Tanz- und Liebesstunde - Pavel Kohout - E-Book

Tanz- und Liebesstunde E-Book

Pavel Kohout

0,0

Beschreibung

6. Juni 1944, der Tag der Landung der Alliierten in der Normandie, ein großer Tag im Leben der der achtzehnjährigen Christine. Die Tochter eines hohen SS-Offiziers kommt aus dem Berliner Internat zu Besuch in die von ihrem Vater befehligte Festung im "Protektorat Böhmen und Mähren", um dort den Geburtstag ihrer Mutter und ihren eigenen zu feiern. An diesem düsteren Ort, wo abgeurteilte europäische Widerstandskämpfer ihr Schicksal erwarten, erlebt sie die erste Tanzstunde und ihre erste Liebe. Die Tanzlehrerin kommt aus dem nahen Ghetto, der Begehrte ist ein Todesengel. Eine "deutsche Romanze" nimmt ihren Lauf. Biografische Anmerkung Pavel Kohout, 1928 in Prag geboren, zählt zu den international bekanntesten Schriftstellern und Dramatikern. Als einer der Wortführer des "Prager Frühlings" von 1968 wurde er aus der Kommunistischen Partei ausgeschlossen und über 20 Jahre totgeschwiegen. Mitverfasser der "Charta 77", daraufhin 1979 ausgebürgert. Zu seinen bekanntesten Werken gehören "Die Henkerin" (1978), "Wo der Hund begraben liegt" (1987) und "Sternstunde der Mörder" (1995). 2010 erschien seine Autobiografie "Mein tolles Leben mit Hitler, Stalin und Havel". Pavel Kohout lebt heute wieder in Prag.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 357

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Pavel Kohout

Tanz- und Liebesstunde

Eine deutsche Romanze

Saga

Für Lilo und Günter Friedrich

in gemeinsamer bewährter Freundschaft,

die alte Gräben in Europa zuschüttet,

ohne frische Gräber vergessen zu lassen.

P.K.

15. März 1989

I

Montag, 5. 6. 1944, vor Mitternacht

Als sie aus dem stillen und kühlen Korridor in die Dachstube tritt, nimmt sie einen heißen und duftenden Lärm wahr. Sie hört durch das offene Fenster die Grillen zirpen, und dabei fällt ihr ein, daß sie bei ihrer Ankunft in der Festung auf den Wällen Männer mit Sensen gesehen hatte. Der Gestank von Berlin hatte ihr immer wieder Brechreiz verursacht. Den intensiven Duft des welkenden Grases empfindet Christine wie ein Labsal.

Beim Abendessen mit den Eltern fröstelte es sie manchmal. Die Mauern des Herrenhauses sind, wie die ganze Festung, aus Quadersteinen gefügt. Bei geschlossenen Fenstern strahlen sie im Sommer Kälte aus. Sie ist froh, daß sie ihr Fenster offengelassen hat. Sie zieht sich im Dunkeln aus, stützt die Ellenbogen auf den breiten hölzernen Fenstersims und legt die Handflächen der gekreuzten Arme auf die Brüste. Ihr Körper, in den letzten Monaten einem fremden, tückischen Tier ähnlich, gehört ihr wieder.

Es kommt ihr unwirklich vor, daß sie noch heute morgen im Internat aufgewacht war. Zu diesem Traum gehört auch die Direktorin, ‹die Kuh› genannt, die ihr mit säuerlichem Lächeln befahl, sie solle geschwind ihre persönlichen Sachen zusammenpacken. Vor allem gehört dazu jener junge schlanke Offizier mit einem Gesicht, wie sie es seit ihrer Kindheit nur auf Bildern mit Engeln gesehen hatte. Er hatte ihren Koffer zum Wagen getragen, wo der Fahrer des Vaters sie förmlich begrüßte. Unterwegs schlief sie ein.

Erst das Kopfsteinpflaster der schmalen Brücke, in deren Verlängerung die alte Festung emporragte, hatte sie geweckt. Die Sonne, die gerade hinter ihren Dächern und Wällen versank, verwandelte sie in einen riesigen Scherenschnitt aus schwarzem Papier. Vor dem glühenden Himmel bewegten sich jedoch ganz oben im rhythmischen Schwingen der Sensen die winzigen Gestalten der Schnitter.

Dann das mächtige Tor aus dunklen Quadern, das gleich einer Schleuse von zwei schweren Eisentoren mit eingelassenen Türchen verschlossen war. Danach eine kurze Lindenallee und dahinter das zweigeschossige Herrenhaus. Auf seiner Schwelle die Mutter und der Vater, der ihr sogar ein Lächeln entgegenschickte!

Daß er den ganzen Abend über wie gewohnt unnahbar war, konnte ihrer festlichen Stimmung nichts anhaben. Obwohl die Mutter stets Christines Verbündete gewesen war, hatte sie insgeheim ihn von klein auf lieber gemocht. So weit sie zurückdenken konnte, hatte sie ihn nur in Uniform gesehen, mal in dieser oder jener, und fast immer in Gesellschaft von Männern, die ihm unterstanden. Ihr gegenüber gab er sich oft wortkarg und beinah unpersönlich. Im Beisein ihrer Mutter, der er grenzenlos ergeben war, taute er meist ein wenig auf. Untergebene, aber auch Vorgesetzte, alle zollten sie ihm Respekt, der eine Mischung aus Bewunderung und Furcht spüren ließ. Christine liebte den Vater und ertappte sich öfter dabei, daß sie eifersüchtig auf die Mutter war.

Sie hatte sich damit abgefunden, nichts über seine Aufgaben zu wissen. Eine gewisse Zeit litt sie darunter, wenn Mitschülerinnen die Briefe ihrer Väter von der Front in der Klasse vorlasen. Die seinen eigneten sich dazu nicht. Er schrieb darin über Bücher, die er sogar ins Feld mitnahm und wünschte, auch Christine würde sie kennen. Neben den Briefen anderer Soldaten, aus denen kämpferische Mannhaftigkeit dröhnte, muteten seine wie die Briefe einer Tante an. Aber es fragte auch niemand nach ihnen, weder Freundinnen noch Lehrerinnen. Seine Autorität vermochte auch aus der Ferne zu wirken.

Er war einer der wenigen Offiziere, die man nach ihrer Verwundung aus der Ukraine ausgeflogen hatte. Erst nach einer Woche rief er zu Hause an, er sei hier in Berlin und sie könnten ihn besuchen. Völlig verstört war sie an Mutters Seite durch die Säle gegangen, die mit verstümmelten Männern überbelegt waren. Ihre Gesichter waren aschfahl und abgehärmt, ihre Augen schienen schon in eine andere Welt zu starren. Der Vater war frisch rasiert, roch nach seinem «Pitralon» und saß in einem sauberen, gestärkten Hemd aufrecht im Bett, als wollte er im nächsten Augenblick eine Stabsbesprechung abhalten. Beim Anblick der beiden lächelte er ein wenig, küßte sie und bat, ihm zuallererst zu berichten, wie es ihnen in den vergangenen Monaten ergangen sei. Außer sich vor Freude, schwatzte Christine allerlei durcheinander und beneidete die Mutter, daß sie seine Rechte halten durfte.

