Wie zähmt man eine Lady? - Stephanie Laurens - E-Book

Wie zähmt man eine Lady? E-Book

Stephanie Laurens

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Beschreibung

Diese Lady raubt ihm nicht nur den letzten Nerv, sondern auch sein Herz …

Lord Drake Varisey, Erbe des Duke of Wolverstone, muss ein Komplott vereiteln, das die Grundfesten des Königreichs zu erschüttern droht. Und die Einzige, die ihm dabei helfen kann, ist ausgerechnet Lady Louisa Cynster, im ganzen Land als Lady Wild bekannt.
Louisa, die schon länger ein Auge auf Drake geworfen hat, erkennt ihre Chance, dem überzeugten Junggesellen klarzumachen, dass sie zueinander gehören. Für Drake gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Louisa – wie erwartet – schwierig, denn sie ist eigensinnig und temperamentvoll.
Dieser Lord macht es ihr wirklich nicht leicht, aber Lady Wild hat noch vor keiner Herausforderung zurückgeschreckt …

Die Reihe »Cynster, eine neue Generation« bei Blanvalet:
1. Eine Liebe in den Highlands
2. Schottische Versuchung
3. Verführt von einer Highlanderin
4. Eine skandalöse Leidenschaft
5. Ein verheißungsvolles Abenteuer
6. Wie zähmt man eine Lady??
7. Der irische Gentleman

Alle Bände sind einzelstehend lesbar.

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Seitenzahl: 499

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Buch

Lord Drake Varisey, Erbe des Duke of Wolverstone, muss ein Komplott vereiteln, das die Grundfesten des Königreichs zu erschüttern droht. Und die Einzige, die ihm dabei helfen kann, ist ausgerechnet Lady Louisa Cynster, im ganzen Land als Lady Wild bekannt.

Louisa, die schon länger ein Auge auf Drake geworfen hat, erkennt ihre Chance, dem überzeugten Junggesellen klarzumachen, dass sie zueinander gehören. Für Drake gestaltet sich die Zusammenarbeit mit Louisa – wie erwartet – schwierig, denn sie ist eigensinnig und temperamentvoll.

Dieser Lord macht es ihr wirklich nicht leicht, aber Lady Wild hat noch vor keiner Herausforderung zurückgeschreckt …

Autorin

Stephanie Laurens begann mit dem Schreiben, um etwas Farbe in ihren wissenschaftlichen Alltag zu bringen. Ihre Bücher wurden bald so beliebt, dass sie ihr Hobby zum Beruf machte. Stephanie Laurens gehört zu den meistgelesenen und populärsten Liebesromanautorinnen der Welt und lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Töchtern in einem Vorort von Melbourne, Australien.

Von Stephanie Laurens bereits erschienen

Ein feuriger Gentleman · In den Armen des Spions · Eine stürmische Braut · Ein süßes Versprechen · Ein widerspenstiges Herz · Stürmische Versuchung · Ein sinnliches Geheimnis · Triumph des Begehrens · Duell der Sehnsucht · Eine ungezähmte Lady · Gespielin der Liebe · Meisterin der Verführung · Verwegene Geliebte · Eine Liebe in den Highlands · Schottische Versuchung · Verführt von einer Highlanderin · Eine skandalöse Leidenschaft · Ein verheißungsvolles Abenteuer · Wie zähmt man eine Lady ?

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www.instagram.com/blanvalet.verlag

Stephanie Laurens

WIE

ZÄHMTMAN

EINELADY ?

Roman

Deutsch von Christiane Meyer

Die Originalausgabe erschien 2017 unter dem Titel

»The Greatest Challenge of Them All« bei Savdek Management.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Copyright der Originalausgabe © 2017 by Savdek Management Proprietary Limited

Published by Arrangement with Savdek Management Pty Ltd

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.

Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2022 by Blanvalet, einem Unternehmen der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Redaktion: Ulrike Nikel

Umschlaggestaltung und -motiv: © Johannes Wiebel | punchdesign, unter Verwendung von Motiven von stock.adobe.com (daryakomarova, VJ Dunraven, Cornershots)

LA · Herstellung: sam

Satz: KCFG–Medienagentur, Neuss

ISBN 978-3-641-26032-3V001

www.blanvalet.de

Die Vorgeschichte

Eine skandalöse Leidenschaft

Als der Duke of Wolverstone sich aus den Ermittlungen und der Aufdeckung politischer Intrigen und Machenschaften zurückzieht, wird sein ältester Sohn, Lord Drake Varisey, Marquess of Winchelsea, dazu überredet, das Amt seines Vaters zu übernehmen. Das bedeutet, Drake soll bei Risiken einspringen, die der Regierung zu heikel sind.

Mitte Oktober 1850 wird er vom Innenministerium gebeten, den Gerüchten über eine Verschwörung des Jungen Irland nachzugehen, einer politischen Gruppierung, die gelegentlich zu Gewalt greift, um die Unabhängigkeit Irlands zu unterstützen. Um den Gerüchten auf den Grund zu gehen, muss Drake persönlich nach Irland reisen. Gleichzeitig erreicht ihn ein merkwürdiger Brief von Lord Ennis, einem Adligen mit irischen Wurzeln, der in England lebt und behauptet, Informationen zu haben, die Drake seiner Meinung nach kennen sollte. Er besteht allerdings darauf, das von Angesicht zu Angesicht mit diesem zu besprechen. Da Drake die Sache diffus vorkommt und sie zudem durch eine Hausparty auf dem Anwesen von Ennis an der Ostküste von Kent verheimlicht werden soll, überredet Drake seinen Freund Sebastian Cynster, ihn auf der Hausparty zu vertreten, während er selbst sich in Irland um die Sache kümmert.

Als seine Begleitperson nimmt er Lady Antonia Rawlings mit, eine Freundin aus Kindertagen, die sein Auftauchen auf der Party als ganz normal erscheinen lässt. Gleichzeitig willigt Lord Ennis ein, Sebastian Cynster als Drakes Stellvertreter zu akzeptieren. Doch bevor das Gespräch stattfindet, wird der Lord erstochen. Seine letzten Worte, die er Sebastian zuflüstert, lauten: »Schießpulver. Hier.«

Unterstützt vom ortsansässigen Magistrat und dem Kriminalbeamten , der von Scotland Yard geschickt wurde, um den Mord an Ennis aufzuklären, durchsuchen Sebastian und Antonia das Haus, den Garten, das Grundstück und das restliche Anwesen nach dem Schießpulver. Um die Sache zu komplizieren, wird noch Lady Ennis ermordet. Schließlich entdecken Sebastian und Antonia in einer Höhle am Strand die Spuren von zehn großen Fässern im Sand. Mit dem Resultat, dass sie selbst beschossen werden, und zwar von Connell Boyne, dem jüngeren Bruder von Ennis, der eigentlich den Familienbesitz in Irland verwaltet. Dass er selbst getötet wird, vermutlich von dem Mann, mit dem er zusammenarbeitete, irritiert Sebastian und Antonia. Sie kehren nach London zurück und erstatten Drake, der gerade aus Irland zurückgekommen ist, Bericht. Aus den Beweisen, die sie gesammelt haben, schließen sie, dass höchstens harmlose Mitglieder des Jungen Irland involviert gewesen sein können, jedoch keine ranghohen Mitglieder. Immerhin müssen zehn Fässer mit Schwarzpulver, einem wertvollen und wirksamen Sprengstoff, nach England geschmuggelt und auf Karren nach London transportiert werden, um in der Stadt ein großes Gebäude in die Luft zu sprengen.

Die Fragen, die Drake, Sebastian und Antonia sich stellen, sind folgende: Wo ist das Schießpulver ? Wer ist der Organisator hinter der Verschwörung ? Was ist das Ziel ? Und was steckt warum dahinter ?

Ein verheißungsvolles Abenteuer

Sebastian und Antonia sind inzwischen verlobt und haben nicht mehr genug Zeit, um sich weiterhin um die Ermittlung des ungewöhnlichen Verbrechens zu kümmern. Aus diesem Grund fällt es an Michael Cynster, Sebastians jüngeren Bruder, nach dem Schwarzpulver zu suchen, während Drake selbst nach Norden reist, um in Erfahrung zu bringen, was es mit der hinterhältigen, gefährlichen Verschwörung, die sogar Todesopfer fordert, wirklich auf sich hat und welcher Erzbösewicht die Strippen zieht.

Michael gewinnt als Hilfe Miss Cleo Hendon, deren Eltern die Hendon Shipping Company gehört, die Cleo als Geschäftsführerin leitet. Sie betrachtet die Suche nach dem Schwarzpulver als willkommenen Anlass, ein Abenteuer zu erleben.

Beharrlich verfolgen Cleo und Michael die Spur verschwundener Männer und entdecken mitten in London das Schwarzpulver. Bevor sie jedoch die Möglichkeit haben, den gefährlichen Stoff zu beseitigen, taucht mitten in der Nacht plötzlich ein Herr auf einem Pferd auf, gefolgt von zwei Männern mit zwei Karren, und bringt die Fässer fort. Cleo und Michael folgen dem Mann, aber im dichten Nebel geraten sie in einen Kampf, bei dem der Mann auf dem Pferd erschossen wird. Die Spur des Schwarzpulvers, vor dem sie die Stadt bewahren wollten, geht fürs Erste verloren.

