Was will mein Baby sagen? - Rose Riecke-Niklewski - E-Book

Was will mein Baby sagen? E-Book

Rose Riecke-Niklewski

4,4
14,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
  • Herausgeber: TRIAS
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2008
Beschreibung

Hungrig, müde oder von Bauchweh geplagt? Babys zeigen von Anfang an sehr deutlich, was sie brauchen - man muss ihre Signale nur richtig verstehen. Elke Brüser und Rose Riecke-Niklewski schildern, wie sich Babys im ersten Jahr ausdrücken. Eltern erfahren, wie sich ihr Kind entwickelt und wie sie es liebevoll fördern können. Ein Wahrnehmungstraining hilft, das eigene Verhalten und das des Babys besser zu verstehen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 253

Bewertungen
4,4 (14 Bewertungen)
8
3
3
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.


Sammlungen



Dr. Rose Riecke-Niklewski

Dr. Elke Brüser

Was will mein Baby sagen?

Signale verstehen – Richtig reagieren – Behutsam fördern

Inhalt

Vorwort

Der Anfang einer Beziehung

Geburtsvorbereitung

Was unser Baby versteht

Unser Baby antwortet

Unser Baby und wir

Die erste Begegnung

Der Beginn einer neuen Beziehung

Die Magie des ersten Augenblicks: Bonding

Eine besondere Zeit: das Wochenbett

Hilfreiche Starterkits

Die »Startausrüstung« des Babys

Die »Startausrüstung« der Eltern

Lernen Sie Ihr Baby kennen

Jedes Baby »tickt« anders

Die Lehre von den Temperamenten

Schwierigkeiten beim Kennenlernen

Anpassen – passen – zusammengehören

Alltag mit dem Baby

Alles ist anders

Frühe Liebe

Schlafen: gut gebettet

Mit dem Kind unterwegs

Auch ein Dialog: gemeinsames Spielen

Im Dialog

Sprechen mit dem Baby

Das Zwiegespräch als Tanz

Der vokale Dialog

Dialog mit Blicken

Aus sanftem Lächeln wird herzliches Lachen

Super, ich kann die Welt bewegen!

Vielsagende Körpersprache

Immer dialogbereit?

Eine Frage des Zustands

Die Notrufnummer Ihres Babys: Schreien

Schreibabys

Wie es weitergeht

Durchs erste Lebensjahr

Zusammenhänge verstehen

Die Sensation: Mein Kind spricht!

Hören: Verstehen eilt dem Sprechen voraus

Gebärdensprache: Nutzen nicht erwiesen

Ziel erreicht: die sichere Bindung

»Kommunikation gestört« – wenn der Anfang besonders schwierig ist

Aller Anfang ist schwer!

Wenn Schreien Eltern verzweifeln lässt

Wer hilft?

Literatur

Anlaufstellen und Links

Register

Impressum

Ein Sprachunterricht der anderen Art

Was will mein Baby sagen? So heißt dieses Buch. Und was erwartet Sie? Noch ein Ratgeber zum Thema Baby und gelungene Elternschaft? Patentrezepte für den besten Weg, eine glückliche Familie zu werden? Ein Nachschlagewerk für die Signale von Babys, damit das Verstehen gesichert ist?

Kein Lexikon der Babysprache

Nein, dieses Buch ist kein Lexikon der Babysprache und kein Ratgeber im üblichen Sinne.

Es hält sich zurück mit einfachen Tipps, denn jedes Kind ist anders. Jede Mutter, jeder Vater hat eigene Vorstellungen. Die Frage, um die es geht, ist nicht, wie das neue, gemeinsame Leben möglichst reibungslos klappt. Die Frage ist, wie öffnen wir unsere Sinne für die Signale und das Temperament des neugeborenen Babys, welche Wünsche und Erwartungen haben wir, und wie spielt die eigene Biographie – auch als Schatten der Vergangenheit – in das Miteinander und die Erziehung eines Kindes hinein. Und die Frage ist nicht zuletzt auch, wie genießen wir das Leben mit einem Baby, mit Kindern.

Kommunikation von Anfang an

Was will mein Baby sagen? Dieser Titel betont auch, dass das Kleine, das noch nicht sprechen kann, sich durchaus mitteilt – von Anfang an und lange bevor es mit einem Jahr tatsächlich schon einiges versteht und vielleicht Wörter wie »Mama«, »Papa« oder »da!« ausspricht.

Zusätzlich besagt der Titel, dass Babys etwas mitteilen wollen. Was dieses Wollen bedeutet, darüber könnte man nun streiten. Doch das überlassen wir getrost anderen. Das Wesentliche ist, dass vor allem Eltern – aber eigentlich alle Menschen – sich intuitiv so verhalten, als wolle das Baby ihnen etwas sagen. Sie versuchen, seine Körpersprache, seine Laute und das Mienenspiel zu verstehen, interpretieren diese Signale und binden den kleinen Erdenbürger von Anfang an in einen Dialog ein.

Mit der Intuition ist das allerdings so eine Sache: Sie speist sich aus dem evolutionären Erbe der Menschheit, aus Kultur und Traditionen und konkret dem, was jeder bewusst oder unbewusst gelernt hat.