Als sie endlich nach seiner Verletzung fragen konnten, sagte er nur, der Stabswagen sei auf eine Mine gefahren, die Banditen gelegt hatten, und er als einziger von vier habe überlebt. Ihre Begeisterung über dieses Wunder dauerte nur so lange, bis eine abgehetzte Krankenschwester sein Essen brachte und die Mutter bat, ihm das Fleisch kleinzuschneiden. So erfuhren sie es: Man hatte ihm den linken Arm über dem Ellenbogen und das linke Bein oberhalb des Knies amputiert.

Nach Hause kam er nach Monaten mit Prothesen, der Ostmedaille, dem EKI, dem Verwundetenabzeichen in Silber und einem neuen Marschbefehl. Wie gewöhnlich ließ er sie nur den ungefähren Ort wissen: das Protektorat Böhmen und Mähren, Kreis Leideneritz. Dann traf Christine der nächste Schock: Die Mutter war nicht gewillt, den geliebten Mann der gleichgültigen Fürsorge von Sanitätern zu überlassen, und sie beschloß, ihn zu begleiten. Der Tochter fehlten nur noch zwei Jahre bis zum Abitur. Es wäre töricht gewesen, eine Schule zu verlassen, in der sie gut war. So entschied sich die Familie gemeinsam für ein Mädcheninternat. Jammerschade war es, daß Christine nun ihren Ballettunterricht aufgeben mußte. Das Internat lag in Schöneberg, in der Nähe der Schule, und die Anstaltsleitung erlaubte grundsätzlich keinen privaten Ausgang außer am Sonntag.

Erstaunt war sie, wie schnell sie sich eingewöhnte. Strenges Regiment war sie von zu Hause gewöhnt, in der Anonymität des Internats bedeutete es für sie sogar ein gewisses Maß an Freiheit. Die Schule selbst genoß einen Sonderstatus und deshalb auch zahlreiche Privilegien. Arbeitseinsätze fanden nur von Zeit zu Zeit und unter nicht unangenehmen Bedingungen statt. Einmal in der Woche fuhren die Mädchen nach Wannsee, um dort in einer gutgetarnten Fabrik feinen Draht auf Spulen zu wickeln. Danach durften sie sich am See, der in einem Sperrgebiet lag, nach Herzenslust austoben.

Auch Karten für die Theater, die wegen der nächtlichen Bombenalarme schon am Nachmittag begannen, sofern sie überhaupt noch spielten, bekamen sie zugeteilt und wurden sogar hin- und zurückgekarrt. Sie vergötterte das Ballett und man wußte, wie sehr sie es vermißte; deshalb war sie immer unter den Auserwählten. Sie lernte mühelos, war Kreissiegerin im Hochsprung, und es stand fest, daß sie ab Herbst Sportführerin des «Bundes deutscher Mädchen» an der Schule sein würde. Das ganze Jahr über hatte sie eigentlich nur drei echte Sorgen: Sie vermißte ihre Eltern sehr, und die häufigen, langen Briefe der Mutter steigerten ihre Sehnsucht nur noch; sie fürchtete sich zunehmend vor den Bombenangriffen, obgleich das Villenviertel, in dem das Internat lag, bislang verschont geblieben war; und immer stärker beunruhigte sie der eigene Körper.

Die Mutter hatte sie zwar beizeiten aufgeklärt. Trotzdem glaubte sie jedesmal, sie müsse sterben. Ihre Tage bekam sie zum ersten Mal mit sechzehn – der Schularzt schrieb dies lobend ihrer sportlichen Ertüchtigung zu –, und sie waren von immer heftigeren Schmerzen und stärkerem Blutverlust begleitet. Im Internat wäre es undenkbar gewesen, deshalb nicht zur Schule zu kommen. Die «Kuh» hätte es als eine Art Hochverrat angesehen. Denkt, Mädchen, an die deutschen Männer! Sie vergießen ihr Blut mit zusammengebissenen Zähnen für Großdeutschland – und auch für euch! Was hätte sie da wohl von der Tochter eines Mannes gehalten, der dem Vaterland Arm und Bein geopfert hatte.

Ihr Leiden wurde immer unerträglicher. Höchstwahrscheinlich war sie das einzige Mädchen in ihrer Klasse, das noch keine erotischen Erfahrungen gemacht hatte. Jede ihrer Mitschülerinnen, alles Töchter von Funktionären und Offizieren, die an allen Ecken und Enden des deutschen Europa Dienst taten, hatten schon eine flüchtige oder sogar ernste Bekanntschaft, meist aus den selben Kreisen stammend. Die «Kuh», von ihrer Moralpredigt zu Tränen gerührt, die deutsche Frau gebe sich dem deutschen Manne erst in der Hochzeitsnacht unberührt hin, hatte dafür auch praktisch gesorgt. Ihre Aufsichtsgewalt als Vorsteherin dieses weltlichen Klosters war allerdings nicht total: Den freien Sonntagnachmittag von zwei bis acht durften die Mädchen außerhalb des Internats verbringen.

Die jungen Männer in den feschen Uniformen aller Waffengattungen oder in modischen Knickerbockern ziviler Dandys, die ihre «Verlobten» oder «Cousinen» in geliehenen Autos zu geliehenen Wohnungen brachten, reizten Christine ebenso wie die Direktorin. Ihr war unbegreiflich, daß sich bisher noch kein einziger auch nur im geringsten für sie interessiert hatte. Und wenn die Mädchen in den verdunkelten Schlafsälen voreinander die Künste ihrer Liebhaber in allen Details priesen und die Gefühle, die diese in ihnen weckten, beschrieben, kam sie sich gedemütigt vor. Ihr wurde oft so übel, daß sie aufstehen und hinausgehen mußte.

Im Gemeinschaftswaschraum ließ sie dann das Nachthemd fallen und betrachtete sich im Spiegel. Obwohl sie sich für ganz hübsch hielt und hörte, wie so manche Kameradin das von ihr behauptete, fand sie immer weniger Gefallen an sich selbst, bis ihr Körper sie fast anekelte. Die unvermeidlichen Begleitumstände ihrer Körperlichkeit erschienen ihr wie ein Gebrechen, von dem allein sie gezeichnet war, und alle Welt wußte davon.

Dabei war die Sache doch ganz einfach: Ihre zunehmende Ratlosigkeit und Gereiztheit schufen eine Barriere, die sie von Vertraulichkeiten im voraus ausschloß, und der Nimbus des Vaters zwang die möglichen Verehrer noch dazu zur Vorsicht. Sie fand darin aber nur ihren Unwert bestätigt.

Im Mai dieses Jahres erlebte Berlin den bisher schlimmsten Luftangriff. Den Meldungen des Oberkommandos der Wehrmacht zufolge waren daran mehr als zweitausend anglo-amerikanische Bomber beteiligt. Das Stadtzentrum hörte auf zu existieren. Zwar gingen auch diesmal an der Peripherie in unmittelbarer Nähe des Internats keine Bomben nieder, doch hingen dichter Qualm und der Gestank nach schmorendem Asphalt und versengtem Menschenfleisch bald wie schwerer Nebel auch über dem Villenviertel. In den Stunden, die sie im Luftschutzkeller verbringen mußte, tat Christine, als schliefe sie, in Wirklichkeit aber betete sie verzweifelt.

