Strandfarben - gv Friedrich - E-Book

Strandfarben E-Book

gv Friedrich

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Beschreibung

Eine Frauenleiche am Zeringerhaffer Hundestrand zerstört die Sommerruhe der Urlauber. Manfred, der zuständige Kommissar, nimmt zusammen mit seinem Freund Maximilian die Ermittlungen auf. Dieser lernt Sonja, eine reiche Unternehmertochter, deren Hund die Tote gefunden hat, kennen und lieben. Sonja nutzt seine Liebe zu ihr gnadenlos für ihre wahre Seite erotischer Neigungen bis zu einer für Maximilian zwar faszinierenden aber auch gefährlichen Hörigkeit aus. Dass Sonja und ihre Zwillingsschwester Manuela in ihrem bisherigen Leben, durch ein Kindheitserlebnis geistig verwirrt, in immer neue und stärker ausgeprägte menschliche Abgründe getrieben wurden, merkt Maximilian zu spät. Die Ermittler erkennen die Zusammenhänge zwischen den Zeringerhaffer Toten und weiteren Morden in ganz Europa, suchen ab diesem Zeitpunkt einen Serientäter und stellen sich die Frage, ob Sonja in dieses grausige Morden wohl verwickelt war. Ungläubiges Bangen, dass seine große Liebe zerbricht und sein Hoffen, dass Sonja unschuldig ist, bringen Maximilian an den Rand der Verzweiflung. Als Manfred seinem Freund keinen Zeitaufschub mehr gewähren will und auf eine Festnahme von Sonja drängt, überschlagen sich die Ereignisse. Übrig bleiben eine zerstörte Familie, weitere Morde und ein einsamer Maximilian.

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Impressum

Strandfarben

gvFriedrich

published by: epubli GmbH, Berlin,www.epubli.de

Copyright: © 2012 gv. Friedrich

ISBN:978-3-8442-4286-7

gvFriedrich

Strandfarben

Der Tod soll nicht scheiden…

Prolog24 Jahre zuvor.

»Sind sie nicht süß, die beiden?« rief die Brautmutter nach der Trauung den wartenden Hochzeitsgästen vor der Kirche zu und meinte damit die Zwillingsschwestern Manuela und Sonja. Als Blumenmädchen in ihren roséfarbenen Kleidern streuten sie Händevoll Rosenblätter auf den Weg, einige davon so weit, dass diese leicht auf einzelne Kreuze und Grabsteine rechts und links vom Weg niederregneten.

»Mama?« schaute Manuela später ihre Mutter fragend an, »was bedeutet eigentlich, bis dass der Tod euch scheidet?«

  »Das, mein Kind, ist ein Ehegelübde. Hochzeitspaare heiraten doch, weil sie sich lieben. Und das sollen sie bis zu ihrem Tod, sich lieben. Erst dann, wenn einer von beiden gehen muss, endet der irdische gemeinsame Weg.«

Zwei Wochen später starb Sonjas Kanarienvogel Karl an Altersschwäche. Er lag am Morgen regungslos im Käfig. Neben ihm hüpfte Manuelas Vogel Karlchen aufgeregt hin und her. Sonja nahm ihren kleinen Freund in die Hand, ging in den Garten zu den Blumenbeeten und grub mit ihren Händen weinend ein kleines, aber viel zu tiefes Loch. Dann stand plötzlich Manuela neben ihr.

  »Warte, Sonja schau her, ich habe meinem Karlchen die Traurigkeit genommen. Er wäre doch so alleine gewesen. Lass sie uns eng zusammen begraben.« Karlchens Kopf hing leblos an seinem kleinen Körper runter.

Kapitel 1Die Tote in Zeringerhaff

…Ein Jake Russel gräbt gerne, besonders im Sand. Maximilian lag auf seiner Liege und beobachtete Body, einen schwarz-weißen Wirbelwind, der an diesem Hundestrand in Zeringerhaff durch sein wildes Hin und Her über Badetücher und sauber abgelegte Schuhe, über Luftmatratzen und Liegen fegte. Er brachte damit die anderen, sonst eher ruhigen Hundebesitzerurlauber etwas in Rage. Die Frauen etwas mehr als die Männer, was wohl nicht am Hund oder der gelasseneren Art der Männern lag als vielmehr an dem Aussehen und Auftreten der Hundebesitzerin dieses Jake Russels.

Es sollte wieder ein sonniger, heißer Tag werden und so füllte sich der Strand schon in den Morgenstunden. Für die einen bot der frühe Besuch die Möglichkeit einen der besten Plätze zu ergattern, die anderen dachten vielleicht daran, dass es am Nachmittag zu heiß werden würde.

Auf dem Hundestreifen tummelten sich schnell über 15 Hunde, so dass Maximilian es vorzog, nicht wie die anderen am Vormittag hier sitzen zu bleiben, sondern trotz der Hitze erst am Nachmittag den Strand nochmals aufzusuchen. Und es war so, wie er es sich gedacht hatte, gegen fünfzehn Uhr war der Strandabschnitt überschaubar leer. Drei Hunde tollten in Wassernähe, zwei weitere schliefen bei ihren Besitzern und auch sein Hund Sunshine, eine Dackelmischlingsdame, legte sich unter seinen Liegestuhl in den Schatten und schlief sofort ein, was keine Besonderheit war, da sie auch zu Hause die Ruhe liebte und sie immer schon, seitdem er Sunshine hatte, viel Schlaf brauchte.

Gegen halb vier kam sie dann. Das Frauchen von dem schon erwähnten Jake Russel. Nicht nur Maximilian wartete auf ihren Auftritt, sondern auch die heute im Vergleich zu den letzten Tagen wenigen anderen Männer hier am Strand, die sofort zu ihr hinüber starrten, als sie den Strandstreifen betrat. Ihren Hund ‘Body’, wie sie ihn rief, an der linken Hand an einer kurzen Leine zerrend, an der rechten Hand bepackt mit einer für eine Person eher übertriebenen Menge an Badesachen und Strandutensilien.

