The Cowgirls Of Sleepy Oaks County - Mia Kingsley - E-Book
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The Cowgirls Of Sleepy Oaks County E-Book

Mia Kingsley

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Beschreibung

Willkommen im Sleepy Oaks County, wo die Cowboys noch frei über die Felder streifen dürfen und sich kriminelle Frauen nicht zähmen lassen wollen. Fake Cowgirl Wahrscheinlich sollte ich mich geschmeichelt fühlen, dass sich direkt nach meinem Umzug in eine neue Stadt der begehrteste Junggeselle im Umkreis von dreißig Meilen für mich interessiert. Allerdings ist Aufmerksamkeit exakt das Gegenteil von dem, wofür ich mit meinen Freundinnen in die verschlafene Kleinstadt Springfair im Sleepy Oaks County gekommen bin. Wir müssen nämlich eine Weile untertauchen, nachdem wir drei Banken hintereinander überfallen und mehr als zwanzig Millionen Dollar erbeutet haben – doch natürlich ist besagter Junggeselle nicht nur überaus hartnäckig, sondern auch noch der Sheriff … Not A Cowgirl Nachdem ich zusammen mit meinen Freundinnen drei Banken überfallen habe, bin ich dafür zuständig, einen passenden Unterschlupf zu finden, in dem wir uns verstecken können, bis Gras über die Sache gewachsen ist. Meine erste Anlaufstelle für Anliegen mit fragwürdiger Legalität ist Marty, der mir nicht nur das Versteck vermittelt, sondern auch neue Papiere für uns besorgt und die nötigen Kontakte herstellt, damit wir nicht auf unserer Beute sitzen bleiben. Leider stellt sich bereits nach kurzer Zeit heraus, dass Marty die Ranch im Sleepy Oaks County doppelt belegt hat. Wenn ich bedenke, wie viel Dreck ich schon am Stecken habe, dann will ich gar nicht wissen, was die beiden Kerle verbrochen haben, die dreist ins Haus platzen und sich weigern, wieder zu gehen … Pretend Cowgirl Seit ich mich mit meinen Freundinnen auf der abgelegenen Ranch im Sleepy Oaks County verstecke, weil wir ein paar Banken überfallen habe, stehe ich im Visier unseres Nachbarn, der mich einfach nicht in Ruhe lässt. Und das mit dem Visier meine ich wörtlich. Der Kerl war früher angeblich ein Scharfschütze und verbringt seine Zeit nun am liebsten auf Bäumen, während er durch sein Zielfernrohr sieht. Egal wohin ich gehe, spüre ich seinen durchdringenden Blick auf mir. Er hat mich mehr als einmal gewarnt, ihm nicht zu nahe zu kommen, obwohl er derjenige ist, der mir auf Schritt und Tritt folgt … Dark Romance. Düstere Themen. Eindeutige Szenen. Deutliche Sprache.

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THE COWGIRLS OF SLEEPY OAKS COUNTY

SAMMELBAND

MIA KINGSLEY

DARK ROMANCE

Copyright: Mia Kingsley, 2024, Deutschland.

Coverfoto: © ginettigino – stock.adobe.com

Korrektorat: http://www.korrekturservice-bingel.de

ISBN: 978-3-910412-57-6

Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist nachdrücklich nur mit schriftlicher Genehmigung der Autorin gestattet.

Sämtliche Personen in diesem Text sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig.

Black Umbrella Publishing

www.blackumbrellapublishing.com

INHALT

Fake Cowgirl

Fake Cowgirl

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Epilog

Not A Cowgirl

Not A Cowgirl

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Pretend Cowgirl

Pretend Cowgirl

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Epilog

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Über Mia Kingsley

FAKE COWGIRL

FAKE COWGIRL

Wahrscheinlich sollte ich mich geschmeichelt fühlen, dass sich direkt nach meinem Umzug in eine neue Stadt der begehrteste Junggeselle im Umkreis von dreißig Meilen für mich interessiert.

Allerdings ist Aufmerksamkeit exakt das Gegenteil von dem, wofür ich mit meinen Freundinnen in die verschlafene Kleinstadt Springfair im Sleepy Oaks County gekommen bin.

Wir müssen nämlich eine Weile untertauchen, nachdem wir drei Banken hintereinander überfallen und mehr als zwanzig Millionen Dollar erbeutet haben – doch natürlich ist besagter Junggeselle nicht nur überaus hartnäckig, sondern auch noch der Sheriff …

Willkommen im Sleepy Oaks County, wo die Cowboys noch frei über die Felder streifen dürfen und sich kriminelle Frauen nicht zähmen lassen wollen.

Wie gut, dass es Lassos gibt …

Düstere Themen. Eindeutige Szenen. Deutliche Sprache. In sich abgeschlossen, aber Teil einer Reihe mit wiederkehrenden Figuren.

KAPITEL1

SIMON

Lennon Burkes schmaler Rücken war schnurgerade, während sie am Tresen des Diners saß und an ihrem Kaffee nippte. Ihre dunkelbraunen Haare fielen ihr bis auf die Schultern und sahen auch heute wieder so seidig aus, dass ich versucht war, eine Strähne zwischen meinen Fingern zu reiben, um herauszufinden, ob sie so weich waren, wie sie aussahen.

