Warnung aus dem Weißen Haus - Anonymus - E-Book

Warnung aus dem Weißen Haus E-Book

Anonymus

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Beschreibung

Niemand, der bisher über Trump geschrieben hat, war ihm so nah wie Anonymus. Der hochrangige Regierungsmitarbeiter berichtet aus dem innersten Kreis von schockierenden Verfehlungen des US-Präsidenten und erschreckenden Zuständen im Weißen Haus: Donald Trump führt sein Amt herrisch, unkonzentriert, inkompetent, unmoralisch und unberechenbar. Anonymus` Plan, Trump zusammen mit anderen Eingeweihten unter den Regierungsmitarbeitern zu bändigen, ist gescheitert. Es ist offenkundig: Der mächtigste Mann der Welt ist nicht steuerbar.
So bleibt dem Whistleblower nur dieser radikale und gefährliche Schritt: Um seinem Land zu dienen, muss er sich gegen Trump stellen und wird dafür verfolgt. Dieses Buch der Stunde zum US-Wahlkampf ist der dringende Appell, eine zweite Amtszeit unter allen Umständen zu verhindern.

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Seitenzahl: 392

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Inhalt

CoverÜber dieses BuchTitelImpressumWidmungZitatEinleitungDer Zusammenbruch des Stabilen StaatesDer Charakter eines MannesFake ViewsAngriff auf die DemokratieEine Schwäche für starke MännerDie neue Mason-Dixon-LinieApologetenWir, die WählerschaftEpilog

Über dieses Buch

Niemand, der bisher über Trump geschrieben hat, war ihm so nah wie Anonymus. Der hochrangige Regierungsmitarbeiter berichtet aus dem innersten Kreis von schockierenden Verfehlungen des US-Präsidenten und erschreckenden Zuständen im Weißen Haus: Donald Trump führt sein Amt herrisch, unkonzentriert, inkompetent, unmoralisch und unberechenbar. Anonymus’ Plan, Trump zusammen mit anderen Eingeweihten unter den Regierungsmitarbeitern zu bändigen, ist gescheitert. Es ist offenkundig: Der mächtigste Mann der Welt ist nicht steuerbar.

So bleibt dem Whistleblower nur dieser radikale und gefährliche Schritt: Um seinem Land zu dienen, muss er sich gegen Trump stellen und wird dafür verfolgt. Dieses Buch der Stunde zum US-Wahlkampf ist der dringende Appell, eine zweite Amtszeit unter allen Umständen zu verhindern.

ANONYMUS

WARNUNG

aus dem Weißen Haus

Ein hochrangiger Trump-Mitarbeiter packt aus

Übersetzung aus dem Englischen vonAngela Koonen, Dietmar Schmidtund Rainer Schumacher

Vollständige E-Book-Ausgabe

des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Titel der englischen Originalausgabe:

»A Warning«

Für die Originalausgabe:

Copyright © 2019 by Anonymous

This translation published by arrangement with Javelin Group LLC, Washington and Arrowsmith Agency, Hamburg

Für die deutschsprachige Ausgabe:

Copyright © 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Textredaktion: Elisa Valérie Thieme, Düsseldorf

Covergestaltung: Guter Punkt, München

unter Verwendung eines Layouts von Massimo Peter-Bille

Einband-/Umschlagmotiv: © FABRICE COFFRINI/AFP

via Getty Images

eBook-Produktion: hanseatenSatz-bremen, Bremen

ISBN 978-3-7325-9419-1

www.quadriga.de

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Für meine Kinder und die kommende Generation, deren Aufgabe es sein wird, dafür zu sorgen, dass die Fackel der Freiheit weiterbrennt, um sie an ihre Nachfahren weiterzugeben – ganz so, wie es schon so viele Amerikaner vor ihnen getan haben.

Der Charakter ist auf lange Sicht der ausschlaggebende Faktor im Leben eines Individuums genauso wie einer Nation.

Theodore Roosevelt

EINLEITUNG

»Wir hier in Amerika sind in Blut und Geist die Nachfahren von Revolutionären und Rebellen, von Männern und Frauen, die es gewagt haben, sich einer allgemein akzeptierten Doktrin zu widersetzen. Als ihre Erben dürfen wir nie ehrlichen Widerspruch mit treuloser Subversion verwechseln.«

Dwight D. Eisenhower

Die Regierung von Donald J. Trump wird als eine der turbulentesten in die amerikanische Geschichte eingehen. Künftige Historiker werden sowohl über die Unbeständigkeit präsidialer Entscheidungen berichten als auch über die inneren Kämpfe einer Regierung, die mit diesen Entscheidungen irgendwie zurechtkommen musste. Sie werden schreiben, dass Trumps Berater zu dem Schluss gekommen sind, dass er für das Amt ungeeignet ist. Er konnte sich nicht auf das Regieren konzentrieren, und er neigte zu Machtmissbrauch, der von schlecht durchdachten Intrigen zur Abstrafung politischer Rivalen bis hin zur Neigung, grundlegende amerikanische Institutionen zu untergraben, reichte. Sie werden dokumentieren, wie Staatsbeamte über drastische Maßnahmen nachdachten – manche werden diese Gedankenspiele vielleicht sogar »verzweifelt« nennen –, um das amerikanische Volk zu warnen. Während der Watergate-Affäre legten Schlüsselfiguren der Regierung ihre Ämter aus Protest gegen Richard Nixon und seine Handlungen nieder. Die Presse nannte das das »Samstagnacht-Massaker«. Unbekannt ist hingegen, dass es zur Halbzeit von Trumps Präsidentschaft ähnliche Überlegungen gegeben hat. Top-Berater und Kabinettsmitglieder zogen etwas in Betracht, das man ein »Mitternachtsmassaker« hätte nennen können. Sie wollten geschlossen zurücktreten, um die Aufmerksamkeit auf Trumps Fehlverhalten und seine erratische Führung zu lenken. Diese Idee wurde nur aus Angst davor aufgegeben, dass sie eine schlimme Situation nur noch verschlechtern würden. Aber schlimmer ist es auch so geworden. Wie gravierend die Umstände wirklich waren, dämmerte mir an einem späten Abend, als der Verlust eines guten Mannes die wahre Natur eines gestörten enthüllte. Es war der Abend, der mich schlussendlich dazu bewogen hat, dieses Buch zu schreiben.

*

Am 25. August 2018 ist John McCain, einer von Amerikas letzten großen Staatsmännern, in seinem Haus in Arizona gestorben. In den folgenden Tagen betrauerte das Land den Verlust eines amerikanischen Helden. McCain, ein ehemaliger Offizier, wurde nach fünf Jahren in vietnamesischer Kriegsgefangenschaft zu einer öffentlichen Figur. Er war regelmäßig geschlagen und gefoltert worden. Einer seiner Wärter zertrümmerte ihm die rechte Schulter. Sie brachen ihm den linken Arm. Sie brachen ihm die Rippen. In seinem Schmerz dachte John über Selbstmord nach. Für den Rest seines Lebens war er aufgrund dieser Verletzungen nicht mehr in der Lage, seine Arme höher als bis zur Brust zu heben. Doch als seine Wärter ihm anboten, ihn früher zu entlassen, weigerte er sich. Er wollte erst gehen, nachdem alle anderen Amerikaner ebenfalls entlassen waren.

1973 war McCains Leiden schließlich vorbei. Präsident Richard Nixon hieß ihn willkommen, und Ronald Reagan erkannte in ihm einen zukünftigen Führer der Republikaner. McCain begann eine große Karriere, erst als Mitglied des Repräsentantenhauses, dann im Senat und zweimal als Präsidentschaftskandidat. Sein Erbe ist gewaltig. Bei seiner Beisetzung in Washington, D. C., wurde John von beiden Parteien, Regierungsmitgliedern, ausländischen Staatsoberhäuptern und Millionen von Amerikanern an den Fernsehgeräten und Radios geehrt und betrauert.