Feinfühligkeit und Intuition

Einiges spricht dafür, dass heutzutage vielen jungen Eltern die ganz alltäglichen Erfahrungen mit Babys fehlen, weil es in der Familie, der Verwandtschaft, dem Freundeskreis nur wenige Kinder gab und gibt.

Fehlt es dadurch an Input für die elterliche Intuition? Entsteht ein Mangel an Feinfühligkeit gegenüber Babys, wenn man ihnen zu selten begegnet? Wir wissen es nicht. Wir wissen aber, dass Feinfühligkeit eine wichtige Voraussetzung ist, um ein Baby zu verstehen. Und manchmal, wenn Eltern an ihrem »Schreibaby« verzweifeln, weil die Verständigung nicht gelingt und sich die Probleme immer weiter aufschaukeln, kann tatsächlich ein »Feinfühligkeitstraining« hilfreich sein als Mittel gegen Teufelskreise. Feinfühligkeit bedeutet zunächst einmal nichts Anderes als sich Zeit zu nehmen, sich einzulassen auf den kleinen, unbekannten Erdenbürger. Augen und Ohren zu öffnen und mit allen Sinnen das neugeborene Baby wahrzunehmen. Dabei kann dieses Buch Ihnen helfen. Und mit »Ihnen« meinen wir nicht nur die eine Hälfte der Eltern, die Mütter. Nein, auch die Väter sind angesprochen. Sie können sich großartig auf ein Baby einlassen, wenn sie sich den Freiraum verschaffen. (Also den Fußball mal sausen lassen und in der Firma Elternzeit beantragen.) Dennoch sprechen wir in diesem Buch fast immer die Mütter an. Das liegt vor allem daran, dass der Fokus auf den so wichtigen ersten Lebensmonaten liegt. Und die sind in aller Regel besonders »mutternah«.

In den ersten Monaten entwickelt sich der lebenslange Dialog von Eltern und Kind, der genaugenommen schon in der Schwangerschaft beginnt, besonders rasant. Und er hat vielerlei Konsequenzen – für den Spracherwerb ebenso wie für die Gefühlswelt. Gerade dieser frühe Dialog ist etwas ganz Besonderes, etwas Phantastisches. Und wer einmal darüber nachdenkt, kommt aus dem Staunen nicht heraus. Da kommen Eltern mit ihren Babys ins Gespräch, obwohl sie einander mit völlig unterschiedlichen Voraussetzungen begegnen: ein Neugeborenes mit seinen begrenzten Wahrnehmungsmöglichkeiten und den wenig strukturierten Außerungsmöglichkeiten und Erwachsene, die längst gestandene (kompetente) Interaktionspartner sind.

Warum dieser Dialog überhaupt gelingt? Weil das Baby z. B. die Stimme seiner Mutter und alle Gesichter hochgradig interessant findet. Und weil Erwachsene sich auf die Möglichkeiten eines Babys einstellen können. Sie sprechen langsamer, wiederholen viel, lächeln ganz oft – fühlen mit. Und sie machen all das ohne besondere Anstrengung.

Abschied vom Perfektionismus

Und nun kommt auch die Erklärung, warum dieses Buch kein Lexikon der Babysignale ist. Denn das würde bedeuten, dass ein Kind mit einer Reihe eindeutiger Signale auf die Welt kommt und das Verstehen problemlos klappt, wenn wir diese kennen. Dem ist aber nicht so. Die Signale von Babys sind variabel, gehen ineinander über, vieles geschieht gleichzeitig, und um sie zu verstehen, muss man immer auch die jeweilige aktuelle Situation berücksichtigen. Kann das Baby müde sein, Hunger haben, krank sein – oder ist ihm langweilig?

Was Ihr Baby Ihnen sagen will, das lernen Sie vor allem, wenn Sie sich auf ein etwas anderes Leben einlassen können. Dazu gehört auch, von der Hektik unserer Zeit Abstand zu nehmen und überzogene Ansprüche loszulassen. Dann können Sie die Sprache Ihres Kindes, seine Signale und seine »Grammatik« besser verstehen, verstehen lernen.

Insofern ist dieses Buch vielleicht eine nützliche Sprachlehre, die der Intuition auf die Sprünge hilft und Sie darin bestärkt, die einzigartige Liebesbeziehung zu Ihrem Kind zu genießen. Denn auch wenn es manchmal nicht ganz leicht ist: Es ist eine Lust, mit Kindern zu leben.

Der Anfang einer Beziehung

Haben Sie einmal darüber nachgedacht, wann der Dialog zwischen Ihnen und Ihrem Baby beginnt? Mit der Geburt? Nein, schon lange vorher. Denn bereits in dem Moment, in dem Sie sich über Ihre Schwangerschaft Gedanken machen, sich vorstellen, wie das Leben mit dem Baby wohl aussehen wird, haben Sie Kontakt mit dem kleinen Wesen in Ihrem Bauch aufgenommen.

