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Fischer, Friedrich Christoph Jonathan

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The Project Gutenberg EBook of Über die Probenächte der teutschen Bauermädchen by Friedrich Christoph Jonathan Fischer

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Title: Über die Probenächte der teutschen BauermädchenAuthor: Friedrich Christoph Jonathan FischerRelease Date: September 30, 2015 [Ebook #50101]Language: German***START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK ÜBER DIE PROBENÄCHTE DER TEUTSCHEN BAUERMÄDCHEN***
Friderich Christoph Jo. Fischer
über dieProbenächte derteutschen Bauermädchen.
Rom bei Pietro Stephanoni
Audendum est; fortes adiuuat ipsa Venus.Tibull.Berlin und Leipzig,bei George Jacob Decker.1780.

Sr. Hochfreiherrl. Exzellenz dem Königl. wirklichen geheimen Staats- und Justiz-MinisterFreiherrn von Zedlitz Chef des geistlichen Departements, Ober-Curator der Universitäten und Schulen, &c. &c.

Hochwohlgebohrner Freiherr, Hochgebitender Herr Staats- und Justiz-Minister,Gnädiger Herr!

Verwegenheit wird es scheinen, dass ich eine Schrift Euer Hochfreiherrlichen Excellenz zu überreichen wage, die ihrer äusserlichen Gestalt nach eines hohen Mäcens nicht sehr würdig ist, ja dem Anscheine nach mit der heutigen Sittlichkeit kontrastiret. Allein die genauere Einsicht davon, hoffe ich, solle dise ersten übelnEindrüke wider austilgen, und ihr neben andern Werken, die zur Aufklärung der Menschheit, zur Verbesserung der Sitten und zur Aufnahme unsrer Gattung geschrieben sind, ein Plätzchen erlauben. Doch, was für ein Schicksal sie auch haben mag, so kan ich in Untertänigkeit versichern, dass bloss tife Verehrung der erhabensten Verdinste, innigste Empfindung von Dankbarkeit für empfangene Gnadenbezeugungen und brünstiger Eifer, Proben der vollständigsten Anhänglichkeit abzulegen, die Beweggründe gewesen sind, die mich zu disem Schritte hinleiteten.

Ich bekenne mich mit aller Ehrfurcht

Euer Hochfreiherrl. Excellenz

Berlin, den 2. Decemb. 1779.
ganz Untertäniger. Der V.
[pg 68]

Innhalt.

SeiteI.Beschreibung der Sitte und ihre Ursache3II.Beispile aus der Geschichte des mittlern Zeitalters12III.Ueberbleibsel in den barbarischen Gesezbüchern und rechtliche Folgerungen24IV.Spuren unter den meisten rohen Völkern des Erdbodens37V.Dergleichen unter den kultivirten Nationen49VI.Aehnliche Gewohnheiten in der alten und neuen Welt, und Betrachtungen darüber53
[pg 1]

Ueberdie Probenächtederteutschen Bauermädchen.

[pg 2]
[pg 3]

I.

Beinahe in ganz Teutschland und vorzüglich in der Gegend Schwabens, die man den Schwarzwald nennet, ist unter den Bauren der Gebrauch, dass die Mädchen ihren Freiern lange vor der Hochzeit schon dieienige Freiheiten über sich einräumen, die sonst nur das Vorrecht der Ehmänner sind. Doch würde man sehr irren, wenn man sich von diser Sitte die Vorstellung machte, als wenn solche Mädchen alle weibliche Sittsamkeit verwahrlost hätten, und ihre Gunstbezeugungen ohne alle Zurükhaltung an die Libhaber verschwendeten. Nichts weniger! Die ländliche Schöne weiss mit ihren Reizen auf eine ebenso kluge Art zu wirtschaften, und den sparsamen Genuss mit ebensoviler Sprödigkeit zu würzen, als immer das Fräulein am Puztische.

