Wertorientiertes Finanzmanagement - Wilhelm Schmeisser - E-Book

Wertorientiertes Finanzmanagement E-Book

Wilhelm Schmeisser

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  • Herausgeber: UVK
  • Kategorie: Fachliteratur
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2015
Beschreibung

Ziel des wertorientierten Finanzmanagements ist es, den Bestand und das Überleben des Unternehmens zu sichern. Hierzu unterstützen die Segmentberichte bei der Etablierung eines Portfoliomanagements auf Unternehmensebene. Dieses Fachbuch fügt die dafür erforderlichen betriebswirtschaftlichen Analyseverfahren, die relevanten Rahmenbedingungen und die strategischen Zielsetzungen anschaulich und praxisnah zusammen. Die Autoren sind Experten in ihrem Gebiet und finden die richtige Balance zwischen theoretischer Fundierung und konkreten Anwendungsmöglichkeiten. Zudem wird auch eine internationale Ausrichtung des Finanzmanagements berücksichtigt.

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Wilhelm Schmeisser

Peter P. Eckstein

Ralf Hafner

Gerfried Hannemann

Jörg K. Stengel

Handbuch Wertorientiertes Finanzmanagement

Dieses Buch widmen wir

Univ.-Prof. Dr. Günter Müller-Stewens, St. Gallen

Vorwort

Gemäß dem ökonomischen Rationalprinzip der Betriebswirtschaftslehre gilt es, mit einem gegebenen Aufwand den maximalen Ertrag bzw. mit minimalem Aufwand einen gegebenen Ertrag zu erreichen. Dies ist sowohl an der Börse bzw. im Kapitalmarktsektor als auch im Industriebetrieb (Realwirtschaft) gängige Praxis und Maßstab für ein wirtschaftliches Handeln. Während in der kapitalmarktorientierten Finanzierungstheorie, sprich an der Börse, vor allem anhand von Rendite und Risiko der Erfolg im Aktienportefeuille gemessen wird, ist es für einen Industriebetrieb essentiell, eine langfristige Rendite mit seinen Geschäftsfeldern bzw. in seinem (Technologie-)Portefeuille zu erzielen. Innovationen sind der Garant und das Risiko, die für den Fortbestand des Unternehmens stehen bzw. den Fortbestand des Industriebetriebes gewährleisten.

Das Portfoliomanagement ist für beide Erfolgsmodelle, Börse und Industriebetrieb, eine grundlegende Methode und Instrument auf dem Weg sowohl die Rendite als auch die internationale Innovationswettbewerbsfähigkeit zu erreichen. Obwohl sich die Rahmenbedingungen im Finanzsektor „Börse“ in vielerlei Hinsicht von denen der Realwirtschaft eines Industriebetriebes unterscheiden, wird der Begriff Portfoliomanagement, aus Unwissenheit oder Gedankenlosigkeit in verschiedenen Funktionen der Betriebswirtschaft, z.B. Marketing, Strategisches Management, Finanzwirtschaft, Bankbetriebswirtschaftslehre, Rechnungswesen, Controlling usw., synonym verwendet und nicht klar voneinander abgegrenzt.

Ähnliche Probleme wie bei den Portfolioansätzen gelten auch für die Unternehmensbewertungsmodelle. Oft ist nicht geklärt, welche Finanzierungstheorien welche Unternehmensbewertungsmodelle bevorzugen und warum. Hier eine gewisse argumentative Klärung zu erzielen ist u.a. Aufgabe dieses Lehrbuches.

Auch dieses Mal wollen wir es nicht versäumen, uns für die gute Betreuung unseres Buches durch Herrn Dr. Jürgen Schechler beim UVK-Verlag zu bedanken.

Berlin/Nürnberg

Die Verfasser

Die Autoren

Prof. Dr. Dr. s.c. Peter Eckstein lehrt Statistik und Mathematik an der Hochschule für Technik und Wirtschaft, Berlin.

Prof. Dr. Ralf Hafner lehrt International Business mit Schwerpunkt Finance and Accounting an der Hochschule für Technik und Wirtschaft, Berlin.

Prof. Dr. Dr. sc. Gerfried Hannemann ist emeritierter Professor für Betriebswirtschaftslehre der Hochschule Anhalt und Lehrbeauftragter an der Hochschule für Technik und Wirtschaft, Berlin.

Dora Höhne, Master of Science im Studiengang Finanzdienstleistungen-Risikomanagement, freie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Kompetenzzentrum Berlin.

Simon Ohlmeier, Bachelor of Arts (HTW) sowie Master of Science (FU-Berlin), freier wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kompetenzzentrum Berlin.

Vincent Petsch, Bachelor of Arts (HTW) und London (Westminister Business School) sowie Master of Finance, Accounting, Corporate Law & Taxation (HTW), wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kompetenzzentrum Berlin, arbeitet bei KPMG als Unternehmensberater im Bereich Management Consulting.

Prof. Dr. habil. Wilhelm Schmeisser, Professor an der HTW Berlin für Betriebswirtschaft und Direktor des Kompetenzzentrums „Internationale Innovations- und Mittelstandsforschung“, Berlin.

Natalia Stefanenko, Bachelor of Arts, Master of Science im Studiengang Finanzdienstleistungen-Risikomanagement, freie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Kompetenzzentrum Berlin.

Dipl.-Kfm. M.Sc. (Math.) Jörg K. Stengel, Unternehmensberater, freier wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kompetenzzentrum Berlin. Jörg K. Stengel ist anerkannter Aktuar AVÖ, Aktuar DAV, Schwerpunkt ist zurzeit die betriebliche Altersversorgung.

Inhaltsübersicht

Vorwort

Die Autoren

Abkürzungsverzeichnis

1

Prof. Dr. habil. Wilhelm Schmeisser und M.Sc. Dora Höhne

Von der „Traditionellen Finanzierungslehre“ zum „Wertorientierten Finanzmanagement“

2

Prof. Dr. sc. Peter P. Eckstein

Eine Banknote als Ausgangspunkt historischer und datenanalytischer Betrachtungen

3

Prof. Dr. Ralf Hafner

Unternehmensbewertung

4

B.A. M.Sc. Simon Ohlmeier und Prof. Dr. habil. Wilhelm Schmeisser

Quantitative Bewertung von Synergiepotenzialen im Rahmen der Unternehmensbewertung auf Basis von Merger and Acquisition-Transaktionen

5

B.A. M.Sc. Vincent Petsch, B.A. M.Sc. Natalia Stefanenko, Dipl.-Kfm. M.Sc. Jörg K. Stengel und Prof. Dr. habil. Wilhelm Schmeisser

Zur Widersprüchlichkeit der Portfolio Selection Theory im Vergleich zum strategischen, wirtschaftsprüferorientierten Portfoliomanagement einer Konzernbilanz

6

Prof. Dr. Dr. sc. Gerfried Hannemann

Wert-/Erlössicherung im Exportgeschäft mit Devisenforwards

Index

Inhalt

Vorwort

Die Autoren

Abkürzungsverzeichnis

Von der „Traditionellen Finanzierungslehre“ zum „Wertorientierten Finanzmanagement“

1.1 Finanzierungstheorien, deren terminologische Grundlagen, Logik und Ziele

1.1.1 Traditionelle Finanzierungstheorie

1.1.2 Kapitalmarktorientierte Finanzierungstheorie auf der Basis volkswirtschaftlicher Überlegungen

1.1.3 Neo-institutionelle Finanzierungstheorie auf der Basis volkswirtschaftlicher Überlegungen

1.1.4 Behavioral Finance auf der Basis volkswirtschaftlicher und verhaltenswissenschaftlicher Überlegungen

1.2 Wertorientiertes Finanzierungsmanagement

Eine Banknote als Ausgangspunkt historischer und datenanalytischer Betrachtungen

2.1 Historische Notizen und mathematische Einblicke

2.2 Datenanalytische Betrachtungen

2.2.1 Zeitreihenanalytische Betrachtungen

2.2.2 Verteilungsanalytische Betrachtungen

2.2.3 Korrelationsanalytische Betrachtungen

2.2.4 Regressionsanalytische Betrachtungen

2.2.5 Wertpapieranalytische Betrachtungen

2.3 Schlussbemerkungen und Literaturhinweise

Unternehmensbewertung

3.1 Überblick

3.2 Discounted-Cashflow-Methode (DCF-Methode)

3.2.1 Varianten der DCF-Methode

3.2.2 Enterprise-DCF-Methode

3.3 Comparable Companies Analysis

3.3.1 Übliche Multiplikatoren

3.3.2 Die Suche nach vergleichbaren Unternehmen

3.3.3 Aufbereitung des Zahlenmaterials

3.3.4 Ableitung einer Wertbandbreite

3.4 Precedent Transactions Analysis

3.5 Weitere Bewertungsverfahren

3.5.1 LBO-Bewertung

3.5.2 Optionspreisbasierte Bewertungsverfahren

3.5.3 Asset-based Bewertungsverfahren (Substanzbewertungen)

3.5.4 APV-Bewertung

3.5.5 Ertragswertverfahren

3.6 Ausgewählte Einzelaspekte

3.6.1 Liquide Mittel

3.6.2 Beteiligungen, Anteile anderer Gesellschafter und sonstige gesondert zu bewertende Vermögensgegenstände

3.6.3 Pensionszusagen und Rückstellungen

3.6.4 Außerbilanzielle Finanzierungsformen

3.6.5 Aktienoptionen, Wandel- und Optionsanleihen

3.7 Das Spannungsfeld zwischen Auftraggebern, Bewertern, Zielsetzungen von und Spielräumen bei Unternehmens-bewertungen

3.7.1 Auftraggeber und ihre Zielsetzungen

3.7.2 Bewerter und ihre Zielsetzungen

3.7.3 Spielräume

3.8 Wert und Preis – ein kurzer Exkurs in die Theorie der Unternehmensbewertung

3.8.1 Unternehmenswerte und Unternehmenspreise

3.8.2 Intrinsische (objektive, objektivierte) und subjektive Unternehmenswerte

3.8.3 Funktionale Unternehmensbewertungstheorie

3.9 Literatur

Quantitative Bewertung von Synergiepotenzialen im Rahmen der Unternehmensbewertung auf Basis von Merger and Acquisition-Transaktionen

