Stolz und Vorurteil - Jane Austen - E-Book

Stolz und Vorurteil E-Book

Jane Austen.

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Beschreibung

LITERATURKLASSIKER PLUS: Janes Austens wunderbarer Roman 'Stolz & Vorurteil' (ungekürzt) + Warum wir Jane Austen so lieben (Essay) + Original-Illustrationen von C. E. Brock. Bezaubernd, humorvoll, spannend: 'Stolz & Vorurteil' ist unbestritten einer der schönsten Liebesromane der Literaturgeschichte, der die Leser heute noch begeistert. Die Geschichte von Elizabeth Bennet und Mr. Darcy ist so erfrischend geschrieben, dass das romantische Herz höherschlagen darf, ohne dass der moderne Geist zu kurz käme. Denn Jane Austen erzählt mit Witz, Charme und Intelligenz von den verschlungenen Wegen, die Elizabeth und Darcy gehen, bis sie endlich zueinanderfinden. Ein besonderer Literaturklassiker, in einer besonderen Ausgabe: poetisch übersetzt von Karin von Schwab, mit Original-Illustrationen von Charles Edmund Brock und einem Essay, der erläutert, warum wir Leser einfach nicht umhinkönnen, Jane Austen zu lieben. LITERATURKLASSIKER PLUS: Die Buchreihe 'Literaturklassiker plus' präsentiert ausgewählte Werke der Weltliteratur mit einem Plus an Information: Begleittexte, die Wissenswertes rund um Werk und Autor vermitteln. Unterhaltsam und informativ. Literatur zum Genießen. Literaturklassiker im Ross & Reiter-Verlag entdecken: www.literaturklassiker.com

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Inhaltsverzeichnis

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Portrait von Jane Austen

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STOLZ UND VORURTEIL

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Jane Austen

 

 

STOLZ UND VORURTEIL

 

 

 

Mit Original-Illustrationen von C. E. Brock

 

und dem Essay

 

»Warum wir Jane Austen so lieben«

 

 

 

 

 

 

 

 

»Es wird für einen Mann immer unfassbar bleiben, dass eine Frau einen Heiratsantrag zurückweisen könnte.«

 

Jane Austen

(hier auf einem idealisierten Portrait)

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Bezaubernd, humorvoll, spannend: Stolz & Vorurteil ist unbestritten einer der schönsten Liebesromane der Literaturgeschichte, der die Leser heute noch begeistert. Die Geschichte von Elizabeth Bennet und Mr. Darcy ist so erfrischend geschrieben, dass das romantische Herz höherschlagen darf, ohne dass der moderne Geist zu kurz käme. Denn Jane Austen erzählt mit Witz, Charme und Intelligenz von den verschlungenen Wegen, die Elizabeth und Darcy gehen, bis sie endlich zueinanderfinden ...

Ein besonderer Literaturklassiker, in einer besonderen Ausgabe: poetisch übersetzt von Karin von Schwab, mit Original-Illustrationen von Charles Edmund Brock sowie einem Essay, der erläutert, warum wir Leser einfach nicht umhinkönnen, Jane Austen zu lieben ...

 

Stolz und Vorurteil

Kapitel 1

Es ist eine Wahrheit, über die sich alle Welt einig ist, dass ein unbeweibter Mann von einigem Vermögen unbedingt auf der Suche nach einer Lebensgefährtin sein muss. Welcher Art die Gefühle und Wünsche eines solchen Mannes im übrigen auch immer sein mögen, diese Wahrheit hat eine so unumstößliche Geltung, dass er schon bei seinem ersten Auftauchen von sämtlichen, umwohnenden Familien als rechtmäßiger Besitz der einen oder anderen ihrer Töchter angesehen wird.

