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Beschreibung

Die Korrektur und Kommentierung schriftlicher Arbeiten gehört zum Kerngeschäft von Deutschlehrer:innen. Nicht selten wird jedoch diese mit viel Mühen und hohem Zeitaufwand verbundene Tätigkeit als wenig befriedigend erfahren, da die Rückmeldungen und Korrekturen nicht immer auch bei den Schüler:innen ankommen oder zu den erhofften Verbesserungen der Textqualität führen. Mit diesem Heft sollen abwechslungsreiche Arbeitstechniken und Methoden insbesondere des formativen Feedbacks und innovative Zugänge zur Textüberarbeitung vorgestellt werden. In unterschiedlichen Settings vom Peerfeedback über kriteriengeleitete Feedbackbögen und Verfahren des Self-Assessments bis zu computergestützten Auswertungen soll das Potential des formativen Feedbacks im (Schreib-)Unterricht ausgelotet werden.

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Seitenzahl: 252

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Editorial

URSULA ESTERL, STEPHAN SCHICKER:Formatives Feedback als Unterstützung für Lehrer:innen und Schüler:innen

Service

WOLFGANG ULBING:Von Feedbackvarianten und Textkorrektur in schulischer und universitärer Lehre.Bibliographische Notizen

Magazin

KommentarEVA MARIA SCHNABEL:Lehren und Lernen mit dem neuen Lehrplan für die Sekundarstufe I

ide empfiehltURSULA ESTERL:M. Becker-Mrotzek, J. Grabowski (Hg., 2022): Schreibkompetenz in der Sekundarstufe

Neu im Regal

Formatives Feedback: Grundlagen und Grundsätze

MAIK PHILIPP: Formatives Feedback aus der Sicht des selbstregulierten Lernens. Grundlagen und Grundsätze förderlicher Rückmeldungen

Unterschiedliche Feedback-Quellen als Entlastung für Lehrende

KATRIN LEHNEN: Peerfeedback beim schulischen Schreiben. Grundlagen, Methoden, Modellierung

STEPHAN SCHICKER: Self-Assessment im Deutschunterricht. Das didaktische Potenzial von Eigenbeurteilungen als Feedbackmethode

CHARLOTTE WENDT: Schreiben lernen mit intelligenter Hilfe. Wie computergestütztes Feedback Schreiblernprozesse verändern kann

Innovative Zugänge und Methoden

NORA MÜLLER, VERA BUSSE: Texte effektiv überarbeiten durch Feedbackbögen und digitale Tools. Herausforderungen und Potenziale

ANNA-MARIA JÜNGER, KATHARINA ESCHER: Sachtexte wiederzugeben ist gar nicht so leicht! Lernende gezielt mit dem Beratungsinstrument Code-Knacker bei der Sachtextwiedergabe unterstützen

MUHAMMED AKBULUT, STEPHAN SCHICKER, SABINE SCHMÖLZER-EIBINGER: NaWiKon – ein simulierter Peer-Review-Prozess zur Förderung der wissenschaftlichen Textkompetenz

SANDRA REITBRECHT: Die Lehrperson macht es vor. Peerfeedback mittels Modelllernen in den Schreibunterricht einführen

Textfeedback im und für den Unterricht

KLAUS PETER: Blinde Flecken des Peerfeedbacks im Schreibunterricht

BETTINA WOHLGEMUTH-FEKONJA: »Darf ich sehen, wo ich stehe?« Mit einem fünfstufigen Bewertungsraster zu einer gesteigerten Schreibkompetenz

MANUEL FEICHTNER, KRISTINA HÜBNER: Aurea mediocritas – (k)ein goldener Mittelweg bei der Textkorrektur.Über die Chancen zur Förderung der Sprachkompetenz im Deutschunterricht

URSULA ESTERL und STEPHAN SCHICKER im Gespräch mit MONIKA KRANČIČ: Formative Leistungsbeurteilung und -bewertung in der täglichen Unterrichtspraxis

 

 

 

 

»Textfeedback« in anderen ide-Heften

ide 2-2018

Textmuster und Textsorten

ide 4-2014

Vorwissenschaftliche Arbeit

ide 4-2013

Textkompetenz

ide 4-2010

Schreiben in der Sekundarstufe II

ide 1-2007

Kultur des Schreibens

ide 4-2006

Leistungsbeurteilung

ide 3-2002

Portfolio

 

Das nächste ide-Heft

ide 3-2023

Ökonomie und Deutschunterrichterscheint im September 2023

 

Vorschau

ide 4-2023

Sprache(n) und Zugehörigkeiten

ide 1-2024

Literaturgeschichte vernetzt

 

https://ide.aau.at

Besuchen Sie die ide-Webseite! Sie finden dort den Inhalt aller ide-Hefte seit 1988 sowie »Kostproben« aus den letzten Heften. Sie können die ide auch online bestellen.

www.aau.at/germanistik/fachdidaktik

Besuchen Sie auch die Webseite des Instituts für GermanistikAECC, Abteilung für Fachdidaktik an der AAU Klagenfurt: Informationen, Ansätze, Orientierungen.

