Strategisches Dienstplanmanagement - Wolfgang Ganz - E-Book

Strategisches Dienstplanmanagement E-Book

Wolfgang Ganz

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Beschreibung

Dienstplanung muss verschiedene Anforderungen erfüllen: Es gilt, Personal wirtschaftlich einzusetzen und die Bedürfnisse der Mitarbeiter:innen zu berücksichtigen. Bei dieser Aufgabe unterstützt Unternehmensberater Wolfgang Ganz wirkungsvoll und beantwortet unter anderem die Frage, welche Strukturen geschaffen werden müssen, damit Dienstplangestaltung gelingt. So erreichen Verantwortliche ihr Ziel, Dienstplangestaltung mit dem vorgegebenen Budget und den Mitarbeiterinteressen dauerhaft in Einklang zu bringen. Die zweite, komplett überarbei-tete Ausgabe des Buches enthält alle aktuellen Neuregelungen. Vom Personalstärkungsgesetz bis zur Personalbemessung nach § 113c SGB XI.

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Wolfgang Ganz

Strategisches Dienstplanmanagement

Wirtschaftliche Dienstplanung verlässlich gestalten

2., überarbeitete Auflage

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

 

Sämtliche Angaben und Darstellungen in diesem Buch entsprechen dem aktuellen Stand des Wissens und sind bestmöglich aufbereitet.

Der Verlag und der Autor können jedoch trotzdem keine Haftung für Schäden übernehmen, die im Zusammenhang mit Inhalten dieses Buches entstehen.

 

© VINCENTZ NETWORK, Hannover 2023

 

Besuchen Sie uns im Internet: www.altenheim.net

 

Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar.

Dies gilt insbesondere für die Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen und Handelsnamen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass solche Namen ohne Weiteres von jedermann benutzt werden dürfen. Vielmehr handelt es sich häufig um geschützte, eingetragene Warenzeichen.

 

Druck: Gutenberg Beuys Feindruckerei GmbH, Langenhagen

Foto Titelseite: Sergey Nivens/Fotolia.com

 

