The Vampire Diaries - Stefan's Diaries - Rache ist nicht genug - Lisa J. Smith - E-Book

The Vampire Diaries - Stefan's Diaries - Rache ist nicht genug E-Book

Lisa J. Smith

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Beschreibung

Die Blutsbrüder sind zurück

Faszinierend, fesselnd, leidenschaftlich: Stefans Tagebuch enthüllt erstmals, was wirklich geschah – und wie eine unsterbliche Hassliebe ihren Anfang fand ...

Stefan will sein blutiges Verlangen für immer hinter sich lassen und taucht in Manhattan unter. Doch schon bald stellt er mit Entsetzen fest, dass er den Schatten der Vergangenheit niemals entfliehen wird – denn Damon hat für die Vampirbrüder ganz andere Pläne, deren faszinierendem Sog sich Stefan nicht entziehen kann ... Gemeinsam erobern sie New York im Sturm – bis sie plötzlich einem alten Feind gegenüberstehen, der nur eines im Sinn hat: Rache!

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Seitenzahl: 242

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DIE AUTORIN

Lisa J. Smith hat schon früh mit dem Schreiben begonnen. Ihren ersten Roman veröffentlichte sie noch während ihres Studiums. Sie lebt mit einem Hund, einer Katze und ungefähr 10 000 Büchern im Norden Kaliforniens.

Weitere lieferbare Titel von Lisa J. Smith bei cbt:

Die Tagebuch eines Vampirs-Serie Im Zwielicht (Band 1) Bei Dämmerung (Band 2) In der Dunkelheit (Band 3) In der Schattenwelt (Band 4) Rückkehr bei Nacht (Band 5) Seelen der Finsternis (Band 6) Schwarze Mitternacht (Band 7) Jagd im Abendrot (Band 8)

The Vampire Diaries – Stefan’s DiariesAm Anfang der Ewigkeit (Band 1) Nur ein Tropfen Blut (Band 2)

Die Night World-Reihe Engel der VerdammnisPrinz des SchattenreichsJägerin der DunkelheitRetter der NachtGefährten des ZwielichtsTöchter der FinsternisSchwestern der DunkelheitKriegerin der Nacht

Der Magische ZirkelDie Ankunft (Band 1) Der Verrat (Band 2) Die Erlösung (Band 3)

Visionen der NachtDie dunkle GabeDer geheime BundDer tödliche Bann

Das Dunkle SpielDie Gejagte (Band 1) Die Beute (Band 2) Die Entscheidung (Band 3)

Inhaltsverzeichnis

DIE AUTORINPROLOGKAPITEL EINSKAPITEL ZWEIKAPITEL DREICopyright

cbt ist der Jugendbuchverlag in der Verlagsgruppe Random House

Denn welche Sühne gibt es für vergossen Blut?

– Choephoren, Aischylos

PROLOG

Alles hat sich verändert. Mein Körper, meine Begierden, mein Appetit.

Meine Seele.

In siebzehn kurzen Jahren habe ich viel zu viele Tragödien erlebt – und selbst noch mehr verursacht. Die Erinnerung an meinen Tod und an den meines Bruders lastet schwer auf meinen Schultern. Mich verfolgt das Rasseln unserer letzten Atemzüge in den moosbedeckten Wäldern von Mystic Falls, Virginia, und das Bild des leblosen Körpers meines Vaters in seinem Arbeitszimmer auf Veritas, unserem prächtigen Gut. Ich rieche noch immer die verkohlten Überreste der Kirche, in der die Vampire der Stadt verbrannten. Und ich kann das Blut, das ich getrunken, und die Leben, die ich nach meiner Verwandlung aus reinem Hunger und aus reiner Gleichgültigkeit ausgelöscht habe, fast schmecken. Am deutlichsten sehe ich den neugierigen Träumer vor mir, der in dem Jungen steckte, der ich einst war, und wenn mein Herz schlagen könnte, würde es brechen bei dem Gedanken an die abscheuliche Kreatur, zu der ich geworden bin.

Aber obwohl jedes einzelne Molekül meines Seins bis zur Unkenntlichkeit verändert ist, dreht die Welt sich weiter. Kinder werden älter, ihre rundlichen Gesichter mit der Zeit schmaler. Junge Liebende schenken sich ein heimliches Lächeln, während sie über das Wetter plaudern. Eltern schlafen, solange der Mond Wache hält, und erwachen, sobald die Strahlen der Sonne sie aus dem Schlummer kitzeln. Sie essen, arbeiten und lieben. Und dabei schlagen ihre Herzen, stetig, rhythmisch, laut, hypnotisch; ihr Blut lockt mich an wie die Melodie eines Schlangenbeschwörers die Kobra.