Formatives Feedback als Unterstützung für Lehrer:innen und Schüler:innen

Feedback spielt nicht nur, aber speziell auch im Deutschunterricht eine entscheidende Rolle für das Gelingen von Lernprozessen. Aus diesem Grund wird insbesondere die schriftliche Kommentierung von Schüler:innenarbeiten auch als »Kerngeschäft« von Deutschlehrer:innen wahrgenommen und erhält viel Aufmerksamkeit. Gleichzeitig wird der Prozess des Feedback-Gebens und der Kommentierung von Schüler:innentexten von vielen Lehrenden mit viel Mühe und hohem Zeitaufwand verbunden und oft auch als wenig befriedigend erfahren, da die Rückmeldungen und Korrekturen nicht immer zu den erwünschten Verbesserungen der Leistungen der Schüler:innen führen.

Mit diesem Heft sollen innovative Modelle und Wege vorgestellt werden, wie die Tätigkeit des Feedback-Gebens nicht mehr ausschließlich als Aufgabe der Lehrpersonen zu sehen ist, sondern wie auch Schüler:innen dahin geführt werden können, geeignete Strategien zu erwerben, bereits vorhandene Kompetenzen zu vertiefen und so Verantwortung für den eigenen Lernprozess zu übernehmen. In einer sich wandelnden Lernkultur, die das Verhältnis zwischen Lehrenden und Lernenden, aber auch technische Entwicklungen betrifft, ist das Geben und Nehmen von Feedback eine Möglichkeit zum persönlichen Austausch sowie ein erfolgsversprechender Weg, um die Eigenständigkeit der Lernenden zu entwickeln.

Im Fokus der Ausführungen steht die Auseinandersetzung mit schriftlichen Texten und die damit verbundenen Möglichkeiten, Überarbeitungsprozesse für Lehrpersonen entlastender und für Schüler:innen effizienter zu gestalten. Dafür werden unterschiedliche Zugänge und Methoden des formativen Feedbacks, also der lernbegleitenden Rückmeldung, in den Blick genommen, die Schüler:innen in ihrem Lernprozess und beim Erwerb von Textkompetenzen unterstützen sollen.

Maik Philipp stellt in seinem Überblicksbeitrag jene Komponenten vor, die aktueller Forschung zufolge beim formativen Feedback als relevant gelten, um Schüler:innen zum selbstregulierten Schreiben und Lernen zu befähigen. Anhand eines integrativen Modells des (formativen) Feedbacks erläutert er dessen Teilkomponenten Inhalt, Funktion, Quelle und Kontext. In einem zweiten Schritt überführt er das Modell in die Praxis. Mit Blick auf das Feedback durch Lehrpersonen identifiziert er drei Grundsätze für eine gelingende reflektierte Feedback-Praxis, die sich positiv auf die Leistungen und das selbstregulierte Lernen der Schüler:innen auswirkt.

Der zweite Teil dieser ide-Ausgabe umfasst drei weiterführende Beiträge, die sich mit unterschiedlichen Feedback-Quellen abseits des Feedbacks durch Lehrpersonen beschäftigen: Katrin Lehnen lotet das Potential des Peerfeedbacks im Vergleich zum formativen Feedback für den Schreiberwerb im schulischen Schreiben aus und stellt unterschiedliche Verfahren und Methoden vor, von denen Feedback-Gebende und -Nehmende profitieren. Stephan Schicker diskutiert theoretische Grundlagen von Self-Assessment und skizziert Leitlinien für dessen didaktische Umsetzung. Dabei betont er die Bedeutung von möglichst konkreten Kriterien für die Eigenbeurteilung von Texten, wodurch das autonome Lernen der Schüler:innen unterstützt wird und die Lehrpersonen entlastet werden sollen. Die im deutschsprachigen Raum noch wenig genutzten, jedoch zukunftsweisenden Möglichkeiten und Grenzen für computergestütztes Feedback zu Schüler:innentexten in erst- und zweitsprachigen Kontexten zeigt Charlotte Wendt auf; neben Potentialen und Herausforderungen für den schulischen Schreibunterricht nimmt sie auch die Lehrer:innenbildung in den Blick.

Die vier Beiträge des dritten Teils eröffnen innovative didaktische Möglichkeiten, Feedback gezielt einzusetzen, um damit Lernprozesse in verschiedenen Kontexten zu unterstützen und Lehrkräfte zu entlasten. Wie Texte von sprachlich diversen Lernenden effektiv überarbeitet werden können, legen Nora Müller und Vera Busse in ihrem Beitrag dar. Sie spannen dabei einen weiten Bogen ausgehend von der Darlegung der Kriterien lernförderlichen Feedbacks und der unterschiedlichen Feedbackbedarfe von stärkeren und schwächeren Schreibenden. In einer prozessorientierten Schreibförderung hat sich besonders der Einsatz von kriteriengeleiteten Feedbackbögen als förderlich und die Lehrpersonen entlastend erwiesen, aber auch digitale Tools besitzen – ein noch intensiver zu erforschendes – Potential, um zur Schreibevaluation und -förderung herangezogen zu werden. Katharina Escher und Anna-Maria Jünger präsentieren das halbstandardisierte Beratungsinstrument »Code-Knacker« für die Rückmeldung auf Sachtextzusammenfassungen und erörtern seine Anwendung und Möglichkeiten seines Einsatzes im Unterricht anhand eines ausgewählten Beispiels. Muhammed Akbulut, Stephan Schicker und Sabine Schmölzer-Eibinger stellen ein innovatives didaktisches Setting zur Anbahnung von wissenschaftlicher Textkompetenz vor, in dem Peerfeedback in den authentischen Kontext einer Simulation eines wissenschaftlichen Peer-Review-Prozesses eingebettet ist. Die Notwendigkeit eines gezielten Peerfeedback-Trainings für Lernende ist der Ausgangspunkt von Sandra Reitbrechts Ausführungen. Sie identifiziert das reflexive Modelllernen als besonders zielführend und betont in ihrem Beitrag die Bedeutung der Lehrperson bei der Modellierung des Feedbackgebens im Schreibunterricht im Rahmen eines Strategie-Trainings.

