40000 in Gehenna - Carolyn J. Cherryh - E-Book

40000 in Gehenna E-Book

Carolyn J. Cherryh

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Beschreibung

Ausgesetzt

Man hat sie nach Gehenna verschifft, einen kaum erforschten erdähnlichen Planeten in der neutralen Zone der Galaxis, 40 000 Männer, Frauen und Kinder. Es war von Anfang an eine illegale Aktion gewesen, um vollendete Tatsachen zu schaffen und Gebietsansprüche durchzusetzen. Man dachte gar nicht daran, die Siedler zu unterstützen – ein paar würden schon durchkommen. Die Kolonisten sind verzweifelt. Die einheimische Fauna, echsenähnliche Wesen, die unterirdisch leben, erweist sich als halbintelligent und zunehmend aggressiv. Bald zerfällt die Kolonie in zwei Lager: Die einen igeln sich ein und hoffen auf Unterstützung aus dem All, die anderen versuchen, sich der einheimischen Ökologie anzupassen – doch diese Anpassung bedeutet, auf einen Teil des Menschseins zu verzichten …

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C. J. CHERRYH

40 000 IN GEHENNA

Roman

Das Buch

Man hat sie nach Gehenna verschifft, einen kaum erforschten erdähnlichen Planeten in der neutralen Zone der Galaxis, 40 000 Männer, Frauen und Kinder. Es war von Anfang an eine illegale Aktion gewesen, um vollendete Tatsachen zu schaffen und Gebietsansprüche durchzusetzen. Man dachte gar nicht daran, die Siedler zu unterstützen – ein paar würden schon durchkommen. Die Kolonisten sind verzweifelt. Die einheimische Fauna, echsenähnliche Wesen, die unterirdisch leben, erweist sich als halbintelligent und zunehmend aggressiv. Bald zerfällt die Kolonie in zwei Lager: Die einen igeln sich ein und hoffen auf Unterstützung aus dem All, die anderen versuchen, sich der einheimischen Ökologie anzupassen – doch diese Anpassung bedeutet, auf einen Teil des Menschseins zu verzichten …

Der Autor

Titel der Originalausgabe

FOURTY THOUSAND IN GEHENNA

Aus dem Amerikanischen von Thomas Schichtel

Überarbeitete Neuausgabe

Copyright © 1983 by C. J. Cherryh

Copyright © 2015 der deutschsprachigen Ausgabe by

Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Covergestaltung: Das Illustrat

Satz: Thomas Menne

INHALT

Erster Teil – Abflug

Zweiter Teil – Die Reise nach draußen

Dritter Teil – Die Landung

Vierter Teil – Die zweite Generation

Fünfter Teil – Draußen

Sechster Teil – Wiedereintritt

Siebter Teil – Elai

Achter Teil – Auf dem Weg nach draußen

ERSTER TEIL

1

T-190 Stunden

Verteidigungsministerium der Union,

an US Venture, in Dock an der Cyteen Station

ORIG: CYTHO/MINDEF/CODE111A/US VENTURE

ATTN: Mary Engles, Capt. US VENTURE

Nehmen Sie die chiffrierte Sendung entgegen; Navigationsanweisungen hierin enthalten. US CAPABLE und US SWIFT werden Sie begleiten und Ihnen Geleitschutz geben. Mission Code: WEISE. Es werden Bürger auf Nichtbürgermanifest an Bord gehen, identifizierbar durch fehlende Tätowierungsnummer. Trennen Sie sie bei Einsteigen von den Nichtbürgern und weisen Sie sie an Bord der VENTURE ein. Es sind insgesamt 452, darin enthalten das ganze uniformierte militärische Personal samt Angehörigen. Behandeln Sie sie mit gebührender Höflichkeit. Zur AZI-Klasse gehöriges Personal wird in besonders vorbereiteten Räumen untergebracht, 23 000 an Bord der US VENTURE, der Rest gleichmäßig verteilt auf CAPABLE und SWIFT. Der kritischen Natur des ersten Einschiffens entsprechend sorgen Sie für rasche Abfertigung bis Nummer 1500; danach würden Verzögerungen nicht mehr dazu führen, dass ziviles Personal Unannehmlichkeiten hat und/oder seine Tarnung durchbrochen wird. Niemandem vom Stationspersonal darf ein Betreten des Operationsbereiches erlaubt werden, nachdem das Verladen begonnen hat. Die Sicherheit wird durch HQ gewährleistet. Sollte sich ein Notfall ergeben, rufen Sie Code WEISE22. Alle Besatzungsmitglieder auf Freigang müssen bis D-0500 zurückgerufen worden sein, um zu garantieren, dass das Einschiffen reibungslos abläuft. Der Missionsleiter, Oberst James A. Conn, wird die Ausweispapiere vorlegen und weitere Befehle betreffs Verteilung von Bürgern und Nichtbürgern. Die offizielle Tarnung für den Konvoi lautet, dass er zur Anlagenerrichtung für den Bergbau bei Endeavor bestimmt ist: Benutzen Sie das bei allen Inschiff-Verbindungen.

2

T-190 Stunden

Cyteen HQ, Verteidigungsministerium

an US Venture, in Dock an Cyteen Station

ORIG: CYTHQ/MINDEF/CODE111A/COLBURAD/CONN/J. PROJ287

Militärisches Personal:

Oberst James A. Conn, Generalgouverneur

Capt. Ada P. Beaumont, Vizegouverneur

Maj. Peter T. Gallin, Personal

M/Sgt. Ilya V. Burdette, Ingenieurkorps

Cpl. Antonia M. Cole

Spez. Martin H. Andresson

Spez. Emilie Kontrin

Spez. Danton X. Norris

M/Sgt. Danielle L. Emberton, taktische Op.

Spez. Lewiston W. Rogers

Spez. Hamil N. Masu

Spez. Grigori R. Tamilin

M/Sgt. Pavlos D. M. Bilas, Instandhaltung

Spez. Dorothy T. Kyle

Spez. Egan I. Innis

Spez. Lucas M. White

Spez. Eron 678–4578 Miles

Spez. Upton R. Patrick

Spez. Gene T. Troyes

Spez. Tyler W. Hammett

Spez. Kelley N. Matsuo

Spez. Belle M. Rider

Spez. Vela K. James

Spez. Matthew R. Mayes

Spez. Adrian C. Potts

Spez. Vasily C. Orlov

Spez. Rinata W. Quarry

Spez. Kito A. M. Kabir

Spez. Sita Chandrus

M/Sgt. Dinah L. Sigury, Kommunikation

Spez. Yung Kim

Spez. Lee P. de Witt

M/Sgt. Thomas W. Oliver, Quartiermeister

Cpl. Nina N. Ferry

Pfc. Hayes Brandon

Lt. Romy T. Jones, Spezialeinheiten

Sgt. Jan Vandermeer

Spez. Kathryn S. Flanahan

Spez. Charles M. Ogden

M/Sgt. Zell T. Parham, Sicherheit

Cpl. Quintan R. Witten

Capt. Jessica N. Sedgewick, Anerkenner/Anwältin

Capt. Bethan M. Dean, Chirurg

Capt. Robert T. Hamil, Chirurg

Lt. Regan T. Chiles, Computerdienst

Ziviles Personal, Liste wie folgt:

Stabspersonal: 12

Medizinisch/chirurgisch: 1

Sanitätspersonal: 7

Mechanikwartung: 20

Verteilung und Lager: 20

Sicherheit: 12

Computerdienst: 4

Computerwartung: 2

Bibliothekar: 1

Landwirtschaftl. Spezialisten: 10

Geologen: 5

Meteorologe: 1

Biologen: 6

Erziehung: 5

Kartograph: 1

Management-Inspektoren: 4

Ingenieure für Biozyklus: 4

Baupersonal: 150

Lebensmittelspezialisten: 6

Industriespezialisten: 15

Bergbau-Ingenieure: 2

Inspektoren für Energiesysteme: 8

MILITÄRISCH INSGESAMT: 45

ZIVILE INSPEKTOREN INSGESAMT: 296

ZIVILER STAB INSGESAMT 341

NICHT ZUGETEILTE ANGEHÖRIGE INSGESAMT 111

BÜRGER INSGESAMT 452

ZUSÄTZLICHES NICHTBÜRGER-PERSONAL:

Liste wie folgt:

»A«-KLASSE: 2890

»B«-KLASSE: 12 389

»M«-Klasse: 4566

»P«-KLASSE: 20 788

»V«-KLASSE: 1278

NICHTBÜRGER INSGESAMT: 41 911

MISSION INSGESAMT: 42 363

Verhältnis männl./weibl. ca. 55% : 45%

ANGEHÖRIGENLISTE FOLGT

NICHTBÜRGERLISTE ERSCHEINT AUF MANIFEST

3

T-56 Stunden

Auf dem Cyteen-Dock, Sperrbezirk

Dieser Ort war groß und kalt, und irgendwie gingen die Instruktionen in einer solch seltsamen Gegend verloren. Jin 458-9998 nahm den Weg, den ihm seine Instruktionen wiesen, spürte die Kälte in seinem Körper und besonders auf seinem Schädel, wo sie sein ganzes Haar abrasiert hatten. 9998er waren dunkelhaarig und stattlich, und sie waren A's, wichtig in der Ordnung der Dinge. Aber die Ordnung in seiner Welt war durcheinandergeraten. Sie hatten ihn auf der Farm in das weiße Gebäude geholt und ihm den Tiefenunterricht gegeben, der ihm sagte, dass man ihm einen neuen und größeren Zweck zuweisen würde, wenn er dort ankam, wohin man ihn schicken würde, und dass andere Bänder ihm das bald sagen sollten.

»Ja«, hatte er gesagt, denn das war die korrekte Bestätigung, und die Veränderung hatte ihn zu Beginn nicht sehr beunruhigt. Aber dann hatten sie ihn, während er noch durch die Sedativa benebelt war, in den medizinischen Flügel gebracht, den er noch nie gemocht hatte, weil dort nie etwas Gutes passierte, und sie hatten ihn ausgezogen und auf einen Tisch gelegt, ihm dann alles Haar abrasiert, alles außer den Augenwimpern, ihn mit so vielen Sachen vollgepumpt, dass sie einen Arm ganz benutzten und dann mit dem anderen anfingen. Es hatte weh getan, aber er war daran gewöhnt. Er war erst bestürzt gewesen, als er sich beim Hinausgehen im Spiegel gesehen und sich nicht wiedererkannt hatte – die Vernichtung seiner ganzen Eitelkeit.

»Was hast du dabei für ein Gefühl?«, hatte ihn der Aufseher gefragt, die Standardfrage bei jeder Veränderung; und er suchte in seinem Herzen, wie man es von ihm erwartete, und kam mit dem passenden Wort heraus.

»Wie ausgelöscht.«

»Warum fühlst du dich so?«

»Ich sehe anders aus.«

»Ist das alles?«

Er dachte einen Moment lang darüber nach. »Ich werde die Farm verlassen.«

»Was ist dabei am schlimmsten?«

»Mein Aussehen.«

»Es dient dazu, dich für eine Weile sauber zu halten, denn du wirst verschifft. Bei allen wird das so gemacht. Sie werden nicht über dich lachen. Sie werden dich gar nicht bemerken. Es wächst in ein paar Wochen nach, und du erhältst eine neue Zuweisung. Bänder werden es dir erklären. Es soll sehr gut sein. Sie nehmen nur sehr teure Kontrakte, wie deinen.«

Das munterte ihn beträchtlich auf. Er machte sich keine Gedanken mehr über das abrasierte Haar und den papierdünnen weißen Overall und den Verlust seiner selbst. Er stand auf und machte Anstalten zu gehen.

»Leb wohl, Jin«, sagte der Aufseher, und Jin geriet ein wenig in Panik bei dem Gedanken, dass er diesen Mann, der all seine Probleme löste, nie wiedersehen würde.

»Wird mir dort jemand helfen?«, fragte er.

»Natürlich wird da jemand sein. Möchtest du mir die Hand schütteln, Jin? Ich denke, sie werden dich ein ganzes Stück befördern im Vergleich zu dem, was du hier bist. Aber du musst Geduld haben und die Dinge nehmen, wie sie kommen.«

Er kam zurück, hatte ein seltsames Gefühl dabei, die Hand eines geborenen Menschen zu ergreifen, und er war in diesem Augenblick sehr stolz. »Ich werde Sie vermissen«, sagte er.

»Ja. Aber die Bänder werden dich glücklich machen.«

Er nickte. So war es. Er sehnte sich danach, denn im Moment war er nicht sehr glücklich, und seine Ohren waren kalt und sein Körper fühlte sich unter dem Stoff seltsam glatt und nackt an. Er ließ die Hand des Aufsehers los und ging hinaus, wo ein anderer Wärter ihn ins Schlepptau nahm und ihn zu einem Gebäude führte, wo schon welche warteten, die ebenso rasiert waren wie er. Der Anblick schockierte ihn sehr – weil er einige von ihnen kannte und Schwierigkeiten hatte, sie zu erkennen; und sie blickten ihm genauso entgegen. Da waren vier weitere 9998er, und sie sahen alle gleich aus, alle wie er; und da waren drei 687er und sieben 5567er – und all die kleinen Merkmale, anhand derer sie einander als Individuen erkannten, waren ausgelöscht. Panik wallte von neuem in ihm auf.

»Welcher bist du?«, fragte ihn einer seiner Dutzendlinge.

»Ich bin Jin«, sagte er leise. »Haben wir alle dasselbe Ziel?«

»Jin?« Eine weibliche Stimme. »Jin …« Es war eine von den 687ern; es war Pia, die zwischen den anderen für ihn Platz machte auf der Bank, die um den gesamten Raum lief. Er kam und setzte sich dankbar neben sie, denn Pia war eine Freundin, und er suchte etwas Vertrautes, woran er sich festhalten konnte. Ihr Gesicht war stark verändert. Pia hatte dunkles Haar wie er, und es war ganz weg; ihre Augen blickten groß und dunkel aus einem leicht sommersprossigen Gesicht. Um sich gegenseitig zu trösten, fassten sie sich an den Händen. Er blickte hinab. Die Hände waren immer noch wie Pias Hände, und ihr Verhalten war immer noch ihres.

Aber dann war sie auf einmal weit hinter ihm, irgendwo in der Reihe, und sie waren mit einer Menge fremder Azi von anderswo vermischt worden, Typen, die er noch nie gesehen hatte, und er fühlte sich kalt und elend hier. Die Reihe blieb stehen, und er richtete seinen Blick ins Leere und wartete – die beste Methode, um die Zeit hinzubringen; er dachte an angenehme Bilder, wie die Bänder sie ihm gezeigt hatten, wenn er sich zusätzliche Bandzeit verdient hatte. Aber er konnte sie nicht mit derselben Intensität wie das Band heraufbeschwören, und es gelang ihm nicht ganz, die Kälte dadurch zu überwinden. Niemand sprach; es war keine Zeit zum Sprechen, während sie überführt wurden. Sie mussten auf Anweisungen hören. Niemand bewegte sich, denn niemand wollte verlorengehen oder sich ein schlechtes Band einhandeln, was in einer Situation wie dieser sehr leicht zu sein schien, einer Situation, auf die sie nie ein Band vorbereitet hatte.

