13 SHADOWS, Band 19: DIE HEXENJÄGER - Ralph Comer - E-Book

13 SHADOWS, Band 19: DIE HEXENJÄGER E-Book

Ralph Comer

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Beschreibung

Lawson starrte wie hypnotisiert geradewegs in die schwarzen, grausamen funkelnden Augen und dann tat er einen hilflosen Schritt, als ob er das Pentagramm verlassen wollte.

Eine Hand grub sich schmerzhaft in seinen Nacken. »Schau weg«, sagte eine Stimme hinter ihm. »Er ist dabei, dich zu hypnotisieren.«

Lawson wandte sein Gesicht mit großer Anstrengung ab. Er bemerkte, dass sich die Spitzen seiner Schuhe schon außerhalb des Kreises befanden. »Nimm das Salz«, keuchte Cullender, und Lawson brachte mit zitternden Fingern den Salzstreuer zum Vorschein und streute seinen Inhalt über die Schulter. Das Gesicht des Schwarzen verzerrte sich zu einer hasserfüllten Grimasse.

»Das wär's«, sagte Cullender und in seiner Stimme klang etwas wie Erleichterung auf. »Jetzt hat er seine Macht verloren.« Plötzlich sah Lawson, dass Cullender ein kleines Kreuz in seiner Hand hielt. Die Erscheinung wich zurück und schien zu schwinden. Eben in diesem Augenblick brach der Mond durch die Wolken und zeigte den Raum in all seiner gähnenden Leere. Die Wand mit dem unheimlichen Fresko war wie immer.

»Lauft«, rief Cullender. »Wir haben fünf Sekunden um hier herauszukommen, nicht mehr und nicht weniger!«

Der Roman DIE HEXENJÄGER von Ralph Comer wurde in Deutschland erstmals im Jahr 1972 in der Reihe HORROR-EXPERT veröffentlicht und erscheint als neunzehnter Band der Horror-Reihe 13 SHADOWS aus dem Apex-Verlag (als durchgesehene Neuausgabe), die ganz in der Tradition legendärer Heftroman-Reihen wie GESPENSTERKRIMI und VAMPIR-HORROR-ROMAN steht.

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Veröffentlichungsjahr: 2019

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Ähnliche


RALPH COMER

DIE HEXENHÄGER

- 13 SHADOWS, Band 19 -

Roman

Apex-Verlag

Inhaltsverzeichnis

Das Buch 

 

DIE HEXENJÄGER 

Erstes Kapitel 

Zweites Kapitel 

Drittes Kapitel 

Viertes Kapitel 

Fünftes Kapitel 

Sechstes Kapitel 

Siebtes Kapitel 

Achtes Kapitel 

Neuntes Kapitel 

Zehntes Kapitel 

Elftes Kapitel 

Zwölftes Kapitel 

Dreizehntes Kapitel 

Vierzehntes Kapitel 

Fünfzehntes Kapitel 

 

Das Buch

Lawson starrte wie hypnotisiert geradewegs in die schwarzen, grausamen funkelnden Augen und dann tat er einen hilflosen Schritt, als ob er das Pentagramm verlassen wollte.

Eine Hand grub sich schmerzhaft in seinen Nacken. »Schau weg«, sagte eine Stimme hinter ihm. »Er ist dabei, dich zu hypnotisieren.«

Lawson wandte sein Gesicht mit großer Anstrengung ab. Er bemerkte, dass sich die Spitzen seiner Schuhe schon außerhalb des Kreises befanden. »Nimm das Salz«, keuchte Cullender, und Lawson brachte mit zitternden Fingern den Salzstreuer zum Vorschein und streute seinen Inhalt über die Schulter. Das Gesicht des Schwarzen verzerrte sich zu einer hasserfüllten Grimasse.

»Das wär's«, sagte Cullender und in seiner Stimme klang etwas wie Erleichterung auf. »Jetzt hat er seine Macht verloren.« Plötzlich sah Lawson, dass Cullender ein kleines Kreuz in seiner Hand hielt. Die Erscheinung wich zurück und schien zu schwinden. Eben in diesem Augenblick brach der Mond durch die Wolken und zeigte den Raum in all seiner gähnenden Leere. Die Wand mit dem unheimlichen Fresko war wie immer.