ISBN 978-3-7486-0686-4

Inhalt

Vorwort zur 2. Auflage

1 Grundlagen strategischen Dienstplanmanagements

1.1 Das Ziel: Budget–Personal–Dienstplan dauerhaft im Einklang

1.2 Der Dienstplan ist der bestimmende Faktor!

1.3 Was macht stimmiges Dienstplanmanagement so schwierig?

1.3.1 Komplexität der vielen Einflussfaktoren

1.3.2 Ansatz der Bruttoplanung

1.3.3 Ansatz- und Rechenfehler

1.3.4 Missachtung mathematischer Zwänge

1.3.5 Kein integriertes Gesamtsystem

2 Strategisches Dienstplanmanagement – Elemente und Ansatz

2.1 Stellenbemessung

2.1.1 Bedarfsorientierte Personalbemessung („von unten“)

2.1.2 Budgetorientierte Personalbemessung („von oben“)

2.1.3 Mischformen

2.1.4 Stellenbemessung mit direkten Stellenschlüsseln

2.1.5 Stellenbemessung nach dem neuen §113c SGB XI im Pflegebereich

2.1.6 Stellenbemessung ohne direkte Stellenschlüssel

2.1.7 Stellenbemessung im „stambulanten“ Bereich

2.1.8 Stellenbemessung bei teilweisem Outsourcing

2.1.9 Stellenaufteilung unter den Dienstplanbereichen

2.1.10 Bereinigung um Regiekräfte und Ermittlung des relevanten Stellenbudgets

2.2 Die Nettoarbeitszeitermittlung

2.2.1 Funktionsweise nettoarbeitszeitbasierter Einsatzplanung

2.2.2 Ansatz der Nettoarbeitszeitberechnung

2.2.3 Schema der Nettoarbeitszeitermittlung

2.2.4 Kapazitätsminderungen

2.2.5 Feiertage, Heiligabend und Silvester

2.2.6 Urlaube und sonstige Freistellungen

2.2.7 Bezahlte Krankheitstage

2.2.8 Organisatorische Abwesenheiten

2.3 Das Nettoarbeitszeitbudget

2.4 Personalstruktur und Dienstplan

2.4.1 Arbeitsvertrag, Tagewoche und Schichtlänge

2.4.2 Vertragsstrategie

2.4.3 Besondere Beschäftigungsverhältnisse und Anrechnungsfaktoren

2.5 Schichtrahmen

2.6 Besetzungsstrategie: Planung der Sollbesetzung

2.6.1 Strategische Fragen vor Planung der Sollbesetzung

2.6.2 Die Tage-Woche (5 / 5,5 / 6)

2.6.3 Kontinuierliche Besetzung vs. Wochentagsunterschiede

2.6.4 Festlegen der Dienstplanbereiche – der Fluch des unteilbaren Kopfes

2.6.5 Strategisches Schichtsystem – Optimierung der Legende

2.6.6 Besetzungsplanung – budgetgerecht und vertragskompatibel

2.6.7 Besetzungsplanung in besonderen Fällen

2.7 Arbeitsablauf im Einklang mit der Dienstplanung

2.8 Dienstplanbeeinflussende Strukturen

2.8.1 Einfluss der dienstplanrelevanten Bereichsgrößen

2.8.2 Bauliche Einflussfaktoren

2.8.3 Organisatorische Einflussfaktoren und Hilfsmittel

2.8.4 Mobilisierungsgrad

2.8.5 Personalstruktur

2.8.6 Die Tage-Woche

2.9 Die Besetzungsstrategie

2.10 Der Arbeitsablauf

2.11 Das Ausfallmanagement

2.11.1 Die Dienstplan- und Fehlzeitenanalyse

2.11.2 Management der planbaren Fehlzeiten

2.11.3 Management der organisatorischen Abwesenheiten

2.11.4 Management von langfristigen Ausfällen

2.11.5 Management unvorhersehbarer Krankheitsausfälle

2.11.6 Management zweifelhafter oder missbräuchlicher Krankmeldungen

2.12 Langfristige, rollierende Dienstplanung

2.12.1 Vorteile und Nachteile rollierender Dienstpläne

2.12.2 Voraussetzungen für rollierende Dienstpläne

2.12.3 Zeitliche Einordnung

2.12.4 Abfolge der Planungsschritte

3 Die Umsetzung erfolgreich gestalten

3.1 Das Fundament legen: Ihr Dienstplandreieck aufbauen

3.1.1 Erhebung und Validierung der Ausgangsdaten

3.1.2 Ein strategische Planungswerkzeug etablieren

3.1.3 Eine Dienstplananalyse durchführen

3.1.4 Dienstplanrelevante Mitarbeiter schulen

3.1.5 Abgestimmten Besetzungsplan erstellen

3.1.6 Die Arbeitsablaufplanung anpassen oder erstellen

3.2 Einführung in Ihren Dienstplanalltag

3.2.1 Information und Einbeziehung der betroffenen Mitarbeiter

3.2.2 Falls nötig: Änderung Ihrer Dienst- bzw. Betriebsvereinbarungen

3.2.3 Dienstplanorganisation

3.2.4 Etablierung von Kontrollmechanismen

3.2.5 Einbindung in die Dienstplansoftware

3.2.6 Regelmäßige Reviews

4 Grundsätzliche Neu- und Weiterentwicklungen

4.1 Baumaßnahmen

4.1.1 Abläufe und Besetzungsplan für die neuen Strukturen simulieren

4.1.2 Grundriss und Raumbuch auf Betriebseffizienz untersuchen

4.2 Neue oder alternative Wohnkonzepte

4.3 Alternative Dienstplankonzepte

5 Am Ziel: Die Früchte ernten

5.1 Schlusswort

Autor

Vorwort zur 2. Auflage

Liebe Leserinnen und Leser,

seit die 1. Auflage 2014 erschienen ist, hat sich viel verändert. Auf gesetzlicher Ebene haben viele Reformen und Reförmchen, wie z. B. zusätzliche Betreuungsleistungen nach § 87b SGB XI (später § 43b), die Umstellung von Pflegestufen auf Pflegegrade unter Einbeziehung des Pflege- bzw. Betreuungsbedarfs aufgrund eingeschränkter Alltagskompetenz, zusätzliche Stellen für Praxisanleiter oder die „Spahn-Stellen“ nach Pflegepersonalstärkungsgesetz § 8 Abs. 6 SGB XI die refinanzierte Personalausstattung in stationären Einrichtungen – wenn auch nur leicht – angehoben. Der größte Umbruch ist dabei die Reform vom Sommer 2021, ausgelöst durch die Rothgang-Studie, die nun die Personalbemessung in der stationären Altenpflege völlig neu regelt. Neben der begrüßenswerten Tatsache, dass die Personalbemessung nun endlich bundeseinheitlich gleich geregelt wird, stellt die neue 3-gliedrige Fachlichkeit die Dienstplangestaltung vor neue, zusätzliche Herausforderungen.