Der Gott von Familie und Internat war selbstverständlich der Führer. Seine historische Mission, das natürliche Recht des deutschen Volkes auf Weltherrschaft zu verwirklichen, wozu die Vorsehung ihn berufen hatte, wurde tagtäglich durch das Blut von Tausenden von Feinden bestätigt. Diese Nacht im Luftschutzkeller aber, der nur noch fragwürdigen Schutz bot, wenn auch bei entfernteren Detonationen Staub und Mörtel von der Decke rieselten, schien den Führer der Deutschen zu überführen, weder unfehlbar noch unsterblich zu sein. In ihrer Todesangst wandte sich Christine seinem allmächtigen Vorgänger zu.

Die Eltern waren evangelisch und hatten auch die Tochter taufen lassen, im Jahre sechsundzwanzig war die Bewegung in dieser Hinsicht noch recht liberal und ließ positives Christentum gelten. Bald nach der Machtübernahme geriet der Vater in Rage, als die Kirche in der Sternstunde der Nation eine vage Position einnahm, ja sogar Rücksicht gegenüber den offenkundigen Volksfeinden verlangte. Die Familie trat geschlossen aus der Kirche aus.

Religionsstunden hatte Christine nur in der ersten und zweiten Klasse besucht. Bleibenden Eindruck hinterließ allerdings bei ihr die Geschichte vom Schöpfer, dem Allmächtigen, der für die Menschheit seinen einzigen Sohn opferte, um ihn dann vom Grabe auferstehen zu lassen und zu sich in den Himmel zu holen. Wann immer sie eine Statue oder ein Gemälde des Gekreuzigten sah, wuchs in ihr mit den Jahren ein sonderbares, ehrfurchtsvolles Vertrauen zu ihm heran. Hatte man ihr nicht bei der Taufe die weibliche Form seines Namens gegeben? Als nun das Internatsgebäude in seinen Grundfesten erzitterte, daß man meinte, es müßte jeden Augenblick wie eine Kinderburg aus Sand zusammenfallen, betete Christine zum Vater jenes Christus, er möge auch sie aus diesem Kellergrab erlösen. Sie wußte nicht, was sie mit dem Himmel anfangen sollte, und bat ihn flehentlich, sie den Eltern zurückzugeben.

Davon wagte sie dem eigenen Vater natürlich kein Wort zu schreiben, auch der Mutter nicht, weil sie wußte, sie würde bei ihm ein gutes Wort für die Tochter einlegen. Weder mit Zärtlichkeiten noch mit Kümmernissen hatte sie ihn jemals belästigt. Ihr Leben lang hatte sie sich innigst danach gesehnt, er möge sie ebenso schätzen wie sie ihn. Als ihr die «Kuh» einige Tage darauf verlegen mitteilte, sie müsse auf höhere Weisung das Schuljahr vorzeitig beenden und den Eltern ins Protektorat folgen, glaubte Christine fest, dieser Gott sei auch allwissend. Sie gelobte, die Botschaft der Barmherzigkeit an den ersten Nächsten weiterzugeben, der sie darum bitten würde.

Der erste Nächste wartete beim Pförtner und bat sie um Koffer und Tasche. In den Gesichtern der Kameradinnen, die sie zum Abschied begleiteten, las sie die neidvolle Bestätigung ihres eigenen Eindrucks, wohl nie zuvor einen so schönen jungen Mann gesehen zu haben. Der Offizier in der schwarzen Uniform, dessen Name sie in der Aufregung überhört hatte, mußte mindestens einsneunzig sein, er hatte eine Taille wie eine Ballettänzerin. Daß er trotzdem nicht weiblich wirkte, verdankte er den breiten Schultern, den kräftigen, wenn auch schmalen Händen und vor allem seinem Kopf.

Während die feine faltenlose Haut seine Jugend verriet und die hellblauen Augen die durch nichts getrübte Seele eines Kindes widerzuspiegeln schienen, war sein Gesicht eine Mustersammlung all dessen, was man üblicherweise als männlich bezeichnete. Die Stirn und die ausdrucksvollen Wangenknochen zeigten Intellekt an, Kiefer und Kinn strahlten Energie aus. Feines blondes Gekräusel lugte unter der Mütze hervor. Das Symbol des Todes darauf verlieh seiner Erscheinung eine unirdische Wirkung. Christine erschien es, als habe der liebe Gott ihr einen seiner Cherubim gesandt.

Er bat sie um Verständnis, daß er als Wagenkommandant vorn sitzen müsse, und das war alles. Die belanglosen Fragen, mit denen sie anfangs ein Gespräch anzuknüpfen versuchte, beantwortete er einsilbig. Vaters Fahrer fühlte sich indes verpflichtet, sie mit einem Schwall von Nichtigkeiten zu überschütten, und sein Geschwätz war genauso langweilig wie die Landschaft rechts und links der Autobahn. Beleidigt beschloß sie so zu tun, als schliefe sie. Und schließlich fiel sie, von all den Eindrücken mitgenommen, in einen echten, tiefen Schlaf.

Jetzt spürt sie, wie der warme Duft und die eintönige Melodie der Grillen sie wieder betäuben. Gleichzeitig nimmt sie wahr, daß ihr der Bauch nicht mehr weh tut, der gerade heute morgen zu schmerzen anfing. Eine Woche zu früh, wahrscheinlich vor lauter Aufregung. Im letzten Moment ging sie ins Haus zurück, um sich noch rasch zu versorgen. Sie kannte sich und hatte keine Ahnung, wie sie die lange Fahrt überleben würde. An der Pförtnerloge jedoch stand der blonde Offizier, und Christine wird jetzt mit einem Mal klar, daß sie von jenem Augenblick an die Schmerzen los war.

Schrill pfeift eine Lokomotive, und gleichzeitig ertönt das Stakkato der Dampfstöße. Irgendwo ganz in ihrer Nähe kommt ein schwerbeladener Zug in Fahrt. Ihre Berliner Wohnung hatte am Anhalter Bahnhof gelegen. Der Vormieter, ein Rechtsanwalt, Jude wahrscheinlich, der aus gutem Grund rechtzeitig auf und davon war, hatte sie mit Holztäfelung und gepolsterten Türen ausstaffieren lassen und mit massiven Möbeln eingerichtet. Christine fühlte sich durch all das eingeengt, verliebte sich aber bald schon in den Ausblick von ihrem Balkon auf die Schienenstränge, die sich aus der riesigen Halle wanden. Züge schläferten sie ein und weckten sie auf. Eine sie immer wieder von neuem erregende Erscheinung waren die Perlenketten der leuchtenden Waggonfenster. Sie schienen von dem über der Großstadt sich wölbenden Nachthimmel herabzuschweben, um dann wieder zu ihm aufzusteigen. Im Krieg erloschen die Lichter.