Sie waren mit einem Schiff hier heraufgeflogen. Er hatte schon früher Schiffe fliegen sehen, sich aber die Empfindung nie ausmalen können. Sein Herz hatte während des Fluges doppelt so schnell geschlagen wie sonst, und er war eine Zeitlang sehr erschreckt gewesen, bis er sich an die Empfindung gewöhnt hatte. Aber kaum hatte er das erreicht, als sie in ein neues Stadium eingetreten waren, in dem weitere und schlimmere Empfindungen aufeinander folgten. Diesmal hatte jemand daran gedacht, zu ihnen zu sprechen und ihnen zu versichern, dass alles in Ordnung sei.

Dann waren sie an etwas gestoßen, und man hatte sie unterrichtet, dass sie in einem Dock lagen, dass sie die Cyteen-Station betreten würden, die nachts ein Stern am Himmel Cyteens war; Jin hatte ihren Flug in Sommernächten beobachtet. Diese Neuigkeiten verwirrten ihn, und plötzlich ging die Tür auf, und sie wurden von Licht geblendet. Einige schrien auf; das zeigte, wie beunruhigt sie waren. Und sie gingen hinaus, als sie dazu aufgefordert wurden, nicht in das leuchtende Herz eines Sterns, sondern in einen sehr großen und sehr kalten Raum. Sie wurden hierhin und dorthin getrieben und erhielten ihre Kojen zugewiesen in einer kahlen Scheune von Raum, wo der Boden gekrümmt war. Menschen gingen seitwärts geneigt und Gegenstände kippten, ohne umzufallen. Jin versuchte, nicht hinzusehen; er bekam es mit der Angst zu tun, wenn er derartige Dinge betrachtete, die den Eindruck vermittelten, dass sogar solide Realitäten geändert werden konnten wie Bänder. Er sehnte sich nach seinen Feldern zurück, die golden in der Sonne lagen, sehnte sich nach der Wärme auf seinem Rücken und der Kühle des Wassers nach der Arbeit, und er wollte wieder in dem Fluss schwimmen, wie sie es immer getan hatten, wenn es ihnen im Sommer zu heiß geworden war.

Aber er konnte lesen und schreiben, und im Moment las er, während sie umhergetrieben wurden; er las Worte wie CYTEEN-STATION und GEFAHR/HOCHSPANNUNG und NUR ZUTRITT FÜR BEFUGTE – was immer das sein mochte; und auch A HAUPT und A 2 und ZOLL und ARREST. Nichts davon wirkte freundlich, und am wenigsten mochte er das Wort ›Arrest‹, aus dem ›schlechtes Band‹ zu folgern war. Auch andere konnten lesen, und niemand sagte etwas; aber er vermutete, dass alle, die lesen konnten, einen verspannten Magen hatten und dass ihnen das Herz im Hals pochte wie ihm.

»Hier entlang!«, sagte ein Mann mit dem grünen Armband eines Aufsehers und öffnete für ihre Reihe eine Tür. »Ihr werdet hier in Gruppen zu fünfzig Bänder bekommen. Zählt ab, während ihr hineingeht!«

Jin zählte. Er war 1-14, und ein geborener Mensch reichte ihm eine Marke, auf der es vermerkt stand. Er nahm sie in die Hand und reihte sich hinter den ersten dreizehn ein.

Wieder etwas Medizinisches. Er ging, eingeordnet in die Schlange, in den aseptischen Raum mit den weißen Wänden, und sein Herz, das sich gerade einen Moment lang beruhigt hatte, beschleunigte wieder in einen inzwischen konstanten Zustand des Schreckens. »Du hast Angst«, sagten sie ihm, als sie seinen Puls prüften. »Hab keine Angst.«

»Ja«, stimmte er zu und versuchte es, aber er fror, da er den Overall bis zur Hüfte heruntergelassen hatte, und er zuckte zusammen, als eine der Meds seinen Arm nahm und etwas hineinschoss.

»Das ist ein Sedativum«, sagte die Frau. »Kabine 14 unten auf dem Gang. Du hast noch genug Zeit, dich anzuschließen. Drück auf den Knopf, wenn du Schwierigkeiten hast!«

»Danke«, sagte er und brachte seine Kleider wieder in Ordnung, folgte dann ihrem Hinweis. Er ging hinein und setzte sich auf die Liege, die aus kaltem, haarigem Plastik bestand, ganz anders als das behagliche Bett zu Hause. Er brachte die Leitungskabel an, spürte bereits, wie sein Puls langsamer wurde und sich Lethargie in seinen Gedanken breitmachte. Wäre jetzt jemand zu ihm in die Kabine gekommen und hätte ihm gesagt, dass sie ihn vielleicht umbrächten, wäre ihm das nur sehr langsam klargeworden. Er fürchtete im Moment nur ein schlechtes Band oder ein unvertrautes, oder eines, das ihn anders machte, das seine Erinnerungen an die Farm auslöschte.

Dann ertönte das Warnpiepen, und er legte sich auf seinem Sitz zurück, denn der Tiefenunterricht stand im Begriff, sich einzuschalten, und er hatte gerade noch Zeit, sich zurückzulegen, damit er nicht erschlafft hinfiel und sich weh tat.

Es setzte ein, und er öffnete voller Panik den Mund, aber es war zu spät zum Schreien.

CODE AX, übermittelte es ihm, und dann folgte eine Reihe von Tönen. Das sorgfältige Bauwerk seiner Werte wurde weggewischt und all seine Erinnerungen zweifelhaft.

»Sei ruhig«, sagte ihm das Band, als die Krämpfe schwächer wurden. »Alle aus der A-Klasse finden diesen Vorgang desorientierend. Deine hervorragende Geisteskraft und Intelligenz machen es ein wenig schwieriger. Arbeite bitte mit! Dieser Vorgang ist notwendig. Dein Wert wird gesteigert. Du wirst auf einen Dienst vorbereitet, der so ungeheuer wichtig ist, dass er in einer ganzen Reihe von Bändern erklärt werden muss. Dein Kontrakt wurde vom Staat übernommen. Du wirst mit einem Schiff überführt werden, und nichts wird dich von deiner Aufgabe ablenken, die ein Geheimnis ist, das du wahren wirst.

Wenn du in eine neue Welt hinaustrittst, wirst du dich neben einem Fluss wiederfinden, nahe einem Meer. Du wirst den Befehlen geborener Menschen folgend arbeiten. Du wirst glücklich sein. Wenn du die Gegend bewohnbar gemacht hast, wirst du Felder anlegen und weiteren Befehlen vom Band nachkommen. Du hast großes Glück. Der Staat, der deinen Kontrakt besitzt, ist sehr zufrieden mit dir. Wir setzen jedes Vertrauen in dich. Du kannst sehr stolz darauf sein, dass du für dieses Unternehmen ausgesucht worden bist.