Bodys Frauchen war eine äußerst attraktive, junge Schönheit. Blond, mit einem Hauch von String und oben ohne sorgte sie seit ein paar Tagen am Strand für besonders viele Blicke der männlichen Urlauber. Nicht provozierend, aber als einzige an diesem Strandstreifen bewegte sie sich im Sand den ganzen Tag über mehr nackt als angezogen und sie hatte ein täglich wiederkehrendes Ritual. Das Ritual, sich zu präsentieren. Ihres schön gewachsenen Körpers wohl bewusst suchte sie sich, immer nach der Mittagszeit, einen Strandplatz in vorderster Reihe, achtete anscheinend hierbei darauf, gut gesehen zu werden, aber auch selber gut zu sehen.

Im ersten Ritualschritt stellte sie ihre dunkelrote, große Badetasche auf den Boden, öffnete diese, nahm einen Sonnenschirmständer heraus, einen von diesen, die man auch im lockeren Sandboden durch kräftiges Eindrehen fest verankern kann, steckte den Sonnenschirm auf den Ständer und öffnete ihn.

Im zweiten Schritt band sie ihren Begleiter, Hund Body, an seiner Leine an den Ständer, damit der, knurrend und an der Leine ziehend, nur innerhalb eines kurzen Radius herumtollen konnte. Danach, der Blicke einiger Männer, auch Maximilians Blicke bewusst, zog sie ihr T-Shirt langsam über den Kopf, schüttelte ihre langen blonden Haare, um danach mit beiden Händen nach hinten auf den Rücken zu greifen, ihr Bikinioberteil zu öffnen und es abzunehmen. In gebückter Haltung und oben ohne baute sie dann ihre kleine Festung um sich herum auf.

Das Bikinioberteil verschwand in der Tasche, dafür kamen zwei große Badetücher heraus, die sie mit etwas Abstand neben den Sonnenschirm in den Sand ausbreitete. Danach legte sie zwei kleinere Handtücher zusammengerollt und als Kopfstütze dienlich auf je eins der Badetücher. Unterhalb der linken Rolle legte sie ein dickes Buch, verschiedene Zeitschriften und einen Stift.

Zum Schluss ihrer Aktionen kam dann für die meisten Männer, die sie beobachteten, die spannende Frage, wie würde sie heute ihre blau-gelbe Strandmuschel aufbauen und in welche Richtung würde heute die Muschelöffnung stehen. In den Tagen von Maximilians Beobachtungen stellte er bald fest, dass es einigen Männern ganz egal wurde, wie diese Öffnung von ihr platziert wurde.

Denn nach ihrem Aufbau wechselten eben diese Männer nach und nach ihre eigene Sitzposition in Richtung Muschelöffnung, einige Male mit unverständlichem Kopfschütteln der mitwechseln müssenden Partnerinnen. Maximilian hätte interessiert, was diese Männer den Begleiterinnen wohl jeweils gesagt hatten, um ihren plötzlichen Umzugswillen zu erklären. Er hätte wohl die Sonnenausrichtung als Ausrede benutzt.

Vielleicht denken Frauen aber auch anders über eine eigentlich ganz normale Sache eines nackten Oberkörpers nach als Männer und für die meisten Frauen ist eine fast nackte Frau sicher uninteressanter in der Wirkung als für Männer, bis auf vielleicht die Frauen, die Frauen lieben.

Maximilian hatte in dieser Hinsicht heute Glück gehabt, denn Bodys Frauchen stellte die Muschelöffnung genau in sein Blickfeld, was ihn leicht lächeln ließ, hatte er doch mit seinen Blickmöglichkeiten gegenüber den anderen Männern zwei enorme Vorteile, erstens, er musste nicht umziehen und zweitens, er hatte diesen Blicktag gewonnen.

Erst nachdem sie ihre Festung aufgebaut hatte, zog sie im Stehen ihre Jeans aus legte diese zusammen neben die zwei Badetücher in den Sand. Das Zusammenlegen zelebrierte sie in einer Genauigkeit, als hätte sie ihren Kleiderschrank zu Hause vor sich um die zusammengelegte Wäsche dorthinein zu platzieren. So akkurat wie die Jeans jetzt in Falten lag, lagen auch die zwei Badetücher.

Beim Bücken sah man unwillkürlich auf ihren wohl geformten Hintern, der durch den String in der Pofalte die beiden Pobacken noch mehr zur Geltung brachte. Erst jetzt setzte Frauchen sich in die Muschel, etwas breitbeinig, die Knie angezogen, die Fußzehen halb im Sand vergraben und cremte sich eine kleine Ewigkeit lang ihren schon gebräunten Körper ein.

Auch hier erkannte man als geduldiger Hingucker eine sich täglich wiederholende Reihenfolge. Das schmale Gesicht bekam zuerst die Creme über die Stirn und Wangenpartien zu den geschlossenen Augen hin und über die Nase bis hinunter zum Mund. Danach folgten zuerst die rechte, dann die linke Schulterpartie, beide Arme und Hände. Mit leichtem Kreisen danach beide Oberschenkel und die Beine hinab bis kurz vor die Füße, die sie im Sand stecken ließ. Zum Schluss cremte sie dann ihre Brüste und den Bauch ein.

Rücken und Nacken bekamen nur so viel der Sonnencreme mit, wie es ihre Hände vermochten dorthin zu gelangen. Mit dem Aufsetzen ihrer Sonnenbrille beendete sie das Ritual und erst jetzt ließ sie auch ihrem Hund freien Lauf, indem Sie ihn von der Leine befreite, was Body mit einem energischen Schwanzwedeln beantwortete, bevor er mit den wenigen anderen frei umherlaufenden Hunden zu toben begann.

Sie hatte wenige Chancen, ihren Body zurückzurufen oder gar zu ermahnen, Body tat was er wollte. Darum war es auch für Maximilian sehr angenehm, dass dieser Jake Russel ziemlich abseits des Hauptstrandes und schon halb hinter meterhohem Dünengras verborgen angefangen hatte zu graben. Seine Begeisterung, den Sand mit seinen Vorderpfoten nach hinten zu schaufeln, musste ihm Spaß machen, da er den Sand in hohen Fontänen durch das Dickicht und fast über das hohe Dünengras katapultierte, bevor der Sand dann als dichte Wolke wieder nach unten auf den Dünenboden niederfiel.

