Tatsächlich ... wie Weihnachten - Brigitte van Hattem - E-Book

Tatsächlich ... wie Weihnachten E-Book

Brigitte van Hattem

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Beschreibung

Was wäre das Weihnachtsfest ohne die Liebe und was wäre die Liebe ohne ein Happyend? Die Weihnachtszeit ist eine warme, beglückende, ja märchenhafte Zeit, in der wir uns ungeniert unseren Sehnsüchten nach Harmonie, Frieden und Liebe hingeben können und in der sich alle Wünsche erfüllen ... zumindest in unseren Träumen. Von diesen Träumen erzählt Brigitte van Hattem in romantischen Geschichten mit jenem Sternenzauber, den es einfach nur an Weihnachten gibt! Da dürfen Engel Auto fahren und Weihnachtsmänner schmutzige Hände haben, während sich Herzenswünsche erfüllen und sich Liebende am anderen Ende der Welt begegnen. Tatsächlich ... wie Weihnachten!

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Weihnachten war immer mein schönstes Fest!

Theodor Storm

Inhaltsverzeichnis

Klinkenputzen

Ein keltischer Weihnachtsengel

Vom Nikolaus mit den schmutzigen Händen

Weihnachten ist es am schlimmsten

Überfahrt nach Floreana

Wie Frau Schröder doch noch Oma wurde

Der Silvesterkuss

Die Schlittschuhe

Nachwort

Impressum

Leseprobe: Schabrackenblues

KLINKENPUTZEN

„Für dieses Jahr habe ich mir etwas ganz Besonderes einfallen lassen!“ Hubert Ganghofer strahlte. Seit er Oberbürgermeister war, produzierte er eine Idee nach der anderen, wie man das Leben in unserer Kleinstadt verschönern oder erleichtern konnte. Uns Mitarbeitern der Stadtverwaltung schwirrte bereits der Kopf!

Es ist nie einfach, wenn nach einer Kommunalwahl ein anderer Mensch das Ruder übernimmt. Jedes Stadtoberhaupt möchte schließlich seiner Gemeinde einen Stempel aufdrücken! Jeder soll merken, dass es gut war, diesen Oberbürgermeister einst einmal gewählt zu haben.

Als Hubert Ganghofer in diesem Sommer unser neuer Oberbürgermeister wurde, sprudelten von Anfang an die Ideen nur so aus ihm heraus. Er wollte alles modernisieren, vereinfachen, effizienter machen.

Plötzlich sollten wir uns nicht mehr ständig E-Mails schreiben, sondern lieber miteinander telefonieren. So wollte er Missverständnisse vermeiden und das Betriebsklima fördern.

Ich fand die Idee gut, denn ich rede eigentlich auch immer lieber mit meinen Kollegen, als ihnen umständliche Mails zu schreiben. Aber manchmal musste ja auch schriftlich fixiert werden, was gerade besprochen wurde, und dann machte ich mir die Arbeit wieder doppelt.

Ebenso ging es bei der zweiten Idee unseres neuen Oberbürgermeisters. Er fand, das kreative Chaos auf unseren Schreibtischen lenke vom Wesentlichen ab. Wir sollten daher immer zwischen zwei Arbeitsvorgängen den Schreibtisch wieder komplett leer räumen.

Ich verstand das nicht ganz. Ich bin städtische Mitarbeiterin: Bei mir sammeln sich allerlei Anfragen verschiedenster Art und jetzt rufen ja auch noch ständig die Kollegen an. Mülltrennung, Nachbarschaftsstreits, vermisste Fahrräder – bei mir kommt einiges auf den Tisch. Ich muss daher meine Unterlagen immer parat haben. An einen leeren Schreibtisch ist da gar nicht zu denken!

Den Vogel schoss der neue Oberbürgermeister mit der Regelung ab, dass alle morgens erst einmal einen Tagesplan erstellen müssen, um zu wissen, was sie abzuarbeiten haben!

Himmel, ich weiß doch morgens noch nicht, was bis mittags alles an Anfragen hereinkommt! Das ist doch das Tolle an meiner Arbeit, dass ich nie weiß, was auf mich zukommt. Hier einen Plan machen zu wollen, wäre einfach vergeudete Zeit.

Ich war schon ganz genervt von unserem neuen Chef, als Hubert Ganghofer zu Beginn der Adventszeit beschloss, sich der bundesweiten Aktion „Keiner bleibt allein“ anzuschließen.

Dabei geht es darum, einsamen Mitbürgern die Möglichkeit zu geben, Weihnachten nicht alleine sein zu müssen. Grundsätzlich eine gute Idee.