Geburtsvorbereitung

Geburtsvorbereitung ist mehr als Schwangerschaftsgymnastik, Massagen, Atemübungen und der »Nestbautrieb«, der viele in den Wochen vor der Geburt überfällt und sie so absurde Dinge tun lässt, wie Schränke auszuputzen, Wände zu tapezieren oder den Keller auszumisten. Zur Geburtsvorbereitung gehört auch, sich innerlich auf das Baby vorzubereiten. Alle Frauen tun dies: Lange vor der Geburt entsteht in ihnen ein Bild von ihrem Kind. Sie treten in Kontakt mit ihrem Baby und sprechen mit ihm. Dieses innere Zwiegespräch ist der Anfang der lebenslangen Beziehung zwischen einer Mutter und ihrem Kind. Die Beziehung zwischen Eltern und ihrem Baby fällt nicht vom Himmel, entsteht nicht von heute auf morgen. Und sie ist nicht einseitig. Sie entwickelt sich von Anfang an als Austausch, als Dialog zwischen zwei Partnern.

Wann beginnt der Dialog zwischen Mutter und Baby?

Wann beginnt dieser Dialog? Gibt es ein bestimmtes Datum? Vielleicht ja. Ist es die Geburt? Sicher nicht. Der Geburtstermin ist kein Blind Date. Mütter wissen, dass die Beziehung lange vor der Geburt beginnt. Spätestens an dem Tag, der als Zeitpunkt der ersten spürbaren Kindsbewegungen in den Mutterpass eingetragen wird, wahrscheinlich aber schon beim Betrachten des ersten Ultraschallbildes beginnen sie, mit ihrem Baby zu sprechen. Jede werdende Mutter kennt dieses innere Zwiegespräch mit ihrem ungeborenen Kind. Wie von selbst entstehen Kosewörter und erste Versuche, einen »passenden« Namen zu finden. Ein Gegenüber entsteht.

Ist das der Anfang des Zwiegesprächs mit dem ungeborenen Baby? Nein, denn auch dieser ganz frühe emotionale Dialog hat noch eine Vorgeschichte. Sie beginnt mit den ersten Gedanken über die Schwangerschaft, mit den Wünschen, Hoffnungen, Planungen, Berechnungen, Mutter zu werden oder nicht. Also: Welche Vorstellungen verbinde ich mit dem Muttersein? Wie male ich mir mein Leben mit meinem Kind aus? Was erwarte, erhoffe, wünsche ich von meinem Kind? Wovor habe ich Angst, was befürchte ich?

Dazu kommen Fragen: Warum mit diesem Mann? Liebe ich ihn genug? Und: Kann und soll er wirklich Vater »meines« Kindes werden? Wird er Vater sein können? Was erhoffe ich mir, befürchte ich für uns als Paar, als zukünftige Eltern? Seit Kinder planbar sind, treten noch spezifischere Fragen auf: Warum gerade jetzt? Passt ein Kind zu meinem beruflichen Lebensentwurf? Wie müsste dieses Kind sein, damit meine Pläne klappen? Und welche Pläne, Hoffnungen und Erwartungen muss ich aufgeben? Und nicht zuletzt: Bin ich überhaupt fähig Mutter, eine gute Mutter zu sein? Kann ich ein Kind gesund zur Welt bringen, umsorgen und lieben? Wie werde ich als Mutter sein? Und: Kann ich tatsächlich in eine lebenslange Beziehung zu einem Kind treten?

Die Antworten, die sich Frauen bewusst oder nur als gefühlsmäßige Einstellung geben können, bereiten das Gespräch mit ihrem (ungeborenen) Baby vor. Und sie bleiben lange die Begleitmusik, in der, um im Bild der Musik zu bleiben, alle Saiten ihrer Person anklingen. Und gerade mit Beginn der Schwangerschaft sind es genau diese Fragen, die alle Frauen ganz intensiv beschäftigen.

Schritte der Annäherung

Fast alle Mütter (und Väter) machen im Laufe der Schwangerschaft verschiedene Phasen durch, in denen sie sich ganz unterschiedlich mit ihrer Schwangerschaft auseinandersetzen und somit ganz unterschiedlich mit ihrem zukünftigen Baby in Kontakt treten, mit ihm »sprechen«.

Erste Phase: Phase der Verunsicherung

Selbst Frauen, die ihre Schwangerschaft genau geplant haben, sie also positiv bewerteten, sind oft nach dem ersten Glücksgefühl plötzlich verunsichert und reagieren auf den positiven Schwangerschaftstest – auch aufgrund der hormonellen Umstellung – mit unerwarteter emotionaler Labilität. Sich auf ein Baby und die damit zu erwartenden Veränderungen und Aufgaben einzulassen ist anfangs noch schwierig. Zwei Aufgaben stellen sich jetzt: mit dem zukünftigen Baby vertraut zu werden und die zukünftige Rolle als Mutter annehmen zu können – beides gelingt nicht von heute auf morgen. Zu den alten Fragen kommen neue: Wie wird es mir in der Schwangerschaft gehen? Was passiert mit mir und meinem Körper? Bin ich körperlich in der Lage, ein Kind auszutragen? Und wieder: Kann ich mich auf meinen Partner, den Vater meines – ungeborenen – Kindes, verlassen?