4.1 Merger and Acquisition unter Synergieeffekten als Vorüberlegung eines industriellen Konzerns

4.2 Terminologische Grundlagen zu Merger & Acquisition

4.2.1 Grundlegendes zu Fusionen und Akquisitionen

4.2.2 Arten von Merger & Acquisition Aktivitäten

4.2.3 Motive für M&A

4.3 Theoretische Grundlagen zu Synergien

4.3.1 Systematisierung von Synergien

4.3.2 Synergien als Werttreiber von Akquisitionsstrategien

4.4 Identifikation und Quantifizierung von Synergiepotenzialen

4.4.1 Strategische Analyse und Identifikation von Potenziellen Übernahmekandidaten

4.4.2 Synergieorientierte Due Diligence-Konzeption

4.4.3 Identifikation der Synergiepotenziale

4.4.4 Einfluss der Synergien auf den Kaufpreis

4.4.5 Auswirkungen von Akquisitionen auf den Börsenkurs

4.5 Instrumente und Verfahren zur Bewertung von Synergien

4.5.1 Fusionen und Akquisitionen als Bewertungsanlässe

4.5.2 Bewertung der Synergiepotenziale mithilfe der Verfahren der Unternehmensbewertung

4.6 Vorbereitung der Transaktions- und Integrationsphase

4.7 Zusammenfassung

4.8 Literaturverzeichnis

Zur Widersprüchlichkeit der Portfolio Selection Theory im Vergleich zum strategischen, wirtschaftsprüferorientierten Portfoliomanagement einer Konzernbilanz

5.1 Portfoliomanagement auf dem Prüfstand

5.2 Theoretische Grundlagen

5.2.1 Portfolio Selection Theory

5.2.2 Strategisches, unternehmerisches bzw. wirtschaftsprüfer-orientiertes Portfoliomanagement

5.3 Beschreibung und Analyse der Portfolio Selection Theory

5.3.1 Vorbereitungsprozess

5.3.2 Auswahlprozess

5.3.3 Erlangungs-, Verwaltungs- und Ausgliederungsprozess

5.3.4 Anwendung in der Praxis und Kritik

5.4 Beschreibung und Analyse des unternehmerischen, strategischen Portfoliomanagements

5.4.1 Vorbereitungsprozess

5.4.2 Auswahlprozess

Exkurs

5.4.3 Erlangungsprozess

5.4.4 Integrationsprozess

5.4.5 Ausgliederungsprozess

5.4.6 Anwendung in der Praxis und Kritik

5.5 Vergleich der Portfolio Selection Theory mit dem strategischen, unternehmerischen Portfoliomanagement

5.6 Exkurs: Portfolio Selection Theory mathematisch dargestellt

5.6.1 Entscheidungen zu Einzelinvestitionen

5.6.2 Entscheidungen zu Portfolioinvestitionen

Anhang 1: Risikotoleranzermittlung von Privatanlegern

Anhang 2: Nutzenberechnung der Portfolios aus Aktie A und Aktie B

Anhänge 3: Zur Auswertung von Geschäftsberichten zur Erstellung von Portfolios

5.7 Literatur- und Quellenverzeichnis

Wert-/Erlössicherung im Exportgeschäft mit Devisenforwards

6.1 Wechselkurs und Wechselkursriko

6.2 Prinzipielle Funktionsweise des Forward

6.3 Forward-Modifikationen und ergänzende/alternative Instrumente

Literatur- und Quellenverzeichnis

Index

Abkürzungsverzeichnis

AktG

Aktiengesetz

BCG

Boston Consulting Group

BGB

Bürgerliches Gesetzbuch

BRIC

Brasilien, Russland, Indien, China

c.p.

ceterius paribus

DCF

Discounted Cashflow

DRS

Deutsche Rechnungslegungs-Standards

e.V.

eingetragener Verein

EDV

Elektronische Datenverarbeitung

EG

Europäische Gemeinschaft

EstG

Einkommensteuergesetz

F&E

Forschung und Entwicklung

GE

Geldeinheiten

GF

Geschäftsfeld

GmbHG

GmbH-Gesetz

HGB

Handelsgesetzbuch

i.d.F.

in der Fassung

IC

Invested Capital

IDW

Institut der Wirtschaftsprüfer

IFRS

International Financial Reporting Standards

KStG

Körperschaftsteuergesetz

LBO

Leveraged-Buy-out

M&A

Mergers and Acquisitions

MBI

Management-Buy-in

MBO

Managment-Buy-out

MVA

Market Value Added

MVP

Minimum-Varianz-Portfolio

NOPAT

Net Operating Profit After Tax

PIMS

Profit Impact of Market Strategy

SGE

strategische Geschäftseinheit

SGF

strategisches Geschäftsfeld

UmgrStG

Umgründungssteuergesetz

UmwG

Umwandlungsgesetz

WACC

Weighted Average Cost of Capital

1 Von der „Traditionellen Finanzierungslehre“ zum „Wertorientierten Finanzmanagement“

von Wilhelm Schmeisser und Dora Höhne

Wissensziele

Sie sollen die fünf Finanzierungstheorien benennen und sie kurz beschreiben und kritisch gegeneinander abgrenzen können.Sie sollen kritisch erklären können, warum die Betriebswirtschaftslehre sich mit volkswirtschaftlich geprägten Finanzierungstheorien für Industriebetriebe sehr schwer tut.Sie sollen die Anwendung der Portfoliotheorie nach Markowitz im Privatkundengeschäft einer Bank von der Portfoliomatrix unterscheiden lernen, die von der Segmentanalyse aus der Jahresabschlussanalyse eines Konzerns abgeleitet und erstellt wird.Sie sollen wissen, dass jede Finanzierungstheorie ihre eigenen Unternehmensbewertungsmodelle präferiert und argumentativ begründet.Sie sollen das wertorientierte Finanzmanagement aus der traditionellen Finanzierungslehre argumentativ ableiten und entwickeln lernen.Sie sollen die Grundzüge, Annahmen und Denkmodelle und Methoden des wertorientierten Finanzmanagements skizzieren, vorstellen und beschreiben können.

1.1 Finanzierungstheorien, deren terminologische Grundlagen, Logik und Ziele

Im Buch Schmeisser, W./Hannemann, G./Krimphove, D. u.a. (2012): Finanzierung und Investition, UTB basics, München, wird im ersten Kapitel von drei Finanzierungstheorien ausgegangen, und zwar von der traditionellen Finanzierungslehre, der kapitalmarktorientierten Finanzierungstheorie und der neo-institutionalistischen Finanzierungstheorie. Hier wird Schmidt, R./Terberger, E. (1997) und Schäfer, H. (2002) gefolgt. In diesem Handbuch werden jetzt fünf Finanzierungstheorien diskutiert (vgl. Abb. 1.1 und 1.2). Es kommen in diesem Buch zum Einen die Behavioral Finance-Theorie und das Wertorientierte Finanzmanagement als weitere Finanzierungstheorien hinzu. Hintergrund der Erweiterung der Finanzierungstheorien sind mehrere Hypothesen, die dieses Buch leiten:

(These 1): Die unterschiedlichen Sichtweisen der Finanzierungstheorien geben nicht nur die Spannweite der Beschreibung, Analyse, Erklärung und Gestaltungsmöglichkeiten von Finanzierungsphänomen wider, sondern bestimmen besonders, welche Instrumente und Methoden eines industriell geprägten, wertorientierten Finanzmanagements angewendet werden müssen, beispielsweise bei der Unternehmensbewertung das Ertragswertverfahren und der Economic Value Added (EVA)-Ansatz sowie die Segmentberichterstattung, um die Portfoliomethode zur Analyse der Segmente im Rahmen der Erfolgsanalyse, als Teil der Finanzanalyse, durchzuführen (nicht nach der Portfolioselektion-Theorie nach Markowitz, die nur für Aktien gilt, aber für Industriebetriebe mit ihren Geschäftsfeldern bzw. mit ihren Segmenten nicht anwendbar ist, da bei Geschäftsfeldern auf Synergieeffekte maßgeblich Wert gelegt wird).

(These 2): Es wird davon ausgegangen, dass sich das wertorientierte Finanzmanagement aus der traditionelle Finanzlehre entwickelt hat, und zwar erstens durch den güter- und leistungswirtschaftlichen Bezug des Erfolgsmodells Industriebetrieb, zweitens durch den Shareholder Value-Ansatz, und drittens durch den International Financial Reporting Standard (IFRS), der zumindest die rechnungswesensorientierte Basis des wertorientierten Finanzmanagements bildet (vgl. Abb. 1.3).

(These 3): Die kapitalmarkttheoretischen Finanzierungstheorien, die auf volkswirtschaftlichen Grundüberlegungen beruhen, brillieren zwar durch ihre mathematischen Modelle wie die Portfolio Selection Theory oder die Discounted Cashflow-Verfahren bei der Unternehmensbewertung, blenden aber die „Realwirtschaft“ mehr oder weniger aus und können deshalb nur begrenzt auf betriebswirtschaftliche Fragestellungen angewandt werden. Hinzu kommt, dass über das Erfolgsmodell Börse bei den kapitalorientierten Finanzierungstheorien z.B. bei Hedgefonds, die eine 1000%-Rendite gegenüber Ländern, Währungen und sanierungsbedürftigen Unternehmen anstreben (ansonsten ist bereits bei 18% Rendite der rechtliche Tatbestand des Wuchers gegeben), eine gewisse „Piraterie“ auf globalen, nicht regulierten Finanzmärkten betreiben.

(These 4): Sowohl bei den Banken im Firmenkundengeschäft, beim Rating, im Rahmen von Mergers and Acquisitions-Aktivitäten von internationalen Unternehmen, aber auch in der Wirtschaftsprüfungspraxis werden Unternehmen nach dem wertorientierten Finanzmanagement beurteilt.

(These 5): Zum besseren Verständnis des wertorientierten Finanzmanagements und als modellmäßige Grundlage zur Reflexion des Buches wird die kapitalmarktorientierte Finanzierungstheorie ausführlich zugrunde gelegt, aber auch der Behavioral Finance-Ansatz behandelt, um das Spannungsfeld des betriebswirtschaftlichen Finanzmanagements deutlicher hervorzuheben und die Probleme der nicht-regulierten Finanzmärkte durch Schattenbanken wie Bad Banks, Hedge-Fonds, Private-Equity-Modelle mit internationalen, legalen Steuerhinterziehungsmodellen durch Banken deutlicher herauszuarbeiten.

1.1.1 Traditionelle Finanzierungstheorie

In der Literatur wird der Begriff Finanzierung, aber auch der der Investition und deren Zusammenhang unterschiedlich beschrieben und definiert. Die traditionelle Finanzierungslehre wählt den Industriebetrieb als Erfolgsmodell und Ausgangspunkt ihrer wissenschaftlichen Betrachtungen. Ziel des Industriebetriebes ist es, im Sinne der klassischen volkswirtschaftlichen Auffassung, eine größtmögliche Bedürfnisbefriedigung oder maximale Nutzenerzielung der Konsumenten zu erreichen. Der historische Hintergrund der traditionellen Finanzierungstheorie ist, dass vor über 150 Jahren auch in Deutschland Industriebetriebe wie Siemens, AEG, Bosch, Bayer, BASF, Krupp und Thyssen, später Mercedes-Benz, VW oder BMW die junge Wissenschaft Betriebswirtschaftslehre stark geprägt haben. Der Industriebetrieb dient mit seinem Geschäftsmodell dabei der Güter- bzw. Sachzielerzeugung der Volkswirtschaft und damit der Bevölkerung.