»Mein lieber Bennet«, sprach eines Tages Mrs. Bennet, »hast du schon gehört, dass Netherfield Park endlich einen Mieter gefunden hat?« Mr. Bennet erwiderte, er habe es noch nicht gehört. »Trotzdem ist es so, wie ich sage«, beharrte Mrs. Bennet. »Mrs. Long war gerade hier und hat es mir erzählt. Willst du denn nicht wissen, wer der neue Mieter ist?«, fuhr sie mit ungeduldiger Stimme fort. »Du willst es mir doch gerade erzählen, und ich habe nichts dagegen«, sagte Mr. Bennet.

»Also, Mrs. Long erzählte, dass Netherfield von einem sehr wohlhabenden jungen Mann aus Nordengland gepachtet wurde. Er kam letzten Montag im Vierspänner an, um das Haus zu besichtigen, und er war so entzückt, dass er sogleich mit Mr. Morris abschloss. Noch vor Michaelis will er einziehen, und seine Dienerschaft soll zum Teil schon Ende dieser Woche herkommen.«

»Wie heißt er denn?«

»Bingley.«

»Verheiratet?«

»Aber, nein! Unverheiratet, das steht fest! Ein steinreicher Junggeselle, mit vier, fünftausend Pfund im Jahr! Welch ein Glück für unsere Kinder!«

»Was haben denn unsere Kinder damit zu tun?«

»Wie kannst du nur so begriffsstutzig sein, mein Lieber?! Verstehst du denn nicht?! Womöglich wird er eine unserer Töchter heiraten wollen!«

»Kommt er deshalb hierher?«

»Deshalb? Unsinn! Aber es ist doch sehr gut möglich, dass er sich in eine von ihnen verliebt; und daher musst du ihm einen Besuch abstatten, sobald er eingezogen ist.«

»Weshalb denn? Du kannst doch mit den Mädchen hinübergehen. Oder, besser noch, du schickst sie allein; denn da du noch so gut aussiehst wie jede von deinen Töchtern, würde sich Mr. Bingley vielleicht gar dich aus dem Schwarm aussuchen.«

»Ach, du Schmeichler. Gewiss, einst war ich recht schön, aber jetzt bilde ich mir nicht mehr ein, irgend etwas Besonderes darzustellen. Wenn eine Frau fünf erwachsene Töchter hat, tut sie gut daran, alle Gedanken an ihre eigene Schönheit fallenzulassen. Du musst aber unbedingt Mr. Bingley aufsuchen, sobald er unser Nachbar ist.«

»Ich gebe dir heute nur die Versicherung, dass ich es dir nicht versprechen kann.«

»Aber denke doch an deine Töchter! Und an die gesellschaftliche Stellung, die es für eine von ihnen bedeuten mag! Sogar Sir William und Lady Lucas sind fest entschlossen, ihm nur deshalb einen Besuch zu machen; du weißt, wie wenig sie sich sonst um Neuankömmlinge kümmern. Du musst unter allen Umständen hingehen; denn wie sollen wir ihn besuchen können, wenn du es nicht zuerst tust?!«

»Du bist viel zu korrekt; ich bin überzeugt, Mr. Bingley wird sich sehr freuen, euch bei sich begrüßen zu dürfen. Ich kann dir ja ein paar Zeilen mitgeben und ihm aufs herzlichste meine Einwilligung zusichern für den Fall, dass er sich eine von meinen Töchtern aussuchen und sie heiraten will. Für meine kleine Lizzy will ich dabei ein besonders gutes Wort einlegen.«

»Ich will sehr hoffen, dass du nichts dergleichen tust. Lizzy ist nicht einen Deut besser als die anderen. Im Gegenteil, ich finde sie nicht halb so hübsch wie Jane und nicht halb so reizend wie Lydia. Aber du musst sie ja immer vorziehen.«

»Du hast recht. Wirklich empfehlen könnte ich keine von ihnen«, erwiderte Mr. Bennet. »Sie sind albern und unwissend wie alle jungen Mädchen; nur Lizzy ist wenigstens etwas lebhafter als ihre Schwestern.«