»Lauft«, rief Cullender. »Wir haben fünf Sekunden um hier herauszukommen, nicht mehr und nicht weniger!«

Der Roman DIE HEXENJÄGER von Ralph Comer wurde in Deutschland erstmals im Jahr 1972 in der Reihe HORROR-EXPERT veröffentlicht und erscheint als neunzehnter Band der Horror-Reihe 13 SHADOWS aus dem Apex-Verlag (als durchgesehene Neuausgabe), die ganz in der Tradition legendärer Heftroman-Reihen wie GESPENSTERKRIMI und VAMPIR-HORROR-ROMAN steht.

DIE HEXENJÄGER

Erstes Kapitel

Lawson parkte seinen Wagen auf dem Parkplatz der Braunen Eule. Das Dorf schien verlassen, und Lawson dachte nicht, dass der Wirt etwas dagegen haben würde. Zum Wochenende wäre es vielleicht etwas anderes gewesen, denn der Platz bot eine sehr hübsche Aussicht. Man sah durch eine Baumgruppe hindurch geradewegs auf den Hügel von Winchmore. Die beiden Jungen auf dem Rücksitz sprangen aufgeregt ins Freie.

»Können wir den Drachen jetzt steigen lassen, Onkel Robert?«, fragte der siebenjährige Michael.

»Ja, das werden wir tun«, gab Onkel Robert zur Antwort. Die beiden kleinen Burschen, der siebenjährige Michael und der dreijährige Tim, zappelten vor Vergnügen. Robert wurde sich in diesem Augenblick der ganzen Schwere seiner Verantwortung bewusst.

»Nimm deinen Bruder an der Hand, Mike«, sagte er streng, »und lauft ja nicht weg, ihre beiden, bis ich den Drachen herausgeholt habe.«

»Lass ihn mich halten«, bat Tim und trat ungeduldig von einem Fuß auf den andern.

»Nein«, widersprach Mike. »Du wirst ihn ruinieren. Gib ihn mir, Onkel. »Ich werde ihn festhalten, ganz bestimmt.«

»Das ist auch besser so«, sagte Robert beschwichtigend. Schließlich wollen wir doch einen echten Spaß damit haben, nicht wahr?«

Lawson brachte den Drachen zutage, der an einer langen Nylonschnur befestigt war, und schloss den Kofferraum wieder. »Komm, Tim, gib mir die Hand, wenn wir die Straße überqueren, du kannst später herumlaufen, wo du willst, wenn wir die Häuser hinter uns haben.«

»Schau rechts und links«, mahnte Mike seinen jüngeren Bruder. Er selbst überquerte die Straße, ohne sich im Mindesten an diese Regel zu halten. Lawson seufzte und folgte dem leichtfüßigen Mike unter einem altertümlichen Torbogen hindurch aufs freie Feld. Eine alte Dame saß an einem Cottage-Fenster und lächelte, als sie die beiden Kinder erblickte. Lawson lächelte zurück. Er bemerkte, dass die Fassade des Hauses eine hübsche Stuckverzierung hatte und auf dem Dach einige weiße Chinatauben herumflatterten. Die Tür war offensichtlich frisch gestrichen und besaß einen hübschen altertümlichen Türklopfer.

Das Lächeln verschwand aus dem Gesicht der Frau, als er es erwiderte. Die Luft roch nach Herbst, und Lawson atmete diesen spezifischen Duft von feuchter Erde und welkenden Blättern mit Behagen ein. Einige Bäume und Sträucher waren noch grün, doch die meisten Blätter hatten sich schon verfärbt und prangten nun in der Buntheit ihres nahenden Verfalls.

Lawson genoss die Herbststimmung, während er mit den beiden Knaben einen schmalen Fußweg entlangging, der durch die Felder direkt auf den Hügel zuführte. Der Horizont war von einem feinen bläulichen Dunstschleier bedeckt, der alle Farben gedämpfter erscheinen ließ. Die roten und gelben Blätter schimmerten im blassen Sonnenlicht wie altes Metall.

Er blickte auf den Drachen in seiner Hand. Vielleicht hatte die alte Frau deshalb gelächelt. Dieses Ding sah ganz anders aus, als die Drachen, an die sich die Frau vielleicht noch aus ihrer Kinderzeit erinnern konnte. Es war erstaunlich, wie rasch sich Kinder mit all den

Neuerungen der Zeit vertraut machten. Dieser dreijährige Knirps, Tim, hatte den Drachen fachmännisch begutachtet und dann erklärt: »Polythen, nicht wahr, Onkel?«

Polythen war eine der leichtesten Kunststoffarten, die Lawson kannte.

