Tote brauchen kein Shampoo - Mord in Obertanndorf - Eva Link - E-Book

Tote brauchen kein Shampoo - Mord in Obertanndorf E-Book

Eva Link

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Beschreibung

Waschen, schneiden, umlegen!

Folge 1: Obertanndorf im Allgäu: Friseurin Luisa Schneider traut ihren Augen nicht, als sie den beliebten Ex-Bürgermeister Erich Niedegger tot im Wald findet. Als sich dann auch noch der ermittelnde Kommissar als ihr missglücktes Online-Date herausstellt und sie die Person ist, die den Toten zuletzt lebend gesehen hat, ist für Luisa klar: Sie ermittelt selbst!

Über die Serie: Klare Luft, hohe Berge und blauer Himmel - im kleinen Örtchen Obertanndorf im beschaulichen Allgäu ist die Welt noch in Ordnung - das denkt sich zumindest Friseurmeisterin Luisa Schneider, als sie den Salon ihrer Tante Martha für ein Jahr übernimmt. Aber bald findet sie heraus, dass der idyllische Schein trügt und selbst am schönsten Ort der Welt gemordet wird! Und ehe Luisa sichs versieht, schneidet sie nicht nur Haare, sondern jagt auch Verbrecher ...

eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung!

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Inhalt

Cover

TOTE BRAUCHEN KEIN SHAMPOO – Die Serie

Über diese Folge

Die Hauptfiguren

Über die Autorin

Titel

Widmung

Prolog Katzengejammer

1. Ein unverhofftes Wiedersehen

2. Es ist doch nicht alles so rosig in Obertanndorf

3. Dating will gelernt sein

4. Warum Lou besser nicht im Wald joggen gehen sollte ...

5. Ein alter Bekannter taucht auf

6. Als Lou zur Verdächtigen wurde und die Kunden zurückkamen

7. Viele wirre Theorien

8. Eine Trauerfeier mit Folgen

9. Erste Ermittlungen

10. Neue Erkenntnisse

11. Ob man das Haus eines Toten betreten sollte? Besser nicht ...

12. Lous Lage wird ernst ...

13. »Hey, Siri! Es gibt keinen Ausweg, oder?«

14. Weiter geht’s ...

Danksagung

In der nächsten Folge

Impressum

Leseprobe

TOTE BRAUCHEN KEIN SHAMPOO – Die Serie

Klare Luft, hohe Berge und blauer Himmel – im kleinen Örtchen Obertanndorf in den Allgäuer Alpen ist die Welt noch in Ordnung – das denkt sich zumindest Friseurmeisterin Luisa Schneider, als sie den Salon ihrer Tante Martha für ein Jahr übernimmt. Aber bald findet sie heraus, dass der idyllische Schein trügt und selbst am schönsten Ort der Welt gemordet wird! Und ehe Luisa sichs versieht, schneidet sie nicht nur Haare, sondern jagt auch Verbrecher ...

Über diese Folge

Obertanndorf im Allgäu: Friseurin Luisa Schneider traut ihren Augen nicht, als sie den beliebten Ex-Bürgermeister Erich Niedegger tot im Wald findet. Als sich dann auch noch der ermittelnde Kommissar als ihr missglücktes Online-Date herausstellt und sie die Person ist, die den Toten zuletzt lebend gesehen hat, ist für Luisa klar: Sie ermittelt selbst!

Die Hauptfiguren

Luisa »Lou« Schneider (31 Jahre) ist Friseurin aus Leidenschaft und übernimmt den Salon ihrer Tante, nachdem diese eine Weltreise angetreten hat. Anfangs sind die Dorfbewohner skeptisch, doch als Luisa in einen Mordfall verwickelt wird, kann sie sich von Terminanfragen kaum retten.

Raphael Weber (34 Jahre) hatte große Pläne für seine Karriere als Ermittler in der Mordkommission und wäre am liebsten in eine aufregende Großstadt gezogen. Stattdessen hat es ihn ins idyllische Allgäu verschlagen. Aber der attraktive junge Kommissar ist überrascht, dass das Landleben noch nicht ganz so langweilig ist, wie er dachte ...