»Höre mal, wie kannst du deine eigenen Kinder so herabsetzen?! Es macht dir offenbar Spaß, mich zu ärgern. Du hast eben gar kein Mitgefühl mit meinen armen Nerven!«

»Da verkennst du mich ganz und gar, meine Liebe. Ich hege die größte Achtung vor deinen Nerven. Seit zwanzig Jahren höre ich mir nun schon das mit deinen Nerven an; sie sind mir gute, alte Bekannte geworden.«

»Ach, du ahnst nicht, wie sehr ich unter ihnen leiden muss!«

»Aber ich hoffe, du überstehst es auch dieses Mal und erlebst, dass noch viele, andere junge Männer mit viertausend Pfund im Jahr sich in unserer Nachbarschaft niederlassen.«

»Und wenn zwanzig kämen, was nützt es uns, wenn du sie doch nicht besuchen willst?«

»Verlass dich auf mich, meine Liebe: Wenn es erst zwanzig sind, werde ich sie nacheinander aufsuchen.«

Mr. Bennet stellte eine so eigenartige Mischung von klugem Verstand und Ironie, von Zurückhaltung und Schalkhaftigkeit dar, dass die Erfahrung von dreiundzwanzig Ehejahren nicht genügt hatte, um seine Frau diesen Charakter verstehen zu lassen. Ihre Gedankengänge zu ergründen, war einfacher: Sie war eine unbedeutende Frau mit geringem Wissen und unberechenbarer Laune. War sie mit etwas unzufrieden, bildete sie sich ein, nervös zu sein. Ihre Lebensaufgabe bestand darin, ihre Töchter zu verheiraten. Besuche zu machen und Neuigkeiten auszutauschen war ihre Erholung.

Kapitel 2

Mr. Bennet gehörte zu den ersten, die Mr. Bingley auf Netherfield begrüßten. Er war von vornherein entschlossen gewesen, den neuen Nachbarn aufzusuchen, so sehr er seiner Frau auch immer wieder das Gegenteil versicherte; und so wusste sie noch am Abend nichts von seinem Besuch am Morgen. Folgendermaßen machte Mr. Bennet seiner Familie Mitteilung von seinem Antrittsbesuch: Eine Weile sah er seiner zweiten Tochter Elizabeth zu, wie sie an einem Hut arbeitete, schließlich sagte er: »Hoffentlich wird er Mr. Bingley gefallen, Lizzy.« »Leider ist es uns ja nicht möglich, Mr. Bingleys Geschmack festzustellen«, sagte seine Frau vorwurfsvoll, »da wir ihn nicht besuchen können.«

»Du vergisst aber, Mama«, sagte Elizabeth, »dass wir ihn auf einem der Bälle treffen werden. Mrs. Long hat versprochen, ihn uns vorzustellen.«

»Mrs. Long wird sich hüten! Sie hat ja selbst zwei Nichten. Mrs. Long ist eine selbstsüchtige und falsche Person, ich habe keine gute Meinung von ihr.«

»Ganz recht, ich auch nicht«, sagte Mr. Bennet. »Ich freue mich, dass du dich nicht auf ihre Gutmütigkeit verlassen willst.«

Seine Frau würdigte ihn keiner Antwort. Da aber es aber über ihre Kraft gegangen wäre, nichts zu sagen, fing sie an, eine ihrer Töchter zu schelten: »Um Himmels willen, höre mit deinem Husten auf, Kitty! Nimm doch ein wenig Rücksicht auf meine Nerven − du zerreißt sie mir ja geradezu!«

»Kitty hustet ohne jedes Taktgefühl«, meinte ihr Vater, »sie hustet in einem sehr unpassenden Augenblick.«

»Ich huste nicht zum Vergnügen«, erwiderte Kitty störrisch. »Wann ist denn dein nächster Ball, Lizzy?«