Massenproduktion und Massenvertrieb (Marketing) erfordern umfangreiche Investitionen und ziehen entsprechende Finanzierungsprobleme nach sich. Die leistungswirtschaftliche Sphäre mit Beschaffung/Logistik, Materialwirtschaft, Produktion, Forschung und Entwicklung sowie Absatz erfordern laufend Investitionen, die zu finanzieren sind. Die Finanzierung wird dabei als Hilfsfunktion des Betriebes angesehen, die für die Investitionen zur Sachzielerstellung notwendig ist. Die Finanzierung nimmt dabei folgende Aufgaben wahr:

Deckung des Kapitalbedarfs für die Investitionen,

Suche nach Finanzierungsformen für das Unternehmen zur Deckung ihres Kapitalbedarfs,

Zins- und Tilgungszahlungen an den Kapitalgeber,

Finanzierung der unterschiedlichen Finanzierungsanlässe (Gründung, Wachstum, Sanierung),

Bei der Bilanzanalyse, als Teil der Finanzanalyse, versucht man mit ausgewählten Kennzahlen die „Goldene Bilanz- und Finanzregel“ zu erfüllen, um so rechtzeitig Insolvenzanzeichen des Unternehmens zu erkennen.

Wahrung des finanziellen Gleichgewichts (d.h. der Liquidität), um beim laufenden Kapitalumschlag zwischen leistungswirtschaftlicher und finanzwirtschaftlicher Sphäre eine Aufrechterhaltung des Güterstroms zu gewährleisten.

Zu analysieren, wann und wo Liquiditätsengpässe beim Kapitalumschlag auftreten, und wie durch eine Finanzplanung und Finanzkontrolle eine Insolvenz vermieden werden kann.

Wie beim Kauf und Verkauf von Unternehmen eine „objektive“ Unternehmensbewertung vorgenommen werden kann. Dabei bedient man sich des Substanzwertverfahrens und später des Ertragswertverfahrens.

1.1.2 Kapitalmarktorientierte Finanzierungstheorie auf der Basis volkswirtschaftlicher Überlegungen

Die Maximierung des Nutzens der oder des Konsumenten im Sinne der utilitaristischen Philosophie ist die Grundlage der Kapitalmarkttheorie. Die Güterversorgung der Volkswirtschaft durch das Unternehmen wird per Prämisse wegdefiniert, und es geht nur noch um den „Nutzen“ der Gelderhaltung bzw. Geldvermehrung mittels des Erfolgsmodells Börse, die symbolisch für den idealen, volkswirtschaftlichen Markt mit allen seinen Gütern steht. Die Börse, die durch ein ideales Portfolio im Sinne der Portfolio-Selection-Theory abgebildet werden kann, bestimmt wiederum, so die Annahme, die „Realwirtschaft“ der Volkswirtschaft bzw. die leistungswirtschaftliche Sphäre des Industrieunternehmens. Wenn in der traditionellen Finanzierungslehre noch die Prüfung der Wirtschaftlichkeit von Investitionen und die Kapitalaufbringung mittels der Hilfsfunktion Finanzierung im Vordergrund des Industrieunternehmens standen, so werden diese Aufgaben des Finanzmanagements durch die Theoreme von Modigliani/Miller wegdefiniert. Nach Modigliani/Miller sind auf einem idealen Markt „Börse“ Investitions- und Finanzierungsentscheidungen gleich, und deshalb nur noch Geldanlageentscheidungen des Investors (z.B. des Hedge-Fonds). Der ideale Markt, die Börse, die mehr oder weniger dem Portfolio des (Konzern-)Unternehmens entsprechen soll, muss nach mathematisch-wahrscheinlichkeitstheoretischen Überlegungen gesteuert und gestaltet werden. D.h. ohne Synergieeffekte eines „normalen“ Industrieunternehmens, wobei auch die Argumentationen eines wertorientierten Strategischen Managements eines Industrieunternehmens keine Rolle spielen.

Die Logik der Portfolio Selection Theory und der Kapitalmarkttheorie sind derartig verknüpft, dass behauptet wird, dass Menschen meist sparen wollen und können. Mit einer Transformation von Teilen des Einkommens in Aktien sichern sie sich ihren zukünftigen materiellen Wohlstand bzw. höheren Nutzen

Im Zentrum der Portfolio Selection Theory steht die Frage des privaten, individuellen Anlegers oder Investors, welche Geldbeträge er in die einzelnen Aktienanlage-möglichkeiten binden will oder soll. Bei diesem Entscheidungsproblem spielen Rendite und Risiko unter verschiedenen Daten- und Erwartungskonstellationen eine entscheidende Rolle, insbesondere:

Wie könnte ein optimales Portfeuille berechnet werden?

Welche Einflussgrößen bestimmen den Kurs einer Aktie oder den Preis einer Option oder eines Futures?

Welche statistischen Methoden und Tests (Varianz, Korrelation, Signifikanzniveau etc.) sind geeignet, die Modelle der Portfolioselektion-Theorie und die analytisch gewonnenen Aussagen der Kapitalmarkttheorie empirisch zu validieren?

Kritisch muss dazu angemerkt werden, dass man versucht hat, die Überlegungen zu den Aktienportefeuilles auf die Problematik von Industrieunternehmen zu übertragen, was unweigerlich schief gehen musste und schief gegangen ist, wie die Banken- und Finanzkrise dies 2007 bis heute belegt. Beispiele hierfür sind Fragen wie diese:

Haben die aus der Portfolio Selection Theory übernommenen Annahmen das Anlageverhalten eines Industriebetriebes beeinflusst?

Haben die gewonnenen Erkenntnisse der Portfolio Selection Theory Einfluss auf die Entscheidungen über Geschäftsmodelle, Strategische Geschäftsfelder, Strategische Geschäftseinheiten des wertorientierten, strategischen (Finanz-)Managements eines Industiebetriebes genommen?

Kann und darf ein Konzernunternehmen, das auf den Kauf und Verkauf von Unternehmen im Rahmen von Mergers and Acquisitions-Aktivitäten setzt, die Unternehmensbewertung durch kapitalmarktorientierte Formeln lösen, wie sie aus dem Capital Asset Pricing Model (CAPM) abgeleitet sind?

Nimmt man die Kapitalmarkttheorie ernst, mit ihrer vollkommenen Information, Rationalität und unüberschaubaren vielen Anbietern und Nachfragern, braucht man auch keine Banken, Versicherungen, Kreditverträge, weitere rechtliche Verträge usw., da keiner den anderen Marktteilnehmer am Erfolgsmodell „Börse“ belügen und betrügen kann, keine nicht werthaltigen Papiere weiterverkaufen kann etc.

Zugute kommt die kapitalmarkttheoretische Finanzierungstheorie sicherlich den Hedge-Fonds, die auf unregulierte Kapitalmärkte setzen. Dass diese Finanzmärkte theoretisch keine großen Finanz-Player im vollkommenen Markt per se vorsehen, wird ignoriert. Lieber bedient man sich der unregulierten Finanzmärkte, um z.B. sanierungsbedürftige Unternehmen über die Börse billigst zu erwerben. Diese sanierungsbedürftigen Unternehmen werden dann von den Hedge-Fonds in die Insolvenz begleitet, um ihre Unternehmensteile dann teuer zu verkaufen („zu filetieren“). Nur so können Hedge-Fonds auf dreistellige Renditen kommen, was wiederum einer modernen Piraterie gleichkommt.

1.1.3 Neo-institutionelle Finanzierungstheorie auf der Basis volkswirtschaftlicher Überlegungen

Im Gegensatz zur neoklassischen oder kapitalmarktorientierten Finanzierungstheorie, die Investition und Kapitalnehmer sowie Finanzierung und Kapitalgeber separiert betrachtet, führt die neo-institutionalistische beide Seiten, d. h. die Investitions- und Finanzierungsseite wieder bewusst zusammen. Die volkswirtschaftliche Vorstellung in dieser Theorie beruht auf der Einsicht, dass Finanz- und Gütertransaktionen zwischen Wirtschaftssubjekten nicht vollkommen marktmäßig durchgeführt werden können. Wobei der unvollkommene Markt zentrale, kostengünstige und effiziente Organisations- und Kontrollfunktionen in der Ausprägung des Unternehmens übernimmt und erzeugt, und dies alles zum höchsten Gesamtnutzen einer Volkswirtschaft. Demnach gehören unternehmerische Bereitstellungen der Güterversorgung durch Industriebetriebe, aber auch staatliche oder sonstige Formen von Unternehmenszusammenschlüssen zu den besondere Formen des Marktversagens aus kapitalmarktorientierter Sicht, aber sind „empirisch“ unvermeidbar. Nach North (1988, S. 207) wird unter Institutionen im Finanzsystem ein System von rechtlichen Regelungen, Kontrakten, Verträgen, Zustimmungsverfahren und ethischen Verhaltensregeln zwischen Banken, Versicherungen und Finanzintermediäre verstanden, das den Gläubigerschutz garantiert. Gerade in Situationen, wenn man glaubt, dass man anderen kein Vertrauen schenken darf, sind die Institutionen und rechtlichen Verträge wegen der Unvollständigkeit der Information und der Nicht-Rationalität der Akteure kaum zu vermeiden.

In der neo-institutionellen Finanzierungstheorie wird aus volkswirtschaftlicher Sicht die Existenz von Unternehmen begründet bzw. warum es aus der Sicht der Property-Right-Theory nicht-marktmäßige Koordinationsmechanismen, wie Unternehmen existieren.

Kritisch ist anzumerken, warum nicht diskutiert wird, dass nur Industriebetriebe ein langfristiges Innovationsmanagement mit langfristigen Investitionen betreiben können, aber keine Börse; und dass der Wettbewerb durch wertorientierte Geschäftsmodelle/ Strategische Geschäftsfelder, die technologisch orientiert sind, von Industriebetrieben strategisch-langfristig und global geführt werden müssen. Also Tatsachen, die das Erfolgsmodell „Börse“ nie leisten kann und wird. Ein Innovationswettbewerb kann über die Börse marktmäßig nicht abgewickelt noch langfristig finanziert werden. Deshalb sind Markt- bzw. Börsenmodelle für langfristige, technologische Innovationswettbewerbe von Industriebetrieben nicht geeignet.

1.1.4 Behavioral Finance auf der Basis volkswirtschaftlicher und verhaltenswissenschaftlicher Überlegungen

Phänomene wie den Bank-Run in Griechenland, dass z.B. sehr viele Griechen ihre Euros von ihren Banken holen und zu Hause verstecken bzw. ins Ausland überweisen, ist vielleicht nicht immer volkswirtschaftlich rational zu verstehen, aber aus der Sicht der Menschen, die einen Grexit fürchten, erklärbar.

