Unternehmensbewertung vor dem Hintergrund eines Börsengangs (IPOs). Theoretische Grundlagen und praktische Umsetzung am Beispiel der Solarbranche - Jörg Wagner - E-Book

Unternehmensbewertung vor dem Hintergrund eines Börsengangs (IPOs). Theoretische Grundlagen und praktische Umsetzung am Beispiel der Solarbranche E-Book

Jörg Wagner

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Beschreibung

Diplomarbeit aus dem Jahr 2006 im Fachbereich BWL - Controlling, Note: 1,3, Fachhochschule für Wirtschaft Berlin, Sprache: Deutsch, Abstract: Einer der Anlässe, welcher eine Unternehmensbewertung erforderlich macht und der den Kern dieser Arbeit bildet, ist der Börsengang (auch IPO) eines Unternehmens. Die Gründe für einen Gang an die Börse sind vielfältig. Der häufigste Grund ist natürlich die Deckung des Kapitalbedarfs zur finanziellen Absicherung von Wachstum und Expansion, Innovationskraft und der Wettbewerbssituation. Dabei ist die erleichterte Kapitalbeschaffung nicht nur auf den Zeitpunkt des Börsengangs beschränkt. Vielmehr ergeben sich diese Möglichkeiten auch danach in Form von möglichen Kapitalerhöhungen, Anleihen oder durch eine verbesserte Kreditwürdigkeit. Außerdem bietet sich dem Unternehmen durch den Börsengang die Chance seinen Bekanntheitsgrad und sein Image nachhaltig zu verbessern, da ein börsennotiertes Unternehmen deutlich stärker im Fokus der Öffentlichkeit steht. Da es sich bei einer Aktie um einen Anteil an einem Unternehmen handelt, ist zur Bestimmung des Emissionspreises beim Börsengang eine vorab durchgeführte Unternehmensbewertung erforderlich. In dieser Arbeit sollen die Fragen der Bewertung beim Börsengang anhand der im Jahr 2005 sehr populären Solarbranche beantwortet werden. In diesem Sektor scheint ein wahrer Boom eingesetzt zu haben. Unterstützt durch lukrative Fördermöglichkeiten und die ständig währenden Krisen an den Energiemärkten mit hohen Preisen und der Abhängigkeit der Industrienationen vom schwarzen Gold, explodieren die Geschäftsergebnisse der Solarunternehmen förmlich. Darüber hinaus klettern die Aktien in ungeahnte Höhen und das zwischenzeitlich fast erloschene Interesse an Neuemissionen steigt stetig. Einige Solarunternehmen sind infolgedessen im Laufe des letzten Jahres an die Börse gegangen oder planen die Gunst der Stunde zu nutzen. Diese Tatsache hat bereits die Öffentlichkeit aufhorchen lassen und es schwingen bei all der Euphorie um die Solarbranche als Jobmotor und Hoffnungsträger auch kritische Töne mit. Erinnerungen an die Zeiten des Neuen Marktes kommen auf und mit Ihnen erneut die Frage, ob die Bewertungen der Unternehmen einem fairen Wert entsprechen. Ziel dieser Arbeit ist es, die Verfahren, die generell zu einer Unternehmensbewertung herangezogen werden können, vorzustellen und auf ihre Eignung im Zuge eines Börsengangs zu überprüfen.