Eure Körper sind sehr wichtig. Sie werden ungewöhnlichen Belastungen ausgesetzt sein. Dieses Band wird euch beim vorbereitenden Training unterweisen. Euer Geist hat eine große Bedeutung dort, wo ihr hingeht. Ihr erhaltet während dieser Sitzung entsprechende Instruktionen. Bitte entspannt euch! Ihr werdet sehr wertvoll sein, wenn wir fertig sind.

Du wirst immer mehr einem geborenen Menschen ähneln. Der Staat, der deinen Kontrakt besitzt, ist sehr angetan von dir. Deshalb bist du ausgesucht worden. Dein genetisches Material ist sehr wichtig. Du sollst geborene Menschen zeugen. Das ist nur eine deiner zahlreichen Aufgaben. Gibt es eine Frau, mit der du eine intime Freundschaft hergestellt hast? … Pia 86-687, danke, ja, ich bin dabei, es zu überprüfen … Ja, dieses Individuum ist ausgesucht worden. Diese Paarung ist bewilligt. Ihr beide werdet sehr glücklich sein … Ja oder nein, antworte auf den Klang: fühlst du dich gut hierbei? Ein Techniker steht bereit … danke, Jin 458, dein Selbstvertrauen ist ein Kennzeichen deiner herausragenden Herkunft. Du solltest sehr stolz sein …«

4

T-48 Stunden

Cyteen-Dock

Dies war alles Sperrbezirk, und die Docksmannschaften waren zum Teil Sicherheitsleute vom Stationsamt … für alle Fälle. Oberst James Conn ging über das Dock und behielt dabei den normalen Fußgängerverkehr weiter hinten im Auge. Allianz-Kauffahrer waren hier im Haupthafen der Union ein gewohnter Anblick, gemäß dem Vertrag, der ihnen Handelsrechte über die Grenze hinweg einräumte; und niemand wurde getäuscht. Es waren Spione unter ihnen, die alles beobachteten, was die Union tat, an allem interessiert waren. Dabei handelte es sich um eine beiderseitige und fortwährende Aktivität auf beiden Seiten der Grenze. Die Kauffahrer bewegten sich ungehindert in kleinen Gruppen den geschwungenen Horizont hinauf und hielten sich dabei an die blauen Linien, die die Wege durch die militärischen Docks kennzeichneten, sahen sich dabei um, ohne den Anschein zu erwecken, und niemand hielt sie auf. Die Löcher im Netz waren alle absichtlich angelegt, und aus allen passenden Quellen waren die richtigen Informationen getröpfelt, damit die Allianzleute dachten, sie wüssten, was vor sich ging. Das war nicht Conns Abteilung, aber er wusste, dass es so lief.

Gerüste waren am Dock entlang aufgereiht, eines nutzlos, drei stützten Zuleitungen zu Schiffen. Die US Swift sollte später im Verlauf der Wache eintreffen und die Capable würde folgen. Es lagen noch weitere Schiffe hier, aber hierbei handelte es sich um normalen und wenig umfangreichen militärischen Verkehr. Besatzungen hatten Ausgang, wussten noch nicht über Einzelheiten Bescheid, von Hand ausgesuchte Crews, also war wertlos, was in den Bars weitergegeben wurde; lediglich ein paar Leute verbreiteten die erwünschten Gerüchte. Das war die Sicherheit, ihr Plan. Man konnte davon ausgehen, dass mehrere Schalen von Falschinformationen und Täuschung aufeinander folgten; man konnte auf nichts mehr vertrauen, wenn man in die Denkweise der Sicherheit verfiel.

Ein Frontoffizier konnte sich bei solchen Dingen unbehaglich fühlen. Conn hatte sich schon unsicher gefühlt, in weniger gesicherten Zeiten, aber er überschaute den Umfang dieser Sache und kannte ihre Grenzen, wusste, dass es nichts Heißes war. Zivilisten waren beteiligt, und Zivilisten hatten ihre Rechte; und diese Zivilisten beruhigten ihn betreffs der Sendung, eines Päckchens, das er, nicht angekündigt von der Sicherheit, in seiner Innentasche trug.

Er erreichte das Dock der Venture, Nummer eins im weißen Liegeplatz, und stieg durch die Zugangsröhre hinauf in den eigentlichen Tunnel. Dort trat zum ersten Mal die Sicherheit tatsächlich in Erscheinung, in Gestalt zweier bewaffneter und gepanzerter Soldaten, die ihm den Weg zur inneren Schleuse verstellten – aber so ging es auf jedem Kriegsschiff zu.

»REDEX«, sagte er, »Conn, Oberst James A.«

»Sir.« Die Soldaten schlugen sich mit den Gewehren an die gepanzerten Seiten. »Kommen Sie an Bord, Sir, danke!«

Sie waren Venture-Personal, vom Raumfahrerkommando, nicht von seiner Dienststelle. Er ging durch die Luke und trat in der Empfangsabteilung vor den Schreibtisch des Diensthabenden der Venture. Der diensthabende Offizier unterbrach hastig seine Lektüre von Computerausdrucken, als er aufblickte und ein hohes Tier erkannte. »Sir.«

Conn holte seine ID aus der Tasche und schob sie in den Empfänger.

»ID positiv«, sagte der Diensthabende. Dann in den Kom: »Tyson: Oberst James Conn zum Kapitän.«

Das war bereits arrangiert – keine Formalitäten, keine Fanfare. Er war auf diesem Schiff Passagier, getrennt, ohne kooperatives Kommando. Conn sammelte den Adjutanten ein und ging mit ihm hinauf zum Aufzug, plauderte unterwegs mit ihm, wie es seine Art war … er hatte nichts von dem Lack der raumfahrenden Elitegarde an sich. Spezialeinsätze waren sein eigener Dienstzweig und der der höchsten Offiziere seines unmittelbaren Stabes. Und nach dreißig Dienstjahren, mit etwas Arthritis, die gelegentlich die Pillen durchdrang – die Verjüngung war um einen Hauch zu lange hinausgezögert worden – hatte er noch weniger Lack und Glanz an sich als in seinen frühen Tagen.

Ein neuer Anfang. Damit hatten sie ihn überredet. Jean war nicht mehr; und die Mission war ihm in den Schoß gefallen. Eine Veränderung schien gut zu sein in diesem Lebensstadium. Vielleicht war es so bei Beaumont, bei Gallin, bei manchen von den anderen, von denen er wusste, dass sie mitkamen. Bei den Wissenschaftlern war vielleicht mit einer anderen Antwort zu rechnen, denn sie hatten ihre eigenen seltsamen Ambitionen und einige von ihnen waren miteinander verheiratet oder waren Verwandte oder Freunde. Aber von denen, die aus dem alten Dienst kamen, die einige Jahre auf dem Buckel hatten, zog nur Ada Beaumont Vorteil aus der Angehörigenbewilligung und nahm den Ehemann für eine spezielle Aufgabe mit auf die Mission. Die übrigen, die neun von ihnen, die den Krieg von Angesicht zu Angesicht gesehen hatten, kamen solo wie die Jugendlichen mit den frischen Gesichtern. Die Jahre hatten sie auf dieses Stadium zurückgeworfen. Dort draußen wartete ein neues Leben, eine neue Chance. Also gingen sie.