Sobald sich ein Bauermädchen seiner Mannbarkeit zu nähern anfängt, sobald findet es sich, nachdem es mehr oder weniger Vollkommenheiten [pg 4]besizt, die hir ungefähr im ähnlichen Verhältnisse, wie bei Frauenzimmern von Stande, geschäzt werden, von einer Anzahl Libhaber umgeben, die solange mit gleicher Geschäftigkeit um seine Neigung buhlen, als sie nicht merken, dass einer unter ihnen der Glücklichere ist. Da verschwinden alle Uebrigen plözlich, und der Libling hat die Erlaubnis, seine Schöne des Nachts zu besuchen. Er würde aber den romantischen Wohlstand schlecht beobachten, wenn er den Weg geradezu durch die Hausthür nehmen wollte. Die Dorfsetiquette verlangt nothwendig, dass er seine nächtlichen Besuche durch das Dachfenster bewerkstellige. Wie unsere ritterbürtige Ahnen erst dann ihre Romane glüklich gespilt zu haben glaubten, wenn sie bei ihren verlibten Zusammenkünften unersteigliche Felsen hinanzuklettern und ungeheure Mauren herabzuspringen gehabt; oder sich sonst den Weg mit tausend Wunden hatten erkämpfen müssen, ebenso ist der Bauerkerl nur dann mit dem Fortgange seines Libesverständnisses zufriden, wenn er bei iedem seiner nächtlichen Besuche alle Wahrscheinlichkeit für sich hat, den Hals zu brechen, oder wenn seine Göttin, während dem er zwischen Himmel und Erde in grösster Lebensgefahr dahängt, ihm aus ihrem Dachfenster herunter die bittersten Nekereien zuruft. Noch in seinen grauen Hahren erzehlt er mit [pg 5]aller Begeisterung dise Abenteuer seinen erstaunten Enkeln, die kaum ihre Mannheit erwarten können, um auf eine ebenso heldenmütige Art zu liben.1

Dise mühsame Unternehmung verschaft anfangs dem Libhaber keine andere Vorteile, als dass er etliche Stunden mit seinem Mädchen plaudern darf, das sich um dise Zeit ganz angekleidet im Bette befindet, und gegen alle Verrätereien des Amors wol verwahrt hält. Sobald sie eingeschlafen ist, so muss er sich plözlich entfernen, und erst nach und nach werden ihre Unterhaltungen lebhafter. Ja in der Folge giebt die Dirne ihrem Buhler unter allerlei ländlichen Scherzen und Nekereien Gelegenheit, sich von ihren verborgenen Schönheiten eine anschauliche Erkenntnis zu erwerben; lässt sich überhaupt von ihm in einer leichtern Kleidung überraschen, und gestattet ihm zulezt alles, womit ein Frauenzimmer die Sinnlichkeit einer Mannsperson befridigen kan. Doch auch hir wird immer noch ein gewisses Stufenmass beobachtet, wovon mir aber das Detail anzugeben, die Zärtlichkeit des heutigen Wolstands verbeut. Man kan indess viles aus der Benennung [pg 6]Probenächte erraten, welche die leztern Zusammenkünfte haben, da die Erstere eigentlich Kommnächte heissen.

Sehr oft verweigern die Mädchen ihrem Libhaber die Gewährung seiner lezten Wünsche solang, bis er Gewalt braucht. Das geschiht allezeit, wenn ihnen wegen seiner Leibesstärke einige Zweifel zurük sind, welche sie sich freilich auf keine so heikle Weise, als die Witwe Wadmann aufzulösen wissen. Es kömmt daher ein solcher Kampf dem Kerl oft sehr teuer zu stehen, weil es nicht wenig Mühe kostet, ein Baurenmensch zu bezwingen, das iene wollüstige Reizbarkeit nicht besizt, die Frauenzimmer von Stande so plözlich entwafnet. Disen Umstand meinen Lesern etwas begreiflicher zu machen, muss ich mich auf eine Reisebeschreibung2 berufen, worinn von den Europäern mit den schönen Tschirkassirinnen verschidene Versuche angestellt worden sind; denn sonst laufe ich Gefahr, dass man auf meine Erfahrungen ein ganz unverdintes Vertrauen sezt.