Ein Teil der Sandfontänen rieselte über die vordere Hälfte eines kleinen Holzbootes, welches auf einem Bootsanhänger schief in den Dünen neben der Grabstelle des Hundes lag. Es war nass, wohl erst vor kurzem noch im Wasser gewesen und der rieselnde Sand legte sich wie Puderzucker beim Bestreuen eines Marmorkuchens um die Holzplanken herum. Gott sei Dank war Bodys Tun so abseits, dass er niemanden störte. Innerhalb kürzester Zeit sah man von dem Hund nur noch die hintere Partie, alles andere wurde durch den rasch wachsenden Sandberg verschluckt. Frauchen lag inzwischen auf einem der Badetücher auf dem Rücken und las ein Buch, welches sie mit der linken Hand oberhalb ihres Gesichtes festhielt. Die andere Hand lag im Sand und sie spielte mit dem Sand, indem sie ihn durch die Finger rieseln ließ. Beides, das Graben des Hundes und der Anblick seines Frauchens, reizte Maximilian zum Hinschauen, wobei er öfter und immer länger auf ihre schönen Brüste, die jetzt, da sie auf dem Rücken lag, fast nicht zu erkennen waren, und die Rieselhand blickte, als auf den Hund beim Graben.

Bei beiden rieselte der Sand, was ihm direkt auffiel… …eine Seelenverwandtschaft?

Kapitel 2Leben in Zeringerhaff

Zeringerhaff ist ein Ort im Osten Deutschlands, direkt an der Küste der Ostsee. In diesem Sommer voller als sonst, was wohl nicht unerheblich mit der wirtschaftlichen Krise in Deutschland und der Krise in der restlichen Welt zu tun hatte. Statistiker würden wohl dieses Sommerjahr in ihre Statistiken aufnehmen als Jahr, in dem die deutschen Urlauber lieber Urlaub im eigenen Land machen würden.

An eigentlich allen Häusern, die Zimmer vermieteten – und das tun alle die, die hier in erster, zweiter oder dritter Strandreihe wohnen und leben – fand der Urlauber ein Schild mit der Aufschrift ‘belegt’, auf einem Schild stand, auffallend und lustig, ‘belegt, Gott sei Dank’.

Einer der schönsten Promenaden Deutschlands hat dieser Ort in den Prospekten stehen. Touristisch voll erschlossen und renoviert, reihen sich Pensionen, Hotels, Cafés, Geschäfte, Fischbuden, Gästehäuser, Restaurants und Kliniken von Westen beginnend bis zum Osten des Streifens aneinander.

Es ist auffallend, dass es nur wenige nicht renovierte Häuser gibt, die dann aber auch leer stehen und auf die Renovierung oder den Abriss warten, auf neue Besitzer oder öffentliche Zuschüsse für sanierungsfähige Altbauten. Auf einigen Wiesengrundstücken stehen überdimensionale Bautafeln von neuen Hotelbauten, ein klares Zeichen dafür, dass Zeringerhaff auch in den nächsten Jahren ein aufstrebender Kurort bleiben will und dass Investoren genau das auch so sehen. Die Ostsee, ruhiger und weniger mit Ebbe und Flut behaftet als die Nordsee, die aber dennoch auch mit beachtlichen Wellen ihre Rauheit unter Beweis stellen kann, umschließt diesen Küstenstreifen. Der weite und breit ausgelegte Sandstrand zieht sich von West nach Ost, ohne Unterbrechung.

Man hat hier Zugangsstreifen eingerichtet – typisch deutsch? - und so gibt es einen Strandstreifen, der für alle zugänglich ist, ohne Hinweisschilder und mit etwas erschwertem Gang durch die Naturschutzdünen. Aber auch hier wie an allen anderen Strandstreifen wirkt eben dieser Strand sauber und aufgeräumt. Nach diesem öffentlichen Bereich kommt der Strandstreifen für FKK-Liebende, dann der mit Textil aber ohne Hund, dann der Textil mit Hund.

Der sauberste Strandteil ist der, der sich an der Hauptpromenade der Stadt entlang zieht, dafür aber auch mit den meisten Geschäften und Restaurants umgeben ist. Fährt man weiter, ist man schnell im nächsten Ort – einem mondänen Kurort - was mit dem Rad an der Promenadenstraße entlang in gemütlicher Fahrzeit nicht länger als 30 Minuten dauert.

Gleich neben der Hauptpromenade von Zeringerhaff liegt der größte von einigen Campingplätzen in der Region wie es auch im Prospekt heißt, einer der Besten, was sich am Preis niederschlägt aber bei dem Angebot anscheinend auch gerne bezahlt wird, denn er ist zu dieser Jahreszeit ausgebucht. Im Osten beschließt ein mittelgroßer Jachthafen den Zeringerhaffer Ostseestreifen, wo etliche kleine und mittlere Boote und auch Jachten ankern und leicht hin und her schaukeln, den Wetter- und Wasserbedingungen ausgeliefert. Die Promenadenstraße von West nach Ost ist dann auch das in der Hauptsaison pulsierende Herz von Zeringerhaff. Fahrrad fahrende Touristen, die auch auf der Hauptpromenade ihr Rad nicht schieben müssen, zu Fuß gehende Touristen, die den Radfahrern mehr als einmal ausweichen um eine Kollision zu vermeiden, Kellner und Kellnerinnen, die von den Cafés über die Promenade in Richtung Strand mehr laufen als gehen müssen, um die mit Touristen voll besetzten Stühle, Bänke und Strandkörbe bedienen zu können.

Es fällt auf, dass Kellner und Kellnerinnen besonders viel Können beweisen im Ausweichen von Fahrradfahrern und Fußgängern und dabei ihre Tabletts voll mit Eiskaffee, Cappuccino, Latte macchiato, Vanilleeis mit heißen Himbeeren und diversen Kuchenstücken durch die Luft balancieren, als würden sie auf dem Meer mit einem Surfbrett auf den einzelnen Wellen reiten. Und trotz des langen Weges des Bedienungspersonals gibt es dann doch einige Touristen, die sich auch so – wie Touristen eben – benehmen. Die heftig mit ihren Geldbörsen fuchteln und zahlen wollen. Die seit ‘Stunden’ sitzen, ohne dass sie eine Bestellung aufgeben konnten, weil das Zeringerhaff-Bedienungspersonal zu allen anderen Touristen ging um Bestellungen anzunehmen, nur zu ihnen eben nicht.

Dann noch einige Promenadengäste, die als Gruppen einfallen, Tische und Stühle zusammenrücken, ohne daran zu denken, dass ein Kellner oder eine Kellnerin auch hindurch muss, um die bestellten Kaffeeleckereien zu servieren. Die meisten dieser Urlauber haben kaum Zeit und sind ungeduldige Wartende an einem sonnigen Urlaubstag hier auf dieser Promenade.