»Morgen in vierzehn Tagen.«

»Richtig«, rief ihre Mutter, »und Mrs. Long kommt erst einen Tag vorher zurück; sie kann ihn euch also gar nicht vorstellen, denn sie wird ihn selbst noch nicht kennen!«

»Dann wirst du, meine Liebe, gegenüber deiner Freundin großmütig sein können und ihr Mr. Bingley vorstellen.«

»Ausgeschlossen, Mr. Bennet, ganz ausgeschlossen! Ich kenne ihn ja auch nicht. Warum musst du mich immer ärgern?«

»Deine Vorsicht macht dir alle Ehre. Eine vierzehntägige Bekanntschaft genügt allerdings kaum, um jemanden kennenzulernen; man kann einen Menschen nach so kurzer Zeit noch nicht beurteilen. Aber wenn wir es nicht tun, dann tut es jemand anders; Mrs. Long und ihre Nichten müssen das Risiko eben auf sich nehmen. Wenn du also glaubst, es nicht verantworten zu können − Mrs. Long wird das sicherlich als einen besonderen Beweis deiner Freundschaft anerkennen −, dann will ich es übernehmen.«

Die Mädchen starrten ihren Vater an. Mrs. Bennet sagte bloß: »Unsinn, Unsinn!«

»Was willst du mit deinem ›Unsinn‹ sagen?«, fragte Mr. Bennet. »Etwa, dass die Förmlichkeit des Vorstellens und das Gewicht, das man dieser Förmlichkeit beimisst, Unsinn sind? In dem einen Punkt müsste ich dann verschiedener Meinung mit dir sein. Was meinst du dazu, Mary? Du denkst doch, soviel ich weiß, tief über alles nach und liest dicke Bücher und machst dir Notizen und Auszüge.«

Mary hätte für ihr Leben gern etwas sehr Kluges gesagt, aber ihr fiel nichts Passendes ein.

»Während Mary ihre Gedanken ordnet«, fuhr ihr Vater fort, »wollen wir zu Mr. Bingley zurückkehren.«

»Ich kann den Namen nicht mehr hören«, rief seine Frau.

»Das täte mir wirklich sehr leid. Aber warum sagtest du es mir nicht eher? Hätte ich es heute Morgen schon gewusst, wäre mein Besuch bei ihm bestimmt unterblieben. Zu schade − aber nun ist es einmal geschehen, und wir werden uns seiner Bekanntschaft nicht mehr entziehen können.«

Das Erstaunen seiner Familie war so groß und so lebhaft, wie er es sich gewünscht hatte. Mrs. Bennet übertraf auch hierin die anderen, wenn auch nur um ein weniges. Nichtsdestoweniger erklärte sie, nachdem man sich wieder etwas beruhigt hatte, sie habe es sich schon die ganze Zeit gedacht.

»Das war einmal richtig nett von dir. Aber ich wusste ja, dass ich dich würde überreden können. Ich wusste ja, dass du deine Kinder viel zu lieb hast, als dass du eine solche Bekanntschaft vernachlässigt hättest. Wie ich mich freue! Und wie gut dir dein Scherz gelungen ist. Heute Morgen bist du schon bei ihm gewesen! Und erst jetzt erzählst du uns davon!«

»So, Kitty, jetzt kannst du husten, so viel es dir Spaß macht«, mit diesen Worten verließ Mr. Bennet das Zimmer, offensichtlich ziemlich mitgenommen von dem Begeisterungsausbruch seiner Frau.