Im Fokus des vierten und letzten Teils dieser ide-Ausgabe steht die Unterrichtspraxis. Klaus Peter nimmt dabei insbesondere die Lehrpersonen und ihren Arbeitsaufwand bei der Korrektur und Bewertung von Texten in den Blick. Indem er der Frage nach der Bedeutung der Funktion des Feedbacks in Lehr- und Lernsituationen nachgeht und herausarbeitet, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit Peerfeedback im Unterricht erfolgreich eingesetzt werden kann, spürt er auch blinde Flecken insbesondere noch wenig erfahrener Personen beim Feedbackgeben auf. Bettina Wohlgemuth-Fekonja stellt, basierend auf ihren eigenen Unterrichtserfahrungen, den am RCAE (Research Center for Applied Education) entwickelten fünfstufigen Bewertungsraster zur Steigerung der Schreibkompetenz vor, mit dessen Hilfe ein nachhaltiger, prozessorientierter Schreibunterricht gestaltet und die Selbstwirksamkeit der Schüler:innen erhöht werden kann. Die kriterienreferenzierte Bewertung soll transparentes und wirksames Feedbackgeben in einer angenehmen, motivierenden Atmosphäre ermöglichen. Manuel Feichtner und Kristina Hübner spannen in ihrem praxisbezogenen Beitrag einen weiten Bogen um Fragestellungen der Sprach- und Schreibförderung im Deutschunterricht und plädieren für eine zielgerichtete Korretur bzw. mehrphasiges Feeback. Monika Krančič gewährt in einem Interview mit den Herausgeber:innen des vorliegenden ide-Heftes Einblicke in ihre Berufspraxis und ihre Erfahrungen mit der formativen Leistungsbeurteilung im Fremdsprachenunterricht Deutsch in Slowenien.

Abgerundet werden die Ausführungen mit den von Wolfgang Ulbing zusammengestellten »Bibliographischen Notizen«, in denen aktuelle Publikationen rund um das Thema Textfeedback versammelt sind. Eva Maria Schnabel beleuchtet den neuen kompetenzorientierten Lehrplan für die Sekundarstufe I, wobei sie insbesondere die geänderte Rolle der Lehrpersonen hervorhebt. Diese sollen von reinen Wissensvermittler:innen zu lernförderlichen Mentorinnen und Mentoren werden und durch hilfreiche Rückmeldungen den Kompetenzerwerb ihrer Schüler:innen unterstützen. Aktuelle, zum Thema passende Publikationen stellt Ursula Esterl vor.

Wir wünschen eine anregende Lektüre und würden uns auch sehr über Ihr Feedback freuen.

URSULA ESTERLSTEPHAN SCHICKER

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URSULA ESTERL ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für GermanistikAECC der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt und Mitherausgeberin der Fachzeitschrift ide. informationen zur deutschdidaktik (https://ide.aau.at/). Zu ihren Arbeitsschwerpunkten gehören die Didaktik Deutsch als Zweitsprache, Sprachbewusstheit und Schreibforschung.E-Mail: [email protected]

STEPHAN SCHICKER ist Senior Scientist am Fachdidaktikzentrum Deutsch als Zweitsprache und Sprachliche Bildung der Universität Graz und AHS-Lehrer am BG/BRG Dreihackengasse. Zu seinen Arbeits- und Forschungsschwerpunkten zählen die Schreib-, Lese- und Mediendidaktik sowie das Argumentieren und Feedback.E-Mail: [email protected]

Maik Philipp

Formatives Feedback aus der Sicht des selbstregulierten Lernens

Grundlagen und Grundsätze förderlicher Rückmeldungen

Formatives Feedback beim Schreiben zielt darauf ab, dass Schülerinnen und Schüler solche Informationen erhalten, die ihrem längerfristigen Erwerb von Schreibkompetenz und selbstreguliertem Schreiben dienen. Um diesem Anspruch gerecht zu werden, sollten Lehrpersonen wissen, welche Komponenten aktuell beim formativen Feedback als wichtig gelten und dass formatives Feedback und selbstreguliertes Schreiben aus Erwerbsperspektive zusammenhängen. Diese Grundlagen lassen sich in drei Grundsätze für eine reflektierte Feedback-Praxis überführen.