Zu diesem Zeitpunkt wissen sie Folgendes: Zehn Fässer mit Schießpulver, über eintausend Pfund, sind in einer Gegend in London versteckt, von der die Behörden nichts wissen, weil ständig der Standort gewechselt wird. Hinzu kommt, dass offenbar niemand, der als Befürworter eines unabhängigen Irland zu der Gruppe zählt, den Hauch einer Ahnung hat. Es scheint, als wurden diese Leute zu Sündenböcken für die geplante Explosion gemacht. Sie selbst haben keine Überlebenschancen. Sie müssen sterben, sobald sie erfüllt haben, was von ihnen erwartet wurde. Nach allem, was der Gentlemanverbrecher sagte, gibt es außer ihm mindestens noch einen Mann, der einen höheren Rang besitzt und einfache Helfer rekrutiert, die er anweist und führt.

Es muss einen Drahtzieher im Hintergrund geben, das wird Michael und Cleo zunehmend klar. Vorsichtig, besonnen, skrupellos und politisch erfahren. Er benutzt die irischen Organisationen, um die tatsächlichen Verhältnisse zu verschleiern und ungestört sein verbrecherisches Spiel fortzusetzen. Nachdem längst nicht alle Probleme geklärt sind, lauten die Fragen unserer Helden und Heldinnen folgendermaßen:

Wo genau befinden sich die Fässer ? Wer holt sie ab, und was plant man mit ihnen ? Besteht eine Chance, dass die Verfolger sie zu den wahren Verbrechern führen ?

Wer ist der Drahtzieher im Hintergrund ? Was bezweckt er, und wem will er etwas auswischen ?

Die polizeilichen wie die privaten Ermittler zerbrechen sich den Kopf. Sie sind einer Meinung, dass sie kaum Hoffnung haben, das Ziel zu identifizieren, solange sie nicht wissen, wer der Kopf hinter der Verschwörung ist.

Sie beschließen Folgendes:

Die Identität des toten Gentleman herauszufinden, ist der beste Weg, um dem Drahtzieher auf die Spur zu kommen. Voraussetzung ist, dass sie den Namen herausfinden.

Zur Identifizierung gehört, in Erfahrung zu bringen, ob der Mann, der Connell Boyne ermordet hat, identisch ist mit dem toten Gentleman auf dem Pferd, oder ob es sich um einen anderen Stellvertreter des Drahtziehers handelt.

Die Späher, die Michael in der Stadt verteilt hat, dürfen nicht abgezogen werden, da mit einem Weitertransport der Fässer gerechnet werden muss. Ein besonderes Augenmerk wird darauf gerichtet, ob das Schießpulver zur Tarnung in andere Behälter umgefüllt werden könnte.

Drake wird zudem die Toten untersuchen. Offenbar sind alle Fuhrleute, die in den Transport eingebunden waren, nach Beendigung ihres Auftrags tot aufgefunden worden.

Schließlich versuchen die fünf Ermittler herauszufinden, was hinter der Verschwörung steckt und was sie bezweckt. Indem sie über die Logistik nachdenken, kommen sie zu dem Schluss, dass ihnen noch ein paar Tage bleiben, bevor alles so weit vorbereitet sein wird, dass die Lunte am Schwarzpulver angezündet wird. Angesichts der Vorgehensweise des Drahtziehers stellen sie die Hypothese auf, dass die Männer, die die Fässer an ihren endgültigen Bestimmungsort schaffen werden, zu keiner Gruppierung gehören, vermutlich völlig ahnungslos sind und nicht wissen, was sie da eigentlich tun. Dazu gehört allerdings, dass das Schießpulver als etwas Harmloses getarnt wird. Auf welche Weise, ist ihnen ein Rätsel.

An diesem Punkt erfahren sie zumindest, wer der Tote ist. Nach Aussage seines Schuhmachers handelt es sich um einen Mr. Lawton Chilburn, den keiner der Ermittler kennt. Frustriert stellt Drake die Frage in den Raum: »Wer zum Teufel ist Lawton Chilburn ?« Die Antwort wird von einer Stimme gegeben, die er sofort wiedererkennt.

Es ist Lady Louisa Cynster, die Schwester von Sebastian und Michael. Sie hat das Gespräch belauscht und kennt die Antwort auf die entscheidende Frage: Lawton Chilburn ist der jüngste der vier Söhne von Viscount Hawesley.

Louisa macht unmissverständlich deutlich, dass sie Teil der Ermittlungen werden will. Drake hingegen ist sich sicher, dass er die Hilfe dieser Frau, die aus gutem Grund auch als Lady Wild bekannt ist, auf keinen Fall brauchen kann. Dummerweise erkennt er, dass ausgerechnet er, der sonst alles in seiner Welt unter Kontrolle hat, nichts tun kann, um das zu verhindern.

Kapitel 1

Dienstag, 29. Oktober 1850

Auf einem Sessel im Salon von St. Ives House thronend, beobachtete Lady Louisa Helena Horatia Cynster, wie Lord Drake Varisey, Marquess of Winchelsea, sich bemühte, das Unvermeidliche zu akzeptieren. Er würde sich an sie gewöhnen müssen. Sie hatte genug davon, nach seiner Pfeife zu tanzen.

Louisa wusste alles über Drakes »Missionen«, wie er seine Ermittlungen nannte, kannte die Söhne des Adels, die er dafür gerne einsetzte. Was sie mehr interessierte, war die Frage, was mit den Töchtern des Adels war. War es ihnen nicht gestattet, bei der Verteidigung der Heimat eine Rolle zu spielen ?

Und da es so schien, als wären Antonia Rawlings und Miss Cleo Hendon wie sie in diese Mission eingebunden, sah Louisa keinen Grund, warum sie als die Tochter eines Duke, die durchaus Macht auszuüben verstand, in diesem Rahmen absolut keine Rolle spielen sollte.

Natürlich verstand sie, warum Drake nicht wollte, dass sie sich an einer heiklen Unternehmung wie dieser beteiligte. Er verlangte dies nicht einmal von seinen Freunden – von ihren Brüdern hingegen gelegentlich schon. Drake musste sich einfach daran gewöhnen, dass sie dazugehörte.

Es war höchste Zeit.

Sie konnte sich noch gut daran erinnern, dass sie ihn einst für einen vielversprechenden Ehemann gehalten hatte. Er hingegen schien beschlossen zu haben, das Thema Ehe so lange zu meiden, wie es ihm nur irgendwie möglich war.

Verliebt ineinander waren sie ohnehin nicht. Wie sollten sie auch, wenn er dafür sorgte, dass er so wenig Zeit wie möglich in ihrer unmittelbaren Nähe verbrachte. Was natürlich einer der Hauptgründe war, warum er sie bei seinen Nachforschungen nicht dabeihaben wollte. Ihr blieb nichts anderes übrig, als sich selbst darum zu kümmern.

»Ich verstehe, was ihr vorhabt«, sagte sie in die Stille hinein. »Sebastian und Antonia sollen die gesellschaftliche Stellung halten, und nachdem wir den Namen des toten Herrn nun kennen, können wir in den Ballsälen so viel wie möglich über ihn in Erfahrung bringen. Außerdem sollen sie sich bei Scotland Yard erkundigen, ob Lawton der Mann war, der Connell Boyne in Kent erschossen hat. Wenn nicht, hätten wir es in dieser Angelegenheit vermutlich mit mehr als einem Mörder zu tun.«

Als Drake sich anschickte, das Wort zu ergreifen, gab sie ihm keine Chance. »In der Zwischenzeit werden Michael und Cleo, wenn ich Sie so nennen darf, anderen Spuren nachgehen.«

Louisa schaute lächelnd in die Runde. Sie war sogleich davon ausgegangen, dass sie und Cleo sich gut verstehen würden.

»Die beiden werden sich erkundigen, ob Schießpulver ebenfalls in anderen Behältern transportiert werden kann als in den Fässern, die extra zu diesem Zweck angefertigt wurden.« Sie sah Michael mit einer hochgezogenen Augenbraue an. »Ich nehme an, dass es sich bei den Leuten, die die Gegend in Southwark überwachen, um Leute handelt, die ihr Cynster-Brüder früher fast wie eine kleine Armee benutzt habt ?«

Bedächtig nickte Michael. »Die Jungs wissen, was sie tun, wir können darauf vertrauen, dass sie die Gegend sehr genau überwachen.«

»Und da sie angemessen reagieren werden, sollten sie mitbekommen, dass die Fässer weitertransportiert werden, nehme ich an«, sagte sie und wandte sich an Drake, der sich deprimiert in seinen Sessel hatte sinken lassen und sie kritisch und wenig begeistert musterte.

Louisa verkniff sich ein Grinsen. »Da es schon nach fünf Uhr ist« – wie aufs Stichwort blickten alle zum Kaminsims, auf dem eine große Uhr aus Goldbronze stand –, »nehme ich an, dass es zu spät ist, um noch bei der London Working Men’s Association vorstellig zu werden.« Als sie bemerkte, wie Drakes Augen sich überrascht weiteten, lächelte sie etwas herablassend. »Ich habe gehört, dass sich dort das Hauptquartier der Londoner Chartisten befindet, die allerdings wie die meisten anderen Büros um fünf Uhr schließen werden.«

Drake unterdrückte eine Mahnung, sich dieser Adresse nur ja nicht zu nähern, und hörte sich stattdessen weiter Louisas Vortrag an.