Einst verspottete ich mein langweiliges menschliches Leben; ich glaubte, die Macht, die ich besaß, mache mich zu etwas Größerem. Katherines Beispiel hat mich gelehrt, dass die Zeit Vampiren nichts anhaben kann – also löste ich mich davon, lebte von Augenblick zu Augenblick und von einem fleischlichen Vergnügen zum nächsten, ohne Furcht vor den Konsequenzen. Während meines Aufenthalts in New Orleans war ich berauscht von meiner neuen Macht, von meiner unbegrenzten Stärke und Schnelligkeit. Ich fiel über Menschen her, als sei ihr Leben bedeutungslos. Jeder einzelne warme Tropfen Blut gab mir das Gefühl, lebendig zu sein, stark, furchtlos und mächtig.

Es war ein Strudel der Blutgier. Ich tötete so viele, so beiläufig. Ich kann mich nicht einmal an die Gesichter meiner Opfer erinnern. Bis auf eines.

Callie.

Ihr flammendrotes Haar, ihre klaren grünen Augen, ihre weichen Wangen, die Art, wie sie dastand, die Hände in die Hüften gestemmt … Jedes Detail hat sich mit schmerzlicher Klarheit in mein Gedächtnis eingebrannt.

Es war Damon, mein Bruder und ehemals bester Freund, der Callie den Todesstoß versetzt hat.

Ich habe Damon das Leben genommen, als ich ihn zum Vampir machte, daher nahm er mir das einzig Lebendige, was ich hatte – meine neue Liebe. Durch Callie habe ich wieder gespürt, was es heißt, menschlich zu sein, und was es bedeutet, das Leben wertzuschätzen. Ihr Tod lastet schwer auf meinem Gewissen.

Jetzt ist meine Stärke eine Last, das ständige Verlangen nach Blut ein Fluch, das Versprechen der Unsterblichkeit ein furchtbares Kreuz. Vampire sind Ungeheuer, Mörder. Das darf ich nie, niemals mehr vergessen. Ich darf dem Ungeheuer in mir niemals mehr die Kontrolle überlassen. Ich werde auf ewig die Schuld für das tragen, was ich meinem Bruder angetan habe – die Entscheidung, die ich für ihn getroffen habe –, und muss zugleich den dunklen Pfad meiden, dem zu folgen er so fest entschlossen ist. Er genießt die Gewalt und Freiheit seines neuen Lebens wie in einem Rausch, während ich das nur bedauern kann.

Bevor ich New Orleans verließ, habe ich mit dem Dämon gekämpft, zu dem mein Bruder geworden war. Jetzt, da ich hoch oben im Norden neu anfange, weit fort von allen, die mich als Mensch oder Vampir gekannt haben, ist der einzige Dämon, mit dem ich ringen muss, mein Hunger.

KAPITEL EINS

Das Schlagen eines Herzens drang an mein Ohr, die Musik eines einzelnen Lebens, nicht allzu weit entfernt.

Alle anderen Geräusche der Stadt traten in den Hintergrund, als dieses eine nach mir rief. Es kam von einem weiblichen Wesen, das sich von seinen Freunden entfernt und die ausgetretenen Pfade verlassen hatte.

Gerade war die Sonne über dem Central Park untergegangen, wohin ich mich seit meiner Ankunft in New York vor vierzehn langen Tagen selbst verbannt hatte. Jetzt wurden die Farben dieser weiten Wildnis weicher, gingen ineinander über, die Schatten verschwammen mit den Dingen, die sie warfen. Die Orange- und Blautöne des Himmels verwandelten sich in tintendunkles Schwarz, während der schlammige Boden in einem samtigen Rotgold schimmerte.

Um mich herum lag die Welt zumeist still; sie hielt den Atem an zur allabendlichen Wachablösung, wenn Menschen und ihre Gefährten des Tageslichts ihre Türe verschließen und die Kreaturen der Nacht, wie ich selbst eine bin, herauskommen, um zu jagen.