Wenn die Verunsicherung zu groß wird

Für manche Frauen (und auch Männer) können diese ersten Zweifel zu Beginn der Schwangerschaft überwältigend werden, vor allem wenn sie nicht geplant war. Die Eltern in spe erleben die zukünftigen Aufgaben als Überforderung, haben kein Vertrauen in sich selbst, und auch die Unterstützung durch andere erscheint ihnen nicht als Problemlösung.

Angst verdrängt alle positiven Gefühle – Angst vor der Zukunft, Angst vor negativen Auswirkungen auf die Partnerschaft, vor Überforderung, vor dem Verlust des Arbeitsplatzes oder der Wohnung, vor wirtschaftlichen Problemen und, und, und … Diese Angst wird dann besonders stark, wenn sich Frauen allein mit ihren Fragen und Zweifeln quälen müssen.

Hilfreich in solchen Fällen sind Schwangerschaftsberatungsstellen. Sie sind nicht nur für die Frauen da, die sich schon gegen diese Schwangerschaft entschieden haben oder einen Schwangerschaftsabbruch zumindest in Betracht ziehen. Hier finden auch Frauen und Paare, die während der Schwangerschaft mit scheinbar unlösbaren Problemen konfrontiert werden, Zuhörer, Berater und konkrete Unterstützung. Zum Team einer Beratungsstelle gehören meist Gynäkologen, Juristen, Sozialpädagogen, Psychologen und Seelsorger. Denn die Fragen und Probleme, die eine Schwangerschaft mit sich bringen kann, betreffen viele Bereiche: gesundheitliche, soziale, emotionale und juristische.

Auch der zukünftige Vater reagiert auf die neue Situation oft trotz aller Vorfreude erst einmal verunsichert und zwiespältig. War unsere Entscheidung wirklich richtig? Wie wird meine Rolle sein in dieser entstehenden Familie? Kann ich sie ausfüllen? Diese Zweifel und Fragen sind normal. Sie gehören zu diesen ersten Wochen, zu dieser Phase der gemischten Gefühle. Wichtig ist es für zukünftige Mütter und Väter, sich die Fragen und Zweifel als durchaus »normal« einzugestehen. Sie helfen, das Projekt »Schwangerschaft und Elternwerden« als Aufgabe anzunehmen, sich damit auseinanderzusetzen und zu planen.

Also: Bleiben Sie auch angesichts Ihrer zwiespältigen Gefühle und des Selbstzweifels zuversichtlich und gelassen! Denn nach diesem frühen Stadium, in denen sich Körper und Seele auf die neue Situation einstellen müssen, kehrt erfahrungsgemäß Ruhe ein. Die zweite Phase beginnt.

Zweite Phase: Anpassungsphase

Den ersten Wochen, der Phase der Verunsicherung, folgt eine zweite, die von Psychologen als Anpassungsphase bezeichnet wird. Jetzt haben die meisten Frauen ihre neue Rolle der werdenden Mutter angenommen. Die körperlichen Beschwerden, über die viele Schwangere im ersten Vierteljahr klagen, sind nun verschwunden. Die Zukunft der werdenden Familie stellt sich als eine Frage der Organisation und noch nicht als das Entstehen eines neuen Beziehungsgeflechts dar.

Auch das Baby hat im Erleben der Eltern kaum Gestalt angenommen. Dies ändert sich jedoch meist schlagartig, wenn die Mutter die ersten Kindesbewegungen spürt, wenn das Baby zum ersten Mal »anklopft«, sich also spontan bemerkbar macht.

Dritte Phase: Phase der Konkretisierung

Die nächste Phase, die sogenannte Phase der Konkretisierung, beginnt: Immer konkreter werden nun die Vorstellungen vom ungeborenen Baby als einem selbständigen Wesen, von der eigenen Rolle als Mutter und Vater und von den Veränderungen, die sich in der Paarbeziehung anbahnen. Der wachsende Bauch lässt die werdende Mutter nun auch für andere zur zukünftigen Mutter werden. Ängste um die Gesundheit des Babys lassen meist ebenso nach wie die Befürchtungen, der Mutter- und Vaterrolle nicht gewachsen zu sein. Das Selbstvertrauen wächst. Das Baby, das sich jetzt durch seine Aktivität bemerkbar macht, hilft seinen Eltern dabei. Es macht zunehmend deutlich, dass es ein eigenständiges Wesen ist, das seine Bereitschaft zum Ausdruck bringt, »angesprochen« zu werden, und das auf seine eigene Weise auf sich aufmerksam machen kann.

Vierte Phase: Phase der alten und neuen Ängste

Erst im letzten Drittel der Schwangerschaft tauchen oft neue und alte Ängste auf. Werde ich die Geburt gut überstehen? Werde ich mein Baby wirklich lieben können und es so versorgen, dass es wachsen und gedeihen kann? Und: Kann ich mit Unterstützung und Hilfe rechnen? Oder muss ich »alles allein schaffen«?