Als sie im letzten Vorkriegsjahr auch in der Oberprima lauter Einsen hatte, machte ihr der Vater ein wunderbares Geschenk: Sie durfte mit der Mutter in die Ferien an der See bis Stralsund Erster Klasse fahren. Der schwere Duft von Plüsch und das helle Klirren der silbernen Tabletts, auf denen ihnen ein befrackter Ober das Frühstück im Coupé servierte, begleiteten sie bis heute.

Voriges Jahr sollten die Mädchen einen Aufsatz schreiben, wie sie sich den Frieden vorstellten. Die Palette der Wünsche, inspiriert meist von den Schilderungen der Eltern, reichte vom Diner im Pariser Maxim über ein Feuerwerk am Berliner Funkturm bis zu einer Modenschau mit Astrachan-Pelzen in Moskau. Christine erntete Erfolg für ihre Idee, in einem nicht mehr verdunkelten Zug durch das wieder strahlende Europa fahren zu können. Erster, versteht sich. Jeder Zug schien ihr der Bote einer herrlichen weiten Welt zu sein, die ihrer harrte.

Jetzt war diese Welt von Fronten zerrissen, ihren Balkon gab es nicht mehr, und Christine fand nicht den Mut, sich die Trümmer ihres einstigen Zuhause anzuschauen. Ausgerechnet die häßlichen Möbel hatte die Mutter mitgenommen, nun standen sie hier wieder herum. Die Lokomotive war in Fahrt gekommen und schnauft ganz in der Nähe vorbei. Falls es keine durch einen günstigen Wind hervorgerufene akustische Täuschung war, mußte die Bahnstrecke unmittelbar hinter dem Festungswall verlaufen. Christine freut sich darauf, gleich morgen mit einem Buch in der Hand auf den Wall zu klettern, im weichen Gras zu sitzen, zu lesen und den Zügen nachzuwinken.

Ihr fällt eine Bemerkung des Vaters beim Abendessen ein über die Grenze des privaten Sektors der Festung, an der eine streng bewachte Zone beginnt. Noch hat sie jedoch die kleinen Gestalten der fleißigen Schnitter vor Augen. Die Wälle aus Maria Theresias Zeiten können doch heutzutage keinen militärischen Wert mehr haben – und falls doch, dann wird sie sich eben einen Fußbreit davon zum Geburtstag wünschen.

Ein Gefühl von Glückseligkeit erfüllt sie: Wenn sie übermorgen aufwacht, wird sie achtzehn sein. Diese Zahl, obwohl sie ihr eigentlich nur die Tür zu Filmen für Erwachsene öffnet, erscheint ihr schon lange wie der Schlüssel zu einer Schatzkammer. Von deren Kleinodien hat sie nur verschwommene Vorstellungen, aber sie ist fest überzeugt, mit achtzehn werde ihr etwas ganz Großes begegnen. Sie lächelt in die Dunkelheit hinaus und zählt, wie sie es gewohnt ist, die Waggons, die wie mit eisernem Stempel die nächstliegenden Schienenverbindungen markieren. Siebenundvierzig. Sie addiert die beiden Ziffern: Sieben und vier sind elf. Sie addiert weiter: Eins und eins ist zwei. Ihre Glückszahl!

Der unsichtbare Zug verstummt endlich, doch über die nächtliche Stille, die nun wieder vom knarrenden Zirpen erfüllt ist, legt sich ein neues Geräusch. Das Gästezimmer befindet sich an der Schmalseite des Hauses. Erst jetzt bemerkt Christine, daß über der hohen Sträuchergruppe fast am Fuß des Festungswalls ein Turm ragt. Er sieht wie eine hohe, breit gespreizte Leiter aus, auf der ganz oben ein Brett balanciert. Eine Gestalt klettert die Sprossen empor.

Der Himmel ist sternenübersät, aber mondlos. Entweder ist der Mond noch nicht aufgegangen, oder er kreist auf einer anderen Bahn, oder, Christine weiß es nicht genau, es ist gerade Neumond. Irgendwo auf einem anderen Wall, den sie von ihrem Fenster aus nicht sehen kann, müssen starke Lampen strahlen. Ehe sie eine Erklärung dafür findet – aus Berlin kennt sie kein strengeres Gesetz als die Verdunkelung – erkennt sie über ein halbes Hundert Meter hinweg hellblondes Haar und auch die hohe, schlanke Figur. Ohne Zweifel – er!

Als er sich auf das Brett schwingt, wird noch deutlicher, wie groß er ist. Seine Haut schimmert vor der dunklen Steinmauer. Plötzlich weiß Christine, er ist nackt. Sie erzittert. Ihre Hände, noch immer regungslos gekreuzt, beginnen sich zu bewegen. Sie streichelt leicht ihre Brüste und erlebt, wie sie sich spannen. Eine seltsame Empfindung durchfährt ihren Unterleib. Sie kriegt Angst, der Schmerz könnte von neuem ausbrechen, spürt aber nur ein ungewohntes Vibrieren. Es erregt sie genauso wie einst der geheimnisvoll phosphoreszierende Stab, mit dem Mutters Friseuse ihr die Kopfhaut massierte.

Der junge Mann betritt das schwankende Brett. Fast hätte sie aufgeschrien vor Angst, er werde umkippen und in die Tiefe stürzen. Sie sieht ihn sich federnd vorwärtsbewegen, wie sie es vor dem Krieg im Circus Busch bei den Lipizzanern bewunderte, und sie ertappt sich bei dem Gedanken, er könnte wirklich fliegen. Er nähert sich nun dem Rand des Brettes, das auf jeden seiner Schritte mit immer stärkerem Schwingen reagiert, geht auf die Zehenspitzen, stößt sich ab, steigt kerzengerade nach oben, knickt aber plötzlich in der Hüfte ab und fällt durchgestreckt senkrecht nach unten. Christine hört, wie der Körper den Wasserspiegel bricht.

Der Druck auf der Brust zwingt sie, die Arme zu öffnen, und im gedämpften Widerschein der unsichtbaren Lampen sieht sie auf der Haut dunkle Abdrücke ihrer Finger. Die Angstsekunde hat das wohlige Gefühl weggeschwemmt. Aber die Spannung in ihr bleibt. Sie lauscht dem gleichmäßigen Platschen des Wassers, nur dann unterbrochen, wenn der Schwimmer wendet. Sie zählt – sie zählt insgeheim, weil sie sich für ihre Abergläubigkeit schämt, alles auf der Welt – kommt immer wieder auf elf. Sie selbst schwimmt Wettkämpfe und vermutet dann, daß hinter der Wand aus Sträuchern ein Fünfundzwanzig-Meter-Becken liegen muß.

Christine will auf das Fensterbrett steigen, vielleicht sieht sie dann mehr. Mit einem Knie schon auf dem Sims, erstarrt sie. Jemand schleicht unter dem Fenster entlang, offenbar bedacht, ungesehen zu bleiben. Statt den Weg zu nehmen, der sich vom Herrenhaus zum Schwimmbecken um die Sträucher windet, zieht die Gestalt geradenwegs dorthin, mitten durchs aufgeschossene Gras, das noch auf die Sense wartet. Eine Frau in einer Art geblümtem Kimono. Er paßt sich der Umgebung besser an als jeder Tarnumhang.