Dazu hat sich der Markt erheblich verändert. „Quartier“ z. B. war bei Erscheinen der 1. Auflage 2014 in der Altenpflege noch kein Begriff und von den derzeit boomenden ambulant betreuten Wohngemeinschaften gab es erst ein paar kritisch als „Exoten“ beäugte Beispiele. Dazu kamen dienstplanbeeinflussende Bauvorschriften für neue Einrichtungen – wie z. B. in NRW die Obergrenze auf 80 Plätze je Einrichtung oder in Baden-Württemberg die Obergrenze von 15 Plätzen je Wohngruppe.

Zusätzlich wurde es immer schwieriger, offene Stellen – insbesondere bei Fachkräften – zu besetzen. An den beiden Zielen des strategischen Dienstplanmanagements hat sich deshalb nichts verändert – im Gegenteil:

Dienstplanung muss wirtschaftlich sein.

Dienstplanung muss mitarbeiterfreundlich sein.

Insbesondere der 2. Punkt hat durch den fortschreitenden Personalmangel an Bedeutung gewonnen. Bei kleiner werdenden Gehaltsunterschieden durch die Vorschrift der Bezahlung nach Tarif und den zunehmenden Austausch der Mitarbeitenden über ihre Arbeitgeber in den sozialen Medien ist die Zufriedenheit mit der Personaleinsatzplanung und insbesondere deren Verlässlichkeit zum entscheidenden Faktor im Wettbewerb bei der Rekrutierung und Bindung von Personal geworden.

Es gilt also, die Dienstplangestaltung in einem immer komplexer werdenden Umfeld systematisch so auszurichten, dass sie auch in der Praxis dauerhaft weitestgehend eingehalten werden kann.

Dazu soll Ihnen diese 2. Auflage das nötige Rüstzeug vermitteln:

Im 1. Kapitel „Grundlagen strategischen Dienstplanmanagements“

werden die grundsätzlichen Strukturen (wie z. B. Wohnbereichsgrößen und Personalzusammensetzung) und sonstige wichtige Einflussfaktoren sowie deren Wechselwirkungen aufeinander für Jedermann allgemein verständlich und anschaulich mit einfachen Beispielen erläutert.

Im 2. Kapitel „Strategisches Dienstplanmanagement – Elemente und Ansatz“

erfahren Sie, wie Sie – angefangen beim „leeren Blatt Papier“ – am besten Vorgehen, um Ihr strategisches Dienstplanmanagement ähnlich wie ein Haus „Stein auf Stein“ vom Fundament bis zum Dach aufbauen.

Das 3. Kapitel „Die Umsetzung erfolgreich gestalten“

behandelt dann die sinnvolle Vorgehensweise bei der Umsetzung Ihres Projektes in die Praxis. Es handelt z. B. von Schulung, Umsetzung in der Dienstplansoftware, Vorschlägen zur Anpassung von Betriebsvereinbarungen und last but not least dem Aufbau von Kontrollmechanismen.

Im 4. Kapitel „Grundsätzliche Neu- und Weiterentwicklungen“

schließlich werden Themen wie Baumaßnahmen, alternative Wohnformen und Dienstplankonzepte behandelt.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie beim Lesen viele Erkenntnisse und Ideen für Ihre Einrichtung gewinnen. Gerne nehme ich auch Lob und Kritik entgegen, getreu nach dem Motto: „Nichts ist so gut, dass man es nicht noch verbessern kann!“

In diesem Sinne grüßt Sie herzlich

Wolfgang Ganz

1Grundlagen strategischen Dienstplanmanagements

1.1Das Ziel: Budget–Personal–Dienstplan dauerhaft im Einklang

Das Ziel des strategischen Dienstplanmanagements ist es, die Dienstplangestaltung mit dem vorgegebenen Budget und den Mitarbeiterinteressen dauerhaft in Einklang zu bringen. Und das selbstverständlich nicht nur im Soll-Plan (Papier ist bekanntlich geduldig), sondern so weit wie möglich auch in den abgerechneten Ist-Plänen.