Als Sheriff von Springfair und den umliegenden Gemeinden – also eigentlich ganz Sleepy Oaks County – war es sozusagen meine Pflicht, neue Bewohner willkommen zu heißen und mich wenigstens einmal vorzustellen. Die Aufgabe fiel mir zugegebenermaßen leicht, wenn die Neuankömmlinge so attraktiv wie Lennon Burke waren.

Vor knapp einer Woche hatte Lennon zusammen mit ihren Freundinnen die alte Riverrock Ranch bezogen, ein baufälliges Gebäude, das schon seit einer Ewigkeit leer stand und eine merkwürdige Wahl für drei Frauen war, die augenscheinlich Großstadtpflanzen waren.

Zwischen den Jeans, Karohemden und Stetsons stach Lennon in ihrem komplett schwarzen Ensemble hervor wie ein Schneemann in der Wüste.

Sie versteifte sich kaum merklich, als ich neben ihr am Tresen Platz nahm und meinen Hut absetzte. Linda brachte mir sofort eine Tasse Kaffee und ich nickte ihr mit einem Lächeln zu.

Mir war jetzt schon öfter aufgefallen, dass Lennon mir gegenüber eine gewisse Ablehnung zeigte, und ich hegte den Verdacht, dass es an meiner Uniform lag. Vielleicht hatte mein Job mich paranoid werden lassen, aber irgendwie war ich mir sicher, dass Lennon ein paar schwarze Flecke in ihrer Vergangenheit hatte.

»Lennon.« Ich warf ihr mein routiniertes Lächeln zu, das sogar die alte Mrs Matthews besänftigen konnte, wenn sie einen ihrer berüchtigten Wutanfälle hatte, weil ihr Nachbar zu früh am Morgen den Rasen gemäht hatte. Die meiste Zeit ließ sich das aufregende Leben im Sleepy Oaks County kaum aushalten. Deshalb war es auch verwunderlich, dass sich gleich drei hübsche und überaus alleinstehende Frauen auf der Riverrock Ranch eingenistet hatten.

»Sheriff.« Lennons Lächeln wirkte bemüht und sie leerte eilig ihren Kaffeebecher, den sie auf den Tresen stellte.

Da sie bereits Anstalten machte, ihr Frühstück bezahlen zu wollen, wusste ich, dass ich sie schleunigst in ein Gespräch verwickeln musste, bevor sie mir erneut auswich – so wie in den vergangenen Tagen.

»Bill sagte, dass die Ladys von der Riverrock Ranch sich nach Materialien umgesehen haben? Das Dach ist undicht?«, fragte ich.

»Bill?« Lennon runzelte die hübsche Stirn.

»Bill Smiths vom gleichnamigen Baumarkt. Falls ihr Hilfe braucht, müsst ihr es nur sagen.«

Sie winkte ab. »Wir haben alles unter Kontrolle.«

Ich musterte ihre makellos manikürten Fingernägel und nickte langsam. Zwar bezweifelte ich nicht, dass Lennon sicherlich eine fähige Frau war, doch es fiel mir schwer, sie mir in ihrem Outfit auf dem Dach des Haupthauses vorzustellen. Aber vielleicht irrte ich mich auch.

»Falls sich das ändert, ist mein Büro am Ende der Straße kaum zu übersehen.«

»Danke für das Angebot.« Sie griff nach ihrer Handtasche.

»Und wie gefällt euch das Landleben so?«

»Gut.« Ihr höfliches Lächeln war ihr förmlich ins Gesicht gemeißelt und ich fühlte mich wie ein randalierender Fluggast, dem die Stewardess gerade gesagt hatte, dass er keinen weiteren Drink bekommen würde.

»Wart ihr schon im Saloon?«

»Nein. Aber ich habe viel Gutes gehört.« Mit dieser unverbindlichen Antwort glitt sie vom Stuhl und legte einen Zwanzig-Dollar-Schein unter ihren Teller. »Sheriff.«

Ich sah ihr hinterher, bis sie den Diner verlassen hatte. Als Linda zum Tresen kam, um Lennons Geschirr wegzuräumen, hob ich die Hand. »Bitte nicht.«

Ich zog die Beweismitteltüte aus der Hosentasche, die ich eigens für diesen Zweck mitgebracht hatte. Vor mir war mein Vater der Sheriff gewesen und vor ihm mein Großvater – die Fähigkeit, Kriminelle drei Meilen gegen den Wind zu erschnüffeln, war mir praktisch vererbt worden. Natürlich machte ich viele Dinge anders als mein Dad, weil die Zeiten sich geändert hatten und die Welt noch nie einfach nur schwarz und weiß gewesen war, aber das änderte nichts an meiner Intuition.