Über die Autorin

Eva Link ist das Pseudonym der Autorin Eva Murges. Sie wurde 1988 im schönen Ulm geboren. Heute lebt sie mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in Köln. Bücher waren schon immer ihre große Leidenschaft, deshalb gab es für sie auch nur ein Wunschstudium: Germanistik. In ihrer Freizeit widmet sie sich, zwischen Spielplatz-Abenteuern und Windeln wechseln, dem Schreiben von gemütlichen Krimis. Zudem schlägt ihr Herz für Katzen, Kaffee und Kartoffeln in allen Variationen. Auf Instagram teilt sie Anekdoten aus ihrem oftmals turbulenten Leben und gibt Einblicke in ihren Schreiballtag unter @evamurges.

EVA LINK

Totebrauchen keinShampoo

Mord in Obertanndorf

Für Mama

Ohne dich und deine Freude an humorvollen Krimis gäbe es diese Geschichte wahrscheinlich nicht.

Prolog Katzengejammer   

Noch einmal weiter links. Ja, genau da, hinter meinem linken Ohr.

»Schnurrrrrr.« Das tut gut.

Aber nein, was ist das denn jetzt? Dieses Geklingel schon wieder. Er wird doch nicht an sein Telefon gehen?

»Hallo?«, fragt er in die Stille hinein, nachdem mein Schnurren verstummt ist. Die Stimme, die ich gedämpft aus dem kleinen Gerät höre, stellt mir alle Haare auf. Auch ihm scheint die Situation nicht ganz zu behagen. »Im Wald, aber warum?«, fragt er, und ich merke, dass sich seine Stimmung verändert.

In meinem Inneren schrillen sämtliche Alarmglocken. Wald? Nein!

Was ist denn mit meiner Streicheleinheit? Und bald gibt es doch auch noch Abendessen. Nicht, dass er mich mal wieder vergisst und ich mit knurrendem Magen einschlafen muss ... Ich muss etwas tun.

»Okay, dann sehen wir uns gleich.« Er beendet das Gespräch und steckt das Handy in seine Hosentasche.

Ich springe auf.

Phase 1: Ich streiche um seine Beine, auch wenn ich weiß, dass es ihn ärgern wird.

Er mag es überhaupt nicht, meine flauschigen Haare an seiner Hose zu haben. Doch ich habe keine andere Wahl. Mein Gefühl sagt mir, dass mir nicht nur das Abendessen entgeht, wenn er sich nun entschließt, in den Wald zu gehen.

»Du bist aber ganz schön in Schmuselaune, meine Kleine«, flüstert er und lächelt. Er beugt sich zu mir herunter und krault mich unter dem Kinn.

Ich schnurre, was das Zeug hält – mein Plan scheint aufzugehen.

Abrupt löst er sich von mir und steht auf. »Ich muss noch einmal kurz los, bin aber gleich zurück.«

Mein Schnurren verstummt erneut.

Was jetzt? Diese Stimme, diese Person ... Gefahr, möchte ich brüllen.

»Miau«, kommt stattdessen aus meiner Kehle.

Er ist bereits an der Tür angekommen und nimmt den Mantel vom Haken.

Panisch hechte ich hinterher.

Phase 2: »Miauuuuuu, Miauuuuu.« Dieses Mal drücke ich meinen Kopf energischer gegen sein Schienbein. Ich schnurre nicht. Ich maunze, als ginge es um mein Leben.

»Ich verstehe, du hast Hunger«, sagt er schließlich. Doch er versteht gar nichts.

Ohne den Mantel noch einmal auszuziehen, geht er in die Küche und füllt den Napf mit meinem Lieblingsfutter.

Thunfischduft erfüllt die Küche, und unwillkürlich muss ich schlucken. Mein Kopf scheint wie leergefegt. Was wollte ich gerade noch einmal?

Thunfisch, Thunfisch! Aber es war doch noch irgendwas? Egal ...

Erfüllt von Glückseligkeit stecke ich den Kopf in die volle Schüssel.

Er krault mich ein letztes Mal im Nacken. »Ich bin gleich wieder zurück, Lady.«

Doch genau wie ich erwartet hatte, bleibt mein Napf am nächsten Morgen leer.