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Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Einleitung und Zielsetzung
1.2. Gang der Untersuchung
2. Grundlagen der Unternehmensbewertung
2.1. Werttheorien in der Unternehmensbewertung.
2.2. Anlässe der Unternehmensbewertung
2.3. Die Maßgeblichkeit des Bewertungszwecks
2.3.1. Ermittlung von Entscheidungswerten
2.3.2. Ermittlung von Marktwerten.
2.4. Methoden der Unternehmensbewertung im Überblick
2.4.1. Einzelbewertungsverfahren.
2.4.2. Gesamtbewertungsverfahren
2.4.3. Mischverfahren.
3. Die Unternehmensbewertung im Zuge eines Börsengangs.
3.1. Das Spannungsfeld bei der Wertfindung.
3.2. Ablauf der Emissionspreisfindung
3.3. Methoden der Unternehmensbewertung beim Börsengang.
3.3.1. Die Discounted-Cashflow-Methode.
3.3.1.1. Konzeption der Discounted-Cashflow-Methode.
3.3.1.2. Überblick über die verschiedenen Ansätze.
3.3.1.3. Ermittlung der Cashflows und des Terminal Value
3.3.1.4. Ermittlung der Kapitalkosten
3.3.1.5. Ermittlung von Unternehmenswert und Emissionspreis.
3.3.2. Das Multiplikatorverfahren.
3.3.1.1. Konzeption der Multiplikatormethode.
3.3.1.2. Arten von Multiplikatoren
3.3.1.3. Auswahl von Multiplikatoren.
3.3.1.4. Auswahl der Peer-Group.
3.3.1.5. Ermittlung des Unternehmenswerts
3.4. Verfahren der Aktienplatzierung
3.5. Kursstützung.
3.6. Underpricing und Underperformance
4. Unternehmensbewertung am Beispiel der Q-Cells AG.
4.1. Die Solarbranche - Eine Bestandsaufnahme.
4.2. Das Unternehmen Q-Cells AG
4.3. Die Emissionspreisermittlung beim Börsengang der Q-Cells AG.
4.3.1. Mit der Discounted-Cashflow-Methode
4.3.2. Mit der Multiplikatormethode
4.4. Erstemission und Erstnotiz
4.5. Entwicklung des Unternehmens und Performance der Aktie
4.6. Diskussion der ermittelten Ergebnisse
5. Beurteilung und Kritik der dargestellten Bewertungsverfahren.
6. Überblick über die Börsengänge ausgewählter Solarunternehmen
6.1. Der Markt für Neuemissionen im Jahr 2005
6.2. Analyse der IPO-Unternehmen anhand ausgewählter Kennzahlen
6.3. Die Entstehung einer neuen Spekulationsblase ?
7. Zusammenfassung und Fazit
Anhang 2: IPO-Underpricing - Empirie
Anhang 3: Betrachtung der börsennotierten Solarunternehmen
Anhang 4: Discounted-Cashflow-Verfahren
Anhang 5: Multiplikatorberechnung 2004/2005
Anhang 6: Multiplikatorberechnung 2005/2006
Anhang 7: Daten und Fakten zum IPO Markt.

Page 3

III Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Bewertungsverfahren ..........................................................................8 Abbildung 2: Ertragsbegriffe und ihr Prognoseaufwand .........................................11 Abbildung 3: Ablauf der Emissionspreisfindung .....................................................20 Abbildung 4: Ermittlung der Freien Cashflows .......................................................27 Abbildung 5: Ermittlung der gewogenen durchschnittlichen Kapitalkosten ............28 Abbildung 6: Ablauf einer Multiplikatorbewertung ..................................................34 Abbildung 7: Ermittlung des Enterprise Value ........................................................37 Abbildung 8: Berechnung des WACC ....................................................................53 Abbildung 9: Berechnung des Wertes je Aktie .......................................................54 Abbildung 10: Berechnung des Unternehmenswertes mittels Multiplikatormethode58 Abbildung 11: Performance der Q-Cells-Aktie seit Erstnotiz ....................................61 Abbildung 12: IPOs zwischen 2000 und 2006 in Deutschland .................................67 Abbildung 13: Kennzahlen der Conergy AG.............................................................68 Abbildung 14: Kennzahlen der ErSol AG .................................................................70 Abbildung 15: Kennzahlen der Sunline AG ..............................................................71

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Abkürzungsverzeichnis

Abb. Abbildung AG Aktiengesellschaft APV Adjusted Present Value bzw. beziehungsweise CAPM Capital Asset Pricing Model DAX Deutscher Aktien Index DCF Discounted Cashflow d.h. Das heißt DVFA Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Anlageberatung etc. Et cetera f. folgende ff. fortfolgende GuV Gewinn- und Verlustrechnung Hrsg. Herausgeber IDW Institut der Wirtschaftsprüfer IPO Initial Public Offering i.V.m. in Verbindung mit KGV Kurs-Gewinn-Verhältnis Mio. Millionen Mrd. Milliarden SG Schmalenbach Gesellschaft TV Terminal Value u.a. unter anderem UVS Unternehmensvereinigung Solarwirtschaft Vgl. Vergleiche WACC Weighted Average Cost of Capital z.B. zum Beispiel

