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Caprice Crane

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Beschreibung

Bleib mir bitte im Gedächtnis! Sie ist lieb und treu, schlau und schlank. Und trotzdem geht es der jungen Jordan Landau miserabel: Alle trampeln auf ihr und ihren Gefühlen herum. Bis sie eines gar nicht schönen Tages auf ihrem Fahrrad mit einem Auto zusammenstößt und sehr unsanft landet. Aber noch während sie wieder zu sich kommt, spürt sie, dass das der Zusammenstoß ihres Lebens sein könnte: Jordan beschließt, dass sie ab sofort sich an die blöden Dinge nicht mehr erinnern und von den blöden Menschen nichts mehr gefallen lassen will. Also behauptet sie, sie hätte bei dem Unfall ihr Gedächtnis verloren. Vom fiesen Lover bis zur anstrengenden Mutter fallen alle darauf rein: Endlich findet Jordan die Anerkennung, die sie verdient, und plötzlich eine Liebe, die sie gar nicht gesucht hat. Nur leider ist das Glück nicht von Dauer in der fabelhaften Welt der Amnesie …

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Seitenzahl: 535

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Caprice Crane

Von jetzt auf gleich

Roman

Aus dem Amerikanischen von Catrin Lucht

Fischer e-books

Für meinen Vater Les Crane,

von dem ich den schrägen Humor habe.

Alles seine Schuld.

1.Meine erste Hochzeit

Mit sieben hab ich geheiratet. Ich erinnere mich noch, als wäre es gestern gewesen. Ich habe meinen Nachbarn Todd Beckett geheiratet. Todd war, typisch männlich (auch wenn er die Vorteile der Ehe nicht kannte, weil sie nicht auf unserem Lehrplan für die zweite Klasse standen), eigentlich gegen die ganze Sache – absolut bindungsunfähig, hat aber zugestimmt, weil wir an diesem Tag nichts Besseres zu tun hatten. Meine beste Freundin, Catherine Parker, hat uns getraut.

Es war Mitte Juli, es war perfektes Hochzeitswetter: windig, 24°C und klarer blauer Himmel. Ich war froh, dass ich mein bestes Outfit tragen konnte – abgeschnittene Jeans und ein Top in Regenbogenfarben. Cat trug bunt-geflickte Dolphin-Shorts und ein vererbtes Van-Halen-T-Shirt von ihrem älteren Bruder, und Todd trug ein Hang-Ten-Shirt und Cordhosen. Todd trug immer Cordhosen und Vans, ganz egal, welche Außentemperatur gerade herrschte.

Die Zeremonie fand im Garten meiner Eltern statt, direkt unter dem Schaukelgerüst, wo wir vor Cat standen, die uns ernst ansah: »Und willst du, Jordan ›Jordy Belly‹ Landau, Todd Beckett zu deinem dir entsetzlich angetrauten Ehemann nehmen, ihm in guten und in schlechten Tagen zur Seite stehen, bis dass der Tod euch scheidet?«

Ich vergab Cat, dass sie den Geleebonbon-inspirierten Spitznamen erwähnte, den mein Stiefvater mir gegeben hatte. Ich wusste, sie war wütend, dass sie die Standesbeamtin spielen musste und nicht die Braut sein durfte.

»Ich will«, sagten wir beide.

»Ich erkläre euch zu Mann und Frau. Sie dürfen die Braut jetzt küssen. Und Sie müssen es drei Mississippi-Sekunden lang tun.«

Und dann küssten wir uns. Gut, unsere Lippen berührten sich und wir bewegten nicht einen Muskel, als Catherine anfing zu zählen: Eins Mississippi, zwei Mississippi, drei Mississippi … Das war’s. Ich barfuß, mit Blumen im Haar. Eine einfache Zeremonie. Keine Familien-Diskussionen. Keine Gedanken darüber, zu viele Leute eingeladen zu haben, keine Standesamt-Albträume. Aber Kuchen gab’s. Wir hatten in Filmen immer Brautpaare gesehen, die sich ihre Gesichter von oben bis unten mit Torte beschmieren, und wir glaubten, das wäre ein fester Bestandteil von Hochzeitsfeiern.

»Zeit für die Torte!«, rief Cat, und wir bereiteten uns darauf vor, schmutzig zu werden. Ich hatte eine Stunde vor der ganzen Zeremonie zwei Schokoladenkuchen aus der Kühltruhe genommen und sie zum Auftauen rausgelegt. Ich legte einen genau auf den anderen, um den Turmeffekt von Hochzeitstorten wie im Film zu erreichen. Heimlich naschte ich von der Seite meines doppelstöckigen Zuckerwerks und steckte mir einen Zuckerfinger in den Mund. Aufgetaut und fertig. Also nahm ich eine Handvoll Kuchen und beschmierte Todd über und über damit. Dann nahm auch er eine Handvoll und schmierte zurück, vorsichtig, sodass ich nichts in die Haare bekam. Zuerst. Bis er bemerkte, wie sehr ich es schätzte, dass er meinen sorgfältig gestylten Pony zuckergussfrei hielt. Bye-bye Styling, hallo Glasur. Cat wagte es zu lachen, also schmierten wir auch sie voll. Teilweise aus Rache, aber hauptsächlich, damit sie sich nicht ausgeschlossen fühlte.

Wir hatten kurz zuvor Karate Kid II gesehen. Es gab in dem Film eine Art feierliches Verbindungsritual, bei dem ein japanisches Pärchen Tee aus der Tasse des jeweils anderen trank, und wir dachten, dass wir vielleicht auch ein solches Ritual haben sollten. Für Tee war’s zu heiß, also kauten Todd und ich beide ein Hubba-Bubba mit Traubengeschmack, machten eine Blase und bewegten uns dann so nahe aufeinander zu, dass unsere Blasen sich berührten und aneinanderklebten – dadurch wurden wir beide fürs ganze Leben miteinander verbunden. Und als Hochzeitsgeschenk überreichte Todd mir ein ganzes, unangebrochenes Päckchen Wassermelonen-Kaugummi.

Es war ein verrückter Tag. Woran ich mich am besten erinnere, ist, wie einfach alles war. Es dauerte schätzungsweise zwei Stunden von der Entstehung der Idee bis zu meinem »Ich will«. Das war, bevor ich anfing, mir darüber Sorgen zu machen, dass ich von unserem Drei-Sekunden-Kuss hätte schwanger werden können. Je mehr ich darüber nachdachte, umso nervöser wurde ich. Und so packte ich Todd und zerrte ihn am Arm.

»Glaubst du, ich könnte von diesem Kuss gerade schwanger geworden sein?«, flüsterte ich.

»Keine Ahnung. Weißt du’s?«, fragte er zurück.

»Wenn ich es wüsste, würde ich dich nicht fragen.«

Und so standen wir da und schauten uns für einen Augenblick an. Todd blinzelte und zog die Augenbrauen hoch. Dann zuckte er mit den Schultern.

»Gut, wir haben gerade geheiratet, wenn du also schwanger bist, wird es schon okay sein. Ich denke, es wäre schlimmer, wenn wir noch nicht verheiratet wären.«

»Hm, ja, das glaub ich auch«, sagte ich.

Problem gelöst. Die Feier ging weiter, und wir spielten eine Runde Fangen.

***

Meine Heirat mit Todd war vielleicht meine Art, einen perfekten Bund zu schaffen – oder zumindest einen weniger verhängnisvollen als meine Eltern.

Ich erinnere mich noch viel zu gut an den Tag, an dem mein erster Dad sich zu mir setzte und seine Hände auf meine Schultern legte. Er schaute mir direkt in die Augen und sagte: »Jordan, ich möchte, dass du weißt, dass ich dich sehr liebe, und ich möchte, dass du das nie vergisst.« Da war ein Angstgefühl, auch wenn ich nicht mehr genau weiß, was das genau für ein Gefühl war – ich wusste nur, dass es sich nicht gut anfühlte, und so lenkte ich mich damit ab, die Haare zu studieren, die nur ein ganz kleines bisschen zu weit aus seiner Nase herauswuchsen.

»Weißt du das, Jordan? Weißt du, dass ich dich so sehr liebe, wie ich kann?«, fragte er.

Ich blinzelte und beobachtete das eine graue Haar zwischen den anderen schwarzen, das aus seinem linken Nasenloch herauslinste wie eine kleine Maus, die checken wollte, ob die Luft rein ist.

»Jordan?«

»Ja, Dad?«

»Verstehst du das?«

»Hmm …«, sagte ich, weniger überzeugt, als es ihm möglicherweise gefallen hätte.

»Es kann sein, dass wir uns für eine Weile nicht sehen«, fuhr er fort, »aber das heißt nicht, dass ich nicht irgendwo da draußen bin …« Seine Worte verschwammen und endeten in einer theatralischen Pause. Seine Nasenhaare pfiffen leise in der Stille. Ich war wie hypnotisiert. Dann sagte er:

»Ich möchte nur sicherstellen, dass du weißt, du wirst von deinem Vater geliebt, damit du nicht zu einer Männer hassenden Lesbe heranwächst.«

Ich war gerade mal fünf. Millionen von Gedanken rasten durch meinen Kopf, Millionen von Fragen, die ich ihm stellen wollte, aber ich war wie gelähmt. Warum erzählst du mir das? Wohin gehst du? Was ist eine Lesbe? Und das Wichtigste: Wirst du dir jemals die Nasenhaare abschneiden?