»Simon«, sagte Linda mit einem Tadel in der Stimme. »Die arme Frau hat dir nichts getan. Warum lässt du sie nicht in Ruhe?« Sie beugte sich näher über den Tresen und senkte ihre Stimme. »Vielleicht sind sie vor prügelnden Ehemännern geflüchtet. Willst du wirklich Staub aufwühlen?«

Ich sah ihr geradewegs in die Augen. »Vertraust du mir, Linda?«

»Natürlich. Aber bist du dir sicher, dass du dich da nicht in etwas verrennst, weil du es nicht gewohnt bist abzublitzen?«

Völlig perplex starrte ich sie an. »Bitte was?«

»Ach, komm schon.« Linda rollte mit den Augen und stemmte eine Hand in die Hüfte. Das hatte sie bereits gemacht, als wir noch zusammen in die Schule gegangen waren. »Die Frauen aus dem ganzen County werfen sich reihenweise vor deine Füße und du musst es ausgerechnet bei der einen versuchen, die sichtlich kein Interesse hat?«

»Darum geht es mir nicht«, behauptete ich und schämte mich ein wenig für die Lüge. Natürlich wurmte es mich, dass Lennon nicht einmal an einem Gespräch mit mir interessiert war.

»Worum geht es dann?« Lindas vorwurfsvoll gehobene Augenbraue wanderte noch höher.

»Dass Lennon keine Abneigung gegen mich hat, sondern gegen die Uniform.«

Linda schüttelte den Kopf. »Was auch immer dich nachts schlafen lässt. Die Tasse bringst du aber gefälligst zurück.«

Ich knurrte eine unverbindliche Antwort, setzte meinen Hut wieder auf und verließ den Diner mit meiner Beute in der Hand.

Aufgrund von Springfairs atemberaubender Größe war ich in weniger als zwei Minuten in meinem Büro und machte mich daran, die Fingerabdrücke von der Tasse zu nehmen. Sollte ich unrecht haben, schuldete ich vermutlich sowohl Lennon als auch Linda eine Entschuldigung.

Allerdings dauerte es nicht lang, bis das Programm mit einem lauten Piepen meldete, dass es einen Treffer in der Datenbank gefunden hatte.

Ich hatte es gewusst! Mit einem triumphierenden Grinsen nahm ich die Maus und klickte auf das entsprechende Symbol, um mir das Ergebnis anzeigen zu lassen.

Okay, viel war es nicht – bloß ein Teilabdruck, der zu fünfundsiebzig Prozent mit dem Abdruck von Lennons Daumen übereinstimmte.

Vor neun Tagen war in Boulder, Colorado, eine Bank überfallen worden. Zwei Tage, bevor Lennon und ihre Freundinnen in unserem verschlafenen Nest aufgetaucht waren.

Als ich den Bericht und die Zeugenaussagen las, konnte ich mir das Grinsen nicht verkneifen. Innerhalb von sechs Tagen waren drei Filialen der gleichen Bankkette ausgeraubt worden – in Boise, Idaho, Lincoln, Nebraska und Boulder, Colorado. Gegen die Bank selbst wurde gerade ermittelt, weil sie bei der Steuererklärung große Verluste beklagt und massenweise Angestellte entlassen hatten, während sich die CEOs Boni in Millionenhöhe ausgeschüttet hatten.

Dieser eine spezielle Daumenabdruck war außen am Türgriff gefunden und katalogisiert worden. Wahrscheinlich hatte Lennon die Filiale zuvor ausspioniert, wobei es zu auffällig gewesen wäre, Handschuhe zu tragen.

Ich hatte keinen Zweifel daran, dass Lennon an dem Banküberfall beteiligt gewesen war, auch wenn die Räuber laut den Aussagen in voller Footballmontur aufgetaucht waren – Helme und Schulterpads inklusive. Damit konnte man Statur und Geschlecht perfekt verschleiern.

Wenn ich eine Bank ausrauben würde und mich danach erst einmal verstecken wollte, wäre die Riverrock Ranch die ideale Wahl – ein riesiges Grundstück, weit genug abgelegen, sodass sich keine unerwünschten Besucher dorthin verirrten und man jedem aus dem Weg gehen konnte.

Mein Bauchgefühl hatte wieder einmal recht behalten. Und das sagte ich nicht bloß, weil ich an Lennon interessiert war – in mehr als einer Hinsicht.

Es wurde Zeit, dass ich erneut mit ihr redete.

Und dieses Mal würde ich mehr Druck ausüben.

KAPITEL2

LENNON

Als ich die Tür zum Haupthaus der Ranch aufstieß, stolperte ich beinahe über Norma, die auf dem Boden kniete und einen Eimer unter dem neuesten Loch im Dach positionierte. Die zweite Etage erstreckte sich bloß über den hinteren Teil des Hauses, sodass es hinten in den ersten Stock regnete und hier eben ins Erdgeschoss. Überhaupt war die ganze Konstruktion der Ranch fragwürdig, aber wir hatten nun einmal nicht wählerisch sein können.

Sally drehte mit dem Handy am Ohr Runden durch die geräumige Wohnküche und winkte mir zu.

»Irgendwas Neues?«, fragte ich Norma.