Die Aufzugtür öffnete sich und ließ ihn und die Adjutanten auf das Hauptdeck hinaus. Er betrat das Büro des Kapitäns, und sie stand von ihrem Schreibtisch auf und streckte ihm die Hand hin. Eine Frau in seinem Alter. Er fühlte sich wohl bei ihr, überraschte sich selbst damit; im allgemeinen fühlte er sich nicht wohl in Gesellschaft von Raumfahrern, ganz zu schweigen von der schwarz uniformierten Elite, zu der Mary Engles gehörte. Aber sie reichte ihm eine kräftige und schwielige Hand und benutzte einen Slang aus dem Krieg, so dass ihm klar wurde, dass sie schon früher mit Bodendienst zu tun gehabt hatte. Sie schickte den Adjutanten hinaus, goss ihnen beiden harte Drinks ein und setzte sich wieder. Conn atmete jetzt viel leichter.

»Sie haben Dienst in den '80ern hinter sich, nicht wahr?«, fragte er.

»Ich habe für viele von Ihnen Transporte durchgeführt; aber die alte Reliance hat schon bessere Tage erlebt, und so wurde sie ausgeschlachtet.«

»Reliance. Sie war bei Fargone dabei.«

»Das war sie.«

»Ich habe einige gute Freunde da verloren.«

Sie nickte langsam. »Auch ich habe ein paar verloren.«

»Zum Henker, diesmal wird es ein besserer Flug, was?«

»Muss wohl«, meinte sie. »Ihr Einstieg ist bereits organisiert. Haben Sie Befehle für mich?«

Er öffnete seine Jacke und zog den Umschlag hervor, reichte ihn ihr. »Das ist die gesamte Liste. Während des Fluges gehe ich Ihnen aus dem Weg. Ich werde mein Kommando anweisen, dasselbe zu tun.«

Wieder ein Nicken. »Mir gefielen diese Spezialeinsätze schon immer. Problemlose Passagiere. Sie sorgen einfach dafür, dass die Burschen von der Wissenschaft und die Bedienten meiner Besatzung, nicht in die Quere kommen, und ich werde Sie immer in guter Erinnerung behalten.«

Conn grinste und hob das Glas. »So gut wie erledigt.«

»Huh, so gut wie erledigt. Der letzte derartige Haufen, den ich ausgeladen habe, war froh, lebendig davonzukommen.«

»Was für ein letzter Haufen? Machen Sie das wöchentlich?«

»Ah.« Engles nippte an ihrem Glas und zog eine Braue hoch. »Sie werden mir nicht sagen, dass ich Sie darüber informiere.«

»Nein. Ich weiß, wie das Programm aussieht. Und das Schiff weiß Bescheid, nicht wahr?«

»Das müssen wir. Wissen, was wir tun, wenn nicht wo. Wir machen den Transport. Wir werden sie nicht nur einmal sehen, nicht wahr? Machen Sie uns stets glücklich.«

»Bis dahin«, meinte Conn, »wird jede neue Reihe von Gesichtern willkommen sein.«

Engles lächelte schief. »Das meine ich auch. Ich habe schon ein paar solche Flüge gemacht. Mir gefällt es immer, wenn die von den Spezialeinsätzen Dampf machen. Macht weit weniger Schwierigkeiten so.«

»Hatten Sie je Probleme?«

»Oh, wir nicht!«

Er zog eine Braue hoch und leerte sein Glas. An den Wänden des Büros hingen Drucke nach Fotos, Schiffe und Gesichter, manche schon mitgenommen und zerkratzt. Gesichter und Uniformen. In seiner Ausrüstung hatte er selbst so eine Galerie. Auf dem Schreibtisch stand eine Reihe von Bildern von einem jungen Mann, zerschrammt und düster. Er hatte nicht vor, danach zu fragen. Die Fotos zeigten ihn nie älter. Er dachte an Jean, hatte ein taubes Gefühl dabei … geriet für einen Moment in Panik, als ihm sein Abschied von Cyteen bewusst wurde, das Besteigen eines fremden Schiffes, das Zurücklassen der Orte, die Jean gekannt hatte, um irgendwohin zu gehen, wo nicht einmal eine Erinnerung an sie existierte. Und alles, was er mitnahm, waren die Bilder. Engles bot ihm noch ein halb gefülltes Glas an, und er nahm es dankbar an.

»Brauchen Sie eine besondere Hilfe beim Einquartieren?«, fragte Engles.

»Nein. Es reicht, wenn jemand mein Gepäck verstaut. Der Rest kommt mit der Fracht.«

»Wir nehmen Ihre Offiziere an Bord, wann es ihnen recht ist. Das wissenschaftliche und das Hilfspersonal wird bei Ankunft einen eigenen Salon zugewiesen bekommen, und es wird so freundlich sein, ihn auch zu benutzen.«

»Das wird es.«

»So läuft es viel glatter. Meine Leute gesellen sich nicht gern zu Zivilisten.«

»Verstanden.«

»Aber Sie müssen eine Mischung herbeiführen, nicht wahr? Ich beneide Sie ganz sicher nicht um Ihre Aufgabe.«

»Eine neue Welt«, sagte er mit einem Achselzucken. Der Alkohol machte ihn benommen. Er fühlte sich losgelöst und zugleich an einem vertrauten Ort, einem Schiff wie ein Dutzend andere Schiffe, ein durchlebter und noch einmal durchlebter Augenblick. Aber keine Jean. Das war anders. »Es funktioniert, weil es funktionieren muss, das ist alles. Sie sind aufeinander angewiesen. Auf diese Weise passt alles zusammen.«

Engles drückte einen Schalter auf der Konsole. »Wir werden Ihre Kabine herrichten. Wenn Sie etwas brauchen, lassen Sie es mich wissen.«

Der Adjutant kehrte zurück. »Der Oberst möchte in seine Kabine«, sagte Engles ruhig.

»Danke«, sagte Conn, ergriff die ein zweites Mal gereichte Hand und folgte dem schwarz uniformierten Raumfahrer hinaus auf die Korridore, blinzelte unter der Wärme des Alkohols.

Die Narben waren da … der Adjutant war zu jung, um davon zu wissen; Narben, die vor die sauberen, modernen Korridore zurückreichten. Die Rebellion auf Fargone; der Krieg – die Tunnel und die tiefen Gräben …

Jean war damals bei ihm gewesen. Aber der Frieden hatte zwanzig Jahre lang gehalten, eine unruhige Entspannung zwischen der Union und der Kauffahrer-Allianz. Der Frieden war profitabel, denn keine Seite hatte in einer Konfrontation etwas zu gewinnen … noch nicht. Da war eine Grenze. Die Allianz baute Kriegsschiffe, die das Abkommen von Pell untersagte; die Union baute Handelsschiffe, die das Abkommen auf den Raum an der anderen Seite der Union beschränkte … Frachtschiffe, die ihre Ladungen abwerfen und schnell fliegen konnten; Kriegsschiffe, die Rahmen anlegen und Transporte durchführen konnten: die Entwürfe ähnelten einander auf eine seltsame Weise und kündeten von einem neuen Zeitalter im Dazwischen, durchzogen von Echos des alten. Ein neuer Schub würde eintreten; er glaubte daran, Engles wahrscheinlich auch.

Und der Rat musste daran glauben … und Züge wie diesen machen, die Versorgung sicherstellen, den langfristigen Vorteil von Planetenstützpunkten, die unter den zivilisierten Abkommen unangreifbar waren; vor allem musste er eine große Zahl welterzeugter Truppen sicherstellen, die nicht zurückweichen konnten. Die Union säte Welten aus, strategisch platziert oder nicht … überall, wo menschliches Leben gerade eben möglich war … eine übergreifende und entschlossene Expansion, die die Allianz in ihrem eigenen Zentrum umschließen und jedes Territorium infiltrieren würde, das die Allianz durch Krieg oder Verhandlungen gewinnen mochte.