Nichts kam aus meinem Mund. Keine der Millionen von Fragen, die in meinem Hirn herumwirbelten wie ein Meteoritenschauer, der mit Wucht durch meinen Kopf schoss, bevor seine Energie sich erschöpfte und verschwand. Das Einzige, was ich sagen konnte, war: »Okay.«

Er nickte und sagte: »Gutes Mädchen«, dann war er weg.

Als meine Mom ein paar Minuten später aus dem Garten hereinkam, glaubte sie mir nicht, dass ich nicht glaubte, Dad würde wieder nach Hause kommen. Sie wurde böse auf mich, weil ich so schreckliche Sachen sagte, und fragte mich, ob ich glauben würde, ich sei übersinnlich. Ich sagte nein. Ich erzählte ihr, dass ich nicht übersinnlich sei und auch keine Lesbe. Auch wenn ich nicht wusste, was beides bedeutete, so schien es mir richtig zu sein, das zu sagen, und ich merkte, dass meine Mutter Beruhigung brauchte.

»Was?«, schrie sie. Und dann erklärte ich es ihr. Ich erzählte ihr alles, was er gesagt hatte, so genau, wie ich mich daran erinnern konnte, und ich muss den Sinn von allem wohl ganz gut getroffen haben, denn danach ist sie ins Badezimmer gegangen und hat dreieinhalb Stunden lang geweint.

Als sie später wieder runterkam, war ihr Gesicht trocken und ihr Kopf aufgerichtet. Sie hat offensichtlich einige Zeit in ihrem modischen Wandschrank verbracht; sie trug ein schwarzes Kleid, das ich noch nie gesehen hatte, mit einem doppelten Strang Perlen um den Hals. Das hatte einen exklusiven Touch und war fast ein bisschen sexy – und wenn ich ehrlich bin, zerstörte für mich dieser Moment das ›kleine Schwarze‹ – für immer. Sie nahm mich mit in mein Zimmer, zog mir mein schickes samtenes Partykleid an, kämmte mir die Haare und befestigte sie mit zwei Spangen. Dann setzte sie mich ab und erklärte mir, dass wir neu beginnen würden. Und genau das taten wir.

Drei Jahre später hatte ich ein brandneues Leben. Mit einem neuen Haus, einem neuen Dad und einer neuen Baby-Schwester. Man könnte meinen, dass ich von alldem Narben davongetragen habe, und vielleicht habe ich das auch, aber wirklich gelitten habe ich damals nicht. Walter Landau trat schnell in unser Leben, er heiratete Mom und sagte zu mir, dass ich ihn Dad nennen soll. Meine Mom nannte ihn meinen »neuen und besseren Dad«, aber ich habe nicht wirklich verstanden, was an dem alten so schlecht war. Walter schenkte mir Mrs Butterworth, einen braunen Mischlingsköter, der einen weißen Streifen auf dem Kopf hatte und aussah wie Nougat. Mrs B war meine beste Freundin auf der ganzen Welt. Sie saß unterm Esstisch zu meinen Füßen, folgte mir überallhin – sogar, wenn ich nur ins Badezimmer ging, wo sie vor der Tür wartete – und schlief jede Nacht bei mir. Ich hatte eine glückliche Familie, meine beste Freundin Cat und meinen neuen Ehemann Todd.

Cat, Todd und ich waren die drei Musketiere. Wir machten alles zusammen. Cat und ich waren rein äußerlich das genaue Gegenteil. Ich hatte lange braune Haare, und sie war blond. Ich hatte eine helle Haut mit Sommersprossen rund um meine Nase, und sie war ständig gebräunt. Wir waren ungefähr gleich groß, aber sie war immer dünner als ich. Wir wurden Blutsschwestern, indem wir uns in die Finger pieksten und sie zusammenhielten. Wir waren zu jung, um über Aids Bescheid zu wissen und dass diese Art von Kontakt vielleicht nicht die beste Idee war. Damals war es zu früh, ungeschützten Sex zu haben und Heroin zu spritzen. Deshalb ging alles gut aus.

***

Meine Hochzeit fand einen Monat vor meinem Geburtstag statt. Ich erinnere mich, dass ich mir zu diesem Geburtstag ein metallicblaues Fahrrad mit einem Bananensattel und einem weißen Weidenkorb mit neonfarbenen Blumen darauf wünschte. Ich wollte dieses Fahrrad mehr als alles andere auf der Welt. Und als mein Dad mich an diesem verhängnisvollen Morgen hinausschickte, um die Zeitung zu holen, erblickte ich mein Traumrad zum ersten Mal. Ich stieß einen Freudenschrei aus, der so laut war, dass er einen Tränenfluss bei meiner kleinen Baby-Halbschwester auslöste, womit ich eine bittere Rivalität heraufbeschwor, die die nächsten zwei Jahrzehnte anhielt.

Meine Erinnerungen an meine Kindheit sind überwiegend angenehm, bis zu diesem Zeitpunkt. Und ich glaube fast, das liegt daran, dass das keine echten Erinnerungen sind, sondern Geschichten, die rund um Fotos und Amateurfilme aufgebaut wurden. Denn die Wahrheit ist, dass meine Mom eine tiefsitzende Angst vor dem Verlassenwerden und der Armut pflegte, seitdem mein Dad weg war. Sie reagierte darauf, indem sie immer mehr zu einer elenden Materialistin wurde, und meine neue Familie bestand im Wesentlichen aus einem Mann, der eine Menge Geld verdiente, und zwei Frauen, die es gerne ausgaben – diese Frauen waren meine Mom und meine Schwester Samantha, die, je älter sie wurde, immer mehr zu einer Kopie meiner Mom mutierte. Und dann gab es noch mich. Ich war eine Mischung aus beiden, aber mehr ein Überbleibsel der gescheiterten Familie als eine perfekte Ergänzung der neuen. Vielleicht spielte sich das alles auch nur in meinem Kopf ab.

Wie der Augenblick, an dem Samantha mir erzählte, dass mein Vater etwas unglaublich Mieses gehabt haben müsste, das er an mich weitergegeben hätte, und dass ich kein einziges von Moms guten Genen mitbekommen hätte. Vielleicht waren das nur ganz normale geschwisterliche Sticheleien. Falls gebrochene Rippen unter Geschwistern als normal bezeichnet werden können. Wenn unsere Erinnerungen ehrliche Aufzeichnungen von allem wären, was wir gesehen oder gefühlt haben, wären viele von uns wahrscheinlich überwältigt oder sogar geschockt über das, was abgelaufen ist. Aber ich erreichte meinen achten Geburtstag bei bester Laune. Auch wenn ich schon meinen ersten fahrbaren Untersatz, meinen ersten Schultag und meine erste Hochzeit hinter mir hatte, waren mein erstes Auto, mein erster Job und mein erster sexueller Fehltritt noch Jahre von mir entfernt. Das Leben war schön. Ich liebte es, ich zu sein.

2.Gossen-Schick

Als ich 25 wurde, begann ich es zu hassen, ich zu sein. Ich verabscheute so gut wie alles an meinem Leben. Ich hatte mein erstes Rad längst gegen ein Zehngang-Cannondale eingetauscht. Dieses Fahrrad hasste ich so sehr, wie ich mein altes geliebt hatte. Es war nicht so sehr das Fahrrad, das ich hasste, sondern vielmehr die Erfahrung, damit im Stadtverkehr zu fahren. Ich brachte es auf 25, was durchaus eine Leistung war, besonders in New York City, wo man täglich von gelben Taxis oder MTA-Bussen beinahe ins Jenseits befördert wurde. Auf zwei Rädern durch New York zu fahren ist eine schwierige Angelegenheit. Noch schwieriger auf dem Weg ins Büro, weil ich meine Höchstgeschwindigkeit niedrig halten musste, um meine Arbeitsklamotten nicht durchzuschwitzen.

Mit einem Einkommen, das der Gehaltsklasse von immigrierten Farmarbeitern entsprach, radelte ich nicht aus dem noblen Impuls heraus, die Welt vor der Klimakatastrophe zu bewahren, oder weil ich so gerne draußen war, sondern weil eine Taxifahrt zur Arbeit ungefähr so erschwinglich war wie ein Urlaub in Europa und weil es mit Bus und Bahn einfach zu lange dauerte. Als ich klein war, war Radfahren einfach nur Herumrasen ohne Ziel, um zu irgendjemandem nach Hause oder zum Kiosk zwei Blocks weiter zu kommen, um Süßigkeiten zu kaufen. Jetzt, wo es mich zu meinem Job bei Splash Direct Media bringen sollte – der mittelgroßen Werbeagentur, auf die ich all meine Hoffnungen setzte, was ungefähr so bezahlt wurde, wie das Toilettenreinigen im Grand Central –, ging es mir nur tierisch auf den Sack.

Ich radelte also, wenn das Wetter es erlaubte. Und wich aus. Mein letztes persönliches Lieblingsärgernis waren die Linksfahrer – die Leute, die an mir vorbeifuhren, während ich versuchte schweißfrei zu bleiben, und im Vorbeisausen »von links« schrien und mich wütend anschauten.

Theoretisch erwarteten sie von mir keine Antwort, wenn sie vorbeirasten. Sie sagten mir, dass sie vorbeifuhren, und ich sollte mir darüber im Klaren sein. Mich langweilte das langsam, sodass ich, nachdem sie »von links« gebrüllt hatten, gelegentlich »von rechts« antwortete. Und wenn ich so richtig widerspenstig war, schrie ich nur zum Spaß etwas völlig Unlogisches zurück. »Folge deinen Träumen!«, sagte ich eines Tages zu einem schnittigen, in Elasthan gekleideten Radfahrer, der – ich hätte schwören können – Lance Armstrong war. Zwei Blocks später verschwand er in einem Müllwagen, während er sich mit einer neu entdeckten Angst immer noch nach mir umschaute.