Mitarbeiterinteressen können dabei sehr vielschichtig sein. Hinsichtlich der Dienstplangestaltung sind dies maßgeblich:

Die Einhaltung der Arbeitsverträge

Dabei geht es darum, dass die Mitarbeiter die ihnen zustehenden freien Tage am Ende der abgerechneten Ist-Pläne auch bekommen und sie entsprechend ihrer Vertragsstunden eingesetzt werden – also nicht dauerhaft Überstunden machen.

Die Verlässlichkeit der Dienstplanung

Insbesondere betrifft das die Freizeit: Ein „Einspringen“ aus dem „Frei“ muss die absolute Ausnahme sein und darf nicht zur Regel werden.

Langfristig planbare Freizeit

Viele Termine müssen heute weit vor der Vorankündigungsfrist der monatlichen Dienstpläne festgelegt werden. Kürzlich (Mitte Juli) habe ich Konzertkarten für den März des nächsten Jahres gekauft! Bekomme ich da frei?Immer mit der Ungewissheit im Bauch zu leben, ob die Wünsche „durchgehen“, ist sicher nicht motivierend.

Dazu kommen dann noch die gesetzlichen Anforderungen oder die Anforderungen aus dem Versorgungsvertrag etc. Der anzustrebende Idealfall ist im Schaubild dargestellt (siehe Schaubild 1):

Schaubild 1: Idealfall der Dienstplanung: Budget, Personalbestand und Dienstplanung stimmen mathematisch überein.

 

1.2Der Dienstplan ist der bestimmende Faktor!

In diesem Zusammenhang mit 3 Einflussgrößen stellt sich die Frage: Welcher Faktor dominiert – was steuert und was wird gesteuert? Natürlich ist der Wunsch, dass die Dienstplanung innerhalb der vereinbarten Budgets und der arbeitsvertraglichen Regelungen abläuft. Diese beiden Größen sollten also steuern. De facto ist es aber genau umgekehrt. Der abgerechnete Ist-Dienstplan ergibt die Vollzeitäquivalente, die er gekostet hat, und sei es in Form von Überstunden und/oder durch Einsatz von zusätzlichem Fremdpersonal. Genauso ist es mit den Mitarbeiterverträgen: wenn insgesamt mehr Stunden eingesetzt werden, als es der Summe der Mitarbeiterverträge entspricht, fallen – zumindest bei einem Teil der Mitarbeiter – Überstunden an und ggf. werden ihnen auch noch freie Tage „gestohlen“.

Die häufige Ist-Plan ist die, dass die Dienstplanung nicht mathematisch auf die anderen beiden Größen abgestimmt ist. Dann ergibt sich meistens folgendes Bild (Schaubild 2):

Schaubild 2: Faktische Steuerung von Personal und Budget durch den Dienstplan

 

Kommt Ihnen die Situation bekannt vor? Im Soll-Plan ist noch alles in Ordnung – aber dann im Ist-Plan fallen auf einmal jede Menge Überstunden an.

Meistens wird die Dienstplanung rechnerisch nicht – oder zumindest nicht exakt – auf das Budget und die Mitarbeiterverträge abgestimmt. Das führt dann häufig zu einem „Jo-Jo Effekt“: Im Februar kommen die Controlling-Zahlen mit den Schlüsselüberziehungen vom Januar – der Märzplan ist dann meistens schon geschrieben, also wird im April etwas weniger Personal eingesetzt. Im Mai / Juni sind wieder einige Feiertage, dann kommt es wieder zu Überziehungen usw.

Fazit:

De facto entscheidet immer der Dienstplanschreiber über die Wirtschaftlichkeit des Dienstplans – nicht der Geschäftsführer!Diese kann wirksam nur über eingesetzte Nettostunden kontrolliert werden, indem durch nettobasierte Genehmigungsverfahren bereits bei der Dienstplanerstellung eingegriffen wird. Rein stellenbasiertes und nachgelagertes Controlling alleine ist dazu nicht geeignet!

 

1.3Was macht stimmiges Dienstplanmanagement so schwierig?