Page 6

1. Einleitung1

1. Einleitung

1.1. Einleitung und Zielsetzung

Es existiert eine Vielzahl von Gründen im wirtschaftlichen Alltag, die die Durchführung einer Unternehmensbewertung erforderlich machen. Hierfür können verschieden gelagerte Transaktionen wie z.B. der Kauf oder Verkauf eines Unternehmens in Frage kommen. Aber auch bei Erbschaftsauseinandersetzungen oder bei Kreditwürdigkeitsprüfungen können Bewertungen notwendig sein. Ebenso propagieren die neueren Managementtheorien eine wertorientierte Unternehmensführung, was unter anderem Alfred Rappaport und dem von ihm geprägten Begriff des Shareholder Value geschuldet ist. Unternehmenslenker konzentrieren sich verstärkt darauf, den Unternehmenswert zu steigern und damit Renditen für ihre Anleger zu erwirtschaften und ihre unternehmerischen Entscheidungen daran auszurichten.1

Einer der Anlässe, welcher eine Unternehmensbewertung erforderlich macht und der den Kern dieser Arbeit bildet, ist der Börsengang (auch IPO2) eines Unternehmens. Die Gründe für einen Gang an die Börse sind vielfältig. Der häufigste Grund ist natürlich die Deckung des Kapitalbedarfs zur finanziellen Absicherung von Wachstum und Expansion, Innovationskraft und der Wettbewerbssituation. Dabei ist die erleichterte Kapitalbeschaffung nicht nur auf den Zeitpunkt des Börsengangs beschränkt. Vielmehr ergeben sich diese Möglichkeiten auch danach in Form von möglichen Kapitalerhöhungen, Anleihen oder durch eine verbesserte Kreditwürdigkeit. Außerdem bietet sich dem Unternehmen durch den Börsengang die Chance seinen Bekanntheitsgrad und sein Image nachhaltig zu verbessern, da ein börsennotiertes Unternehmen deutlich stärker im Fokus der Öffentlichkeit steht. Da es sich bei einer Aktie um einen Anteil an einem Unternehmen handelt, ist zur Bestimmung des Emissionspreises beim Börsengang eine vorab durchgeführte Unternehmensbewertung erforderlich.3

Vor allem das Platzen der Dotcom-Blase im Jahr 2000, wo Milliardensummen vernichtet und ganze Vermögen vor allem von Kleinanlegern zerstört wurden, hat dem Thema zu einer traurigen Aktualität verholfen. In dieser Zeit wurden astronomische Summen für an sich unbedeutende und ertrags- bzw. umsatzschwache Unternehmen bezahlt, was auf Fehler in der Bewertung und der Einschätzung der

1Vgl. Mandl/Rabel (1997), S. 12

2IPO ist die Abkürzung für Initial Public Offering, was sich wörtlich als „erstes öffentliches Angebot“ übersetzen lässt. Gemeint ist damit der Börsengang bzw. das Going Public eines Unternehmens.

3Vgl. Koch/Wegmann (1998), S. 17 ff.

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1. Einleitung2

zukünftigen Chancen der Unternehmen und der ganzen Branche zurückzuführen ist. Die damalige Krise, deren Auswirkungen, z.B. auf den Markt für Neuemissionen, noch heute spürbar sind, hat die Diskussion um solide und faire Unternehmensbewertungen angefacht.4

In dieser Arbeit sollen die Fragen der Bewertung beim Börsengang anhand der im Jahr 2005 sehr populären Solarbranche beantwortet werden. In diesem Sektor scheint ein wahrer Boom eingesetzt zu haben. Unterstützt durch lukrative Fördermöglichkeiten und die ständig währenden Krisen an den Energiemärkten mit hohen Preisen und der Abhängigkeit der Industrienationen vom schwarzen Gold, explodieren die Geschäftsergebnisse der Solarunternehmen förmlich. Darüber hinaus klettern die Aktien in ungeahnte Höhen und das zwischenzeitlich fast erloschene Interesse an Neuemissionen steigt stetig. Einige Solarunternehmen sind infolgedessen im Laufe des letzten Jahres an die Börse gegangen oder planen die Gunst der Stunde zu nutzen. Diese Tatsache hat bereits die Öffentlichkeit aufhorchen lassen und es schwingen bei all der Euphorie um die Solarbranche als Jobmotor und Hoffnungsträger auch kritische Töne mit. Erinnerungen an die Zeiten des Neuen Marktes kommen auf und mit Ihnen erneut die Frage, ob die Bewertungen der Unternehmen einem fairen Wert entsprechen.