Mit dem Ring, den Katherine mir gegeben hatte, konnte ich mich bei Tag wie ein normaler, lebendiger Mensch im Freien aufhalten. Doch schon seit Anbeginn der Zeit ist für Vampire die Jagd während jener unsicheren Stunden einfacher, wenn der Tag allmählich zur Nacht wird und die Dunkelheit all jene verwirrt, die nicht die Augen und Ohren eines nächtlichen Räubers haben.

Der Herzschlag, dem ich jetzt folgte, wurde leiser … er entfernte sich. Verzweifelt machte ich mich auf den Weg, zwang meinen Körper, sich schnell zu bewegen, zwang meine Füße, sich vom Boden abzustoßen. Ich war geschwächt vom Mangel an Nahrung, was meine Fähigkeit zur Jagd beeinträchtigte. Hinzu kam, dass die Umgebung mir noch nicht vertraut war. Die Pflanzen und Ranken waren mir so fremd, wie die Menschen auf den eine Viertelmeile entfernten gepflasterten Straßen.

Aber ein Jäger bleibt ein Jäger, auch in ungewohnter Umgebung. Ich sprang über einen verkrüppelten Busch und lief einen eisigen Bach entlang, in dem es keine trägen Katzenfische gab, wie ich sie als Kind so gerne beobachtet hatte – bis mein Fuß auf einem moosbedeckten Stein ausrutschte und ich ins Unterholz krachte.

Das Wesen mit dem pochenden Herzen hörte mich und wusste, dass sein Tod nahte. Jetzt, da es allein war und seiner Notlage gewahr, begann es ernsthaft zu rennen.

Welch ein Anblick muss das gewesen sein: Mein dunkles Haar war zerzaust, die Haut so bleich wie ein Leichnam, die Augen gerötet, sobald der Vampir in mir zum Vorschein kam. Ich rannte und sprang wie ein Wilder durch den Wald, immer noch jene feinen Kleider am Leib, die Lexi mir gegeben hatte, meine Freundin in New Orleans; das weiße Seidenhemd war jetzt an den Ärmeln zerrissen.

Meine Beute steigerte das Tempo. Aber sie würde mir nicht entkommen.

Das Verlangen nach Blut wurde zur Qual und so stark, dass ich es nicht mehr aushielt. Ein süßer Schmerz durchzog meinen Kiefer, und meine Reißzähne traten hervor. Mein Kopf pulsierte heiß, während ich mich verwandelte. Meine Sinne wurden schärfer, während meine Macht die Oberhand gewann und auch das letzte bisschen Vampirstärke verbrauchte, das mir noch verblieben war.

Ich raste in einer Geschwindigkeit, die jenseits dessen lag, was Mensch und Tier möglich war. Instinktiv, wie alle lebenden Geschöpfe, spürte das arme Ding, dass der Tod kam, und geriet in Panik. Es suchte Zuflucht unter den Bäumen und sein Herz hämmerte unregelmäßig: Bum bum bum bum bum bum.

Ein winziger menschlicher Teil in mir mag vielleicht bedauert haben, was ich gleich tun würde, aber der Vampir in mir brauchte Blut.

Mit einem letzten Sprung fing ich meine Beute ein – ein großes, gieriges Eichhörnchenweibchen, das sein Rudel verlassen hatte, um nach zusätzlicher Nahrung zu suchen. Die Zeit schien stillzustehen, als ich herabstieß, ihm den Hals abriss, meine Zähne in sein Fleisch bohrte und sein Leben Tropfen für Tropfen in mich hineinsaugte.

Schon als Mensch hatte ich Eichhörnchen verspeist, was meine Schuldgefühle ein wenig verringerte. Daheim in Mystic Falls waren mein Bruder und ich in den dichten Wäldern um unser Anwesen auf die Jagd gegangen. Fast das ganze Jahr über waren Eichhörnchen ein mageres Mahl, im Herbst aber waren sie fett und schmeckten nach Nüssen. Eichhörnchenblut hingegen war kein sonderliches Festessen; es schmeckte ranzig und widerlich. Es war reine Nahrung, mehr nicht – wenn überhaupt. Ich zwang mich, weiterzutrinken. Es war eine Qual, welche die Erinnerung an jene berauschende Flüssigkeit, die durch menschliche Adern fließt, aufleben ließ.

Aber in dem Moment, da Damon Callies Leben beendet hatte, hatte ich den Menschen für immer abgeschworen. Ich würde nie wieder töten, nie wieder von ihnen trinken und nie wieder einen Menschen lieben. Ich konnte ihnen nichts als Schmerz und Tod bringen, selbst wenn es nicht meine Absicht war. Doch das war das Leben als Vampir. Das war das Leben mit einem dämonischen, rachsüchtigen Bruder.