Und unter allen diesen Urlaubscharakteren saß eben auch Maximilian, er, der Urlaub genießen konnte, um ehrlich zu bleiben, brauchte auch er einige Tage, um ruhiger zu werden und den Tag wirklich genießen zu können, er, der sich hinsetzen konnte und zum Beobachter wurde, zum Menschenbeobachter.

Da war die Familie, drei Kinder, Vater und Mutter, die Kinder schreiend rumtobend, der Vater mit genervtem Blick, die Mutter mit der Nase an der Schaufensterscheibe einer Boutique klebend.

Da war der ca. 14jährige Junge, der auf einer der Bänke saß und in der Nase bohrte.

Vorbei radelte ein kleines Mädchen, einhändig, mit einem Eis in der anderen Hand, welches im gleichen Augenblick aus der Waffel auf den Boden fiel, was bei dem Mädchen entsprechende Tränen hervorrief.

Da fuhr ein Kleinlaster mitten auf der Promenade, beladen mit fangfrischem Fisch aus der Ostsee.

Ein Jongleur hatte eine Traube von Zusehern um sich herum angelockt und machte zwischen seinen Ballkünsten Scherze mit einzelnen seiner Zuseher, gerne mit älteren, dickeren Männern und jungen Schönheiten. Bei den Älteren und Dickeren hörte man Scherze auf deren Kosten, bei den jungen Schönheiten Scherze über die Älteren und Dickeren. Sein Konzept ging auf, wie immer. Er bekam für die Scherze, weniger für seine Ballspiele, laut schallenden Applaus.

Kapitel 3Strandermittlung

Die ältere Frau fror, was man deutlich an ihrem zitternden Körper und an ihren überkreuzten Händen sehen konnte. Sie stand nur da und zeigte mit dem rechten Zeigefinger auf den am Boden liegenden, schwanzwedelnden Hund. Dieser kaute an einem etwas, was von Maximilians Position nicht zu erkennen war. Ein Knochen vielleicht, eine Wurst, irgendetwas, was er wohl ausgebuddelt hatte. Sein Frauchen war inzwischen aus ihrer Strandmuschel aufgesprungen, hatte sich ein Tuch um ihre Hüfte gelegt. Sie zog das Oberteil an, schade, und rannte, wütend nach ihrem Hund rufend, in Richtung der älteren Frau und Body

  »Aus«, sagte sie des Öfteren hintereinander. »Hörst du nicht, ich habe Aus gesagt.«

Dann stand sie vor Body, der den Kopf noch tiefer zwischen die Pfoten schob und nicht mehr mit dem Schwanz wedelte, sondern diesen unter den Bauch zog. Das machen Hunde so, wenn sie wissen, dass sie etwas Verbotenes angestellt haben. Sein Frauchen bückte sich, hob das etwas auf, um es im gleichen Augenblick wieder in Bodys Richtung fallen zu lassen. Sie schrie nicht, aber sie wurde blass. Schneeweiß, so dass ihre ansonsten durchgehende Bräune nur noch an den Beinen zu sehen war.

Sie blickte in Richtung der Stelle, wo ihr Body gebuddelt hatte, bewegte sich aber keinen Schritt in diese Richtung. Es versammelten sich die wenigen Menschen von diesem Strandabschnitt um die zwei Frauen und den Hund und ihre Stimmen raunten mit deutlich wachsendem Lärmpegel.»Ruf doch einer die Polizei an, oder tut sonst was«, hörte man aus diesem Raunen heraus. Ein Mann, muskulös und jung, hob sein Handy an sein Ohr und tat wohl dies, was die Stimme in die Runde hineingerufen hatte, die Polizei rufen.

Auch Maximilian ging jetzt hinüber zu der Menschengruppe, war seine Neugierde doch ziemlich gewachsen. Was er sah, versetzte ihm einen Stich in die Seite. Er würgte kurz, zwang sich dann aber schnell wieder zur Ruhe und dazu, sein Gehirn einzustellen auf die Situation.

Der Hund lag verängstig und an der Leine auf dem weißen Badetuch, die beiden Frauen standen daneben im Sand, hielten sich, wie abgesprochen, beide eine Hand vor den Mund und starrten immer noch mit einigem Entsetzen auf das Badetuch und den Hund. Body leckte mit seiner Zunge leicht über seine Pfoten, das Etwas gut im Griff dazwischen. Die anderen standen mehr oder weniger geschockt drum herum. Es wurde fast nicht mehr gesprochen und die Ruhe um den Ort wurde beängstigend. Auch Maximilian fröstelte.

Als Polizeifotograf hatte er sicher schon einiges gesehen und auch fotografiert, aber so von Anfang an dabei zu sein war etwas ganz anderes. Der Hund Body hatte zwischen seinen Pfoten die Reste eines Fingers, eines Frauenfingers. Den Frauenfinger erkannte er, weil er als Dozent in seiner Anfangszeit in der Pathologie in München eine Fotoschulung für angehende Polizeifotografen gemacht hatte und in der es um das Erkennen, Fotografieren und Beweisen von Straftaten ging, bei denen Menschen ums Leben gekommen waren.

Dieser Restfinger hatte aber auch noch einen gut erkennbaren zweiten Grund, um auf einen Frauenfinger hinzuweisen, einen lackierten Fingernagel. So einen Nagel mit buntem Blümchenmuster, den man sich wohl ankleben lässt, ‚Nail-Art-Design‘. Der dritte Grund für einen Frauenfinger war, dass er grazil, lang, dünn und spitz nach oben in Richtung Nagel gewachsen war. Auch dachte er kurz darüber nach, ob es sich auch um einen Plastikfinger hätte handeln können, von einer Schaufensterpuppe oder einer Faschingsmaskerade.

  »Mensch Maximilian, was machst denn du hier? Urlaub, was?« drang plötzlich von hinten eine dunkle Stimme an sein Ohr. Maximilian erkannte ihn sofort, waren sie doch dicke Freunde, solche, die sich blind vertrauen können, die sich nicht oft sehen müssen, aber trotzdem füreinander da sind, wenn man sie braucht. Sie hatten sich zwei Jahre nicht mehr gesehen, es hatte sich nie ergeben, obwohl sie nicht weit voneinander lebten und arbeiteten.