Es gibt in der heutigen Bewertungstheorie eine Vielzahl von Verfahren, die zum Teil vollständig unterschiedliche Ansätze aufweisen, sich zum Teil aber auch nur um Nuancen unterscheiden. Vor allem im Zusammenhang mit der Bewertung beim Börsengang sind manche Verfahren mehr, die anderen weniger geeignet.

Ziel dieser Arbeit ist es, die Verfahren, die generell zu einer Unternehmensbewertung herangezogen werden können, vorzustellen und auf ihre Eignung im Zuge eines Börsengangs zu überprüfen. Die im Theorieteil erarbeiteten Vorgehensweisen und erlangten Erkenntnisse sollen dann am Beispiel der 2005 an die Börse gegangen Q-Cells AG in die Praxis umgesetzt werden. Dabei soll ein Unternehmenswert bestimmt und mit der tatsächlich im Rahmen des Börsengangs erfolgten Wertermittlung, verglichen werden. Schließlich soll beurteilt werden, ob der an der Börse ge-handelte Wert des Unternehmens nachvollziehbar ist oder ob er durch ein eventuell zu euphorisches Marktumfeld falsch eingeschätzt und dadurch zu hoch angesetzt wurde. Die Kernfrage lautet hierbei: Ist die Bewertung der jüngst an die Börse gegangenen Q-Cells AG nachvollziehbar?

4Vgl. Berliner Zeitung (2005)

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2. Grundlagen der Unternehmensbewertung3

1.2. Gang der Untersuchung

Um dieser Frage auf den Grund zu gehen wird zunächst im zweiten Kapitel, den Grundlagen der Unternehmensbewertung, mittels einiger grundsätzlicher theoretischer Aspekte an das Thema Unternehmensbewertung herangeführt. Nach einem Überblick über die existierenden Bewertungsverfahren wird dann im dritten Punkt konkret auf den Börsengang als Bewertungsanlass übergeleitet. Hierbei wird der gesamte Prozess der Preisfindung bei einer Aktienemission, vom Spannungsfeld im Vorfeld der Bewertung bis hin zu den Preisfestsetzungsverfahren und den Preisstabilisierungsmaßnahmen nach dem Börsengang, betrachtet. Damit soll gezeigt werden, dass es bei der Ermittlung eines Emissionspreises nicht mit der reinen Ermittlung des Unternehmenswertes getan ist. Der Schwerpunkt im dritten Kapitel liegt in der theoretischen Aufarbeitung der beiden gängigsten Bewertungsverfahren. In Punkt vier soll dann eine Unternehmensbewertung am Beispiel der Q-Cells AG, die im Oktober 2005 den Schritt an die Börse wagte, durchgeführt werden. Dabei wird kurz auf die Solarbranche eingegangen und das Unternehmen vorgestellt. Im nächsten Schritt soll der Wert der Q-Cells AG ermittelt und mit dem tatsächlichen Emissionspreis verglichen werden. Darüber hinaus soll untersucht werden, wie sich das Unternehmen und die Aktie seither entwickelt haben. Im Punkt fünf soll zu den beiden Bewertungsverfahren dann vergleichend und kritisch Stellung bezogen werden. Der sechste Punkt der Arbeit wird eine Auswahl von Solarunternehmen näher betrachten, die im Jahr 2005 den Gang an die Börse wagten. Dabei sollen das Geschäftsmodell, die Chancen und Risiken, sowie die Geschäftsentwicklung aufgegriffen werden und mit der Bewertung durch den Kapitalmarkt verglichen werden. Im siebten Punkt wird das abschließende Fazit gezogen und ein kurzer Ausblick gegeben.