Aber das Schlimmste am Radfahren war, mit einem Matsch-Milchshake übergossen zu werden, was ungefähr einmal im Monat passierte. Eine Yuppie-Prinzessin saß in ihrem Hummer, zog ihren Lippenstift nach, bellte in ihr Handy und hätte mich beinahe umgenietet. Immerhin gelang es ihr, mich mit schlammigem Wasser zu durchnässen, meistens, wenn ich nur noch ein oder zwei Blocks von meinem Job entfernt war. Normalerweise radelte ich einfach weiter, mit einem dunklen Spritzring von den Waden abwärts, egal ob ich Hosen trug oder einen Rock mit einer Radlerhose drunter. Weiter oben bedeckten dunkle Schmutzflecken meine Schenkel und manchmal auch meine Bluse und meine Ärmel.

Ich sage »schlammiges Wasser«, denn überall außerhalb von New York wäre es das. Die Wahrheit aber ist, dass das Wasser, das sich in den Straßen von New York ansammelt, eine giftig grüne, fluoreszierende Brühe ist, so ekelhaft, dass man sich wünscht, es wäre guter alter Schlamm.

Solche Tage gab es häufiger, als mir lieb war. So häufig, dass ich glaubte, Gott würde mir einen bösen Streich spielen, in dem all diese zufälligen Extras meines Lebens mit enthalten waren. Als ob Gott an einem Tag, an dem er erkältet war, von einem Assistenten meinen Zeitplan bekommen hätte und jetzt jeden dritten Montag als Matschtag interpretierte.

Wenn das passierte, hatte ich in der Regel keine Zeit, nach Hause zu fahren und mich umzuziehen. Und wenn ich durch die Hallen zu meinem Büro stapfte, bekam ich neugierige Blicke von meinen Kollegen und dem höheren Management zugeworfen, die sich wunderten, was mit mir los war und warum ich zur Arbeit kam und wie Jackson Pollock aussah.

Und natürlich musste ich an einem der Tage, an denen ich vollgespritzt worden war, unausweichlich Mr Billingsly, dem Leiter der Agentur, in die Arme laufen.

Ich sah ihn schon von weitem kommen und versuchte den Kopf unten zu halten, damit er mich nicht erkannte, aber, wie das Schicksal es wollte, liefen wir genau aufeinander zu, sodass er mich sehen musste. Es ist schon komisch, denn meistens fühlte ich mich im Job völlig unsichtbar, und das einzige Mal, wo ich es wirklich sein wollte, hatte ich das Gefühl, in Neon gekleidet zu sein. Billingsly war total einschüchternd, aber das fiel einem auf den ersten Blick nicht auf, denn er ähnelte einem überfütterten Grundschuldirektor, der sich zu Weihnachten als Santa Claus verkleiden könnte – weißes Haar, rotes Gesicht, fett, Grübchen. Aber in dem Moment, in dem er den Mund aufmachte, bröckelte die Fassade: Seine vernichtenden Kommentare hätten Rudolphs Nase eher schrumpfen und abfallen lassen, als dass sie den Weg beleuchtet hätte. Glücklicherweise war Billingsly immer in Eile, sodass jede Interaktion normalerweise beendet war, sobald sie begonnen hatte. Aber nicht heute.

»Ist alles in Ordnung, Jordan?«, fragte mich Mr Billingsly.

»Mit mir? Ja! Alles bestens!«, sagte ich, bis ich merkte, dass er darauf anspielte, wie unordentlich ich aussah.

»Oh, Sie meinen das?«, sagte ich und versuchte das Beste daraus zu machen: »Das … ist der letzte Schrei … Gossen-Schick!«

»Lassen Sie es beim nächsten Mal in der Gosse.«

Also versuchte ich es mit einer anderen Taktik: »Ich bin nassgespritzt worden. Vielleicht kann ich das Maskottchen der Firma werden. So eine Art ›Splash‹«, sagte ich, während ich mich nach vorne beugte und eine lustige Geste mit den Händen machte.

Mr Billingsly starrte mich eine Sekunde lang nicht sehr erfreut an, entschied dann, dass diese Konversation es nicht wert war, seine Zeit zu verschwenden, und ging forsch davon. Und ich stand da wie ein schlamm-getränkter Loser.

Der Grund für den unaufhaltsamen Abstieg von Splash Media war folgender: Wir waren absolut unfähig.

Der Job der Kundenbetreuer war es, sich um die Angelegenheiten aller Kunden zu kümmern. Und in einer guten Agentur machten sie im Allgemeinen einen guten Job, indem sie einfach jeden bei Laune hielten. Aber bei uns waren die Kundenbetreuer überwiegend Doofmänner, die herumliefen und ihre Kollegen anpissten und genauso gut für die Kunden statt für Splash hätten arbeiten können. Sie gingen zu den Kreativen und gaben ihnen behutsam Kundenanweisungen wie diese: »Ich bin absolut eurer Meinung, Leute, und ich denke, sie haben eine Macke, aber lasst uns im Moment einfach zustimmen.« Dann nahmen sie das überarbeitete Kreative mit zu den Kunden und präsentierten es genau so: »Ich bin in diesem Punkt exakt Ihrer Meinung, und ich denke, es muss überarbeitet werden, aber die Ideen sind alle drin.« Ekelhaft.

Unsere kreativen Leute waren zum größten Teil Primadonnen, die glaubten, dass alles, was sie auskotzten, Gold wäre. Wenn man ein Wort veränderte oder eine Graphik verkleinerte, fingen sie an zu schreien, als hätte man ihnen das Fläschchen weggenommen. Und meine Feindseligkeit wurde natürlich dadurch verstärkt, dass ich verzweifelt versuchte, einer von ihnen zu werden.

Unsere Herstellungsabteilung bestand aus wohlmeinenden, freundlichen Leuten, die unter der despotischen Fuchtel von Marilyn Mason standen. Sie war Meisterin in einer psychologischen Manipulation, die als aktive Aggression bekannt ist. Der Unterschied zu passiver Aggression besteht darin, dass sie immer versuchte, ihren Weg zu gehen. Das Resultat war, dass unsere Herstellungsabteilung immer in einer Art aggressiver Panik war.

Meine gescheiterte Karriere führte bei mir zu einem sehr schlimmen Fall von schlechter Einstellung, ganz im Gegensatz zu meiner sonst so süßen und biegsamen Veranlagung.

Die Splash-Bosse versuchten unsere Scheißjobs schönzufärben, indem sie einen neuen Titel für uns einführten – Projektmanager. Aber egal welcher Titel, ich wusste, dass wir einfach nur Laufburschen waren. Wir organisierten alle Meetings, verschoben Jobs von einer Abteilung zur anderen, und meiner bescheidenen Meinung nach schmissen wir im Grunde den gesamten Laden.

An den meisten Tagen jonglierte ich mit einer Flut von widersprüchlichen Inputs, ich leitete Hunderte von Anrufen weiter, ich versuchte, mich in einem quälenden Meeting nach dem anderen zu konzentrieren, überprüfte die Anmerkungen der Korrektoren, stritt mit den Kreativen über Deadlines, brachte einen Satz Druckvorlagen zu einem sogenannten ›Kontrollgang‹ und trug dann alles in jede Abteilung zurück. So sehr mich das auch aufregte, es erlaubte mir, in der ganzen Agentur den Finger am Puls der Zeit zu haben, und es war zumindest gut für mein Herz-Kreislauf-System, denn es war kein Geheimnis, dass ich Fitnessstudios nicht besonders mochte.

Ich machte diesen Job, weil ich meinen Fuß in die Tür eines übersättigten Marktes bekommen wollte. Fragen Sie einen Kellner, was er gerne wäre, und ich wette, dass neunzig Prozent mit »Schauspieler« antworten. Fragen Sie einen Spüler, wette ich, dass es ungefähr genauso viele sind, die »Werbetexter« antworten. Ich glaubte, dass mir mein Job im Vertrieb den Zugang zu all den Anzeigenkampagnen ermöglichen würde. Die Art-Direktorin, für die ich mehr als für irgendjemanden sonst arbeitete, war Lydia Bradford – die angesehenste Art-Direktorin in dem ganzen Laden. Aber sie war auch dafür bekannt, »pain in campaign« zu bringen. In meiner Arbeitsplatzbeschreibung stand nichts von Schreiben, Korrekturlesen oder Headlines formulieren, Slogans texten oder Anzeigen entwerfen, aber gelegentlich, wenn mir etwas ausgehändigt wurde, hatte ich eine bessere Idee, die ich leise vorschlug, so als würde ich einen Scherz machen. Fast jedes Mal bahnte sich meine kleine Änderung ihren Weg zu den Setzern – und irgendwann einmal zu den Kampagnen.

Lydia liebte es, meinen kreativen Eifer und meine Bereitschaft zur Ausbeutung zu missbrauchen. Und ich hatte nichts dagegen. Besonders zu der Zeit, als Lydia persönliche Probleme hatte und zwei Wochen lang ziemlich oft abwesend war. Sie war zwar da, aber sie war nicht da. Also entwickelte ich eine Print- und Mailkampagne für einen Online-Konkurrenten von IKEA und machte von Grund auf alles selbst. Der Kunde liebte es. Die Agentur liebte es. Und die Konsumenten liebten es auch. Kleines Detail: Ich habe nichts dafür bekommen, aber das war okay, weil ich glaubte, es wäre nur eine Frage der Zeit, bis Lydia meine Beiträge anerkennen und mich befördern würde.

