Gravitationstheorie und der Quantenmechanik gilt.

 

«Carlo Rovelli beweist, wie verführerisch Wissenschaft sein kann.»

La Repubblica

Autorenfoto © Basso Cannarsa

Vorwort

Diese Lektionen wurden für Leser geschrieben, die eher wenig über die modernen Naturwissenschaften wissen. In einem kurzen Überblick veranschaulichen sie einige der wichtigsten und faszinierendsten Aspekte der großen Revolution, die in der Physik des zwanzigsten Jahrhunderts stattgefunden hat, und erläutern vor allem die dadurch aufgeworfenen Fragen und Rätsel. Denn die Naturwissenschaft zeigt uns, wie wir die Welt besser verstehen können, aber sie zeigt uns auch, wie viel wir noch nicht wissen.

Die erste Lektion ist der «schönsten der Theorien» gewidmet, der Allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein. Die zweite der Quantenmechanik, in der sich die verwirrendsten Aspekte der modernen Physik verbergen. Die dritte beschäftigt sich mit dem Kosmos: der Architektur des Universums, in dem wir leben. Die vierte mit den Elementarteilchen. Die fünfte mit der Quantengravitation: den fortschreitenden Bemühungen um eine Synthese der großen Entdeckungen des zwanzigsten Jahrhunderts. Die sechste mit der Wahrscheinlichkeit und der Wärme der Schwarzen Löcher. Der Schlussteil des Buches wendet sich der Frage zu, wie wir uns innerhalb der sonderbaren Welt, die diese Physik beschreibt, eine Vorstellung von uns selbst machen können.

Erste LektionDie schönste der Theorien

Als junger Mann bummelt Albert Einstein ein Jahr lang herum. Wer keine Zeit vergeudet, kommt nirgendwohin, was die Eltern von Heranwachsenden leider oft vergessen. Nachdem er in Deutschland von der Schule abgegangen war, weil er die Zucht und Strenge auf dem Gymnasium nicht ertrug, folgte er seiner Familie nach Pavia. Das war zu Anfang des Jahrhunderts, und Italien stand am Beginn der industriellen Revolution. Sein Vater errichtete als Ingenieur in der Poebene die ersten Elektrizitätswerke. Albert las Kant und hörte zum Zeitvertreib Vorlesungen an der Universität von Pavia. Rein zum Vergnügen, ohne immatrikuliert zu sein und ohne Examina abzulegen. So wird man ein ernsthafter Wissenschaftler.

Schließlich schreibt er sich in Zürich am Polytechnikum ein und vertieft sich in die Physik. Nur wenige Jahre später, 1905, schickt er drei Artikel an die damals renommierteste wissenschaftliche Zeitschrift, die «Annalen der Physik». Alle drei sind nobelpreiswürdig. Der erste beweist die tatsächliche Existenz der Atome. Der zweite öffnet die Tür zur Quantenmechanik, von der in der nächsten Lektion die Rede sein wird. Der dritte stellt seine erste Theorie der Relativität vor (heute «Spezielle Relativitätstheorie» genannt), die erklärt, dass die Zeit nicht für alle gleich schnell vergeht: Zwei Zwillinge treffen sich unterschiedlich gealtert wieder, wenn einer von beiden mit sehr hoher Geschwindigkeit eine große Entfernung zurückgelegt hat.

Unversehens wird Einstein zum renommierten Wissenschaftler und bekommt Angebote von verschiedenen Universitäten. Doch etwas stört ihn: Seine Relativitätstheorie, wie gefeiert auch immer, stimmt nicht mit dem überein, was man über die Schwerkraft weiß, also darüber, wie die Dinge fallen. Dies wird ihm klar, als er für eine Zeitschrift einen Artikel über seine Theorie schreibt, und er fragt sich, ob die altehrwürdige Gravitationslehre des großen Vaters Newton nicht ebenfalls revidiert werden muss, damit sie mit der neuen Relativität kompatibel wird. Er vertieft sich in das Problem. Bis es gelöst ist, dauert es zehn Jahre. Zehn Jahre lang verrückte Forschungen, Versuche, Irrtümer, Verwirrung, misslungene Artikel, Geistesblitze, Fehlschlüsse. Im November 1915 schließlich gibt er einen Artikel in den Druck, der die vollständige Lösung enthält: eine neue Theorie der Gravitation, der er den Namen «Allgemeine Relativitätstheorie» gibt, sein Meisterwerk. Der große russische Physiker Lew Landau nannte sie die «schönste der wissenschaftlichen Theorien».