Feedback gilt als eine wichtige, zugleich anspruchsvolle didaktische Einflussgröße, um Schülerinnen und Schülern zu besserer Schreibkompetenz zu verhelfen. Metaanalysen zeigen, dass sich formatives Feedback in verbesserten Textprodukten niederschlägt (Graham/Harris/Hebert 2011; Graham/Hebert/Harris 2015). Doch bereits der Singular »das« Feedback wirft Fragen auf: Verschiedene Lerntheorien entwerfen ganz unterschiedliche, einander mehr oder minder widersprechende Vorstellungen davon, welche Bestandteile Feedback beinhaltet und was als gutes Feedback gilt (Thurlings u. a. 2013). Dabei divergieren die Perspektiven darauf, welche Rolle die Feedback empfangende Person hat und damit auch: wie unidirektional oder komplex Feedback-Wirkungen angenommen werden (Thurlings u. a. 2013; Panadero/Lipnevich 2022; van der Kleij/Adie/Cumming 2019). Darum ist es nötig, im Grundlagen-Teil (1) den Begriff Feedback zu klären und in einer eingrenzenden Betrachtung den Ertrag des formativen Feedbacks für den Erwerb selbstregulierten Schreibens zu behandeln, ehe es im Grundsatz-Teil (2) um drei konsekutive Überlegungen zum Einsatz des Feedbacks im Schreibunterricht geht.

1. Grundlagen

1.1 Formatives Feedback

1.1.1 Konzeptionelle Klärungen

Im Titel dieses Teilkapitels sind die Wörter »formativ« und »Feedback« enthalten. Beide müssen expliziert werden, beginnend beim Terminus »Feedback«. Im Fall des Schreibens etwa definiert Graham (2018, S. 146) Feedback folgendermaßen: als an verschiedene Personen gerichtete und aus verschiedenen möglichen Quellen stammende Informationen für den Vergleich von aktuellen schreibbezogenen Leistungen mit einem angestrebten, idealen oder erwarteten Zustand. Diese Definition ist breit angelegt, was sich darin zeigt, dass nicht nur Schülerinnen und Schüler, sondern auch andere Personen(gruppen) sowohl Empfängerinnen als auch Ursprung derartiger schreibbezogener Informationen sein können.

Grahams Definition reiht sich ein in das, was sich inzwischen als wissenschaftlicher Konsens herausschält: Das Verständnis von Feedback hat sich zunehmend ausdifferenziert. Ein erster Grund ist, dass Feedback nicht mehr nur singulär mit Fokus auf eine klare Richtung (von einer Senderin zu einem Empfänger) mit Bezug auf eine simple, transmissive Umsetzung geäußerter Kritikpunkte beim aktuellen Produkt und vor allem ohne Berücksichtigung von kontextuellen Merkmalen modelliert wird. So ist beispielsweise unter der Perspektive sogenannter »formativer Assessments« Feedback ein hochdynamisches Geschehen, bei dem Lehrpersonen wichtige Informationen erhalten, um adaptiv zu unterrichten und dabei gezielt Informationen prozessnah zu sammeln und diese systematisch für ihre Unterrichtsgestaltung zu nutzen (Wiliam 2018). Das gilt auch fürs Schreiben (Graham 2018). Feedback ist hier nur ein Element innerhalb eines beträchtlich breiteren Konzepts. Sein Wert – auch aus schreibdidaktischer Warte – besteht dann darin, dass Feedback ein wichtiges Gelenk in einem bidirektionalen Prozess zwischen Lernenden und Lehrenden wird.

Ein zweiter Grund für die Ausdifferenzierung liegt darin, dass sich Feedback aus theoretischer Sicht als zunehmend komplexer darstellt. Dies illustriert beispielsweise die Überblicksarbeit von Lipnevich und Panadero (2021), in welcher 14 Feedback-Modelle systematisch gesichtet wurden. Ein wichtiges Ergebnis war, dass die Modelle immer mehr Bestandteile aufgenommen haben und die Feedback empfangende Person insgesamt stärker als aktiv betonen. Dies mündete in folgende synoptische Definition:

Diese breit angelegte, schon deutlich formatives Feedback betreffende Definition enthält mehrere Komponenten: a) verschiedene Informationen zum aktuellen Stand einer Person und dem angestrebten Zustand, b) die aus verschiedenen Feedbackquellen stammen und c) von der Feedback erhaltenden Person aktiv verarbeitet werden müssen. Hierin deutet sich eine markante Betonung der empfangenden Person an, die Panadero und Lipnevich (2022) als zentrales Element ihrer integrativen Modellsynopse bezeichnen. Mit anderen Worten: Anders als in noch relativ simplen Einzelmodellen, die primär Funktion und Inhalt des Feedbacks fokussierten, wird der Verarbeitung von Feedback auch und gerade im Zusammenspiel mit internalen und externalen Einflussgrößen zunehmend Beachtung geschenkt. Zentral ist – zumal aus der Perspektive des formativen Feedbacks – zunehmend die Frage geworden, unter welchen Bedingungen Personen Informationen aus dem Feedback aufgreifen, um auf dieser Grundlage der aktiven Verarbeitung der Informationen zu einer optimaleren Gestaltung von Prozessen des Lernens bzw. deren Ergebnis zu gelangen (van der Kleij/Adie/Cumming 2019).