Doch was sind dafür die Ursachen? Warum ist es schwierig, diesen Einklang zwischen Budget, Mitarbeiterverträgen und Dienstplanung herzustellen?

1.3.1Komplexität der vielen Einflussfaktoren

Schwierige Mathematik ist es nicht! Alle notwendigen Berechnungen gehen – jede für sich – jeweils über die Grundrechenarten und den Dreisatz nicht hinaus! Was das Thema so kompliziert macht, ist die Vielzahl der gleichzeitig zu berücksichtigenden Einflussfaktoren und deren wechselseitige Abhängigkeiten, wie in nachfolgendem Schaubild dargestellt (siehe Schaubild 3)Grafiken01.

Schaubild 3: Maßgebliche Einflussfaktoren auf die Dienstplanung in der Pflege

 

Hinzu kommt, dass viele der Parameter nur beschränkt oder gar nicht beeinflussbar sind. Anders als der Direktor der Schraubenfabrik z. B. können Sie am 1. Mai nicht einfach Ihre Einrichtung schließen und den Mitarbeitern ihren bezahlten Feiertag gewähren, sondern müssen sehen, wie Sie den Ausgleichstag unterbringen, ohne dabei das Budget zu überziehen, die Besetzung zu vernachlässigen oder Verträge zu verletzen. Auch können Sie den „Produktionsablauf" nicht „betriebsoptimal" gestalten, sondern müssen Fixpunkte im Tagesablauf Ihrer Bewohner, wie z. B. die gewohnten Essenszeiten, beachten.

Erschwerend kommt noch hinzu, dass sich viele der Parameter immer wieder ändern. Als Beispiele seien hier nur Belegung und Pflegegradstruktur genannt. Es ist also wie ein großer „Zauberwürfel“, an dem ständig jemand dreht. Das alles in seiner Vielzahl stimmig unter einen Hut zu bringen, ist schon eine Herausforderung und ohne systemische Unterstützung kaum zu schaffen.

1.3.2Ansatz der Bruttoplanung

In vielen Einrichtungen herrscht immer noch die bruttobasierte Dienstplanung vor.

Dabei ist der gedankliche Ausgangspunkt und gleichzeitig das Ziel der Planung die Bruttoarbeitszeit eines jeden Mitarbeiters, die es – zunächst einmal im Soll-Plan – möglichst zu erreichen gilt.

Eine Ted-Umfrage im Rahmen meiner Vorträge auf den Altenheimkongressen im Herbst 2012 ergab dazu folgendes Bild (Schaubild 4):

Schaubild 4: Anteil der Einrichtungen mit Brutto- bzw. Nettoplanung in %

 

Im Durchschnitt waren es 2012 also noch rund 2/3 der Einrichtungen, die diese Methode anwenden. Diese Grafik war bereits in der ersten Auflage dieses Buches enthalten und leider hat sich daran bis heute nicht viel geändert. Selbst die Hälfte von den vorgeblichen „Nettoplanern“ bauen diese auf geschätzten Abwesenheiten auf (Schätzen kann fehlen!). Das Problem des Bruttoplanansatzes ist, dass die bezahlten Abwesenheiten – z. B. für Feiertage – Schwankungen unterworfen sind. Bei konstant geplanter Bruttozeit übertragen sich diese Schwankungen auf die verfügbare Nettoarbeitszeit, wie folgendes Schaubild mit einer im Durchschnitt angenommenen Abwesenheitsquote von 20  % zeigt (Schaubild 5):

Schaubild 5: Verteilung der Nettoarbeitszeit bei Bruttoplanung

 

Nun wird der Soll-Plan zum Ist-Plan und es kommen noch Krankheitsausfälle hinzu.

In sozialen Einrichtungen kann – anders als bei vielen anderen Berufen – der Großteil der Arbeit weder liegenbleiben noch vorgezogen werden. Also muss dann in den Zeiten, in denen ohnehin mit unterdurchschnittlicher Nettobesetzung geplant wurde (im Schaubild z. B. im Mai) zumindest ein Teil des Ausfalls durch Überstunden, „Einspringen“ von eigentlich „im Frei“ geplanten Mitarbeitern oder durch Fremdpersonaleinsatz aufgefangen werden. Damit aber wird im Ist-Plan überzogen, da der Soll-Plan ja bereits das Budget zu 100 % ausgeschöpft hat! Gleichzeitig fallen zudem auch bei dem Mitarbeiter, der den Ausfall kompensiert, Überstunden oder Mehrarbeit an und ggf. gibt es auch noch einen freien Tag nachträglich zu gewähren. Je häufiger solche Situationen eintreten, desto unrealistischer wird deren Ausgleich, weil dies ja erneut eine Minderung des Personaleinsatzes an anderen Tagen bedeutet. Wer einmal in diesen Teufelskreis hineingerät, kommt nur ganz schwer wieder heraus.