Christine beobachtet, wie die Frau den Stoff rafft, damit der Tau ihn nicht benetzt, und es sieht beinahe so aus, als schwebte sie. Bei den Sträuchern hält sie inne, schaut zurück zum Herrenhaus. Christine zwingt sich, nicht ins Zimmer zurückzuspringen. Regungslos verharrt sie auf dem Knie, sie vertraut dem dunklen Hintergrund. Und wenn sie sich auch täuscht: Hier ist jetzt ihr Zuhause, und sie hatte schon vorher am Fenster gestanden! Die Unbekannte löst sich in den Sträuchern auf.

Kurz darauf verstummt das Peitschen des Wassers. Lautes Plätschern verrät, daß sich der Schwimmer auf den Beckenrand geschwungen hat. Das Lärmen der Grillen schafft eine Schallwand, die entfernte Worte nicht durchbrechen. Was sollte es dort schon zu reden geben? Er ist nackt, und sie hatte auch nicht wie eine Nonne ausgesehen. Christine versucht, sich die Zärtlichkeiten vorzustellen, die da getauscht werden, doch nichts von den Beschreibungen, die sie im Dunkel des Internatsschlafraums hatte anhören müssen, will zu ihm passen. Wie liebt wohl ein SS-Engel? Ach, zum Teufel mit ihm!

Sie kennt ihn ja gar nicht, und auf der Fahrt hatte er es geschafft, daß sie vor Langeweile eingeschlafen war. Sie kennt auch die Frau nicht und hat nicht das geringste Recht, Anspruch auf ihn zu erheben, noch weniger einen Grund, sich seinetwegen zu grämen. Doch das geahnte Bild des Paars, das sich ganz in ihrer Nähe umarmt, lockt wieder ihre Zweifel herbei. Christine leidet.

Selbstmitleid überkommt sie, und sie springt ins Zimmer zurück. Am liebsten würde sie das Fenster zuknallen, damit die beiden wenigstens erschreckten, dann die Vorhänge zuziehen und sich in ihr gutes altes Bett, dessen Häßlichkeit ihr plötzlich ganz vertraut vorkommt, hineinkuscheln, mit jenem noch immer vertrauten Freund, der ihr von klein auf Scham, Ängste und Unsicherheiten nimmt – ein Buch. Im Bücherschrank des Vaters hatte sie nach dem Essen die «Jugend» von Max Halbe entdeckt, die sie schon mit vierzehn lesen durfte. Damals war sie in ohnmächtige Wut auf den erbarmungslosen Kaplan geraten, was der Vater vielleicht sogar erreichen wollte. Wie wird es ihr jetzt damit ergehen?

Da sieht sie: Lautlos eilt ein hoher Schatten den Weg vom Becken zum Haus entlang, um den Hals ein Handtuch, um die Lenden eine enge Badehose, deren Farbe mit der sonnengebräunten Haut verschmilzt und für die optische Täuschung sorgte. Auf dem Kopf trägt er seine Mütze, in der Hand die schwarze Uniform und die Stiefel. Hinter der Hausecke rasselt ein Schlüsselbund, eine schwere Tür fällt zu. Sie wohnt mit ihm unter dem selben Dach!

Sie verharrt noch ein paar Minuten. Die Frau kommt nicht. Nun erscheint plötzlich der Mond, unvergleichlich größer und klarer als in Berlin, satt orangenfarben. Zufrieden sieht Christine, daß ihm zum Vollmond noch eine schmale Sichel fehlt, dünn wie Apfelsinenschale. Die hebt er sich zu ihrem Geburtstag auf!

Mit einemmal sind die trüben Gedanken weg. Sie will jetzt nicht mehr lesen und entschließt sich, bei offenem Fenster zu schlafen. Sie legt sich auf die Bettdecke und betrachtet in der hellen Finsternis ihren Körper. Er braucht das Sonnenbad, beschließt sie, hat er erst seine mehlige Blässe verloren, würde er gar nicht so übel aussehen. Als sie die Augen schließt, vernimmt sie leise Töne. Was? Eine Orgel mit «Lili Marleen» ...? Dann glaubt sie, eine Mundharmonika zu hören. Mit ihrem letzten Gedanken nimmt sie wahr, daß sie trotz geschlossener Augen lächelt. Bin ich denn etwa glücklich? wundert sie sich. Aber warum ...?

II

Zur gleichen Zeit

Gertrud zieht sich aus. Die schweren Mahagonimöbel in diesem steinernen Haus mit den kleinen Fenstern engen auch sie ein. Schon damals, als sie ihnen samt der Wohnung am Anhalter Bahnhof zugeteilt wurden, hatte sie Karl vorgeschlagen, das Zeug zu verkaufen und sich dafür eine modernere Einrichtung aus Metall anzuschaffen. Ihr überkorrekter Gatte jedoch sah in dem Bestand Reichseigentum, das ihm nur von Dienst wegen zur Verfügung gestellt wurde. Dieses Argument benutzte dann sie gegen ihn, als sie feststellte, daß ihre künftige Wohnung in dieser Festung an eine Mannschaftsunterkunft oder eine Sammelstelle leerer Flaschen erinnerte. Der Vorgänger ihres Mannes hatte sich in Trunkenheit auf der Treppe das Genick gebrochen.

Sie ahnte, daß Karli hierher kommandiert worden war, um die Belegschaft eines Augiasstalls in eine vorbildliche Eliteeinheit des Führers zu verwandeln, und dabei wollte sie ihm behilflich sein. Das war ihm natürlich gelungen, noch bevor der Lastwagen aus Berlin die Sachen brachte, auf die er gut hätte verzichten können. Bereits in den ersten sieben Tagen, als er Tag und Nacht wie ein Geist in der Küche, der Kantine, den Lagerräumen, in den Zellen und auf den Außenarbeitsstätten der Gefangenen, auf den Wachtürmen sowie in den Schlafstätten von Mannschaft und Unteroffizieren auftauchte und nebenbei von den Wällen aus, selbst unsichtbar, mit dem Feldstecher jede Bewegung in allen Höfen beobachtete, stellte er siebzehn Männer für die Front frei. Am achten Tag hätte auch die strengste Kontrolle nicht die geringste Laschheit feststellen können.

Gertrud, die sich aus eigenem Antrieb um die hier lebenden Frauen zu kümmern begann, erfaßte sofort, daß hier nicht ein leidenschaftliches Verlangen, dem kämpfenden Vaterland nützlich zu sein, die Ursache für raschen Erfolg war, sondern vielmehr reine Angst. Sie versuchte deshalb, auch den Frauen ein paar der kleinen Freuden des Lebens zu vermitteln, die sie mit ihrem Mann genoß. Die ursprüngliche Einrichtung des Herrenhauses, das irgendeiner tschechoslowakischen Militärverwaltung gehörte, war teils verschwunden, teils verkommen. Die Frauen der Berufssoldaten, die zum größten Teil in den Baracken beim Tor wohnten, teilten die tristen Verhältnisse der Männer und verdarben ihnen die ohnehin schon miserable Laune nur noch mehr.

