Suche Heimat, biete Verwirrung - Proschat Madani - E-Book

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Proschat Madani

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Beschreibung

Proschat Madani ist im Iran geboren, in Österreich aufgewachsen und als Schauspielerin in Deutschland erfolgreich. Von außen betrachtet ist sie ein Musterbeispiel für gelungene Integration. Doch innerlich fühlt sie sich heimatlos. Aufgrund ihres Aussehens gilt sie in Österreich als Ausländerin, Iraner irritiert ihr deutscher Akzent und in Deutschland macht ihr Wiener Dialekt sie zur Österreicherin. Um dazuzugehören, hat sich Proschat Madani ihr Leben lang erfolgreich angepasst. Zumindest scheinbar, denn immer wieder ist da das Gefühl: So, wie du bist, bist du nicht richtig! Bis sie eines Tages erkennt, dass sie ihr Zuhause nicht im Äußeren finden kann ... Humorvoll und persönlich schreibt Proschat Madani über das Suchen und Finden der Heimat – in sich selbst.

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Seitenzahl: 349

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Proschat Madani

SUCHE HEIMAT,            BIETE VERWIRRUNG

Mein persisch-deutsch-            österreichisches Leben

Für Nasi

Inhalt

Nicht lesen!

Am Set 1

Von Krawattenlängen und anderen Symbolen

Unterwegs auf meiner göttlichen Wurzelmission

Mein Vater auf dem Elefanten oder: das weinende Volk

Von Ursprungswunden und falschen Pferden

Die riskante Kante oder: das gelobte Land der Authentizität

BFF und HMITW

Von Filzpantoffeln und großen Gefühlen

Am Set 2

Danksagung

Quellenverzeichnis

Nicht lesen!

Blöder Trick, ich weiß! Aber er funktioniert offensichtlich: Sie lesen.

Und jetzt Hand aufs Herz, würden Sie diese Zeilen auch lesen, wenn darüber »Vorwort« gestanden hätte? Eben.

Ich will Ihnen hier einen kleinen Ausblick darauf geben, was Sie erwartet. Mehr nicht. Das scheint mir nötig, weil dieses Buch … nun, sagen wir: nicht so leicht einzuordnen ist.

Es steckt viel Biografisches darin, aber es ist keine Biografie. Für ein Sachbuch ist es zu wenig sachlich. Für einen Roman zu real. Es werden ab und an Wissenschaftler und andere schlaue Leute darin zitiert – ist es ein Fachbuch? Natürlich nicht. Spirituell ist es nicht, obwohl ich mitunter von vermeintlichen »Erleuchtungserlebnissen« berichte. Und politisch ist es schon gar nicht, obwohl es im Buch viel um Integration geht. Es ist häufig, aber nicht immer komisch, weil es bisweilen auch traurig darin zugeht. Auf keinen Fall ein Ratgeber – und ein Betroffenheitsbuch? Hoffentlich nicht.

Eins aber ist es mit Sicherheit, immer, durchweg und ausnahmslos: vollkommen subjektiv und daher sehr persönlich.

Kurz: Dieses Buch ist eine Gewürzmischung. So wie ich.

»Das Persönlichste ist das Allgemeinste.« Das sage nicht ich, sondern das sagte einst Carl Rogers, seines Zeichens Psychotherapeut.[1] Ich stimme ihm zu. Mittlerweile. Die längste Zeit aber habe ich ihm nicht geglaubt. Denn mein Persönlichstes schien mir so anders zu sein als das Allgemeine. Deshalb bemühte ich mich, es so gut wie möglich zu verstecken, indem ich mich so gut wie möglich anpasste.

Und darum geht es in diesem Buch: um meinen oft nicht allzu ernsten Blick aufs Fremdsein und Anpassen, aufs Ausgeschlossensein und Dazugehören.

Ich bin eine Ausländerin, wo immer ich bin. Ich kenne es nicht anders. Zu meinem Erstaunen musste ich aber mit der Zeit feststellen, dass auch die, die Heimat haben, fremd sein können. Auch von ihnen erzähle ich hier. Für die meisten Personen im Buch gilt jedoch der Klassiker: Alle Ähnlichkeiten mit Lebenden und Verstorbenen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Unter uns: Es gibt diese Menschen trotzdem. Haben sie darum gebeten, in meinem Buch vorzukommen? Ich habe sie nicht einmal gefragt. Dafür jedoch habe ich sie in ihrem Beruf, Aussehen, Alter und anderen Eigenschaften so verfremdet, dass sie nicht zu erkennen sind. Außer von sich selbst vielleicht.

Das kann natürlich nicht für meine Mutter gelten. Sie hat mir erlaubt, sie so zu beschreiben, wie ich sie sehe. Mein Vater hat mir das nicht erlaubt. Konnte er nicht, weil er nicht mehr lebt. Auch hier, wie kann es anders sein, ist es mein subjektiver Blick auf ihn, der ihn zeichnet. Er kann mir ja bei unserem Wiedersehen die Leviten lesen, wenn ihm meine Darstellung nicht passt. Und meine Tochter? Sie hat keinen Schimmer, was ich über sie geschrieben habe. Sie lässt sich überraschen, was von ihrem großen Vertrauen mir gegenüber zeugt. Mein Mamaherz schlägt höher, sehr gerührt und voller Dankbarkeit.

