Wellenschlag - Johanna Ofner - E-Book

Wellenschlag E-Book

Johanna Ofner

4,9

Beschreibung

Carola Haupt schlittert nach dem plötzlichen Unfalltod ihres Mannes – zumal ihre einzige Tochter Elvira bereits erwachsen ist und ihr eigenes Leben führt – in eine tiefe Sinnkrise. Als sie glaubt, nicht mehr die Kraft zum Weiterleben zu besitzen, ereignen sich schicksalhafte Dinge: Die Erinnerung an eine Vision aus ihrer Jugendzeit, in der das Bild eines alten Segelschiffes symbolisch für die Verheißung und die Neugierde auf das Leben steht, ist nur der erste Schritt auf ihrem Weg in einen neuen Lebensabschnitt, der sie, dank der unerwarteten Begegnung mit ihrer alten Freundin Alexandra, auf einen Segeltörn nach Kroatien führt. Was Carola nicht ahnt: Auf der „Seevogel“ wartet nicht nur der irritierend attraktive Skipper Cicero Colli auf sie, sondern auch wunderschöne, aber auch dramatische Ereignisse, die sie letztlich zu sich selbst führen – einer neuen Identität als Frau, als Mutter und als Mensch, der die Fähigkeit zu Lebensfreude und Glück in sich selbst findet.

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Johanna Ofner

Wellenschlag

Wohin die Reise auch führt

AUGUST VON GOETHE LITERATURVERLAG

FRANKFURT A.M. • WEIMAR • LONDON • NEW YORK

Die neue Literatur, die – in Erinnerung an die Zusammenarbeit Heinrich Heines und Annette von Droste-Hülshoffs mit der Herausgeberin Elise von Hohenhausen – ein Wagnis ist, steht im Mittelpunkt der Verlagsarbeit. Das Lektorat nimmt daher Manuskripte an, um deren Einsendung das gebildete Publikum gebeten wird.

©2015 FRANKFURTER LITERATURVERLAG FRANKFURT AM MAIN

Ein Unternehmen der Holding

FRANKFURTER VERLAGSGRUPPE

AKTIENGESELLSCHAFT

In der Straße des Goethehauses/Großer Hirschgraben 15

D-60311 Frankfurt a/M

Tel. 069-40-894-0 ▪ Fax 069-40-894-194

E-Mail [email protected]

Medien- und Buchverlage

DR. VON HÄNSEL-HOHENHAUSEN

seit 1987

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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet abrufbar über http://dnb.d-nb.de.

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Lektorat: Dr. Helga Miesch

ISBN 978-3-8372-1652-3

Für Pedro

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Prolog

Der Abend senkte sich langsam nach einem jener scheinbar endlosen Sommertage herab, den Carola wie die meisten jener goldenen Ferientage verbracht hatte, die später in der Erinnerung zu einer gleichförmigen Kette an hellen Stunden verschmelzen würden. Tage, an denen die Sonne, die Neugier auf den neuen Tag und die Lust, sich zu bewegen, sie weckte, und nicht der Wecker, der sie in die Schule rief. Tage, an denen das Butterbrot in der Früh einen besonders satten Geschmack hatte und die Bienen über den blühenden Sommerwiesen lauter summten als an anderen Tagen. Tage, von denen sie Stunden mit Träumen verbrachte und damit, auf dem Rücken im Gras zu liegen und den vorbeiziehenden Wolken dabei zuzusehen, wie sie sich über den tiefen Himmel schoben und dabei ihre Gestalt von einer Figur in die andere schmelzen ließen. Tage, die so rochen, so schmeckten und sich so anfühlten wie die vielen Tage ihrer Kindheit, an denen ihre Gedanken noch vollkommen im Jetzt und ihr Geist noch lange nicht von der Welt der Erwachsenen vorgezeichnet worden war. Tage, an denen es nichts anderes gab und nichts anderes geben konnte, als einfach hier zu sein, wo es vollkommen genügte, zu atmen, zu staunen und wo die Gedanken und Vorstellungen keine Grenzen kannten, wo der Körper vor Kraft bebte und die Seele vor Leichtigkeit über alle Hügel schwebte.