Als die Möbel aus der Berliner Wohnung ankamen, war der Kommandant verblüfft über die Wirkung. Das erste Kaffeekränzchen, zu dem Gertrud alle zwanzig Frauen seiner Untergebenen eingeladen hatte, kam einer Mustermesse gleich. In den nächsten Wochen wurde die Festung Ziel von Militärlastern und Möbelwagen, die heranschafften, was die einstweilig verlassenen Wohnungen in der Heimat hergaben, was Eltern und Verwandte beisteuerten, die Altmöbelhändler und die Wehrmachtslager, wo man billig Sachen aus Kriegsbeute erstehen konnte. Mit den Stücken von zu Hause schien auch familiärer Geist Einzug zu halten. Die Frauen, Staublappen schwingend und Kissen stickend, wie sie es bei Gertrud bewundert hatten, gaben ihren Männern die Hoffnung wieder, ihr grausames Handwerk würde nicht ewig dauern.

Ein Volltreffer war Gertruds Idee mit der Schule. In der Festung lebten zwei Dutzend Kinder zwischen sechs und elf, die erst danach auf Internatsschulen kommen konnten, sofern im Reich noch welche die Bombennächte überstanden. Mit den Sprößlingen der Offiziere und Beamten im nahen Ghetto fuhren sie täglich in die Kreisstadt Leideneritz, wo sich ihrer an die fünfzig in einer Klasse drängelten.

Die erste Dame der Festung wartete nicht ab, bis die zuständige Kommandantur ihren Vorschlag billigte oder eher ablehnte. Als sie von Köpcke, Karlis Fahrer, erfuhr, seine Schwester sei Lehrerin, eine Kriegsbraut, die ihren Mann auf dem Balkan einen Tag früher verloren hatte, als sie ihm in Mannheim durch Ferntrauung verbunden worden war – diesem Schicksalsschlag trotzte sie mit der Entscheidung, die Trauung als vollzogen zu betrachten –, nutzte Gertrud augenblicklich den Umstand, daß seit kurzem auch Familienangehörige Gefallener hier wohnen durften. Und als die Mütter sahen, daß die schwarzgekleidete Kriegswitwe, durchaus imstande, eine anspruchsvolle Einklassenschule zu leiten, außerdem noch Klavier-, Geigen- und Flötenunterricht gab, legten sie gern das Geld für ihren Unterhalt zusammen. Schließlich gab sogar das deutsche Schulamt im Protektorat seine Zustimmung und einen Zuschuß. Daß die Gattin des Kommandanten, deren Tochter in Berlin studierte, all das organisierte und gemeinsam mit ihnen dafür aufkam, steigerte ihre Beliebtheit. So genoß sie in den Augen der Frauen einen Rang, vergleichbar dem ihres Gatten.

Der Kommandant verstand gut, was Gertruds Tätigkeit für seine eigene bedeutete, und ihr war klar, daß er es wußte, auch wenn er ihr kaum einmal anders als mit einem flüchtigen Kopfnicken dankte. Sie fragte nie nach seinem Dienst, das kam für sie als Frau eines deutschen Offiziers gar nicht in Frage. Von selbst erwähnte er seine Aufgaben nur, wenn sie entscheidend Interessen der Familie berührten. Dieses Mal aber erschöpften sie ihn zusehends, denn er hatte bei jedem Schritt und jeder Geste mit den Folgen seiner Verstümmelung zu kämpfen.

Nicht einmal jetzt, als er sich neben sie ins breite Ehebett legt, erlaubt er ihr, ihm die beiden Prothesen abzunehmen. Er erledigt das, den Rücken ihr zugewandt, wie jeden Abend so geschickt selbst, daß sie auch nach einem Jahr deren Mechanismus noch nicht begriff. Auch dieser Rücksichtnahme wegen liebt sie ihn. Zugleich ist das aber der Ausdruck seiner Unerbittlichkeit, die er sich und anderen abverlangt, und Gertrud wird manchmal ganz bang bei dem Gedanken, diese Härte könnte jemals auch sie treffen. Zum Glück beweist ihr aber jede neue schweigende Umarmung, wie leidenschaftlich er sie begehrt.

Heute ist es genau eine Woche her, daß sie den Mut faßte, ihn zu bitten, einen Weg zu finden, wie man Christine aus dem jetzt nahezu täglich bombardierten Berlin hierherbekommen könnte. Er beugte sich gerade zum linken Schenkel hinab, als er ihre Frage mit einer anderen beantwortete.

«Wann ist Schulschluß?»

«In drei Wochen ...»

«Wie kann sie dann früher weg?»

«Ich hab’ dir doch ihren Brief vorgelesen. Man hat sie bereits benotet, vorsichtshalber ...»

«Aha ... Warum läßt man sie dann nicht von sich aus heim?»

«Angeblich, um kein schlechtes Beispiel zu geben. Deshalb hält man die Kinder dort, obwohl sie so gut wie keinen Unterricht mehr haben. Begreifst du das?»

«Ja.»

«Karli, wenn sie wenigstens Verwundete pflegen dürften, oder was weiß ich, aber die haben Angst, weil es dort so viele Prominentenkinder gibt, und so läßt man sie lieber Tag und Nacht im Keller hocken. Das findest du richtig?»

Er war fertig und schlüpfte so geschickt unter die Decke, daß der halbleere Ärmel und das halbleere Hosenbein vom vollen nicht zu unterscheiden waren. Mit der gesunden Rechten knipste er das Nachttischlämpchen an, nahm Gustav Schwabs «Sagen des Klassischen Altertums» zur Hand und öffnete das dicke, schwere Buch, wo er unterbrochen hatte, mit dem Daumen, mit dem er geschickt umblättern konnte. Dabei schaute er Gertrud an.

«Nein, ich würde sie natürlich zu Verwundeten schicken oder Trümmer wegräumen lassen. Wenn das ganze Volk unter totalem Einsatz aller Kräfte um Sein oder Nichtsein kämpft, gelten andere Gesetze als in normalen Zeiten. Ich meine auch das Gesetz der Ehre, das vor allen Dingen.»

Er begriff, wie sehr er sie verletzte und wollte sie aufmuntern.

«Glaub ans Schicksal, Trudl, das war mir in Rußland gnädig und hat euch beide rechtzeitig vom Anhalter Bahnhof weggebracht!»

Sie überhörte es.

«Karli, deine Ehre war immer auch die meine, das kannst du nicht anders sagen. Aber Christine schreibt, ein gutes Drittel ihrer Mitschülerinnen ist bereits abgefahren. Immerhin sind es doch zukünftige Mütter, ohne die Deutschland seine Verluste nicht ersetzen kann. Welcher Ehre würde sie wohl dienen, wenn sie in einem Keller verschüttet ist? Wenn du schon nicht als Vater fühlen willst, dann denk wenigstens über deine Pflichten als Deutscher nach!»