»So generell oder redest du von undichten Stellen?«

Ich seufzte. »Beides.«

Norma zuckte mit den Schultern und stand auf, offensichtlich zufrieden mit der Position des Eimers. Nachdem sie sich die Knie abgeklopft hatte, verschränkte sie die Arme. »Marty sagt, dass es ein Problem mit unseren neuen Reisepässen gibt. Sollte ich nächste Woche immer noch nichts von ihm gehört haben, fahre ich selbst nach Los Angeles und mache ihm Feuer unter dem Hintern.« Sie musterte mich und legte den Kopf schräg, wobei ihre dunkelblonden Haare nach vorn fielen. »Was ist los? Du siehst angespannt aus.«

»Der Sheriff.«

Norma besaß die Unverfrorenheit, laut aufzulachen. »Das geschieht dir irgendwie recht, dass sich ausgerechnet der Sheriff in dich verknallt hat.«

»Er ist nicht in mich verknallt. Er steht bloß zu sehr auf Small Talk und versteht den Wink mit dem Zaunpfahl offensichtlich nicht.«

»Das glaubst du ja wohl selbst nicht.« Norma garnierte ihre Aussage mit schmatzenden Kussgeräuschen, sodass ich sie lieber stehen ließ.

Sally beendete gerade ihr Gespräch, als ich zu ihr kam. »Ich habe wahrscheinlich einen Käufer für den Schmuck aus den Schließfächern.«

»Du bist die Beste!« Ich legte die Hand auf ihren Arm und drückte ihn.

»Die Allerbeste«, stimmte Norma mir zu. »Wer ist es?«

»Bisher hatte ich nur den Stellvertreter am Telefon, einen gewissen Harvey Poole. Es klingt zwar alles okay, aber mit meinem endgültigen Urteil warte ich lieber noch.«

Ich lächelte, weil Sally einfach nicht aus ihrer Haut konnte. Norma war offen und konnte um ihr Leben plaudern, wenn sie musste, während Sally ruhig und kalkuliert war und nicht einmal ein Gericht von der Speisekarte wählen konnte, ohne sich vorher über jede einzelne Zutat zu informieren und sie gegeneinander abzuwägen.

Aber deshalb waren wir auch so ein gutes Team – wir ergänzten uns perfekt. Die Stärken der einen waren die Schwächen der anderen und eine von uns behielt immer die Nerven.

»Morgen ist übrigens wieder eine von euch dran, ihr Gesicht in der Stadt zu zeigen, damit wir als zurückgezogene Einsiedler keine neugierigen Besucher anlocken.«

»Ist was passiert?« Sally forschte in meinem Gesicht nach einer Antwort, aber natürlich kam Norma mir zuvor.

»Der Sheriff«, flötete sie und klimperte mit den Wimpern.

Selbst Sally lächelte verhalten. »Der gute Mann ist aber hartnäckig.«

»Ich weiß gar nicht, warum ihr es amüsant findet, dass ausgerechnet der Sheriff eine Nervensäge ist. Ein neugieriger Gesetzeshüter ist so ziemlich das Letzte, was wir gerade brauchen.«

Norma rümpfte die Nase. »Das Letzte, was ich brauche, ist unser Nachbar. Ich schwöre, dass der Kerl mich stalkt.«

»Weil du ihm im Baumarkt begegnet bist?«, fragte Sally vorsichtig.

»Im Baumarkt, im Diner, in der Drogerie, im Internetcafé und an unserer Grundstücksgrenze. Grant Baxter. Wenn ich den Namen schon höre.« Norma starrte durch das Küchenfenster nach draußen, als könnte sie Grant aus dieser Distanz mit ihrem Blick erdolchen. Zumindest nahm ich an, dass er grob in dieser Richtung wohnte. Meine Orientierung war nicht die beste. Überhaupt konnte ich dem Landleben nicht viel abgewinnen.

Mit dem perfekten Timing hörten wir alle deutlich das laute Platschen, als sich eine neue undichte Stelle offenbarte und ein Regentropfen auf den Fußboden fiel.

Norma warf die Arme in die Luft. »Und jetzt? Wir haben keine Eimer mehr.«

Ich konnte es mir nicht nehmen lassen, sie nun genau so zu ärgern, wie sie es mit mir getan hatte. »Wir könnten ja mal bei unserem Nachbarn nachfragen, ob er uns welche leiht.«

»Sehr witzig.« Norma rümpfte die Nase noch höher.

Sally schüttelte bloß den Kopf. »Wir nehmen einfach einen Kochtopf. Ist ja eh nicht so, als würde eine von uns heute noch ein Fünf-Gänge-Menü kochen.«

»Oder überhaupt«, ergänzte ich. Zum Beweis ging ich zum Kühlschrank, öffnete ihn und offenbarte gähnende Leere. »Okay, wir machen uns jetzt schlau, wie man so ein blödes Dach repariert, und danach fahre ich in die Stadt, um die nötigen Sachen im Baumarkt zu besorgen. Lebensmittel kaufe ich dann auch gleich.«

»Du? Freiwillig? Obwohl es die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass du dem Sheriff begegnest?« Sally wirkte nicht überzeugt.

»Ich bin halt clever – wenn ich einkaufen gehe, muss ich nachher weder kochen noch meinen hübschen Arsch aufs Dach schwingen.«

»Das mit dem Dach bekomme ich sicher hin«, verkündete Norma schnell.

Sally seufzte. »Toll. Ich darf also kochen? Bring was … Einfaches mit.«

»Was ist denn einfach für dich?«

Sie dachte eine ganze Weile nach. »Toast und Erdnussbutter?«

»Bitte was?« Norma drehte sich zu ihr. »Erst muss ich auf dem Dach schuften und dann bekomme ich nicht einmal eine anständige Mahlzeit?«

»Mädels, beruhigt euch. Erst mal müssen wir herausfinden, wie wir das Dach reparieren können, bevor ich überhaupt einkaufen kann.«

Norma nahm ihr Tablet von der Küchenanrichte. »Das kann unmöglich schwerer sein, als einen ganzen Banküberfall zu planen.«

* * *

Als ich endlich wieder auf dem Weg nach Hause war, verfluchte ich mich selbst für die beknackte Idee, mich freiwillig für das Erledigen der Einkäufe zu melden.