»In diesem langen und ereignisreichen Leben«, sagte der ehemalige Präsident George W. Bush bei der Trauerfeier, »vereinen sich der Mut und die Größe unseres Landes.« Als der ehemalige Präsident Barack Obama das Podium betrat, würdigte er McCain als »einen Patrioten, der das Beste in Amerika verkörperte.« Er fügte hinzu: »Wenn John von Tugenden wie Pflichterfüllung sprach, dann klang das nicht einfach dahingesagt. Das waren nicht nur Worte für ihn. Es war die Wahrheit, die er gelebt hat und für die er bereit war zu sterben.« Ein zentrales Thema beherrschte die Trauerfeier: John McCain war ein Mann von Charakter, seinen Prinzipien durch und durch verpflichtet und jeden Respekts würdig, auch von jenen, die nicht immer einer Meinung mit ihm waren oder die sich gelegentlich über seine Hartnäckigkeit geärgert haben.

Doch ein Mann teilte diese Meinung nicht. Statt Trauer empfand er Gehässigkeit. Statt Respekt legte er Missgunst an den Tag. Dieser Mann war der amtierende Präsident der Vereinigten Staaten. Es war kein Geheimnis, dass Donald J. Trump John McCain gehasst hat. »Er ist kein Kriegsheld«, hatte Trump 2015 vor einem fassungslosen Publikum in Iowa erklärt. »Ich mag Leute, die sich nicht gefangen nehmen lassen.« Obwohl er im Wahlkampf zunächst McCains Unterstützung hatte, schäumte der damalige Kandidat Trump, als der Senator sie nach dem Access Hollywood Skandal wieder zurückzog, bei dem der Geschäftsmann damit geprahlt hatte, Frauen einfach so in den Intimbereich fassen zu können, und nachdem er sein Amt angetreten hatte, konnte er McCains Kritik einfach nicht ertragen.

Da war es auch keine Überraschung, dass der Präsident wütend über die öffentliche Wertschätzung für den verstorbenen Senator war. Tatsächlich wird er nervös, wann immer er nicht im Rampenlicht steht, vor allem wenn es sich stattdessen auf einen vermeintlichen Rivalen richtet, wenn auch auf einen toten. Die einzige Überraschung war etwas anderes: der Aufwand, den er betrieben hat, um es John heimzuzahlen. Präsident Trump war fest entschlossen, den Respekt der Nation für John McCain auf beispiellose Art zu untergraben.

Nachdem sie am Todestag des Senators kurz gesenkt worden war, wehte die amerikanische Flagge auf dem Weißen Haus am nächsten Morgen wieder hoch am Mast. Mitarbeiter des Weißen Hauses fürchteten, das würde ein schlechtes Signal aussenden, und versuchten, sie wieder einholen zu lassen. Chefberater beschworen Präsident Trump anzuordnen, die Flaggen auf allen öffentlichen Gebäuden auf Halbmast setzen zu lassen. Sie drängten ihn, eine formale Erklärung zum Tod des Senators und dessen Leben abzugeben. Tatsächlich sind diese Gesten Standard für alle Präsidenten, wenn ein weithin respektierter Senator stirbt, und das ungeachtet seiner Parteizugehörigkeit. Sie sind ein Zeichen des Respekts für das Amt und eine Demonstration, dass manche Dinge über Parteigrenzen hinwegreichen. Doch Präsident Trump lehnte jede dieser Bitten ab. Tatsächlich forderte er sogar ausdrücklich, dass die Flaggen auf allen öffentlichen Gebäuden wieder hochgezogen wurden. Die Mitarbeiter des Weißen Hauses waren wie vor den Kopf geschlagen. Viele von uns waren im Laufe der Jahre mit John McCain aneinandergeraten, aber wir respektierten alle, welchen Dienst er für die Nation geleistet hatte, so wie wir allen unseren Respekt zollen, die die amerikanische Flagge in die Schlacht tragen und Leid durch die Hand des Feindes erfahren, ganz zu schweigen von Johns späteren Verdiensten für unser Land.

Schließlich wurde das Patt durchbrochen, doch nicht durch eine Meinungsänderung seitens des Präsidenten, sondern durch öffentlichen Druck. Präsident Trump musste vernichtende Kritik über sich ergehen lassen, weil er McCain keinen Respekt zollte. Intern stieg die Temperatur. Nach verzweifeltem Flehen der Presseabteilung und immer schlechterer Berichterstattung gab der Präsident schließlich nach und erlaubte die Ausarbeitung einer kurzen Erklärung. Auch gestattete er Regierungsvertretern als seine Vertreter an der Trauerfeier teilzunehmen. Die Flaggen, die die meisten Bundesbehörden ohnehin schon auf Halbmast gesetzt hatten, weil sie nicht mehr auf eine präsidiale Anordnung hatten warten wollen, wurden nun überall gesenkt.

*

Weniger als zwei Jahre nach Amtsantritt von Donald J. Trump war diese Episode kaum noch bemerkenswert. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich die Amerikaner bereits an das kleinliche Verhalten des Präsidenten gewöhnt, und die endlosen Kontroversen hatten sie abgestumpft. Vermutlich versuchten die meisten, sich einfach vom Geschehen abzuwenden.

Aber ich konnte das nicht.

Ich hatte genug Zeit damit verbracht, eine sinnlose Demütigung nach der anderen zu beobachten. Doch diese, die sich gegen einen Veteranen und Kriegsgefangenen richtete, war eine zu viel. Was sagte das über unseren Präsidenten aus? Was sagte es über seine Werte, Prinzipien und Motive? Irgendjemand in der Regierung musste etwas sagen, irgendetwas, doch es herrschte Schweigen. Also begann ich am nächsten Morgen, einen Artikel über das Fehlen eines moralischen Kompasses bei Donald Trump zu verfassen und über die Bemühungen einer Gruppe von Regierungsmitarbeitern, das Weiße Haus inmitten all dieses Chaos am Laufen zu halten.

»Ich weiß Bescheid«, schrieb ich über diese Mitarbeiter, »denn ich bin einer von ihnen.«

Noch ein Wort zu »Der Widerstand«

Seit dieser Artikel am 5. September 2018 in der New York Times veröffentlicht worden ist, ist die Trump-Regierung noch instabiler geworden. Eine Konstante gibt es jedoch: Dem Präsidenten fehlt es noch immer an Prinzipien, die ihn leiten und ihm helfen könnten, unsere Nation zu führen. Ihm mangelt es nach wie vor an den grundlegenden Qualitäten, die wir von einem Oberbefehlshaber erwarten sollten.

In dem Artikel habe ich von einem »stillen Widerstand« innerhalb der Trump-Administration gesprochen. Von einem Widerstand, der bis in die höchsten Ämter reicht. Von Leuten, die versuchen, die Auswirkungen seines impulsiven Verhaltens abzumildern. Wir wollten, dass diese Regierung Erfolg hat, und wir haben einige der wichtigsten Teile der Agenda des Präsidenten unterstützt, doch seine Launenhaftigkeit, sowohl öffentlich als auch privat, hat uns zutiefst beunruhigt. Jene, die versuchen, ihn von impulsiven, selbstzerstörerischen Aktionen abzuhalten, sind keine Schattenregierung, kein »Deep State«, habe ich geschrieben, sondern der »Stabile Staat«.