»Ihr Mädchen habt einen einzigartigen Vater«, sagte sie, als die Tür sich geschlossen hatte. »Ich weiß nicht, wie ihr ihm je seine Güte werdet danken können − ich übrigens auch nicht. In unserem Alter ist es kein Vergnügen, kann ich euch versichern, täglich neue Bekanntschaften machen zu müssen. Aber für euch tun wir eben alles. Lydia, mein Liebling, du bist zwar sehr jung, aber ich bin fest davon überzeugt, dass Mr. Bingley auf dem nächsten Ball mit dir tanzen wird.«

»Och«, sagte Lydia stolz, »ich habe keine Angst. Ich bin wohl die Jüngste, aber auch die Größte von uns.«

Den Rest des Abends verbrachten sie auf das angenehmste damit, zu überlegen, wann wohl Mr. Bingleys Gegenbesuch zu erwarten sei und wann sie ihn dann zum Essen laden könnten.

Kapitel 3

So sehr sich indessen Mrs. Bennet, eifrig von ihren fünf Töchtern unterstützt, darum bemühte, es war keine auch nur einigermaßen zufriedenstellende Beschreibung des neuen Nachbarn aus ihrem Mann herauszubekommen. Die Angriffe erfolgten von den verschiedensten Seiten, geradewegs als Fragen oder unter Harmlosigkeiten getarnt oder als scheinbar ganz fernliegende Andeutungen, aber er ließ sich in keine Falle locken. Zuletzt mussten sie sich mit dem zufriedengeben, was Lady Lucas ihnen aus zweiter Hand berichten konnte: Sir William sei entzückt gewesen. Mr. Bingley sei sehr jung, ungewöhnlich gutaussehend, außerordentlich wohlerzogen und, als Krönung: Er beabsichtige, mit einer größeren Gesellschaft am nächsten Ball teilzunehmen.

Es hätte nicht wunderbarer sein können. Denn zwischen GernemiteinanderTanzen und SichVerlieben war nur ein kleiner, fast unvermeidlicher Schritt! Mr. Bingleys Herz wurde Gegenstand der lebhaftesten Erörterungen und Erwartungen.

»Wenn ich es erleben darf, dass eine meiner Töchter als Herrin in Netherfield einzieht«, sagte Mrs. Bennet zu ihrem Mann, »und wenn es mir gelingen sollte, die anderen ebensogut unterzubringen, dann wird mir jeder Wunsch erfüllt sein.«

Nach einigen Tagen erwiderte Mr. Bingley Mr. Bennets Besuch und blieb mit ihm etwa zehn Minuten in der Bibliothek. Er hatte die leise Hoffnung gehabt, wenigstens einen Blick auf die jungen Damen werfen zu dürfen, von deren Schönheit er schon viel gehört hatte; aber der Vater war alles, was er zu sehen bekam. Die Damen selbst waren ein wenig mehr vom Glück begünstigt, gelang es ihnen doch, von einem Fenster im oberen Stock festzustellen, dass er einen blauen Mantel trug und ein schwarzes Pferd ritt.

Bald darauf wurde auch die Einladung zum Essen abgeschickt. Mrs. Bennet war sich schon über alle Gerichte und Gänge klar, mit denen sie hausfrauliche Ehre einzulegen gedachte; da kam seine Antwort und schob all die schönen Pläne auf unbestimmte Zeit auf. Mr. Bingley bedauerte sehr, am folgenden Tag nach London fahren und sich daher des Vergnügens berauben zu müssen, der Einladung ... Mrs. Bennet war ganz unglücklich. Sie konnte sich gar nicht denken, was das für eine Angelegenheit sein mochte, die ihn schon so bald nach seiner Ankunft in Hertfordshire nach London zurückrief. Der Gedanke, er könne vielleicht zu der Sorte junger Männer gehören, die ständig von einem Ort zum anderen flattern, anstatt sich mit einem festen Wohnsitz zu begnügen − in diesem Fall Netherfield −, wie es sich gehörte, begann sie ernstlich zu beunruhigen. Und sie schöpfte erst wieder ein wenig Mut, als Lady Lucas ihr gegenüber die Möglichkeit erwähnte, er sei doch vielleicht nur nach London gefahren, um seine große Ballgesellschaft nach Netherfield zu holen. Bald darauf verbreitete sich das aus sicheren Quellen stammende Gerücht, Mr. Bingley werde mit zwölf Damen und sieben Herren auf dem Fest erscheinen. Zwölf Damen! Die jungen Mädchen hörten diese Nachricht mit großer Besorgnis. Aber auch sie fassten wieder Mut, als die Zahl Zwölf am Tage vor dem Ball auf Sechs − fünf Schwestern und eine Cousine – berichtigt wurde. Die Gesellschaft, die tatsächlich den großen Festsaal betrat, war dann schließlich nicht zahlreicher als insgesamt nur fünf Personen: Mr. Bingley, seine beiden Schwestern, der Gatte der älteren und ein unbekannter junger Mann.