Er hatte die aufgeschlagene Seite vor Augen, auf der es um die zweite Niederlage der Griechen vor Troja ging, blickte aber Gertrud an, als entdeckte er etwas Neues an ihr. Auf einmal klappte er den Band zu und legte ihn auf den Nachttisch.

«Du magst recht haben. Vielleicht sind es nur noch die bekannten Krämpfe von Fanatikern, die höchstwahrscheinlich vielmehr käuflich sind. Christine nützt Deutschland als Mutter am meisten, da bin ich deiner Meinung. Aber was soll sie denn hier anfangen?»

«Sie wäre einfach bei uns ...»

«Denk mal daran, wie es dir die ersten Tage hier erging! Ich bin Soldat, erfülle hier meine Pflicht, trotzdem sind meine Gefühle nicht abgestorben. Ich bin ein Mensch geblieben, für den nicht einmal eine gerechte Maßnahme an Grausamkeit verloren hat. Bist du hier glücklich?»

«Ja. Weil ich bei dir sein kann.»

«Weich nicht aus! Du bist bei mir, sorgst für mich, für die Frauen und die Schule, du solltest zufrieden sein und mit einem guten Gewissen einschlafen. Weshalb betest du dann?»

«Ich ...»

«Du betest. Ich habe schon mehrmals beobachtet, wie sich deine Lippen im Dunkeln bewegten. Für wen betest du?»

«Für Christine ...»

«Und für mich nicht?»

«Doch ...»

Er wandte den Kopf zum verdunkelten Fenster.

«Und für die dort vielleicht auch?»

«Karli!»

«Warum nicht? Das sind doch auch menschliche Wesen. Gottlob hast du an meiner Seite erlebt, wozu der Feind fähig ist. Diese Erfahrung fehlt Christine. Du hast es verstanden, und das werde ich dir niemals genug danken können, daß sie auch in so schweren Zeiten eine schöne Kindheit erlebte. Gut, ich habe dabei geholfen, aber ich mußte andere für mich sprechen lassen, die Dichter. So bin ich nun mal, ich rede eben nicht viel. Von dir hat sie alle ihre Musikalität! In ein, zwei Jahren muß der Krieg vorbei sein, der Führer hat mit seinem Rückzug die Russen in eine Falle gelockt und auf preußischem Boden ihren westlichen Verbündeten gleichzeitig klargemacht, daß auch sie an Europas Schicksal denken müssen, das heute nur Deutschland verteidigt. Ich weiß, wir werden bald die Vergeltung erleben, die vernichtenden Geheimwaffen. Du zweifelst doch nicht an unserem Sieg?»

«Nein! Aber was hat das mit ...»

«Trudl, wir sollten uns darum kümmern, daß unsere Tochter ihn ohne Schrammen an der Seele erlebt, die wir beide an uns erfahren haben.»

«Ich bete schon dafür, daß sie am Leben bleiben darf.»

«Schau dir den Weißmüller an! Der ist ein paar Jahre älter als Christine. Willst du vielleicht, daß sie so wie der überlebt?»

«Er macht den Eindruck eines wohlerzogenen, zuverlässigen jungen Mannes ... Was ist los mit ihm?»

Sie war verblüfft. Eigentlich war es das erste Mal seit jenen längst vergangenen Zeiten, als die Bewegung in den Anfängen stand und sie beide endlose Gespräche über alles und jeden führten, daß er einen seiner Mitarbeiter erwähnte. Und sogar fortfuhr.

«Ja, er ist zuverlässiger als der Grube, aber gerade seine Erziehung jagt einem Angst ein. Was ich aus Überzeugung tue, aus dem Bewußtsein erkannter Notwendigkeit, tut er aus Fanatismus.»

«Der Führer sagt, Fanatismus ist Ausdruck des höchsten Patriotismus.»

Sie bekam keine Antwort.

«Stimmt das etwa nicht?»

Mit der gesunden Hand zog er die Bettdecke bis ans Kinn. Er schaute vor sich hin.

«Ich habe weder Rang noch Bildung, um mit dem zu streiten, der gerade jetzt der Welt eine neue Dimension eröffnet und dem Leben einen neuen Sinn gibt. Aber ich bin mir sicher, daß er damit nicht Fanatismus meinte, dessen Quelle blinder Gehorsam ist, der leicht gegen das eigene Volk und die eigene Rasse mißbraucht werden kann!»

«Was hat Christine damit zu tun?»

«Weißmüller wird vom Geist dieser Festung geformt, weil er noch keine andere Erfahrung gemacht hat. Während für mich Härte gegenüber dem Feind das äußerste Mittel im Kampf für unsere Ideale ist, bedeutet es für ihn das Ziel. Was ich als schicksalhaft unerläßlich ansehe, was ich in Demut und in der Zuversicht ausführe, das kommende Glück meines Volkes möge es reinwaschen, ist für ihn nur Handwerk, reines Handwerk. Es scheint, als machte ihm das sogar Spaß.»

«Was tut Weißmüller hier eigentlich ...?»

«Lassen wir das!»

Sein schroffer Ton überraschte ihn selbst, und er sprach wieder besänftigend.

«Verzeih ... Mir ist bei dem Gedanken, Christine sollte in diesen Mauern leben, einfach nicht wohl.»

Der Apparat auf dem Nachttisch klingelte. Stellvertreter Grube meldete, einige Bomberverbände seien angekündigt, die von Nürnberg nach Nordosten abdrehen; er habe bereits befohlen, die Scheinwerfer abzuschalten, und die üblichen Maßnahmen veranlaßt. Der Kommandant gab sich einverstanden und kurbelte ab. Die scharf abgerichteten Schäferhunde begannen zu bellen, von den Hundeführern auf den Wall gebracht, um mit ihrem Spürsinn das erloschene Licht zu ersetzen. Gertrud wußte Bescheid.

«Sind sie wieder unterwegs?»

«Ja.»

«Viele?»

«Zwei oder drei Verbände.»

Beide wußten, daß dies eine beliebte Himmelsschiene der Anglo-Amerikaner Richtung Berlin war. Vater und Mutter dachten an die Tochter. Das gab ihr neue Kraft.

«Karli, wenn uns je etwas gelungen ist, dann ihre Erziehung. Ich werd’ ihr hier nähen beibringen, kochen ...»

«Gertrud!» Wie immer, wenn er die Geduld verlor, nannte er sie beim vollen Namen. «Sie liebt Musik und Tanz. Dort kann sie zumindest ins Theater und ins Ballett gehen.»

Ihr Gespür sagte ihr, daß sie ihm diesmal überlegen war, und sie ließ nicht locker.

«Wegen uns beiden mußte sie die Ballettstunden aufgeben! Warum sollte sie eigentlich gerade hier nicht weitertanzen?»

«Soll Köpckes Schwester sie unterrichten? Und auftreten wird sie mit dem Kinderhort?»

«Darüber hab’ ich mir schon Gedanken gemacht, Karli ... Erinnerst du dich, wie Kolatschek kürzlich geprahlt haben soll, wie viele berühmte Künstler er dort hat? Behauptete er nicht, sein Casino im Ghetto steht der Berliner Oper in nichts nach? Grube hat das doch erzählt!»

«Na, und ...?»