Er hatte den Drachen in der Tankstelle gekauft, wo er seinen Wagen aufzutanken pflegte. Tims Hand, die sich vertrauensvoll in die große seines Onkels schmiegte, war warm und weich, und Lawson spürte, wie ihn eine Woge der Zuneigung zu diesem seinem Neffen überkam. Als sie den Hügel hinaufzusteigen begannen, befreite Tim seine Hand und lief zusammen mit dem Bruder schreiend den Hügel hinan.

»Lauft nicht ins lange Gras«, warnte Lawson.

Margaret würde böse sein, wenn sich die Jungen nasse Füße geholt hatten.

»Können wir ihn jetzt fliegen lassen, Onkel Robert?«, fragte Mike.

»Nein, ich halte ihn«, widersprach der Kleinere.

»Geduld«, mahnte Lawson, »wir sind bald ganz oben.«

»Warum sollen wir warten, bis wir oben sind?«

»Weil wir dort mehr Aufwind haben. Der Drachen wird höher steigen.«

»Aber warum?«

»Nun, eben wegen der Höhe«, erklärte Lawson geduldig. »Das ist ein ausgezeichneter Platz um einen Drachen steigen zu lassen, weil der Wind ihn hoch hinauftragen wird. Es ist wie wenn eine Woge über einen Felsen am Strand hinwegrollt, versteht ihr?«

»Ich sehe keine Wellen«, sagte Mike dezidiert. Er streckte seine Hand aus. »Es regnet nicht einmal.«

»Natürlich nicht«, fuhr Lawson fort. »Du kannst schließlich den Wind nicht sehen, nur fühlen. Und er kann sehr stark sein.«

»Wie stark?«

»Nun, manchmal kann ein Sturm ein ganzes Haus davontragen, oder zumindest das Dach!«

»So wie in diesem Buch, das du mir geschenkt hast? Ich glaube, es heißt der Zauberer von Oz?«

»Genauso, ja«, sagte Lawson und freute sich, dass Mike sich dieses Mitbringsels erinnerte.

»Wie das Haus, das auf dem Rücken der Hexe mit dem Zauberpantoffel zur Erde zurückkam?«

»Ja, das Haus wurde von einem Wirbelsturm davongetragen.«

»Kann man einen Wirbelsturm sehen?«

»Hier gibt es keine Wirbelstürme«, erklärte Lawson.

Mike schien enttäuscht. »Oh, aber vielleicht kann ich die Hexe sehen?«

»Da musst du noch etwas warten, mein Lieber. Hexen laufen schließlich nicht alle Tage herum. Denk an die Nacht von Guy Fawkes!«

»Aber er war keine Hexe«, protestierte Mike.

»Nun, er trug doch eine schwarze spitze Mütze oder nicht?«, fragte Lawson zurück.

»Hatte er denn einen Besenstiel und flog durch die Luft, wie du es mit deinem Segler machst, Onkel Robert?«

»Ich bin eine Hexe«, sagte Tim, streckte seine Arme aus und schwang sie wie einen Propeller. »Gleich werde ich davonfliegen.« Er begann zu laufen und Mike lief hinter ihm drein, um ihn einzuholen. Lawson bemerkte, dass sich eine Art von Erdvertiefung kreisförmig über den Boden hinzog. Eine Weile schaute er den hin und her laufenden Kindern zu, dann rief er: »Kommt wieder her, ihr werdet euch nur nasse Füße holen. Wenn Mutter an euren neuen Stiefeln all diesen Schmutz sieht, wird sie auch nicht eben begeistert sein! Wetten, dass sie euch dann nicht mehr mit mir ausgehen lässt!«

»Nicht einmal zum Segelklub«, vergewisserte sich Mike ängstlich.

»Nicht einmal dahin«, bestätigte Lawson. »Seid also artige Jungen, sonst gehen wir gleich wieder heim.«

Diese Drohung wirkte und die beiden Buben hielten sich für eine Weile in Onkel Roberts Nähe. Sie gingen einen Waldweg unter noch ziemlich dichtbelaubten Bäumen entlang, bis sie zu einem freien Feld kamen. Ein Pfosten besagte, dass der Grund, auf dem sie sich befanden, Eigentum des National Trust sei.

»Warum bist du heute nicht in deinem Segler aufgestiegen, Onkel Robert«, wollte Mike wissen.