Als Facebook an die Börse ging, kauften sehr viele Internet-Freaks Facebook-Aktien, ohne beurteilen zu können, ob der Preis der Aktie zu hoch oder zu niedrig war. Es genügte für sie, dass Facebook ein Programm für sie entwickelt hatte, das sie benutzten. Also Grund genug, Facebook-Aktien zu kaufen.

1996 kauften sehr viele Bürger T-Aktien, da sie davon ausgingen, dass der Wert dieser Aktie nie fallen könnte, sie die Aktie immer zu einem hohen Preis verkaufen könnten und sie sicher immer hohe Dividenden ausgeschüttet bekommen würden. Als die TAktie um 90% sank, beschwerten die Aktionäre bzw. Bürger sich bei Politikern und bei der Regierung, klagten gegen das Unternehmen und wollten ihre Verluste ersetzt bekommen; gleichzeitig stiegen sie aus dem Aktiengeschäft aus und legten ihr Geld wieder in Sparbüchern an.

Die verhaltenswissenschaftliche Finanzierungstheorie beschreibt, analysiert und erklärt das Verhalten der Menschen als volkswirtschaftlich nicht rational und fragt danach, welche Konsequenzen man aus einem derartigen Verhalten ziehen könnte. Beispielsweise spielen Mitläufer- und Machtaspekte beim Kauf von Aktien und/oder Unternehmen eine bedeutende Rolle und nicht utilitaristische Überlegungen.

Fazit: Die Behavioral Finance-Theory untersucht irrationales Anlageverhalten und systematisiert Anomalien am Kapitalmarkt als Resultat von volkswirtschaftlich irrationalem Verhalten.

Aspekte/ KriterienDer Industriebetrieb als Objekt der betriebswirtschaftlichen FinanzierungstheorieTraditionelle FinanzierungslehreCorporate Finance / Wertorientiertes FinanzmanagementWissenschaften/ wissenschaftlicher HintergrundBetriebswirtschaft / RechtswissenschaftenBetriebswirtschaft / Rechtswissenschaften / MathematikErfolgsmodellIndustriebetriebIndustriebetriebGrundannahmenMassenproduktion und Massenvermarktung zur Versorgung der Volkswirtschaft→ Investitionen in derjeistungswirtschaftlichen Sphäre“ bestimmen die Finanzierung unter Beachtung des finanziellen Gleichgewichts, um Konkurs / Insolvenz zu vermeidenNeben Massenproduktion bestimmen Internationalisierung, Mergers and Acquisitions und Innovationsmanagement die Investitionen und die Finanzierung unter Beachtung des Internationalen Cash Managements und des Währungsmanagements zur Erzielung des Shareholder ValueAusgewählte Modelle und AspekteBilanz, Gewinn-und Verlustrechnung, FinanzbudgetierungUnternehmensbewertungsmodelle: SubstanzwertverfahrenErtragswertverfahrenFinanzierungsoptionen in den unterschiedlichen UnternehmenslebenszyklenIFRS-Bilanzanalyse als FinanzanalyseInternationales Cash Management und WährungsmanagementUnternehmensbewertung aus Shareholder-Value-PerspektivePortfoliomanagement auf der Grundlage des Segmentberichts der Konzernjahresabschlussanalyse und des Synergiemanagements

Abb. 1.1: Wertorientiertes Finanzmanagement im Vergleich zu anderen Finanzierungstheorien

Aspekte/ KriterienVolkswirtschaftliche „Finanzmarkte“ als Objekt der betriebswirtschaftlichen Finanzierungstheorien„Menschliches Verhalten“ als Objekt der Behavioral FinanceKapitalmarktorientierte FinanzierungstheorieNeo – institutionalistischer FinanzierungsansatzWissenschaften/wis senschaftlicher HintergrundVolkswirtschaft / Neoklassik / Mathematik / StatistikVolkswirtschaft / Institutionsökonomische AnsätzeVerhaltenswissenschaften / Psychologie / SoziologieErfolgsmodellFinanzmärkte ohne RealwirtschaftFinanzmärkte mit InstitutionenVerhalten des Menschen bei finanziellen ProblemstellungenGrundannahmenVollkommene Informationen aller MarktteilnehmerHomo oeconomicus als „rationaler Mensch“Investirons- gleich Finanzierungslösungen am MarktKeine Institutionen um Investoren zu schützenUnvollkommene Informationen über die FinanzmärkteInstitutionen wie Banken, Versicherungen, Verträge sollen Marktteilnehmer schützen (Kreditsicherungsinstrumente)Der Mensch entscheidet bei Finanzierungsproblemen nicht rationalMitläufer-, Steuer-und Machtaspekte etc. spielen eine bedeutende Rolle bei der FinanzierungAusgewählte Modelle und AspekteMarktinvestitionen in Aktien auf der Grundlage des Portfoliomanagementansatzes von MarkowitzAbsicherung mittels Optionen und Future von „Privat-Kapital“ in AktienUnternehmensbewertung als DCF-VerfahrenTheorie der VerfügungsrechteTransaktionskostenansatzPrincipal - Agent - AnsatzUnternehmensbewertung als DCF-Verfahren und EVA-VerfahrenIrrationales Anlageverhalten als Grundlage der Behavioral FinanceSystematische Anomalien am Kapitalmarkt als Resultat von irrationalem VerhaltenKennzahlenanomalienDrei - Faktoren - Modell von Fama und French

Abb. 1.2: Wertorientiertes Finanzmanagement im Vergleich zu anderen Finanzierungstheorien

1.2 Wertorientiertes Finanzierungsmanagement

Das „Wertorientierte Finanzierungsmanagement“ geht vom Unternehmensziel (The Goal of the Firm) bzw. vom wertorientierten Geschäftsmodell aus (vgl. Apple-Beispiel unten), um hohe Umsätze, Cashflows oder EBITs und einen hohen Unternehmenswert, z.B. in Form von EVAs, zu erzielen. Ansonsten muss das Portfoliomanagement seine Geschäftsmodelle/strategischen Geschäftsfelder bzw. Segmente überprüfen, ob diese noch im Konzernportfolio gehalten werden können oder eliminiert werden müssen. Mittels der Konzernunternehmensbewertung und der Bewertung jedes einzelnen Geschäftsfeldes kann das Konzernportfolio überprüft werden. Gleichzeitig wird zu jedem einzelnen Geschäftsfeld eine Analyse des Strategisches Managements durchgeführt, inwiefern Überlegungen zum PIMS, der Erfahrungskurve, Synergieeffekte und ein kritischer Strategiediskurs hierbei mitberücksichtigt wurden. Es ergeben sich daraus Fragen gemäß IFRS, ob sich im internationalen Jahresabschluss bzw. Finanzcontrolling Strategieüberlegungen widerspiegeln (vgl. Abb. 1.3 und das Apple-Beispiel).

„Apple Computer (AAPL) ignited the personal computer revolution in the 1970s with the Apple II and reinvented the personal computer in the 1980s with the Macintosh. But by 1997, it looked like it might be nearing the end for Apple. Mac users were on the decline, and the company didn´t seem to be headed in any real direction. It was at that point that Steve Jobs reappeared, taking back his old job as CEO of Apple, the company he cofounded in 1976. To say the least, things began to change. In fact, between then and September 2009, the price of Apple´s common stock has climbed by over forty-one-fold!

How did Apple accomplish this? The company did it by going back to what it does best, which is to produce products that make the optimal trade-off between ease of use, complexity, and features. Apple took its special skills and applied them to more than just computers, introducing new products such as the iPod, iTunes, the sleek iMac, the MacBook Air, iPod Touch, and iPhone along with its unlimited “apps”. Although all these products have done well, the success of the iPod has been truly amazing. Between the introduction of the iPod in October 2001 and the beginning of 2005, Apple sold more than 6 million of the devices. Then, in 2004, it came out with the iPod Mini, about the length and width of a business card, which has also been a huge success, particularly among women. How successful has this new product been? By 2004, Apple was selling more iPods than its signature Macintosh desktop and notebook computers.

How do you follow up on the success of the iPod? You keep improving your products and you keep developing and introducing new products that computers want. With this in mind, in March 2009, Apple unveiled its latest version of the iPod Shuffle. At the half the size of the previous generation iPod Shuffle, it has 4 GB of the storage, it is able to hold up to 1.000 songs, and is less than the size of a house key. It even has a new feature called Voiceover that, with the press of a button, tells you the song title or artist.

How did Apple make a decision to introduce the original iPod and now the tiny iPodShuttle? The answer is by identifying a costumer need, combined with sound financial management. Financial management deals with the maintenance and creation of economic value or wealth by focusing on decision making with an eye toward creating wealth. As such, this text deals with financial decisions such as when to introduce a new product, when to invest in new assets, when to replace existing assets, when to borrow from banks, when to sell stocks or bonds, when to extend credit to a customer, and how much cash and inventory to maintain. All of these aspects of financial management were factors in Apple´s decision to introduce and continuously improve the iPod, iPod Shuffle, and iPhone, and the end result is having a major financial impact on Apple. ” (Keown, A. J./Martin, J. D./Petty, J. W.: Foundations of Finance, The Logic and Practice of Financial Management. 7th Edition, Pearson, Boston, New York, San Francisco 2011).

Das wertorientierte Finanzmanagement wird hier als Weiterentwicklung der traditionellen Finanzierungstheorie verstanden. Das Erfolgsmodell „Industriebetrieb“ ist sowohl Grundlage einer allgemeinen, internationalen Betriebswirtschaftslehre, eines wertorientierten Strategischen Managements einschließlich eines technologieorientierten Innovationsmanagements mit einem axiomatischen Geschäftsmodell als auch einer Shareholder Value-orientierten Finanzierungstheorie, die auf Rappaport (1986) zurückgeführt wird.

Zum wissenschaftlichen Hintergrund: Das wertorientierte Finanzmanagement basiert auf einen internationalen, betriebswirtschaftlichen operativen und strategischen Hintergrund mit ausgewählten Aspekten der Rechtswissenschaften, der Finanzmathematik, Mathematik und Statistik.

Grundannahmen: Wie in der traditionellen Finanzierungstheorie wird von der Investitionsseite bzw. der leistungswirtschaftlichen Sphäre des Industriebetriebes ausgegangen, die aber nicht nur ein operatives Working Capital Management in der Beschaffung/Logistik, Produktion, Marketing permanent optimieren muss (vgl. wertorientiertes Geschäftsmodell durch ein Lean-Management bei Toyota), sondern auch strategisch den Industriebetrieb ausrichten muss, z.B. durch den „Integrierten Berliner Innovationsansatz“ (vgl. oben das Apple-Beispiel bzw. Schmeisser 2013, S. 48 ff.). Neue intuitive Geschäftsmodell-Innovationen sind permanente Herausforderungen im Forschungs- und Entwicklungsbereich und in der automatisierten Produktion („Digitale Industrie“), die enorme Investitionen nach sich ziehen und dabei in ein wertorientiertes Geschäftsprozessmodell im Sinne der Lean-Management-Philosophie zu implementieren sind (Schmeisser/Höhne u.a., 2015). Strategien zur Verwirklichung der internationalen Massenproduktion mit internationalen Wertschöpfungsketten und der Umsetzung der Erfahrungskurve bei der internationalen Massenvermarktung stehen dabei im Fokus.