In der Ulme hoch über meinem Kopf schrie eine Eule. An meinen Füßen huschte ein Streifenhörnchen vorbei. Mit schlaffen Schultern legte ich das arme Eichhörnchen auf den Boden. In seinem Körper war kaum noch Blut, sodass nichts aus der Wunde austrat und in seinen Beinen bereits die Totenstarre einsetzte. Ich wischte mir die Reste von Blut und Fell aus dem Gesicht und stapfte tiefer in den Park hinein, allein mit meinen Gedanken, während um mich herum eine Stadt von fast einer Million Leuten summte.

Seit ich mich zwei Wochen zuvor aus dem Zug gestohlen hatte, schlief ich in einer Art Höhle mitten im Park. Ich markierte jeden einzelnen Tag, der verstrich, auf einer Betonplatte. Davon abgesehen ging jeder Augenblick bedeutungslos und leer in den nächsten über. Neben der Höhle befand sich ein umzäuntes Gelände, auf dem Bauarbeiter die »nützlichen« Überreste eines Dorfs deponiert hatten, das beim Bau des Central Parks niedergerissen worden war, außerdem allerlei architektonischen Krimskrams, der auf seinen Aufbau wartete – gemeißelte Springbrunnen, sockellose Statuen, Oberbalken und sogar Grabsteine.

Ich schob mich an einem kahlen Ast vorbei – die Novemberkälte hatte fast jeden Baum seiner Blätter beraubt – und schnupperte. Es würde bald regnen. Das sagte mir sowohl meine Erfahrung, die ich während meines Lebens auf unserem Gut gesammelt hatte, als auch die Sinne des Ungeheuers in mir, die mir beständig Tausende von Informationen über die Welt um mich herum vermittelten.

Dann drehte der Wind und wehte den aufreizend klebrigen Geruch von Rost herüber. Da war er wieder. Dieser schmerzhafte metallische Duft.

Der Duft von Blut. Menschlichem Blut.

Ich trat auf die Lichtung, mein Atem ging stoßweise. Der kräftige Geruch von Eisen war allgegenwärtig und erfüllte die Senke mit einem beinahe greifbaren Nebel. Ich suchte das Gebiet mit den Augen ab.

Dort lag die Höhle, in der ich meine quälenden Nächte verbrachte und mich in Erwartung der Morgendämmerung von einer Seite auf die andere wälzte. Direkt davor befand sich ein Gewirr aus Balken und Türen, die aus abgerissenen Häusern und geschändeten Gräbern stammten. Ein Stück weiter entfernt sah ich die leuchtenden weißen Statuen und Springbrunnen, die überall im Park aufgestellt worden waren.

Und dann entdeckte ich die Quelle des berauschenden Dufts. Am Fuße der Statue eines Prinzen lag eine junge Frau, deren weißes Ballkleid sich allmählich blutrot färbte.

KAPITEL ZWEI

Ich spürte die Macht, die knisternd durch die Adern meines Gesichts strömte. Meine Reißzähne traten schnell und gewaltsam hervor und durchstießen schmerzhaft meine Kiefer. Sofort wurde ich wieder zum Jäger: Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und bog die Finger zu Krallen, bereit, damit jemanden zu packen. Während ich mich der jungen Frau näherte, erregten sich all meine Sinne noch mehr – meine Augen waren geweitet, bereit, jeden Schatten wahrzunehmen, die Nasenflügel bebten, bereit, alle Gerüche aufzusaugen. Selbst meine Haut kribbelte, bereit, die geringste Veränderung des Luftstroms einzufangen, der Wärme, der winzigen Pulsschläge, die Leben bedeuteten. Trotz meines Schwurs war mein Körper mehr als bereit, über das weiche, sterbende Fleisch herzufallen und die Essenz des Mädchens aufzulecken.

Sie war schmal, aber nicht kränklich oder zierlich. Ich schätzte sie auf etwa sechzehn. Ihre Brust zuckte, während sie nach Luft rang. Ihr Haar war dunkel, doch ihre Locken schimmerten golden im Licht des aufgehenden Mondes. Sie hatte seidene Blumen und Bänder im Haar getragen, aber diese hatten sich ebenso wie ihre Zöpfe gelöst und umgaben ihren Hinterkopf wie Meeresgischt.