Es gibt vollkommene Meisterwerke, die uns tief berühren, Mozarts «Requiem», die «Odyssee», die Sixtinische Kapelle, «König Lear» … Sie in all ihrem Glanz zu erfassen, mag eine entsprechende Ausbildung voraussetzen. Doch der Lohn ist Schönheit pur. Und nicht nur das: Auch ein neuer Blick auf die Welt tut sich vor unseren Augen auf. Eines dieser Meisterwerke ist die Allgemeine Relativitätstheorie, das Juwel von Albert Einstein.

Ich erinnere mich, wie aufgeregt ich war, als ich anfing, etwas davon zu begreifen. Es war Sommer. Ich war an einem Strand in Kalabrien, in Condofuri, eingetaucht in das Licht dieser griechisch geprägten Mittelmeerküste, im letzten Jahr meines Studiums. Die Ferienzeit eignet sich am besten zum Lernen, weil man nicht durch die Lehrveranstaltungen abgelenkt ist. Das Buch, das ich zum Lernen benutzte, war an den Rändern von Mäusen angenagt, weil ich damit nachts in dem etwas hippiemäßigen, verwahrlosten Haus in den umbrischen Hügeln, wohin ich gelegentlich vor der Langeweile der Universitätsvorlesungen in Bologna geflohen war, immer die Löcher dieser armen Tierchen verstopft hatte. Hin und wieder blickte ich vom Buch auf und betrachtete das Funkeln des Meeres. Es kam mir vor, als sähe ich das Sichkrümmen von Raum und Zeit, wie es Einstein sich vorgestellt hatte.

Es war wie ein Zauber: als ob ein Freund mir eine einzigartige verborgene Wahrheit ins Ohr flüsterte, einen Schleier vor der Realität fortnahm und eine einfachere, tiefere Ordnung enthüllte. Seit wir gelernt haben, dass die Erde rund ist und sich wie ein rasender Kreisel dreht, haben wir begriffen, dass die Realität nicht so ist, wie sie uns erscheint. Wenn wir ein neues Detail erahnen, ist das jedes Mal aufregend. Ein weiterer Schleier fällt.

Immer wieder hat sich unser Wissen im Lauf der Geschichte sprunghaft voranbewegt. Doch der Sprung, den Einstein vollbrachte, ist wohl ohnegleichen. Warum? Vor allem, weil die Theorie, hat man erst einmal verstanden, wie sie funktioniert, so einfach ist, dass es einem den Atem nimmt. Ich fasse die Idee zusammen:

Newton hatte versucht zu erklären, warum die Dinge fallen und die Planeten kreisen. Er entwickelte die Vorstellung von einer «Kraft», die alle Körper zueinander hinzieht, und nannte sie «Gravitation». Wie diese Kraft es anstellt, weit voneinander entfernte Dinge ohne irgendeine Vermittlung zueinander hinzuziehen, das blieb dem Wissen vorenthalten, und der große Vater der Wissenschaft hütete sich wohlweislich, Vermutungen zu riskieren. Weiter stellte sich Newton vor, dass sich die Körper im Raum bewegen und der Raum ein großer leerer Behälter ist, eine Riesenschachtel für das Universum. Ein gewaltiges starres Gebilde, in dem die Dinge geradlinig ihre Bahn ziehen, bis eine Kraft sie ablenkt. Woraus dieser von Newton erdachte «Raum», dieser Weltbehälter, bestand, auch das blieb dem Wissen entzogen.

Doch wenige Jahre vor Alberts Geburt hatten zwei große britische Physiker, Faraday und Maxwell, die leere Welt Newtons um eine weitere Zutat ergänzt: das elektromagnetische Feld. Das Feld ist eine allgegenwärtige reale Entität, die die Radiowellen trägt, den Raum füllt, wie die Oberfläche eines Sees wogen und schwanken kann und die Elektrizität «ringsum verteilt». Einstein fasziniert das elektromagnetische Feld von Kindheit an, es bewegt die Generatoren in den von Papa erbauten Elektrizitätswerken, und schon früh begreift er, dass ebenso wie die Elektrizität auch die Gravitation von einem Feld getragen sein muss. Entsprechend dem «elektrischen Feld» muss es auch ein «Gravitationsfeld» geben; und er denkt darüber nach, wie dieses «Gravitationsfeld» beschaffen sein könnte und mit welchen Gleichungen es sich beschreiben ließe.