Ich mochte es nicht, jeden Abend mit meinen Kollegen auszugehen. Mit den meisten von den Leuten würde ich meine Zeit nicht verbringen, wenn ich nicht dafür bezahlt würde.

Die Agentur hat einen After-Work-Drink-Plan entwickelt, für bestimmte Anlässe. Das Problem war nur, dass mit Monster Mondays, mit Terrible Tuesdays, Wicked Wednesdays, Thirsty Thursdays und Fucked-up Fridays jeder Tag ein Anlass war. Um an der After-Work-Plauderei teilzunehmen, musste man nicht nur völlig frei von jeglichen Sozialkontakten, sondern auch ein Alkoholiker sein. Mein Vertriebskollege Kurt war jeden Abend da, spielte das Spiel mit und machte einen auf Arschkriecher. Manchmal ging ich mit, um mit Kurt mithalten zu können, aber es war jedes Mal furchtbar. Ich bin einfach nicht gut in Smalltalk. Ich hasse es.

Ich hasse After-Work-Smalltalk fast genauso, wie ich es hasse, jeden Montagmorgen von jemandem, dem das völlig egal ist, gefragt zu werden »Wie war dein Wochenende?« Im Aufzug. Oder im Küchenbereich, wenn ich gerade meinen dringend benötigten Kaffee holen will. Oder wenn ich gerade hinter Korrektur gelesenen Kopien herrenne, um sie den Kreativen zurückzugeben, da nur sie entscheiden können, ob etwas in der letzten Minute geändert wird. Aber sicher nicht, bevor ich Wie-war-dein-Wochenende-Harry erzähle, wie mein Wochenende war, nur um zu sehen, wie er glasige Augen bekommt, wenn ich ihm antworte oder schlimmer noch, mitten im Satz weggehe.

Ich war berufstätig, und ich nehme an, dass ich dankbar sein sollte. Aber mein Job fühlte sich an wie eine Falle. Jedes Mal, wenn ich versuchte herauszukommen, wurde ich von einem dämlichen Business-School-Trottel oder einem frustrierten Künstler mit schwarzem Armani-Stehkragenpullover zurückgeschlagen oder von einer Hyäne mit purpurroten Lippen und einer Ponyfrisur, die sich aufregt über eine zu weit links neben der Spalte platzierte feine Linie – um dem neuen graphischen Standard von PowerPlace Gym gerecht zu werden. Und jetzt wird der Kunde die ganze verdammte Passform zunichtemachen, und können wir in diesem verdammten Laden noch nicht einmal eine einfache, verdammte graphische Vorlage bekommen?! (Zitatende).

Wenn man mein Leben betrachtete, konnte man sicher sagen, dass ich eigentlich keinen Grund hatte zu meckern. Das ganze Gerede über Identitätsklau ließ mich völlig kalt. Ich hätte meine freiwillig abgegeben.

Mein Schreibtisch war nicht so übersät mit persönlichen Dingen wie bei den meisten Leuten, denn es war ein so offener Raum, dass ich das Gefühl hatte, alles, was ich zeigte, würde eingehend geprüft und beurteilt. Deshalb waren die einzigen dekorativen Dinge ein Poster von David Hasselhoff, das ironisch gemeint war und der Erheiterung dienen sollte, und ein Bild von Johnny Cash mit erhobenem Stinkefinger, was alle postwochenendlichen Diskussionen oder eigentlich praktisch alle Diskussionen abwehren sollte.

Ich öffnete mein Postfach, das eine Flut von E-Mails von meiner Mom und meinem Dad enthielt. Das war eine permanente Belästigung, die ich mir selbst eingebrockt hatte. Vor einigen Jahren war ich eines Tages – für mich völlig untypisch – beleidigt wegen des unverhohlenen Desinteresses meiner Mutter an meinen Gefühlen, Ansichten etc., und mein lieber Stiefvater kam mit der Lösung daher (die einfach schrecklich war, aber mein kindisches Benehmen war mir so peinlich, dass ich es nicht mehr rückgängig gemacht habe): Sie würden mir eine Kopie jeder einzelnen E-Mail schicken, die sie einander schrieben. Meistens hatten diese Mails nicht das Geringste mit mir zu tun und bewegten sich auf einer Skala von profan über lächerlich bis hin zu »Oh Gott, das geht mich nichts an, warum nur, warum wollt ihr, dass ich das lese?!?«

Zum fünfzigsten Mal entschied ich, dass ich dem einen Riegel vorschieben würde. Ich griff zum Hörer und rief meine Mom an, die mich erst mal in der Leitung hängenließ, während sie in schrecklichem Spanisch ungefähr sechs Minuten lang mit der Haushälterin sprach, die es seit über zehn Jahren in diesem Haus aushielt, wofür es nur eine mögliche Erklärung gab: eine gläubige Katholikin, sie musste scharf auf die Heiligsprechung sein. Als meine Mutter ihre Aufmerksamkeit schließlich wieder dem Telefon schenkte, fragte sie mich, ob Dirk, mein Freund, mit zum Thanksgiving-Dinner kommen würde.

Der Ordnung halber: Ich hätte nie gedacht, dass ich mal mit einem Typen ausgehen würde, der Dirk heißt (oder Kip oder Chet), aber Dirk war auch nicht sein richtiger Name. Er hieß Michael Dirkston, es gab jedoch einige Michaels in seiner Schule, also wurde sein Nachname auf Dirks abgekürzt, dann wurde daraus Dirk, und dabei blieb es. Zuerst war Dirk nicht sehr begeistert von seinem Spitznamen, aber als er herausfand, dass Dirk ein schottisches Wort für ›langer Dolch‹ war, entschied er, dass das passte.

»Nein, Mom«, sagte ich, »das habe ich dir doch schon gesagt. Dirk schafft es an dem Abend nicht. Er ist beschäftigt.«

»Zu beschäftigt für dich?«, fragte sie, und ich konnte durch das Telefon hören, wie sie ihre Augenbrauen hochzog.

»Ja, zu beschäftigt für mich.« Es lohnte sich nicht zu diskutieren.

»Ich verstehe das nicht.«

»Er hat seine eigene Familie, Mom.«

»Für die Männer in meinem Leben hatte ich immer die oberste Priorität.« Jaaa, deshalb hatte ihr erster Ehemann sie verlassen, als ihre Tochter fünf Jahre alt war. »Und Dirk ist ein wunderbarer Kerl, Jordan. Hast du irgendwas falsch gemacht?«

»Nein, ich habe nicht das Geringste falsch gemacht. Es sei denn, mit ihm zusammen zu sein wäre falsch. Er wird zu seiner Familie gehen.«

Es wurde immer davon ausgegangen, dass es mein Fehler war, wenn etwas nicht genau nach Plan verlief. Außerdem kroch Dirk meiner Mutter in den Arsch und schmeichelte ihrem Ego jedes Mal, indem er von ihr als meiner Schwester sprach. Und er war Anwalt – er passte perfekt in den Rechtsanwalt/Doktor-Traum einer jeden Mutter für ihre Tochter –, also konnte er gar nichts falsch machen.

Meine Mutter ist knapp 1,60 groß und wiegt ungefähr 50 Kilo. Sie ist die pure körperliche Perfektion. Ich bin 1,74 und das, was man normal nennen würde. Meine Mutter liebt es, mich darauf aufmerksam zu machen, dass sie sehr schmale Knochen hat, und so ist es auch bei ihrer Kopie, meiner Schwester Samantha. Die zwei tragen dieselben Klamotten, die ich mir nicht einmal anhalten würde, ohne Angst zu haben, dass die Nähte platzen. Keine von beiden versteht, wie ich so breite Knochen bekommen konnte. Und sie werden nicht müde, mir das immer wieder um die Ohren zu hauen.

Ich war nicht wirklich unglücklich darüber, dass Dirk unser Familientreffen ausließ. Vorletztes Thanksgiving haben Sally und ihr dritter Ehemann mit dem Tranchiermesser Fechten gespielt, und bei einer geschickten Drehung hat Stewart versehentlich Walter in den rechten Unterarm gestochen. Walter scherzte, locker, wie er war, dass so lange kein Thanksgiving wäre, bis nicht einer niedergestochen wird. Beim letzten Thanksgiving war meine Mutter dank der Fülle von Neuigkeiten über den Nutzen für die Gesundheit auf einem fanatischen (sprich: psychotischen) Nuss-Trip und bestand darauf, dass jede Mahlzeit Nüsse enthalten müsse. Grüne Bohnen mit Mandeln? Gut. Süßkartoffeln mit gerösteten Walnüssen. Phantastisch. Pecan-Nusskuchen? Sicher. Aber Cashewnüsse in der Bratensoße? Einfach. Klar. Falsch. Und dann war da das Thanksgiving, als mein Cousin Jeff ein paar Sam Adamses zu viel getrunken hatte. Wir schauten uns die Cowboys an, während wir auf das Essen warteten. Gerade als der Aufstrich ausgelegt wurde, übergab sich Jeff genau neben der Füllung, und die optische Ähnlichkeit hat mir die Lust auf Füllung für immer genommen. Nein, ich konnte nicht behaupten, dass ich etwas dagegen hätte, dass Dirk sich ausklinken würde.