Mr. Bingley sah sehr gut aus und machte einen vornehmen Eindruck. Seine ganze Haltung und Art, sich zu geben, waren natürlich und von einer ungezwungenen Freundlichkeit. Die Schwestern waren mit gutem, eigenem Geschmack nach der letzten Mode gekleidet und mussten zweifellos zu den Schönheiten der Londoner Gesellschaft gezählt werden. Mr. Hurst, dem Schwager Mr. Bingleys, war die gute Familie anzusehen; mehr allerdings auch nicht. Mr. Darcy, der junge Freund, dagegen war bald mit seiner großen, schlanken Figur, seinem angenehmen Äußeren und seinem vornehmen Auftreten Mittelpunkt der Aufmerksamkeit des ganzen Saales. Kein Wunder, dass in weniger als fünf Minuten die verbürgte Nachricht ihren Lauf über alle Lippen nahm, Mr. Darcy verfüge über zehntausend Pfund im Jahr. Die Herren gestanden ihm sein ungewöhnlich stattliches und männliches Wesen zu, die Damen versicherten, er sehe noch besser aus als Mr. Bingley, und die Blicke von jedermann folgten ihm bewundernd den halben Abend lang; dann aber wandelte sich die anfängliche Auffassung von der Vornehmheit seines Auftretens vollständig in das Gegenteil um, woraufhin die Hochflut der Achtung, die man ihm entgegengebracht hatte, rasch abzuebben begann. Denn man konnte nicht umhin, die Feststellung zu machen, dass Mr. Darcy hochmütig war, auf die anwesende Gesellschaft herabsah und an nichts Anteil nehmen wollte. Nichts, nicht einmal sein großer Grundbesitz in Derbyshire, war ein Ausgleich für sein abweisendes und wenig freundliches Benehmen. Jedenfalls konnte er in keiner Weise mit seinem Freund Mr. Bingley verglichen werden.

Mr. Bingley hatte sich bald schon mit all den vornehmlichsten Anwesenden bekanntgemacht. Er tanzte jeden Tanz, war lebhaft und aufgeräumt, ärgerte sich nur darüber, dass das Fest so früh zu Ende sein sollte, und sprach davon, einen Ball auf Netherfield zu geben. Solche Liebenswürdigkeit sprach für sich selbst. Welch ein Gegensatz zwischen ihm und seinem Freund! Mr. Darcy tanzte nur je einmal mit Mrs. Hurst und mit Miss Bingley und lehnte es ab, irgendeiner anderen Dame vorgestellt zu werden. Den größten Teil des Abends brachte er damit zu, im Saal herumzugehen und hin und wieder mit dem einen oder der anderen von seinen Bekannten ein paar Worte zu wechseln. Über seinen Charakter brauchte auch kein Wort mehr verloren zu werden. Er war der hochmütigste, unangenehmste Mensch auf der Welt, und man konnte nur hoffen, dass man ihn zum letzten Male gesehen hatte.