Weiter stehen ausgewählte finanzwirtschaftliche Modelle und Aspekte des Rechnungswesens nach IFRS beim (Finanz-)Controllings im Fokus:

[1] IFRS (International Financial Reporting Standards): Internationale Unternehmen versuchen die Ergebnisse ihrer wirtschaftlichen Handlungen sich selbst, aber auch den Investoren durch zahlenmäßige Abbildungen (Bilanz, Ergebnisrechnung, Kapitalflussrechnung, Segmentanalyse etc.) nach standardisierten Regeln transparent zu machen. Mit diesen Aufgaben dient das Rechnungswesen (vgl.

Abb. 1.3

unten) aber auch dem wertorientierten Finanzmanagement.

[2] Unternehmensbewertungsverfahren, wie das Ertragswertverfahren, aber auch das Economic Value Added-Verfahren, erlauben es, Strategische Geschäftsfelder (Segmente) und die Konzernunternehmensbewertung permanent auf ihre Stimmigkeit mit der Konzernstrategie zu überprüfen. Letztendlich geschieht dies ebenfalls mit dem Konzern-Portfoliomanagement auf der Basis des Segmentberichtes. Damit wird das wertorientierte Portfoliomanagement ein Steuerungs- und Gestaltungsinstrument der Finanzholding der Konzerngeschäftsführung. Die Finanzholding lässt sich dann noch durch ein Internationales Cash- und Währungsmanagement flankierend unterstützen.

Bei den unterschiedlichen Unternehmenslebenszyklusphasen des Konzerns helfen neben den Zahlen des Rechnungswesens auch ausgewählte Argumentationsaspekte des Strategischen und des Innovations-Managements (z.B. Synergieeffekte, Realisierung der Erfahrungskurve, Suche nach neuen Geschäftsmodellen, Strategische Bilanzanalyse usw.).

Abb. 1.3: Aspekte eines „Wertorientierten Finanzmanagements“

Aufgaben/Fragen

Zu diesem Kapitel gibt es Aufgaben mit Lösungen. Diese finden Sie unter www.uvk-lucius.de/finanzmanagement

Ausgewählte Literatur zu diesem Kapitel

Brem, A. Heyd, R. / Schmeisser, W. (2015): Internationale Betriebswirtschaftslehre, UVK, München

Hungenberg, H. (2011): Strategisches Management in Unternehmen: Ziele – Prozesse – Verfahren. 6. Aufl., Wiesbaden

Müller-Stewens, G. / Lechner, S. (2011): Strategisches Management, 4. Aufl. Schäffer Poeschel, Stuttgart

Rappaport, A. (1986): Creating Shareholder. The New Standard for Business Performance. New York. London

Schmeisser, W. (2013): Terminologische Grundlagen zum Innovationsmanagement sowie zu den Innovationstheorien. In: Schmeisser, W. / Krimphove, D. / Hentschel, C. / Hartmann, M. (2013): Handbuch Innovationsmanagement, UVK-Verlag, München, S.17–52

Schmeisser, W. / Andresen, M. / Kaiser, S. (2012) Personalmanagement, UTB basics, Kapitel 1 und 3, Finanzorientiertes Personalmanagement

Schmeisser, W. / Clausen, L. (2009): Controlling und Berliner Balanced Scorecard, Oldenburg Verlag, München

Schmeisser, W. /Hannemann, G. / Krimphove, D. u.a. (2012): Finanzierung und Investition, UTB basics, München, Kapitel 1,

Schmeisser, W. / Höhne, D. u.a. (2015): Wertorientierte Geschäftsmodelle (2015), UVK, München

2 Eine Banknote als Ausgangspunkt historischer und datenanalytischer Betrachtungen

von Peter P. Eckstein

Wissensziele

Aus dem Studium des Essays sollen Sie die Erkenntnis gewinnen, dass

ein wertorientiertes Finanzmanagement nicht nur schlechthin mit dem Erscheinungsbild des Geldes verbunden ist, sondern vor allem auch mit mathematischen Begriffen, Verfahren und Modellen.die essayistischen Abhandlungen aus didaktisch-methodischer Sicht bewusst in zwei eigenständigen Abschnitten angeboten werden.im ersten Abschnitt neben elementaren mathematischen Betrachtungen vor allem historische Notizen und etymologische Erläuterungen im Vordergrund stehen.im Kontext des ersten Abschnittes allein die neutrale Zahl Null und die kleinste natürliche Zahl Eins sowie die beiden irrationalen und transzendenten Zahlen e und π mehr darstellen, als ein „bloßes Zahlenbündel“.im zweiten Abschnitt der Fokus auf einer paradigmatischen Erläuterung und realdatenbasierten Anwendung ausgewählter mathematisch-statistischer Verfahren und Methoden liegt.die im zweiten Abschnitt skizzierten Analyseverfahren in der Betriebs- und Volkswirtschaftslehre im Allgemeinen und im Finanzmanagement im Speziellen zu einer breiten und vielschichtigen praktischen Anwendung gelangen. die vier Zahlen 0, 1, e und π in ihrem vielfältigen individuellen und kollektiven Erscheinungsbild sowohl als integrale Bestandteile als auch als „tragende Säulen“ der paradigmatisch skizzierten datenanalytischen Verfahren fungieren.

2.1 Historische Notizen und mathematische Einblicke

Sie werden sich vermutlich in einem ersten Augenblick etwas verwundert und fragend die Augen reiben, wieso und warum gerade die in der Abbildung 2.1 dargestellte und von 1991 bis zur Einführung des „Euro“ im Jahre 2002 sich im Umlauf befindende Banknote „Zehn Deutsche Mark“ einen Zugang zum wertorientierten Finanzmanagement ermöglichen soll. Nun, die Antwort auf diese verwunderliche Frage liegt so offenkundig auf der Hand, wie es die allein auf der Vorderseite der Banknote indizierten Botschaften vermutlich nicht sein werden.

Abb. 2.1: 10-Mark-Banknote

Die augenscheinliche Kernbotschaft der abgebildeten Banknote wird einerseits durch das verbale Geldwert-Etikett „Zehn Deutsche Mark“ in seiner numerischen Kennzeichnung „10“ mittels der beiden arabischen Ziffern 1 und 0 und andererseits durch ein Bildnis des genialen deutschen Mathematikers, Astronomen und Geodäten Carl Friedrich GAUß (*1777, †1855) vermittelt. Das Bildnis von GAUß, das in einer seitenverkehrten Darstellung auf einem Gemälde des dänischen Malers Christian Albrecht JENSEN (*1792, †1870) aus dem Jahr 1840 beruht, wird zudem noch durch weitere interessante Botschaften ergänzt. Im Kontext der nachfolgenden Abhandlungen sollen dabei einmal nur die Zahl 10 und die vermutlich leicht zu übersehende mathematische Funktion in Gestalt eines glockenförmigen Graphen einer näheren Betrachtung unterzogen werden. Letztere kann aus historischer Sicht als eine Würdigung der mathematischen Leistungen von GAUß interpretiert werden.

Der etymologische Ursprung des Substantivs Zahl liegt im althochdeutschen Wort „zala“ und kann semantisch mit „eingekerbtes Merkzeichen“ übersetzt werden. Die umgangssprachliche Redewendung „von dem, der einiges auf dem Kerbholz hat“ kann als ein bildhaftes Gleichnis dafür angeführt werden, das seit je her vor allem Schulden, erbrachte Leistungen oder Lieferungen in einer einfachen und fassbaren Form in Gestalt von „Kerben“ oder „Strichen“ vermerkt wurden. Eine Betrachtung der Abbildung 2.2 weckt auch heute noch Erinnerungen an die eigene Gymnasialzeit, als beim gemeinsamen Besuch mit Freunden in einem Schalkauer Wirtshaus eine Menge von bestellten Bieren mit Hilfe von „gebündelten Strichen“ auf einem Bierdeckel vermerkt wurde.

Abb. 2.2: Bierdeckel

Im Blickwinkel zahlenbezogener Wortursprungserklärungen soll zudem noch vermerkt werden, dass das deutsche Wort „Zahl“ dem griechischen Wort „arithmos“ und dem lateinischen Wort „numerus“ entspricht. Letzteres gewährt wiederum einen Zugang zu den beiden lateinischen Begriffen „numen“ und „nummus“, die bei den „alten Römern“ einerseits eine Gottheit und andererseits eine Münze bezeichneten. Nicht nur im „alten Rom“, sondern auch heute noch ist der Zahlenbegriff auf das Engste mit dem Geld- und Finanzwesen verwoben. Allein die verbale Formulierung vom „Zahlen eines Beitrages“ bzw. vom „Bezahlen einer Rechnung“ deutet auf diesen semantischen und sachlogischen Verbund hin.

Die Art und Weise, wie die acht Striche auf dem Bierdeckel in der Abbildung 2.2 vermerkt wurden, gewährt analog zur Abbildung 2.3 einen anschaulichen Zugang zu den fünf Fingern einer menschlichen Hand bzw. zu den zehn Fingern beider Hände eines Menschen, die seit je her als ein natürliches Zählmaß vor allem für kleine Mengen fungierten.

Abb. 2.3: Natürliches Zählmaß

Augenscheinlich symbolisiert im Kontext der hand- und fingerbezogenen Anzeige das „Strichbündel“ IIII die fünf gespreizten Finger der rechten Hand und in logischer Konsequenz das „Strichbündel“ III die drei gespreizten Finger der linken Hand. Es leuchtet zumindest intuitiv ein, dass diese Art und Weise der Beschreibung einer sehr großen Menge von Elementen hinsichtlich der Anzahl der zugehörigen Elemente bzw. ihres „Umfanges“ umständlich, unübersichtlich und mitunter problematisch ist.

Diese ernüchternde Charakteristik trifft auch für die römischen Zahlen zu, die gleichsam wie „zahlreiche Kerben auf einem langen Kerbholz“ oder „zahlreiche Striche auf einem Bierdeckel“ aus historischer und zahlentheoretischer Sicht als klassische Beispiele für ein sogenanntes Additionssystem anzusehen sind.

Zur Erläuterung römischer Zahlen sind in der Abbildung 2.4 einmal nur die meistbenutzten römischen Ziffern in ihrer Gliederung nach Grund- und Hilfszeichen einschließlich ihrer sogenannten dezimalen Wertigkeit zusammengestellt.