Ich war gerade dabei, das Thema zu wechseln, als Lydia vorbeikam. Lydia sah am ehesten aus wie ein Ara: ein richtig eckiges Gesicht, das immer hellrot war, weil sie zu viel Retin-A benutzte. Sie sah aus, als würde sie jeden Morgen vor der Arbeit zum Hautarzt gehen, um ein chemisches Peeling machen zu lassen. Sie hatte eine spitze Nase und winzige perlenartige Augen. Ihr rotgefärbtes Haar war normalerweise lockig, aber sie föhnte sich fast jeden Tag die Haare glatt. An ihrer Stelle hätte ich die natürlichen Locken gelassen, es hätte sie sicher ein bisschen weicher gemacht, aber sie bestand darauf, es aussehen zu lassen, als wäre sie elektrisch hingerichtet worden.

»Jordan, würdest du bitte die privaten Telefonate so lange einstellen, bis du das KidCo-Dilemma gelöst hast«, sagte Lydia in ihrer angespannten, gekünstelt wohlwollenden Art, als hätte ich den ganzen Vormittag am Telefon verbracht. Ich meine, ich habe telefoniert, aber es waren nur fünf Minuten heute Morgen, und mein Kaffee hatte noch nicht einmal gewirkt.

»Mom, ich muss aufhören«, sagte ich und legte auf.

Art, der Typ von der Post, begrüßte mich mit Highfive, als er vorbeiging, ohne Augenkontakt mit mir aufzunehmen und ohne mit der Wimper zu zucken. Das war unser Insiderding, das unauffällige Highfive. Art und ich hatten die ideale freundschaftliche Beziehung. Wir hatten mehr als ein Nicken füreinander übrig und weniger als die Bullshit-Höflichkeiten wie bei den meisten Bekanntschaften. Ich würde bemerken, wenn er weg wäre, aber ich würde es nicht für nötig halten, ihn anzurufen, um herauszufinden, warum. Außerdem hatte ich seine Telefonnummer gar nicht. Es war die perfekte Bürobeziehung.

Ich öffnete das KidCo-Dokument in meinem Postfach und verstand, warum Lydia in heller Aufregung war. Ihre Ideen waren zum Kotzen. Vielleicht war »zum Kotzen« zu hart, aber genial waren sie nicht. Das war sicher nicht die Art von Ideen, die sie dorthin gebracht haben, wo sie heute ist.

Bevor ich mich darauf konzentrieren konnte, wie ich ihr helfen könnte, hörte ich das Pling meines Postfachs. Ich öffnete es und fand eine E-Mail von meinem Vater an meine Mutter, die an mich weitergeleitet worden war.

Von: [email protected]

An: [email protected]

 

Betreff: Hühnchen heute Abend … oder ist das zu viel Geflügel?

 

Patoots – Hähnchen heute Abend, oder ist das zu früh, wo wir Mittwochabend erst Hähnchen hatten? Ich muss auch wissen, ob du mit dicken Bohnen einverstanden bist, dann bringe ich welche mit, als feine Beilage.

Ich fragte mich, wie zwei Menschen fünfundzwanzig Jahre verheiratet sein können, ohne zu wissen, ob der Partner dicke Bohnen mag. Und ich wunderte mich mal wieder darüber, dass mein Stiefvater meinte, er müsste mir davon eine Kopie schicken.

Während ich nach der Arbeit nach Hause radelte, wurde ich wieder einige Male geschnitten und schrie einen bärtigen Taxifahrer an, der gerade mit seinem Handy telefonierte.

»Pass auf, Motherfuck!«, schrie er, nachdem er mich von der Straße vertrieben hatte.

»Er! Motherfuck-er!«, korrigierte ich.

»Motherfuck dich selbst!«, antwortete er. Gott schütze New York.

 

Vor den Stufen meines Hauses stieg ich vom Fahrrad ab und bereitete mich gerade darauf vor, es hinaufzubefördern, als ich die freundliche Obdachlose aus der Nachbarschaft sah.

Sie kam auf mich zu und warf mir einen ernsten Seitenblick zu. In ihrer Stimme lag eine Spur von Verzweiflung: »Oh, mama, I’m in fear for my life from the long arm of the law …«

Nachdem ich mich zu beiden Seiten umgeschaut hatte, griff ich das Stichwort auf und schaute sie an. »Hangman is coming down from the gallows and I don’t have very long«, antwortete ich, und sie nickte ihr charakteristisches langhalsiges Nicken und ging ihres Weges. Sie und ich tauschten Songtexte aus, seit ich in diesem Appartement wohnte. Das meiste von dem Zeug, das sie von sich gab, würde einen zu Tode erschrecken, wenn man nicht wüsste, dass es Liedzitate sind. Einmal sah ich, wie sie sich einem Mann mit einem langen Mantel näherte und ihn praktisch mit »Borderline … feels like I’m loosing my mind« zu Tränen rührte.

Nachdem ich mein Appartementhaus betreten hatte, kam ich zur selben Zeit am Aufzug an wie der gruselige Typ mit dem Bürstenhaarschnitt, der drei Stockwerke unter mir wohnte. Er war einer von den beschränkten, extrem muskelbepackten Typen, die immer Radlerhosen und eine Auswahl an Work-out-Gymnastik-Shirts trugen. Er grinste breit und drückte mehrfach den Knopf für unsere Etage. Das ist kein Mann, der mich jemals reizen würde. Ich muss das klarstellen, bevor ich erkläre, dass er den größten Penis hatte, den ich je gesehen habe, vergrößert noch, egal bei welchem Wetter, durch seine schwarzen Radlerhosen. Er präsentierte ihn stolz, damit die ganze Welt ihn sehen konnte, auffallend und deplatziert wie das Washington Monument, und es war jedes Mal eine Herausforderung, nicht hinzusehen. Ich lebte mit ihm jetzt seit vier Jahren (was vier frostige Winter in New York beinhaltete) im selben Gebäude, und ich hatte ihn noch nie in etwas anderem gesehen als in diesen Shorts.

»Hi Jordan.« Er zeigte seine Zähne.

Meinen Namen hatte ich ihm nie gesagt, aber er benutzte ihn seit drei Jahren.

»Hi«, antwortete ich und war froh, dass ich seinen nicht wusste.

»Wann wirst du mit mir zu dieser Straßen-Ka-ra-tay-Stunde gehen?«

»Oh … ich weiß nicht«, sagte ich höflich und meinte niemals.

»New York ist ein gefährliches Pflaster«, sagte er, als die Fahrstuhltür aufging, und zeigte mir seinen Riesenpenis. »Du kannst jederzeit zu 5B rüberkommen, dann kann ich dir ein paar Schritte zeigen.«

»Ha, ha«, erwiderte ich, was heißen sollte, dass ich an ihm oder seinem Penis oder an irgendwelchen Bewegungen zu irgendeiner Zeit in irgendeinem Appartement in diesem Leben nicht interessiert war.

Ich tauchte in meinem Appartement unter und begann die Post durchzugehen. Nichts Gutes. Eine Rechnung von der Citibank. Überfällig. Meine Mietrechnung. Auch überfällig. Ein Haushaltswaren-Katalog. Ein Angebot von Capital One, das mich teuflisch in Versuchung führte, Fonds von meinen anderen überfälligen Kreditkarten zu transferieren. Ein Umschlag mit Rabatt-Coupons. Eine Aufforderung von einem Kabel-TV-Anbieter, von meinem jetzigen zu wechseln, dessen Rechnung, wäre sie zwischen den heutigen gewesen, auch überfällig gewesen wäre. Und eine handschriftliche Nachricht von meinem Vermieter: ›Ich habe für letzten Monat noch keine Mietzahlung von Ihnen bekommen. Diese Form der Verspätung lässt mir keine andere Wahl. Bitte überweisen Sie unverzüglichst mit aller gebotenen Eile.‹

Schlimmer als die Mahnung an sich war der aufgeblasene förmliche Ton der Nachricht. »Unverzüglichst?« Offensichtlich hatte er das Schreiben aus einem schlechten Handbuch für schlechte Vermieter kopiert, aber die Bedeutung war klar: Verbessern Sie meinen Cashflow oder Sie sind draußen. Die erste obdachlose Landau. Bald würde ich draußen sein und mit meiner Freundin ohne festen Wohnsitz ganztags Liedtexte zitieren.

Ich dachte darüber nach, einen Indie-Film über mich zu machen. Ich würde ihn Mieses Leben nennen: ein Film über eine Frau, die glaubt, es wäre besser, wenn sie nicht auf die Welt gekommen wäre. Und nachdem sie einen Tag mit ihrem Schutzengel verbracht hat, ist auch der davon überzeugt.

3.Betrachte ihn als geküsst

Ich war fast zwei Jahre lang mit Dirk zusammen. Wir befanden uns in so einer Art Warteschleife: Wir waren nicht glücklich, aber wir hassten uns auch nicht gerade. Die Sache fing zwei Jahre nach dem College an, und auch wenn es in den letzten Monaten nicht so gut lief, überwog immer noch das Positive vom Anfang.

Wir begegneten uns zum ersten Mal im Slate, einer Sportbar im Zentrum, als es dort ein großes Notre-Dame-Spiel gab.

Dirk arbeitete bei Stanton, Seal, Shafer & Long LLP, wo er sich mit Gesellschaftsrecht befasste – Kauf und Verkauf, Unternehmenstransaktionen, aber hauptsächlich war er für Fusionen und Übernahmen verantwortlich. Normalerweise dauerte es acht Jahre, bis man Partner wurde, aber Dirk schien sich auf der Überholspur zu befinden und versuchte MIT ALLEN MITTELN Partner zu werden. Er musste mindestens 250 Stunden im Jahr in Rechnung stellen, was so viel hieß wie 10 bis 12 Stunden Arbeit am Tag, manchmal auch an den Wochenenden.