Wo der von weißem Baumwolltüll gebauschte Rock ihres Kleides zerrissen war, schimmerte die scharlachrote Seide ihres Unterrocks hindurch, farblich passend zu dem Blut, das ihr aus der Brust übers Mieder sickerte. Einer ihrer Rehlederhandschuhe war hell, der andere fast schwarz von Blut, als hätte sie versucht, die Blutung zu stillen, bevor sie ohnmächtig geworden war.

Ihre Augen bewegten sich unter den Lidern und ihre dichten, gebogenen Wimpern zuckten. Diese junge Frau klammerte sich ans Leben, kämpfte mit aller Kraft darum, wach zu bleiben und der Gewalt zu trotzen, die ihr angetan worden war.

Meine Ohren konnten mühelos ihren Herzschlag ausmachen. Er wurde langsamer, gegen die Stärke und den Willen des Mädchens; zwischen den einzelnen Schlägen konnte ich die Sekunden zählen.

Bum …

Bum …

Bum …

Bum …

Der Rest der Welt verstummte. Es gab nur mich, den Mond und dieses sterbende Mädchen. Ihr Atem verlangsamte sich. Sie würde vermutlich in wenigen Augenblicken tot sein, wenn auch nicht durch meine Hand.

Ich strich mir mit der Zunge über die Zähne. Ich hatte mein Bestes gegeben. Ich hatte ein Eichhörnchen gejagt  – ein Eichhörnchen –, um meinen Hunger zu stillen. Ich tat alles in meiner Macht Stehende, um der Verlockung meiner dunklen Seite zu widerstehen, dem Verlangen, das mich langsam von innen heraus zerstört hatte. Ich hatte darauf verzichtet, meine Macht einzusetzen.

Aber dieser Geruch …

Würzig, rostig, süß. Mir war schwindelig. Ich konnte nichts dafür, dass sie angegriffen worden war. Nicht ich trug die Schuld an der Blutlache, die sich um ihren Körper gebildet hatte. Ein einziger, winziger Schluck konnte nicht schaden … Schließlich würde ich sie nicht noch stärker verletzen, als jemand anderes das bereits getan hatte …

Ich schauderte, während ein köstlicher Schmerz über mein Rückgrat und dann durch meinen ganzen Körper lief. Ich trat einen Schritt heran, so nahe, dass ich die Hand ausstrecken und die rote Substanz berühren konnte.

Menschliches Blut würde weit mehr tun, als mich zu nähren. Es würde mich mit Wärme und Macht erfüllen. Nichts schmeckte wie menschliches Blut, nichts fühlte sich so an. Nur ein Schluck, und ich würde wieder der Vampir sein, der ich in New Orleans gewesen war: unbesiegbar, blitzschnell, stark. Ich könnte Menschen meinem Willen unterwerfen. Ich könnte meine Schuldgefühle ertränken und meine Dunkelheit willkommen heißen. Ich wäre wieder ein echter Vampir.

In diesem Moment vergaß ich alles: Warum ich in New York war, was in New Orleans geschehen war, warum ich Mystic Falls verlassen hatte. Callie, Katherine, Damon … sie alle waren weit weg, und ich wurde ohne Sinn und Verstand zu der Quelle meiner Qual und Ekstase gezogen.

Ich kniete mich ins Gras. Meine ausgedörrten Lippen zogen sich von meinem Mund zurück und entblößten meine Reißzähne in voller Länge.

Einmal lecken. Ein Tropfen. Einmal kosten. Ich brauchte es so dringend. Und eigentlich würde ich sie nicht töten. Eigentlich hatte ein anderer sie getötet.

Das Blut floss ihr in Rinnsalen über die Brust, pulsierte im Rhythmus ihres Herzens. Ich beugte mich vor und streckte die Zunge heraus … Da flatterten plötzlich ihre Lider, ihre dichten Wimpern trennten sich und legten klare grüne Augen frei, Augen in der Farbe von Klee und Gras.

Die gleiche Farbe wie Callies Augen.