Im Herbst würde Carola in die vierte Klasse kommen, ihr achtes Schuljahr insgesamt und ihr letztes Jahr in der Hauptschule. Carola war froh, wie es alle Kinder sind, die mit Sehnsucht darauf warten, erwachsen zu werden, dass die Zeit verging, die sie kontinuierlich weiter vorrücken ließ auf der Stufenleiter und in der Hierarchie der Schulklassen, war froh, dass sie schon dreizehn war und dass die Zeit der Kindheit, das empfand sie mit einer dumpfen Gewissheit, so gut wie hinter ihr lag, dass sie irgendwann in letzter Zeit die Schwelle zu einem neuen Lebensabschnitt überschritten hatte, wann und wo genau hätte sie nicht sagen können, aber dass es so war, fühlte sie mit Deutlichkeit. Sie war bereits so groß wie ihre Mutter und ihr Körper hatte vor drei Jahren damit begonnen, sich zu verändern. Heute war er nicht mehr der eines Kindes, sondern er glich in vielem schon dem einer Frau. Carola hatte Brüste bekommen und bald würde sie einen BH tragen. Die meisten Mädchen in ihrer Klasse hatten schon einen. Und seit einem guten Jahr kam ihre Periode mit schöner Regelmäßigkeit. Natürlich maßte sie sich nicht an, erwachsen zu sein, und das wollte sie auch gar nicht. Aber groß werden, endlich mehr Freiheit bekommen – das war etwas, das sie als drängende Sehnsucht in ihrem Herzen verspürte. So sehr sie ihren Vater mochte und ihre Mutter liebte – so spürte sie doch fast die meiste Zeit eine seltsame und scheinbar grundlose Wut und Aggression gegen sie, hatte das Gefühl, dass sie sie nicht oder nicht mehr verstanden, dass sie, die ihr doch am nächsten waren, keine Ahnung hatten, wer sie war. Und manchmal, heimlich, träumte Carola von Jungs, davon, wie es wohl wäre, einen richtigen Freund zu haben, einen, mit dem man ging, mit dem man zusammen war, und was man dann so miteinander anfangen könnte. Wie es sich wohl anfühlte zu küssen?

Es gab Mädchen in Carolas Klasse, die von solchen Dingen erzählten – vom Küssen und vom Miteinandergehen. Wenn sie ehrlich zu sich selbst war, wusste Carola nicht recht, was sie von solchen Erzählungen halten sollte – das begann schon damit, dass ihr nicht ganz klar war, wo die anderen Mädchen diese Jungen, die man küssen konnte, überhaupt kennenlernten. In anderen Schulen mochte das vielleicht nahe liegen, aber in Carolas Schule gab es keine Jungs.

Und selbst wenn sie nicht auf eine reine Mädchenschule gegangen wäre: Carola war sich sehr wohl bewusst, dass sie nicht gerade zu der Sorte von Mädchen gehörte, auf die Jungs standen – sie hatte eine Zahnspange, Sommersprossen und rote Haare. Na ja, nicht wirklich rot, mehr rotbraun – „kastanienbraun“ sagten ihre Eltern dazu und Carola fand, dass der Begriff den Farbton recht gut beschrieb. Auch hatte ihr Haar, obwohl es sich von Natur aus und besonders wenn es nass wurde, in Locken legte, den glatten, glänzenden Schimmer von reifen Kastanien, es fühlte sich sogar so ähnlich an, fand Carola, seidig und irgendwie kühl. Sie selbst mochte ihr Haar und die anderen machten sich auch nicht eigentlich darüber lustig. Aber es war etwas, was Carola von den anderen Mädchen unterschied. Und es war nicht das Einzige. Carola fühlte sich in der Gesellschaft ihrer Klassenkameradinnen meist unwohl – die anderen redeten viel und laut, Carola behielt ihre Gedanken im Allgemeinen lieber für sich. Die anderen liebten Ballspiele und eine bestimmte Art von Musik. Carola konnte mit beidem nichts anfangen. Auch der Sitte, sich in Rudeln zusammenzufinden und klug daherzuschwatzen, konnte sie nichts abgewinnen. Am liebsten hatte Carola ihre Ruhe und vertiefte sich in ein Buch. Im Lernen war sie die Beste, bis auf Mathe, da war sie Durchschnitt. Aber in den anderen Fächern, vor allem in Deutsch und in Zeichnen, konnte ihr niemand das Wasser reichen. Das entschädigte sie insgeheim dafür, dass sie nie wirklich dazugehört hatte.