1. Ein unverhofftes Wiedersehen   

Mit einem gekonnten Sprung schwang sich Lou auf ihr mintgrünes Hollandrad und trat fest in die Pedale. Das war nun schon der dritte Tag in Folge, an dem sie es geschafft hatte, früh aufzustehen, um eine Runde laufen zu gehen. Nun würde sie sich ein wohlverdientes Croissant gönnen, bevor der Arbeitstag starten konnte.

Eine sanfte Frühlingsbrise kitzelte ihre Wangen und bescherte ihr eine Gänsehaut. Für einen Augenblick hielt sie inne und war dankbar für diesen klitzekleinen Moment, der nur ihr gehörte. Wie hatten ihr solche Morgen im hektischen, immer lauten Frankfurt gefehlt.

Sie strampelte weiter und ließ die dunkelrote Fassade der ortsansässigen Postfiliale hinter sich, die lediglich einen einzigen Schalter besaß, der nur zu absolut unmenschlichen Zeiten besetzt war. Aber immerhin gab es eine Post. Für ein Örtchen in der Größe von Obertanndorf keine Selbstverständlichkeit.

Das morgendliche Panorama des Dorfes versetzte Lou in eine nostalgische Stimmung. Bis auf ein paar wenige Neubauten und kleinere Geschäfte hatte sich hier seit ihrer Kindheit nichts verändert, wodurch sie sich immer wieder in ihre zahlreichen Sommerurlaube zurückversetzt fühlte.

Direkt vor ihr ragten die Allgäuer Alpen gen Himmel. Sie erinnerte sich an die zahlreichen Ausflüge mit ihrer Tante.

Ganz genau hatte sie ihre Stimme im Ohr. »Nur noch ein paar Meter. Und ganz oben, da gönnen wir uns was richtig Leckeres.«

Marthas üppige Vesper-Snacks waren die weite Wanderung wert, dennoch hatte ihr zehnjähriges Ich aufgestöhnt, sich aber weitergeschleppt. Und es hatte sich gelohnt, jedes Mal.

Niemals würde Lou vergessen, was sie dort oben erwartet hatte. Eine atemberaubende Aussicht über die kleinen Örtchen, schöner als jedes Hochglanzfoto eines Wandermagazins, und das Gefühl, etwas geschafft zu haben. Sie hatte endlose Freiheit verspürt.

»Siehst du, meine liebe Lou. Für das richtige Ziel lohnt es sich, jede Anstrengung in Kauf zu nehmen. Auch wenn man manchmal nicht genau weiß, was das Ziel mit sich bringt – man muss mutig sein, weitergehen und hat so die Chance, positiv überrascht zu werden.«

Das war typisch Tante Martha. Sie war ein Mensch, der nie bloß schwarz oder weiß sah. Ihre Welt war bunt – und voller Lebensfreude.

Lou betrachtete die geliebten Berge, und ihr Herz schien unwillkürlich schneller zu klopfen. Wie mächtige Wächter erstreckten sie sich vor dem Ort. Sie waren ein beliebtes Wanderziel, auch wenn Obertanndorf, ganz im Gegensatz zu seinem Nachbardorf Flörich, alles andere als ein Touristenörtchen war.

Lou brauste um die nächste Kurve und entdeckte Frau Bernhard, die wie jeden Morgen mit ihrem Dackel Poldi die erste Runde lief.

»Guten Morgen.«

»Guten Morgen Luisa, du bist ja ganz schön früh dran heute.«

Die ältere Dame war erst bei der Metzgerei an der Ecke der Einkaufsstraße angekommen und wartete nicht wie sonst vor Lou in der Schlange beim Bäcker. Sie kannten sich schon, seitdem Lou das erste Mal bei Tante Martha ihre Ferien verbracht hatte, deshalb hatte sich Frau Bernhard das Du nie abgewöhnt. Wahrscheinlich wusste sie nicht einmal Lous Nachnamen.