Der Bau von Trägerschiffen wie der Venture gehörte dazu.

Und der übrige Teil lag in den Händen von Spezialeinsatzdiensten und von Angestellten der Regierung, die sich aus unterschiedlichen Gründen freiwillig meldeten.

5

T-20 Stunden

Cyteen-Dock

Die weißgekleideten Reihen mit den rasierten Köpfen ordneten sich, eine langsame Prozession über das Dock, und niemand widmete ihr mehr als die Neugier, die das Ereignis verdiente – die Verladung geklonter Arbeiter auf Transporter, ein Anblick, der Allianz-Bürger stets schockierte und selbst überzeugtesten Unionsrückgraten einen Schauder verursachte. Es war ein Aspekt des Lebens, den die meisten Bürger nie sehen mussten, diese Erinnerung an die Laborherkunft vieler von ihnen – der Arbeitspool, auf dem Welten errichtet wurden. Azi-Arbeiter dienten in den Heimen von Bürgern, arbeiteten auf Farmen und übernahmen Aufgaben, die andere nicht verrichten mochten – und sie waren überwiegend ruhige und fröhliche Arbeiter.

Aber diese hier waren wirklich ruhig und ihre Reihen unnatürlich geduldig – und die rasierten Köpfe und Gesichter und die weiße Gleichförmigkeit waren trostlos.

Und beim Stehen in dieser Reihe – selbst rasiert und unkenntlich, abgesehen von dem kleinen blauen Dreieck auf seiner rechten Wange und einer Nummer auf seiner Hand – empfand Marco Gutierrez eine ständige Panik. Halten Sie die Augen ins Leere gerichtet oder starr, hatten sie ihm auf dem Planeten gesagt, als er und die anderen auf die Shuttles verladen worden waren. Machen Sie sich keine Sorgen. Die Zahlen, die Sie tragen, sind im Computer besonders markiert. Dasselbe System, das für die Azi stets die richtigen Bänder bereithält, wird auch dafür sorgen, dass Sie nichts schlimmeres erhalten als einen Informationsvortrag. Man wird wissen, wer Sie sind.

Die Azi machten ihm Angst – sie alle, die so schweigsam waren und fixiert auf das, was sie taten und wohin sie gingen. Er starrte auf die weißgekleideten Schultern vor sich, die nach den Hüften zu urteilen einer Frau gehörten, aber er konnte es von hinten nicht mit Sicherheit sagen. Ganze Sets von diesen Arbeitern waren zu sehen, Zwillinge, Drillinge, Vierlinge, Fünflinge, Dutzendlinge, aber von manchen hatte er nur ein einzelnes, einzigartiges Exemplar gesehen. Beim Durchgang durch das Labor hatte er kein falsches Band bekommen: er hatte unter der Maschine gelegen und Angst davor gehabt, dass man ihm ein falsches unterschob und er letzten Endes psychiatrische Hilfe benötigen würde – sein Bewusstsein, das war sein Leben, all die Jahre des Studiums … Aber es war alles gut verlaufen, und er hatte nur einen leisen Eindruck von dem, womit sie ihn gefüttert hatten …

Falls dies nicht – fiel ihm ein – dasselbe Vertrauen war, das alle hier in diesen Reihen hatten, und sie nicht alle getäuscht und programmiert wurden. Unter der Vorstellung, dass vielleicht ohne sein Wissen etwas mit ihm gemacht worden war, strömte ihm der Schweiß über den rasierten, allzu glatten Körper. Er vertraute seiner Regierung. Aber bei der Eingabe von Computerschlüsseln wurden Fehler gemacht. Und gelegentlich hatte die Regierung in harten Zeiten harte Dinge getan … und gelogen …

Die Augen ausdruckslos. Er hörte Geräusche, den Lärm von Maschinen, die Bewegungen von Fahrzeugen. Er war sich bewusst, dass Leute von den Seitenlinien sie anstarrten, ihn anstarrten. Es war schwierig, nicht menschlich zu sein, schwierig, sich nicht umzudrehen und hinzuschauen, oder nicht mit den Füßen zu scharren oder sich unruhig in der Reihe zu bewegen oder irgendeine kleine zufällige Bewegung zu machen – aber die Azi taten das eben nicht.

Zumindest einige von denen in seiner Nähe mussten Bürger sein wie er. Er hatte keine Idee, wie viele. Er wusste, dass einige seiner Kollegen bei ihm waren, aber er hatte bei den Umgruppierungen in den Reihen ihre Spur verloren. Sie waren dabei, an Bord zu gehen. Sie gingen auf das Schiff zu und bewegten sich mit unglaublicher Langsamkeit.

Zu einem früheren Zeitpunkt hatten sie noch über all das lachen können – in jenem weiß gefliesten Raum auf Cyteen, wo er und weitere aus seiner Gruppe zuletzt noch Menschen gewesen waren, wo sie noch Witze gemacht und alles leicht genommen hatten. Aber das war gewesen, bevor sie einzeln in den nächsten Raum gebracht und rasiert worden waren, bevor sie eine Nummer aufgeprägt bekommen und einzeln ihre Verhaltensanweisungen erhalten hatten, bevor sie sich in den Reihen am Shuttlehafen verloren hatten.

Es war kein Humor mehr im Spiel, nicht im geringsten. Angst war zu spüren – und Demütigung, die Verletzung der Privatsphäre, die Furcht vor Zwang. Und alles, was er tun musste, um sich jetzt noch aus der Sache zurückzuziehen, war, sich umzudrehen und aus der Reihe wegzugehen – was kein Azi tun konnte. Und etwas hielt ihn dort fest, eine Hemmung, und er glaubte, dass es sein eigener Wille war, sein Mut, der ihn veranlasste, dabeizubleiben.

Aber in letzter Zeit hatten sich alle Realitäten gewandelt. Und er war sich nicht mehr sicher.

Was, dachte er, während die Reihe sich zentimeterweise auf die Einstiegsrampe zuschob, die jetzt in Sicht war, was, wenn die Dinge total falsch gelaufen waren? Und was, wenn die Leute, die ihn erkennen sollten, dies nicht taten?

Aber das Band war harmlos gewesen, und deswegen hatte der Computer die richtige Nummer.

Er vertraute darauf. Und rückte Schritt für Schritt mit die Rampe hinauf, machte keine Bewegung, die nicht ein Azi vor ihm schon gemacht hatte. Er folgte dem Beispiel des ruhigsten und beständigsten, in der Hoffnung, dass andere hinter ihm in gleicher Weise ihre Hinweise von ihm bezogen.

Die Reihe erreichte die Dunkelheit des Schiffsraums, und sie näherten sich einem Schreibtisch, einer nach dem anderen; einer nach dem anderen streckten die Azi die rechte Hand aus, damit die Angestellten sie inspizieren konnten.

Aber keiner wurde aus der Reihe genommen, und Gutierrez' Herz klopfte immer heftiger.

Er kam an die Reihe und hielt die falsch tätowierte Hand an den Registratur, der sie nahm und die Nummer niederschrieb. Der Streifen ging an einen Computertechniker. »Weitergehen«, sagte der Aufseher, und Gutierrez ging, wobei ihm fast die Knie zu versagen drohten. Er durchquerte die innere Schleuse in derselben schlurfenden Reihe, und eine Art Lähmung hatte eingesetzt, als der Zeitpunkt vorbei war, wo er dachte, er hätte einen Protest vorbringen sollen – aber es war ein zu tiefes Schweigen, um es zu brechen, eine hypnotische Einheit, die ihn mitzog und die dafür sorgte, dass er dabeiblieb.