Allein wie lang ich durch den eher kleinen Baumarkt geirrt war – nicht etwa, weil ich mich nicht zurechtgefunden hatte, sondern weil Springfairs Bewohner zu achtzig Prozent männlich zu sein schienen und mir ihre Hilfe aufdrängen wollten. Während ich versucht hatte, die richtige Plane auszuwählen, war ich fünfmal angesprochen worden – zwischen Teenagern und Männern im Alter meines Großvaters war alles dabei gewesen. Dagegen hatte sich der Einkauf im Supermarkt als das reinste Kinderspiel entpuppt.

In einer knappen Viertelstunde sollte ich wieder auf der Ranch sein und dann konnten Sally und Norma mir beim Ausladen helfen. Irgendwie würden wir uns schon mit dem Landleben arrangieren. Uns blieb auch keine andere Wahl, da wir planten, mindestens sechs Monate hierzubleiben.

Allerdings hatte ich mich in meiner Vorstellung eher auf der Veranda sitzen und Cocktails trinken sehen, als passende Arbeitshandschuhe auszuwählen und ein Dach zu reparieren.

Aber die Cocktails konnten wir uns auch noch genehmigen, wenn die Arbeit getan war.

Ich hing der Frage nach, über welchen der von mir gekauften Snacks ich mich zuerst hermachen wollte, als in meinem Rückspiegel das blau-rote Leuchten einer Polizeisirene aufflammte. Der Wagen des Sheriffs kam schnell näher.

Es gab nur zwei Möglichkeiten – entweder mein Rücklicht war defekt oder der Sheriff verstand den Wink mit dem Zaunpfahl wirklich nicht und wollte mich erneut anbaggern.

Ich fuhr rechts ran, schaltete den Motor aus und ließ die Fensterscheibe herunter. Sheriff Starr – Simon – hielt hinter mir und stieg aus dem Wagen. Er hatte eine Taschenlampe dabei und in der Dunkelheit tanzte der Schein über die Ladefläche des

Pick-ups, als hätte er den Verdacht, ich würde Leichen transportieren.

»Lennon.« Er nickte mir zu. »Würdest du bitte aus dem Wagen steigen?«

Alles in mir schrie danach zu protestieren. Ich wusste, dass er mich nicht einfach ohne Grund anhalten und schikanieren konnte. Leider wusste ich auch, dass hier draußen in der Pampa niemand in der Hackordnung über dem Sheriff stand, der zu allem Überfluss auch noch extrem beliebt, respektiert und geschätzt war. Außerdem war das Ganze schneller vorbei, wenn ich kooperierte.

»Klar. Was gibt’s?«, fragte ich und öffnete die Fahrertür.

Er wartete, bis ich vor ihm stand, und schaltete dann die Taschenlampe aus. Sein Gesicht wurde von den Scheinwerfern seines Wagens erhellt, der hinter meinem stand, was ihm ein bedrohliches Aussehen verlieh. Langsam und irgendwie genüsslich ließ er seinen Blick über mich wandern. »Was sagtest du noch gleich, wo ihr hergekommen seid?«

»New York«, gab ich zurück, wobei ich mir sicher war, bisher nicht mit Simon darüber gesprochen zu haben.

»Ist das so? Ich hätte schwören können, dass es Boulder, Colorado, war.«

Mein Herz klopfte schneller, doch ich war geübt genug, mir nichts anmerken zu lassen. »Nein, es war New York.«

»Und was genau macht ihr beruflich, hier draußen, ganz allein auf der Riverrock Ranch? Das muss nach New York eine ziemliche Umstellung gewesen sein.«

»Entschuldigung, Sheriff, aber was soll dieses Verhör? Es ist spät und ich würde gern nach Hause.«

Er nickte langsam, doch auf seinen Lippen breitete sich ein spöttisches Lächeln aus, das mir ganz und gar nicht gefiel. Mit einem unguten Gefühl im Bauch sah ich zu, wie er sein Handy aus der Tasche holte, mit den Fingern über das Display strich und es mir dann unter die Nase hielt.

»Was genau soll das sein?«

»Ein Teilfingerabdruck. Nicht genug, um direkt eine Verhaftung zu rechtfertigen, aber genug, um eine Untersuchung in Gang zu bringen. Der Abdruck hier stammt vom Türgriff einer Bankfiliale in Boulder, Colorado.«

Ich bekam kaum noch Luft, aber wie durch ein Wunder schaffte ich es, bloß lässig eine Augenbraue hochzuziehen. »Und du hast mich angehalten, weil du das unbedingt mit mir teilen musstest?«

»Nein. Ich habe dich angehalten, weil es dein Fingerabdruck ist.«

»Das glaube ich nicht.«

»Frag Linda, sie hat gesehen, wie ich die Kaffeetasse aus dem Diner mitgenommen habe. Zu ihrer Verteidigung hat sie versucht, mich daran zu hindern, aber meine Intuition hat mir keine Ruhe gelassen.«