»Am dringendsten müssen wir etwas über Lawton Chilburns Kontakte herausfinden, das scheint mir am wichtigsten zu sein. Was wissen wir über seine Freunde, seine Familie. Über jeden, der weiß, mit wem er in den letzten Tagen in Verbindung stand. Oder wer seine Mitverschwörer sein könnten.«

»Du weißt genau, wer er war«, unterbrach Drake sie. »Was kannst du über seine Familie sagen ?«

»Es gibt drei ältere Brüder und drei Schwestern. Zwei Schwestern, die viel älter sind, eine Schwester, die jünger ist, jedoch immer noch älter als Lawton war. Alle seine Geschwister sind verheiratet.« Sie machte eine Pause, um kurz nachzudenken. »Sein Vater ist der Viscount Hawesley aus Ludworth in der Nähe von Durham. Seine Mutter war eine Nagle, sie ist die Tante des derzeitigen Marquess of Faringdale.« Sie erwiderte Drakes Blick. »Beide Zweige der Familie sind sehr verästelt. Das heißt, dass Lawton eine große Anzahl von Cousinen und Cousins hatte.«

Sie sah zu Sebastian und Antonia hinüber. »Zu welchen Veranstaltungen wollt ihr beide heute Abend gehen und euch umschauen ?«

»Zuerst zum Dinner bei den Carnabys, dann zur Soiree von Lady Ormond und schließlich zum Ball bei den Marchmains«, zählte Antonia auf.

Louisa nickte. »Ich muss mich eigentlich ebenfalls auf dem Ball der Marchmains blicken lassen, aber da ihr bereits zu diesen Veranstaltungen geht, werde ich mein Glück beim Ball von Lady Chisholm und bei der Soiree der Mountjoys versuchen, ehe ich noch bei Lady Cottlesloe vorbeischaue. Die meisten Chilburns sollten in der Stadt sein, und zumindest einige von ihnen dürften heute Abend auch auf diesen Veranstaltungen anzutreffen sein.«

»Und ich«, fuhr Michael fort und sah Louisa an, ehe er den Blick auf Drake richtete, »sehe mich in den Clubs um, ob ich einige von Chilburns Freunden ausfindig machen kann. Zumindest sollte ich auf diese Weise einen Eindruck gewinnen, mit welchen Leuten er sich abgegeben hat.«

»Morgen«, ergänzte Cleo, »werden wir mit den Dienern reden und in Erfahrung bringen, welche Arten von Behältern in der Gegend zum Transport genutzt werden. Danach werden wir im Büro des Generalinspekteurs für Schwarzpulver vorbeischauen. Dort wird uns sicherlich irgendjemand sagen können, ob es noch andere Gefäße gibt, in denen Schwarzpulver transportiert wird.« Sie nahm ihre Handtasche, warf einen Blick zur Uhr und erhob sich. »Und da es inzwischen nach sechs Uhr ist, muss ich jetzt los.«

Louisa erhob sich, ergriff Cleos Hand und lächelte warmherzig. »Wir hatten zwar noch keine Gelegenheit, uns kennenzulernen, doch ich bin mir ziemlich sicher, dass wir Freundinnen werden.«

Cleo lächelte erfreut. »Das Gefühl habe ich genauso. Bis morgen, was immer der Tag bringen mag.«

Louisa wandte sich an Antonia. »Das Dinner bei den Carnabys beginnt um acht, also müssen wir los.« Sie kannten einander fast ihr ganzes Leben. »Ich kann kaum glauben, dass er endlich zur Vernunft gekommen ist«, flüsterte sie ihrer Freundin zu. »Wie um alles in der Welt ist dir das gelungen ?«

Antonia lächelte verschmitzt. »Es war gar nicht so schwierig. Ich brauchte einfach den richtigen Zeitpunkt und den richtigen Ort und den richtigen Anreiz.«

Nachdem sich die anderen verabschiedet hatten, standen Louisa und Drake allein zwischen den Sofas. Obwohl sie ihn nicht anblickte, spürte sie sein Zögern, spürte den Zwiespalt, in dem er steckte, weil er mit ihr allein war, selbst wenn die Umstände harmlos waren. Sie war siebenundzwanzig Jahre alt, war im Haus ihrer Eltern, und das Personal befand sich in Rufweite.

Nein. Es war die Anziehung, die seit jeher zwischen ihnen bestanden hatte und die ihn nun dazu brachte, verstohlen zur Tür zu blicken. Bis zu diesem Tag hatte sie nicht gewusst, ob er diese Anziehung ähnlich empfand wie sie. Wie eine raue Hand, die über empfindliche Sinne strich, verwirrend und verlockend zugleich.

Sie wusste nicht, ob diese Anziehung der Vorbote für etwas anderes als Lust war. Für etwas, das tiefer ging. Etwas wie Liebe.

Was sie an dieser Ungewissheit am meisten ärgerte, war der düstere Gedanke, dass er in den vergangenen zehn Jahren so zurückhaltend auf sie reagiert hatte, weil er ihre Faszination für ihn nicht wahrnehmen wollte. Wahrscheinlich hatte er die Hoffnung gehegt, dass sie sich irgendwann von ihm abwenden und jemand anders heiraten würde.

»Was stellst du dir vor ?«

Sie sah ihn an und bemerkte, dass er sie mit leicht zusammengekniffenen Augen betrachtete. Seine Frage hatte er nicht gerade in einem sanften Ton gestellt. Seine Stimme klang hart, barsch, und es schwang ein bedrohlicher Unterton mit.

»Ich glaube, ich werde mich darauf konzentrieren, Lawtons Schwestern und vielleicht seine Mutter ausfindig zu machen, um zu hören, was sie mir über ihn erzählen können. Ich bin mir sicher, dass sie ihm ab und an geschrieben haben und seine Adresse kennen.«

Das herauszufinden, stand für Drake an erster Stelle. Da der Mann tot war, war es besonders wichtig, Zugang zu seiner Wohnung und zu den Papieren zu bekommen, die sich dort möglicherweise befanden.

Den Blick auf sein Gesicht gerichtet, zog Louisa die Augenbrauen hoch. »Und wie wirst du deinen Abend verbringen ?«

»Ich werde im Arthur’s anfangen und mich dann durch die infrage kommenden Clubs vorarbeiten.« Er zögerte kurz. »Wir müssen Chilburns Adresse so schnell wie möglich in Erfahrung bringen.«

Sie verzog den Mund zu einem Lächeln. »Ich frage mich, wer von uns sie als Erster gesagt bekommt.« Einen Moment lang blickte sie ihn fragend an, bevor ihr Lady-Wild-Lächeln noch ein bisschen breiter wurde. Mit raschelnden Röcken rauschte sie an ihm vorbei zur Tür. Ohne sich noch einmal umzublicken, hob sie die rechte Hand und wackelte mit den Fingern. »Viel Glück.«

Im nächsten Moment war sie weg. Er stand da und blickte ihr hinterher. Innerlich fluchte er, während er versuchte, seine widersprüchlichen Gefühle unter Kontrolle zu halten.

Mit einem leisen Fluchen verließ er das Zimmer und ging in die Eingangshalle.

Kapitel 2

Bevis Griswade saß an einem verschrammten Schreibtisch in der kleinen Wohnung, die über einer Schneiderei lag, und starrte auf das Schreiben des alten Herrn. Er fragte sich, was schiefgelaufen sein mochte.

Von Beginn an war er zuversichtlich gewesen, den Wettstreit zwischen Lawton und ihm zu gewinnen und somit die dritte Stufe der Verschwörung leiten zu dürfen. Nach seiner fehlerfreien Ausführung der ersten Stufe, an deren Ende die Lieferung des Schwarzpulvers in ein Londoner Lagerhaus gestanden hatte, war er fast schon überzeugt gewesen, sich die hohe Belohnung der zwei Drittel vom Besitz des alten Herrn gesichert zu haben. Immerhin hatte sein Spender mit ihm auch über den zweiten, von Lawton kontrollierten Abschnitt der Aktion gesprochen und ihm sogar eine Kopie der Anweisungen übergeben. Zu diesem Zeitpunkt stand es für Griswade so gut wie fest, dass er den Wettstreit gewinnen würde, zumal der alte Herr eher ihm zugeneigt zu sein schien.

Er hatte am Montag tagsüber pflichtschuldig den Hof in Southwark überwacht und war spät in der Nacht noch einmal zurückgekehrt, um die Ankunft der Fässer zu beobachten, die Lawton und seine Helfer aus dem Lagerhaus geholt hatten, in dem sie zuvor versteckt gewesen waren. In den Schatten verborgen, hatte er zugesehen, wie die Karren herangerollt und durch die Tore gefahren waren. Dankbar hatte er den dichten Nebel als Tarnung genutzt und sich näher herangeschlichen – nahe genug, um den Beginn des Umladens zu beobachten. Eine schlaue Operation, musste er zugeben, die sich der alte Herr da mal wieder ausgedacht hatte.

Dem Plan zufolge, den er besaß, war von Lawton alles vorschriftsmäßig durchgeführt worden. Vor allem hatte er Sorge dafür getragen, dass sich niemand zu sehr für die Karren interessierte. Nachdem er sich einen Überblick verschafft hatte, reichte es ihm, und er hatte sich wieder in die Schatten zurückgezogen und die Gegend verlassen, ehe Lawton ihn entdecken konnte. Umso mehr begann er sich später zu wundern, warum der Mann von hohem Stand nicht aufgetaucht war.