»Ja, Manfred«, antwortete er, »ich mach hier Urlaub. Seit acht Tagen und noch zwei Wochen«. Eine herzliche, aber kurze Umarmung unter Freunden reichte, um die Freude des Wiedersehens zu bestätigen. »Aber wie kommst du hierher?«

»Lass uns später drüber reden, jetzt muss ich mir hier erst einmal einen Überblick verschaffen, um was es eigentlich geht. Hast du was mitbekommen?« fragte er.

»Nicht mehr als die anderen«, antwortete Maximilian.

Manfred ließ die Fundstelle des Fingers absperren. Body hatte missmutig und nicht ohne zu bellen den Finger losgelassen und trollte sich dann zurück zu seinem Frauchen, die wieder in ihrer Sandmuschel saß, die Beine angezogen und die Hände vors Gesicht gepresst. Sie musste warten, weil Manfreds Kollegen noch mit ihr sprechen wollten und auch mit allen anderen, die an diesem Fund beteiligt waren. Auffällig, dass es nur noch wenige Menschen waren, die sich hier am Hundestrand noch aufhielten. Einige hatten sich wohl unbeachtet zurückgezogen und den Strand verlassen, warum auch immer.

Die ältere Frau hatte sich angezogen und wurde von einem der Sanitäter, die jetzt zu dritt auch zum Einsatz kamen, versorgt. Sie bekam eine Decke und saß niedergeschlagen auf einer Trage des Roten Kreuzes. Der Finger, das Badetuch und alle anderen Sachen, die um die Fundstelle herumlagen, die meisten davon von der älteren Frau, wanderten in Plastiktüten, nachdem sie von einem Mitarbeiter Manfreds fotografiert worden waren. Dieser ging gerade in die Richtung des Lochs, in dem Body gebuddelt hatte. Maximilian folgte ihm, blieb aber außer Reichweite, um nicht zu stören. Der junge Kollege, der als erster an dem Loch angekommen war, um auch dort Fotos zu machen, drehte sich gerade zur Seite, um sich zu übergeben, was Manfred allerdings mit einem kräftigen Schubs vereitelte, hätte diese Aktion den Tatort doch erheblich verändert. Mit beiden Händen hielt sich sein Kollege den Mund zu und lief in Richtung hohes Dünengras, wo er sich dann sichtbar grün im Gesicht erleichterte. Manfred blickte zu Maximilian herüber und winkte mit seinen Händen, dass er doch kommen solle.

  »Kannst nicht du die Fotos machen?« fragte Manfred ihn und sprach gleich weiter. »Ich weiß, du hast Urlaub, aber ich weiß auch, dass du immer wieder fasziniert bist, welche Aussagekraft Bilder haben können.« Damit hatte er Maximilian genau da, wo er ihn hinhaben wollte. Er ließ sich die Ausrüstung von dem jungen Kollegen geben, der sichtlich froh war, nicht selber wieder an die Kamera zu müssen. Mit der Kamera ausgerüstet ging Maximilian zu der Fundstelle und machte dabei die ersten Fotos der Bodenumgebung. Keine Fußspuren oder andere Auffälligkeiten waren im ersten Moment zu erkennen. Dann kam er dem kleinen Sandhügel näher, den Body mit seinen Pfoten aufgeschüttet hatte, und blickte dahinter in das Loch.

Das erste Foto von diesem Loch zeigte den Ermittlern später eine Frauenhand mit vier Fingern, fast weiß bis auf den von Body abgetrennten Bereich des Mittelfingers, der knochenfarbig vom Rest der Hand abstach. Die Hand war mit einem Seidenschal unter dem Handgelenk fest umbunden und das Ende des Schals war wie abgerissen.

Der Lage nach musste der Rest der Frauenleiche auf dem Bauch liegend hier vergraben worden sein, was sich durch das spätere vorsichtige Ausgraben bestätigen würde. Ein ganzes Team war mittlerweile am Tatort versammelt. Der Strand war längst komplett gesperrt worden und auf dem nahen Campingplatz hatte die Polizei, aus Mangel an einer Polizeistation am Ort, ihre Ermittlungszentrale eingerichtet.

Maximilian begleitete stumm die Ausgrabungsarbeiten am Fundloch, die jetzt doch zügiger von statten gingen, als er gedacht hatte. Inzwischen war es dunkler geworden, obwohl es noch früh war. Helle Strahler leuchteten die Fundstelle aus. Schattenhaft waren inzwischen vier Beamte in weißen Schutzanzügen dabei die Leiche freizulegen. Er machte seine Fotos, um später jeden Schritt dokumentieren zu können. Nach dann doch fast einer Stunde, alle fröstelten inzwischen, da von Meerseite zunehmend verstärkt Wind aufkam, war der Frauenkörper freigelegt. Die Beamten hatten sich zurückgezogen und ihn alleine gelassen und er machte das, was er sonst ruhig und bedacht machte: Leichenbilder.

Aber an diesem Abend am Hundestrand in Zeringerhaff zitterten seine Hände und einige der Fotos musste er wieder löschen, da sie unscharf oder verwackelt waren. Er musste sich zwingen besser zu werden. Es war eine gespenstische Arbeit. Der Meereswind nahm stetig zu, das Frösteln wich irgendwann einem Frieren. Seine Hände wurden klamm und die Kamera wurde zu einem schweren Ballast. Er hätte gerne wieder dem jungen Kollegen den Vortritt gegeben, machte aber dann doch unermüdlich Foto über Foto.

Kapitel 4Die Frau an der Bar

Der Rotwein schmeckte trotz der Ereignisse des gestrigen Tages. Maximilian hatte nach getaner Arbeit nun auch wieder genügend Abstand gesammelt, dass er jetzt mit seiner auch innerlichen Ruhe den Feierabend genießen konnte. Er hatte sich dazu entschlossen in das Hotel zu wechseln, in dem Manfred untergebracht war.