»Ich glaube, dein Verhalten fällt schon unter Belästigung.«

Simon legte den Kopf schräg. »Ich fürchte, das sieht so ziemlich jeder Staatsanwalt und Richter anders. Aber um ehrlich zu sein, ist mir egal, ob du und deine Freundinnen – oder sollte ich besser Komplizinnen sagen? – eine korrupte Bank überfallen habt. Ich brauche bloß deine Hilfe und da ich den Eindruck habe, dass du mir nicht freiwillig helfen wirst …«

Ich wog meine Chancen ab. Ich konnte es weiter bestreiten und das Gespräch würde sich im Kreis drehen, bis Simon seine Meinung änderte und eine Untersuchung anstrebte, oder ich konnte fragen, was er wollte, was allerdings einem Schuldeingeständnis gleichkäme.

»Nur mal rein hypothetisch angenommen, ich hätte eine Bank ausgeraubt …«

»Oder drei«, unterbrach er mich und schaute mich vielsagend an.

»Angenommen, ich hätte eine Bank ausgeraubt und müsste dir helfen, damit du nicht auf die Idee kommst, deine Frustration über meine Zurückweisung an meinen Freundinnen auszulassen, was würdest du von mir wollen?«

Seine Miene hatte sich verfinstert. »Ich bin nicht frustriert und ich kann mit Zurückweisungen umgehen. Abgesehen davon hast du mich bisher nicht zurückgewiesen. Du warst bloß unfreundlich.«

»Richtig, weil es mein Job als verfügbare Frau ist, dir zu gefallen, immer artig zu lächeln und stundenlang mit dir zu reden, wenn es dir gerade passt.«

»Das habe ich nicht gesagt«, erwiderte er und beugte sich näher – vermutlich damit ich das wütende Funkeln in seinen Augen sehen konnte.

»Doch, im Grunde hast du genau das gesagt. Was willst du, Simon?«

»Ich brauche eine Begleiterin für eine Party.«

Ich rollte mit den Augen und drehte mich, um die Autotür zu öffnen. »Das ist die dümmste und dreisteste Anmache, die ich in meinem ganzen Leben gehört habe – und ich habe drei Jahre in einem Hooters gearbeitet. Es gibt genug Frauen in der Stadt, Simon. Warum versuchst du es nicht bei jemandem, der Interesse an dir hat?«

Zu meiner großen Überraschung packte er meinen Arm und hinderte mich daran, ins Auto zu steigen. Stattdessen zog er mich herum und drückte mich mit dem Rücken gegen die Karosserie. »Nein, du wirst mir helfen, Lennon. Ich brauche jemanden mit starken Nerven und einer gewissen Abgebrühtheit. Eine Kriminelle eben.«

»Und wenn ich nicht will?«

»Dann ignoriere ich Lindas Rat und fange doch an, im Dreck zu wühlen.«

KAPITEL3

SIMON

Ich parkte den schwarzen SUV, den ich mir von der Echo Point Ranch geliehen hatte, vor dem Haupthaus und stieg aus.

Auf dem Dach schienen einige Schindeln erneuert worden zu sein und ich fragte mich, wer die Reparaturen wohl vorgenommen hatte. Der Gedanke, dass eine der Frauen vom Dach stürzte, gefiel mir nämlich ganz und gar nicht.

Als ich die Veranda nach oben stieg, wurde die Tür bereits geöffnet und Lennon kam mir entgegen. Das elegante schwarze Kleid stand ihr hervorragend und ihr Gesicht kam mit den hochgesteckten Haaren noch besser zur Geltung.

Leider drückte ihre Miene aus, dass sie sich nicht unbedingt freute, mich zu sehen, was mich angesichts der Tatsache, dass ich sie erpressen musste, damit sie mich begleitete, nicht überraschen sollte. Aber ich hatte gehofft, die vergangenen zwei Tage wären genug Zeit gewesen, um sich mit dem Besuch der Party zu arrangieren. Abgesehen davon war es ja wohl enorm großzügig meinerseits, dass ich darüber hinwegsah, wie hoch die Wahrscheinlichkeit war, dass Lennon und ihre Freundinnen mehr als zwanzig Millionen Dollar erbeutet hatten. Der tatsächliche Wert ihrer Beute musste bedeutend höher sein, denn niemand hatte eine genaue Vorstellung davon, was sich alles in den Schließfächern befunden hatte.

Ihre Freundinnen standen nicht weiter hinter der Tür und gaben sich nicht einmal Mühe, ihren Unmut zu verbergen. Sie musterten mich eindringlich, bis die Größere von beiden, die ebenso brünett wie Lennon war, sagte: »Len, ich glaube, du hast dein Handy im Schlafzimmer liegen lassen. Ich meine, es auf deinem Nachtschrank gesehen zu haben.«

Lennon klappte ihre kleine schwarze Handtasche auf. »Verdammt.« Sie hob den Blick und schaute mich an. »Ich bin gleich wieder da.«

Nachdem sie über die Treppe nach oben gestöckelt war, kamen ihre Freundinnen näher.