Griswade las den Brief des alten Herrn ein weiteres Mal. Der einzige Reim, den er sich darauf machen konnte, war, dass Lawton aus unbekanntem Grund länger aufgehalten worden war. Was vermutlich darauf hindeutete, dass irgendjemand über die Verschwörung gestolpert war und sie aus den Angeln gehoben hatte. Absicht oder Zufall ? Griswade hielt es in diesem Zusammenhang sogar für nicht ganz undenkbar, dass Lawton von der Polizei erwischt worden war. Würde er dann reden, fragte er sich.

Nachdem er einige Minuten darüber nachgedacht hatte, kam er zu dem Schluss, dass das eher unwahrscheinlich war. Selbst wenn er Lawton verteufelte, war der Mann klug genug, um zu wissen, dass es für ihn dumm wäre, mit den Behörden zu reden. Das würde seine Haut nicht retten. Ganz im Gegenteil.

Die Unsicherheit über den Verbleib Lawtons warf auf jeden Fall die Frage nach dem Schießpulver auf. Wo es sich befand und ob der Transport in das neue Versteck planmäßig vollzogen worden war. Auskünfte, die der alte Herr jetzt von Griswade verlangte.

Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es bereits zu spät war, um die erforderliche Antworten noch heute zu beschaffen. Er würde sich morgen nach Southwark begeben und herauszufinden versuchen, was passiert oder was schiefgelaufen war. Außerdem waren da noch die vier Männer, die den Transport ausgeführt hatten und die er schnell aus dem Spiel nehmen musste, falls Lawton das noch nicht getan hatte. Sie waren Geheimnisträger und durften die Aktion nicht überleben.

Griswade wusste, dass der alte Herr den Startschuss für die dritte und letzte Stufe der Verschwörung nicht geben würde, solange die zweite nicht zufriedenstellend abgeschlossen war. Mit Glück könnte er zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Der erste Schritt bestand darin zu überprüfen, ob der Weitertransport der Fässer überhaupt erfolgt war, und davon hing alles Weitere ab.

Erneut las er den Brief, den er bekommen hatte, und entdeckte einen Hinweis, der ihm bislang entgangen war. Ja, da war es. Er hatte die Nachricht erhalten, dass Lawton in der vergangenen Nacht nicht nach Hause zurückgekehrt sei. Vermutlich stammte diese Information von Lawtons persönlichem Diener Badger. Niemand sonst hätte auf sein Verschwinden so schnell reagiert und umgehend eine Nachricht nach Berkshire geschickt.

Und damit ergab sich ein weiteres Problem, das es noch zu klären galt. Was sollte mit Badger passieren, der normalerweise nie von den verbrecherischen Verschwörungen erfuhr ?

Kapitel 3

Drake stieg die Treppe zu Lady Cottlesloes Ballsaal hoch. Es fühlte sich so schwer an, als hätte er Blei in den Füßen. In einem Teil seines Verstands regierte die Ungeduld, die ihn antrieb. Im größeren Teil herrschte hingegen ein tiefer Widerwille. Was er gerade vorhatte, war nicht klug, in keiner Hinsicht. Trotzdem war es, wenn er Ruhe finden wollte, unerlässlich, Louisa aufzusuchen und sie zu fragen, ob sie Chilburns Adresse in Erfahrung gebracht hatte.

Lady Louisa Cynster war der Fluch seines Lebens. In den vergangenen neun Jahren war ihm sehr bewusst gewesen, dass sie eine beinahe hypnotische Anziehungskraft auf ihn ausübte, die sich auf vielen Ebenen auswirkte: intellektuell, sexuell, emotional, gesellschaftlich.

Damals hatte er erkannt, dass er sich in diese Frau hoffnungslos verlieben würde, wenn er ihrer Anziehung nachgab, wenn er sie zuließ und genoss. Was er nicht tat, denn er betrachtete die Liebe als eine Falle, der es so lange wie möglich auszuweichen galt. Sein Vater hatte es genauso gehalten und die Liebe als eine Macht betrachtet, der er grundsätzlich misstraute. Sein Sohn machte es nicht anders. Für ihn war die Liebe definitiv keine Macht, mit der zu spaßen war. Und das war der Grund, Louisa aus dem Weg zu gehen, so gut er konnte.

Dennoch wusste er natürlich, in welchen Kreisen sie sich bewegte, an wessen Seite sie gesehen worden war und dass sie keinen Möchtegernverehrer je ermutigt hatte. Sehr zum Missfallen der beiden alten Damen, die häufig bei ihnen lebten, und der Klatschmäuler hatte sie nie das geringste Interesse an einem der Männer gezeigt.

Drake vermutete, dass sie an ihrem Interesse für ihn und einem sinnlichen Bewusstsein festgehalten hatte, und die Untertöne bei ihrem Treffen am Nachmittag hatten ihm diesen Eindruck bestätigt. Außerdem hatte ein intensiver Ausdruck in ihrem Blick gestanden, den er so noch nicht gekannt hatte, ein Wille, der ins helle Blassgrün ihrer Augen gebrannt war. Falls er sich nicht irrte, hatte sie vor, die Situation, die sich durch die Mission ergab, zu nutzen, um ihn herauszufordern. Zweifellos steckte er damit in einem Dilemma, denn er brauchte ihre Hilfe.

Leider wusste sie das ebenfalls.

Nachdem inzwischen feststand, dass die Täter aus den höheren oder gar höchsten gesellschaftlichen Schichten stammten, war von all denjenigen, die er zur Unterstützung auswählen konnte, Louisa am besten geeignet. Sie könnte ihm die Unterstützung geben, die er benötigte. Wie ihre Großmutter und Lady Osbaldestone nahm sie einen Rang in der Gesellschaft ein, der fast autoritär war. Im Übrigen würde sie entweder die Antworten auf seine Fragen kennen oder wissen, woher sie sie bekommen konnte.

Als er den überfüllten Ballsaal erreicht hatte, nickten ihm nicht wenige überrascht zu, da sie mit ihm nicht gerechnet hatten. Nicht einmal Lady Cottlesloe, die ihm selbstverständlich eine Einladung geschickt hatte. Für gewöhnlich gehörte Drake nicht zu jenen, die nach der Pfeife der versnobten Gesellschaft tanzten.

Gelangweilt betrachtete er die Damen, die Kleider in allen Farben des Regenbogens trugen, Gewänder aus Seide und Satin, mit Bändern und Schleifen verziert, und die sich dazu passend mit Diamanten, Rubinen, Smaragden und Saphiren schmückten, die an ihren Hälsen, Ohren und Handgelenken funkelten und selbst in den kunstvoll gesteckten Locken glitzerten. Im Gegensatz dazu kamen die Herren ganz in Schwarz und Weiß und bildeten einen scharfen Kontrast zu den schillernden Farben der Damen.

Drake war bewusst, dass er zögerte und keine Lust verspürte, sich in die elegante Menge zu drängen, doch diese Mission war zu wichtig für ihn, um sich einfach von Louisa abzuwenden und ihre Hilfe auszuschlagen.

Er begab sich zu Lady Cottlesloe, die einen Großteil der Gäste inzwischen verabschiedet hatte, und entdeckte dort nach einer Weile erwartungsgemäß Louisa, die von einem Kreis vornehmer Gäste umgeben war, wobei die Herren deutlich in der Überzahl waren.

Zu ihren schimmernden schwarzen Locken trug sie ein Kleid aus hellgrünem Satin. Schnitt und Sitz waren der Inbegriff der Haute Couture, die immer mehr in Mode kam. Keine Rüsche und keine Spitzenbordüre lenkten das Auge von den raffinierten Linien und Formen ab. Wie immer war sie für Drake wie ein Leuchtfeuer auf stürmischer See und zog ihn an wie ein Magnet.

Ihre Augen weiteten sich, als sie ihn sah. Es war typisch für sie, dass sie ihr Erstaunen nicht einmal zu verstecken suchte, sondern ihn mit spöttischer Miene musterte und fragend die Augenbrauen hochzog.

Notgedrungen blieb er neben ihr stehen und deutete knappe Verbeugungen in Richtung der anderen Gäste an. Louisa griff ein. »Lord Winchelsea, erlauben Sie mir, Ihnen Lady Anne Colby, Mrs. Hendricks und Miss Dunstable vorzustellen.«

Drake nickte anschließend den Herren zu, die er kannte, und murmelte ein paar höfliche Worte. Sie betrachteten ihn abschätzend, fürchteten offenbar, dass ihr Interesse für Louisa gestört wurde. Drake sah, dass sie sich ein Lachen verbiss.

Bevor er sich mit Louisa von der Gruppe entfernen konnte, ergriff Viscount Coleman das Wort und begann über die Aufführung des Hoftheaters zu reden. Drake, der schweigend neben Louisa stand, hatte das Gefühl, man wolle sie auf diese Weise von ihm fernhalten. Entsprechend gereizt war seine Stimmung, und er ermahnte sich, nichts darauf zu geben, was die Gesellschaft dachte.

Er musste jetzt mit Louisa sprechen, und allein das war wichtig. In dem Moment, als der erste Akkord zum nächsten Walzer einlud, packte er ihre Hand. »Das ist, glaube ich, mein Tanz«, sagte er entschlossen und trat mit einem kleinen Nicken in Richtung der anderen mit Louisa auf die Tanzfläche.