In meiner letzten Erinnerung an Callie liegt sie sterbend auf dem Boden, ähnlich hilflos. Callie starb an einem Messerstich in den Rücken. Damon hatte nicht einmal den Anstand gehabt, ihr die Möglichkeit zur Verteidigung zu bieten. Er hatte sie erdolcht, als sie abgelenkt gewesen war – als sie mir gestanden hatte, wie sehr sie mich liebte. Und dann, bevor ich ihr mein eigenes Blut zu trinken geben und sie damit retten konnte, hatte Damon mich beiseite gestoßen und sie vollkommen leer getrunken. Er hatte sie als trockene, tote Hülle zurückgelassen und versucht, auch mich zu töten. Wäre Lexi nicht gewesen, wäre ihm das auch gelungen.

Ich stieß einen gequälten Schrei aus und hämmerte mit den Fäusten auf den Boden. Ich zwang die Blutgier in meinen Augen und Wangen zurück an jenen dunklen Ort, von dem sie gekommen war.

Nach einem weiteren Moment, in dem ich mich sammelte, zog ich das Mieder des Mädchens beiseite, um ihre Wunde zu betrachten. Sie war mit einem Messer oder mit einer anderen kleinen, scharfen Klinge verletzt worden. Die Klinge war mit fast perfekter Präzision zwischen ihre Brüste direkt in ihren Brustkorb hineingestoßen worden – hatte ihr Herz aber verfehlt. Es war, als hätte der Angreifer gewollt, dass sie litt, als hätte er gewollt, dass sie langsam verblutete, anstatt sofort den Tod zu finden.

Der Angreifer hatte die Klinge nicht zurückgelassen, also legte ich die Zähne an mein Handgelenk, um mir die Haut aufzureißen. Der Schmerz half mir, mich zu konzentrieren; ein guter, reiner Schmerz verglichen mit dem, was ich spürte, wenn meine Reißzähne hervorstießen.

Mit unvorstellbarer Anstrengung drückte ich mein Handgelenk auf ihren Mund und ballte die Hand zur Faust. Ich hatte selbst kaum noch Blut – das hier würde mich fast töten. Und ich hatte keine Ahnung, ob es überhaupt funktionierte, jetzt, da ich mich nur von Tieren ernährte.

Bum-bum.

Pause.

Bum-bum.

Pause.

Ihr Herz schlug immer langsamer.

»Komm schon«, flehte ich und biss vor Schmerz die Zähne zusammen. »Komm schon.«

Da berührten die ersten Blutstropfen ihre Lippen. Sie zuckte zusammen und bewegte sich leicht. Ihr Mund öffnete sich voller Verzweiflung.

Mit aller Kraft drückte ich auf mein Handgelenk und quetschte das Blut aus meiner Ader in ihren Mund. Als es endlich auf ihre Zunge traf, würgte sie beinahe.

»Trinken Sie«, befahl ich. »Es hilft. Trinken Sie.«

Sie wandte den Kopf ab. »Nein«, murmelte sie.

Ungeachtet ihres schwachen Protests hielt ich mein Handgelenk weiterhin an ihren Mund.

Sie stöhnte in dem Versuch, nicht zu schlucken. Wind kam auf und raschelte in ihren Röcken. Ein Erdwurm grub sich auf der Flucht vor der kalten Nachtluft tiefer in den weichen, feuchten Boden hinein.

Und dann hörte sie auf, sich zu wehren.

Ihre Lippen schlossen sich um die Wunde an meinem Handgelenk, und ihre weiche Zunge suchte nach der Quelle meines Blutes. Sie begann zu saugen.

Bum-bum.

Bumbum.

Bum bum bum.

Mit letzter Kraft hob sie ihre Hand – die in dem blutgetränkten Handschuh –, umfasste meinen Arm und versuchte, ihn noch näher an ihr Gesicht zu ziehen. Sie wollte mehr. Ich verstand ihr Verlangen nur allzu gut, aber mehr konnte ich nicht bieten.

»Das ist genug«, sagte ich. Ich fühlte mich matt. Trotz ihrer leisen Protestrufe löste ich sanft meinen Arm aus ihrem Griff. Ihr Herz schlug jetzt regelmäßiger.

»Wer sind Sie? Wo wohnen Sie?«, fragte ich.

Sie wimmerte und klammerte sich an mich.

»Öffnen Sie die Augen«, befahl ich.

Sie tat es und offenbarte damit wieder ihre calliegrünen Augen. »Sagen Sie mir, wo Sie wohnen«, sagte ich zwingend. Die Welt um mich herum drehte sich, weil ich damit die letzten verbliebenen Tropfen meiner Macht verbrauchte.

»Fifth Avenue«, antwortete sie wie im Traum.