Auch Väter werden noch einmal unsicher. Kann ich meiner Frau richtig beistehen? Und beide beschäftigt natürlich: Werden wir ein gesundes Kind haben? Jetzt brauchen die Schwangeren Menschen, die für sie da sind, die ihnen die Sicherheit vermitteln: »Es wird alles gut werden, du wirst es schaffen, und du bist nicht allein bei den Aufgaben, die auf dich zukommen.« Oft sind es Väter, die diese Funktion übernehmen. Manchmal sind sie jedoch überfordert. Denn auch sie müssen in ihre Aufgabe hineinwachsen. Eine gute Geburtsvorbereitung, Hebammen, die beste Freundin, die selbst schon Kinder hat, oder – wie seit Jahrtausenden in der Menschheitsgeschichte – die eigene Mutter können der bessere Halt sein, den die werdende Mutter jetzt braucht.

In dieser letzten Phase hilft Ihnen Ihr Gespräch mit Ihrem Baby, mit dem Sie immer vertrauter werden. Sie bemerken nun, auf welche äußeren Reize ihr Kleines mit Strampeln reagiert, welche Ihrer Bewegungen es beruhigen, welche es anregen. Sie wissen, zu welcher Tages- und Nachtzeit es besonders aktiv ist, und erkennen vielleicht sogar, wann Ihr Baby schläft. Und Sie spüren, wann es auf Sie, Ihre Bewegung und Ihre Stimme, aber auch auf Ihre »Umwelt«, auf Lärm, Musik und Licht, reagiert. Sie haben auch gelernt, sich darauf einzustellen. Jetzt können Sie mit ihm immer besser in Kontakt treten. Also besuchen Sie Ihr Baby! Hören und schauen Sie in sich hinein! Sehen Sie Ihr Baby vor sich? Wie geht es Ihnen? Sprechen Sie mit Ihm! Das tut Ihnen und Ihrem Baby gut. Denn es »versteht« Sie – schon jetzt, lange bevor es geboren wird.

Was unser Baby versteht

Die Sprache, die das ungeborene Baby versteht, beginnt als körperlicher – physiologischer – Austausch: Das Blut der Mutter, das über die Plazenta das ungeborene Baby erreicht, ist das Medium für den Dialog. Die Zusammensetzung ihres Blutes, die Anteile z. B. an Sauerstoff, Nährstoffen, Stoffwechselprodukten, bestimmten Botenstoffen und Hormonen, und die Durchmesser ihrer Gefäße und damit die Menge des durchfließenden Blutes informieren das ungeborene Baby darüber, wie es seiner Mutter geht. Ist sie gesund oder krank, aktiv oder ruhig, satt oder hungrig, ausgeschlafen, erholt oder müde und erschöpft? Jeder kennt die Wirkungen bestimmter Infektionen der Mutter auf ihr ungeborenes Baby und weiß, dass ihm einzelne Medikamente und Suchtstoffe, die über den Blutkreislauf zu ihm vordringen, schaden können.

Blut: Bote für Gefühle

Aber das Blut übermittelt weit mehr. Auch der emotionale Zustand seiner Mutter bleibt dem ungeborenen Baby nicht verborgen. Es erfährt über den gemeinsamen Blutkreislauf, ob seine Mutter angespannt, ängstlich und traurig ist oder entspannt, gelassen, zuversichtlich und glücklich.

Denn Gefühle wie Zufriedenheit oder Glück, aber auch Wut, Trauer und Angst gehen immer mit Veränderungen des (Gehirn-)Stoffwechsels einher, die sich im Blut nachweisen lassen.

Gefährlicher Stress

Wenn eine Frau während der Schwangerschaft zu großen seelischen Belastungen ausgesetzt ist, denen sie sich hilflos ausgeliefert fühlt, bleibt dies nicht ohne Folgen für ihr Baby. Denn Ängste und emotionale Belastungen teilen sich ihm unmittelbar durch die Veränderungen des Stresshormonhaushalts mit.

Die vermehrte und lang anhaltende Ausschüttung von Stresshormonen führt zu einer Verengung der Blutgefäße mit der Folge: Das Baby wird weniger gut versorgt. Auch die Zusammensetzung des Blutes der Mutter, die jeweilige »Mischung« der einzelnen Bestandteile, zu denen die Menge des Sauerstoffs und die der stressbeeinflussten Hormone und Botenstoffe gehören, verändert sich und signalisiert dem Baby ihren seelischen Druck. Was eine werdende Mutter als Stress erlebt, ist dabei höchst individuell. Eine unerwünschte Schwangerschaft, Beziehungskrisen, Krankheit oder Todesfälle in der Familie, überwältigende Angst um das Gedeihen des Babys, allgemeine Zukunftsangst – all das sind Belastungsfaktoren, die als entscheidende emotionale Risikofaktoren für ein Baby erkannt wurden. Es kann in seinem Wachstum und seinem Reifeprozess Schaden nehmen. Deshalb ist es wichtig für Mutter und Baby, Hilfe und Unterstützung in Anspruch zu nehmen, wenn der emotionale Stress zu groß wird (vergl. → Seite 139).