Lange diskutierten wir in Meetings und Besprechungen, wie wir sie städtisch umsetzen könnten. Doch auch unserem sonst so ideenreichen Neu-Bürgermeister fiel nichts wirklich Spannendes ein. Eine Stadtverwaltung kann an Heiligabend schlecht alle Leute einladen, die sonst einsam zuhause sitzen würden.

Eine kleine Heiligabendfeier am Nachmittag und jeder ist eingeladen? Das würde ein ganz schönes Gedränge geben! Und überhaupt, wie sollten wir wissen, ob auch wirklich nur die Einsamen kommen und nicht auch die, die einfach nur auf Kosten des Steuerzahlers Plätzchen essen und Glühwein trinken wollen?

Wir machten viele Vorschläge, aber nichts davon war umsetzbar.

Als wir alle schon dachten, die Aktion „Keiner bleibt allein“ wäre für uns vom Tisch, trumpfte Hubert Ganghofer erneut auf. Er hatte eine Idee! Wir Mitarbeiter sollten alle Menschen in unserer Stadt aufsuchen, die älter als achtzig Jahre waren und noch nicht in einem Heim lebten! Da wären die Einsamen sicher dabei, meinte er.

Mithilfe des Einwohnermeldeamtes wurden die Daten bestimmt. Ob das so ganz legal war, weiß ich nicht, aber das geht schließlich auf die Kappe des neuen Oberbürgermeisters.

Wir waren sehr überrascht zu erfahren, dass bei uns fast achthundert Menschen alleine leben, die schon über achtzig sind. Ihnen sollten wir also alle einen Weihnachtsgruß bringen: ein kleines Weihnachtsgesteck mit einem Tannenzweig und einer Kerze und dazu ein winziger Stollen von der hiesigen Stadtbäckerei.

Diese knapp achthundert Menschen wurden nun auf uns städtische Mitarbeiter aufgeteilt. Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter bekam eine Liste. Sogar unsere Politessen, die drei Hausmeister und der Pförtner mussten ran. Nur unsere Reinigungskräfte und der Oberbürgermeister selbst blieben verschont.

An diesem kalten, verregneten 4. Advent stand ich also mit einem Rollkoffer in der einen Hand und einem Gesteck mit Kerze und Stollen in der anderen auf der Straße. Im Rollkoffer waren die dreiundvierzig weiteren Gestecke, die ich heute noch an den Mann beziehungsweise an die Frau bringen sollte.

Ich hatte mir einen Schlachtplan erstellt, wie ich die zu Beschenkenden am schnellsten erreiche. Ich hatte ihre Adressen in Straßenzüge aufgeteilt und mir die Wege notiert, daher war ich zunächst ganz guter Dinge. Aber obwohl ich dicke Handschuhe, einen Schal und eine Mütze trug, war mir schon kalt, bevor ich mich überhaupt in Bewegung setzte. Advent hin oder her: An solchen Wintertagen blieb ich lieber zuhause!

Gleich die erste Klingel, die ich drückte, war eine Fehlanzeige. Niemand öffnete. Damit hatte ich nicht gerechnet. Nun gut, statt die Adresse abzuhaken, würde ich sie auf dem Rückweg nochmals besuchen müssen.

Ich sah meinen freien Adventstag schwinden. Am Morgen hatte ich noch gehofft, zur besten Tatort-Zeit wieder zuhause zu sein, aber wenn ich meine Adressen mehrfach ablaufen musste, wäre ich wohl noch bis Mitternacht beschäftigt. Verdrossen lief ich zur nächsten Adresse.

Hier hatte ich Glück. Eine ältere Dame mit gepflegter Dauerwelle und einem strahlenden Lächeln öffnete mir die Tür. Sie freute sich sichtlich über den Gruß der Gemeinde und wollte mir unbedingt einen Kaffee kochen.

Das konnte ich schlecht ausschlagen, denn das Motto war ja, dass keiner an Weihnachten allein bleiben sollte. Also blieb ich ein bisschen bei der alten Dame, plauderte und trank eine Tasse viel zu dünnen Kaffee mit ihr.

Dann war es Mittag und ich hatte noch dreiundvierzig Adressen vor mir!

Ich begann, mich zu sputen. Von jetzt an lief es aber eine Weile wie am Schnürchen. Die Menschen, denen ich etwas bringen sollte, waren zuhause. Die meisten nahmen mein Gesteck freundlich dankend entgegen und hielten mich nicht weiter auf.

Ein älterer Herr schlug mir allerdings erst einmal die Tür vor der Nase zu. „Ich kaufe nichts!“, sagte er.

„Es ist ein Geschenk der Stadt“, brüllte ich durch die zugeschlagene Tür, aber weil der Mann nicht wieder öffnete, legte ich ihm das Gesteck auf den Fußabstreifer und ging weiter.