1.3.3Ansatz- und Rechenfehler

Häufig werden wichtige Zahlen, wie z. B. Abwesenheitsquoten, geschätzt statt errechnet. Das ist wie Lotto: es kann zutreffen, meist tut es das jedoch nicht. Die Bandbreite der tatsächlich verfügbaren Nettoarbeitstage schwankt bei meinen Beratungskunden (bei der 5 Tage-Woche) zwischen 180 und 217 Tagen p. a.! Die Folge von unzutreffenden Schätzungen ist, dass sich im Lauf der Zeit auch vermeintlich kleine Fehler kumulieren und dann unweigerlich zu Schlüsselüberschreitungen durch Überstunden oder Personalleasing führen. Meistens fehlen in den mir in meiner Beratungspraxis bekanntgewordenen Nettoarbeitszeitberechnungen z. B. die organisatorischen Abwesenheiten etwa für Besprechungen, Betriebsrat etc. mindestens teilweise – oft sogar völlig.

1.3.4Missachtung mathematischer Zwänge

Dass man Adam Riese nicht überlisten kann, ist eigentlich klar, dennoch wird es in der Praxis häufig versucht nach dem Motto „Augen zu und durch“ oder „wird schon gut gehen“. Dahinter steht in der Regel die Konfliktvermeidung bei der Dienstplanerstellung und damit das „Zeit kaufen“ – denn das dicke Ende kommt erst im Ist-Plan – teiweise Monate später.

Am häufigsten geschieht das in der Praxis bei der Urlaubsplanung und der Planung der freien Wochenenden. Bricht der Dienstplan in den Sommerferien zusammen, so liegt es meist an der Urlaubsplanung im vergangenen November! Oft wird dabei die rechnerisch mögliche Urlaubsquote zum Teil erheblich und über längere Zeit überschritten. Daraus resultiert dann für die verbleibende Mannschaft eine z. T. enorme Arbeitsverdichtung mit manchmal schon illegal langen Dienstfolgen (20-22 Dienste am Stück im IST sehe ich hier öfters in meinen Dienstplananalysen). Lange habe ich dagegen rechnerisch angepredigt – mit nur mäßigem Erfolg. Erst mit der Visualisierung gelang hier der Durchbruch in den Beratungen: Zwei Musterbesetzungsschemata: einmal mit regulärer Urlaubsquote, einmal um 50 % überzogen (Schaubild 6):

Schaubild 6: Schematisches Einsatzbeispiel mit gleichmäßiger Urlaubsverteilung in der 5,5 Tage-Woche

 

Im Ausgangsschema läuft die Besetzung linear entlang der typischen Quoten für Urlaub und Krankheit. In der 5,5 Tage-Woche geht das mit 17 Mitarbeitern in etwa ganzzahlig auf. Davon sind dann 2 Mitarbeiter gleichzeitig im Urlaub und ein Mitarbeiter ist im Ø krank. Es bleiben also 14 einteilbare Mitarbeiter. Zieht man 1,5 Tage Frei pro Woche und Mitarbeiter ab, verbleiben 11 Dienste.

Erhöht man nun in diesem Mengengerüst mit 17 Kräften den Urlaub um eine weitere Kraft – und damit um 50 % – ergibt sich folgendes Bild (Schaubild 7):

Schaubild 7: Schematisches Einsatzbeispiel mit Überschreitung der Urlaubsquoten in der 5,5 Tage-Woche

 

Wird die Versorgung der Bewohner beibehalten, muss täglich zusätzlich eine Besetzung aus einem Frei generiert werden (gelbes „D“). Dadurch wird aus der 5,5 die 6 Tage-Woche und – soll der Doppelruhetag erhalten werden – die Dienstfolgenlängen zwischen Freien Tagen werden mit im Ø 11 Tagen doppelt so lang! Doch damit nicht genug: In der Praxis sehe ich in den Fehlzeitenanalysen häufig sogar eine Verdoppelung der Urlaubsquoten, z. B. (Schaubild 8):

Schaubild 8: Krankheitsanstieg in Folge der Überschreitung der Urlaubsquoten

 

In diesem Beispiel liegt die rechnerische Urlaubsquote bei ca. 5,7 Kräften am Tag.