Dieses Modell wurde vom Präsidenten angegriffen, doch die Vorstellung, dass sein Team versucht, ihn vor sich selbst zu schützen, ist seitdem zu einem definierenden Narrativ der Trump-Administration geworden. Tatsächlich war genau das einer der Kernpunkte im Bericht über die Ermittlungen zur russischen Einmischung in den Präsidentschaftswahlkampf 2016 von Sonderermittler Robert Mueller. »Die Versuche des Präsidenten, die Ermittlungen zu beeinflussen, waren größtenteils erfolglos«, schrieb er, »doch das ist vor allem der Tatsache zu verdanken, dass die Personen in seiner Umgebung sich geweigert haben, seine Befehle oder Bitten zu erfüllen.« Das schloss die Forderung des Präsidenten mit ein, dass Don McGahn, der Rechtsberater des Weißen Hauses, den Sonderermittler feuern solle. McGahn lehnte das ab, weil er fürchtete, das könne ein »Samstagnacht-Massaker« auslösen und zu Donald Trumps Amtsenthebung führen. Wahrscheinlich hatte er recht damit.

Präsident Trump sollte nicht schockiert darüber sein, dass umsichtige Referenten und Kabinettsmitglieder ihm seine Präsidentschaft gerettet haben. Meine Kollegen haben das schon öfter getan. Er sollte sich lieber sorgen – wie wir alle –, dass diese vernunftorientierten Profis allmählich verschwinden. Der Präsident fühlt sich von jedem angegriffen, der ihm widerspricht. Er hat viele dieser Mitarbeiter entfernt, von Außenminister Rex Tillerson bis Stabschef John Kelly, einen nach dem anderen. Andere sind diese Scharade schlicht leid geworden und selbst gegangen. Doch mit jedem Weggang und jeder Entlassung eines besonnenen Spitzenmitarbeiters wachsen die Risiken für das Land, und der Präsident ist mehr und mehr von einer schrumpfenden Gruppe von Beratern umgeben, die seinem schädlichen Verhalten Vorschub leisten, indem sie ihm nach dem Mund reden. Die Folgen davon sehen wir bereits jetzt.

Die Hüter dessen, was ich den Stabilen Staat nenne, sind Staatsdiener, die sich unbedachten oder gar tollkühnen Entscheidungen widersetzen. Sie sind jedoch weder Verräter noch Meuterer. Sie beraten den Präsidenten nach bestem Wissen und Gewissen und sprechen im Angesicht der Macht die Wahrheit aus. Sie zögern nicht, Trump herauszufordern, wenn sie glauben, dass er sich irrt. Sie versuchen, ihre Abteilungen im Weißen Haus oder ihre Regierungsbehörden auf eine Art zu managen, die sie trotz des Temperaments des Präsidenten am Laufen hält. Wenn es ihnen nicht gelingt, ihn zu einer Kursänderung zu bewegen, dann arbeiten sie mit dem Präsidenten und anderen in der Regierung zusammen, um die Nachwehen von Entscheidungen zu begrenzen, die schädliche Konsequenzen haben könnten, und das stellt für uns hier in der Trump-Administration ein anhaltendes Dilemma dar.

Mehr und mehr zweifelte ich daran, dass diese Art von Umfeld effektiv sein kann, geschweige denn nachhaltig. Können die Amerikaner wirklich darauf vertrauen, dass eine Kabale von nichtgewählten Regierungsmitarbeitern die Stabilität wahrt? Und wichtiger noch: Sollten sie das überhaupt? Diese Frage ist drängender denn je, denn es besteht durchaus die Chance, dass Donald Trump trotz seiner außergewöhnlichen Fehler und einer drohenden Amtsenthebung durch den Kongress 2020 wiedergewählt wird. Zu dem Zeitpunkt werden die Leitplanken vollends verschwunden sein, und von der Gefahr einer Niederlage befreit wird dieser Präsident sich ermutigt fühlen, seinen schlimmsten Instinkten zu folgen. Diese Wahl wird vielleicht unsere letzte Chance sein, den Mann für seine Taten zur Verantwortung zu ziehen. Doch bevor wir das tun, müssen wir uns die Wurzeln des gegenwärtigen Chaos genauer ansehen, und aus diesem Grund habe ich dieses Buch geschrieben.

Was dieses Buch ist

Die Kritik an der Trump-Administration ist so aufgepeitscht, dass der normale Amerikaner Schwierigkeiten hat, Wahrheit und Fiktion auseinander zu halten. Es gibt eine Grenze dafür, wie viel die Öffentlichkeit aufnehmen kann. Wenn alles eine Krise und ein Skandal ist, dann ist es am Ende wiederum nichts. Die Amerikaner sind die Kakophonie leid. Wir schauen weg, weshalb wir auch nicht mehr im Blick haben, was in der nationalen Debatte wirklich von Bedeutung ist.

Ich will durch all den Lärm dringen. Ich habe mich in der Hoffnung zum Dienst in der Regierung gemeldet, dass Präsident Trump Erfolg haben und dass man sich aus den richtigen Gründen an ihn erinnern wird, auch wenn viele von uns Bedenken hatten, diese Arbeit anzutreten. Zwar kann der Präsident eine Reihe von Erfolgen für sich verbuchen, aber insgesamt betrachtet, ist diese Hoffnung zerschlagen worden, und unsere Befürchtungen haben sich bestätigt. Aufgrund einer toxischen Mischung aus Unmoral und Gleichgültigkeit ist der Präsident weder seinem Amt gerecht geworden noch hat er seine Pflicht erfüllt. Auf den folgenden Seiten werde ich unterstreichen, worüber sich die Amerikaner tatsächlich Sorgen machen sollten, wenn es um Trump und seine Regierung geht. Ich werde die Probleme diagnostizieren und Vorschläge machen, wie es weitergehen kann. Die Meinungen in diesem Text sind meine eigenen, doch es gibt kaum einen Kritikpunkt, den nicht viele andere Regierungsmitarbeiter teilen, egal ob sie noch bei uns oder schon gegangen sind. Die meisten haben nur Angst, sich öffentlich zu äußern.

Dieses Buch ist binnen kurzer Zeit entstanden, inmitten eines chaotischen Sturms von Ereignissen, wie er in Trumps Washington zum Standard geworden ist. Gleichwohl konzentriert es sich auf Aspekte der Präsidentschaft und einen Moment unseres politischen Lebens, die sich auf absehbare Zeit vermutlich nicht ändern werden. Jedes Kapitel rückt einen Aspekt von Trumps Präsidentschaft in den Vordergrund, von dem ich glaube, dass er wichtig für die Öffentlichkeit ist, wenn es darum geht, ob Donald Trump im Jahre 2020 im Amt bestätigt werden soll.

Ein großer Teil dokumentiert das Chaos in der Regierung. Und ja, der Begriff »Chaos« mag mittlerweile ein wenig überbeansprucht sein, aber er trifft den Nagel auf den Kopf. Manche Bücher haben die Atmosphäre im Weißen Haus besser eingefangen als andere. Die meisten sind von Journalisten und anderen Kommentatoren geschrieben worden, die die Zustände nur aus zweiter Hand kennen und sich auf ausgewählte Quellen berufen. Das überlässt es den Lesern, sich zu fragen, wie viel davon wahr ist und was eher Meinungsmache ist, erzeugt von Leuten, die noch eine Rechnung offen haben. Auf diesen Seiten habe ich mein Bestes getan, eine ungeschönte Beurteilung von Donald Trump und seiner Präsidentschaft zu geben, basierend auf meinen eigenen Beobachtungen und Erfahrungen und nicht auf haltlosen Gerüchten. Bestimmte Inhalte in diesem Buch werden bereits existierende Berichte bestätigen oder sie in ein präziseres Licht rücken. Einiges wird neu sein und vieles wird ungesagt in meinem Gedächtnis verweilen, bis die Zeit reif ist – es sei denn, die Debatte dreht sich mehr und mehr um meine Identität; aber dazu komme ich gleich.