Abb. 2.4: Römische Ziffern

Man schrieb in der damals üblichen Art und Weise in römischen Zahlen MDIII das Jahr „eintausendfünfhundertdrei“ als der Mönch Gregor REISCH (*um 1470, †1525) als ein Vertreter der philosophischen Schule der scholastischen Realisten eine Enzyklopädie mit dem Titel „Margarita philosophica“ verfasste, die in ihrer lateinischen Übersetzung eine „Perle der Philosophie“ ist und als das älteste gedruckte Handbuch der mittelalterlichen Wissenschaften gilt.

Abb. 2.5: Typus arithmeticae

In der Abbildung 2.5 ist unter dem Titel „Typus arithmeticae“ die Arithmetik, die ihrem griechischen Wortursprung gemäß die „Kunst im Umgang mit Zahlen“ ist, durch eine weibliche Person bildhaft dargestellt. In dieser bildhaften Darstellung wacht „Arithmetica“ in ihrem mit den beiden Zahlenfolgen 1, 3, 9, 27 und 1, 2, 4, 8 geschmückten Gewand als eine Schiedsrichterin über einem Rechenwettstreit, der an getrennten Tischen von zwei „arithmetischen Wettstreitern“ ausgetragen wird.

kennzeichnet für n ≥ 2 den Quotienten q zweier benachbarter Zahlen einer geometrischen Zahlenfolge. Geometrische Folgen bilden wiederum das mathematische Fundament der sogenannten Zins- und Zinseszinsrechnung.

Während der griesgrämig schauende „Pythagoras“ am rechten Tisch noch beim „Rechnen auf der Linie“ mit Hilfe eines Abakus ist, hat der entspannt schauende „Boethius“ am linken Tisch bereits sein Rechnen erfolgreich beendet. Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang der Hinweis, dass in den mittelalterlichen Wissenschaften „Pythagoras“ als der Erfinder des Abakusrechnens und „Boethius“ als ein Urvater des „Rechnens auf der Feder“ mittels indisch-arabischer Ziffern und Zahlen galt. Die allegorische Botschaft dieses Kupferstichs ist augenscheinlich und klar: Das Rechnen „mit Ziffern und Zeichen mittels Tinte und Feder“ ist vorteilhafter und umfassender als das Rechnen „mit Pfennigen auf einer Linie“. Der Begriff „Pfennig“, der dem althochdeutschen Begriff „pfening“ entlehnt ist und ursprünglich ein „kleines Stück Metall“ kennzeichnete, war Jahrhunderte später zudem die Bezeichnung für die niedrigstwertige deutsche Scheidemünze.

Eine aus mathematischer Sicht leicht zu übersehende und dennoch bedeutsame Botschaft in diesem Kupferstich war die Erwähnung und bildhafte Erscheinung einer bis dahin unbekannten und zugleich verkannten Ziffer in Gestalt des ovalförmigen Symbols „0“ zur Kennzeichnung der Zahl des „Nichts“, die gemäß Abbildung 2.5 zum Beispiel auch im Gefüge der römischen Zahlen nicht vorkommt.

Aus historischer Sicht ist es an dieser Stelle geboten, drei Persönlichkeiten würdigend zu erwähnen: den choresmischen Universalgelehrten Muhammed Ibn Musa AL-CHWARIZMI (*um 780, †um 850), den italienischen Kaufmann und Mathematiker Leonardo FIBONACCI (*um 1175, †1241) sowie den berühmten deutschen Rechenmeister Adam RIES (*1492, †1559).

Muhammed AL-CHWARIZMI zu Ehren gab zum Beispiel die sowjetische Post im Jahr 1983 anlässlich seines 1200 jährigen Geburtsjubiläums die in der Abbildung 2.6 dargestellte Briefmarke im Wert von „nur“ vier Kopeken heraus. AL-CHWARIZMI, der seine wissenschaftlichen Erkenntnisse in arabischer Sprache schriftlich fixierte, gab mit dem arabischen Begriff „as-sifre“ in seiner wörtlichen Übertragung als „das Leere“ nicht nur der Zahl Null, sondern auch mit dem Begriff „al-dschebr“ in seiner Übersetzung „getrennte Teile verbinden“ der Algebra, also der sogenannten Buchstabenrechnung ihren Namen. Zudem ist der Ursprung des Wortes Algorithmus im Sinne einer buchstaben- und symbolhaften Rechenvorschrift im Namen des Universalgelehrten zu finden.

Abb. 2.6: Briefmarke „1200 Jahre Muhammed AL-CHWARIZMI“

Aus dem Arabischen „as-sifre“ ist wiederum der lateinische Begriff „zephirus“ entlehnt, der eine Ziffer als ein Leerzeichen kennzeichnet, woraus sich sowohl das französische Wort „zeró“ als auch das englische Wort „zero“ für die Zahl Null erklären lassen. Das deutsche Zahlwort „null“ ist dem Lateinischen „nullus“ bzw. dem Italienischen „nulla“ entlehnt, die wörtlich mit „keinerlei“ bzw. „nichts“ übersetzt werden können. Als eine interessante Randglosse gilt es noch zu vermerken, dass das ovale Symbol „0“ für die Zahl Null in seiner Form mit dem ersten Buchstaben des griechischen Wortes „oudén“ in seiner Übersetzung des „Nichts“ übereinstimmt.

Leonardo FIBONACCI wird im Unterschied zu den mittelalterlichen Wissenschaften heutzutage als ein Überbringer der indisch-arabischen Zahlen und der Zahl Null in die abendländische Kultur gewürdigt. Er entwickelte im Bestreben, die Vermehrung von Hasen unter idealisierten Bedingungen mit Hilfe arabischer Zahlen „arithmetisch“ zu beschreiben, die nach ihn benannte und in der Abbildung 2.7 plakatierte Zahlenfolge, welche im gegebenen Fall die Zahl Null zum Ausgangspunkt hat und wegen

die Summe zweier benachbarter natürlicher Zahlen stets die nächstfolgende natürliche Zahl in der sogenannten Fibonacci-Zahlenfolge ergibt.

Abb. 2.7: Fibonacci-Zahlen

In der Zahlentheorie ordnet man die Fibonacci-Zahlen der Menge der natürlichen Zahlen

zu, die synonym auch als Menge der Grundzahlen oder Kardinaloder Hauptzahlenmenge bezeichnet wird. Die natürlichen Zahlen, die gemäß Abbildung 2.3 bereits durch die zehn Finger und/oder durch die zehn Fußzehen eines Menschen ein „von Natur aus gegebenes“ Erscheinungsbild erfahren, ermöglichen weitere elementare zahlentheoretische Betrachtungen, worunter vor allem ihre Zuordnung zu den ungeraden und geraden Zahlen sowie zu den Primzahlen zu „zählen“ ist.

Natürliche Zahlen heißen gerade, wenn sie (ohne Rest) durch zwei teilbar sind. Ansonsten heißen sie ungerade. In der Numerologie, die gemäß ihrem lateinischen und griechischen Wortursprung eine „mystische Zahlendeutung“ ist, werden die ungeraden Zahlen 1, 3, 5, 7 … auch als männliche oder maskuline Zahlen und die geraden Zahlen 2, 4, 6, 8 … als weibliche oder feminine Zahlen gedeutet. Bei einer näheren Betrachtung sowohl der ungeraden als auch der geraden natürlichen Zahlen wird augenscheinlich, dass die Differenz bzw. der „natürliche Abstand“ zwischen zwei benachbarten ungeraden bzw. geraden Zahlen stets zwei ist und in ihrer „äquidistanten Nachbarschaft“ immer als sogenannte „Zahlenzwillinge“ erscheinen.

Natürliche Zahlen, die größer als eins sind und nur zwei natürliche Zahlen als Teiler besitzen, also nur durch eins und durch sich selbst (ohne Rest) teilbar sind, heißen Primzahlen. Legt man das Augenmerk einmal nur auf die Betrachtung alltäglicher Kalenderblätter, so erscheinen die natürlichen Zahlen

2, 3, 5, 7, 11, 13, 17, 19, 23, 29, 31

als eine elfelementige Primzahlfolge. Beachtenswert sind dabei drei scheinbar belanglose Randglossen: Erstens wird die natürliche Zahl 1 wegen ihrer charakteristischen Eigenschaft der sogenannten multiplikativen Identität, wonach für jede natürliche Zahl n stets

gilt, aus der elitären Phalanx der Primzahlen ausgeschlossen. Zweitens ist die natürliche Zahl 2 nicht nur die kleinste, sondern auch die einzige gerade Primzahl. Drittens etikettiert man zwei benachbarte Primzahlen, deren Differenz gleich zwei ist, auch als „Primzahlzwillinge“. Offensichtlich sind in der Betrachtung von alltäglichen Kalenderblättern wegen

insgesamt fünf Primzahlzwillinge zu beobachten. Für die restlichen und auf einem Kalenderblatt vermerkten natürlichen Zahlen gilt die folgende allgemeingültige Regel, die in der elementaren Zahlentheorie auch unter der Bezeichnung Primfaktorzerlegungfirmiert und verbal wie folgt zusammengefasst werden kann: Eine natürliche Zahl ist entweder eine Primzahl oder sie lässt sich als ein Produkt aus Primzahlen darstellen.

Offensichtlich ist zum Beispiel gemäß Abbildung 2.7 die ungerade natürliche Zahl 21, die zugleich eine Fibonacci-Zahl ist, keine Primzahl, da sie wegen

als das Produkt aus den beiden Primzahlen 3 und 7 dargestellt werden kann.

Im Blickwinkel der Zahlenbereichserweiterungen, worin die natürlichen Zahlen als eine Teilmenge der ganzen Zahlen

erscheinen, ist es auch möglich, üblich und sinnvoll, in die Menge der natürlichen Zahlen ℕ ∪ {0} die „neutrale“ Zahl Null einzuschließen und als Menge

der positiven ganzen Zahlen darzustellen. Mit dieser Erweiterung ist es nunmehr möglich, Betrachtungen zur sogenannten Mächtigkeit von Mengen bewerkstelligen zu können. Aufgrund dessen, dass die Mächtigkeit einer endlichen Menge durch eine natürliche Zahl beschrieben wird, welche Auskunft über die Anzahl der Elemente der Menge gibt bzw. die Elemente der Menge „zählt“, kann die Zahl Null als die Mächtigkeit einer leeren Menge

gedeutet werden, die „null, also keine Elemente“ beinhaltet. Diese Zahlenmengenbetrachtung ermöglicht wiederum eine plausible Begründung ihrer „natürlichen Anordnung“, worin (außer für die Zahl Null) auch immer genau ein „Vorgänger“ und ein „Nachfolger“ definiert und gegeben ist. Demnach ist jede natürliche Zahl gleich der Mächtigkeit ihrer „Vorgängermenge“, wobei

Diese elementaren Größer- bzw. Kleiner-Relationen untermauern nicht nur eine „von Natur aus gegebene“ Anordnung der natürlichen Zahlen, sondern begründen zugleich auch ihre „lineare“ Anordnung, die analog zur Abbildung 2.8 in Gestalt eines Bandmaßes, eines Metermaßes oder eines Lineals eine bildhafte Darstellung erfährt.