«Und wenn du den Kolatschek anrufen würdest?»

«Warum sollte ich den anrufen ...?»

«Damit er uns einen Tanzlehrer borgt!»

Er richtete sich im Bett auf wie damals, als sie ihn im Lazarett besuchten.

«Mit dem Kolatschek will ich privat überhaupt nie etwas zu tun haben!»

«Warum denn?»

Er zögerte. Dann versuchte er, seinen Einwand zu umschreiben.

«Seine und meine Aufträge sind von absolut unterschiedlicher Natur.»

«Mag sein. Ihr dient aber beide derselben Sache, nicht wahr?»

Daran hegte er ernsten Zweifel, er hatte ihn nur bisher sich selbst gegenüber nicht präzisiert. Es war sein Grundsatz, daß in der Festung, für die er verantwortlich war, auch gegenüber den erbittertsten Gegnern das Gesetz eingehalten werden mußte. Ihm schien, als herrschten dagegen jenseits des Flusses die Gesetze des Dschungels. Er registrierte sehr wohl, was über die Zusammenstellung der Transporte für den Mitternachtszug gemunkelt wurde, der die wechselnden Ghettobewohner in einer Umsiedlungsaktion jetzt täglich irgendwohin nach Polen brachte. Dabei sollte es wiederholt zu Gewalttätigkeiten, Bestechungen und vielleicht sogar zu Diebstahl am persönlichen Eigentum der Aussiedler gekommen sein. Kleinburger wartete nur auf die nächste Inspektion aus Berlin, um mit ihr ein offenes Wort zu reden. Er war überzeugt, daß die da droben von hier gezielt falsch unterrichtet wurden. Es ging doch in erster Linie, sagte er sich, nicht um das Wohl und Wehe der Juden, sondern um die eigene Sache.

Das Ghetto wurde in einer ehemaligen Garnisonsstadt der Donaumonarchie errichtet, deren militärische Geometrie und ausgeklügelte Befestigungen dem neuen Zweck vortrefflich entsprachen. Leider übertraf die Anzahl der jetzigen unfreiwilligen Einwohner den Stand der damaligen Besatzung und deren Familien um ein Mehrfaches. Die eigentliche, gewaltig wirkende, wenn auch viel kleinere angrenzende Festung fand wiederum eine besondere Verwendung. In den alten Kasematten hatten diverse Sicherheitsämter Gefangene untergebracht, deren Verurteilung noch bevorstand, und auch ehemalige politische Prominenz aus den besetzten europäischen Ländern, sofern diese irgendwann noch einmal nützlich sein könnte. Im sogenannten vierten Hof erwarteten die bereits Verurteilten ihren Tod.

Die Meinung des Festungskommandanten über die Judenfrage entsprach der niedrigen Nummer seines Parteibuchs. Er kannte den Führer persönlich noch aus frühen Münchner Zeiten. Nach dessen Verurteilung im Jahre 1923 war er wiederholt als geheimer Kurier nach Landsberg gefahren, um von sympathisierenden Wärtern neue Seiten seines Buches «Mein Kampf» zu übernehmen. Er war grenzenlos stolz darauf, ihr erster Leser zu sein, und verschlang die Blätter immer begieriger. Einige Sätze prägten sich für immer und ewig in sein Gedächtnis ein. Zum Beispiel, wie genial einfach der Führer im Kapitel «Volk und Rasse» das Judenproblem erläutert hatte.

«Jedes Tier paart sich nur mit einem Genossen der gleichen Art. Meise geht zu Meise, Fink zu Fink, der Storch zur Störchin, Feldmaus zu Feldmaus, Hausmaus zu Hausmaus, der Wolf zur Wölfin ... Es wird nie ein Fuchs zu finden sein, der seiner inneren Gesinnung nach etwa humane Anwandlungen Gänsen gegenüber haben könnte, wie es ebenso auch keine Katze gibt mit freundlicher Zuneigung zu Mäusen.» Und weiter: «Bei jeder Blutsvermengung des Ariers mit niedrigeren Völkern kam als Ergebnis das Ende des Kulturträgers heraus!»

Karl Kleinburger war völlig einverstanden mit der Zügelung einer Rasse, die die Wirtschaftskrise und bereits zwei Weltkriege auf dem Gewissen hatte. Er war jedoch zutiefst überzeugt, daß die gerechte deutsche Sache von keinerlei Unrecht befleckt sein dürfe. Und Kolatschek kümmerte sich einen Dreck darum.

Gertrud unterbrach ihn in seinen Gedanken.

«Karli, wir sind schon über zwanzig Jahre zusammen, und ich erinnere mich nicht, dir irgendwann Schwierigkeiten gemacht zu haben. Deine Grundsätze hab’ ich immer respektiert, auch dann, wenn ich sie nicht verstanden habe. Ich weiß nicht, was du mit diesem Kolatschek hast, aber überlege bitte, was dagegen spricht, Christine nicht diese kleine Freude zu machen für all die großen, die sie uns schon gemacht hat. Ihre erstaunliche Gelenkigkeit und Ausdauer hat sie wieder von dir. Wenn sie sich aufs Tanzen konzentrieren kann, wird sie auf keine dummen Gedanken kommen. Schatz, in einer Woche haben wir doch beide Geburtstag. Schenk mir sie und ihr die Tanzstunden ...!»

Bevor er noch antworten konnte, hörten sie, wie zuerst fern in Leideneritz und im Ghetto und kurz darauf auf dem Turm über dem Festungstor die Sirenen ertönten, jenes wild heulende Glissando des Alarms. Der Kommandant hatte sich im Verborgenen bereits seine Prothesen angeschnallt. Dann schaltete er das Licht aus, schob die dichte Gardine beiseite und öffnete das Fenster.

Die dunklen Mauern der Festung verschmolzen mit dem sternenlosen Himmel. Die Sirenen verstummten. Die Erregung der Hunde wurde durch das ferne Bellen der Flak gesteigert. Und als setzten die Kontrabässe eines großen Orchesters ein, nahm das dumpfe Geräusch einer gewaltigen Luftarmada zu, bis es alles andere übertönte. Kleinburger mußte sehr laut sprechen.

«Gut, Trudl. Den Stein der Weisen hab’ ich nicht gefunden. Versuchen wir’s.»

Nun liegt er wieder neben ihr, ihr Karli. Die heutige Nacht ist ruhig, eine Nacht der Grillen und des betörenden Dufts von welkendem Gras, im Lichte der starken Scheinwerfer glitzern wieder die Blätter der Linden, als sei der Wasserspiegel bis zu den Fenstern angeschwollen. Der Krieg ist weit, und vor dem Wüten einheimischer Feinde schützen sie mächtige Festungswälle. Unter dem Dach des Herrenhauses schläft ihre Tochter, ein Kind der Liebe, die nicht einmal zwanzig Jahre, eins schwerer als das andere, abzustumpfen vermochte.

Gertrud sieht sich im Alter ihrer Tochter, sieht sich wieder in Mutters Dirndl, wie sie die Last der Maßkrüge zum Tisch trägt, wo sie der freudige Lärm fröhlicher Burschen empfängt – ihren