Als Sprösslinge aus Adelshäusern beherrschten sie den Walzer wie im Schlaf, tanzten ihn federleicht. Zu einem Gespräch kam es allerdings nicht. Stattdessen brachen sich die Empfindungen Bahn, selbst seine eigenen Emotionen, die er nicht hatte wahrhaben wollen, verstärkten sich. Er genoss das Gefühl, wie angenehm sie in seinen Armen lag, wie sich ihre Hand auf seiner Schulter anfühlte, wie ihre Finger sich um die seinen schlossen, zart und stark zugleich. Ihre Körper spiegelten einander wider, als sie über die Tanzfläche wirbelten. Und mit einem Mal rastete sein Verstand wieder ein.

Er blickte ihr in die Augen. Einige Momente lang fühlte er sich, als würde er ertrinken, dann holte er tief Luft, drängte die Gefühle zurück und konzentrierte sich auf ihre Miene.

»Hast du irgendetwas über Chilburn herausgefunden ?«, fragte er abrupt. Es war ein Versuch, sie beide ins Hier und Jetzt zurückzuholen. Louisa blinzelte. Es kostete sie Mühe, sich auf seine Frage zu konzentrieren.

»Nicht viel. Offensichtlich ist seine gesamte Familie in der Stadt, wobei zu dieser Jahreszeit die Festlichkeiten viel kleiner sind als während der Saison. Das bedeutet, dass man unter Umständen viel mehr Einladungen besuchen muss.« Sie hielt kurz inne. »Ich habe Sebastian und Antonia bei den Marchmains getroffen, sie hatten keine Neuigkeiten zu berichten. Stattdessen bin ich auf gut Glück noch zur Soiree von Lady Ortolan gegangen und traf dort tatsächlich eine von Lawtons Schwägerinnen.« Sie unterbrach sich, als sie ans Ende der Tanzfläche kamen, eine Drehung machten und wieder zurückschwebten. »Die Schwägerin hat offensichtlich nichts für diesen Verwandten übrig. Soviel ich weiß, ist er das schwarze Schaf der Familie. Sie kannte seine Adresse nicht mal und wusste nur, dass er irgendwo in der Stadt eine Wohnung hat. Oh, er hat einen persönlichen Diener, der auf den Namen Badger hört.«

Louisa betrachtete interessiert Drakes Gesicht. »Und was ist mit dir ? Hast du irgendetwas in Erfahrung bringen können ?«

Er zögerte. »Nein«, gab er schließlich zu. »Im Grunde nichts. Es gibt so wenig Informationen über ihn, dass ich mich fragen muss, ob Chilburn aus der etablierten Gesellschaft ausgeschieden ist. Zumindest aus den oberen Kreisen. Sein Name ist ohnehin lediglich vage bekannt, als wäre er jemand, den man irgendwo getroffen hat. Ich konnte in den Clubs oder Spielhöllen niemanden finden, der ihn als Freund bezeichnet hätte, nicht einmal als Bekannten. Dazu passt, dass er zudem kein Mitglied in Etablissements wie diesem ist.«

»Hm. Sieht so aus, als wäre er ein Tunichtgut, der nicht einmal das nötige Kleingeld besitzt, um in diesen Kreisen mithalten zu können. Seine Schwägerin hat angedeutet, dass er von der Hand in den Mund lebt und das mit Glücksspielen und verrückten Wetten, wie sie es nannte, finanziert.« Louisa dachte nach. »Du könntest mehr Glück in den Clubs haben, die von ehemaligen Kavallerieoffizieren besucht werden.«

Drake stieß ein zustimmendes Brummen aus und ergriff nach zwei weiteren Umdrehungen erneut das Wort. »Wir müssen das überprüfen, wobei ihm, wenn er tatsächlich unter chronischem Geldmangel litt, diese Türen vermutlich verschlossen geblieben sind.«

Als die letzten Takte verklangen und Drake sie freigab, fühlte sie sich noch bestärkter darin, den Weg zu verfolgen, den sie eingeschlagen hatte. Trotz seiner scheinbar undurchdringlichen Selbstbeherrschung hatte es einen Moment gegeben, dass er zögerte, sie loszulassen. Louisa nahm das als Zeichen, dass er sich zu ihr hingezogen fühlte – wie stark, das vermochte sie nicht zu sagen. Sie vermutete, dass er sie zum Selbstschutz auf Abstand halten wollte, und lächelte ihn zur Gegenwehr verführerisch an.

Sie wandte sich zur Tür. »Ich glaube, ich werde es für heute gut sein lassen und nach Hause fahren. Sebastian, Antonia und ich werden die Hawesleys oder die Viscountess wohl morgen Abend irgendwo antreffen, wenn die bedeutenderen Gastgeberinnen ihre Abendveranstaltungen abhalten.«

Drake ging neben ihr her und hörte ihr schweigend zu. »Ich will vor allem mit Lawtons Schwestern sprechen«, fuhr Louisa fort. »Von der ganzen Familie haben sie wahrscheinlich die neuesten und genauesten Einblicke in sein Leben und wissen über eventuelle Freunde oder Kollegen Bescheid.« Einschränkend verzog sie das Gesicht. »Leider werden diese Veranstaltungen zu dieser Jahreszeit nicht sonderlich gut besucht und sind nicht die sprudelnden Informationsquellen wie während der Saison.«

Nachdem sie unter den neugierigen Blicken der anderen Gäste gemeinsam den Ballsaal verlassen hatten, gingen sie hinunter in die Eingangshalle und warteten auf ihre Garderobe. Drake nahm ihren Umhang entgegen und legte ihn über Louisas nackte Schultern. Sie dankte es ihm mit einem abwesenden Lächeln, das er nicht zu entschlüsseln verstand. Vor der Tür stand bereits eine elegante schwarze Kutsche, die sie nach Hause bringen würde. Sobald der Butler eine Tür geöffnet hatte, raffte Louisa ihre Röcke und hielt Drake ihre behandschuhte Hand entgegen.

»Kommst du mit ?«, sagte sie und zog fragend eine Augenbraue hoch.

Drake seufzte. Er war auf den Ball gekommen, um zu erfahren, ob sie Chilburns Adresse herausgefunden hatte und alleine dort hingefahren war, um zu ermitteln. Seine Absicht war es gewesen, sie von dort sicher nach Hause zu bringen und sie nicht mit der Kutsche herumgondeln zu lassen.

Was sollte Drake mit dieser Lady tun ? Das herausfordernde Aufblitzen in ihren Augen gab den Ausschlag. »Warum nicht ?«, sagte er, ergriff ihre Finger und half ihr beim Einsteigen.

Als die Pferde die Zügel spannten und die Kutsche sanft anfuhr, fielen ihm innerhalb einer Minute mehrere Gründe ein, warum es klüger gewesen wäre, alleine nach Hause zu laufen. Er holte tief Luft und zwang sich, nicht weiter in diese Richtung zu denken. Um sich abzulenken, bewegte er das Gespräch in eine völlig absurde Richtung.

»Neville, warum zum Teufel hast du ihn eigentlich nicht geheiratet ?« Er verschränkte die Arme und lehnte sich grübelnd zurück. »Oder Chifley, wenn wir schon bei dem Thema sind.«

Louisa betrachtete ihn verwirrt, weil er ihre Verehrer im Auge behalten hatte, inklusive jener, die ihre subtile Zurückweisung nicht akzeptiert und ihr formelle Heiratsanträge gemacht hatten.

Sie presste die Lippen zusammen, um sich ein Lachen zu verkneifen, was ihn zusätzlich reizte, und zwar in mehrfacher Hinsicht.

»Was ist daran so lustig ?«, fuhr er sie verärgert an.

»Weil du versuchst, wie ein großer Bruder zu klingen.«

Ihm wurde bewusst, dass sie damit nicht ganz falschlag. Er hatte instinktiv nach einer Tarnung gesucht, hinter der er sicher war. Er zögerte. »Und ? Funktioniert es ?«, fragte er.

»Nein. Überhaupt nicht.«

Seufzend ließ er die Arme sinken, die er vor der Brust verschränkt hatte. »Solange du verstehst, dass das die einzige Beziehung ist, die es zwischen uns geben darf, sollten wir es dabei belassen.«

Louisa schien es ratsam, das Thema in der engen Kutsche zu wechseln und ihren Begleiter zum Reden zu bringen. »Dir ist hoffentlich klar, dass es heute erst das zweite Mal war, dass wir zusammen getanzt haben, oder ?«

Da von ihm nichts kam außer einem leisen Ja, fuhr sie mit Reden fort und strich ihre Röcke glatt. »Als der Abend begann, wusste ich noch nicht, ob diese besondere Anziehung, die ich zwischen uns spüre, auf Gegenseitigkeit beruht oder nicht.« Sie spürte, wie er neben ihr erstarrte, und sprach schnell weiter. »Da du mir in den vergangenen neun Jahren so beharrlich aus dem Weg gegangen bist, hatte ich wirklich keine Ahnung, wie wir zueinander stehen. Ich war siebzehn Jahre alt, als wir zuletzt miteinander getanzt haben, und wusste damals nicht einmal genau, wie es in mir selbst aussah – ganz zu schweigen davon, wie deine Gefühle für mich waren. Nach dem heutigen Tanz jedoch und nach deinen Worten von eben …« Sie legte den Kopf leicht schräg und warf ihm einen Blick zu. »Du weißt schon, dass es nicht funktioniert, einfach so zu tun, als wäre eine Wahrheit nicht wahr, oder ? Als ließe sie sich leugnen ?«

Seine Antwort war enttäuschend. »Es wäre gut, wenn du akzeptieren könntest, dass ich, selbst wenn die Anziehung bestehen sollte, nicht darauf reagieren werde.«

Seine Stimme war rau und wies ihre Avancen zurück. »Bist du dir sicher ?«, schnurrte sie möglichst provozierend.