»Hey«, sagte die Brünette zu mir. Ihr Name war Sally Davidson und ich hatte exakt gar nichts über sie herausfinden können, weil sie angeblich nicht existierte.

Es war eine glatte Lüge gewesen, als ich Lennon versichert hatte, nicht an ihren Freundinnen interessiert zu sein. Natürlich hatte ich sie überprüft – ich hatte bloß nichts gefunden, was mir ähnliche Munition bot. Und um ehrlich zu sein, fand ich Lennon auch wesentlich anziehender. Nicht, dass Sally Davidson und Norma Burton nicht ebenfalls sehr attraktiv gewesen wären, aber nur Lennon entsprach meinem Geschmack. Sie hatte irgendetwas an sich, was mich zutiefst faszinierte.

Dass Sally Davidson vermutlich ein Alias war, überraschte mich nicht. Norma Burton hingegen war absolut faszinierend. Musterschülerin, dann Musterstudentin aus reichem Elternhaus, hatte sich einen Namen als gefeierte Literaturübersetzerin gemacht, weil sie vor allem komplexe literarische Bestseller übersetzte, an die sich sonst nur wenige heranwagten.

Dass ausgerechnet sie zusammen mit zwei anderen Frauen eine Bank überfallen hatte, machte gar keinen Sinn. Überhaupt keinen. Norma hatte Anfang des vergangenen Jahres angekündigt, ein Sabbatjahr nehmen zu wollen, und seitdem nichts mehr übersetzt. Sie war mehr oder weniger untergetaucht und ihre Familie wusste augenscheinlich nicht, wo sie war. Alle Social-Media-Accounts lagen brach, ihre Handynummer war nicht länger erreichbar und all ihre Kreditkarten waren seitdem unbenutzt. Die Geschichte dahinter interessierte mich, aber nicht so sehr wie Lennons Vergangenheit. Und ihre Gegenwart. Wahrscheinlich sogar ihre Zukunft.

Sally warf einen Blick zur Treppe, ehe sie näher kam. »Es ist mir egal, dass du der Sheriff bist – wenn du Lennon auch nur ein Haar krümmst, finden wir dich.«

Ich war es nicht gewohnt, so unverhohlene Drohungen zu hören, und irgendwie imponierte es mir. »Ich hatte nicht vor, ihr etwas anzutun.«

Norma, die kleiner als wir alle war und in ihrem dunkelblauen Cardigan wie eine freundliche Bibliothekarin wirkte, rümpfte die Nase. Sie bewegte ihre Hand und offenbarte, dass sie ein Rasiermesser zwischen den Fingern hielt. Das Licht brach sich in der Klinge, die aussah, als wäre sie erst kürzlich besonders gründlich geschärft worden.

»Lennon ist oft zu nett«, sagte Norma und strich sich eine Strähne ihres dunkelblonden Bobs aus dem Gesicht. »Das ist kein Grund, dich ihr irgendwie aufzudrängen. Es sei denn, du möchtest, dass deine Leiche nie gefunden wird.«

Ich starrte Norma Burton an, die kaum einen Meter sechzig messen konnte, und war irritiert, weil ich ihr tatsächlich jedes Wort glaubte.

Schritte ertönten auf der Treppe und Lennon kam nach unten. Sofort zogen ihre Freundinnen sich zurück und standen an der gleichen Stelle wie vorher – ganz so, als hätten sie mich nicht gerade erst bedroht. Sogar das Rasiermesser war aus Normas Hand verschwunden.

»Du meldest dich jede Stunde«, verkündete Sally und nickte Lennon zu.

Norma hingegen starrte mich an. Der Ausdruck in ihren Augen ließ mich erschauern. Eiswasser musste durch ihre Adern fließen, anders konnte ich mir die enorme Kälte, die von ihr ausging, nicht erklären.

»Wird gemacht. Ihr wisst, dass ich auf mich aufpassen kann.« Lennon winkte ihren Freundinnen zu und rauschte an mir vorbei auf die Veranda.

Mit einem letzten Blick auf ihre Freundinnen drehte ich mich um, doch ich sah noch genau, wie Norma ihre Handfläche drehte und mir die Rasierklinge präsentierte.

Junge – über was für ein räuberisches und mörderisches Trio war ich da in meinem County gestolpert?

Ich hatte mich eigentlich von meiner besten Seite zeigen und Lennon die Tür aufhalten wollen, doch Normas Verhalten hatte mich dermaßen aus dem Konzept gebracht, dass ich nicht schnell genug reagierte.

Lennon saß bereits auf dem Beifahrersitz, als ich die Stufen nach unten stieg – noch nicht ganz davon überzeugt, dass Norma mich nicht gleich von hinten attackieren würde.

Ich war beinahe erleichtert, als ich den Motor startete und zurücksetzte.

»Lass mich raten – Norma und Sally haben dich bedroht, damit du mir nichts tust.«

»Jepp.«

Lennon lachte. »Die beiden sind so niedlich. Als ob ich mich nicht selbst verteidigen könnte.«

Ein Hauch von Nervosität ergriff mich, während ich meinen Blick über sie schweifen ließ. Der Rock des Kleides war weit genug, dass Lennon sich ohne mein Wissen eine Waffe an den Oberschenkel geschnallt haben konnte. Oder vielleicht hatte sie auch ein Rasiermesser in ihrer Handtasche.