Carola war das im Grunde egal. Sie wollte gar nicht so sein wie die anderen Mädchen in der Klasse. Viel eher wollte sie – anders sein. Anders als die anderen.

Es war schon August und wie jedes Jahr waren die Eltern mit ihr in ihr Ferienhaus in die Südsteiermark gefahren. Papa musste zwar wochentags nach Graz arbeiten fahren, aber Mama war immer hier, denn sie war Lehrerin und hatte ebenso lange Ferien wie sie selbst. Das fand Carola spitze, denn sie war gern hier. Besonders lustig war es freilich, wenn Alexandra vorbeikam, das war ein Mädchen aus der Nachbarschaft, ihre Eltern waren Weinbauern und eigentlich kam sie fast jeden Tag.  Alexandra war nicht so wie die Mädchen in Carolas Schule in der Stadt. Alexandra war – anders. Nicht auf dieselbe Weise wie sie, aber doch eindeutig anders als ihre Mitschülerinnen. Alexandra war ein bisschen pummelig und wollte nicht cool sein und über Jungs reden. Sie redete zwar auch gern und viel, aber was sie sagte, war interessant – zum Beispiel, dass sie, wenn sie groß war, Tierärztin werden wollte. Die beiden konnten sich stundenlang über Tiere unterhalten, über das Leben auf dem Land, über den Wald. Gern malten sie sich aus, wie es wäre, im Wald zu leben, ganz allein, ohne Erwachsene. Wenn sie selbst für sich sorgen müssten, wenn sie sich ein Baumhaus bauen könnten und wenn sie jagen müssten, sich Pfeil und Bogen schnitzen, Beeren und Kräuter sammeln und am Ende des Sommers auf den Feldern die reifen Maiskolben stehlen und die Trauben aus den Weinbergen. Ein Feuer machen und miteinander singen und sich Geschichten erzählen. Ritter spielen, Burgfräulein und Hofdame, Prinzessin und Prinz oder Hexenschwestern.

Mit Alexandra verging die Zeit immer wie im Flug und Mama regte sich zum Glück nicht auf, wenn sie stundenlang unterwegs waren. Sehr gern gingen sie auch mit Hasso spazieren, das war Alexandras Hund – also nicht ihr persönlicher, sondern der ihrer Familie. Mit ihm spazieren zu gehen war ursprünglich Carolas Idee gewesen und Alexandra hatte sie deshalb ausgelacht. „Hier geht niemand mit seinem Hund spazieren!“, hatte sie gesagt und dabei ihren dunklen Haarschopf geschüttelt. Aber dann hatte sie die Idee doch spannend gefunden, und Carolas Mama war mit den beiden in die nächste Stadt gefahren und sie hatten sich ein Hundehalsband und eine Leine besorgt. Hasso hatte – nach gewissen Anfangsschwierigkeiten – ebenfalls Gefallen daran gefunden, mit den beiden jungen Frauerln unterwegs zu sein in Wald und Feld und Wiese.

Für Carola war Hasso ein Freund wie Alexandra ihre Freundin war. Es war schön, sein Fell zu streicheln, mit ihm herumzutollen oder Rücken an Rücken mit ihm dazuliegen.