»Ich werde niemals in dein Bett kommen. Niemals.«

»Nein, natürlich nicht. Wozu sollte ausgerechnet das gut sein ?«

Drakes Verwirrung nahm zu. Er hatte mittlerweile das Gefühl, den Überblick über das Gespräch verloren zu haben, und fragte sich, ob er nachhaken sollte, um Klarheit zu erlangen. Aber die Vorsicht mahnte ihn, dass im weiteren Gespräch zusätzliche Gefahren lauerten … Zu seiner Erleichterung fuhr in diesem Moment die Kutsche an den Straßenrand und kam vor St. Ives am Grosvenor Square zum Stehen. Es ging ihm nicht schnell genug auszusteigen, ihr die Hand zu reichen und ihr beim Verlassen der Kutsche behilflich zu sein.

Ihre Hand noch immer umschlossen, führte er sie die Eingangstreppe hoch und beging einen katastrophalen Fehler. »Was meintest du damit, als du sagtest, wofür das gut sein sollte ? Du weißt, mit uns beiden und so ?«

Mit einer Hand hielt sie ihn fest, mit der anderen raffte sie ihre Röcke. »Was ich damit meinte, war, dass es nicht sinnvoll wäre, wenn du in mein Bett kommen würdest. Vielmehr bin ich nämlich fest entschlossen, mit dir in dein Bett zu kommen.«

Ihm verschlug es die Sprache. Mehr als ein Nein brachte er nicht raus. Statt das als Dämpfer zu verstehen, lächelte sie ihn ermutigend an. »O Gott, Drake.« Sie stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihm einen Kuss auf die Wange zu hauchen, strich mit ihren Lippen verlockend, aufreizend und federleicht über seinen Mund.

Sein Herz begann zu hämmern. Eine Woge der Gefühle durchströmte ihn. Jeder Instinkt in ihm bäumte sich auf und schrie: Ergreif die Gelegenheit !

Drake kämpfte darum, der Flut der Emotionen standzuhalten, und spürte zugleich, wie er ins Wanken geriet.

Die Lippen zu einem Lächeln verzogen, murmelte sie: »Es ist nicht sehr schlau, einen Fehdehandschuh zu werfen, wenn man nicht will, dass jemand ihn aufhebt.«

Bevor er irgendetwas erwidern konnte, löste sie ihre Finger aus seinem Griff, öffnete die Tür und ging mit einem letzten, bewusst provokanten und verheißungsvollen Blick ins Haus. Leise fiel die Tür hinter ihr ins Schloss.

Er stand wie erstarrt da, war unfähig, sich zu rühren. Ob er in diesem Moment ein Sklave seines eigenen oder ihres Verlangens war, hätte er nicht mit Sicherheit zu sagen vermocht. Zumindest löste sich endlich der Schraubstock, in dem seine Brust gesteckt hatte, und ließ ihn wieder durchatmen.

Damit war der Bann gebrochen. Er schüttelte kurz den Kopf, um klar denken zu können und sich von ihrem Zauber zu befreien. Dann wandte er sich um, hastete die Stufen hinunter und lief nach Hause in die Sicherheit von Wolverstone House, wo er hingehörte.

Kapitel 4

Mittwoch, 30. Oktober 1850

Um neun Uhr am folgenden Morgen kam Drake vor dem Haus in Kensington an, in dem die Organisation der Londoner Arbeiter ihr Büro hatte. Als er aus der Mietdroschke kletterte, war das Erste, was er erblickte, die schlichte schwarze Kutsche, die ihm verdächtig bekannt vorkam und die fünfzehn Meter weiter am Straßenrand parkte.

Gereizt bezahlte er den Fahrer und ging auf das Gefährt zu. Er fragte sich erst gar nicht, wie Louisa die Adresse oder die Uhrzeit, zu der er hier sein würde, herausgefunden haben mochte. Er zweifelte nicht daran, dass sie ausreichend Mittel und Wege besaß.

Der Schlag der Kutsche öffnete sich, noch ehe er sie erreichte, und Louisa lehnte sich heraus.

»Da bist du ja«, rief sie und streckte ihm ihren Arm entgegen, damit er nicht trödelte, sondern ihr ohne Zögern beim Aussteigen half.

»Das hätte ich mir denken können«, seufzte er und ergriff ihre Hand.

»Stimmt, das hättest du«, erhielt er zur Antwort.

Die junge Frau trug ein elegantes Tageskleid in einem dunklen Waldgrün, das einen intensiven Kontrast zum hellen Grün ihrer Augen bildete.

Nachdem sie ihre Röcke glatt gestrichen und den Pompadourbeutel an ihr Handgelenk gehängt hatte, betrachtete sie das Gebäude, vor dem sie standen.

Aus rotem Ziegelstein erbaut, war es ein schlichter Bau, der jegliche Verzierung vermissen ließ. Die Doppeltür aus schlichtem Holz war weiß gestrichen, genau wie die Fensterrahmen.

»Sehr zweckmäßig. Angemessen würde ich sagen. Sollen wir mal ?« Ohne auf eine Antwort zu warten, rauschte sie in Richtung Eingang und drückte die Tür auf, die lediglich angelehnt war. Mit ein paar langen Schritten holte Drake sie ein.

Der große Raum, in den sie kamen, war offensichtlich für Versammlungen gedacht. Männer jeder Größe und jeden Alters waren dort anzutreffen, einige saßen an Tischen, einige in Sesseln, andere bildeten Grüppchen. Als sie ihre Besucher entdeckten, verstummten sie. Die Männer starrten ausnahmslos auf die schöne junge Frau, Drake wurde zwar bemerkt, blieb aber Nebensache. Louisa wusste, wie sie sich in den Mittelpunkt stellen musste, und sie hielt alles fest, was sie sah, wie etwa die Regale mit Kontobüchern an der hinteren Wand.

Drake ergriff das Wort, bevor sie etwas sagen konnte. »Ich habe ein Schreiben von O’Connor.« Langsam und bedächtig griff er in seine Manteltasche und zog O’Connors Brief heraus, mit dem der oberste Anführer der Chartisten die Londoner Abteilung anwies, Lord Winchelsea in jeder Hinsicht zu unterstützen. »Wenn mich jemand zu demjenigen bringen könnte, der hier die Verantwortung trägt, wäre das sehr hilfreich.«

Die Männer wechselten Blicke, einige rührten sich, andere schienen zu warten. Drake wusste nicht, was das sollte. Plötzlich erklang ein Räuspern, und viele Blicke richteten sich zu der Terrassentür im hinteren Bereich, durch die offenbar soeben ein großer, schlaksiger Mann hereingekommen war und jetzt am Tresen lehnte. »Ich bin der Sekretär der Organisation und im Augenblick, das wohl … äh … ranghöchste Mitglied hier. Mein Name ist Mr. Beam.«

Drake reichte ihm das mitgebrachte Schreiben und wartete, dass er es auseinanderfaltete und las. Ihm blieb nicht verborgen, dass er zunehmend besorgt wirkt, je mehr er las.

Schließlich ließ Beam den Brief sinken. »Das Schreiben scheint echt zu sein.«

»Das ist es in der Tat«, beschied Drake ihn und zog die Augenbrauen ein Stückchen hoch. »Ich habe das Schreiben von O’Connor persönlich bekommen.«

Blinzelnd richtete Beam den Blick auf Drakes Gesicht. »In Liverpool.«

»Nein, in Leeds. Oder vielmehr auf Tamworth Grange, O’Connors Haus vor den Toren der Stadt.«

»Ah, ja. Natürlich.« Erneut betrachtete Beam das Schreiben. »Hier steht, dass wir, also die London Working Men’s Association, Ihnen alle Fragen, die Sie haben, beantworten und Ihnen in jeder Hinsicht helfen sollen …« Er hielt kurz inne, als würde er darüber nachdenken, ob er aussprechen sollte, was ihm durch den Kopf ging. »Angeblich ermitteln Sie in einer Angelegenheit, die eine Gefahr für die Sache der Chartisten darstellt.« Der Sekretär sah Drake an und straffte die Schultern. »O’Connor schreibt, dass Sie der Marquess Winchelsea sind ?«

Drake nickte knapp. Um ihn herum herrschte gespanntes Schweigen. Alle Männer lauschten aufmerksam.

»Also, was möchten Sie wissen ?«

»Ich brauche die Namen der drei Männer, die Anführer der Miliz sind.« Drake sah sich um. »Ist vielleicht einer von ihnen hier ?«

»Nein«, versicherte Beam, dem deutlich anzumerken war, dass seine Beunruhigung wuchs.

»In dem Fall brauche ich auch die Adressen.«

»Wozu brauchen Sie die Informationen, wenn ich fragen darf ?«

Drake betrachtete Beam, der bereits nervös gewesen war, bevor sie hier erschienen waren. »Stimmt etwas nicht ?«

Einer der Männer hinter Drake und Louisa ergriff das Wort. »Na ja, wir sind es nicht gewohnt, dass Leute Ihres Standes hier hereinspazieren und sich nach unseren Anführern erkundigen – jedenfalls nicht, ohne dass es am Ende Ärger für uns gibt.«

»Tut mir leid, es sieht so aus, als gäbe es den Ärger schon. Wie O’Connor schreibt, ermittle ich in einer bestimmten Angelegenheit, bei der eine niederträchtige Person gerade Ihre Leute und Ihre Organisation als Sündenbock zu missbrauchen versucht. Ich muss mit Ihren Anführern sprechen, um sie zu warnen. Und falls sie inzwischen in die Sache hineingezogen wurden, werde ich Ihnen helfen, Ihre Leute zurückzupfeifen und davor zu bewahren, sich weiter an dieser Verschwörung zu beteiligen, die am Ende tödlich enden kann, auch für Sie.« Er machte eine kleine Pause. »Es ist der Drahtzieher hinter der Verschwörung, der eine schwere Gefahr für die Chartisten darstellt, nicht ich«, sagte er in Richtung der versammelten Männer.