Der Begriff »formativ« ist bereits gefallen, und er bedarf ebenso der Erläuterung. Die Unterscheidung von formativem und summativem Feedback ist in der Forschung etabliert. Während summatives Feedback dazu dient, Leistungen abschließend zu beurteilen, kommt dem formativen Feedback die Funktion zu, prozessbegleitende Optimierungen vorzunehmen. Daraus ergeben sich divergierende Zielstellungen, die mit »Assessment of Learning« für das summative Feedback und »Assessment for Learning« für das formative Feedback schlagwortartig zusammengefasst werden können. Formatives Feedback ist demnach ein sowohl den Schreibprozess begleitendes, prinzipiell auf Prozesse (Inhalte des Planens, Güte von Ideen, Gliederungen, Formulierungen während des Schreibens sowie jederzeit mögliche Überarbeitungen variierenden Ausmaßes oder Fokussierungen) als auch Zwischenprodukte bezogenes Feedback. Dieses Feedback kann, muss aber nicht von der Lehrperson allein stammen, Peerfeedback und Selbstbeurteilungen erweisen sich ebenfalls als hilfreich, wie es mehrere Metaanalysen zum Schreiben mit Fokus auf die Textqualität als Produktmaß haben nachweisen können (Graham/Harris/Hebert 2011; Graham/Hebert/Harris 2015). Auf das formative Feedback wird dieser Beitrag im Folgenden allein abzielen.

1.1.2 Ein integratives Modell des (formativen) Feedbacks

Ausgehend von der systematischen Sichtung bestehender einflussreicher Feedback-Modelle haben Panadero und Lipnevich (2022) fünf Komponenten extrahiert, die sie in einem integrativen Modell kombinieren. Zentrales Element – und deshalb auch in Abbildung 1 als Rahmen für alle anderen Elemente dargestellt – ist die lernende bzw. schreibende Person mitsamt ihren Merkmalen, die dafür bedeutsam sind, wie sie Feedback-Informationen versteht, verarbeitet, aufgreift und nutzt. Unter diesen Merkmalen sind explizit selbstregulatorische Fähigkeiten aufgeführt, um die es im nächsten Teilkapitel vertieft gehen wird. Diese Merkmale dynamisieren und beeinflussen auf diverse Arten das Feedback-Geschehen: Wer beispielsweise wenig Vorwissen bzw. metakognitives Strategiewissen besitzt, wird vermutlich mit knappen Rückmeldungen zu einem Text und unspezifischen Anweisungen wenig anzufangen wissen, während dies bei Personen mit hohem Wissen anders gelagert sein dürfte. Weil die schreibende Person im Feedback-Geschehen mitsamt ihren Merkmalen und Verarbeitungsprozessen bedeutend ist, werden Wechselwirkungen mit allen anderen Komponenten angenommen, deren Explikation jenseits der Zwecke des integrativen Modells liegen.

Abb. 1: Komponenten beim Feedback inklusive der Klärung des Zusammenhangs (modifizierte und ergänzte Darstellung, basierend auf Panadero/Lipnevich 2022, S. 13–16)

Das integrative Modell aus Abbildung 1 differenziert vier weitere Komponenten, die teils reziprok zusammenhängen, teils – bei der Quelle des Feedbacks – mit einseitigen Wirkrichtungen angenommen werden. Diese Komponenten werden nachfolgend beschrieben.

Inhalt des Feedbacks

Diese Komponente im Modell wird untergliedert in mehrere Subkomponenten, die Einzelmodelle des Feedbacks unterscheiden sich in der Differenzierung des Feedbackinhalts. In der Synopse dieser Modelle ließen sich vier konstitutive Subkategorien abstrahieren: a) die Verifikation, d. h., ob jemand die Aufgabenerfordernisse wie Adressatenorientierung prozessual oder produktbezogen erfüllt oder nicht; b) die Valenz, d. h., ob die Inhalte auf positive oder negative Weise formuliert sind bzw. negative oder positive Folgen in puncto Schreiben nach sich ziehen (z. B. eine positive Wirkung auf die Motivation durch positiv formuliertes Feedback oder eine negative Wirkung durch harsche Kritik), c) die Informationsmenge, d. h., wie viele Modifikationsvorschläge jemand erhält, die es zu verarbeiten und dann umzusetzen gilt; d) die Art von Informationen. Die Art von Informationen lässt sich wiederum in drei Rückmeldungen untergliedern: 1) wie erfolgreich die Schreibenden bislang waren (s. o. Verifikation, »Feed back«), 2) was das Ziel des Schreibauftrags bzw. des Schreibens ist (»Feed up«) und 3) welche Vorgehensweisen helfen, vom aktuellen Stand das Ziel zu erreichen (»Feed forward«). Nachweislich – und zwar nicht nur auf das Schreiben bezogen – ist Feedback dann umso wirksamer, je mehr solcher Informationen es enthält, insbesondere zum »Feed forward« (Wisniewski/Zierer/Hattie 2020). Es liegt auf der Hand, dass ein solches Feedback hohes metakognitives Wissen zum Schreiben (darunter auch: schreibdidaktisches Wissen) impliziert, um sinnvolle Handlungsoptionen vorzuschlagen.

Funktion des Feedbacks

Feedback hat eine übergeordnete Funktion, nämlich jemanden über den in Anbetracht eines Ziels erreichten (Zwischen-)Stand zu informieren, und zieht idealerweise Optimierungen nach sich. Was aber verbessert wird, unterscheidet sich, selbst wenn die Kategorien teils überlappen. Gemäß dem Modell sind drei Funktionen bzw. Zielbereiche anzuführen: a) die Verbesserung der auf Kognitionen basierenden Prozesse und Produkte (also günstigere Schreibprozesse und bessere Textprodukte), b) das Verbessern von Motivation bzw. Emotion (etwa das Erhöhen der Selbstwirksamkeit durch Lob oder das Vermeiden von Aussagen zu einer permanenten Nicht-Erfüllung von Aufträgen, um Angst und Hoffnungslosigkeit beim Schreiben vorzubeugen) oder c) das Optimieren der Selbstregulation – diesem Thema widmet sich das Teilkapitel 1.2 genauer. Funktion und Inhalt von Feedback hängen sehr eng zusammen, da die Zielstellung des Feedbacks beeinflusst, welche Inhalte das Feedback (nicht) haben sollte; umgekehrt ist nicht jeder Inhalt von Feedback gleich gut dazu geeignet, verschiedene Zwecke zu erfüllen.