Und dann hat er die verblüffende Idee, den genialen Einfall: Das Gravitationsfeld ist nicht im Raum ausgebreitet, sondern es ist der Raum. Das ist der Grundgedanke der Allgemeinen Relativitätstheorie.

Newtons «Raum», in dem sich die Dinge bewegen, und das «Gravitationsfeld» als Träger der Schwerkraft sind ein und dasselbe.

Es ist eine Erleuchtung. Eine eindrucksvolle Vereinfachung der Welt: Der Raum ist nicht länger etwas anderes als die Materie. Er ist eine der «materiellen» Komponenten der Welt. Eine wogende, sich biegende, sich krümmende, sich verformende Entität. Wir sind nicht in einem unsichtbaren starren Gebilde gefangen, sondern gewissermaßen in eine Art Molluske, in einen riesigen verformbaren Weichkörper, eingebettet. Die Sonne biegt den Raum um sich herum, und die Erde dreht sich nicht deshalb um die Sonne, weil sie von einer geheimnisvollen Kraft gezogen wird, sondern weil sie sich geradlinig in einem Raum bewegt, der gebogen ist. Wie eine Kugel, die in einen Trichter rollt. Es gibt keine geheimnisvollen «Kräfte», die in der Mitte des Loches entstehen, sondern die Krümmung der Wände lässt die Kugel rollen. Die Planeten kreisen um die Sonne, und die Dinge fallen, weil der Raum sich krümmt.

Wie kann man die Krümmung des Raums beschreiben? Der größte Mathematiker des neunzehnten Jahrhunderts, Carl Friedrich Gauß, der «Fürst der Mathematiker», hatte eine Mathematik zur Beschreibung gekrümmter zweidimensionaler Flächen wie der Oberfläche von Hügeln verfasst. Dann forderte er einen begabten unter seinen Studenten auf, das Ganze auf drei- oder mehrdimensionale gekrümmte Räume zu verallgemeinern. Der Student, Bernhard Riemann, fertigte eine jener mühevollen Doktorarbeiten an, die vollkommen nutzlos erscheinen. Mit dem Ergebnis, dass die Merkmale eines gekrümmten Raums von einem bestimmten mathematischen Werkzeug erfasst werden, das wir heute Krümmungstensor nennen und mit R bezeichnen. Einstein stellt eine Gleichung auf, die besagt, dass R der Energie der Materie proportional ist. Das heißt, der Raum krümmt sich dort, wo Materie ist. Das ist alles. Die Gleichung besteht aus einer halben Zeile, mehr nicht. Eine Vision – der sich krümmende Raum – und eine Gleichung.

Aber in dieser Gleichung ist ein funkelndes Universum enthalten. Die Theorie erweist sich als faszinierend fruchtbar und löst eine phantastische Folge von Vorhersagen aus, die den Wahnideen eines Verrückten gleichen, und doch werden alle später experimentell bestätigt.

Zunächst einmal beschreibt die Gleichung, wie sich der Raum um einen Stern krümmt. Aufgrund dieser Krümmung kreisen nicht nur die Planeten um den Stern; auch das Licht breitet sich nicht länger geradlinig aus, sondern weicht von seiner Bahn ab. Einstein sagt voraus, dass die Sonne das Licht ablenkt. 1919 wird die Messung durchgeführt, und die Vorhersage erweist sich als zutreffend.

Aber nicht nur der Raum krümmt sich, sondern auch die Zeit. Einstein sagt voraus, dass die Zeit in der Höhe schneller vergeht als unten, in Erdnähe. Das wird nachgemessen, und es stimmt. Der Unterschied ist gering, aber der Zwilling, der am Meer lebt, findet den Zwilling, der in den Bergen gelebt hat, ein wenig älter vor, als er selbst es ist. Und das ist erst der Anfang.