»Weil ich dachte, es wäre netter, mit euch ein bisschen herumzustrolchen«, sagte Lawson und meinte dies auch. Er blickte auf die vor Eifer geröteten Gesichter seiner beiden Neffen und stellte fest, dass er sie gern mochte. Sie gehörten zu ihm, wenn sie auch nicht ganz sein Fleisch und Blut waren. Vielleicht hätte er doch gut daran getan, Sally zu heiraten. Er grinste selbstzufrieden. Das Leben, das er führte, gefiel ihm im Grunde nicht allzu schlecht. Er wurde gut bezahlt, und das für eine Arbeit, die ihm ausgesprochenes Vergnügen machte, und er konnte sich eine ganze Reihe von Zerstreuungen leisten, die verheirateten Männern zumeist versagt bleiben. Natürlich gab es da eine Reihe von anderen Mädchen, doch eines Tages, davon war er überzeugt, würde Sally ihn doch in das sanfte Joch der Ehesklaverei zwingen. Aber bis dahin würde es für ihn noch mancherlei Vergnügungen geben.

Er blickte umher und genoss das liebliche, ein wenig melancholische Bild der Landschaft. Der Himmel war wolkenlos, aber von einem feinen Dunstschleier bedeckt, und auf dem Hügel wehte ein frischer Wind. Ein guter Tag für Rundflüge. Die Klubmitglieder des Clinton Segelklubs, der hinter etlichen Hügeln lag, würden zweifellos mit allen möglichen halsbrecherischen Segelflugkunststücken beschäftigt sein. Das Wetter hätte dafür nicht besser sein können.

Der Drachen flatterte ungeduldig, als Lawson eben einen Blick auf einen kleinen See erhaschte, der von dunklen Ulmen mit tiefhängendem Gezweig umsäumt war. Lawson wusste, dass hier der Park von Winchmore Hall begann. Er konnte ein Stück des grauen Gemäuers durch das schütter werdende Laub der Bäume erspähen. Ganz in der Nähe kreuzten sich zwei Straßen. Genau im Schnittpunkt der beiden fand sich, säuberlich in ein Dreieck von gepflegtem Rasen eingepflanzt ein massiver Steinpfeiler, der offensichtlich eine Art Denkmal sein sollte. Lawson war hier schon mehrmals mit dem Wagen vorbeigefahren. Nun bemerkte er, dass dieser Stein seine Neugier erweckte.

Mike zog ihn am Ärmel. »Was bedeutet die Inschrift auf dem Drachen«, wollte er wissen.

Lawson grinste. »Das weißt du ganz genau, mein Junge. Es heißt Regent, genauso wie das Schild der Tankstelle, von der wir ihn haben.«

»Warum haben sie uns den Drachen gegeben?«

»Nun, sie haben ihn uns nicht gegeben. Ich habe ihn gekauft. Sie verkaufen diese Dinger etwas billiger als im Spielzeugladen, damit die Kinder mit ihren Drachen die Leute daran erinnern, dass sie ihr Benzin bei Regent kaufen sollen.«

Mike nickte altklug. »So wie diese Werbedinger im TV?«

»So ähnlich ja. Aber natürlich ist dies hier viel lustiger.«

»Bist du auf die Idee gekommen?«

»Leider nein«, gab Lawson mit bedauernder Miene zu und begann die Leine des Drachen zu entrollen.

»Wieviel Leine haben wir mit?«

»Oh, übergenug! Ich habe ein gutes halbes Dutzend Spulen gekauft. Jede Spule hat zweihundert Fuß Garn. Wieviel macht das? Rasch, Mike, du kannst doch schon rechnen.«

Mike blickte auf seine Füße. »Ich weiß nicht ... ich bin ziemlich schlecht im Zusammenzählen.«

»Zwölfhundert Fuß, alles in allem, verkündete Lawson.

Mike tat einen Luftsprung. »Genügt das, um den Drachen so hoch wie eine Maschine steigen zu lassen?«

»Nun, vielleicht nicht ganz so hoch, aber immerhin hoch genug«, versprach Lawson. »Es sind ganz dünne Nylonschnüre, die fast kein Gewicht haben.« Er dachte an die schweren Handschnüre seiner eigenen Kindheit.

Tim klatschte in die Hände. »Lass mich den Drachen halten«, krähte er.