Quelle des Feedbacks

Die offene Definition von Feedback impliziert, dass Feedback nicht nur von der Lehrperson stammt, sondern auch von verschiedenen anderen Personen wie Mitschülerinnen und Mitschülern (Peers) und der schreibenden Person selbst. Daneben sind computerbasierte Rückmeldungen möglich, und teils kann bereits ein präziser Schreibauftrag diverse hilfreiche Informationen beinhalten, welche zumindest den erwünschten Zustand charakterisieren. Die Schreibforschung zeigt, dass bezogen auf die Optimierung von Textprodukten verschiedene Quellen unterschiedlich effektiv sind: Am wirksamsten ist das Feedback von Lehrpersonen, gefolgt von Peerfeedback und Selbsteinschätzungen (Graham u. a. 2015). Die unterschiedliche Effektivität bei den sozialen Quellen entstammenden Feedbacks lässt sich darüber erklären, dass das Modell unidirektionale Zusammenhänge annimmt zwischen Feedbackquelle und Inhalt sowie Funktion. Es ist davon auszugehen, dass Erwachsene aufgrund ihres höheren Wissens Diskrepanzen zwischen Ist und Soll klarer erkennen und klarer kommunizieren, also ein mutmaßlich präziseres Feedback zu geben imstande sind.

Kontext des Feedbacks

Diese Komponente wird als dynamisch mit den zuvor beschriebenen Komponenten angenommen, ist aber zugleich das am wenigsten geklärte und ausdifferenzierte Element, was damit zu tun hat, dass in den zugrunde liegenden Einzelmodellen der Kontext zwar aufgeführt, aber unterschiedlich genau expliziert wird (Lipnevich/Panadero 2021). Entsprechend wird immer wieder betont, dass der Kontext – vor allem wird er auf institutionelle Kontexte, nämlich den Unterricht, enggeführt – einerseits beeinflusst, andererseits über Rückkopplungen auch beeinflusst wird, welche Feedbackquellen welche Inhalte und Funktionen von Feedback wie kommunizieren. Dabei ist mit dem Kontext nicht nur das unterrichtliche Geschehen inklusive des rahmenden Klassenklimas gemeint, sondern weitere Aggregatebenen wie Schulen, Fächergruppen mit ihren Merkmalen (Domänen) bis hin zu bildungssystemischen Zusammenhängen. Die Bedeutung des Kontexts ergibt sich aber nicht zuletzt über das »formative Assessment« als Konzept, welches Feedback als einen Bestandteil unter mehreren im Allgemeinen (Schütze/Souvignier/Hasselhorn 2018; Wiliam 2018) bzw. als Aktivität des Lernens im Verbund beim Schreiben im Besonderen beinhaltet (Wilson 2018).

1.2 Selbstreguliertes Schreiben und formatives Feedback

Feedback hat eine wichtige Funktion für das, was als »selbstreguliertes Lernen« bzw. in der Domänenspezifik »selbstreguliertes Schreiben« bezeichnet wird. Selbstregulation allgemein wird definiert als die »Kontrolle über Kognitionen, Verhalten, Emotionen und Motivation, die Lernerinnen und Lerner über die Verwendung persönlicher Strategien haben, damit sie ihre selbstgesetzten Ziele erreichen« (Panadero/Alonso-Tapia 2014, S. 450 f.). Diese Definition enthält wichtige Elemente: 1) das Ziel, das selbstgesetzt ist, was aber eine strukturelle Parallele zum Feedback insofern hat, als auch dieses einen Bezug zu einem Soll-Zustand beinhaltet, 2) die Strategien, welche der vielfältigen Steuerung (Kontrolle) von diversen Bereichen wie der Kognition, der Motivation/Emotion und dem Verhalten dienen, 3) den Konnex von Strategien und Zielerreichung. Mit den Strategien ist zugleich eine Teilkomponente aus dem integrativen Feedback-Modell aus dem Teilkapitel zuvor angesprochen, welches im Sinne des Inhalts des Feedbacks (»Feed forward«) und in Verbindung mit dem Ziel des Feedbacks der Optimierung der Prozesse einerseits und der Erhöhung der selbstregulatorischen Fähigkeiten andererseits dienen kann.

Ein solches Feedback kann sich auf domänenspezifische Selbstregulation beziehen, etwa im Schreiben. Mit selbstreguliertem Schreiben meint man die eigenständige Planung, Überwachung, Ausführung, Aufrechterhaltung, etwaige Anpassung, Beurteilung und Reflexion des eigenen Schreibens sowohl der Textprodukte als auch der Schreibprozesse (Philipp 2014, S. 48). Die Sammlung verschiedener Prozesse des Schreibens inkludiert diverse kognitive und metakognitive Aktivitäten, die im dynamischen Verbund zusammenspielen. In der selbstregulierten Steuerung dieser Prozesse haben Schülerinnen und Schüler häufig Mühe, darum bietet sich formatives Feedback als ein Bestandteil der Schreibdidaktik im Rahmen übergeordneter Konzepte an (Philipp 2014; Wilson 2018).