Dirk war ernorm stolz darauf, dass er einen Haufen von Stunden arbeitete und es trotzdem auf die Reihe kriegte, auf einen Drink auszugehen, sogar öfter, als wir es in der Werbung schafften. Ich hätte geschworen, niemals mit einem Typen auszugehen, der Sachen sagt wie »Ich liebe es, hart zu arbeiten und hart zu spielen«, aber ich legte das zu seinen Gunsten aus.

Ich war mit einer Freundin unterwegs. Wir befanden uns in der Nach-Männern-gucken-wo-Männer-sind-Phase. Sie hatte entschieden, dass Männer nicht in Supermarktgängen und Buchläden zu finden waren, wie jeder glaubte, und dass wir in Sportbars, am Wochenende in Steakhäusern und jede Nacht, in der wir den Nerv darauf hatten, in Strip-Clubs auftauchen mussten. Steakhäuser schienen mir keine gute Idee zu sein. Sicher, wahrscheinlich befanden sich dort Horden von Männern, die gerade beim Dinner waren, aber – sie würden auch Dinner haben. Ich meine, wäre es nicht ein wenig unheimlich, um den Tisch herumzuschleichen wie Hunde, die einen Knochen suchen?

Und Strip-Clubs … Mir gefiel die Idee nicht so recht. Außerdem würde es die falsche Message rüberbringen. Es war nicht so, dass ich regelmäßig in solche Läden ging, und ich wollte auch nicht, dass ein potenzieller Lover den Eindruck hatte, es wäre so. Oder dass es für ihn okay wäre, dort zu landen, wenn wir anfangen würden, zusammen auszugehen. Das wäre die falsche Art von Werbung. Schlimm genug, dass ich einen Wonderbra trug. Strip-Clubs fielen also raus, blieben die Sportbars.

Ich entdeckte Dirk zuerst, als ich eine Runde Billard spielte; es traf sich, dass ich ein außergewöhnlich gutes Spiel machte. Er war groß und gut gebaut, braune Haare, große Augen, um die herum sich Fältchen bildeten, wenn er lachte. Er sah aus wie ein junger George Clooney. Tierisch hübsch. Total vertrauenerweckend. Der Typ von Mann, nach dem sich jedes Mädchen umdrehte.

Ich bemerkte, dass Dirk mich beobachtete, und versuchte extra-cool zu schauen, als ich meinen nächsten Stoß machte. Natürlich setzte ich den daneben, und im selben Augenblick kam Dirk rüber und stellte sich vor. Und da hätte es mir auffallen müssen – er suchte seine Opfer unter den Schwachen. Er hatte dieses jungenhafte Aussehen und mehr Charme als Bill Clinton an Orientierungstagen für Praktikanten. Also verliebte ich mich in ihn.

Dirk und ich hatten gerade das Post-College-Schock-Syndrom – er von der Columbia Law School und ich von der NYU-Klasse – und wir halfen uns da gegenseitig raus. Für manche Leute war die Uni wie ein vierjähriger Run (sieben in seinem Fall) auf unverantwortlichen Sex und Rauschzustände – so als würde man dafür bezahlt, Bettgenossen zu jagen und sich über nichts sonst Gedanken zu machen. Dann kam die trockene Phase nach dem College, die Wo-ist-all-der-kostenlose-Sex-hin-Periode. Gekrönt durch die Tatsache, dass man sich seinen Job nicht so frei einteilen konnte wie seine Unikurse. Man musste vor elf anfangen und sogar freitags arbeiten. Das wahre Leben war die reinste Enttäuschung.

Wir gingen miteinander. Ein Grund, nur mit Dirk zusammen zu sein, war, dass ich es zu hart fand, mich zur selben Zeit auf mehrere Männer zu konzentrieren. Für Dirk war es, denke ich, die Erkenntnis, dass man, wenn man mit mehreren Frauen ausgeht, für eine Menge Abendessen bezahlen muss, aber dadurch nicht automatisch auch Sex bekommt. Wenn man jedoch mit genau einer Frau ausgeht, wird man definitiv Sex haben, und möglicherweise teilt man sich sogar die Rechnungen. Dirk war alles andere als unpraktisch veranlagt. Das war nicht unbedingt das, was man eine romantische Annäherung nennen würde, aber so war es eben.

Zuerst stand er der ganzen Beziehungsgeschichte skeptisch gegenüber, aber nach ungefähr drei Wochen änderte sich etwas. Es war in der Vorweihnachtszeit, und am Rockefeller Center wurde gerade der Baum geschmückt. Wir lebten beide in New York und hatten natürlich den riesigen beleuchteten Baum in der Vergangenheit schon mehrfach gesehen, aber keiner von uns beiden war jemals dabei, als das alles installiert wurde, und so dachten wir, es wäre ganz lustig, sich das mal anzusehen. Es war immer ein großes Event, mit Tausenden von Leuten, die sich in die umliegenden Blocks zwängten, um Popstars zu sehen, die Weihnachtslieder sangen, und dabei zu sein, wenn der Baum das erste Mal erstrahlte.

Es wurde darüber schon die ganze Woche im Voraus im Fernsehen und im Radio berichtet, und wir wussten, dass es chaotisch werden würde, so beschlossen wir, früh hinzugehen.

Es war bei weitem der kälteste Tag in New York, und aus irgendeinem verrückten Grund entschieden wir uns, zu Fuß dorthin zu gehen. Von meinem Büro aus war es nicht sehr weit, aber kalt wie es war, froren wir trotzdem. Wir plauderten und lachten, und der kalte Spaziergang fühlte sich nach einer Weile ziemlich warm und lustig an. Als wir uns dem Rockefeller Center näherten, machten wir uns Sorgen, dass wir vielleicht keinen guten Platz bekämen, und rannten die letzten paar Blocks.

Als wir dort ankamen, war es erstaunlich ruhig. Es standen ein paar Schilder herum, die den Leuten sagten, wo sie langgehen sollten, aber es waren keine Leute da. Wir überquerten die Straße bei Saks Fifth Avenue und gingen direkt in das Rockefeller Center hinein. Leer, bis auf einige Eisläufer auf der Eisbahn. Der Baum war da, aber er war nicht beleuchtet.

Dann sahen wir das Schild, auf dem der Dienstag als Beleuchtungstag angekündigt wurde. Heute war Montag. Wir waren früh. Vierundzwanzig Stunden und zwölf Minuten zu früh. Wir schauten uns an und brachen vor Lachen in Tränen aus. Vielleicht kam es durch die Kälte, dass wir echt hysterisch waren. Er küsste mich neben dem unbeleuchteten Baum, und ich hätte schwören können, dass die Lichter für eine ganz kleine Sekunde lang eingeschaltet waren. Wir hatten einen Riesenspaß miteinander, hielten auf unserem Spaziergang Händchen, und waren uns einig, dass wir es total versaut hatten, es aber so viel mehr Spaß machte, als sich durch Menschenmassen hindurchzukämpfen. Wir freuten uns so sehr darüber, es falsch gemacht zu haben, dass wir entschieden, es gar nicht richtig machen zu wollen.

Von diesem Moment an veränderte sich zwischen Dirk und mir alles. Und zuerst sogar zum Guten.

Auf einmal fing er an, mich zu seinen Büroveranstaltungen einzuladen. Ich wurde allen Partnern vorgestellt, und sie nahmen mich schnell in ihre feingestrickte Familie auf – und hatten keine Hemmungen anzunehmen, dass Dirk und ich unsere eigene gründen würden. Egal, wie viel er zu tun hatte, er rief mich jeden Tag an, nur um meine Stimme zu hören. (Später rief er an, »nur um meine Stimme zu hören«, wollte aber eigentlich nur sichergehen, dass ich zu Hause war und ihn nicht bei den Dingen erwischte, die er sonst wo noch so trieb.)

In diesen ersten paar Monaten fühlte ich mich wie die glücklichste Frau auf der ganzen Welt. Wir gingen durch die Straßen, er hielt meine Hand, und ich fühlte mich irgendwie cool, ein Gefühl, das ich selten hatte. Wir kochten zusammen. Also eigentlich kochte ich für ihn, aber er hielt sich währenddessen bei mir auf und spielte den olympischen Kampfrichter.

»Jetzt schlägt Jordan ein Ei auf«, kommentierte er, »schauen wir, ob sie es schafft, den Schale-in-Eigelb-Schnitzer zu vermeiden, der in dieser Disziplin so häufig vorkommt. Der Schwierigkeitsgrad ist ungefähr sieben, aber Jordan scheint in diesem Wettkampf sehr geschickt zu sein.« Manchmal hielt er sogar ein Schild mit einer Wertung hoch. Ich protestierte, wenn ich eine niedrigere Wertung bekam, als ich verdient hatte, aber normalerweise war er ziemlich fair.

Nach den ersten Dates wurde unser Sexleben ziemlich heiß. Er hatte einige Jahre Vorsprung und war wesentlich erfahrener als ich – und er half mir dabei, zu zeigen, was in mir steckte. Ich glaube, ich hatte noch nie oben gelegen, bevor ich ihn getroffen hatte. Wirklich, ich hielt mich für die langweiligste Nummer auf dem ganzen Planeten. Aber niemand hatte sich jemals beschwert, also wusste ich es nicht besser. Die meisten Typen waren einfach froh, flachgelegt zu werden, Punkt. Aber Dirk zeigte mir eine völlig neue Welt, und dafür war ich ihm ewig dankbar.