2. Grundlagen der Unternehmensbewertung

2.1. Werttheorien in der Unternehmensbewertung

Die Bewertung von Unternehmen stellt sowohl in der betriebswirtschaftlichen Lehre als auch in der Praxis ein seit jeher vieldiskutiertes und heftig umstrittenes Problemgebiet dar. Die historische Entwicklung der Theorie der Unternehmensbewertung in Deutschland lässt im Zeitablauf drei maßgebliche Phasen erkennen: die Phase der objektiven Unternehmensbewertung, die Phase der subjektiven Unternehmensbewertung und die Phase der funktionalen Unternehmensbewertung.5

5Vgl. Mandl/Rabel (1997), S. 5

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2. Grundlagen der Unternehmensbewertung4

Bis in die 60er Jahre dominierte in der Literatur die objektive Unternehmensbewertung, der die Annahme zu Grunde liegt, dass für jedes Unternehmen ein objektiver Wert existiert, der für jeden gültig ist und der keinerlei individuelle Aspekte bezüglich Käufer und Verkäufer berücksichtigen darf. Der Wert ist nach dieser Theorie eine dem Unternehmen innewohnende Eigenschaft, die objektiv fassbar ist. Diese Theorie orientiert sich primär an den vergangenen und den gegenwärtigen Verhältnissen, nicht an zukünftigen oder zu erwartenden Entwicklungen. Dem Substanzwert eines Unternehmens, auf den im Kapitel 2.4.1. kurz eingegangen wird, kommt hier eine wesentliche Bedeutung zu.6

In den 60er Jahren rückte die so genannte subjektive Werttheorie in den Vorder-grund. Die Verfechter dieser Theorie vertraten einen zur objektiven Theorie konträren Standpunkt, bei dem der Unternehmenswert keinen allgemeingültigen Wert des Unternehmens an sich mehr darstellt, sondern den Wert für einen konkreten Käufer oder Verkäufer, d.h. für ein ganz bestimmtes Bewertungssubjekt.7Für jedes Bewertungssubjekt kann ein Unternehmen einen unterschiedlichen spezifischen Wert haben. Der Wert eines Gutes kann ausschließlich durch ein individuelles Wertempfinden erklärt werden. Die fundamentalen Prinzipien liegen neben der Subjektbezogenheit, in der Gesamtbewertung und in der Zukunftsbezogenheit, welche besagt, dass für den Wert der Unternehmung nur der Nutzen von Bedeutung ist, den es für die Zukunft stiftet8. Die Gesamtbewertung zielt darauf, nicht die Summe der Einzelwerte der Vermögensteile des Unternehmens zu bilden, sondern das Unternehmen als wirtschaftliche Einheit zu betrachten.9

Die Kontroverse zwischen objektiver und subjektiver Unternehmensbewertung wurde schließlich durch die in den 70er Jahren entwickelte Funktionenlehre überwunden. Diese geht davon aus, dass Unternehmensbewertungen in der Realität zahlreichen Zwecken dienen. Diese unterschiedlichen Bewertungszwecke haben Einfluss auf die Herangehensweise und die Auswahl des Bewertungsverfahrens und somit auch auf das Bewertungsergebnis selbst.10Am Anfang einer Bewertung muss also eine Aufgabenanalyse stehen. Käufer, Verkäufer und der Zweck der Unternehmensbewertung bestimmen schließlich den Wert.

6Vgl. Seppelfricke (2003), S. 4

7Vgl. Mandl/Rabel (1997), S. 7

8Vgl. Moxter (1990), S. 116

9Vgl. Matschke/Brösel (2005), S. 18

10Vgl. Mandl/Rabel (1997), S. 9

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2. Grundlagen der Unternehmensbewertung5

2.2. Anlässe der Unternehmensbewertung

Wie eingangs erwähnt, ist der Unternehmenswert vom Bewertungszweck abhängig. Der Bewertungszweck wiederum ist eng verbunden mit den konkreten Bewertungsanlässen. Anlässe, die die Durchführung einer Unternehmensbewertung erforderlich machen, sind derart vielfältig, dass sie sich nicht eindeutig systematisch darstellen lassen. In der Literatur existiert eine Vielzahl verschiedener Klassifizierungsansätze. Eine Einteilung kann z.B. nach der Lebensphase in der sich das Unternehmen momentan befindet (Gründung, Börseneinführung oder Liquidation, etc.), nach der Art der Regelung (Gesetzliche Vorschriften, Privatrechtliche Regelungen, etc.) oder nach dem Entscheidungsbezug unterschieden werden.11

Ein in der Literatur häufig dargestellter Klassifizierungsansatz folgt einer Einteilung, der in der Praxis vorkommenden Bewertungsanlässe, nach dem Entscheidungsbezug (siehe auch Tabelle 1). Dabei wird in erster Linie zwischen transaktionsbezogenen und nicht transaktionsbezogenen Anlässen unterschieden, je nachdem, ob mit dem Bewertungsanlass eine Änderung der Eigentumsverhältnisse verbunden ist oder nicht. Transaktionsbezogene Anlässe liegen immer dann vor, wenn die Bewertung aufgrund einer tatsächlichen oder geplanten Änderung der Eigentumsverhältnisse am zu bewertenden Unternehmen erfolgt.12