»Soll ich Ihnen was mitbringen?« fragte Lou und wurde langsamer. »Dann müssen Sie nicht extra anstehen.«

»Das ist sehr lieb von dir, aber Poldi und mir tut es gut, ein wenig an der frischen Luft zu sein. Wir haben ja Zeit. Stimmt’s, Poldi?«

Der bestätigte die Aussage seines Frauchens mit einem zufriedenen »Wuff«.

»Bis morgen dann, einen schönen Tag noch.«

Lou parkte ihr Rad im Fahrradständer vor der Bäckerei.

Obwohl sie heute früher dort war, drängten sich die Leute bereits bis auf den Bürgersteig. Brezelinchen war nicht nur die einzige Bäckerei im Ort, sie war auch die beste Bäckerei des ganzen Bezirks und nicht von ungefähr mit dem Baden-Württembergischen Brezel-Preis ausgezeichnet worden.

Während sie wartete, sah Lou auf ihr Handy. Sie hatte einen verpassten Anruf und eine Nachricht auf der Mailbox.

Die Stimme von Simon Fischer ertönte, Lous erstem Kunden an diesem Tag: »Servus. Ich schaff es heute nicht zum Termin. Anni liegt in den Wehen.« Im Hintergrund hörte sie ein Stöhnen. Simon hatte wohl die Hand vor die Sprechmuschel gelegt, und Lou hörte Geraschel. »Sorry, aber das müssen wir verschieben. Ich melde mich die Tage für einen neuen Termin.«

Na klasse. Super für Anni und Simon, schlecht für Lou.

»Was schaust du denn so miesepetrig?«

Lou, die mittlerweile am Tresen angekommen war, hob den Blick und steckte das Handy zurück in die Tasche ihrer Jeansjacke.

»Morgen Oskar, nichts Wichtiges. Mein erster Kunde hat abgesagt.«

»Läuft es nicht so gut?«, nuschelte Oskar über den Tresen, damit die anderen Kunden nichts davon mitbekamen.

Lou zuckte mit den Schultern. Sollte sie ehrlich sein? Warum nicht? Schließlich kannte sie Oskar schon ihr halbes Leben. Als Kinder hatten sie miteinander Ball gespielt. Mittlerweile hatte er die Leitung der familienbetriebenen Bäckerei übernommen.

»Wie immer?«

Lou nickte.

Oskar packte zwei Croissants in eine Tüte und schob sie ihr entgegen.

»Geht aufs Haus. Cappuccino?«

Lou nickte erleichtert. »Gern doch.«

»Mama, machst du weiter?«, rief er nach hinten in die angrenzende Backstube. »Ich mach’ kurz Pause.«

Sie setzten sich an eine der gemütlichen Sitzgruppen vor der Bäckerei. Da es bei Brezelinchen zum laufenden Bäckerei- und Cafébetrieb einen wechselnden Mittagstisch gab, hatte die Bäckerei einen liebevoll gestalteten Außenbereich, der ein beliebter Treffpunkt des Dorfes war.

»Also, was ist los?«, fragte Oskar und nippte an seiner heißen Schokolade.

Lou grinste in sich hinein. Noch so ein nostalgischer Moment. Oskar hatte sich die morgendliche heiße Schokolade scheinbar nie abgewöhnt.

»Wenn das so weitergeht, muss Martha bald zurückkommen.«

»Ist sie nicht erst seit Anfang des Monats weg?«

»Das ist es ja gerade«, erwiderte Lou. »Ich habe den Salon erst vor zwei Wochen übernommen, damit sie ihre Weltreise machen kann, und seitdem hatte ich gerade einmal fünfzehn Kunden. Das sind nur zwei bis drei pro Tag. Mit so wenig Umsatz wird sich die Glückssträhne kaum halten können.«

»Was denkst du denn, woran es liegt?«, hakte Oskar nach.

Lou rührte in ihrem Cappuccino. Das hatte sie sich auch schon gefragt.

»Vielleicht daran, dass ich die Neue bin?« Mit den Fingern malte sie Anführungszeichen in die Luft.

»Du bist doch nicht die Neue. Die meisten hier im Dorf kennen dich doch schon seit du ein kleines Mädchen bist.«

»Aber scheinbar nicht so gut, dass sie sich von mir die Haare schneiden lassen wollen.«

»Verstehe ich überhaupt nicht. Ich bin mit meinem Haarschnitt sehr zufrieden. Ich finde ihn sogar noch besser als den von Martha. Aber pst, sag es ihr bitte nicht.« Er lachte, und Lou musste grinsen.