Ein paar Sekunden lang herrschte vollkommene Stille, dann wurde Unwillen laut. Die Männer waren nicht bereit, ihm zu vertrauen und den Aufenthaltsort ihrer Anführer preiszugeben.

»Himmeldonnerwetter noch mal !« Louisas Stimme beendete das Schweigen. Alle wandten ihr den Kopf zu. Mit ihrem leicht überheblichen Ton, der Souveränität ausdrückte und Unterordnung und Gehorsam verlangte, fuhr sie fort: »Sie glauben wohl nicht ernsthaft, dass Lord Winchelsea hier wäre und mit einem Schreiben von Mr. O’Connor winken würde …« Mit einer kleinen Geste deutete sie auf Beam. »Ihr Sekretär hat übrigens bestätigt, dass Mr. O’Connor eine Zusammenarbeit mit Lord Winchelsea für wichtig im Interesse der Chartisten halten würde.«

Louisas Strenge und ihre Kompromisslosigkeit blieb nicht ohne Wirkung. Die Männer sahen sie an, als wäre sie eine seltsame, exotische Spezies, die ihre Natur öffnete und die Wahrheit aussprach, die ihrer Meinung nach niemand hatte sehen wollen. Jetzt musste sie es noch Whitehall und den dortigen Behörden so deutlich klar machen, damit sie sich nicht ein weiteres Mal aus der Affäre zogen.

Beam knickte als Erster ein. »Äh, ich werde kurz die Namen und die Adressen notieren.«

»Noch eine Sache«, hielt Drake ihn auf und ließ den Blick über die versammelten Männer gleiten. »War ein Gentleman hier, vielleicht in der vergangenen Woche, der sich mit diesen drei Anführern treffen wollte ?«

Der Sekretär zögerte kurz und nickte. »Ja, hier hat ein Herr vorgesprochen. Ein Gentleman. Allerdings nicht so vollendet wie Sie, wenn ich das so sagen darf, Mylord.«

»Hatte dieser Herr eine Narbe, die von seinem Mundwinkel über seinen Kiefer verlief ?« Louisa demonstrierte den Verlauf der Narbe an ihrem eigenen Gesicht. »So in etwa ?«

»Ja, Miss, Milady, genau das hatte er«, bestätigte Beam, der nicht so recht wusste, wie er die Tochter eines Duke anreden sollte.

»Und Ihre Anführer haben sich tatsächlich mit ihm getroffen ?«, hakte Drake nach.

Zu seiner Erleichterung taute Beam auf. »Ich war nicht so begeistert. Er behauptete, eine Nachricht von O’Connor zu haben, doch er hatte kein Schreiben dabei.« Beam wies mit einem Kopfnicken auf den Brief, den er auf den Tresen gelegt hatte. »Der Herr behauptete, er habe eine geheime Botschaft von O’Connor über eine Aktion, an der er und die anderen Interesse hätten und an der sie sich beteiligen wollten. Mehr hat er nicht gesagt.«

»Das hat gereicht. Alle drei Anführer sind losgegangen, um sich mit ihm zu treffen.« Drake bemühte sich, den ungläubigen Ausdruck auf seinem Gesicht zu verbergen.

Beam hustete verlegen. »Ich habe sie gewarnt, dass sie es überstürzen würden. Aber sie widersprachen, dass es um ihre Sache zu still geworden sei, das könnte nicht stimmen. Deshalb wollten sie sich mit ihm treffen und sich anhören, was los sei.« Beam hob die Handflächen. »Mehr weiß ich nicht.«

Drake beschlich ein ungutes Gefühl. »Wann genau war das Treffen ?«

»Letzten Donnerstag«, erwiderte Beam.

»Und haben Sie Ihre Anführer seitdem gesehen ?«

Die Anwesenden blickten einander unsicher an und wussten nicht zu antworten, sodass Drake nachhakte. »Raus mit der Sprache: Was ist los ?«

Beam warf den anderen einen hilflosen Blick zu. »Wir haben keinen unserer Führer seitdem mehr gesehen.« Mit einem Kopfnicken wies er auf die Liste in Drakes Hand. »Seit Samstag nicht. Ihre Ehefrauen waren am Montag hier und sind gestern noch mal gekommen, um sich nach den Männern zu erkundigen, bloß gibt es von den dreien seit Samstag keine Spur mehr.«

Drake wechselte einen vielsagenden Blick mit Louisa. Er musste nicht fragen, was sie gerade dachte. Die Chancen standen sehr gering, dass die drei Milizenführer noch lebten. Drake wandte sich an Beam. »Sobald ich etwas über ihren Verbleib herausfinden sollte, werde ich es Sie wissen lassen.«

»Danke, Mylord. Gibt es noch etwas, das Sie von mir erfahren möchten ?«

»Das wäre im Augenblick alles. Falls ich weitere Informationen benötige, komme ich wieder.«

Mit einer kleinen Handbewegung bedeutete er Louisa, dass er gehen wollte. Sie konnten nicht mehr tun und mussten die anwesenden Männer in großer Sorge zurücklassen.

Louisa trat als Erste aus dem Gebäude. Als sie kurz hinter der Tür stehen bleiben wollte, legte Drake ihr die Hand auf den Rücken und drängte sie weiterzugehen. »Es scheint«, murmelte er, »dass die Londoner Chartisten reif waren, gepflückt zu werden. Ich frage mich, woher Chilburn das wissen konnte oder der Drahtzieher.«

»Wussten sie es überhaupt ? Oder war es lediglich eine Annahme ?«

»Nun, selbst eine Annahme setzt gewisse Kenntnisse voraus.«

»Das stimmt.« Sie blieb auf dem Gehsteig stehen und warf einen Blick auf die Liste mit den Namen und Adressen, die er noch in der Hand hielt. Drake zögerte und überlegte, direkt zu Scotland Yard fahren, entschied sich jedoch anders.

Inzwischen hatte Louisa ebenfalls eine andere Entscheidung getroffen. »Da wir bereits auf dieser Seite des Flusses sind, schlag ich vor, dass wir diese Adressen hier zuerst aufsuchen. Wer weiß ? Vielleicht erfahren wir von den Ehefrauen noch irgendetwas. Nicht alle Männer sind so verschlossen wie du.«

Neben der Kutsche blieb sie stehen und drehte sich zu Drake um, der sich nicht von der Stelle gerührt hatte.

»Wohin willst du dann ?«, fragte er sie.

»Zuerst in die Swanston Street, dann in die Gilray Close und schließlich in die Milton Avenue«, erwiderte sie und strebte auf die Kutsche zu.

Drake fluchte unterdrückt und folgte widerstrebend. »Das ist kein Spiel«, belehrte er sie unfreundlich.

»Offensichtlich nicht«, gab sie kühl zurück. »Es klingt, als hätten wir noch drei weitere Todesfälle.« Aus ihren grünen Augen warf sie ihm einen Blick zu. »Ganz unabhängig davon, ob die Ehefrauen das bestätigen können oder nicht, bist du mit mir an deiner Seite besser dran und erfolgreicher als ohne mich.«

Resigniert ließ er sich in die Polster sinken. Auf keinen Fall hatte er sich damit abgefunden, dass sie ihm nicht von der Seite wich. Leider schaffte er es nicht, Lady Wild davon abzuhalten, ständig das zu tun, was sie wollte. Besonders für einen Gentleman wie ihn war das nicht so leicht hinzunehmen.

Kapitel 5

Er hasste es, am helllichten Tag zu töten, die Risiken bei der Beseitigung der Leichen waren seiner Meinung nach unzumutbar. Unnötig. Es war viel einfacher, bei Nacht zuzuschlagen und die Opfer im Fluss zu versenken, was außerdem für eine gewisse Verwirrung sorgte. Es war nämlich nicht so leicht zu sagen, wo genau ein Opfer getötet worden war, und von daher war es gleichzeitig viel schwieriger und dauerte länger, eine unbekannte Leiche zu identifizieren. Das alles war ein Vorteil für ihn.

Heute allerdings nicht. Wenigstens gab es in dieser Gegend Plätze, die fast an Armenviertel erinnerten, und er hatte die zweite Leiche des Morgens unter einem Berg von Schutt versteckt, der sich hinter den Überresten eines baufälligen Stalls auf dem winzigen Hof einer scheinbar verlassenen Behausung befand. Das hatte ihm gereicht. Mit etwas Glück würde der Tote dort für ein paar Tage unentdeckt bleiben.

Ihm war wichtig zu verhindern, dass irgendjemand dahinterkam, wo seine letzten Opfer gearbeitet hatten, bis das Schwarzpulver in Sicherheit war. Und wenn die dritte Stufe der Mission erfolgreich sein sollte – wenn er, Bevis Griswade, sich zum alleinigen Erben des alten Herrn machte –, dann musste er sicherstellen, dass er alle vier Männer erwischte, die Lawton für Transport und Lieferung angeheuert hatte. Gottlob war er neugierig genug gewesen, um sich am Montagabend dessen Treiben anzusehen. Wenn er nicht dort gewesen wäre und die Gesichter der Männer nicht gesehen hätte, dann wüsste er nicht, welchen der Arbeiter er beseitigen musste.