Aber ich habe ja nicht nur verfremdet, ich habe auch verdichtet. Meine Erfahrungen der letzten 45 Jahre in eine Geschichte verwoben, die innerhalb einer Woche stattfindet. Und wie das mit Verdichtungen so ist, sie dichten, in diesem Fall nicht ab, auch nicht dazu, sondern zum Wesentlichen hin: Alle Begegnungen, die ich im Folgenden beschreibe, haben stattgefunden. Nicht unbedingt in der zeitlichen Abfolge, vielleicht an anderen Orten und in mehreren Etappen. Aber die Gedanken und Gefühle, die sie in mir ausgelöst haben – genau so, wie ich sie beschreibe, habe ich sie gedacht und gefühlt.

Jedes Kapitel behandelt eine Variante des Themas Fremdsein und mag mitunter dadurch bedingt auch im Stil variieren. Und vielleicht finden Sie sich in der einen oder anderen Begegnung, Geschichte, Situation, Erzählweise wieder. Wahrscheinlich immer dann, wenn mein Persönlichstes auf Ihr Persönlichstes trifft.

Das würde mich sehr freuen. Denn dann verbindet uns etwas. Und mittlerweile glaube ich fest daran, dass es letztendlich darum geht: ums Verbundensein. In erster Linie mit mir selbst. Denn dann, so meine Erfahrung, bin ich es viel leichter auch mit den anderen. Immer wenn mir das gelingt, fühle ich mich nicht mehr fremd.

Noch gelingt es mir nicht immer. Aber immer öfter. Und das fühlt sich verdammt gut an.

Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen!

Ihre Proschat Madani

Am Set 1

Pünktlich 6.55 Uhr öffne ich die Haustür und trete hinaus in die klirrende Kälte. Wie üblich stehe ich fünf Minuten vor der verabredeten Zeit abholbereit da. Ich bin nach einer durchwachten Nacht um fünf Uhr aufgestanden, habe mich bis aufs Äußerste geduscht, bis aufs Äußerste meine Haare gewaschen, drei doppelte Espressi getrunken und mich zwanzig Minuten lang auf meinem Meditationskissen hin und her gewälzt.

Erste Drehtage machen mich nervös. Sehr nervös. Auch nach so vielen Jahren noch. Ich weiß ja nie, was mich erwartet. Was, wenn der Regisseur entdeckt, dass ich völlig ungeeignet für die Rolle bin? Nein, schlimmer noch: ungeeignet als Schauspielerin überhaupt? Ein siebzigjähriger Kollege erzählte mir unlängst, dass er immer noch von Albträumen geplagt werde, in denen er, bevor er den ersten Satz gesprochen hat, wegen gemeingefährlicher Unbegabtheit umbesetzt wird.

Schauspieler sind eine eigenartige Spezies: Einerseits ist ihr Ego aufgepumpt wie die Muskelpakete Arnold Schwarzeneggers zu seinen besten Zeiten – andererseits haben sie das Selbstvertrauen einer Pusteblume.

Zu meiner Verteidigung muss ich allerdings erwähnen, dass es sich diesmal um keinen gewöhnlichen ersten Drehtag handelt. Ich spiele zum ersten Mal in einem deutsch-persischen Film mit. Ich wurde in meiner schauspielerischen Laufbahn oft für persische Rollen gecastet. Ich habe sie nie bekommen. Mein lückenhaftes Farsi und mein undefinierbarer Akzent schreckten die Regisseure ab. Einer meinte, die Authentizität der Figur könnte leiden, wenn eine Frau, die aussieht wie eine Perserin, sich so anhört wie eine Chinesin, die versucht, Italienisch zu sprechen. Aber diesmal hat es geklappt. Ich spiele Fariba Pahani, eine Exilperserin in Berlin. Stopp: Nein, ich spiele sie nicht nur. Ich bin Fariba Pahani. Immerhin beschäftige ich mich mit nichts anderem als mit Fariba, seit ich vor vier Wochen erfahren habe, dass der Regisseur mich für die Rolle will. Ich habe einen Sprachkurs belegt, mir 13 iranische Filme angesehen und mir meinen Text von einer persischen Kellnerin auf meinen iPod sprechen lassen. Mit diesen Worten schlafe ich jede Nacht ein und jeden Morgen wache ich mit ihnen wieder auf. Ich habe persisch kochen gelernt und mit meiner Mutter auf Farsi telefoniert, während sie mir auf Deutsch mitteilte, dass sie mich nicht versteht. Ich habe Bücher über den Iran gelesen, mich über Land und Leute kundig gemacht, die Eckdaten der Weißen Revolution auswendig gelernt…und ich kann Ihnen nun erzählen, dass 53 Prozent des Iran von Wüste bedeckt sind und elf Prozent von Wald. Wie eine besessene Ethnologin habe ich mich an diese Herausforderung gewagt und darf nun mit bestem Gewissen behaupten, dass ich nicht nur bis aufs Äußerste geduscht, sondern auch aufs Äußerste vorbereitet bin.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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