»Schön«, sagte Lawson. »Halt ihn vorsichtig fest und geh ganz langsam dort hinüber. Und dann schau in meine Richtung!«

Er wickelte etliche Zoll von dem Nylonfaden ab und Tim marschierte mit dem Drachen stolz feldeinwärts. Der Drachen erhob sich augenblicklich in die Luft, als Tim ihn auf ein Zeichen seines Onkels freiließ.

»Gut so«, lobte Lawson und begann die Schnur weiter abzuwickeln. Der Drachen stieg mit beträchtlicher Geschwindigkeit in die Höhe. Lawson spürte, wie sich die Nylonschnur spannte, als ob etwas heftig daran zerrte. Der Luftauftrieb musste stärker sein, als er es erwartet hatte.

»Kann ich die Schnur weiter abwickeln«, bat Mike, und Lawson gab ihm zögernd die Rolle. »Halt sie aber gut fest«, ermahnte er den älteren der beiden Neffen. Mike geriet bald ernstlich in Schwierigkeiten. Der Drachen war schon hoch in der Luft, wo er Loopings, Seitenschwünge und ähnliche luftakrobatische Spiele vollführte, bis Lawson die Rolle wieder an sich nahm. »Wisst ihr was?«, sagte er. »Ich lasse ihn jetzt so hochgehen wie nur möglich, und dann könnt ihr beide abwechselnd die Rolle halten. In Ordnung?«

Mike grinste verschwörerisch. »In Ordnung, Onkel Robert. Du kannst ruhig auch damit spielen.«

Lawson errötete unwillkürlich. Aber die Sache machte ihm selbst so viel Spaß, dass er nicht das mindeste gegen Mikes Vorschlag einzuwenden hatte. Das Kind im Manne, von dem manche Frauen reden, war in ihm wieder einmal lebendig geworden. Die Wiese lag menschenleer vor ihm, doch am andern Ende sah er ein junges Mädchen in einem dunklen Regenmantel einen Hund spazieren führen. Unwillkürlich ging er auf dieses Mädchen zu, wobei er den Drachen noch immer festhielt.

»Du hast gesagt, wir könnten ihn halten, wenn er ganz oben ist«, erinnerte ihn Mike ungeduldig.

»Einen Augenblick«, sagte Lawson. »Hier drüben ist noch mehr Aufwind!«

Merkwürdigerweise akzeptierten die beiden Jungen dies ohne Widerspruch. Sie sprangen vor ihm her, wobei sie vor Vergnügen kreischten und schrien.

Das Mädchen verhielt den Schritt und sah verwundert zu ihnen herüber. Lawson sah, dass sie eine hübsche Figur mit einer gertenschlanken Taille und langen Beinen hatte. Das Gesicht konnte er auf die Entfernung nicht erkennen, doch konnte er sehen, wie ihr langes dunkles Haar um ihre Schultern flatterte.

Lawson beeilte sich näher heranzukommen, aber das Mädchen ging weiter, ohne sich noch einmal umzusehen. Sie pfiff nach dem Hund, der in der Wiese umhertollte, und verschwand dann auf der andern Seite des Hügels.

Lawson fühlte sich irgendwie enttäuscht. Die beiden Kinder schauten ihn erwartungsvoll an. »Nun, ich denke, das reicht«, sagte er und blickte nach oben. Der Drachen war jetzt nur ein winziger Punkt in dunstiger Höhe. Lawson grinste unwillkürlich, als er daran dachte, dass auf diese Weise die Werbeabsichten von Regent ganz bestimmt nicht erfüllt wurden.

»Komm schon, Onkel Robert«, drängte Mike. »Jetzt sind wir beide an der Reihe.«

Lawson verknotete den Rest der Leine vorsorglich und drückte die Spule in Mikes ungeduldige Finger. »Seid aber vorsichtig, damit der Drachen nicht verloren geht«, warnte er den Neffen.

Mike hielt die Spule mit grimmiger Entschlossenheit fest. Nach einer Weile gewann er mehr Zutrauen in das Spiel und begann auf der Wiese umherzulaufen, wobei ihm Tim mit zappelnder Ungeduld überallhin folgte.

Es dauerte im Übrigen nicht lange, so verloren die beiden das Interesse an dem Spiel. Dass sie den Drachen beinahe nicht mehr zu sehen vermochten, gefiel ihnen ganz und gar nicht.