Wenn ein großer Stern seinen gesamten Brennstoff (den Wasserstoff) verbrannt hat, erlischt er schließlich. Was übrig bleibt, wird nicht mehr durch die Verbrennungswärme stabilisiert und fällt unter dem Druck seines eigenen Gewichts in sich zusammen, bis es den Raum so stark krümmt, dass es in ein veritables Loch stürzt. So entstehen die berühmten Schwarzen Löcher. Als ich studierte, galten sie noch als wenig glaubwürdige Vorhersage einer esoterischen Theorie. Heute werden sie am Himmel zu Hunderten beobachtet und von den Astronomen in ihren Details erforscht. Doch damit nicht genug.

Der gesamte Raum kann sich weiten und dehnen. Ja, die Einstein’sche Gleichung besagt sogar, dass der Raum nicht in Ruhe verharren kann, sondern expandieren muss. 1930 wird die Ausdehnung des Universums tatsächlich beobachtet. Wie die Gleichung auch voraussagt, muss die Expansion durch die Explosion eines winzig kleinen und extrem heißen jungen Universums ausgelöst worden sein: den Big Bang. Und wieder glaubt es niemand, doch die Beweise häufen sich, bis am Himmel die kosmische Hintergrundstrahlung beobachtet wird: die diffuse Strahlung, die von der Hitze der Anfangsexplosion noch übrig ist. Die Voraussage der Einstein’schen Gleichung ist richtig.

Und weiter sagt die Theorie voraus, dass sich der Raum kräuselt wie die Meeresoberfläche. Die Auswirkungen dieser «Gravitationswellen» werden am Himmel an Doppelsternen beobachtet und stimmen mit den Vorhersagen der Theorie überein, bis zu einer unglaublichen Genauigkeit von eins zu hundert Milliarden. Und so weiter.

Kurz, die Theorie beschreibt eine bunte, erstaunliche Welt, in der Universen explodieren, der Raum in ausweglosen Löchern versackt, die Zeit sich beim Herabsinken auf einen Planeten verlangsamt und die grenzenlosen Weiten des interstellaren Raums sich kräuseln und wogen wie die Meeresoberfläche … und all dies, was da nach und nach aus meinem von den Mäusen angenagten Buch zum Vorschein kam, war kein Märchen, das ein Schwachsinniger in einem Anfall von Phantasterei erzählte, nicht die Auswirkung der glühenden Mittelmeersonne in Kalabrien, keine Halluzination über dem Flimmern des Meeres. Es war Realität.

Oder besser, eine Realität, die etwas weniger verschleiert war als in unserer getrübten Alltagssicht. Eine Realität, die ebenfalls aus dem Stoff besteht, aus dem die Träume sind, aber doch realer ist als unser vernebelter Alltagstraum.

All dies war das Resultat einer elementaren Intuition – Raum und Feld sind ein und dasselbe – und einer einfachen Gleichung, die ich nicht umhinkann, hier niederzuschreiben, auch wenn meine Leser sie sicher nicht entschlüsseln können, aber ich möchte wenigstens deren große Einfachheit sichtbar machen.

Das ist alles. Natürlich muss man eine Ausbildung absolvieren, um die Riemann’sche Mathematik zu verstehen, und sich die Technik aneignen, um diese Gleichung lesen zu können. Ein gewisses Maß an Fleiß und Mühe ist dafür erforderlich. Allerdings weniger, als man braucht, um die seltene Schönheit eines der letzten Beethoven-Quartette hören zu können. Belohnt aber wird man im einen wie im andern Fall mit Schönheit und einem neuen Blick auf die Welt vor unseren Augen.

Zweite LektionDie Quanten

Die beiden Eckpfeiler der Physik des zwanzigsten Jahrhunderts, die Allgemeine Relativitätstheorie, von der in der ersten Lektion die Rede war, und die Quantenmechanik, die ich hier behandle, könnten unterschiedlicher nicht sein.

Beide Theorien lehren uns, dass die Natur in ihrem inneren Aufbau komplexer ist, als es uns erscheint. Allerdings gleicht die Allgemeine Relativitätstheorie einem kompakten Edelstein. Erdacht von einem einzigen Kopf, Albert Einstein, ist sie eine einfache, kohärente Vision von Schwerkraft, Raum und Zeit. Dagegen hat die Quantenmechanik oder «Quantentheorie» zwar einen beispiellosen experimentellen Erfolg gehabt und Anwendungen mit sich gebracht, die unseren Alltag verändert haben (zum Beispiel den Computer, mit dem ich schreibe), doch ein Jahrhundert nach ihrer Entstehung gilt sie immer noch als unverständlich und rätselhaft.