Dieser Text ist für eine breite Leserschaft gedacht, nicht nur für jene, die bereits in Opposition zum Präsidenten stehen. Ohne Zweifel werden seine Kritiker, die dieses Buch lesen, sich in ihrer Empörung bestätigt fühlen und sich noch größere Sorgen um die Richtung machen, die Trumps Präsidentschaft eingeschlagen hat. Sie werden den Preis fürchten, den das Land für eine Wiederwahl Trumps bezahlen wird, und damit haben sie auch recht. Widerliche Gestalten in seinem Orbit genießen bereits die Vorstellung von weiteren vier Jahren; aber nicht im Sinne von »Was wir dann alles für das Land tun können«, wie Sie vermutlich hoffen, sondern eher mit dem Gedanken »Jetzt kann uns niemand mehr aufhalten.« Ich teile Ihre Sorge.

Dieser Text ist auch in der Hoffnung geschrieben, dass man ihn Trumps Unterstützern gibt, oder zumindest einem Teil von ihnen. Viele vernünftige Menschen haben für Trump gestimmt, weil sie ihr Land lieben. Sie wollten das Establishment aufrütteln und hatten das Gefühl, dass die Alternative noch viel schlimmer gewesen wäre. Wenn Sie dazugehören: Ich verstehe Sie, denn ich habe genauso empfunden. Ich habe mit Ihnen zusammengearbeitet. Viele von Ihnen sind meine Freunde. Aber ich weiß auch, dass Sie tief in Ihrem Inneren das Gefühl haben, dass mit dieser Präsidentschaft etwas nicht stimmt. Dass Donald Trumps Verhalten nicht mehr tolerierbar ist und oft auch peinlich. Wir haben lange ignoriert, was wir nicht sehen wollten. Wir haben uns Entschuldigungen zurechtgelegt: »Er hat nur einen anderen Stil.« »Er mag ja ein wenig harsch sein, aber er bewegt wenigstens was.« »Die andere Seite ist noch viel schlimmer.« »Die Medien sind gegen ihn.« Ich habe all diese Ansichten geteilt, doch dieses Buch ist auch ein Versuch zu beweisen, warum derlei Entschuldigungen uns ein paar hässlichen, aber notwendigen Wahrheiten gegenüber blind gemacht haben. Ich fordere Sie heraus, Ihre Vorbehalte abzulegen und alles zu lesen.

Zum Thema Anonymität

Lassen Sie mich ein Bild von Amerika zeichnen. Die USA sind ein außergewöhnliches Land, gegründet mit einem klaren Ziel, aber auch voller Konflikte, und jetzt steht es wieder einmal am Scheideweg. Die Bevölkerung ist gespaltener denn je und das bis in die Familien hinein, und die sensationsgierige Medienwelt fördert diese Spaltung nur. Die Rhetorik der Politiker ist immer rauer geworden. Der Kongress funktioniert nicht mehr, und leitende Beamte sind sich so uneins wie nie darüber, wie man dieses Chaos beseitigen kann.

Das ist vielleicht das Amerika, mit dem Sie dieser Tage vertraut sind, aber es ist nicht das, was ich beschreibe. Das war unser Land im Jahre 1787, als eine gewaltige Debatte die Vereinigten Staaten aufwühlte. Unsere junge Republik litt unter einer schwachen Zentralregierung, die den Zusammenhalt der Nation gefährdete. Amerikas Zukunft stand in Frage. Alle dreizehn Staaten schickten ihre Vertreter nach Philadelphia, um die Konföderationsartikel zu diskutieren, die unser Land vereinen sollten. Doch anstatt die Artikel zu bearbeiten, wurden Geheimtreffen abgehalten, und das führte zu einem völlig neuen Dokument.

Nicht jeder unterstützte das, aber mit einer Mehrheit von 39 von 55 Delegierten wurde der Öffentlichkeit ein Verfassungsentwurf zur Begutachtung und Ratifizierung vorgelegt. Die Zustimmung war jedoch alles andere als sicher. Zwei Lager bildeten sich heraus: die Föderalisten, die für eine stärkere Zentralregierung plädierten, und die Antiföderalisten, die mehr Macht in den Händen der einzelnen Staaten sehen wollten. Was daraus folgte, war eine der hitzigsten Debatten über Demokratie in der amerikanischen Geschichte.

Drei amerikanische Führer beschlossen, eine Reihe von rasch erstellten Essays zu veröffentlichen – anonym –, um der Kritik an dem Dokument entgegenzuwirken und sich die öffentliche Unterstützung zu sichern. Diese Autoren waren Alexander Hamilton, James Madison und John Jay, und sie einigten sich auf ein gemeinsames Pseudonym: Publius. Diese Essays wurden als die Federalist Papers bekannt. Abgesehen davon, dass sie vehement für die neue Verfassung plädierten, werden sie auch als eine der prägnantesten Erläuterungen zum politischen System der USA betrachtet.

Aber warum haben die Urheber ihre Namen verheimlicht? Zunächst einmal waren zwei von ihnen als Abgeordnete in Philadelphia, und sie wollten die Tatsache verbergen, dass sie am Verfassungstext mitgearbeitet hatten. Wäre das bekannt geworden, hätte man ihnen mit Sicherheit Befangenheit vorgeworfen. Zweitens antworteten sie mit diesen Essays auf Kritik, die ebenfalls anonym verfasst worden war. Wichtiger war jedoch ihr Wunsch, dass die Amerikaner sich auf den Inhalt und nicht auf die Boten konzentrieren sollten. Das Thema war viel zu wichtig, als dass sie hätten zulassen dürfen, dass die Debatte in Diskussionen über Personen versank. Sie verbargen ihre Namen nicht aus Angst vor einer Debatte, sondern im Gegenteil, um sie zu fördern.

Amerikas Gründerväter hätten sich die heutige Welt nie vorstellen können, in der die sozialen Medien eine Pöbelmentalität schüren. Unsere Aufmerksamkeitsspanne ist deutlich kürzer geworden, und der nationale Dialog ist von der Politik persönlicher Zerstörungswut nachhaltig geschwächt. Wenn jemand spricht, dann greift der Mob diese Person an, und ihre Ideen versinken im Schutt. Dann zieht die Herde zur nächsten Kontroverse weiter. Natürlich bin ich kein Hamilton, kein Madison und auch kein Jay, nicht einmal ansatzweise, aber ich glaube, dass ihr Beispiel heute noch Gültigkeit hat. In einer Zeit, da unsere Nation erneut am Scheideweg steht, brauchen wir einen bedeutsamen politischen Diskurs, der über die Followerzahl einer Person und all die abfälligen Bemerkungen hinausreicht, die man in eine Nachricht mit einer Begrenzung auf 140 Zeichen hineinquetschen kann.

Ich habe mich entschieden, diesen Text anonym zu veröffentlichen, weil es in dieser Debatte nicht um mich geht. Es geht um uns. Es geht darum, wie eine Präsidentschaft unserer Ansicht nach unser Land widerspiegeln soll. Darum sollte sich die Diskussion drehen. Einige werden das »Feigheit« nennen. Solche Anschuldigungen verletzen meine Gefühle jedoch nicht, zumal ich durchaus bereit bin, meinen Namen mit Kritik an Präsident Trump in Verbindung zu bringen. Zu gegebener Zeit werde ich das vielleicht auch tun. Aber wenn ein amtierender Präsident sich von allem Möglichen ablenken lässt, müssen wir uns auf seinen Charakter und seine Handlungen konzentrieren. Indem ich meine Identität aus der Gleichung nehme, beraube ich ihn der Gelegenheit, eine Ablenkung zu schaffen. Was wird er tun, wenn er keine Person, sondern nur eine Idee angreifen kann?