Hinzu kommt, dass wiederum aus einer allgemeinen Erwerbsperspektive dem Feedback die Funktion zukommt, in dialogischen Settings Kalibrierungen in Hinblick auf realistische Zielrepräsentationen mit angemessener Zielerreichung über Strategieanwendung zu ermöglichen (van der Kleij/Adie/Cumming 2019). Solche angemessenen Benchmarks zu Zielen und deren Erreichbarkeit mittels (Schreib-) Strategien bilden wiederum die Basis für metakognitive selbstregulatorische Prozesse (Clark 2012; Winne 2018). Hintergrund ist, dass Selbstregulation als Dachkonzept mitsamt den ihm innewohnenden Bestandteilen wie Motivation und Kognition zunehmend sowohl als Bedingung für das Nutzen von Feedback gilt als auch als das Ziel von formativem Feedback angenommen wird (van der Kleij/Adie/Cumming 2019). Je mehr diese Prozesse die Verarbeitung von Feedback zur Optimierung eigener Selbstregulation unterstützen, als desto normativ günstiger gilt formatives Feedback und desto mehr sind die Zusammenhänge der Komponenten aus dieser Zielperspektive auszutarieren.

Die Erwerbsperspektive geht dabei von einer Aneignungslogik aus: Personen werden dazu befähigt, durch zunächst externe Rückmeldungen stabiles metakognitives Wissen über (schreibbezogene) Aufgabenanforderungen zu entwickeln, die dann später als Benchmark für Prozess- und Produktevaluationen dienen, wobei dieses Wissen in Anwendung gebracht und konsolidiert wird (Panadero/Lipnevich 2022). Das Ziel ist demnach, dass Personen realistische Einschätzungen ihrer eigenen Prozesse und Produkte treffen können, zum Beispiel beim Schreiben. Einen solchen Erwerbsweg beschreibt die Mehrphasenlogik in der sozial-kognitiven Theorie des Lernens, die zwischen Beobachtung, Nachahmung, Selbstkontrolle und Selbstregulation differenziert (Panadero/Alonso-Tapia 2014). Die ersten beiden Phasen, in denen es um die Beobachtung von selbstregulierten Schreibprozessen durch Modellpersonen und die Verhaltensreproduktion durch die lernende Person geht, gehen von sozialen Einflussfaktoren aus. Dem Feedback kommt insbesondere in der Phase der Nachahmung, aber auch in den nachfolgenden Phasen, durch Übung und Anwendung und sukzessive stattfindende Transfers der selbstregulatorischen Fähigkeiten die Funktion zu, dass schreibende Personen verstehen, wie gut ihnen das selbstregulierte Schreiben gelingt. Formatives Feedback ist hierbei eine zentrale Bedingung für den Erwerb von Selbstregulation.

2. Grundsätze

Damit formatives Feedback seine wünschenswerten positiven Effekte entfalten kann, bedarf es diverser schreibdidaktischer Zielklärungen zum Einsatz des Feedbacks. Allmählich beginnen sich in der Forschung hierzu erste grundsätzliche Überlegungen aus der Warte des formativen Feedbacks bzw. zu dessen Einsatz im Rahmen einer (Schreib-)Unterrichtsgestaltung mit formativen Assessments allgemein herauszuschälen (Graham 2018). Dabei wird die folgende Darstellung eine Engführung auf Feedback durch Lehrpersonen einnehmen. Die drei Grundsätze bauen aufeinander auf, indem sie entlang des integrativen Feedback-Modells die einzelnen Komponenten adressieren und vernetzen.

2.1 Zwecke des Feedbacks klären

Feedback soll einer Verbesserung dienen und sollte also explizite Informationen beinhalten, die ihrerseits stark mit der Funktion des Feedbacks zusammenhängen. Das integrative Modell des Feedbacks betont nicht nur, dass es mehrere Informationen gibt – darunter die zentralen zum Ziel (»Feed up«) und zum aktuellen Stand der Person (»Feed back«) –, sondern auch die wichtige Information, welche Vorgehensweise die Diskrepanz zwischen Soll und Ist zu überbrücken vermag (»Feed forward«). Das bedeutet: Es braucht eine Fokussierung darauf, was mit dem Feedback bezweckt werden soll, was mit einer Priorisierung der Informationen einhergeht, die für eine schreibende Person aktuell sinnvoll verarbeitbar ist. Graham (2018) betont beispielsweise, dass Feedback spezifisch sein sollte, in der Menge überschaubar und priorisiert hinsichtlich der zu erreichenden Ziele. Die im Teilkapitel 1.1.2 dargestellten Bestandteile Verifikation, Valenz, Anzahl und Art von Informationen können als Minimalkonsens gelten, worüber sich Lehrpersonen Gedanken machen sollten. Davon nicht abgekoppelt ist die Frage nach der Funktion: Geht es darum, kurzfristig einen einzelnen Text zu optimieren, stellen sich andere Anforderungen an das Feedback, als wenn es darum geht, längerfristig Selbstregulation aufzubauen.