Lawson begann schließlich die Schnur wieder einzuziehen, um den Drachen zurückzuholen. Es würde mindestens eine Viertelstunde dauern, bis er damit fertig war. Der Drachen schien jetzt nahezu unbeweglich an derselben Stelle zu stehen. Die beiden Jungen begannen einander zu balgen und bald würden sie womöglich noch Schlimmeres im Sinn haben. Es war entschieden an der Zeit, sie zurückzubringen. Lawson beeilte sich, die Leine aufzuwinden, als er plötzlich einen heftigen Luftwiderstand spürte. Der Drachen war nur noch etwa 800 Fuß vom Boden entfernt. Lawson ging so vorsichtig zu Werk, als ob es gelte, einen seltenen Fisch, der eben angebissen hatte, einzuholen. Die Kinder blickten jetzt interessiert auf das Schauspiel. Sie waren sichtlich beeindruckt davon, dass auch ein Erwachsener die Kontrolle über die Dinge verlieren konnte. Der Drachen befand sich jetzt genau über dem Obelisk und es schien ganz so, als ob er wieder steigen würde. Er zerrte wie ungeduldig an der Leine, die ihn zurückhielt. Offensichtlich gab es dort einen starken Luftstrom, eine Art von Wirbel, der ihn an der Stelle festhielt. Es war ganz offensichtlich, dass Lawson dagegen machtlos war, obwohl er durch vorsichtiges Ausbalancieren der Leine versuchte, den Drachen in eine günstigere Position zu bringen. Schließlich kam er doch herunter und landete geradewegs im Geäst eines Baumes, der nahe dem Obelisk stand. Die Leine verwickelte sich im Geäst und Lawsons Bemühungen, den Drachen doch noch frei zu bekommen, machten die Sache eher schlimmer. Es war, als ob die Äste des Baumes ihre Beute unerbittlich festhielten und nicht mehr freigeben wollten.

Lawson stieß einen Seufzer aus und wandte sich achselzuckend an die beiden Jungen, die dem Schauspiel mit Spannung gefolgt waren. »Den haben wir gehabt«, sagte er resignierend.

Die beiden brachen in lautes Protestgeschrei aus. Wenn sie auch vorhin ihr Interesse an dem Drachen schon verloren gehabt hatten, so würden sie sich nun doch nicht damit zufriedengeben, dass sie ihn verloren hatten.

»Macht euch nichts draus, ich bringe euch einen neuen mit«, tröstete Lawson die beiden. Es war sowieso nur ein dummer Drachen. Kommt, wir gehen ins Dorf zurück. Vielleicht bekommen wir dort noch ein Eis.«

Sofort war der Drachen vergessen. Eis rangierte unter den Versprechungen der Erwachsenen ziemlich an oberster Stelle.

Lawson setzte Tim, der von all dem Herumlaufen schon einigermaßen müde war, auf seine Schultern und so gingen sie ins Dorf zurück. Es dauerte nicht lange, so waren die beiden Kinder mit Riesenportionen von sahniger Eiscreme beschäftigt. Lawson dirigierte sie zu dem Platz, wo sie den Wagen gelassen hatten.

Ein hagerer, nahezu kahlköpfiger Mann stand in der Tür des Gasthauses und betrachtete die Ankömmlinge mit einer gewissen Missbilligung.

»Ihr Wagen, Sir?«, fragte er und wies auf den kleinen MG.

Lawson nickte. »Ich hoffe, er hat nicht gestört«, sagte er höflich.

Der Mann schüttelte den Kopf. »Ah, es macht mir nichts aus, wenn Sie hier parken, wochentags, meine ich. Zu den Wochenenden ist das etwas anderes, da brauche ich jeden Platz.«

Er zwinkerte belustigt. »Sie haben den Drachen also verloren, Sir?« Lawson betrachtete ihn verwundert. »Es scheint, dass sich solche Dinge schnell herumsprechen«, sagte er schließlich. »Ja, er blieb in den Bäumen dort drüben bei dem Obelisken auf dem Hügel.«

Der Wirt grinste dünn. »Ich dachte mir schon, dass so etwas passieren würde«, sagte er und wandte sich ab.

  Zweites Kapitel

 

 

Lawson erinnerte sich noch an das Schild, das am Eingang zum Areal des Clinton Segelflugklubs angebracht war. Eigentum des Luftfahrtministeriums. Zulässige Höchstgeschwindigkeit fünfzehn mph. Früher war das Areal ein Militärflugplatz gewesen. Das Schild war noch immer da, wenn es auch seine Bedeutung längst verloren hatte.