Heute war Alexandra nicht da gewesen, denn sie war mit ihren Eltern und ihren beiden Schwestern übers Wochenende zu Verwandten in die Obersteiermark gefahren, irgendeine Tante hatte Geburtstag und da blieben sie gleich länger.

Somit hatte der ganze Tag nur ihr gehört, ihr und ihren Träumen. Und sie hatte stundenlang zu dem Zeit gehabt, was sie am liebsten tat, wenn sie allein war: Sie hatte gezeichnet.

Unten war die Mutter damit beschäftigt, das Abendessen herzurichten. Wenn Papa kam, würden sie sie rufen und dann würden sie essen. Carola war der Mutter dankbar, dass sie nicht immer im Haushalt mithelfen musste, nur wenn sie Lust dazu hatte. Das war ohnehin meistens, aber eben nicht immer der Fall.

Jetzt zum Beispiel stand sie viel lieber an dem kleinen Dachfenster in ihrem Zimmer, denn das Licht war in dieser Stunde so golden und ließ die Konturen von allem so deutlich hervortreten, dass Carola jedes Mal wieder von neuem fasziniert davon war. Es war das beste Licht, sich Geschichten auszudenken. Carola liebte dieses Licht, das es nur im Sommer, nur zu einer bestimmten Tageszeit gab.

Carola stand unbeweglich am Fenster und hielt ihren Blick auf die Hügel geheftet, die sich bis zum Horizont vor ihr ausbreiteten und jede Faser ihres Inneren hängte sich an das unspektakuläre und doch für sie so berührende Schauspiel, wie sich über die hügelige Landschaft, über die sie blicken konnte, das glühende Licht des Abends mit dem Grün der Wiesen zu einer ganz eigentümlichen Stimmung vermählte. Das Leuchten schien dann gleichsam von oben und von unten gleichzeitig zu kommen, aus dem Himmel, auf dem die Sonne sich langsam in Richtung Horizont bewegte, aber zugleich auch war es, als würde es von dem Grün der Erde hervorbrechen. Es war einfach unglaublich schön.

Durch das weit geöffnete Fenster spürte Carola eine leichte Brise, die über ihr Gesicht streichelte, und ihr Blick ging weit in die Ferne. Das Gras stand hoch, wenn sie durchlaufen würde, würde es ihr bis übers Knie reichen. Der Wind, der mit dem Abend aufgekommen war, strich mit einer großen, fließenden Bewegung leise durch die hohen Halme und setzte sie sanft in Bewegung. Wenn man es aus der Entfernung betrachtete, sah es so aus, als wären es Wellen, denn die leichten Spitzen der Gräser nahmen jede Schwingung, jedes Atemholen des Windes auf und setzten es in eine fortlaufende Bewegung um.

Was wäre nahe liegender gewesen, als sich von diesem Ausblick zum Träumen verleiten zu lassen? Carola träumte mit offenen Augen und sie träumte nicht zum ersten Mal, längst hatte sie einen Namen für das Naturschauspiel gefunden, das sie so gerne beobachtete und das sie, so oft sie das Glück hatte, es zu sehen, immer wieder in seinen Bann zog. Für Carola war es das „Gräsermeer“, das da vor ihrem Fenster dahinwogte.

Carolas Gedanken gingen auf die Reise und vor ihrem inneren Auge stellte sie sich vor, dass auf diesem Meer ein Schiff gefahren kam, dort hinten am Horizont. Und es wir nicht irgendein Schiff, es war ein ganz bestimmtes. Es war immer dasselbe – es hatte drei hohe Masten, voll getakelt mit weißen Segeln und zahllosen Tauen, die die Segel und die Masten hielten. Im Wind hörte sie das Knarzen und Ächzen der hölzernen Schiffsplanken, und wenn sie tagsüber auf dem Holzstoß hinter dem Schuppen saß – einem ihrer Lieblingsplätze –, dann sog sie den Geruch des warmen Holzes ein und es war genau dieser Geruch, der ihr nun von dem Schiff her in die Nase kroch: warmes Holz, von der Sonne gewärmte Planken. Sie roch das Salz und sie roch die Gischt, die nicht da waren, und das Wasser war eine Sommerwiese und der Geruch, den Carola in ihrer Fantasie wahrnahm, war eine Mischung aus beidem – aus Meerwasser und aus frisch gemähtem Gras.