Die nächste Adresse war ein paar Ecken weiter. Mittlerweile wusste ich schon nicht mehr, ob ich schwitzen oder frieren sollte. Draußen war es kalt, in den Häusern aber warm und mittlerweile war ich auch ziemlich geschafft.

Ich hätte alles für einen Weihnachtsmann getan, der mir die Geschenke abgenommen und mich nach Hause geschickt hätte! Aber es war weit und breit kein Weihnachtsmann in Sicht. Bei diesem Wetter, dachte ich mir, wäre ich schließlich auch zuhause geblieben!

Schon im Inneren des nächsten Hauses riss ich mir die Handschuhe von den Fingern und die Mütze vom Kopf. Dabei luden sich meine Haare elektrisch auf und standen in alle Richtungen ab.

Egal! Ich hatte noch neun Gestecke im Koffer, eines in der Hand. Endspurt!

Aus der nächsten Tür, an der ich klingeln sollte, dröhnte laute Musik. Es war aber keine weihnachtliche Chormusik, sondern Dance Monkey von Tones and I. Dieser Rentner hat Geschmack, dachte ich noch, bevor ich klingelte.

Der Mann, der mir nach einer gefühlten Ewigkeit öffnete, war in meinem Alter und genauso verstrubbelt wie ich. Mir verschlug es die Sprache, denn ich hatte mit einem Mann jenseits der achtzig gerechnet.

„Ich möchte gerne zu Herrn Wegner“, stammelte ich.

„Ja, das bin ich“, sagte der wesentlich jüngere Mann.

„Zu Herrn Thomas Wegner“, fügte ich hinzu und der Mann lachte.

„Das bin immer noch ich!“, antwortete er. „Was möchten Sie denn von mir?“

„Von Ihnen eigentlich nichts“, antwortete ich stotternd.

„Das ist aber schade“, sagte der Mann. „Wollen Sie nicht trotzdem hereinkommen?“

Ich war hin- und hergerissen. Zum einen hätte ich gerne noch eine Tasse Kaffee gehabt, zum anderen warteten in meinem Koffer noch neun Gestecke auf ihre Auslieferung. Meine Couch zuhause wartete ebenfalls.

Andererseits lag hier ein Missverständnis vor und ich hätte gerne gewusst, wieso mein Gegenüber nicht 82 Jahre alt war. Also ließ ich mich von Thomas Wegner in seine – übrigens sehr geschmackvoll eingerichtete - Wohnung führen. Während ich mich umsah, stellte er die Musik etwas leiser.

„Kann ich Ihnen etwas anbieten?“, fragte Thomas dann und wies mit der Hand in Richtung Sofa.

Dankbar und erschöpft ließ ich mich darauf fallen. Das Weihnachtsgesteck legte ich auf den Couchtisch. „Einen Kaffee, bitte, wenn es keine Mühe macht.“

„Aber nein“, antwortete er und ging in die Richtung, in der ich die Küche vermutete. Von dort hörte ich dann auch gleich das vertraute Geräusch einer vollautomatischen Kaffeemaschine. Das klingt nach einem leckeren Kaffee, freute ich mich.

Ich wurde nicht enttäuscht. Die Tasse, die Thomas mir brachte, roch verlockend aromatisch und der Kaffee hatte eine dicke goldbraune Schaumkrone. „Mmmhh, mit Crema, danke!“, strahlte ich und kostete.

Dann besann ich mich auf den Grund meines Besuchs. Ich erklärte meinem unfreiwilligen Gastgeber, dass ich auf der Suche nach Thomas Wegner sei, der hier wohnen solle. „Geboren am 28. März 1937.“

„Ich bin am 28. März geboren, allerdings erst 1977“, antwortete Thomas schmunzelnd. „Ich hoffe, man sieht mir das an!“

Ich lachte und nickte. Oh, dachte ich gleichzeitig, was ist dann das auf meiner Liste? Ein Druckfehler? Ein Eingabefehler des Einwohnermeldeamts? Ein kleiner Scherz unter Kollegen?

„Das tut mir leid, das muss ein Versehen sein. Aber da ich nun schon einmal hier bin und es hier niemanden gibt, der über achtzig ist, darf ich Ihnen dieses Weihnachtsgesteck samt Stollen mit besten Grüßen von der Stadtverwaltung überreichen. Wir möchten nicht, dass Sie sich an Weihnachten einsam fühlen und wollen mit dieser kleinen Aufmerksamkeit zeigen, dass wir Sie nicht vergessen haben!“

Thomas lachte, während er den kleinen Stollen auspackte, in Scheiben schnitt und mir davon anbot. Ich war so ausgehungert, dass ich dankbar annahm und schon saßen wir beide zusammen, tranken Kaffee mit Crema und futterten den Stollen, der eigentlich für einen einsamen Menschen gedacht war.