»Ich habe schon über Rabattaktionen nachgedacht.«

»Das brauchst du gar nicht. Ich bin mir sicher, wenn dich alle ein bisschen besser kennen, wird es bei dir summen wie im Bienenstock. Die werden eh bald merken, dass die Moni aus Flörich nicht ansatzweise so gut schneidet wie du. Und dazu verlangt sie fast das Doppelte. Da sieht man mal, was es ausmacht, wenn man in einem Touristenort wohnt.«

»Wahnsinn«, sagte Lou und dachte an die Preise in Frankfurt. Dort hätte sie in manchen Stadtteilen für ihre Leistung nicht nur das Doppelte, sondern sogar das Dreifache verlangen können.

»Ich muss leider wieder rein«, sagte Oskar und trank den letzten Schluck seines Kakaos. »Wenn ich dir irgendwie helfen kann oder du mit jemandem reden willst, meld’ dich. Ich erzähle jetzt einfach jedem Kunden von meinem super Haarschnitt. Ob er will oder nicht.«

Zwei Croissants später kam Lou vor der Glückssträhne an. Ein Motorrad parkte auffällig zwischen den Fahrradständern, direkt vor der Tür. War das ein Fall für das Ordnungsamt? Gab es in diesem Dorf so etwas überhaupt? Musste es doch eigentlich, oder wer verteilte sonst die Knöllchen?

Lou kramte den Schlüssel aus der Tasche ... Moment einmal. Die Tür stand einen Spaltbreit offen.

Panisch sprang Lou einen Satz nach hinten. Sie sah nach links und rechts, doch die Straße war leer. Keine Menschenseele war zu sehen. Alles schien wie immer.

Habe ich vielleicht nicht abgeschlossen? Könnte es ein Einbrecher sein? Sollte ich besser direkt die Polizei rufen? Ihre Gedanken wirbelten wild durcheinander. Immer langsam, Lou, wir sind hier in Obertanndorf, nicht in Detroit.

Sie entschied sich dafür, erst einmal selbst nachzusehen. Vielleicht nicht die logischste Entscheidung, aber so konnte sie sich zunächst einen Überblick verschaffen.

Sie fummelte in ihrer Tasche herum. Endlich fand sie, was sie suchte – Pfefferspray. Es war unverzichtbar, wenn man an einem sozialen Brennpunkt in einer Großstadt wie Frankfurt lebte. Jedoch hätte sie nicht damit gerechnet, dass es in einem Örtchen wie Obertanndorf zum Einsatz kommen würde.

Mit der kleinen schwarzen Dose bewaffnet ging sie langsam vorwärts. Sollte sie »Hallo« rufen? Vielleicht war das keine so gute Idee. Zumindest in Horrorfilmen nahm spätestens dann das ganze Drama seinen Lauf.

Um die Türglocke nicht zu betätigen, schob sie die Tür mit der Fußspitze millimeterweise auf – gerade so weit, dass sie den Kopf durch den Spalt stecken konnte. Das Pfefferspray fest umklammert, spähte sie in den noch dunklen Friseursalon.

Erst einmal kam ihr nichts verdächtig vor. Doch dann sah sie eine Frau. Lou erkannte die Gestalt nur schemenhaft. Die Frau hatte ihr den Rücken zugewandt. Sie saß am anderen Ende des Salons auf einem der dunklen Sessel der Wartelounge und blätterte in einer Zeitschrift. Die roten Locken kamen Lou jedoch mehr als bekannt vor ...

»Marianne?«, fragte Lou verwundert.

Die Frau drehte sich um. Die rotgeschminkten Lippen formten sich zu einem breiten Lächeln.