Deren letztes Zusammentreffen war lange her und deshalb waren viele lange Gespräche nachzuholen. Sie saßen im Foyer des Hotels, welches zu einer Hotelkette gehörte und das mit dem Ambiente und der Freundlichkeit seiner Mitarbeiter den fünf Sternen gerecht wurde, die vor der Tür auf einem Messingschild angebracht poliert an der Wand hingen. Etwas abseits von den anderen Gästen, auch um mit Sunshine nicht zu sehr zu stören, obwohl sie wie immer ruhig und ohne viel Regung zu seinen Füßen lag und schlief, fanden sie hier die Ruhe, die letzten zwei Jahre ihres Nichtsehens Revue passieren zu lassen. Hatte Maximilian im Beruf keine wesentlichen Karrieresprossen erklommen und sich lieber die freie Zeit für das Reisen und das Bücherschreiben aufgehoben – durch seinen Beruf hatte er immer mehr Material gesammelt, welches er nun schon seit ein paar Jahren in Form von Romanen seinen vielen Lesern präsentieren konnte – war Manfred die Karriereleiter raufgefallen.

  »Und, wieso bist du hier, Manfred?« fragte Maximilian ihn als erstes. »Du hast mir nichts erzählt, als wir uns das letzte Mal gehört haben – wie lange ist das jetzt her? Sechs Monate? Du warst doch fest in München, bist wohl strafversetzt?«

Manfred lächelte ihn an, nahm einen Schluck von seinem Pils und antwortete: »Du weißt ja, dass ich eine gute Aufklärungsquote bei meinen Fällen, die ich mit meiner Mannschaft bearbeite, erziele. Das hat uns so bekannt gemacht, dass wir insbesondere an Fällen von Serientätern arbeiten. Ich bin aber auch zuständig, als Seminarleiter dem Nachwuchs meine Erfahrungen zu vermitteln und das ist auch der Grund, dass ich hier bin. Als der Anruf rein kam, hatte ich gerade eine Schulungspause eingelegt, als mich der Polizeioberrat informierte, dass am Strand von Zeringerhaff ein Frauenfinger von einem Hund gefunden worden war. Das machte mich neugierig und darum sitzen wir jetzt hier, zusammen. Stationiert bin ich in Frankfurt, seit ungefähr einem halben Jahr habe ich dort eine große Abteilung und eine ganze Büroetage im Hauptpräsidium. Und bei dir? Wenig arbeiten, viele Reisen, Romane schreiben und abends alleine ins Bett?« fragte Manfred ihn. »Oder gibt es hier endlich etwas Neues, du ewiger Single, der nie eine Frau an sich ranlässt?« Maximilian hob die Stirn, als Manfred die provokant wirkende Frage an ihn stellte.

»Na, rede nur mein lieber Freund«, antwortete er dann und legte schnell noch hinterher: »Du weißt ja, ich mag die Frauen, aber es war bis jetzt noch keine richtige dabei. Die eine oder andere Beziehung hätte man schon vertiefen können, aber es hat halt noch nicht geklappt.«

»Man sagt doch, dass Hunde dabei helfen können einen Partner zu finden? « fragte Manfred weiter. »Man trifft sich im Park, auf der Hundewiese, kommt ins Gespräch so wie: Ach der ist ja niedlich, wie heißt er denn? Ach es ist eine Sie, na ja, so schön wie Frauchen.« Manfred lachte so laut und herzhaft auf, dass einige Gäste zu ihnen hinüber sahen.

»Du bist ein richtiger Frauenversteher«, sagte Maximilian etwas leiser. »Aber es ist auch was dran an deiner Vermutung, leichter geht’s schon mit einem Tier, besonders mit einem Hund und ganz besonders mit meiner Sunshine, dieses Kennenlernen.«

Sunshine hob kurz ihren Kopf vom Boden, als sie ihren Namen gehört hatte, um mit einem zufriedenen Blick und einem kurzen Schwanzwedeln Herrchens Meinung zu bestätigen. Maximilian fiel das Ereignis im Sommer vor drei Jahren wieder ein. An einem heißen Nachmittag wollte er mit Sunshine in die Parkanlagen, die unmittelbar hinter seinem Garten anfingen, zum Spazierengehen. Er hatte Sunshine angeleint und ging in Richtung Gartentor. Sein Hund saß in freudiger Erwartung schon davor. Durch die dichte und hoch gewachsene Hecke war das Tor mittlerweile gut eingewachsen und von draußen fast nicht erkennbar, leider sah man auch von der Gartenseite nicht nach draußen auf den an der Hecke vorbeilaufenden Sandweg, den täglich unzählige Jogger nutzten. Als er das Tor leicht öffnete, drückte sich Sunshine an diesem Nachmittag an Maximilian vorbei und stob mit einem gewaltigen Satz aus dem Ausgang. Noch bevor er überhaupt reagieren konnte, schrie von der anderen Seite eine helle und ängstliche Stimme auf.

Das erste, was er zu sehen bekam, waren zwei lange, gebräunte Beine mit kleinen weißen Socken in festen weißen Laufschuhen. Diese Beine hingen in der Luft, genau vor dem Tor. Als er erschrocken das Tor weiter öffnete und durchschritt, sah er, was passiert war. Durch den Hundespurt hatte sich die Leine lang gezogen und angespannt. Die Joggerin stolperte genau über diese Leine, machte einen Salto nach vorne und lag nun den linken Knöchel haltend und mit erboster Miene vor seinen Füßen. Ihr Schreien wich einem schmerverzerrtem Jammern.

»Du blöder Idiot«, schrie sie Maximilian an. »Da gibt es doch wohl bessere Anmachmöglichkeiten?« Jetzt lächelte sie sogar leicht, was man durch ihr verzerrtes Gesicht erkennen konnte.

»Verzeihung«, stammelte Maximilian und schoss gleich einen Schwall fluchender Worte zu seinem Hund hinüber. Der hatte sich wohl selber erschrocken, lag nun ausgebreitet auf der Wiese und zog den Kopf unter die Vorderpfoten.

»Der arme Kerl«, sagte die Joggerin mit einem Blick auf seine Sunshine. »Hoffentlich fehlt ihm nichts? Es würde mir wirklich leidtun«.

»Fehlt Ihr nichts, es ist eine Sie. Aber die wird’s schon überleben«, fauchte Maximilian mit ebengleichem Blick zu Sunshine rüber. »Kann ich Ihnen helfen? Haben Sie sich verletzt? Können Sie aufstehen?«

»Helfen, ja, verletzt weiß ich nicht, es tut halt weh, aufstehen, ich werde es versuchen, wenn du mir vielleicht kurz unter die Arme greifst?« sprach sie, um alle drei Fragen auf einmal zu beantworten.