Seine heftigste Gegnerin war Mrs. Bennet; denn zu der allgemeinen Misstimmung kam bei ihr ein persönlicher Grund hinzu, der ihre Abneigung noch bedeutend verschärfte: Mr. Darcy hatte eine ihrer Töchter beleidigt. Da die Herren sehr in der Minderzahl waren, hatte Elizabeth zwei Tänze auslassen müssen; und in dieser Zeit war Mr. Darcy während seines gelangweilten Rundganges für einen kurzen Augenblick ihr so nahegekommen, dass sie nicht umhin konnte, ein Gespräch zwischen ihm und Mr. Bingley mitanzuhören; der hatte die Tanzenden verlassen, um seinen Freund aus seiner Interesselosigkeit zu reißen. »Los, Darcy«, sagte er, »du musst auch einmal tanzen. Ich ertrage es nicht, dich in dieser Weise herumstehen zu sehen. Wenn du doch schon hier bist, ist es viel vernünftiger, du tanzt.«

»Alles andere lieber als das! Du weißt, wie sehr ich es verabscheue, mit jemandem zu tanzen, den ich nicht kenne. Und in einer Gesellschaft wie dieser wäre es geradezu unerträglich. Deine Schwestern haben beide einen Partner, und außer ihnen gibt es auch nicht ein einziges Mädchen im ganzen Saal, mit dem sich zu zeigen nicht eine Strafe wäre.«

»Nicht für ein Königreich möchte ich solch ein Mäkler sein wie du!«, rief Bingley aus. »Auf Ehre, ich habe noch nie so viele nette Mädchen auf einmal kennengelernt wie heute Abend; viele sind sogar ganz ungewöhnlich hübsch.«

»Du tanzt ja auch mit dem einzigen Mädchen, das hier wirklich gut aussieht«, erwiderte Darcy und schaute gleichzeitig zu Jane hinüber.

»Ja, sie ist das wunderbarste Geschöpf, das mir je vor Augen gekommen ist! Aber gerade hinter dir sitzt eine ihrer Schwestern, die sehr nett aussieht und wahrscheinlich auch sehr nett ist. Ich werde meine Dame bitten, dich ihr vorzustellen.«

»Welche meinst du?« Darcy drehte sich um und betrachtete Elizabeth, bis sie unter seinem Blick hochsah. Daraufhin wandte er sich wieder an seinen Freund und meinte gleichgültig: »Erträglich, aber nicht genügend, um mich zu reizen. Außerdem habe ich heute keine Lust, mich mit jungen Damen abzugeben, die von den anderen Herren sitzengelassen worden sind. Kehre du nur wieder zu deiner Tänzerin zurück und sonne dich in ihrem Lächeln; bei mir vergeudest du doch nur deine Zeit.«

 

Mr. Darcy über Elizabeth: »Erträglich, aber nicht hübsch genügend, um mich zu reizen.«

Mr. Bingley folgte seinem Rat, und Darcy nahm seinen Rundgang wieder auf. Elizabeths Ansicht über ihn war nicht sehr freundlich, aber nichtsdestoweniger berichtete sie ihren Freundinnen voll Humor ihr kleines Erlebnis; denn da sie selbst von Natur lustig und heiter war, lachte sie gern, auch wenn es auf ihre eigenen Kosten ging.

Im übrigen verlief jedoch der Abend zur vollsten Zufriedenheit der ganzen Familie. Mrs. Bennet hatte die Freude gehabt, ihre älteste Tochter von dem NetherfieldKreis akzeptiert zu sehen: Mr. Bingley hatte zweimal mit ihr getanzt, und seine Schwestern zeichneten sie durch größte Zuvorkommenheit aus. Janes Freude und Stolz hierüber waren wohl nicht geringer als die ihrer Mutter, aber sie ließ es sich nicht so sehr anmerken. Elizabeth teilte als gute Schwester Janes Freude. Mary hatte sich Miss Bingley gegenüber als das gebildetste, junge Mädchen aus der ganzen Nachbarschaft rühmen gehört. Und die beiden Jüngsten, Catherine und Lydia, konnten das unwahrscheinlichste Glück für sich in Anspruch nehmen, nicht einen einzigen Tanz ausgelassen zu haben, und das war das einzige, worauf es ihnen vorläufig bei einem Ball ankam.