Abb. 2.8: Bandmaß

So banal die folgende Randglosse auch erscheinen mag, so substantiell ist sie in praktischer Hinsicht: Die natürliche Zahl Eins und die neutrale Zahl Null gewähren in ihrer bildhaften Deutung als numerische Ausgangspunkte nicht nur einen anschaulichen Zugang zum Vorgang des Zählens und des Messens, sondern „nach Adam RIES“ zugleich auch zu den elementaren Rechenoperationen des Addierens, Subtrahierens, Multiplizierens und Dividierens.

Adam RIES wurde vor allem durch seine vielbeachteten und weitverbreiteten Rechenbücher bekannt, in denen er nicht in lateinischer Sprache, sondern „auf Teutsch“ das Rechnen mit arabischen Ziffern und Zahlen inklusive der Zahl Null an zahlreichen praktischen Beispielen erläuterte. Dies ist auch ein Grund dafür, warum RIES zugleich als ein „Lehrer des modernen Rechnens“ und als ein „Rechenlehrer der Deutschen“ gewürdigt wird. Das geflügelte Wort „… das macht nach Adam Ries …“ wird auch heute noch in unserer Alltagssprache im Hinblick auf eine exakte Anwendung elementarer Rechenvorgänge gern und häufig benutzt. In der Abbildung 2.9 ist das Deckblatt des legendären dritten Rechenbuches von Adam RIES mit dem Titel

„Rechenung nach der lenge/ auff den Linihen vnd Feder./Darzu forteil und behendigkeit durch die Proportiones/Practica genant/Mit grüntlichem unterricht des visierens“

aus dem Jahr 1550 abgebildet, das zudem das vermutlich einzige Porträt von Adam RIES(EN) im Alter von LVIII bzw. 58 Jahren zeigt.

Abb. 2.9: Deckblatt

Erwähnenswert und interessant ist in diesem Zusammenhang, dass RIES im Kontext seiner paradigmatischen bzw. beispielgebenden Betrachtungen neben dem merkantilistisch bzw. kaufmännisch bedeutungsvollen Berechnen bzw. „Visieren“ von Fassinhalten unter anderem die folgenden Begriffe und elementaren Vorgänge des Rechnens gemäß ihrem lateinischen Wortursprung anschaulich und fassbar „auf Teutsch“ erklärte: „Numerirn heisset zelen“, „Addirn oder sumirn heist zusamen thun“, „Subtrahirn heist abziehen“, „Duplirn heist zweifeltigen“, „Medirn heist halb machen“, „Multiplicirn heist viel machen“ und „Dividirn heist theilen“.

Vor allem im Kontext einer würdigenden Betrachtung der neutralen Zahl Null und der natürlichen Zahl Eins sollen einzig und allein aus didaktisch-methodischen Gründen die von RIES aus dem Lateinischen übersetzten und semantisch erläuterten Rechenvorgänge paradigmatisch beleuchtet werden.

gilt. In einer kumulierenden bzw. schrittweise zusammenfassenden Betrachtung gelangt man in logischer Konsequenz wegen

zugeschrieben, wonach einzig und allein nur die natürliche Zahl 1 als Faktor eines Produkts mit einer beliebigen natürlichen Zahl n∈ ℕ wiederum genau die natürliche Zahl n ergibt. Aus der multiplikativen Identität leitet sich wegen

die charakteristische Eigenschaft eines sogenannten „echten Teilers“ ab. Was der natürlichen Zahl Eins trotz ihrer Eigenschaft eines echten Teilers verwehrt bleibt, ist die Zugehörigkeit zur elitären Phalanx der Primzahlen, welche alle natürlichen Zahlen umfasst, die größer als eins sind und nur zwei natürliche Zahlen als „ganze oder echte“ Teiler besitzen, also nur durch eins und sich selbst „ohne Rest“ teilbar sind.

Im Vergleich zur natürlichen Zahl 1 offenbart die neutrale Zahl 0 im Gefüge elementarer Rechenvorgänge im wahren Sinne des Wortes (von einer Ausnahme abgesehen) „neutrale bzw. neutralisierende“ Eigenschaften. Im Kontext des Addierens kann der Zahl Null zum Beispiel wegen

die Eigenschaft eines neutralen Summanden oder „Hinzuzählenden“ zugeschrieben werden. In logischer Konsequenz ist zum Beispiel wegen

die Zahl Null stets das Resultat einer Subtraktion (in Gestalt einer Differenz bzw. eines „Unterschieds“), wenn der Minuend bzw. das „zu Verringernde“ und der Subtrahend bzw. das „unten Weggezogene“ gleich sind. Wegen

kennzeichnet man die Zahl Null als einen absorbierenden bzw. „alles verschluckenden“ Faktor einer Multiplikation. Nicht ganz so geschmeidig lässt sich die Rolle der Zahl Null im Kontext der arithmetischen Operation einer Division im Sinne einer „Aufteilung“ darstellen. Als hilfreich und anschaulich zugleich erweist sich auf der Basis der Menge ℕ der natürlichen Zahlen die von RIES praktizierte und anschauliche Darstellung einer Multiplikation als eine wiederholte Addition und analog die Darstellung einer Division im Sinne einer wiederholten Subtraktion.

Abb. 2.10: Drei Süßmäuler und sechs Pralinen

Beide Rechenvorgänge kann man sich analog zur Abbildung 2.10 anhand des skurril anmutenden Beispiels, wonach sich „drei Süßmäuler sechs Pralinen gleich und gerecht teilen sollen“, verdeutlichen. Fasst man die sechs Pralinen als den sogenannten Dividenden, also als „das zu Teilende“ und die drei Süßmäuler als den sogenannten Divisor, also als „das Teilende“ auf, dann ergibt sich im Sinne einer Division das Resultat

Ein Statistiker würde das Resultat mit dem Etikett eines arithmetischen Mittels versehen und zum Beispiel wie folgt interpretieren: Im Sinne einer gerechten Verteilung der sechs Pralinen auf die drei Süßmäuler bekommt jedes Süßmaul „gerecht und im Durchschnitt“ zwei Pralinen zugeteilt. Wenn in einem gerechten Sinne jedem Süßmaul zwei Pralinen zustehen, leuchtet es wiederum „nach Adam RIES“ ein, dass bei drei Süßmäulern in einer Pralinenschachtel insgesamt

verfügbar sein müssen, womit man zugleich auch die Darstellung einer Multiplikation als eine wiederholte Addition veranschaulicht hat.

„Nach Adam RIES“ würde man das Verteilungs- bzw. Verzehrprotokoll des Pralinenschmauses im Sinne einer wiederholten Subtraktion wie folgt notieren:

Die Differenz „von null“ als das finale Resultat der zweifachen Subtraktion würden die drei Süßmäuler vermutlich lakonisch wie folgt kommentieren: „Nach dem zweiten Schmaus ist alles aus“.

Im Kontext dieser Betrachtungen leuchtet es zumindest intuitiv ein, dass es im Falle einer „leeren Pralinenschachtel“ nichts zu verteilen gibt und wegen

jeder der drei Süßmäuler nur „leer ausgehen“ kann und muss. Analog zur Multiplikation kann man im Zuge einer Division wegen

die Rolle der Zahl Null verallgemeinernd mit Hilfe des folgenden geflügelten Wortes kennzeichnen: „Die Null als Dividend ist auch ein absorbierendes Element.“ Beachtens- und bemerkenswert ist in diesem Blickwinkel, dass ein Quotient „von null“ nicht unbedingt mit einem „absorbierenden“ Dividenden „von null“ zu erklären ist, sondern analog zur Abbildung 2.11 für einen konstanten und von null verschiedenen Dividenden und einem immer größer werdenden Divisor schlussendlich als ein Resultat eines „unendlichen Teilens“ erscheinen kann.

Abb. 2.11: Null als Resultat eines unendlichen Teilens

Doch dort, wo es ein erhellendes Licht gibt, wird auch immer eine Schattenseite sichtbar. Dass im Falle einer Division ein Divisor von null verschieden sein muss, da eine Division „durch null“ nicht definiert ist, kann man sich zum Beispiel anhand der Abbildung 2.12 mit Hilfe des folgenden (gleichfalls skurril anmutenden) Szenarios bildhaft verdeutlichen: Pilzkenner pflegen bei der Betrachtung einer bestimmten Anzahl von wunderschönen roten Fliegenpilzen zu sagen: „Schöne Pilze, doch niemand will'se.“

Abb. 2.12: Roter Fliegenpilz

Dieses umgangssprachliche und lakonische Pilzkennerurteil kommt im konkreten Fall einer Verteilung von n wunderschönen, aber giftigen Pilzen auf „null“ Pilzkennern gleich. Nach Adam RIES, wonach eine Division als eine wiederholte Subtraktion darstellbar ist, ergibt sich das folgende fiktive Verteilungsbzw. Versuchsprotokoll:

:

Offensichtlich bleibt auch „der x-te Versuch ein Fluch“ mit der ernüchternden Erkenntnis, dass die Null als Divisor nicht zulässig bzw. „hochgradig giftig und ungenießbar“ ist.

Dass die skizzierten elementaren Rechenvorgänge nicht nur auf die Menge ℕ der natürlichen Zahlen begrenzt sind, leuchtet zumindest intuitiv ein. Allein eine Betrachtung des Bandmaßes in der Abbildung 2.8 lässt die Zahl Null als den Ausgangspunkt allen Messens augenscheinlich werden, die im konkreten Fall auf eine metrische Längenmessung mittels der Menge der positiven reellen Zahlen ℝ+ hinausläuft, auch wenn mit dem plakatierten Bandmaß im konkreten Fall eine Längenmessung nur „auf einen Millimeter genau“ bewerkstelligt werden kann.

Einen vergleichbaren bildhaften Zugang zur Menge der positiven reellen Zahlen ℝ+ gewährt analog zur Abbildung 2.13 ein sogenannter bzw. „Stschoty“, der in seiner Übersetzung aus dem Russischen ein „Rechenbrett“ bzw. einen „Abakus“ bezeichnet, mit dessen Hilfe man auf der Basis des dezimalen Zahlensystems „Werte“ bzw. „zu zahlende Beträge“ (auf immerhin drei Dezimalstellen genau) anhand von jeweils „zehn Pflaumenkernen auf einer Schnur“ berechnen kann.