Von seinem Auto aus beobachtete Lawson interessiert, wie eben einer der schnittigen Segler zur Landung ansetzte. Er war seit Jahren Mitglied des Klubs, der nahezu ideal gelegen war. Trotzdem gingen Gerüchte um, die etwas von einem Verkauf wissen wollten. Der Ort lag zu nahe an London und es hieß, dass der Flugplatz zu einem regulären Maschinenflughafen ausgebaut werden sollte. Die Anrainer der lieblichen Hügellandschaft hatten deshalb schon Beschwerdebriefe an das Luftfahrtministerium geschickt. Gelegentlich landeten schon jetzt motorbetriebene Privatmaschinen auf dem Platz.

Ein anderes Gerücht besagte, dass das Gelände an eine Wohnbaugesellschaft verkauft werden sollte. Auch dies erschien angesichts der ungeheuren Bevölkerungsexplosion in der Nähe der Großstadt durchaus möglich. Lawson würde eine solche Entwicklung entschieden bedauert haben. Er liebte die Freiheit und unendliche Weite, in der die Segler in absoluter Lautlosigkeit dahinglitten und es würde ihm schwerfallen, auf dieses Vergnügen zu verzichten. Er warf einen Blick in die Runde und knallte die Wagentür hinter sich zu. Es waren etliche Leute in Flugkombinationen auf dem Platz, und er erkannte schon von weitem die markante Gestalt von Chefinstrukteur Pickard, der ihm freudig zuwinkte.

»Ich habe Ihre Nachricht bekommen«, begrüßte er ihn. »Die Olympia steht für etliche Runden bereit. Ich habe sie schon ausprobiert.«

»Machen wir eine Runde zusammen«, schlug Lawson vor. »Seien Sie mein Gast, wenigstens zu einem Drittel.«

Pickard lachte. Diese Segelflieger waren ein teures Spielzeug für einen einzelnen Mann, selbst wenn es sich um eine aus zweiter Hand erworbene, nicht mehr ganz brandneue Olympia-Maschine handelte.

»Ich kann den Tiger nirgends sehen«, sagte Lawson und blickte herum.

»Er wird eben überholt«, erklärte Pickard. übrigens, wenn Sie wollen, können Sie in einer halben Stunde aufsteigen. Das Wetter ist ausgezeichnet. Allerdings soll eine Warmfront unterwegs sein, was Tiefdruck bedeuten würde, aber das tut uns nichts vor morgen. Im Übrigen ist es höchste Zeit, dass Sie ein bisschen trainieren. Sie haben Ihre Silbermedaille nun schon lange genug gehabt.«

»Schön«, stimmte Lawson zu, »machen wir also einen hübschen kleinen Rundflug.«

»Nehmen Sie Ihre Kamera mit«, riet Pickard. »Die Luft ist noch ziemlich klar, und Sie können zweifellos noch ein paar hübsche Motive aufnehmen. Ich sage Ihnen, Sie können viel davon lernen.«

Plötzlich kam Lawson ein Gedanke. »Sind Sie über Winchmore schon einmal in Schwierigkeiten geraten?«

Pickard zögerte: »Sie meinen den Fallwind auf dem Hügel?«

»Genau.«

»Nun, es wundert mich eigentlich. Der Hügel ist nicht hoch genug, als dass solche Luftbewegungen an der Tagesordnung wären. Ich selbst habe die Gegend noch nicht ausprobiert. Aber wenn Sie wollen, können wir es ja versuchen. Wie sind Sie übrigens darauf gekommen?«

Lawson lächelte. »Durch meine Neffen. Wir ließen dort einen Drachen steigen. Er reagierte ein bisschen merkwürdig.«

Pickard nickte. »Ja, das kommt vor. Die Luft ist ein reichlich unsicheres Element und dazu launenhaft wie die hysterischste Frau. Aber natürlich trotzdem faszinierend.«

Er warf einen Blick auf die Uhr. »Wenn Sie wollen, können Sie jetzt zu einer ersten Runde aufsteigen. Ich gebe Ihnen freie Fahrt.« Er ging mit langen Schritten über den Platz und gleich darauf flackerten die Positionslichter auf. Das Seil, welches den Segler mit der Zugmaschine verband, spannte sich, die Olympia begann zu zittern und ruckte ein Stückchen vor, dann begann sie auf ihrem einzigen Rad zu rollen.