Sie kehrten daher alle in bester Laune nach Longbourn zurück, dem Dorf, dessen vornehmstes Haus das ihre war. Mr. Bennet war noch auf. In Gesellschaft eines guten Buches vergaß er die Zeit. Am heutigen Abend aber kam noch Neugierde hinzu, die ihn wachhielt; er wollte nur allzu gern wissen, wie das Fest verlaufen war, das so viele Hoffnungen geweckt hatte. Im stillen hatte er erwartet, die vorgefasste Meinung seiner Frau über den neuen Nachbarn enttäuscht zu sehen; dass er sich seinerseits getäuscht hatte, darüber wurde er nicht lange im Zweifel gelassen.

»Wir haben einen herrlichen Abend verbracht.« Damit kam sie ins Zimmer. »Ein wundervoller Ball! Ich wünschte, du wärst dagewesen. Jane wurde bewundert − es ist gar nicht zu beschreiben! Alle sagten, wie gut sie aussehe; Mr. Bingley fand sie wunderschön und hat zweimal mit ihr getanzt! Stelle dir das bitte vor, mein Lieber! Zweimal hat er mit ihr getanzt! Und sonst hat er keine einzige zum zweitenmal aufgefordert! Zuerst forderte er Miss Lucas auf. Ich habe mich richtig geärgert, als er mit ihr tanzte; doch er hat sie gar nicht gemocht, na ja, weißt du, das wäre wohl auch schwer möglich gewesen. Aber schon während des ersten Tanzes schien ihm Jane aufzufallen; er erkundigte sich, wer sie sei, ließ sich vorstellen und bat sie um den nächsten Tanz. Dann tanzte er den dritten mit Miss King und den vierten mit Maria Lucas und den fünften wieder mit Jane und den sechsten mit Lizzy und dann noch ein Menuett hinterher …«

»Um Gottes willen, ich will nichts mehr von Mr. Bingleys Tänzerinnen hören!«, unterbrach Mr. Bennet sie ungeduldig. »Wäre er ein wenig rücksichtsvoller gegen mich gewesen, hätte er nur halb so viel getanzt. Schade, dass er sich nicht schon beim ersten Tanz den Fuß verstaucht hat.«

»Aber«, fuhr Mrs. Bennet fort, »ich bin ganz entzückt von ihm! Er sieht ungewöhnlich gut aus! Und seine Schwestern sind reizende Damen. Ihre Kleider waren das eleganteste, was ich je gesehen habe. Die Spitzen an Mrs. Hursts Kleid haben gut und gerne …« Sie wurde wieder unterbrochen. Ihr Mann legte auf das energischste Verwahrung dagegen ein, jetzt einen Diskurs über Spitzen und Moden ertragen zu müssen. Sie sah sich daher gezwungen, das Thema in eine andere Richtung zu lenken, und berichtete mit ehrlicher Entrüstung und einigen Übertreibungen von dem unglaublichen Betragen des Mr. Darcy. »Aber das weiß ich und das kann ich dir versichern«, schloss sie nach einiger Zeit, »Lizzy verliert nicht viel, wenn sie seinem Geschmack nicht entspricht; er ist ein ganz schrecklich unangenehmer, scheußlicher Mensch und gar nicht wert, dass man sich um ihn kümmert. Nicht zum Aushalten war es, wie hochmütig und eingebildet er hin und herging und sich wunder wie großartig vorkam! ›Erträglich. Aber nicht genügend, um ihn zu reizen!‹ Ich wünschte, du wärst dagewesen, mein Lieber, um ihn ein wenig zurechtzustutzen, du verstehst dich so gut darauf. Ich finde den Menschen abscheulich!«