Abb. 2.13: Russischer Abakus

Gemäß Abbildung 2.13 wurde additiv ein Wert in Höhe von „zwanzig plus acht plus ein Zehntel“ errechnet, der in seiner virtuellen Deutung und Bemessung mittels der russischen Geldeinheit „Rubel“ einen zu zahlenden Betrag von „achtundzwanzig Rubel und zehn Kopeken“ indiziert. Analog zur historischen Geldeinheit „Deutsche Mark“, die gemäß ihrem Wortursprung ein „markiertes Metallstück“ in Gestalt einer Münze kennzeichnete, kann ein „russischer Rubel“ seinem Wortursprung nach als ein „zerteiltes Metallstück“ in Gestalt einer Münze gedeutet werden, wobei analog zum deutschen Pfennig eine russische Kopeke die niedrigstwertige und kleinste Scheidemünze bezeichnet. Eine Darstellung des berechneten Wertes mit Hilfe von Dezimalzahlen ergibt im konkreten Fall das folgende Bild:

Allein dieses scheinbar banale Zahlenbild eröffnet aus zahlentheoretischer Sicht eine Vielzahl weiterer interessanter und beachtenswerter Einblicke.

Das Dezimalsystem, das seinem Wesen nach ein Stellenwertsystem ist, basiert auf dem Ensemble der zehn indisch-arabischen Ziffern, die in der Abbildung 2.14 in Gestalt einer Wählerscheibe eines traditionellen Telefons anschaulich dargestellt sind.

Abb. 2.14: Arabische Ziffern

Die Mächtigkeit des einziffrigen Zahlenbündels {1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 0}

wird verbal mit dem natürlichen Zahlwort „zehn“ und als erste zweiziffrige natürliche Zahl mit dem Symbol „10“ in Gestalt der Ziffern 1 und 0 beschrieben. In dieser prägenden „zweiziffrigen“ Eigenschaft fungiert die natürliche Zahl 10 gleichsam als die „Mutter und Namensgeberin“ des dezimalen Zahlensystems, das gemäß seiner Übersetzung aus dem Lateinischen das Zahlensystem ist, das auf der „Zehn“ beruht und die Basis der uns alltäglich massenhaft umspülenden zahlenmäßigen Wertigkeitsaussagen bildet. Spätestens an dieser Stelle leuchtet es auch ein, warum und weshalb vom Anbeginn an das zahlenmäßige Etikett einer „10“ auf der Banknote innerhalb der Abbildung 2.1 in das Zentrum der essayistischen Abhandlungen gerückt wurde.

Bekanntlich werden im Dezimalsystem die Stellenwerte einer Ziffer mathematisch als Potenzen zur Basis 10 aufgefasst und in Anlehnung an die Abbildung 2.13 als aufsteigend geordnete dekadische Wertigkeiten wie folgt interpretiert:

Betrachtet man einmal nur die Dezimalzahl 2810,50 in ihrer expliziten und stellenwertbasierten Darstellung

so fungiert die natürliche Zahl 10 als die Basis und die Menge der ganzen Zahlen ℤ als der numerische Träger des jeweiligen Exponenten in Gestalt einer Zehnerpotenz, die wiederum mit einer natürlichen Zahl faktoriell verknüpft oder „gewogen“ wird.

Während man zum Beispiel aus kaufmännischer Sicht die Dezimalzahl in ihrer positiven bzw. negativen wertmäßigen Betrachtung in Höhe von 2810,50 € bzw. -2810,50 € als eine Einnahme bzw. Ausgabe interpretiert, ordnet man sie im zahlentheoretischen Sinne der Menge der reellen Zahlen ℝ zu, in der definitionsgemäß neben der Menge der natürlichen Zahlen ℕ und der Menge der ganzen Zahlen ℤ auch die Menge der rationalen Zahlen in Gestalt von Quotienten bzw. Brüchen

sowie die Menge der irrationalen Zahlen in Gestalt von „nicht fass- und berechenbaren Zahlen“

eingeschlossen ist, worunter neben der Wurzel aus der einzigen geraden Primzahl 2 auch die später noch zu würdigenden irrationalen und transzendenten Zahlen e und π gehören. Interessant ist dabei, dass das einem Haken gleichende Symbol für eine „Wurzel“ auf den deutschen Rechenmeister Adam RIES zurückgeht.

Abb. 2.15: Thermometer als Zahlenstrahl

Abgesehen von den beiden irrationalen und transzendenten Zahlen e und π kommt der umgangssprachlich oft missachteten und verkannten Zahl Null im zahlentheoretischen Sinne die bedeutungsvolle und augenscheinliche Rolle eines „Pontifex“ oder „Brückenbauers“ zu, die in Gestalt eines „neutralen und verbindenden Elements“ einen beidseitigen und äquidistanten, also einen in gleichgroßen Abständen bemessenen Zugang zur Menge der negativen reellen Zahlen und zur Menge der positiven reellen Zahlen gewährt. Ein virtueller Blick auf ein Außenthermometer, das analog zur Abbildung 2.15 auf der Temperaturskala basiert, die nach dem schwedischen Chemiker Anders CELSIUS (*1701, †1744) benannt ist, vermittelt eine anschauliche Assoziation von einem Zahlenstrahl, in dessen Mittelpunkt die Zahl Null steht, die im gegebenen Fall mit dem Maß von „null Grad Celsius“ den Gefrierpunkt des Wasser unter Normalbedingungen kennzeichnet.

Dass die Zahl Null in ihrer Funktion als ein „Brückenbauer“ nicht nur aus historischer Sicht, sondern auch heute noch eine Quelle von Irritationen sein kann, soll anhand der folgenden historischen und kalendarischen Betrachtungen verdeutlicht werden. In der Abbildung 2.16 ist eine 60-Pfennig-Briefmarke der Deutschen Bundespost aus dem Jahr 1982 abgebildet, welche aus Anlass des 400-jährigen Jubiläums der Einführung des sogenannten Gregorianischen Kalenders herausgegeben wurde.

Abb. 2.16: Briefmarke 400 Jahre Gregorianischer Kalender

Man schrieb nach der heute noch gültigen und verbindlichen Zeitrechnung das Jahr 1582 in der damals üblichen Art und Weise MDLXXXII mit Hilfe römischer Zahlen, als Papst Gregor XIII. (der Dreizehnte) nach langen Mühen mit einer Bulle den nach ihm benannten Gregorianischen Kalender als die „neue Zeitrechnung“ dekretieren, also „päpstlich verordnen“ ließ. Beachtenswert ist dabei, dass im Gregorianischen Kalender gemäß der päpstlichen Festlegung „anni ab incarnatione domini“ die „Kalenderjahre ab der Geburt Jesu Christi“ gezählt werden und mit dem Jahr „eins nach Christus“ beginnen. Die Kalenderjahre vor dem Kalenderjahr 1 werden mit der natürlichen Zahl 1 beginnend „rückwärts“ in die Vergangenheit projiziert und durch den Zusatz „vor Christus“ gekennzeichnet.

Ein Kalenderjahr „null“ gibt es demnach nicht nur nicht im Gregorianischen Kalender, sondern analog zur Excel-Tabelle innerhalb der Abbildung 2.4 gleichsam auch nicht im Gefüge der römischen Zahlen. Ein kalendarischer Irrtum, der im Gregorianischen Kalender begründet liegt, war zum Beispiel der Eintritt in das dritte Jahrtausend, der fälschlicherweise und dennoch weltweit am 1. Januar 2000 feierlich begangen wurde, obwohl „nach Adam RIES“ dies erst in der Silvesternacht vom 31. Dezember 2000 zum 1. Januar 2001 hätte geschehen dürfen.

Inwieweit die Geburt Christi in ihrer kalendarischen Betrachtung mit einer blasphemischen bzw. gotteslästernden Sichtweise auf die Zahl Null als der Zahl des „Nichtseins“ assoziiert werden kann, ist hier irrelevant. Relevant ist diesem Kontext einzig und allein die Tatsache, dass gemäß Abbildung 2.15 der Zahl Null in ihrer bildhaften Darstellung auf einem Zahlenstrahl die bedeutungsvolle Rolle einer „neutralen und brückenschlagenden Zahl“ zukommt, die sowohl einen sachlogisch plausiblen Zugang zur Menge der ganzen, der rationalen, der reellen und der komplexen Zahlen gewährt.

Vor allem im Blickwinkel des Dezimalsystems und der Menge ℝ+ der positiven reellen Zahlen sowie der im nachfolgenden Abschnitt paradigmatisch skizzierten wertpapieranalytischen Betrachtungen ist es geboten, das mathematische Konstrukt von sogenannten Logarithmen sowohl historisch als auch inhaltlich kurz zu beleuchten.

Der Begriff „Logarithmus” wurde vom schottischen Mathematiker und Naturgelehrten John NAPIER, Laird of Merchiston, (*1550, †1617) in der 1614 in lateinischer Sprache veröffentlichten „Mirifici logarithmorum canonis descriptio“ geprägt. Demnach kann ein Logarithmus seinem griechischen Wortursprung gemäß auch als ein „Zahlenverhältnis“ charakterisiert werden, das ein „wunderbares“, erleichtertes und weniger zeitraubendes „Rechnen mit großen Zahlen“ ermöglicht.

Es war der englische Mathematiker Henry BRIGGS (*1556, †1630), der in seiner 1624 erschienenen „Arithmetica logarithmica“ unter anderem die 14-stelligen dekadischen Logarithmen der Zahlen von 1 bis 20000 auf der Basis der Exponentialfunktion

auch als der dekadische oder Briggs´sche oder Zehner-Logarithmus der Zahl 1000 bezeichnet. Bemerkenswert ist dabei, dass die vierstellige Grundzahl 1000 in ihrer logarithmischen Transformation auf die einstellige Zahl 3 „reduziert“ wird. In logischer Konsequenz ist wegen

gilt. Allein anhand dieser beiden exemplarischen Betrachtungen leuchtet es ein, dass sich im konkreten Fall alle reellen Zahlen zwischen 100 und 1000 durch dekadische Logarithmen in Gestalt von reellen Zahlen zwischen 2 und 3 darstellen lassen und zum Beispiel die reelle Zahl 222,22 wegen

lg(222,22) ≅ 2,346783

einen sechsstelligen dekadischen Logarithmus bzw. einen „auf sechs Mantissen genau“ berechneten Briggs‘schen Logarithmus liefert, der mit Hilfe der zur Logarithmusfunktion

gehörenden Umkehrfunktion

wegen

wiederum den „ursprünglichen Numerus“ von 222,22 ergibt.

Einen interessanten und zugleich anschaulichen Einblick in das Rechnen mit Logarithmen gewährt die Betrachtung von vier positiven und von null verschiedenen reellen Zahlen a, b, c und d. Stehen a > 0 und b > 0 in einem selben Verhältnis zueinander wie c > 0 und d > 0, gilt also für die beiden Quotienten

,

dann stimmen wegen

die Differenzen bzw. die Unterschiede ihrer Logarithmen überein. Diese auf NAPIER zurückgehende Betrachtung ist auch eine plausible Erklärung dafür, warum Logarithmen etymologisch auch als Zahlenverhältnisse bzw. als Verhältniszahlen betrachtet werden.

Man überzeugt sich leicht von der Tatsache, dass zum Beispiel für

die Unterschiede ihrer dekadischen Logarithmen wegen