»Da bist du ja, Liebes.« Die Rothaarige erhob sich, ging auf Lou zu und hauchte ihr zwei Luftküsse links und rechts entgegen. »Aber bitte nenn’ mich Mary-Ann. Marianne steht nur noch auf meinem Ausweis. Das macht mich älter, als ich bin. Lass dich mal ansehen, Kindchen. Das muss Jahre her sein. Gut siehst du aus!«

Lou stand immer noch perplex vor ihr, während sie die Frau musterte und sich durch die schokobraunen welligen Haare fuhr. Sie hätte mit allem gerechnet – Einbrechern, verrückten Kunden, die sich lieber selbst die Haare färben wollten ... aber nicht mit dem Auftauchen von Marianne, der besten Freundin ihrer Tante.

»Was machst du denn hier? Und wie bist du reingekommen?«

»Mit meinem Schlüssel.« Sie schwenkte einen vollen Schlüsselbund. »Martha hat mir schon vor Ewigkeiten einen gegeben, falls sie sich mal wieder aussperrt oder sonst einmal Hilfe braucht.«

»Und du wolltest hier ...?«

»Na, dich unterstützen.«

»Unterstützen?« Sämtliche Alarmglocken schrillten in Lous Kopf. »Wobei denn unterstützen?«

»Na, mit den Kunden. Ich habe gestern noch einmal mit deiner Tante gesprochen, bevor sie ihr Handy auf Flugmodus geschaltet hat. Sie meinte, dass du überhaupt keine Dauerwelle anbietest. Und da dachten wir, dass ich dir helfen könnte. Was ist denn das für ein Salon, der keine Dauerwelle anbietet?«

»Ein ... moderner Salon?«

»Schwachsinn. Hier auf dem Land sind mindestens siebzig Prozent deiner Kundinnen über fünfundsiebzig Jahre alt, meine liebe Lou. Die wollen eine Dauerwelle und ein bisschen über das Wetter reden. Da kommst du mit deinen modernen Techniken wie Balayage, Ombré und wie sie nicht alle heißen ganz bestimmt nicht weit.«

Lou dachte an ihr leeres Terminbuch, und ihr schlechtes Gewissen klopfte wieder an. Sie wollte den Friseursalon ihrer Tante auf keinen Fall in den Ruin treiben, aber sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, auch nur einen Tag mit Marianne, Mary-Ann – oder wie sie sich auch nennen mochte – zusammenzuarbeiten.

»Wir wuppen das schon, mach dir keine Sorgen.« Mary-Ann strahlte.

Lou versuchte die Sache abzuwenden: »Du hast doch bestimmt einen Job, bei dem du dringend gebraucht wirst.«

»Darüber musst du dir gar keine Sorgen machen, Liebes. Du weißt doch, ich habe die Arbeit als Friseurin schon vor Jahren an den Nagel gehängt. Ich arbeite jetzt Vollzeit als Astrologin und bin flexibel. Da arbeite ich meist abends. Daher helfe ich deiner Tante immer wieder gern aus. Gerade in den Sommermonaten, wenn die Leute wieder mehr nach draußen gehen und sich schön machen wollen. Da boomt das Geschäft.«

Lou gab sich geschlagen. Auch wenn sie es nicht zugeben wollte, war sie in ihrer momentanen Lage auf Mary-Ann angewiesen. Schlimmer würde es wahrscheinlich nicht werden können.

2. Es ist doch nicht alles so rosig in Obertanndorf   

Kikeriki. Das Krähen der Türglocke ertönte. Mittlerweile hatte sich Lou an dieses ungewöhnliche Klingelgeräusch gewöhnt und zuckte nicht mehr jedes Mal zusammen, wenn jemand den Salon betrat.

Nachdem dunkle Wolken aufgezogen waren und es verdächtig nach Gewitter gerochen hatte, hatte sich Mary-Ann auf ihr Motorrad geschwungen und sich für diesen Tag verabschiedet. Was eine gute Entscheidung gewesen war – mittlerweile schüttete es nämlich wie aus Kübeln.

»Guten Morgen, alles gut bei dir?«

Lous Miene hellte sich auf.

Der Mann, der den Friseursalon betrat, brachte jeden Morgen ein wenig Sonne mit. Egal, welches Wetter vorherrschte, Franz Bierbaum – Obertanndorfs Postbote, seit Lou denken konnte – hatte ein breites Lächeln auf dem Gesicht.