Wenn mich jetzt also jemand fragt, werde ich vehement leugnen, dass ich der Autor dieses Buches bin. Das gilt auch für den Fall, dass der Präsident uns alle einzeln zu sich zitiert. Und mehr noch: Bei meinen Beschreibungen des Präsidenten und dieser Regierung habe ich sorgfältig darauf geachtet, nicht zufällig etwas zu verraten. Dieser Text enthält eine Reihe von Berichten aus erster Hand, einschließlich solcher, die nicht von mir, sondern von anderen Regierungsmitarbeitern stammen. Bestimmte Details habe ich unter Beibehaltung der Tatsachen zurückgehalten oder modifiziert, um die Anonymität der Beteiligten zu garantieren. Wenn angebracht, werde ich auch von mir in der dritten Person reden. Als Folge davon wird jeder, der diesen Text in der Hoffnung liest, meinen oder die Namen anderer enthüllen zu können, feststellen müssen, dass er seine Zeit verschwendet.

Ich will nicht berühmt werden. Ich suche kein Scheinwerferlicht, und ich will auch nicht meinen Ruf aufpolieren. Vor allem deshalb veröffentliche ich meine Ansichten anonym und hoffe, die Aufmerksamkeit so auf den Inhalt zu lenken. Unglücklicherweise kann man nach der Veröffentlichung dieses Buches nur wenig dagegen tun, dass man sich in Washington das Maul darüber zerreißen wird, wer denn nun der Autor ist. Ich glaube jedoch, dass sich die Amerikaner außerhalb des politischen Establishments angesichts der Wahl 2020 nach einer echten Diskussion über die Qualitäten, die ein Präsident für sein Amt mitbringen muss, sehnen. Wenn Sie auch dazugehören, dann sind Sie hier richtig.

Um es klar und deutlich zu sagen, ich habe das hier nicht geschrieben, um irgendwelche Rechnungen zu begleichen. Mein Fokus ist der Präsident der Vereinigten Staaten und nicht meine Kollegen. Ich will hier keine Verschwörungstheorie aufstellen, wie sie für Washington üblich ist. Mit Absicht habe ich die Beschreibungen meiner Kollegen begrenzt, und wann immer möglich habe ich es vermieden, ihre Handlungen und Meinungen zu diskutieren. In dieser Stadt herrscht eine mörderische Kultur, in der manche sich an die Presse wenden, um andere fertigzumachen und sich selbst eine bessere Position zu verschaffen. Das ist eines der vielen Symptome, die zeigen, wie fragil unsere Zivilgesellschaft geworden ist. Ich werde mein Bestes tun, das in diesem Buch zu vermeiden.

Mein Motiv ist auch eindeutig nicht finanzieller Natur. Als man mir sagte, dass ich einen siebenstelligen Vorschuss für diese Arbeit bekommen könnte, da habe ich mich geweigert, auch nur darüber nachzudenken. Unsere Republik schwebt in Gefahr, und ich will nicht davon profitieren, dass ich die Menschen davor warne. Sollten Tantiemen aus dem Verkauf dieses Buches anfallen, so werde ich sie an gemeinnützige Organisationen spenden, die sich dafür einsetzen, dass die Regierung ihren Bürgern Rechenschaft ablegt, oder die angehenden Reportern mit großzügigen Stipendien unter die Arme greifen, um die Pressefreiheit zu garantieren. Wenn meine Zeit im öffentlichen Dienst dabei helfen kann, dass mehr Journalisten ihre Führer zur Rechenschaft verpflichten, dann hat das alles schon etwas genutzt.

Es gibt viele Leaks in dieser Regierung, vielleicht sogar mehr als in jeder Regierung zuvor. Während einige Regierungsmitarbeiter den Reportern Geschichten erzählen, um damit zu prahlen, und einen persönlichen Plan verfolgen, so scheinen doch viele ehrlich besorgt darüber zu sein, was sie im Weißen Haus gesehen haben. Aus Angst vor Vergeltung weigern sich jedoch viele, diese Anekdoten mit ihrem Namen in Verbindung zu bringen. Das ist auch nicht überraschend, denn der Präsident neigt in der Tat dazu, seine Stellung zu missbrauchen, um andere zu verspotten, fertigzumachen, zu beschimpfen und zu bestrafen. Ich habe die warnenden Worte gehört, die er jenen mitgegeben hat, die die Regierung verlassen haben, und ich habe gesehen, wie seine Unterstützer alle quälen, die ihn verärgert haben. Sie haben sich sogar schon auf die unschuldigen Familien der Kritiker gestürzt.

Donald Trump erzählt seinen Mitarbeitern gerne, er habe eine wichtige Lektion in seinem Geschäft gelernt: Die Menschen haben keine Angst, wenn man ihnen mit einer Klage droht; sie haben Angst, wenn man sie tatsächlich verklagt. Das ist seine Lieblingsart zu diskutieren: Er greift seine Kritiker an, um sie einzuschüchtern und so zum Schweigen zu bringen. Das macht er schon seit Jahren so.

Nachdem ich den Artikel in der Times veröffentlicht hatte, reagierte Trump mit einem Tweet, der nur aus einem Wort bestand: »VERRAT?« Diese sechs Buchstaben sagen alles: Für den Präsidenten ist Kritik Verrat. Ich empfinde diese Haltung als sehr unamerikanisch. Der ehemalige Präsident Theodore Roosevelt hat argumentiert, es sei Verrat, das Oberhaupt der staatlichen Exekutive nicht zu kritisieren, zumindest solange es sich um ehrliche Kritik handelt. »Zu verkünden, dass es keine Kritik am Präsidenten geben darf oder dass wir unabhängig von richtig oder falsch zum Präsidenten zu stehen haben, ist nicht nur unpatriotisch und unterwürfig, sondern moralischer Hochverrat an der amerikanischen Öffentlichkeit«, schrieb er. »Nichts als die Wahrheit soll über ihn oder andere gesagt werden. Aber es ist sogar noch wichtiger, die Wahrheit über ihn zu sagen als über alle anderen, auch wenn sie unangenehm sein mag.« Wir schulden dem Präsidenten kein Schweigen. Wir schulden ihm die Wahrheit.

In diesem Zusammenhang ist es wichtig anzumerken, dass es einen Unterschied zwischen legitimer Kritik und der sorglosen Veröffentlichung sensibler Informationen gibt. Roosevelt bezeichnete es als »unpatriotisch«, nicht die Wahrheit über den Präsidenten zu sagen, außer »in den seltenen Fällen, da es den Feind mit militärischen Informationen versorgen würde, zu denen er ansonsten keinen Zugang hätte.« In anderen Worten: Informationen, die die nationale Sicherheit betreffen, müssen geschützt werden. Dem stimme ich zu. Es gab Fälle von außerordentlicher Sensibilität, in denen der gegenwärtige Präsident dem amerikanischen Volk gegenüber durch seine schlechten Entscheidungen versagt hat, sei es im Situation Room des Weißen Hauses oder bei sensiblen Gesprächen mit ausländischen Staatsoberhäuptern. Ein paar dieser Fälle sind freigegeben worden, und die werden wir auch diskutieren. Andere jedoch nicht, und deshalb finden Sie sie auch nicht in diesem Buch. Sämtliche Details dazu sind außen vor. Wenn Einzelne Geheiminformationen an die Presse weiterleiten – und sei es auch, um eine berechtigte Kritik anzubringen –, dann können sie Amerikaner dadurch in Gefahr bringen. Derartige Enthüllungen gehören verurteilt und haben keinen Platz in der öffentlichen Diskussion. Whistleblowern stehen offizielle Wege zur Verfügung, um ihren Sorgen bei geheimen Dingen Ausdruck zu verleihen, und einige haben diese Wege bereits genutzt.