Tabelle 1: Bewertungsanlässe

Quelle: Auge-Dickhut/Moser/Widmann (2003), Kap. 3.1.2, S. 3

11Vgl. Peemöller (2005), S. 17

12Vgl. Mandl/Rabel (1997), S. 13

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2. Grundlagen der Unternehmensbewertung6

Eine weitere Unterscheidung innerhalb der transaktionsbezogenen Situationen erfolgt in dominierte und nicht dominierte Situationen. In nicht dominierten (nicht beherrschten) Situationen, zu der beispielsweise der Kauf oder Verkauf von Unternehmen zählt, können alle Beteiligten frei entscheiden, ob sie der Veränderung der Eigentumsrechte zustimmen, oder nicht. In dominierten (beherrschten) Situationen, kann eine Partei einseitig, auch gegen den Willen der anderen Partei, die Änderung von Eigentumsverhältnissen durchsetzen. Dieses Recht kann durch gesetzliche Regelungen oder aufgrund vertraglicher Vereinbarungen entstehen.13

2.3. Die Maßgeblichkeit des Bewertungszwecks

Der Wert eines Unternehmens kann nicht losgelöst vom Zweck der Unternehmensbewertung ermittelt werden. „Es gibt nicht den schlechthin richtigen Unternehmenswert: Da Unternehmenswertermittlungen sehr unterschiedlichen Zwecken dienen können, ist der richtige Unternehmenswert jeweils der zweckadäquate.“14Auf die weiter oben beschriebene funktionale Theorie aufbauend, werden den in der Realität vorkommenden Bewertungsanlässen praktisch bedeutsame Zwecksetzungen von Unternehmensbewertungen zugeordnet. Abhängig vom Zweck bzw. der Funktion der Unternehmensbewertung können somit unterschiedliche Unternehmenswerte ermittelt werden. In der Bewertungspraxis kommen diverse Zwecksetzungen vor. Im Rahmen dieser Arbeit sollen stellvertretend die Ermittlung von Entscheidungswerten und die Ermittlung von Marktwerten näher erläutert werden, weil sie in der Praxis, vor allem beim Börsengang, die größte Relevanz besitzen.

2.3.1. Ermittlung von Entscheidungswerten

Der wichtigste Zweck einer Unternehmensbewertung ist die Ermittlung von Grenzpreisen für potentieller Käufer oder Verkäufer von Unternehmen. Grenzpreise geben an, welchen Kaufpreis der Käufer gerade noch bezahlen kann (Preisobergrenze), bzw. der Verkäufer mindestens verlangen muss (Preisuntergrenze), damit die Transaktion zu einem ökonomisch vorteilhaften Ergebnis führt. Grenzpreise geben dabei nicht den tatsächlichen Preis an, zu dem ge- bzw. verkauft wird, sondern lediglich die so genannte „Grenze der Konzessionsbereitschaft“. Diese ist streng zu trennen vom tatsächlich realisierten Kaufpreis, der letztlich das Ergebnis von Ver-handlungen ist. Der Grenzpreis bildet aber die Grundlage für die Entscheidung zum

13Vgl. Drukarczyk (2003), S. 122 ff.

14Moxter (1990), S.6

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2. Grundlagen der Unternehmensbewertung7

Kauf bzw. Verkauf des Unternehmens und wird daher Entscheidungswert genannt. Die ermittelten Entscheidungswerte bzw. Grenzpreise sind dabei subjektive Werte, die von Fall zu Fall unterschiedlich sind und als interne Entscheidungsgrundlage dienen, die anderen gegenüber nicht offen gelegt wird.15Der Anwendungsbereich der Entscheidungswertermittlung ist nicht grundsätzlich auf Kauf- oder Verkaufsituationen beschränkt, ihr können vielmehr alle transaktionsbezogenen Bewertungsanlässe zugeordnet werden. Das geeignete Verfahren, um Entscheidungswerte zu ermitteln, ist das Ertragswertverfahren, auf das im Gliederungspunkt 2.4.2. ausführlich eingegangen wird.16