Man weiß heute recht viel darüber, welche Hormone und anderen Botenstoffe mit welchen Gefühlen besonders eng in Zusammenhang stehen, und immer besser, welche Funktion diese Stoffe für die Entwicklung des ungeborenen Babys haben. Sie wirken als Signalstoffe, die jeweils ganz bestimmte Entwicklungsprozesse einleiten und lenken.

Die Mutter wahrnehmen

Schon ganz früh – so zeigen Ultraschallbilder – hat das ungeborene Baby Möglichkeiten, seine Mutter zu empfinden und wahrzunehmen. Die ersten Wahrnehmungsmöglichkeiten bietet der Tastsinn über die Haut, das größte Sinnesorgan. Die Entwicklung ihrer Sensibilität beginnt schon wenige Wochen nach dem Entstehen des neuen Lebens zuerst um die Mundregion, später an den Fingerspitzen, also an jenen Bereichen, die auch im späteren Leben die größte Zahl an Tastkörperchen aufweisen und deshalb äußerst empfindsam sind. Diese Sensibilität breitet sich zunehmend über die ganze Körperoberfläche aus. Auch die Raum-Lage-Empfindung entwickelt sich sehr früh. Schon zum Ende des ersten Vierteljahres versucht das ungeborene Baby, seinen Kopf im Gleichgewicht zu halten.

Musik im Mutterleib

Man weiß, dass das ungeborene Baby schon in den allerersten Schwangerschaftswochen (akustische) Schwingungen wahrnehmen kann, und bereits im vierten Monat zeigt sich das Baby als durchaus geräuschempfindlich, und es lernt schnell, unterschiedliche Geräusche und Töne wahrzunehmen. Im sechsten Monat kann das Kind im Bauch die Stimme seiner Mutter wiedererkennen. Es erinnert sich an Melodien, die es mehrmals zuvor gehört hat.

Auch der Geschmackssinn ist früh – im vierten Monat – entwickelt. Das ungeborene Baby kann schmecken. Etwa um dieselbe Zeit ist es auch in der Lage zu riechen. Mit Ende des sechsten Monats kann das ungeborene Baby Geschmacksmerkmale wie süß, salzig, sauer und bitter unterscheiden und Geruchsunterschiede wahrnehmen. Es öffnet zum ersten Mal die Augen, »sieht« – zumindest hell und dunkel, im Zusammenhang mit der Aktivität seiner Mutter. Es ist in der Lage, seine Mutter mit allen Sinnen wahrzunehmen, kennenzulernen.

Ihr Baby hört Sie!

Ihr Baby hört Ihr strömendes Blut in den Blutgefäßen. Es hört Ihre Atemgeräusche, Ihre Verdauung, Ihre Körperbewegungen und Ihren Herzschlag. Es hört aber auch, was um Sie herum »draußen« passiert. Es hört Lärm, Musik und Stimmen. Dabei nimmt es Ihre Stimme ganz anders wahr als andere Geräusche, Töne und Stimmen, die von außen durch die Bauchdecke und den Uterus zu ihm vordringen. Wenn Sie mit ihm sprechen, hört es Ihre Stimme. Es spürt Sie aber auch: Ihre Sprachmelodie, den Rhythmus, mit dem Sie sprechen, und die Art und Weise, wie und wie oft Sie im Fluss des Sprechens absetzen, Pausen machen und neu anfangen und Betonungen setzen. Denn die Schwingungen Ihrer Stimme werden über die Knochen der Wirbelsäule und des Beckens zur Gebärmutter fortgeleitet. Das Baby in Ihrem Bauch spürt den Rhythmus des Zwerchfells, die Frequenz Ihres Herzschlags und Ihres Atems. Atem und Herzfrequenz verraten, was Sie fühlen, während Sie sprechen. Schon im sechsten Monat kann ein Baby die Stimme seiner Mutter erkennen. Es reagiert darauf mit Bewegungen und mit Veränderungen seines Herzrhythmus – ganz anders als auf andere Stimmen und Geräusche.

Unser Baby antwortet

Ihr ungeborenes Baby »antwortet« durch seinen Körper. Es reagiert auf die mütterlichen Signale mit seiner individuellen Entwicklung, die schon jetzt nicht nur die Entfaltung eines genetischen Bauplans ist, sondern eine Antwort im Dialog mit seiner Mutter. Die erste Antwort ist ganz unspezifisch sein Wachsen und Gedeihen. Doch bald werden die Antworten Ihres Babys deutlicher. Es gibt sie durch seine früh entwickelte Motorik, die es in die Lage versetzt, auf Reize von außen zu reagieren. Zwischen dem dritten und vierten Monat versucht es, bei Lageveränderungen seinen Kopf im Gleichgewicht zu halten. Es antwortet mit Bewegung auf Berührung des Bauches und reagiert auf einen akustischen Reiz mit der Bewegung seiner Ärmchen und Beinchen und mit einer Veränderung seiner Lage. Schon nach vier Monaten reagiert es auf Geräusche von außen mit Bewegungen, die Vorlieben oder Abneigung signalisieren. Einem leisen Geräusch – so zeigen Ultraschallbilder – wendet es sich zu, ein lautes Geräusch lässt es erschrecken. Das ungeborene Baby reagiert auch durch seine eigene Aktivität auf die Befindlichkeit seiner Mutter. Es zeigt durch seine Bewegung, ob ihm diese oder jene Aktivität oder Körperhaltung der Mutter gefällt oder missfällt. Sein Herz schlägt schneller, wenn es die Stimme seiner Mutter hört.