Gleichzeitig ist es ebenso unakzeptabel für einen Präsidenten, Kritik an seiner Person zu einer Bedrohung der nationalen Sicherheit aufzublasen. Im Sommer 2018 hat Donald Trump seinen Stab angewiesen, ehemaligen Geheimdienstbeamten, die nicht mit ihm übereingestimmt haben, die Sicherheitsstufe zu entziehen. Im Falle von John Brennan, dem ehemaligen CIA-Direktor, der seine Regierung häufig kritisiert hat, hat er das durch seinen Pressesprecher sogar öffentlich verkünden lassen. Was hätten wir wohl gesagt, wenn sein Vorgänger Präsident Obama das Gleiche mit unseren Leuten getan hätte? Nur ein paar Wochen später hat Trump mit Bezug auf den Artikel gefordert, »dass die Times, ihn oder sie aus Gründen der nationalen Sicherheit sofort an die Regierung ausliefern muss!« Trump ging sogar noch weiter und ordnete mit Steuergeldern und über offizielle Stellen eine Suche nach potenziellen Verdächtigen an, doch seinen Leuten gingen rasch die Spuren aus. Das war in jeder Hinsicht typisch Trump: eine sinnlose, von Emotionen getriebene Übung.

Trump hat auch angedeutet, seinen Kritikern noch Schlimmeres anzutun. Im September 2019 hat der Präsident einem Geheimdienstmitarbeiter, der den Versuch enthüllt hat, eine ausländische Regierung dazu zu zwingen, Material gegen seinen politischen Widersacher zu finden, mehr oder weniger unverhohlen gedroht. Dieser Mitarbeiter, erklärte Trump, sei »fast schon ein Spion«. Er fuhr fort: »Wissen Sie, was wir in alten Zeiten gemacht haben, als wir schlau waren? Richtig. Die Spione und Verrat, wir pflegten damit ein bisschen anders umzugehen, als wir das jetzt tun« Das hieß nichts anderes, als dass der Whistleblower seiner Meinung nach gehängt werden sollte.

Ein derartiges Verhalten ist eines Präsidenten und seines Amtes unwürdig. Und für jeden, der das Recht auf freie Meinungsäußerung auch nur ansatzweise respektiert, ist das auch moralisch falsch. Das Oberhaupt unserer Regierung sollte niemals und unter gar keinen Umständen sein Amt und seine außergewöhnlichen Machtbefugnisse missbrauchen, um sich an Whistleblowern und politischen Gegnern zu rächen. Ein derartiges Verhalten würden wir eher bei irgendwelchen Diktatoren in Unterdrückerstaaten erwarten, gegen die wir uns als Nation offen stellen. Doch es passiert auch jetzt und hier, bei uns daheim, und es ist ein furchterregender Präzedenzfall für unsere Exekutive.

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Viele wussten nicht so recht, was wir bekommen würden, als Donald Trump 2016 zum ersten Mal ins Amt gewählt worden war. Doch er hatte eine Chance verdient, von allen Amerikanern, und das trotz allem, was er im Wahlkampf gesagt oder was er zu anderen Zeiten in seiner Karriere getan hatte. Er wurde unser Präsident, nicht nur der Sieger der Republikaner. Aber jetzt wissen wir, was wir bekommen haben. Wir wissen es alle. Dieses Buch wird die Realität der Trump-Regierung zeigen und klären, ob der gegenwärtige Präsident weiter in der Lage ist, die Vereinigten Staaten zu führen.

Ich schreibe dies am Vorabend dessen, was vermutlich die wichtigste Wahl unseres Lebens sein wird. In der Zeit, die uns noch bis zu dieser Entscheidung bleibt, müssen wir als Nation uns über die Folgen klarwerden, die Trumps Wiederwahl mit sich bringen würde. Mir ist durchaus klar, dass es äußerst ungewöhnlich ist, so etwas niederzuschreiben, während der betreffende Präsident noch im Amt ist. Manche werden das als illoyal empfinden, aber viel zu viele Menschen haben die Loyalität zu einer Person schon viel zu lange mit der Loyalität zu einer Nation verwechselt. Die Wahrheit über den Präsidenten muss gesagt werden, und das nicht erst, nachdem die Amerikaner in der Wahlkabine waren oder nachdem er sein Amt verlassen hat. Es muss jetzt geschehen. Hoffentlich werden auch andere beschließen, ihr Schweigen zu brechen und ihre Meinung zu sagen.

Auf diesen Seiten werden Sie nicht nur von mir hören. Sie werden auch viel von Donald Trump direkt hören, denn es gibt keine bessere Darstellung seines Charakters als seine eigenen Worte und keinen besseren Beweis für die von ihm ausgehende Gefahr als sein eigenes Verhalten.

KAPITEL 1

Der Zusammenbruch des Stabilen Staates

»Keine Regierung und keine Person wird lange respektiert werden, ohne auch wahrlich respektabel zu sein. Und sie ist nicht wahrlich respektabel, wenn sie nicht auch ein gewisses Maß an Ordnung und Stabilität besitzt.«

James Madison

Der Tag begann wie jeder andere in der Trump-Regierung: mit einer selbstverschuldeten Krise. Es war Mittwoch, der 19. Dezember 2018, und das Weiße Haus hatte ein Kommunikationsproblem. Das Außenministerium hatte beschlossen, am Tag zuvor ein Entwicklungsprogramm für Lateinamerika zu enthüllen, von dem die Experten glaubten, dass es die Gewalt in der Region reduzieren und für Stabilität sorgen würde. Es gab jedoch ein Problem. Der Präsident stand kurz davor, es zu streichen. Angeblich hielt er es für zu teuer und hatte gedroht, es per Tweet zu beenden. Die Macher des Programms gerieten in Panik, denn sie hatten Angst vor einer diplomatischen Krise.

Wie so oft stellte sich die Hauptshow als Nebenschauplatz heraus. Der Präsident war noch nicht aus seiner Wohnung ins Oval Office gekommen. Wir alle wussten, warum. Es war Twitter-Zeit, und um 9:29 Uhr feuerte er eine Nachricht aus der Präsidentenwohnung ab: »Wir haben ISIS in Syrien besiegt, meinen einzigen Grund, während der Trump-Präsidentschaft dort zu sein.« Binnen Minuten ging die Nachricht durch die Medien, der Präsident habe beschlossen, die Truppen abzuziehen. Später twitterte er: »Nach den historischen Siegen gegen ISIS ist es an der Zeit, unsere großartigen jungen Leute heimzubringen!«

Die Ankündigung hallte durch ganz Washington. Es war genau das Gegenteil von dem, was man ihm empfohlen hatte. Vom Pentagon bis zu den Geheimdiensten hatten die meisten Berater vor einem willkürlichen Abzug der gut 2.000 US-Soldaten in Syrien gewarnt. ISIS stelle noch immer eine große Bedrohung dar, war dem Präsidenten gesagt worden, und Amerikas Rückzug würde es den Terroristen erlauben, weitere und mehr tödliche Attacken zu planen. Ein zu früher Abzug der US-Truppen würde das Gebiet außerdem einem Diktator ausliefern, der nicht davor zurückschreckte, chemische Waffen gegen sein eigenes Volk einzusetzen, sowie dem antiamerikanischen Regime im Iran, das immer mehr Einfluss in der Region gewinne, von Russland ganz zu schweigen. Und mehr noch: Vermutlich wäre die Folge ein Gemetzel an den kurdischen Streitkräften, die uns im Kampf gegen die Terroristen geholfen hatten. In jedem Fall würde ein Abzug den Sicherheitsinteressen der USA schaden.

Der Präsident ließ sich davon nicht beeindrucken. Anstatt seine Sicherheitsberater zusammenzurufen, um die Optionen durchzugehen, stieß er sie mit einem Tweet vor den Kopf.