Wie immer erstaunte ihn die Weitsicht des alten Herrn, der ihn in die Anweisungen einweihte, die Lawton erhalten hatte. Er wirkte beinahe allwissend. Oder er verfügte über einen extrem hohen Intellekt und ein überragendes logisches Denkvermögen wie kaum ein anderer Mensch.

Gemessenen Schrittes ging er zurück zu den größeren Straßen. Als die Tore des Hofes in Sicht kamen, die gerade weit offen standen, begannen die Glocken der Stadt zu läuten. Zehn Uhr. Zwei Männer schufteten gerade dort. Um sie würde er sich später kümmern. Selbst wenn er die gesamte Gegend durchsuchen müsste, würde er sie finden. Da er wusste, wo sie arbeiteten, würden sie ihm nicht entkommen. Zunächst aber erinnerten ihn die langsam verklingenden Glockenschläge daran, dass er sich auf den Weg machen musste. Der alte Herr würde bereits darauf warten, seinen Bericht zu hören, und ihn durfte er nicht enttäuschen.

Bevor seine letzten Opfer zum Schweigen gebracht worden waren, hatte er sich vergewissert, dass das Schießpulver sicher im nächsten Versteck lag und Transport wie Übergabe reibungslos vonstattengegangen waren.

Nun würde er nach Berkshire reiten, Bericht erstatten und sich anhören, wie die Pläne des alten Herrn für die letzte, die finale Phase dieser raffinierten Verschwörung aussahen.

Kapitel 6

Als sie die dritte Adresse auf Beams Liste, ein Haus in der Milton Avenue, erreichten, war Drake mehr als dankbar, dass Louisa darauf bestanden hatte, ihn zu begleiten.

Die Ehefrauen der Männer, die an der ersten und zweiten Adresse gewohnt hatten, waren am Morgen von Scotland Yard darüber informiert worden, dass man in der Nähe ihrer Wohnungen in den Seitenstraßen zwei Leichen gefunden hatte, bei denen es sich um ihre Ehemänner handeln könnte. Offenbar waren sie am Samstagabend ermordet worden, wenngleich an unterschiedlichen Orten.

Beide Frauen waren gerade zurückgekehrt, nachdem sie die Leichname identifiziert hatten. Sie waren kaum in der Lage gewesen, Fragen zu beantworten. Trotzdem hatte Louisa ihr Vertrauen gewonnen und herausgefunden, dass weder sie noch die Freunde sich irgendwie erklären konnten, wieso die Männer ermordet worden waren.

»Abgesehen davon«, hatte Drake zynisch bemerkt, als er Louisa beim Einsteigen in die Kutsche half, »dass jeder der Toten leichtgläubig eine Gruppe von ortsansässigen Milizen der Chartisten angeführt hat, ohne sich etwas dabei zu denken.«

Al sie das Haus erreichten, in dem der dritte Anführer der Milizionäre gelebt hatte, öffnete ihnen seine Ehefrau. Mrs. Neill versuchte gar nicht, ihre Sorge zu verbergen »Ja ?«, sagte sie mit zitternder Stimme.

»Wir haben mit der hiesigen Arbeiterorganisation gesprochen«, begann Louisa sanft, »und gehofft, Ihren Ehemann erreichen zu können, leider ist er anscheinend noch nicht zurückgekehrt.« Sie zögerte einen Herzschlag lang. »Ich nehme an, er ist noch immer verschwunden ?«

Mrs. Neill nickte. Sie packte die Tür, als könnte sie so etwas von der Angst abgeben, die sie belastete. »Genau wie die anderen beiden Milizionäre, meine ich.« Sie musterte Louisa und Drake. »Haben Sie etwas gehört ?«

Louisa nickte. »Wir waren schon vergeblich bei den anderen zu Hause.«

Die Frau ihnen gegenüber holte tief Luft. »Ich hoffe, dass Bill sich nicht in irgendetwas hat hineinziehen lassen. Was immer das gewesen sein mag. Am Samstagabend war er jedenfalls noch hier, wie immer. Ich habe gehört, dass die anderen beiden in jener Nacht im Gegensatz zu ihm nicht nach Hause gekommen sind.«

»Wann haben Sie ihn zuletzt gesehen ?«, wollte Louisa wissen.

»Am Sonntagvormittag gegen elf. Nach der Kirche. Er wollte zur Büro der Organisation laufen.«

Drake senkte die Stimme. »Ist er sonntags oft dort hingegangen ?«

»Ja. Einige der Männer treffen sich sonntags in den Räumen, um Karten oder Darts zu spielen.«

»Nun zu uns«, schwenkte Louisa um. »Wir sind von einer hochrangigen Regierungsstelle gebeten worden, in einer bestimmten Angelegenheit zu ermitteln. Hat Ihr Ehemann je etwas über einen geheimen Einsatz erwähnt ?«

»Ich weiß nur, dass er sich am vergangenen Donnerstagabend gemeinsam mit den anderen beiden Führern mit jemandem treffen wollte. Als er zurückkam, war er gut gelaunt, viel besser als sonst. Er sagte, dass es jetzt endlich losgehen würde. Ich habe nachgefragt, was er damit meinte, doch er entgegnete, dass er es selbst nicht wissen würde … Es war wohl nichts, was er persönlich tun musste, eher etwas, das er beobachten sollte.«

»Er hatte keine Ahnung, was genau passieren sollte ?«, fragte Drake behutsam nach.

Mrs. Neill schüttelte den Kopf. »Nein, er tat einfach ziemlich geheim.« Sie sah Louisa an. »Wie Sie selbst gesagt haben.«

Louisa nickte, dankte der Frau für ihre Zeit und versicherte ihr, aufrichtig zu hoffen, dass ihr Ehemann bald unversehrt auftauchen werde.

Mrs. Neill lächelte matt, machte einen Knicks und schloss die Tür. Louisa drehte sich um und ging neben Drake zur Kutsche zurück.

»Neills Leiche wird wahrscheinlich demnächst in einem Gässchen in der Nähe der Organisation gefunden werden«, murmelte er.

Sie sah ihn an. »Also fahren wir jetzt zu Scotland Yard ?«

Von der anderen Seite des Flusses läuteten die Glocken gerade zu Mittag. Drakes Blick wanderte in die Ferne, ehe er wieder zu Louisa sah. »Lass uns auf die andere Seite des Flusses zurückkehren und etwas essen. Musst du nicht anschließend noch ein paar Besuche absolvieren ? Dann könntest du bei einer Tasse Tee einige Leute nach Chilburns Freunden und Bekannten oder seiner Adresse fragen.«

Sie legte den Kopf leicht schräg und dachte darüber nach. »Das sollte ich lieber heute Abend tun. Immerhin finden zwei wichtige Bälle statt, und die Hawesleys erscheinen mit Sicherheit auf einem. Und bestimmt wird das Familienoberhaupt die Adresse seines Sohnes kennen.«

Nachdenklich musterte sie ihn. »Heute Abend können wir sowieso nicht mehr zu Scotland Yard, also schlage ich vor, dass wir dort hinfahren, nachdem du deinen Hunger gestillt hast.«

Drake schluckte eine Bemerkung hinsichtlich seines Hungers herunter. »Willst du denn nichts essen ?«

Sie verzog den Mund zu einem Lächeln. »Ein bisschen schon, aber nach deinen Maßstäben wäre es wahrscheinlich nichts.«

Über den Fluss ließen sie sich nach Whitehall bringen zu einem kleinen Wirtshaus, in dem exzellentes Essen serviert wurde. Er würde keine Energie darauf verschwenden, ein Machtwort zu sprechen und der Tochter eines Duke, die sich in den Kopf gesetzt hatte, zu Scotland Yard zu gehen, irgendetwas verbieten zu wollen. Scotland Yard würde damit zurechtkommen müssen.

Kapitel 7

»Nur dass ich Sie richtig verstehe …« Inspector Crawford beugte sich vor, faltete die Hände auf der Schreibunterlage und richtete den Blick auf Sebastian und Antonia, die vor seinem Schreibtisch saßen. »Sie glauben, dass die Ermordung Boynes in Kent mit den Todesfällen der beiden Fuhrleute im Zusammenhang steht, die kurz darauf erdrosselt in der Themse treibend aufgefunden wurden ? Weiter behaupten Sie, dass ein Kerl, vermutlich aus gutem Haus, versucht hat, Ihren Bruder umzubringen. Der Mann fand daraufhin den Tod. Und nun möchten Sie wissen, ob der tote Gentleman auch Boynes Mörder war.«

Antonia nickte. »Das ist korrekt.«

Der Inspector wirkte angespannt. »Haben Sie eine Beschreibung des Mannes in Kent ?«, erkundigte sich Sebastian.

Crawford runzelte die Stirn und begann, einen Stapel Papiere auf seinem Schreibtisch zu durchsuchen. »Wir haben nicht viel, fürchte ich. Ein Stallbursche und ein Stallmeister haben den mutmaßlichen Mörder Boynes gesehen. Er ritt auf einem hübschen Pferd und machte Halt, um das Tier zu tränken. Um ehrlich zu sein, ist die Beschreibung des Pferdes besser und detaillierter als die des Reiters.«