Aktivitätsphasen

Was Mütter spüren, ist im Ultraschall nachweisbar: In den letzten Wochen und Tagen vor der Geburt verhält sich das Baby im Bauch schon so wie kurz nach der Geburt – es hat verschiedene Aktivitätsphasen (vergl. → Seite 100): Im Tiefschlaf befindet sich das Baby, wenn es trotz einzelner ruckartiger Bewegungen eines Armes oder Beines ganz ruhig ist und auch auf äußere Reize nicht reagiert. Im aktiven Schlaf bewegt es sich häufiger ganz plötzlich mit leichten Stößen der Arme oder Beine. Den dritten Zustand innerhalb eines solchen Zyklus haben Beobachter den aktiven Wachzustand genannt. Jetzt tritt das Baby im Bauch heftig und stößt. Kontaktbereit zeigt es sich besonders in Phasen des ruhigen Wachzustands. Es scheint, als warte es auf Ansprache. Jetzt reagiert es auf äußere Reize mit sanften Bewegungen.

Unser Baby und wir

Ihr Baby, mit dem Sie sprechen, ist für Sie längst zu einer kleinen Persönlichkeit geworden. In Ihrem Bild, das Sie sich von ihm machen, ist es vielleicht ein zartes Wesen, vielleicht aber auch ein kleiner Rabauke. Diese frühen Vorstellungen von Ihrem Kind sind nicht zu trennen von Ihren Themen, Wünschen, Befürchtungen und Hoffnungen, die Sie während der Schwangerschaft begleitet haben und auch jetzt noch »umtreiben«. Zwangsläufig sind in Ihr Bild von Ihrem Baby auch Ihre eigenen Erfahrungen eingeflossen. Vielleicht erinnert es Sie in seiner Bewegungsfreude an Ihren Vater. Oder es lässt sich – so empfinden Sie – genauso wie Ihr Mann durch nichts aus der Ruhe bringen. Und so bereiten Sie wie alle zukünftigen Eltern durch Ihr Gespräch mit dem ungeborenen Baby, Ihrem Kind, also schon einen Platz vor, den es in Ihrem Leben einnehmen wird.

Mit 15 Wochen lassen sich bereits die Gesichtszüge erkennen.

Die erste Begegnung

Neun Monate haben Sie auf diesen Moment gewartet, jetzt ist es so weit: Ihr Baby kommt zur Welt. Endlich können Sie es im Arm halten, den Moment genießen, in dem die besondere Verbindung von der Mutter zum Kind entsteht. Nicht nur das Baby, auch Sie als Eltern werden »neu geboren« und müssen damit zurechtkommen. Das Wichtigste in dieser Phase: Nehmen Sie sich Zeit zum »Beschnuppern«!

Der Beginn einer neuen Beziehung

Seit Monaten haben Sie sich Ihr Baby in Ihren Gedanken, Phantasien und Träumen ausgemalt und in vielen Gesprächen mit ihm Kontakt aufgenommen. Sie haben sein Bild im Ultraschall gesehen, haben seine Bewegungen gespürt, manchmal sein Kicken und Boxen als Antwort auf Ihre Stimme oder Ihre Bewegung erlebt. Und endlich ist das Baby da – und damit der Augenblick der ersten Begegnung, auf den Sie schon so lange mit Vorfreude und Spannung gewartet haben. Entspricht dieses kleine Wesen, das nun in meinem Arm liegt, dem Baby, das ich mir ausgemalt habe? Werden wir uns verstehen? Wohl alle Mütter und Väter treiben diese Fragen um. Sie sind möglicherweise gerade dann besonders drängend, wenn das innere Zwiegespräch sehr intensiv war. Denn trotz der Vertrautheit, die sich in den Monaten der Schwangerschaft entwickelt hat, ist dieser Augenblick für alle Eltern ein Neuanfang – der Beginn einer neuen Beziehung.

Enger Kontakt von Anfang an

Es ist schwierig, sich nicht darüber Gedanken zu machen, was seine Geburt für ein Baby bedeuten mag: Aus der warmen, ruhigen, haltenden Umgebung, in der kein Mangel bestand, also aus einem paradiesischen Zustand hinausgepresst zu werden, muss – so kann man spekulieren – eine dramatische Erfahrung sein. Im Grunde wissen wir wenig darüber, wie Babys diese Erfahrung erleben und speichern. Was wir wissen, ist, dass Babys, die gleich in den ersten Minuten und Stunden engen Hautkontakt mit ihrer Mutter haben, die auf ihrem Bauch, in ihrem Arm oder neben ihr in ihrem Bett liegen dürfen, sehr viel weniger weinen als andere, die warm eingepackt, wohl versorgt und bestens untersucht in ein Bettchen »abgeschoben« wurden. Auch die Körperwärme des neugeborenen Babys reguliert sich viel schneller, wenn es gut abgetrocknet, nackt auf dem Bauch seiner Mutter liegen darf. Die mütterliche Körperwärme ist genau das, was ein neugeborenes Baby braucht. Aus dieser Lage heraus ist es nach einer Phase des Ausruhens und der Erholung von den Strapazen der Geburt sogar in der Lage, sich mit den Beinchen abzustoßen und allmählich zur mütterlichen Brust zu robben.