»Deswegen werden Menschen sterben, verdammt noch mal«, bemerkte ein Top-Berater wütend. Alle versuchten wir panisch herauszufinden, was passiert war, und was Trump vorhatte. Die Verbündeten der USA waren erschrocken und alarmiert. Das Verteidigungsministerium war über die Entscheidung vollkommen im Dunkeln belassen worden. Die Regierungsbeamten wussten noch nicht einmal, wie sie auf Nachfragen der Presse reagieren sollten, denn das war eine Entscheidung gewesen, bei der sie nicht die geringste Rolle gespielt hatten. Die Spitzenmilitärs waren außer sich vor Wut ob der fehlenden Vorplanung, zumal die plötzliche Ankündigung die Bodentruppen unnötig in Gefahr brachte. Gegner der Vereinigten Staaten könnten die Gelegenheit nutzen und die vermeintlich fliehenden Amerikaner angreifen. Sofort leitete das Militär Sicherheitsmaßnahmen ein.

Wir hatten alle schon erlebt, dass Präsidenten schlechte Entscheidungen in Bezug auf die Verteidigung der USA getroffen hatten. Das hier war jedoch etwas anderes. Niemand konnte sich daran erinnern, dass solch eine Entscheidung je so beiläufig getroffen worden war. In einem normalen Weißen Haus werden Entscheidungen von solcher Tragweite erst einmal ausführlich diskutiert. Sie sind Thema sensibler Meetings – manchmal zu vielen davon –, nur um sicherzugehen, dass alles bis ins kleinste Detail geplant ist. Grundlegende Dinge werden geklärt und alle Fragen beantwortet. Wie werden unsere Feinde das deuten? Was können wir tun, um ihr Denken zu beeinflussen? Wie werden unsere Partner reagieren? Und am wichtigsten: Wie können wir die Amerikaner am besten schützen, einschließlich der Frauen und Männer in Uniform? In diesem Fall war jedoch keine dieser Fragen im Vorfeld beantwortet worden.

Und die Entscheidung war nicht nur leichtsinnig. Regierungsbeamte hatten unter Eid ausgesagt, dass ISISnicht vollständig besiegt sei. Auch hatten sie öffentlich versprochen, dass die Vereinigten Staaten den Kampf in Syrien nicht aufgeben würden. Und jetzt erklärte der Präsident ISIS fälschlicherweise für besiegt, und das nur, weil er plötzlich zu dem Schluss gekommen war, dass das so sein musste. Er hatte dem Feind verkündet, dass Amerika auf dem Weg zum Ausgang war. »Dafür werden sie uns auf dem Capitol Hill kreuzigen«, jammerte ein Kabinettsmitglied.

Und der Kongress reagierte schnell, Trumps eigene Partei miteingeschlossen. »In den zwölf Jahren, die ich hier bin, habe ich so eine Entscheidung noch nicht gesehen«, erklärte der verblüffte Bob Corker, zu diesem Zeitpunkt Vorsitzender des Außenausschusses, gegenüber Reportern. »Es fällt schwer, sich vorzustellen, dass ein Präsident einfach aufwacht und so eine Entscheidung trifft, und das nahezu ohne Kommunikation oder Vorbereitung.« Selbst Senator Lindsey Graham, der sich stets um Trumps Wohlwollen bemüht, konnte der Entscheidung nichts Gutes abgewinnen. Lindsey erklärte Reportern, die Entscheidung habe »die Welt erschüttert«.

Es war auch aus einem anderen Grund ein Wendepunkt. Diese Entscheidung kennzeichnete das Scheitern von Schlüsselfiguren im Weißen Haus, die geglaubt hatten, Ordnung in das Chaos dieser Regierung bringen zu können. Vor allem einer kam zu dem Schluss, dass es nun endgültig genug war.

Am Tag nach den Syrien-Tweets verkündete Verteidigungsminister Jim Mattis seinen Rücktritt. In einem Brief an den Präsidenten schrieb er: »Ich habe genaue Ansichten, was den Respekt gegenüber Verbündeten betrifft sowie einen klaren Blick auf böswillige Mitspieler in der internationalen Politik und strategische Mitbewerber. Diese Ansichten gründen auf vierzig Jahren Arbeit in diesem Feld … Sie haben ein Recht auf einen Verteidigungsminister, dessen Ansichten mehr mit Ihren übereinstimmen, sowohl in diesem Punkt als auch in anderen. Ich glaube, es ist an der Zeit für mich zurückzutreten.« Mattis legte das Datum für seinen Rücktritt auf den 28. Februar fest. Jim Mattis ist ein Patriot und Kriegsveteran, der von beiden Parteien unterstützt wurde, als Trump ihn als Verteidigungsminister nominiert hatte. Stoisch hatte er besorgten Senatoren erklärt, niemals würde er einfach nur dasitzen, hätte er das Gefühl der Präsident würde Dinge von ihm verlangen, die er nicht mit seinem Gewissen vereinbaren könne oder die sinnlos Leben gefährden würden. Und wie immer blieb Jim sich treu. Sein Rücktritt erschütterte das Weiße Haus bis ins Oval Office hinein.

Die Presse nannte es einen Rücktritt aus Protest. Präsident Trump war außer sich vor Wut. Ganz klassisch führte eine schlechte Entscheidung zur nächsten. Nach nur wenigen Tagen entschied der Präsident in einem Wutanfall, Jim Mattis Rücktritt vorzuziehen. Er wollte Jim so schnell wie möglich weghaben. Das stürzte das Verteidigungsministerium erneut in unnötiges Chaos, während Berater aufgeregt nach einem Nachfolger suchten. Normalerweise zieht sich ein Führungswechsel an der Spitze des mächtigsten Militärs der Welt über Monate hin, um Stabilität zu sichern. Trump verkürzte diese Zeit auf ein paar Tage. Er twitterte, dass die Nummer 2 des Pentagons den Spitzenjob am 1. Januar antreten würde, zwei Monate eher als geplant. Eine Woche später prahlte der Präsident im inzwischen bekannten Orwellschen »Doppeldenk« damit, dass er den hochdekorierten General der U.S. Marines in Wahrheit gefeuert habe. Der Verlust hallte durch die Regierung und die ganze Welt. Einer der wenigen vernünftigen Männer auf dem Staatsschiff war über Bord gegangen.

Von Anfang an beobachteten gleichgesinnte Amtsträger den sprunghaften Führungsstil des Präsidenten mit großer Sorge. Gemeinsam versuchten wir, die chaotische Umgebung durch einen disziplinierten Prozess zu ersetzen – in anderen Worten durch ein System, das sicherstellen sollte, dass die Entscheidungen des Präsidenten wohldurchdacht waren, und schlussendlich, dass der Präsident Erfolg haben würde. Das schloss Berater mit ein, die bereit waren, dem Präsidenten zu widersprechen, sollte sein Kurs eine falsche Richtung einschlagen.

Wir hielten die Situation für beherrschbar. Wir haben uns furchtbar geirrt. Während 2017 der Aufstieg einer eher locker zusammenhängenden Gruppe von Pragmatikern in Trumps Regierung zu erkennen war – ein Stabiler Staat –, so markierte 2018 den Beginn seines Untergangs.

Chaosstaat

Die ersten Tage einer Regierung sind immer schwer. Man kann die Zügel einer vier Billionen Dollar schweren Organisation mit Millionen von Angestellten nicht einfach nahtlos übernehmen. Die scheidende Regierung weist ihre Behörden für gewöhnlich an, sich auf die neue Führung vorzubereiten. Im Vorfeld einer Amtseinführung gibt es eine Vielzahl von Briefings. Neue leitende Angestellte werden über vertrauliche Programme informiert, und Memos werden ausgearbeitet, um die Neulinge auf den aktuellen Stand zu bringen. Manchmal bietet die alte Regierung auch an, ein paar ihrer Mitarbeiter für einige Wochen oder Monate auf ihrem Posten zu lassen, um die Übergabe zu vereinfachen. Aber selbst dann ist es schwer, die Leute auf die außergewöhnliche Herausforderung vorzubereiten, die es bedeutet, die Regierung der Vereinigten Staaten zu übernehmen.