Schon Wochen vor dem hier gezeigten Ausschnitt ist diese auf 7–9 angestiegen, dann lag sie für ca. 12 Tage auf in etwa dem doppelten Wert (die niedrigen Werte an den Wochenenden liegen daran, dass hier statt „Urlaub“ „Frei“ eingetragen wurde – leider eine weitverbreitete Praxis). Mit einem Zeitversatz von rund 2 Wochen ist dann die Krankheitsquote von davor ca. 3–4 Kranken pro Tag auf den 2–3-fachen Wert angestiegen – und mit einem Nachlauf von ca. 14 Tagen zum Ende der Urlaubsquotenüberziehung auch wieder gesunken.

Neben dem Urlaub sind die freien Wochenenden die häufigste Form der Missachtung mathematischer Zwänge. Oft wird – ohne vorher zu rechnen, ob das unter den Rahmenbedingungen der Einrichtung überhaupt möglich ist – die Quote der frei zu gewährenden freien Wochenenden vorgegeben und manchmal sogar in Betriebsvereinbarungen verankert. Dabei errechnet sich die Quote der möglichen freien Wochenenden strikt einzig aus der Besetzung am Wochenende und dem hierfür verfügbaren Personal. Sind z. B. von 10 Kräften (brutto) nach Abzug für Krankheit, Urlaub etc. (z. B. 2) 8 Kräfte verfügbar und soll jedes 2. Wochenende frei sein, dann kann das Wochenende nur mit maximal 4 Kräften besetzt sein – so einfach ist das! Im Umkehrschluss ergibt sich daraus, dass bei einer notwendigen Besetzung von 6 Kräften in diesem Beispiel nur jedes 4. Wochenende frei sein kann (8 verfügbare Kräfte ÷ 2 im Frei (8–6)).

Natürlich können Sie diese Zwänge im Soll-Plan ignorieren, weil Sie Ihren Mitarbeitern jedes 2. Wochenende frei oder zu viel Urlaub gleichzeitig versprochen haben. Spätestens bei der Kompensation von Ausfällen holt Sie die Realität dann im Ist-Plan wieder ein – Adam Riese lässt sich leider nicht überlisten! In der Praxis gibt es dann bei Ausfällen 3 Möglichkeiten:

es springt dann doch ein eigentlich „im Frei“ geplanter Mitarbeiter ein – der dann nicht mehr auf seine zugesagte Quote kommt – oder

der Ausfall wird mit Fremdpersonal kompensiert – was de facto einer Wochenendaushilfe entspricht oder

die verbleibende Mannschaft muss es mit einem Mitarbeiter weniger schaffen – was de facto dann doch einer Besetzungsverminderung entspricht.

Ein besonders krasses Beispiel für Besetzungsverminderung aus einer anderen Dienstplananalyse meiner Beratungspraxis hierzu (Schaubild 9):

Schaubild 9: Beispiel für die Urlaubsquotenüberziehung zu Lasten der Bewohnerversorgung

 

In diesem Heim betrug (über ein ganzes Jahr gemessen) die Urlaubsquote teilweise das ca. Dreifache des rechnerischen Ø-Wertes. Dann konnte ich – anders als im vorstehenden Schaubild trotz dieser krassen Abweichung jedoch keinen Anstieg der Krankheitsquoten feststellen. Das hatte ich so noch nicht gesehen und es hat mir deshalb keine Ruhe gelassen. Also habe ich die Summenebene verlassen und mir die einzelnen Tage in der Urlaubszeit angesehen – und siehe da: Es wurde die Besetzung teilweise massiv heruntergefahren!

Fazit:

Lieber gleich die Realität akzeptieren und strategisch im Vorfeld überlegen, wie in dem Dreieck aus Besetzungserfordernis, Einsatz von Aushilfen und Mitarbeiterfreizeit der bestmögliche Kompromiss gefunden werden kann – der dann auf Dauer auch wirklich funktioniert.