Der Punkt ist, dass wir zusammenschmolzen. Unsere ersten sechs Monate waren so romantisch, dass er jedes Mal, wenn er eine Stunde zu spät war, versuchte, mir Frühstück im Bett zu servieren. Die Rühreier waren gnadenlos verbrannt, lagen aber trotzdem auf dem Tablett mit einer Rose und einem selbstgemachten Gutschein für »ein köstliches, nicht angebranntes Frühstück in unserem Lieblingsrestaurant«. Und für jedes Mal, wenn er überhaupt nicht auftauchte, schneite er kurz darauf uneingeladen bei mir herein, weil er es nicht erwarten konnte, mich zu sehen. Diese Bindung war so stark, dass sie mich später durch die harten Zeiten trug, in der Hoffnung, wir würden zueinander zurückfinden. Ich versuchte ständig, die Romantik in unserer Beziehung wiederzubeleben. Meistens versagte ich kläglich.

So, da waren wir … zwei Jahre später, und die Dinge hatten sich ganz klar geändert. Dirks Appartement sah immer noch wie ein Verbindungshaus aus, und es roch auch so. Er teilte sich ein Einzimmer-Appartement mit Jim Murphy, einem Verbindungskumpel, den er irgendwie nicht loswurde, also hatten wir diesen Ort selten für uns alleine. Nicht, dass ich unbedingt so viel Zeit dort verbringen wollte, überall leere Bierflaschen, Elchgeweihe, die er bei einer Pokerpartie gewonnen hatte, und ein Farah-Fawcett-Poster aus den Siebzigern, auf dem man ihre Nippel sehen konnte.

Wenn er ein paar Bier getrunken hatte, zeigte er mir ab und zu die Nippel, so als würde ich sie das erste Mal sehen. Ich wusste nie, ob er jetzt von mir erwartete, dass ich in eifersüchtiger Konkurrenz mein Shirt hochzog oder so was, deshalb nickte ich normalerweise nur: Ja, es sind in der Tat Farah Fawcetts Nippel.

Wir hatten geplant, einen Abend alleine zu verbringen, und ich brachte Kerzen mit zu Dirk, um etwas zur Atmosphäre beizutragen. Es war einer meiner letzten Versuche, ein bisschen Leben in unsere Beziehung zu bringen. Ich kochte uns ein romantisches Dinner und – Gott weiß warum – brachte sogar Blumen mit, um die Stimmung perfekt zu machen. Ich verteilte die Blumen auf dem Tisch, nahm die Kerzen heraus und stellte sie zwischen unsere zwei Gedecke. Im Radio lief »Love me tender«. Dirk begann mitzusingen, wobei er einen sehr schlechten Elvis abgab.

»Ich liebe diesen Song«, sagte ich. »Zumindest bis jetzt.«

»Ich werde dich ›zärtlich lieben‹«, sagte er. »Ich werde dich so zärtlich lieben, dass du nicht in der Lage sein wirst, mit dem Fahrrad nach Hause zu radeln.« Und dann gab er mir einen Klaps auf den Hintern und ging aus dem Zimmer, der Charmeur.

Als ich die Kerzen anmachen wollte, verbrannte ich mir einen Finger am Streichholz.

»Au!«, schrie ich, aber Dirk wandte noch nicht einmal seinen Blick vom Fernseher ab. Ich zog eine Grimasse und versuchte es nochmal, diesmal lauter. »Aua!« Immer noch nichts. »Ich habe mir gerade den Finger verbrannt«, sagte ich. »Ich möchte, dass du ihn küsst, damit es besser wird.«

»Betrachte ihn als geküsst«, sagte er, ohne aufzuschauen.

Was war das? Ich hätte darüber wahnsinnig werden können. Ich hätte wahnsinnig werden sollen. Am liebsten hätte ich gesagt: »Betrachte dich selbst als satt« und hätte meine Gourmetmahlzeit sonst wohin gebracht. Oder: »Betrachte dich als gefickt« und wäre dann mit meiner Gourmet-Vagina einfach verschwunden. Aber ich habe es nicht gesagt. Stattdessen sagte ich: »Mensch, danke«, und ich blieb und kochte weiter, bis ich hörte, wie jemand an die Tür klopfte.

»Erwartest du jemanden?«

»Ja«, sagte er, »Tony und Greg kommen vorbei, um das Spiel anzuschauen … Hab ganz vergessen, es dir zu erzählen. Ich denke, du machst genug für uns alle?«

»Mensch … Dirk?« Ich machte eine Pause, um meine Gedanken zu sortieren, wobei mein linkes Bein ängstlich zitterte. »Ich mag alle Typen, mit denen du arbeitest … besonders Tony und Greg … aber ich dachte, das hier wird unser Abend. Ist Jimmy nicht deshalb heute Abend weggegangen?«, fragte ich, während ich in der Pasta rührte.

»Es ist unser Abend. Jeder Abend ist unser Abend, Baby.«

»Aber ich dachte, wir würden zusammen zu Abend essen, nur wir beide. Wie du gesagt hast. Ich will nicht die nörgelnde Freundin spielen, aber in der letzten Zeit scheinst du nicht wirklich gerne mit mir zusammen zu sein.«

Kaum gesagt, bereute ich es schon wieder. Wenn ich es hasste, mich wie eine nörgelnde Freundin anzuhören, warum habe ich den Satz dann zu Ende gebracht? Und warum habe ich ihn überhaupt angefangen? Ich rührte wütend in der Pasta herum, frustriert über uns beide, und hätte beinahe das Wasser aus dem Topf geschlagen.

»Jordan, ist dir klar, dass ich, bevor ich mit dir zusammen war, mit drei, vier, fünf Frauen gleichzeitig ausgegangen bin? Ich bin mit mehr Leuten auf einmal ausgegangen, als du in deinem ganzen Leben«, sagte er, wobei seine Augen den Bildschirm an diesem Abend zum ersten Mal verließen. »Und du weißt, wie viele Frauen zu uns kommen, wenn wir bei Keen’s Herrenabend haben …«

Er wartete auf irgendeine Art von Zustimmung, aber ich rührte einfach weiter, beunruhigt durch seine Argumentationsweise, also fuhr er fort.

»Und dass ich jetzt nur mit dir zusammen sein will, ist eine wirklich große Sache. Du musst das zu schätzen wissen.«

»Ich schätze es ja …«, sagte ich, während eine salzige Träne in den Topf fiel.

»Gut. Dann machst du also genug für alle?«

»Ja, kein Problem.«

»Cool«, sagte er. »Ich weiß, ich habe gesagt, dass wir heute Abend alleine sind, aber … vergib mir und vergiss es.«

»Vergeben and vergessen« war Dirks Lieblingssatz und mein Motto für unsere Beziehung. Ich habe eine Menge vergeben, aber, um ehrlich zu sein, nicht so viel vergessen. Dirks klägliche Versuche, sich wie ein Freund zu benehmen – oder wie ein Mensch –, waren unmöglich aus meinem Bewusstsein auszulöschen.

Ja, ich war der absolute Loser. Das wusste ich. Ich hätte es nicht zulassen dürfen, dass er mich auf diese Art und Weise behandelt. An diesem Abend sollte es noch schlimmer kommen. Ich verbrachte die folgenden Stunden damit, ihnen beim Fernsehen zuzuschauen und bei ihrem Highfive über jede auch noch so lächerliche Sache, durch die sie sich in diesem speziellen Augenblick verbunden fühlten. Highfives waren wirklich Dirks Ding. Ich versprach mir selbst, dass der nächste Typ, mit dem ich ging, das niemals machen würde. Niemals. Höchstens vielleicht das bewusst ironische Hinterher-Abklatschen.

Nach ungefähr zwei Stunden ging das Bier aus. Ich war schon gelangweilt, also bot ich halbherzig an, zum Laden zu gehen und neues zu holen.

»Danke, Süße«, sagte er und wuschelte mir durchs Haar.

Ich weiß, dass man nichts anbieten sollte, zu dem man keine Lust hat, doch irgendwie bin ich da reingeraten. Im selben Moment hörte ich einen Donner und schaute erwartungsvoll zu Dirk, in der Hoffnung, er würde seine Pläne ändern.

»Oh … vergiss deinen Regenschirm nicht«, sagte er mit einem beinahe unschuldigen Lächeln. Ich war immer wieder geschockt darüber, wie weit er gehen konnte, und dieser Abend bildete keine Ausnahme.

»Lass sie doch nicht bei dem Regen rausgehen, Mann. Jordan, ich gehe«, sagte Tony zuvorkommend.

»Nein, nein. Ich hab’s angeboten«, sagte ich. Irgendwie erwartete ich, Dirk würde einsehen, dass mein Angebot unter anderen Bedingungen entstanden war, und schöpfte Hoffnung.

»Bist du sicher, dass du nichts dagegen hast?«, fragte Tony, wobei er zwischen Dirk und mir hin und her schaute.

»Nein, überhaupt nicht. Ich liebe es, im strömenden Regen rauszugehen«, sagte ich. Das einzige Problem war, dass Sarkasmus bei denjenigen, die an unironischem Highfive teilnahmen, völlig fehl am Platze war.

»Cool, danke«, antwortete einer von ihnen. Das ohrenbetäubende Geräusch des Donners, der im selben Augenblick grollte, machte es unmöglich zu erkennen, wer gesprochen hatte.

Also ging ich einfach und holte Bier.