Für die frisch gewählte Trump-Regierung war diese Aufgabe sogar noch viel schwerer.

Heute wird es zwar vollkommen anders dargestellt, aber tatsächlich hatten nur wenige in Trumps Wahlkampfteam wirklich mit einem Sieg gerechnet. Das gilt auch für den Kandidaten selbst. Dass dem so war, zeigte sich in vielem. Die Stimmung in seinem Übergangsteam war schlecht, jener Gruppe von Beratern, die sich im Falle eines Sieges um die Regierungsübernahme kümmern sollten. Einige von ihnen bewarben sich schon auf andere Stellen, bevor die Wähler in Pennsylvania, Michigan und Wisconsin überhaupt ihre Stimme abgegeben hatten.

Das Wahlergebnis traf das Übergangsteam völlig unvermittelt. Jetzt musste es tatsächlich eine Regierungsübernahme organisieren. Unerfahrene Funktionäre gaben zu, dass sie nicht bereit dafür waren. Die meisten hatten noch nie eine Regierungsübernahme geleitet, und sie hatten auch keine Veteranen aus früheren republikanischen Übernahmen an ihrer Seite, die ihnen hätten helfen können. Die meisten waren schlicht davon überzeugt gewesen, dass Trump keine Chance hatte. Was blieb, war ein B-Team. Trotzdem hatte der Leiter von Trumps Übergangsteam, der Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, einen Plan, auch wenn es ihm im Vergleich zu seinen Vorgängern an Personal mangelte. Dieser Plan endete jedoch auf dem Müllhaufen der Geschichte, und das zusammen mit seinem Erfinder. Kurz nach dem Sieg beschloss der frisch gewählte Präsident Trump, Christie zu feuern und ihn durch den neuen Vizepräsidenten Pence zu ersetzen. Diese überraschende Entscheidung warf die neue Regierung Wochen, wenn nicht gar Monate, zurück.

Abraham Lincoln hat nach seinem Wahlsieg das berühmte »Team von Rivalen« aufgebaut und seine ehemaligen Konkurrenten in einem Kabinett vereint. Doch aufgrund schlechter Planung und weit verbreiteter Zweifel in Bezug auf seine Chancen endete Trump mit genau dem Gegenteil: »rivalisierenden Teams«. Die Machtspiele aus dem Wahlkampf fanden ihre Fortsetzung in der Übergangsperiode. Berater wetzten ihre Messer und rammten sie einander in den Rücken, um die Jobs zu bekommen, die sie haben wollten. Gleichzeitig gab es wahre Pilgerfahrten von Jobsuchenden zu Trump in seinem New Yorker Tower, wo sie dem zukünftigen Oberbefehlshaber ihre Verehrung erwiesen und versuchten, einen Platz auf seiner Besetzungsliste zu bekommen. Die meisten hatten ihre Meinung über den gewählten Präsidenten praktischerweise rasch geändert. Fraktionen bildeten sich. Es gab Verschwörungen, um potenzielle Kandidaten zu untergraben – und andere zu fördern –, die manchmal am selben Tag begannen und scheiterten. Da gab es das Kushner-Lager, das Bannon-Lager, das Conway-Lager und noch andere wie das »Penceland« oder die sogenannten Flynn-stones, Anhänger des bereits abgesegneten Nationalen Sicherheitsberaters. Manchmal waren sie vereint, dann wieder nicht. Es war wie eine reale Version von Trumps TV-Show The Apprentice. Einige dieser Rivalitäten reichten noch bis tief in die Anfänge von Trumps Amtszeit hinein. Trump schürte zudem diese Uneinigkeit, indem er immer wieder Andeutungen fallen ließ, wer gerade in seiner Gunst stand und wer nicht.

Doch trotz dieses internen Durcheinanders bekam der gewählte Präsident keine Regierung, die nur aus Speichelleckern bestand. Tatsächlich war genau das Gegenteil der Fall. Obwohl eine lange Liste von äußerst erfahrenen Führern der Republikaner als sogenannte Never-Trumpers de facto von der Regierung ausgeschlossen war, hatten die, die nie eine Anti-Trump-Petition unterschrieben hatten, zumindest eine Chance – ich eingeschlossen. Und so surreal dieser Prozess auch erscheinen mag, entstand daraus ein Team im Weißen Haus, das weitaus kompetenter war, als man es Trump zugesteht. Da waren ehemalige Gouverneure wie Nikki Haley und Rick Perry, vier-Sterne-Generäle wie John Kelly und Jim Mattis, Unternehmer wie Rex Tillerson und Steven Mnuchin, Senatoren wie Jeff Sessions und Dan Coats und ehemalige Kabinettsmitglieder wie Elaine Chao. Das wäre eine solide Gruppe von Unterstützern für jeden gewählten Präsidenten gewesen, und eine Zeit lang ermutigten Donald Trumps Ernennungen jene, die an ihm gezweifelt hatten.

Der Zufluss an Außenstehenden half außerdem dabei, die Fehden in Trumps Team abzumildern. Diese Leute hatten schlicht keinen Grund, miteinander zu kämpfen. Sie waren nicht durch die Rangeleien aus der Wahlkampfzeit verdorben. Im Gegensatz zu den Freunden des gewählten Präsidenten und dem weiteren Gefolge, das er mitgebracht hatte und das es gewohnt war, sich ständig bei ihm einzuschmeicheln, waren diese erfahrenen Führungsgestalten nicht durch das Leben in Trumps innerem Kreis versaut. Die Regierungsrekruten kamen zusammen, weil viele eines gemeinsam hatten: Sie kannten den Chef nicht.

Falscher Optimismus infizierte das neue Team. Alle waren voller Hoffnung, dass der Gestank des Wahlkampfes dem höheren Ziel der Regierung weichen würde. Denn ein Land zu führen, glaubten sie, kann selbst einen fehlgeleiteten Geist adeln. Doch schon beim ersten Kontakt mit dem gewählten Präsidenten löste sich diese »Hoffnung« in Luft auf. Trump war so sehr auf seinen »Sieg« fokussiert, dass er sich kaum auf die bevorstehende Aufgabe konzentrieren konnte: das Regieren. Trump trug ständig Karten mit sich herum, auf denen die siegreichen Wahlbezirke verzeichnet waren, und die holte er zu den unmöglichsten Zeiten bei Diskussionen hervor, die eigentlich dazu dienen sollten, ihn auf das Amt vorzubereiten. Dann winkte er seine Gäste, Berater und zukünftigen Kabinettsmitglieder herbei und forderte sie auf, sich das Meer von Rot auf der Karte anzusehen, den Beweis dafür, dass er tatsächlich gewonnen hatte. »Ja, wir wissen, dass wir gewonnen haben«, dachten wir dann insgeheim. »Deshalb sind wir ja hier.«

Es war klar, dass irgendwas nicht stimmte. Neue Mitarbeiter wechselten besorgte Blicke. Was sie in dieser Übergangsperiode sahen, machte ihnen Angst. »Dieser Ort ist ja jetzt schon verrückt«, raunten sie einander zu, und Trump hatte das Weiße Haus noch nicht einmal betreten. Seine aufbrausende Art und impulsiven Kommentare – wie seine ständige Fixierung auf Barack Obama und Hillary Clinton, die ja aus der Regierung ausschieden – waren kein Teil einer Fernsehpersönlichkeit. Sie waren echt. Und seine Führung dieser neuen Regierung konnte man eigentlich gar nicht als solche bezeichnen.