»Wie wäre es, wenn du mir jetzt endlich erzählst, wozu genau du eine Kriminelle brauchst? Nicht, dass ich eine wäre.« Sie neigte den Kopf und spielte mit dem Schnappverschluss der Tasche.

Da ich beim besten Willen nicht wusste, wie ich das Ganze beschönigen sollte, entschied ich mich für die schmucklose, ja geradezu deprimierende Wahrheit. »Ich bin einem Menschenhändlerring auf der Spur. Nehme ich zumindest an.«

Für einen Moment war Lennon ruhig, bevor sie sagte: »Ich weiß nicht, womit ich gerechnet habe – aber irgendwie nicht damit.«

»Ich arbeite schon eine ganze Weile mehr oder weniger in meiner privaten Zeit an dem Fall, weil außer mir niemand zu denken scheint, dass da etwas dran ist. In den letzten fünf Jahren sind in den umliegenden Städten und Countys fast einhundert junge Männer verschwunden und keine Menschenseele interessiert sich dafür. Alle sind der Meinung, die Männer wären einfach auf der Suche nach einem besseren Leben in Richtung Ost- oder Westküste aufgebrochen.«

»Männer? Nicht Frauen? Ist das nicht eher ungewöhnlich?«

»So gut kenne ich mich mit dem Thema nicht aus. Ich habe angefangen, Nachforschungen anzustellen, weil ich in Durport öfter bei einer Obdachlosenunterkunft zu tun hatte und dort etliche junge Männer getroffen habe, die Pläne für die Zukunft geschmiedet hatten und ihr Leben in den Griff bekommen wollten. Einer von ihnen war Danny und er hat eine Weile gebraucht, um Vertrauen zu fassen. Wann immer ich in Durport war, habe ich ihn auf einen Kaffee eingeladen und irgendwann hat er gefragt, ob er sich als Deputy bewerben könnte. Der arme Junge hatte einfach nur Pech im Leben gehabt. Ich wollte mich erkundigen und am nächsten Tag war er verschwunden. Einfach weg. Wie in Luft aufgelöst. Seine Freunde sagten, dass er mit einer attraktiven Frau in einer Bar gesprochen habe, mit der er auch nach Hause gegangen sei. Ich habe mich umgehört und habe die gleiche Geschichte noch ein paar Mal gehört. Junger Mann, attraktive Frau – und der Mann wurde nicht wieder gesehen.«

Ich rechnete ihr hoch an, dass sie wieder nachdachte und sich nicht sofort über mich lustig machte. Es war nicht das erste Mal, dass ich dieses Thema anschnitt, und mir war oft genug versichert worden, dass ich Gespenster sah.

»Hast du eine Theorie, was mit den Männern passiert?« Lennon hatte sich ein Stück in meine Richtung gewandt und wirkte nicht mehr ganz so ablehnend.

»Ja, allerdings klingt sie im ersten Moment etwas haarsträubend.«

»Du wärst überrascht, wie hoch meine Toleranz für ›haarsträubend‹ liegt«, gab sie trocken zurück.

Ich warf einen Blick aufs Navi, damit ich die nächste Abzweigung nicht verpasste. »Was weißt du über Galveston, Texas?«

»Zugegebenermaßen nicht viel.« Sie zuckte mit den Achseln.

»Im Golf von Mexiko sind knapp tausend aktive Ölbohrinseln zu finden, wobei ich glaube, dass es in Wahrheit noch mehr sind. Galveston ist ein wichtiger Hafen, in dem viele Passagier- und Frachtschiffe anlegen. Meine These ist, dass die Männer nach Galveston gebracht und gezwungen werden, auf den Ölbohrinseln zu arbeiten – vielleicht sogar auf nicht angemeldeten und nicht genehmigten Plattformen.«

»Wow.« Lennon schüttelte den Knopf. »Das wäre ja … Sklaverei.«

»Ja, und jetzt verstehst du auch, warum die meisten mich ansehen, als hätte ich den Verstand verloren, sobald ich das Thema anschneide. Niemand interessiert sich dafür, wenn Jungen und Männer zwischen sechzehn und Mitte zwanzig verschwinden.«

Meine Beifahrerin ließ den Verschluss ihrer Tasche erneut zuschnappen. »Und was erhoffst du dir von der Party?«

»Das weiß ich nicht genau. Ich habe eine grobe Beschreibung der Frau und wollte mich auf meine Intuition verlassen. Wir suchen nach einer Brünetten, die ungefähr eins siebzig groß ist und eine Rose auf der Schulter tätowiert hat.«

»Ich meine, ich kann mir Mühe geben, dir zu helfen, aber viel ist das nicht.«

Unwillkürlich packte ich das Lenkrad fester, weil ich selbst wusste, dass ich nach Strohhalmen griff. Aber ich konnte einfach nicht länger tatenlos zusehen. »Um ehrlich zu sein, brauche ich dich bloß als Begleiterin. Ohne weibliche Begleitung werden sie mich nicht reinlassen.«

Lennon runzelte die Stirn. »Warum?«

Da wir fast an unserem Ziel waren, beschloss ich, dass ich ihr genauso gut die Wahrheit sagen konnte. »Weil es eine Sexparty ist.«

KAPITEL4

LENNON