Carola stand wie festgewurzelt. Sie genoss das Gefühl, das nun in ihr aufstieg – es war, als könne sie über das Gräsermeer fliegen, weit, weit bis hin zum Horizont, und dann könnte sie auf das Schiff gehen und mit ihm fahren, irgendwohin, in die Welt hinaus, über alle Meere und Ozeane. Sie fühlte sich frei, so frei, nichts, niemand konnte sie mehr halten oder hemmen. Es gab nichts anderes, was sie tun musste. Keine Schule, keine Hausaufgaben, keine Schularbeiten, keine Mama und keinen Haushaltskram. Keine Zahnspange, keine schnatternden Gänse auf dem Pausenhof, keine langweiligen Mathestunden, keine unerfüllten Träume. Keine Unsicherheit, keine Wut, keine Sorge um das, was kommen würde.

Vor ihr einfach nur Weite. Und ein Gefühl, dass sie stark war, unbeschreiblich stark, mutig und frei. Sie wäre eine Piratenlady auf diesem Schiff, das ein Piratenschiff war. Und genau das würde ihr Leben sein …

„Carola! Carola, komm Essen!“

Carolas Traum platzte wie eine Seifenblase. Dennoch brauchte sie ein paar Sekunden, bis sie vollständig in die Realität zurückkehren konnte, die aus ihrer Dachstube im Ferienhaus ihrer Eltern bestand, aus dem Rufen der Mutter und aus den Stimmen ihrer Eltern, die von unten zu ihr heraufdrangen, gemischt mit dem Geklapper des Geschirrs und des Bestecks auf dem zum Abendessen fertig gerichteten Tisch.

Carola seufzte, dann strich sie mit einer unbewussten Geste ihr langes Haar aus dem Gesicht und wandte sich der steilen Holztreppe zu, die nach unten ins Erdgeschoss führte.

Kapitel 1

Unbeweglich saß Carola in ihrem hellen Ledersessel, den Kopf leicht in den Nacken gelegt, die Augen geschlossen. Carola schlief nicht, sie war weit davon entfernt. Ihre Augäpfel machten zuckende Bewegungen, ihr Atem ging flach, aber seltsam schnell, ihre gesamte Körperhaltung verriet äußerste Anspannung. Die Knie presste sie so fest gegeneinander, dass an den Innenseiten rote Flecken entstanden, der Schweiß sammelte sich zwischen ihren Beinen und rann in trägen Rinnsalen die Schenkel und Waden hinunter. Draußen hatte es noch immer beinahe dreißig Grad, obwohl die Schatten, die die Alleebäume vor Carolas Wohnzimmerfenster auf die staubige und beinahe ausgestorbene Straße des Vorstadtbezirkes zeichneten, langsam länger wurden und der Nachmittag allmählich verklang. Doch es war August und die Sonne auf dem Höhepunkt ihrer Kraft. Carola bemerkte nichts von alledem.

Ihr Haar klebte ungewaschen an ihrem Kopf, sie hatte es irgendwann mit einer unbewussten Geste aus der Stirn gestrichen, nur eine der widerspenstigen Locken hatte sich aus der ihnen zugedachten Ordnung gelöst und war ihr über die Augenbrauen gerutscht.

Carola nahm es nicht wahr.

Carola war bei Hannes.

Zwar saß sie immer noch da, in ihrem ärmellosen T-Shirt und in Shorts, in ihrer Wohnung, in der Hitze des Sommers, doch es war nur ihr Körper. Ihr Geist, ihre Seele, alles, was sie sonst noch war und ausmachte, waren weit weggeflogen.

Hannes war Carolas Ehemann gewesen, mehr als zwanzig Jahre lang.

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