2.2 Lernendensensibles Feedback geben

Das integrative Rahmenmodell des Feedbacks positioniert die schreibende Person als zentral. Darum stellt sich die Frage danach, welchen Einfluss die empfangende Person bereits auf die Auswahl und Formulierung von Feedbackinhalten hat. Von Busse/Müller/Sieckmann (2022) stammt der Vorschlag, eine reflektierte, die Unterschiede von spezifischen Personen(gruppen) berücksichtigende Rückmeldung zu geben. Dadurch soll eine Passung zwischen den Feedback empfangenden Schülerinnen und Schülern und dem Inhalt des formativen Feedbacks ermöglicht werden. Anders gesagt: Die Klärung der Fragen, wer den Adressaten bzw. die Adressatin der formativen Rückmeldungen darstellt und ob er oder sie das Feedback als motivierend empfindet, es versteht und umsetzt, wirkt unumgänglich.

2.3 Feedback als Bestandteil eines übergeordneten Schreibunterrichts einsetzen

Die letzte Empfehlung greift den Gedanken des formativen Assessments vom Beginn des Beitrags nochmals auf (Clark 2012; Schütze/Souvignier/Hasselhorn 2018), indem die Perspektive der Schreibunterrichtsentwicklung tragend wird. Wilson (2018) benennt fünf zusammenhängende Bestandteile eines solchen Unterrichts: a) das Klären, welche Merkmale guten Schreibens (produkt-, aber auch prozessbezogen) angestrebt werden, b) Schülerinnen und Schülern genügend Möglichkeiten zu schreiben zu bieten, damit Lehrpersonen eine Basis für ihr Feedback haben, c) formatives Feedback, d) Nutzen von Peers als Feedbackquelle (mit entsprechender sorgfältiger Etablierung solcher Routinen) und e) selbstreguliertes Schreiben mit hoher Eigenverantwortung. An diesen aufeinander aufbauenden Elementen wird deutlich, welche Herausforderungen und Chancen formatives Feedback konsequent weitergedacht aufweist.

3. Fazit

Dieser Beitrag hat sich mit der Frage beschäftigt, was lernförderliches formatives Feedback ausmacht und was hierbei – mit Fokus auf das selbstregulierte Schreiben – für den Schreibunterricht bedeutend ist. Die Essenz aus Grundlagen und Grundsätzen lautet:

• Das wissenschaftliche Verständnis hat sich erheblich ausdifferenziert: Formatives Feedback ist ein Prozess mit vielen zusammenhängenden Komponenten. Inhalt und Funktion des Feedbacks beim Schreiben sind nicht sinnvoll trennbar, zugleich müssen die Empfängerinnen und Empfänger mit ihren Merkmalen ebenso berücksichtigt werden wie die Quelle des Feedbacks und der Kontext. Das eröffnet Lehrpersonen Freiheitsgrade, sollte sie aber auch dafür sensibilisieren, wie sie Feedback nutzen wollen.

• Formatives Feedback ist eine Bedingung des Erwerbs von Selbstregulation laut sozial-kognitiven Lerntheorien. Darum kommt ihm eine essenzielle Bedeutung zu, und Überlegungen zu einem Schreibunterricht, der transparente Ziele beim Schreiben verfolgt und häufige dialogische Feedback-Interaktionen ermöglicht sowie die Fähigkeiten zum selbstregulierten Schreiben aktiv vermittelt, fokussieren eine Form von Unterrichtsentwicklung.

Literatur

BUSSE, VERA; MÜLLER, NORA; SIEKMANN, LEA (2022): Wirksame Schreibförderung durch diversitätssensibles formatives Feedback. In: Dies. (Hg.): Schreiben fachübergreifend fördern. Grundlagen und Praxisanregungen für Schule, Unterricht und Lehrerinnen- und Lehrerbildung. Hannover: Klett|Kallmeyer, S. 114–133.

CLARK, IAN (2012): Formative Assessment: Assessment Is for Self-Regulated Learning. In: Educational Psychology Review 24 (2), S. 205–249.

GRAHAM, STEVE (2018): Instructional Feedback in Writing. In: Lipnevich, Anastasiya A.; Smith, Jeffrey K. (Hg.): The Cambridge Handbook of Instructional Feedback. Cambridge: Cambridge University Press, S. 145–168.

GRAHAM, STEVE; HARRIS, KAREN R.; HEBERT, MICHAEL (2011): Informing Writing. The Benefits of Formative Assessment. Washington: Alliance for Excellent Education.

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MAIK PHILIPP ist Professor für Deutschdidaktik an der Pädagogischen Hochschule Zürich. E-Mail: [email protected]

Feedback besteht aus Informationen, die alle oder mehrere Komponenten umfassen: den aktuellen Zustand der Lernenden, Informationen darüber, wo sie sich befinden, wohin sie gelangen und wie sie dorthin gelangen können, und diese Informationen können von verschiedenen Akteuren (d. h. Peers, Lehrpersonen, man selbst, der Aufgabe selbst, Computer) präsentiert werden. Es wird davon ausgegangen, dass diese Informationen eine stärkere Wirkung auf die Leistung und das Lernen haben, wenn sie die Lernenden zu einer aktiven Verarbeitung anregen. (Lipnevich/Panadero 2021, S. 25; eigene Übersetzung)

Katrin Lehnen

Peerfeedback beim schulischen Schreiben

Grundlagen, Methoden, Modellierung

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