»789-5678?«, fragte ihn eine Männerstimme. Er blickte hin; man durfte hinschauen, wenn eine Nummer gerufen wurde. Ein Wächter winkte ihm. Er ging hin, und sie riefen weitere Nummern, so dass jetzt schon eine ganze Gruppe aus den Reihen gerufen worden war, die in einen Seitenkorridor geführt wurde.

Gutierrez folgte dem schwarz uniformierten Gardisten durch den Korridor und entlang der geschwungenen Gänge, denen man nur schwer folgen konnte, ohne sich gegen die Neigung zu lehnen, jetzt eine Biegung nach achtern, dann eine weitere zum Aufzug. Der Gardist öffnete die Tür für sie und winkte sie in den Wagen.

»Drücken Sie auf 3R«, sagte er, während sich der Wagen mit immer mehr von ihnen füllte, bis einige dann draußen warten mussten. »3R ist Ihre Sektion; jemand erwartet Sie oben.«

Gutierrez drückte die Schalter, und die Tür ging zu. Der Wagen schoss gegen die Richtung der Schwerkraft hoch und ließ sie dann aussteigen, wo ein weiterer Gardist sie mit einem Clipbrett erwartete. »Raum R12«, sagte der Gardist und klatschte ihm eine Schlüsselkarte in die Hand. »Name?«

»Gutierrez.« Er hatte ihn wieder, einen Namen, keine Nummer. Sie riefen einen weiteren Mann für denselben Raum auf. Hill lautete sein Name. »Der nächste«, sagte der Gardist, und der Aufzug war schon wieder auf dem Weg nach unten, während ein Name nach dem anderen aufgerufen wurde und sie den Korridor hinabgingen. Schweigend. In tödlichem Schweigen.

»Wir sind durch«, sagte Gutierrez auf einmal, drehte sich um und betrachtete die anderen, kahlgeschoren, hohle Gesichter, männliche und weibliche, ohne Haare und Brauen, blickte in Augen, die jetzt nicht mehr Ausdruckslosigkeit zeigten, sondern trostlose Erschöpfung. »Wir sind durch, verstehen Sie?«

Einige waren tapferer als die anderen – ein weibliches Gesicht, erstaunlich nackt ohne die Brauen, ein zu dünner Mund, der zu einem mühsamen Grinsen verzogen wurde; ein dunkelhäutiger Mann, der weniger nackt wirkte und das Schweigen mit einem Jubelruf zerriss. Ein anderer hob die Hand und rieb an der Tätowierung auf seiner Wange, aber die würde sich erst abtragen müssen, wie auch das Haar erst nachwachsen musste. »Sind Sie Hill?«, fragte Gutierrez den ihm zugeteilten Zimmergenossen. »Welches Gebiet?«

Der dünne, ältere Mann blinzelte und fuhr sich mit einer Hand über den rasierten Schädel. »Landwirtschaftlicher Spezialist.«

»Ich bin Biologe«, sagte Gutierrez. »Keine schlechte Mischung.«

Immer mehr redeten jetzt, ein plötzliches Anschwellen von Stimmen; jemand fluchte, was auch Gutierrez tun wollte, um die verbliebenen Hemmungen zu durchbrechen, um abzureagieren, was sich über drei lange Tage hinweg aufgestaut hatte. Aber die Worte weigerten sich herauszukommen, und er ging mit Hill weiter – 26, 24, die ganze Reihe hinab, am Kreuzungskorridor vorbei und dann um die Ecke: 16, 14, 12 … Er rammte die Schlüsselkarte mit einer Hand hinein, die wie gelähmt zitterte, öffnete dann die Tür zu einer ganz gewöhnlichen kleinen Kabine mit einer Doppelkoje und Farben, fröhlichen grünen und blauen Farben. Er stand innen und schnappte nach Luft, setzte sich aufs Bett und senkte den Kopf auf die Hände, spürte sogar da schon das leichte Kribbeln von Haarstummeln unter den Fingerspitzen. Er fühlte sich grotesk. Er erinnerte sich an jede beschämende Einzelheit seines Weges über die Docks; und an die Reihen, die Mediziner, die Bänderlabors und all das andere.

»Wie alt sind Sie?«, fragte Hill. »Sie sehen jung aus.«

»Zweiundzwanzig.« Er hob den Kopf, zitterte am Rand eines Zusammenbruchs. Wäre ein Freund bei ihm gewesen, wäre er vielleicht umgekippt, aber Hill hielt auf dieselbe Weise ruhig durch. »Und Sie?«

»Achtunddreißig. Von wo?«

»Cyteen. Und Sie, von wo?«

»Wyatts.«

»Reden Sie weiter! Wo haben Sie studiert?«

»Auf Wyatts. Wie steht es mit Ihnen? Schon jemals auf einem Schiff gewesen?«

»Nein.« Er hypnotisierte sich selbst mit dem Rhythmus von Fragen und Antworten – half sich damit über das Schlimmste hinweg. Sein Atem wurde langsamer. »Was macht ein Agrarmann auf einer Station?«

»Fische. Jede Menge Fische. Habe ähnliche Pläne für unser Ziel.«

»Ich bin Exobiologe«, sagte Gutierrez. »Eine ganz neue Welt da draußen. Das war für mich der Punkt.«

»Es sind viele von euch jungen Leuten dabei«, stellte Hill fest. »Ich … ich wollte eine Welt. Irgendeine. Der Flug war frei.«

»Zum Henker, wir haben gerade dafür bezahlt.«

»Das finde ich auch«, meinte Hill.

Und dann wurde Gutierrez von der Aufwallung in seinem Hals überrascht, legte ein zweites Mal den Kopf auf die Hände und schluchzte. Er bemühte sich, wieder normal zu atmen … blickte auf und stellte fest, dass sich auch Hill die Augen wischte, schluckte die beschämte Entschuldigung hinunter, die er sich zurechtgelegt hatte. »Physiologische Reaktion«, murmelte er.

»Arme Teufel«, meinte Hill, und Gutierrez konnte sich denken, an welche armen Teufel Hill dachte. Es waren richtige Azi an Bord, die ausdruckslos zu ihren Kojen gingen, wo immer die sein mochten, unten in den Frachträumen – die auch weiterhin schweigsam und gehorsam bleiben würden, egal, was aus ihnen wurde, weil es das war, was man ihnen beigebracht hatte.

Laborspezialisten würden ihnen in drei Jahren folgen, wusste Gutierrez, und die erforderliche Ausrüstung mitbringen, mit deren Hilfe die neue Welt ihre eigenen Azi herstellen konnte; und die Labortechniker würden mit der Erwartung eintreffen, dass das wissenschaftliche Personal der Kolonie mit ihnen zusammenarbeitete. Aber von ihm würden sie keine Kooperation erfahren, nichts dergleichen. Oder auch von den anderen – nicht so leicht.

»Das Komitee, das dies entworfen hat«, sagte Gutierrez ruhig, mit heiserer Stimme, »sie können dort keine Vorstellung haben, wie es ist. Es ist Wahnsinn. Auf diese Weise werden sie die Leute verrückt machen.«

»Wir sind in Ordnung«, meinte Hill.

»Ja«, antwortete er, aber es war die Antwort eines Azi, und ihm lief dabei ein Schauer über den Rücken. Er presste die Lippen zusammen, stand auf und ging die wenigen Schritte, die der Raum gestattete, weil er es jetzt tun durfte. Und es fühlte sich immer noch unnatürlich an.