Die Probenächte werden alle Tage gehalten, die Kommnächte nur an den Sonn- und Feiertagen und ihren Vorabenden. Die Erstere dauren solange, bis sich beide Teile von ihrer wechselseitigen physischen Tauglichkeit zur Ehe genug[pg 7]sam überzeugt haben, oder bis das Mädchen schwanger wird. Hernach tut der Bauer erst die förmliche Anwerbung um sie, und das Verlöbnis und die Hochzeit folgen schnell darauf. Unter den Bauren, deren Sitten noch in grosser Einfalt sind, geschiht es nicht leicht, dass Einer, der sein Mädchen auf dise Art geschwängert hat, sie wieder verliesse. Er würde sich ohnfehlbar den Hass und die Verachtung des ganzen Dorfs zuzihen. Aber das begegnet sehr häufig, dass beide einander nach der Ersten oder Zweiten Probnacht wider aufgeben. Das Mädchen hat dabei keine Gefahr, in einen übeln Ruf zu kommen; denn es zeigt sich bald Ein anderer, der gern den Roman mit ihr von vorne anhebt. Nur dann ist ihr Name zweideutigen Anmerkungen ausgesezt, wenn sie mehrmals die Probzeit vergebens gehalten hat. Das Dorfpublikum hält sich auf disen Fall schlechterdings für berechtiget, verborgene Unvollkommenheiten bei ihr zu argwöhnen. Die Landleute finden ihre Gewohnheit so unschuldig, dass es nicht selten geschiht, wenn der Geistliche im Orte einen Bauren nach dem Wohlsein seiner Töchter frägt, dieser ihm zum Beweise, dass sie gut heranwüchsen, mit aller Offenherzigkeit und mit einem väterlichen Wolgefallen erzehlt, wie sie schon anfiengen, ihre Kommnächte zu halten. Keyssler [pg 8]gibt in seinen Reisen3 uns eine sehr drollichte Erzehlung von einem Prozesse, den die Bregenzer Bauren ehmals zur Verteidigung einer solchen Gewohnheit geführt haben, die sie fügen nennen. Die Kasuisten, die sich eben nicht immer von den erlaubten und unerlaubten Begattungsarten die richtigsten Begriffe machen, und manchmal dasienige für Sünde halten, was keine ist, und dasienige nicht dafür halten, was doch eine ist, ereiferten sich von ie her sehr über disen ländlichen Gebrauch. Er musste ihnen daher sehr oft zum Stoffe dienen, ihre Beredsamkeit auf eine sehr vorteilhafte und pathetische Weise zu zeigen. Die katholischen Landprister, die mit den Angelegenheiten und mit dem Charakter ihrer Seelenbefohlnen zuweilen etwas näher, als die Protestanten mit den Jhrigen bekannt sind, und mithin die Untadelhaftigkeit diser Sitte besser einsehen, äussern darüber mehr Duldsamkeit als die Leztere, die nie unterlassen, ihre Bauren deswegen mit den heftigsten Strafpredigten zu verfolgen, und weil doch leider heutzutage, wo die Welt so ganz im Argen ligt, dise Züchtigungen nicht allezeit von Wirkung sind, so verabsäumen sie keine Gelegenheit, zu Vertilgung dises heidnischen Greuels den weit kräftigern weltlichen Arm zu Hülfe zu [pg 9]rufen. Die Klagen eines gewissen geistlichen Aufsehers im Herzogtume Würtemberg vom XVI. Jahrhundert habe ich im II. Bande meines Versuchs über die Geschichte der teutschen Erbfolge4 bekannt gemacht. Der Kanzler von Ludewig5 verwarf ebenfalls disen Gebrauch mit Geringschäzung, und tat auf den Kardinal Heinrich von Segusio, welcher denselben schon im XIII. Jahrhundert bei den Sachsen beobachtete, einen sehr hastigen Ausfall. Wenn es [pg 10]der Wohlstand nicht untersagte, gewisse Forschungen allzuweit zu verfolgen, und ihr endliches Resultat enthüllt darzustellen, so könnte ich ihn leicht überführen, dass dise Sitte nicht nur in der Physiologie des Menschen gegründet, sondern auch eine für die Bevölkerung sehr heilsame Anstalt sei. Denienigen Teil meiner Leser aber, der sich so schlechterdings nicht abfertigen lässt, und verschidene Erläuterungen wünscht, muss ich an die Aerzte und an dieienigen Advokaten weisen, die vor den Ehegerichten Prozesse führen. Denn dergleichen Herren allein besizen das veriährte Vorrecht, dass ihnen die Welt, ohne schamrot zu werden, über alles Gehör gibt. Sollten aber einige von ihnen die Hörsäle der Rechtsgelehrten besucht haben? O! die können sich hir alles das widerhohlen, was dort sehr oft mit Einmischung der ärgerlichsten Anekdoten von der bezihungsweisen Unvermögenheit der Geschlechter gelehrt wird.6 Wem dise gelehrte Nachfragen nicht bequem sind, der belibe einen flüchtigen Blik auf das zu werfen, was in grossen Städten alle Tage zu geschehen pflegt. Wie vile Ehen findet man da nicht, wo die Männer im besten Alter erschöpfte Greise sind; wo blühende Damen durch die allzu[pg 11]