Man pflegt zu sagen, die Quantenmechanik sei genau im Jahr 1900 entstanden, gewissermaßen als Eröffnung eines Jahrhunderts intensiver Forschung. Der deutsche Physiker Max Planck berechnet die elektromagnetische Strahlung innerhalb eines glühenden Hohlraums im thermischen Gleichgewicht. Dabei bedient er sich eines Tricks: Er stellt sich vor, dass die Energie des elektromagnetischen Feldes in «Quanten» aufgeteilt ist, das heißt in kleinste Energiepakete, Energieklumpen. Die Methode erbringt ein Resultat, das mit den Messergebnissen völlig übereinstimmt (und also auf irgendeine Weise korrekt sein muss), das aber im Widerspruch steht zu allem, was man zu der Zeit wusste. Denn Energie wurde als etwas betrachtet, das sich kontinuierlich verändert, und es gab keinen Grund, sie zu behandeln, als bestünde sie aus einzelnen Backsteinen.

Die Energie wie feste Päckchen zu behandeln, war für Max Planck ein seltsamer Rechentrick gewesen, bei dem er selbst nicht verstand, warum er funktionierte. Und wieder war es Albert Einstein, der fünf Jahre später begriff, dass diese «Energiepäckchen» real waren.

Einstein weist nach, dass das Licht aus Päckchen besteht: aus Lichtpartikeln. Heute nennen wir sie «Photonen». In der Einleitung zu dem entsprechenden Aufsatz schreibt er:

«Es scheint mir nun in der Tat, daß die Beobachtungen über die ‹Schwarze Strahlung›, Photolumineszenz, die Erzeugung von Kathodenstrahlen durch ultraviolettes Licht und andere die Erzeugung bez. Verwandlung des Lichtes betreffende Erscheinungsgruppen besser verständlich erscheinen unter der Annahme, daß die Energie des Lichtes diskontinuierlich im Raume verteilt sei. Nach der hier ins Auge zu fassenden Annahme ist bei Ausbreitung eines von einem Punkte ausgehenden Lichtstrahles die Energie nicht kontinuierlich auf größer und größer werdende Räume verteilt, sondern es besteht dieselbe aus einer endlichen Zahl von in Raumpunkten lokalisierten Energiequanten, welche sich bewegen, ohne sich zu teilen, und nur als Ganze absorbiert und erzeugt werden können.»

Diese einfachen, klaren Zeilen sind die wahre Geburtsurkunde der Quantentheorie. Man beachte das wunderbare «Es scheint mir …» am Anfang, das an das «Ich denke …» erinnert, mit dem Darwin in seinen Notizbüchern den großen Gedanken der Evolution der Arten einleitet, oder an das «Zögern», von dem Faraday spricht, als er in seinem Buch die revolutionäre Idee des elektrischen Feldes vorstellt. Das Genie zögert.

Einsteins Arbeit wird anfänglich von seinen Kollegen wie die Jugendtorheit eines brillanten Jungen behandelt. Später erhält er für diese Arbeit den Nobelpreis. Wenn Planck der Vater der Theorie ist, dann ist Einstein derjenige, der sie großgezogen hat.

Doch wie alle Kinder ist die Theorie dann ihre eigenen Wege gegangen, und Einstein erkannte sie nicht mehr wieder. In den zehner und zwanziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts ist es der Däne Niels Bohr, der ihre Entwicklung vorantreibt. Er begreift, dass auch die Elektronenenergie in den Atomen ebenso wie die Lichtenergie nur bestimmte «quantisierte» Werte annehmen kann, und vor allem, dass die Elektronen nur zwischen Umlaufbahnen bestimmter Energien hin und her springen können, wobei sie beim «Springen» ein Photon abgeben oder eins aufnehmen. Das sind die berühmten «Quantensprünge». In seinem Institut in Kopenhagen versammeln sich die brillantesten Köpfe des Jahrhunderts. Sie nehmen sich vor, Ordnung in diese unverständlichen Verhaltensweisen in der Welt der Atome zu bringen und eine kohärente Theorie zu entwerfen.