Ich mühte mich um Geduld. »Wo auf der Fifth Avenue?«

»Dreiundsiebzigste Straße … Dreiundsiebzigste Straße Ost Nummer eins …«, hauchte sie.

Ich hob sie hoch, diese parfümierte Mischung aus Seide und Gaze und Spitze und warmem, menschlichem Fleisch. Ihre Locken strichen über mein Gesicht und kitzelten mich an Wange und Hals. Ihre Augen waren wieder geschlossen, ihr Körper hing schlaff in meinen Armen. Blut, ihres oder meines, fiel tropfend in den Staub.

Ich biss die Zähne zusammen und rannte los.

KAPITEL DREI

Kaum hatte ich den Park verlassen, als eine Droschke um die Ecke flog, gefolgt von einem berittenen Polizisten. Überwältigt von dem Getöse, trat ich für einen atemlosen Moment zurück in die Schatten.

Ich hatte New Orleans schon für groß gehalten – und verglichen mit Mystic Falls war es das auch. Ein hektisches Gebiet am Mississippi, in dem sich Häuser, Geschäfte und Boote aneinanderdrängten. Aber das war nichts im Vergleich zu Manhattan, wo riesige Bauten hoch in den Himmel ragten und Menschen aus Italien, Irland, Russland, Deutschland, sogar China und Japan durch die Straßen liefen und Waren verkauften.

In New York City pulsierte selbst bei Nacht das Leben. Die Fifth Avenue wurde von einer Reihe fröhlich zischender Gaslaternen beleuchtet, die der gepflasterten Straße einen warmen, prächtigen Schimmer verliehen. Ein kicherndes Pärchen schmiegte sich in einem jähen Windstoß dicht aneinander und hüllte die Mäntel fester um sich. Ein Zeitungsjunge posaunte Schlagzeilen über brennende Fabriken und Korruption im Rathaus aus. Herzen schlugen in einem frenetischen Rhythmus, pulsierten und rasten. Der Abfall, die Parfums und selbst der schlichte Geruch von sauberer, mit Seife geschrubbter Haut haftete an den Straßen wie zu Hause in Mystic Falls die Kudzuranken.

Nachdem ich mich wieder beruhigt hatte, lief ich abseits des Scheins der Gaslaternen von Schatten zu Schatten; das Mädchen lag dabei schwer in meinen Armen. Ich stolperte so schnell, wie meine Last es ermöglichte, am Portier eines Hotels vorbei, der gerade eine Zeitung aufschlug. Wenn ich im Vollbesitz meiner Macht gewesen wäre, wenn ich immer weiter von Menschen getrunken hätte, wäre es mir natürlich ein Leichtes gewesen, den Portier mit einem Bann zu belegen, sodass er sich nicht erinnern würde, überhaupt irgendetwas gesehen zu haben. Besser noch, ich hätte direkt zur Dreiundsiebzigsten Straße rennen können, ohne für das menschliche Auge mehr als nur ein Nebel zu sein.

An der Achtundsechzigsten Straße versteckte ich mich hinter einem feuchten Busch, als ein Betrunkener auf uns zustolperte. In der Enge des Gestrüpps gab es nichts, was mich von dem süßen Duft des Mädchenblutes ablenken konnte. Ich bemühte mich, nicht einzuatmen, und verfluchte das Verlangen, ihr die Kehle aufzureißen. Als der Betrunkene vorbeigegangen war, lief ich in nördlicher Richtung zur Neunundsechzigsten Straße und betete, dass niemand mich anhalten und Fragen nach dem bewusstlosen Mädchen in meinen Armen stellen würde. Aber in meiner Hast trat ich gegen

1. Auflage Erstmals als cbt Taschenbuch November 2012 Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibreform

© 2011 by Alloy Entertainment und Lisa J. Smith

Die amerikanische Originalausgabe erschien unter dem Titel »The Vampire Diaries. Stefan’s Diaries 3. The craving« bei Harper Collins Children’s Books, New York. Published by arrangement with Rights People, London. © 2012 für die deutschsprachige Ausgabe cbt Verlag in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten Übersetzung: Michaela Link Lektorat: Kerstin Weber Umschlaggestaltung: Bürosüd, München Umschlagbild: Key Artwork © 2011 Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved he ∙ Herstellung: AnG Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

eISBN 978-3-641-09588-8

www.cbt-darkmoon.de

www.randomhouse.de

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