Wach und aufmerksam

Doch nicht der Brust gilt sein erstes Interesse: Wer Babys einfühlsam beobachtet, bemerkt, dass sich ein gerade eben geborenes Baby trotz der Anstrengungen der Geburt ausgesprochen wach und aufmerksam zeigt – oft weit mehr als in den folgenden Tagen. Sofern es nicht durch Medikamente, die die Mutter während der Geburt genommen hat, beeinträchtigt ist, befindet es sich in der ersten Stunde seines Lebens in einem ruhigen, aber äußerst aufmerksamen Zustand, dem Zustand des ruhigen aufmerksamen Wachseins, in dem es auch später für ein Lächeln, kleine Gespräche und viele, viele Anregungen bereit ist.

Mit weitgeöffneten, wachen Augen sieht es seine Mutter eindringlich an und signalisiert ihr sein starkes Interesse, genau sie seine Eltern – kennenlernen zu wollen.

Um 14:05:55 Uhr habe ich das Licht der Welt erblickt – und nun gibt es nichts Wichtigeres als den Anblick meiner Mutter.

Diesen Eindruck jedenfalls haben Eltern, die den ersten Augenblick bewusst miterleben konnten.

Und sie haben recht! Ihr Baby zeigt vom ersten Augenblick an ein eigenes Interesse, die Beziehung einzugehen, die für sein Überleben unverzichtbar ist.

Ihr Baby ist also für diese erste Begegnung vorbereitet. Sie ist ein erster Schritt hin zur Bindung, die Ihr Baby im Laufe seines ersten Lebensjahres an Sie, seine Eltern, entwickeln wird. Und sie macht die ersten Minuten und Stunden nach der Geburt, in denen sich das Baby ganz wach und aufmerksam seiner Mutter zuwendet, zu einer überwältigenden Erfahrung.

Die Magie des ersten Augenblicks: Bonding

Aus der Beobachtung vieler solcher ersten Begegnungen in aller Welt formulierten in den 1970er Jahren – zu einer Zeit, als die meisten Babys der westlichen Welt noch gleich nach der Geburt in ein Säuglingszimmer abgeschoben wurden – zwei amerikanische Wissenschaftler und Autoren, Marshall H. Klaus und John H. Kennell, ihre revolutionäre Theorie über die Entstehung der Bindung einer Mutter an ihr Baby und die Folgen einer Trennung gleich nach der Geburt: Die ersten Blickkontakte zwischen Mutter und Baby bahnen die tiefe Bindung der Mutter zu ihrem Kind, die für das Überleben des Babys so wichtig ist. Und: Können Mutter und Baby diese erste sensible Phase nicht gemeinsam verbringen, kann dies die Bindung der Mutter an ihr Baby beeinträchtigen. Von Klaus und Kennell stammt der englische Begriff »Bonding«. Man verwendet ihn heute für diese ganz besondere Bindung der Mutter an ihr Kind.

Die Bindung des Babys an seine Mutter (und andere Bezugspersonen) hingegen, die sich erst über Wochen und Monate entwickelt, bezeichnet man schlicht als Bindung (oder englisch Attachment). Zu Anfang ihrer Forschungen glaubten die beiden Wissenschaftler, der erste Blickkontakt sei für diese Bindung des Babys ausschlaggebend, also für das Baby ebenso prägend wie für seine Mutter. Inzwischen betonen Klaus und Kennell und andere Theoretiker, die sich mit der Entstehung der Bindung zwischen Mutter und Baby beschäftigen: Nicht das Baby wird »geprägt«, sondern die Mutter, da diese ersten Blickkontakte ihre Bindung, das Bonding, an ihr Baby auslösen.

Mutterliebe: jetzt oder nie?

Ist dieser erste Augenblick die Geburtsstunde der Mutterliebe? Gibt es tatsächlich die frühe sensible Phase, in der dieses Band zwischen Mutter und Neugeborenem geknüpft werden muss, weil es später zu spät ist? Oder anders: Entsteht »Mutterliebe« im ersten Augenblick, den die beiden nach der Geburt teilen? Diese Liebe sorgt dafür, dass die Mutter bis an die Grenzen ihrer Belastbarkeit mit Zeit, Energie und Fürsorge ihrem Baby zuwendet und die mütterlichen Fähigkeiten entwickelt, die ihr Kind braucht.

Seit den ersten Studien von Klaus und Kennell wurde in vielen weiteren Untersuchungen dieser Frage nachgegangen. Man hat viele Mütter mit ihren Babys beobachtet und ihre weitere Entwicklung begleitet.