 

1.3.5Kein integriertes Gesamtsystem

Sie haben an dem Schaubild mit den vielen Pfeilen gesehen, wie viele Einflussfaktoren auf das System wirken. Dazu kommt, dass viele dieser Parameter sich kontinuierlich verändern. Die Belegung und der Pflegegradmix steigen und sinken – Ihre Personalstruktur verändert sich etc. Es ist also wie ein Zauberwürfel, an dem ständig gedreht wird.

Viele Einrichtungen oder Träger „bauen“ sich hier Hilfssysteme. Eine Excel-Tabelle zur Errechnung der refinanzierten Vollzeitstellen aufgrund der Belegung hat z. B. fast jeder. Doch diverse Kennzahlen und Listen aus Berichtssystemen, Excel-Tabellen etc. wirken nur im Kopf des Benutzers zusammen. Ändern sich Parameter, wie z. B. die Belegung oder die Personalstruktur, wird der daraus resultierende Handlungsbedarf in Bezug auf die Dienstplanung oft nicht – oder zumindest nicht durchgängig – erkannt.

Fazit:

Alle relevanten Größen in einem System zusammenführen!

 

Doch genug von den Problemen – kommen wir nun zu den Lösungsansätzen.

2Strategisches Dienstplanmanagement – Elemente und Ansatz

Wie kann also so ein ganzheitliches, strategisches Dienstplanmanagementsystem aussehen?

Stellen Sie es sich einmal als Haus vor (Schaubild 10):

Schaubild 10: Dienstplanstrategie: Ziel und Komponenten. Das Fundament ist die Sicherstellung eines aufgehenden Dienstplandreiecks

 

Dieses Haus bauen wir nun im Verlauf dieses Kapitels Stück für Stück auf. Legen Sie also am besten gleich ein Lesezeichen in diese Seite.

Die Basis – und damit das Fundament – ist dabei das bereits im Kapitel 1.1. beschriebene Dienstplandreieck.

Darauf gründen die 3 Säulen der Strukturen, Besetzung und Abläufe. Die Pfeile zwischen diesen Säulen symbolisieren die wechselseitige Abhängigkeit: Verändert sich eine Säule, zieht das unweigerlich Änderungen an den anderen beiden nach sich.

Beispiel: Ändert sich die Platzzahl einer Wohngruppe, ändern sich auch die Besetzung und die Abläufe. Als 4. Säule steht davon unabhängig das Ausfallmanagement.

Fangen wir also mit dem Fundament unseres Hauses an: Das Fundament zur Erstellung eines strategischen Dienstplanmanagementsystems, das Refinanzierung, Personalbestand und Personaleinsatz im Einklang hält, besteht aus den Komponenten Stellenbemessung, Nettoarbeitszeitermittlung und Besetzungsplanung. Diese hängen wie folgt zusammen, siehe Schaubild 11):

Schaubild 11: Zusammenhänge im Dienstplansystem

 

In dieser Grafik sind die Farben verwendet, die Sie schon aus der Darstellung des Dienstplandreiecks kennengelernt haben: Rot für Budget, Gelb für Personal und Grün für Dienstplan.

Der Weg zum „Bau“ des stimmigen Dienstplandreiecks vollzieht sich also in 6 Schritten:

die Ermittlung der refinanzierten Vollzeitäquivalente, multipliziert mit

der ermittelten Nettoarbeitszeit je (fiktiver, durchschnittlicher) Vollzeitkraft ergibt

das Nettoarbeitszeitbudget in Stunden.

Die Personaldaten und die Tage-Woche(n) ergeben

den Schichtrahmen, in dem sich schließlich

die Besetzungsplanung zu bewegen hat, damit auch die Arbeitsverträge dauerhaft eingehalten werden können.

Gehen wir das Verfahren nun Schritt für Schritt durch, wobei jeder Schritt einer Kapitelüberschrift entspricht, der 1. Schritt ist also in Kapitel 2.1 beschrieben usw.

2.1Stellenbemessung

Strategisches Dienstplanmanagement fängt also mit der Stellenbemessung an. Ganz grundsätzlich gibt es 2 Formen der Stellenbemessung:

2.1.1Bedarfsorientierte Personalbemessung („von unten“)