Er machte eine Handbewegung in Richtung seines Gartens und mit Blick auf Sunshine, die sofort mit eingezogenem Schwanz durch das Gartentor ins Innere verschwand. Danach bückte er sich zu der Joggerin hinunter, fasste von hinten durch ihre Arme und zog sie auf die Beine. Sie wollte auftreten, knickte aber sofort wieder ein. Sie legte instinktiv ihren rechten Arm um seine Schulter, er ebenfalls instinktiv seine linke Hand um ihre Hüfte und sagte dann:

»Lassen Sie uns ins Haus gehen, damit ich nachsehen kann, was passiert ist.« Sie nickte, es flossen ihr ein paar Tränen aus den Augenwinkeln und sie zog die Nase hoch.

  »Entschuldigung, aber es schmerzt doch immer mehr«, sagte sie kleinlaut. Dann humpelte sie mit seiner tatkräftigen Hilfe in Richtung Terrasse. Ihr leichter Schweißgeruch vermischte sich mit ihrem Parfum und hatte eine erregende Wirkung auf ihn.

Er versuchte nicht auffallend einzuatmen, erwischte sich aber dabei, dass er tief schnaubend, mit der Nase an ihrer Schulter klebend, diesen schweißparfumartigen Duft einsog. Sie zeigte keinerlei Regung, bemerkte sein Schnaufen wohl auch nicht. An der Terrasse angekommen hielt sie sich mit beiden Händen an einem seiner Holzstuhlhochlehner fest. Er ließ sie kurz los und brachte ihr ein Glas Wasser, welches sie fast zu hastig und in großen Schlucken trank.

Ein großer Schwall lief ihr dabei über den Hals in ihr knappes Laufshirt und durchnässte es mit einem handgroßen Fleck. Ihr wohlgeformter Busen, der durch ihren starken Atem auf und nieder wippte, schimmerte leicht und doch durch ihren BH verdeckt, durch das nasse Shirt. Der Wasserfleck verteilte sich mehr und mehr in Richtung der linken Brust. Die Brustwarze wurde fest und hob sich unter dem Laufshirt deutlich ab, obwohl der Stoff ihres BHs dies in letzter Konsequenz zu verhindern wusste.

  »Lassen Sie mich den Fuß einmal ansehen, stellen Sie ihn hier auf den Tisch«, sagte Maximilian hastig. Sie stellte den Fuß auf den kleinen, tiefen Gartentisch. Er setzte sich vor sie hin, öffnete ihren Laufschuh und zog ihn vom Fuß ab. Sie stöhnte leicht und verzerrte ihr Gesicht noch mehr als zu Anfang, gleichzeitig lächelte sie ihn an und sagte:

»Es geht schon, aber pass auf und nicht zu viel drücken.« Unter ihrem kurzen weißen Strumpf konnte man schon das Problem vom Knöchel erkennen. Dick und rot-bläulich anschwellend.

Er zog den Socken von ihrem Fuß und überlegte, ob kaltes Wasser oder gleich eine Packung Eiswürfel helfen könnte. Er entschied sich für eine Bandage.

»Wenn du nichts dagegen hast, würde ich mich erst gerne duschen, ich bin ziemlich verschwitzt, will dir aber keine Umstände machen. Dann kannst du mir die Stelle einreiben und einen sauberen Verband anlegen.«

  »Na klar, duschen. Gerne, kein Problem. Ich werde dich nach oben begleiten und dir ein paar Klamotten raussuchen, irgendwas wird dir von meinen Sachen schon passen. Duschgel und Handtücher sind im Bad.« Er dachte kurz darüber nach, dass sie sich in dieser kurzen Zeit jetzt schon duzten, wobei sie von Anfang an nicht einmal Sie gesagt hatte.

»Ich hoffe, deine Frau hat nichts dagegen«, sagte sie leise, als er sie nach oben auf den Stufen abstützend begleitete.

»Ich habe keine Frau«, antwortete er kurz.

Sie hatte die Dusche angedreht und er hörte förmlich ihre Bewegungen durch die geschlossene Türe hindurch. Er suchte einen Trainingsanzug, eine kurze Hose mit einem T-Shirt und eine Jeans mit Hemd heraus, um ihr verschiedene Möglichkeiten des Anziehens zu bieten.

  »Ich leg dir die Klamotten vor die Tür, ich bin dann in der Küche unten und koch uns einen starken Kaffee«, rief Maximilian durch die Badezimmertür zu ihr hinein. Er drehte sich um und wollte gerade hinuntergehen, hörte sie aber aus dem Bad durch den lauten Wasserstrahl der Dusche hindurch rufen:

»Komm doch rein, du wirst mir schon nichts wegschauen, dann kann ich mich gleich hier im Bad anziehen.«

So öffnete er die Tür und ging ins Bad. Die Klamotten legte er auf den Stuhl und ging dann wieder Richtung Gang. Sie duschte heiß und kleine Nebelschwaden verteilten sich im ganzen Bad. Im Spiegel sah er kurz ihre Silhouette durch die Duschtüre unter dem Wasserstrahl. Sie war überaus schlank und doch muskulös, was wohl vom vielen Laufen oder sonstigem Sport kam. Der heiße Wasserdampf versperrte ihm immer mehr eine bessere Sicht, leider. Ohne etwas zu sagen, schloss er die Badtüre und ging nach unten Kaffee kochen. Er legte gerade den zweiten Pad ein und wollte auf Start drücken, da stand sie in der Küchentür, lehnte mit ihrem Oberkörper am Türrahmen und sagte:

»Es duftet nach frischem Kaffee, das Duschen hat gut getan und die Klamotten passen, was will man mehr, ich muss deinem Hund danken, oder was meinst du?«

»Eigentlich schon, dank Sunshine lehnst du jetzt in meiner Küchentür.« Er drückte auf den grünen Knopf der Kaffeemaschine und mit einer leichten Drehung nach vorn sah er sie an. Die Jeans war ihr um einiges zu groß, so dass sie die Hosenbeine ein paar Mal nach oben gestülpt hatte. Den oberen Knopf hatte sie offen gelassen und den Hosenbund unterhalb mit einem Bademantelgürtel festgebunden. Überrascht sah Maximilian, dass sie ein kleines, süßes Bäuchlein hatte, welches sich leicht über den Gürtel wölbte. Das Hemd hatte sie nur mit den zwei Mittelknöpfen zugeknöpft. Der Rest stand offen und gewährte einen von ihr wohl klar überlegten und gewollten Einblick. Ihre Haare waren nass und tropften leicht von den Spitzen weg auf den Küchenboden. Er ging stumm auf sie zu, schaute ihr in die tiefblauen Augen, nahm ihre rechte Hand in seine und sagte:

  »Maximilian, ich heiße Maximilian und freue mich, dass du hier bist, und Sunshine, danke hierfür.« Der Hund wedelte wieder einmal mit seinem Schwanz, als er seinen Namen hörte, ohne sich ansonsten zu rühren. Bevor sie ihn küsste, hauchte sie in sein Ohr:

»Monika… lass uns nach oben gehen.«

Es sollte eine unbeschreibliche Nacht folgen. Monika ging voraus, knöpfte auf dem Weg nach oben die zwei Knöpfe des Hemdes auf und ließ es dann über ihre Schultern auf die Treppe gleiten. Sie hatte nicht nur einen schlanken Körper, wie er es im Bad schon gesehen hatte, sondern richtig durchtrainierte Schultern und Oberarme. Oben angekommen, drehte sie sich zu ihm um und lächelte ihn an. Er hatte aber keinen Blick für ihr Lächeln, sondern starrte schon eher auf ihren nackten Oberkörper, was ihn unruhig werden ließ. Sie wartete auf ihn, bis er nahe vor ihr stand, nahm seine Hand und zog ihn ins Schlafzimmer, welches mit offener Tür schon darauf wartete, dass man eintreten würde. Sie schubste ihn aufs Bett und baute sich vor ihm auf. Sie zog gekonnt den Reißverschluss der Jeans nach unten, öffnete dann den Knoten des Bademantelgürtels und ließ die Hose fallen. Erst jetzt sah er, dass sie auch keinen Slip trug und ihm fiel gerade jetzt ein, dass sie auf dem Weg ins Schlafzimmer nicht mehr gehumpelt hatte. Er musste lächeln. Dann schaute er an ihrem Bauchnabel, der tief von ihrem kleinen Bäuchlein umgeben war, weiter hinunter und dort auf ein kleines Haarherz, welches gepflegt, wie gekämmt über ihrer Scham lag. Sie drückte ihn nach hinten, zog seine Hose herunter und legte sich mit einem leichten Schwung neben ihn. Mit kreisenden Bewegungen ihrer Hände über seinen Brustkorb und den Bauch brachte sie ihn weiter in Stimmung. 

Monika setzte ihre Hände und den Rest des Körpers so gekonnt ein, dass er innerhalb von Sekunden vor Gier platzen wollte. In ihren Bewegungen, machte sie immer wieder eine Pause, indem sie sich zurückzog und ihn zappeln ließ um ihn dann wieder mehr und mehr zu reizen. Ihr Liebesspiel endete erst viel später in einem fast gleichzeitigen Höhepunkt.

Danach schliefen beide nackt, erschöpft und müde, aber glücklich und ineinander verschlungen ein. Als er am Morgen aufwachte, wusste er, dass nur ein kurzer Moment, ein plötzliches Ereignis, ein kleiner Augenkontakt ausreichen konnte, um Schmetterlinge im Bauch zu spüren. Da Maximilian als erster wach geworden war, schlug er die Decke von ihr weg und konnte so ihren noch schlafenden nackten Körper betrachten. Ihr ruhiges Schnaufen, wie sich ihre Brüste beim Einatmen anhoben, um sich beim Ausatmen wieder zusammenzuziehen. Ihre Scham, bei der er jetzt erst sah, dass sie sich das Haarherzchen rasiert hatte, vielleicht ja von einem Profi, in einem der immer mehr werdenden Intimrasurläden.

Auch ihre Hände, die gegenüber ihrem austrainierten Körper besonders zart wirkten und eine glatte Haut hatten, ließen Maximilian leicht und zufrieden seufzen. Sie fing an zu frieren, was sich an ihrer von unten nach oben wie umfallende Dominosteine durchziehenden Gänsehaut zeigte. Maximilian stand leise auf, nahm die Decke wieder zur Hand und deckte sie zu. Sie räkelte sich in dem Augenblick des Zudeckens und schlug ihre tiefblauen Augen auf. Er hauchte ihr einen kurzen Kuss auf die Wange.

»Guten Morgen, ich mach mal Frühstück und du kannst noch richtig wach werden.«

Ihre Beziehung dauerte über zwei Jahre, bis sie aus beruflichen Gründen die Chance bekam ins Ausland zu gehen. In der Zwischenzeit hatte sich der Alltag eingestellt. Sie stellten fest, dass sie doch in einigen Dingen sehr unterschiedlicher Meinung waren und nur guter Sex reichte eben nicht aus, um eine dauerhafte Beziehung führen zu können. So wurde mit der Zeit ein gegenseitiges Vergessen stärker als die anfängliche Liebe und Zuneigung.

Manfred holte Maximilian von seinen Gedanken zurück in die Hotelhalle und Maximilian sprach weiter.

  »Momentan bin ich mal wieder alleine, hab aber auch jede Menge zu tun. Monika war meine letzte, lange Beziehung und im Moment möchte ich auch niemanden kennen lernen, es ist gut, so wie es ist. Und bei dir? Wie geht’s der Familie, den Kindern?«

»Alles wie immer, so wie man es von einem Beamten in meiner Stellung auch erwarten kann«, antwortete Manfred kurz. Sie tranken ihr Pils auf einen Zug leer und überlegten kurz, ob es noch eins werden würde. Nickend drehte Maximilian sich um, um die nächste Runde zu bestellen, da sah er sie.

Sie stand an der Hotelbar, die im Foyer-Bereich integriert einige Gäste zum Verweilen einlud. Sie nippte gerade an einem Glas Sekt, als sie sich zu den beiden herumdrehte und Maximilian – trotz einiger Entfernung zwischen ihnen – kurz aber tief und direkt in die Augen schaute. Er lächelte zu ihr hinüber und hob sein Glas. Die beiden Pils waren schneller fertig, als es Maximilian lieb war, störte der bedienende Kellner doch den angenehmen Blick in Richtung Bar und zu ihr. Maximilian hatte ein leichtes Kribbeln verspürt, das in seinen Fingerspitzen anfing und sich über den ganzen Körper verteilte. Sie hatte eine gewisse Aura, die dieses Kribbeln in Gang setzte. Manfred störte nach dem Kellner als zweiter.