Auf meinem Weg zum Laden wurde ich völlig durchnässt. Es war einer von diesen Wolkenbrüchen in Manhattan, bei denen der Regen diagonal herunterprasselt, sodass man, egal wie man seinen Regenschirm hält, auf jeden Fall nass wird. Mir war kalt, ich war klitschnass und frustriert und deshalb den Tränen nah, als ich in dem Laden ankam. Ich ging die verschiedenen Biersorten durch, und als ich mich schließlich für eine entschieden hatte, stellte ich fest, dass Dirk günstigerweise vergessen hatte, mir Geld mitzugeben. Noch günstiger war, dass ich auch nicht genug Bargeld dabeihatte und der nächste Geldautomat drei Blocks entfernt war, also ging ich wieder hinaus in den Sturm. Diesmal brach ich in Tränen aus.

Als ich zu Dirk zurückkam, versuchte ich, mich in die Konversation einzuschalten oder wenigstens eine anzufangen, aber sie brachten mich zum Schweigen, also schlief ich auf dem Sessel ein, den Dirk als »Männersessel« bezeichnete. Als ich eine halbe Stunde später aufwachte, waren die beiden gegangen und Dirk war auf die Couch ausgewichen. Ich stand auf und roch die Blumen, die ich mitgebracht hatte. Sie drehten mir den Magen um, deshalb warf ich sie in den Mülleimer. Ich versuchte Dirk gute Nacht zu sagen, aber er wurde nicht wach.

Ich machte mich auf den Weg.

4.Er hat in meinen Kleiderschrank gepinkelt

Sobald ich zu Hause ankam, rief ich Todd an. Treuer Todd. Mein bester Freund und früherer Ehemann im Alter von sieben Jahren. Ich warf meine Tasche hin und zog mein immer noch feuchtes Sweatshirt aus, während ich die Arme über den Kopf warf und über den unglücklichen Abend nachdachte. Nur mit einem BH bekleidet, war ich mit meinen wilden Bewegungen sicher ein seltsamer Anblick für jeden, der in mein Fenster hineinschaute. Ein schrecklicher Gedanke kam mir in den Sinn: Was, wenn der Radlerhosen-Mann von seinem Fenster aus in meins blicken konnte und meine Notlage als Einladung ansah, rüberzukommen, um mich mit seinem Ka-ra-tay zu retten? Ich war so verzweifelt, dass ich Todd bat, sich auf einen Late-Night-Coffee mit mir zu treffen.

Meine Beziehung zu Kaffee war wie keine andere. Genau wie meine Beziehung zu Todd. Beide pushten mich auf, wenn ich down war, halfen mir weiterzumachen, wenn ich mich antriebslos fühlte, und sorgten dafür, dass ich permanent pinkeln musste. Einen Freund zu haben, der einen ständig zum Lachen bringt, hat also auch eine Kehrseite. Todd hat sich prima entwickelt. Er war dünn, aber nicht so klapperdürr. Mehr einer von diesen coolen Dünnen. Er lief in T-Shirts von Bands herum, von denen normale Menschen noch nie etwas gehört hatten, in Jeans und Turnschuhen. Er arbeitete als Graphikdesigner in einer anderen Werbeagentur, und auch wenn seine eine richtige Agentur war, die nicht mit Bekloppten bevölkert war, stimmte er mit ein, wenn ich mich über den Scheiß beschwerte, mit dem ich mich rumschlagen musste.

Als wir überlegten, wo wir uns treffen sollten, bemerkte ich, wie eine große Kakerlake hochdreist an meiner Wand hochkrabbelte. Ich erkannte sie. Ich hatte sie vorher schon gesehen und sie nach einer Schnellstraße hier in New York ›Major Deegan‹ genannt. Major Deegan hielt kurz an, als sie mich sah, und wir starrten uns an. Eine mexikanische Pattsituation mit ›La Cucaracha‹. Ich und die Schabe. Jede von uns forderte ihr rechtmäßiges Territorium ein.

Das war schließlich New York, und jeder weiß, dass ein Appartement für unter 1200 Dollar in New York Kakerlaken enthält. In jedem anderen Teil dieses Landes würde man für 1200 Dollar ein nettes, ordentliches Plätzchen mieten können. In New York bekommt man dafür ein schuhkartongroßes Appartement mit Dutzenden von sechsbeinigen Zimmergenossen, die sich nicht an der Miete beteiligen, sich aber trotzdem die Freiheit herausnehmen, überall ihren Shit zu hinterlassen.

Ich war so auf die Kakerlake fixiert, dass ich gar nicht mehr hörte, wie Todd mit mir sprach. Schließlich wurde der Kakerlake langweilig, und sie setzte ihren Weg die Wand hoch fort. Ich kehrte wieder zu unserer Konversation zurück, während der wir uns darauf einigten, uns bei Cozy’s Soup ’n Burger zu treffen.

»Bis in fünfzehn Minuten«, sagte er. Ich zog ein trockenes Sweatshirt an, stürzte aus der Tür und wusste sehr genau, dass ich mich wesentlich besser fühlen würde, wenn ich mich vor Todd erst einmal ausgeheult hätte. Und Major Deegan würde glücklich sein, die Wohnung für sich alleine zu haben.

Auf meinem Weg zu unserem Treffpunkt kam ich an meiner poetischen Gammlerin vorbei, und sie hielt an, um mich von oben bis unten anzusehen. Dann sagte sie: »Now there is trouble, bussin’ from outer state …«, sie riss den Kopf hoch und schaute mich mit einem Auge an.

»And the D.A. can’t get no relief«, antwortete ich, beide Augen auf sie gerichtet und den Kopf ein wenig geneigt. Sie akzeptierte meine Antwort mit etwas, das aussah wie ein listiges Augenzwinkern, sich aber letztendlich als ein beginnendes Niesen herausstellte. Springsteen. Ich konnte mir das nicht entgehen lassen. Als wir beide in unsere jeweilige Richtung weitergingen, fragte ich mich, ob sie dauernd an mich dachte und versuchte, sich ein Zitat einfallen zu lassen, mit dem sie mich überrumpeln konnte.

Als ich bei Cozy’s, unserem Lieblings-24-Stunden-Imbiss ankam, saß Todd schon an unserem Tisch und hatte uns jedem einen Kaffee und ein Stück Kuchen besorgt. Todd war der perfekte schwule beste Freund, abgesehen davon, dass er nicht schwul war. Tatsächlich hatte er mehr Miezen als irgendein Typ, den ich kannte – all die schürzenjagenden Gesetzes-Kumpel von Dirk eingeschlossen. Es gab etwas an Todd, das einen an Woody Allen erinnerte – allerdings nur was seine Neurosen und seine Brillanz anging, nicht das Aussehen. Er hatte das angesagt-coole Etwas, auf das die Frauen in New York abzufahren schienen.

Todd hasste Dirk.

»Du musst, musst, musst aufhören, dich mit ihm zu treffen«, redete er auf mich ein.

»So schlecht ist er auch wieder nicht.«

»Nein, du hast recht.« Wir beide wussten, dass er recht hatte und dass ich mit Dirk Schluss machen musste und dass ich nicht den Mut dazu hatte.

»Er hat deinen Geburtstag vergessen«, begann er.

»Ich hasse Geburtstage sowieso.«

»Niemand hasst Geburtstage«, sagte er abschätzig. »Leute hassen es, älter zu werden, aber sie lieben Geburtstage.«

»Nein, ich hasse Geburtstage wirklich«, konterte ich standhaft.

Das stimmte. Es begann an meinem sechsten Geburtstag, als ich mir sicher war, mein Dad würde kommen. Auch wenn er gesagt hatte, er sei für eine Weile nicht da, habe ich nicht geglaubt, dass er eine so lange Zeit meinen könnte, und war sicher, er würde an meinem Geburtstag zurück sein. Natürlich tauchte er nicht auf. Und dann war da mein neunter Geburtstag, das Jahr, in dem zum ersten Mal Jungen und Mädchen da waren. Walter hatte eine Hip-Hop-Party geplant, weil Hip-Hop schwer im Kommen war, und er dachte, die Kids würden gerne tanzen. Die Jungen standen auf der einen Seite und die Mädchen auf der anderen, und die einzige Vermischung fand durch einen Softball statt, den Billy Engbert herumschleuderte (womit er nur seinen starken Wurfarm zeigen wollte) und der direkt in meinem Gesicht landete. Und wie könnte ich meinen vierzehnten Geburtstag vergessen, der völlig übergangen wurde, wo ich noch dachte, das wäre sicher ein guter Witz für meine Überraschungsparty – eine Party, die niemals stattfand. Wegen dieser und mehrerer anderer unglücklicher Geburtstagsdebakel mochte ich Geburtstage echt nicht. Todd war dabei, diese Runde zu verlieren, also versuchte er es mit einer anderen Strategie.

»Er hat deine Schwester angebaggert.«

»Er hat nur versucht, meine Familie kennenzulernen.«

»Begrüßt man in deiner Familie neue Leute, indem man ihnen die Zunge in den Hals steckt?«, stichelte er in einer Dezibelzahl, die für einen Ort wie Cozy’s zu hoch war.

»Da war keine Zunge«, verteidigte ich ihn, »und Sam ist ein Flittchen.«

»Gut, dann sind sie beide Arschlöcher. Das macht aus ihm kein kleineres Arschloch.«

»Ich weiß … ich weiß.«

»Willst du, dass ich weitermache?«

»Ich denke schon.« Ich zuckte mit den Schultern.