6

T-12 Stunden

An Bord der Venture

im Dock der Cyteen Station

»Beaumont.« Conn blickte von seinem Schreibtisch auf, als die Konsole für die Eintrittserlaubnis die Vizekommandantin meldete. Die Tür öffnete sich. Er stand auf und reichte dem Kapitän der Spezialeinheiten und ihrem Ehemann die Hand. »Ada«, korrigierte er sich der alten Zeiten wegen. »Bob. Ich freue mich, euch beide mitnehmen zu können …« Er war immer sehr höflich gegenüber den Ehepartnern, auch wegen der Tatsache, dass Bob Davies Zivilist war. »Gerade angekommen?«

»Gerade eben.« Ada Beaumont seufzte und setzte sich in einen Sessel. Ihr Mann nahm einen neben ihr. »Sie haben mich von Wyatts gerufen, wo ich dabei war, ein Projekt abzuschließen … dann hieß es, sofort nach Cyteen zu fliegen, um die Bänder entgegenzunehmen, die du hast, wie ich vermute. Sie haben uns gerade mit Sack und Pack auf einem Shuttle hinaufgeschickt.«

»Dann wisst ihr, worum es wirklich geht. Seid ihr anständig untergebracht?«

»Zwei Kabinen unten. Eine ganze Suite; wir können uns in der Beziehung nicht beschweren.«

»Gut.« Conn lehnte sich zurück und schweifte mit den Augen zu Bob Davies. »Du hast einen Missionsposten bei der Verteilung, nicht wahr?«

»Nummer sechs.«

»Das ist gut. Freundliche Gesichter – Himmel, bin ich froh, euch zu sehen! Diese ganzen weißen Uniformen …« Er betrachtete das Paar und erinnerte sich dabei an alte Zeiten, an Urlaub auf Cyteen, er zusammen mit Jean … Jean war gestorben, und die Beaumont-Davies saßen hier, auf dem Weg zu einer neuen Welt. Er zeigte ein diplomatisches Lächeln, weil es weh tat, an die Zeit zu denken, als sie noch zu viert gewesen waren. Und Davies musste überleben, er, der ganz für Bilanzbücher lebte und keinen Humor hatte. »Wenigstens Gesichter von zu Hause«, sagte Conn freundlich.

»Wir werden alt«, meinte Beaumont. »Die anderen sehen alle so jung aus. Wird langsam Zeit, dass wir uns ein dauerhaftes Plätzchen suchen.«

»Was das für euch der Grund?«

»Vielleicht«, sagte Beaumont. Ihr zerfurchtes Gesicht entspannte sich. »Vielleicht haben wir die Kraft in uns für eine weitere Mission, und eine Welt hat jetzt etwa die richtige Größe für uns. Wir hatten nie Zeit, Kinder zu haben, Bob und ich. Der Krieg … du weißt ja. Und jetzt gibt es etwas aufzubauen, anstatt in die Luft zu jagen. Ich denke gerne … an irgendwelche Nachkommen. Wenn sie die Gebärlabors eingerichtet haben, vielleicht, egal, wie das Gen-Set aussieht. Ich meine, wir würden jedes Kind nehmen, jedes, das sie in Pflege geben wollen. Wir haben Jahre verloren, Jim.«

Er nickte düster. »Sie lassen uns etwa drei Jahre Zeit mit den Labors, aber sobald die stehen, seid ihr die ersten in der Reihe, keine Frage. Kann ich euch irgendwie beim Einrichten helfen? Alles so, wie es sich gehört?«

»Zum Henker, es ist ein großes, hübsches, modernes Schiff; eine Suite für uns – ich schätze, ich mache da unten einen Rundgang und sehe nach, wo sie diese armen Schweine unterbringen. Irgendjemand, den ich kenne, da unten?«

»Pete Gallin.«

»Nein, kenne ich nicht.«

»Alles fremde Gesichter. Wir stecken bis über beide Ohren in jungen Leuten mit glänzenden Augen. Sie haben einen ganzen Haufen davon hochgeschickt, damit sie ihre Qualifikationen erlangen … eine Menge Spezialisten aus den staatlichen Schulen und ohne Erfahrungen … ein paar gute Nonkoms, die den schweren Weg hinter sich haben. Irgendein Statistiker, möge er gegrillt werden, hat sich ausgerechnet, dies sei die beste Mischung für das Personal; wir haben bei den Zivilisten ein ähnliches Profil, aber nicht ganz dasselbe. Eine Menge von denen haben anderswo Verwandte, aber sie wissen, dass es keinen Weg zurück gibt; blind für alles außer ihrem eigenen Glück, nehme ich an. Oder verrückt. Oder vielleicht stören sich manche von ihnen nicht an Dreck und Bazillen. Grünschnäbel, der ganze Haufen. Wenn ihr Kinder wollt, Beaumont, wir haben hier welche, keine Frage. Das ganze Kommando steckt voller Kinder. Und wir werden ein paar davon verlieren.«

Schweigen trat ein. Davies rutschte unbehaglich herum. »Wir werden da draußen verjüngt, nicht wahr? Sie haben gesagt …«

»Keine Frage. Habe uns Verjüngung besorgt und ein paar Kisten von Cyteens bestem Whiskey. Und Seife. Richtige Seife diesmal, Ada.«

Sie lächelte, ein Gespenst aus den Tunneln und Tiefen von Fargone, den ewig langen Wochen des Eingegrabenseins. »Seife. Frische Luft, ein Meer und ein Fluss zum Fischen – mehr können wir uns gar nicht wünschen, wie?«

»Und die Nachbarn«, sagte Davies. »Wir werden Nachbarn haben.«

Conn lachte kurz und trocken. »Die Echsen werden vielleicht mit dir um den Fisch kämpfen, aber nicht um viel mehr. Falls du nicht die Allianz meinst.«

Davies Gesichtsausdruck hatte seine gewohnheitsmäßige mürrische Besorgnis angenommen. »Sie sagten, es sei nicht wahrscheinlich.«

»Ist es auch nicht«, meinte Beaumont.

»Sie sagten …«

»Die Allianz könnte sogar wissen, was wir vorhaben«, meinte Conn. Davies irritierte ihn: ihm Unbehagen zu verursachen, befriedigte ihn auf unerfindliche Weise. »Ich schätze, sie könnten es wissen. Aber sie können nicht umhin, ihre Schiffe weiterzubauen, nicht wahr? Sie haben sich in den Kopf gesetzt, etwas mit Sol zu arrangieren; auf Sol ruhen zur Zeit ihre Augen.«

»Und wenn diese Verbindung mit Sol entsteht – wie steht es dann um uns?«

»Sol könnte nicht einmal eine Sauftour durch die Docks finanzieren. Das ist alles Rauch.«

»Und wir sitzen dort draußen …«

»Ich werde dir etwas sagen«, meinte Conn und stützte sich auf seinen Schreibtisch, stach mit einem Finger nach ihnen. »Wenn es kein Rauchschirm ist, dann schlucken sie unsere neue kleine Kolonie. Aber sie sind alle hohl. Die Allianz besteht nur aus Handelslinien, ist nur ein Haufen Kauffahrer, ohne Welten, die erwähnenswert wären. Im Augenblick kümmern sie sich um nichts anderes – und sobald sie es tun, sind sie bereits eingeschlossen. Wir müssen vielleicht dort kämpfen, wohin wir gehen, eine Generation früher oder später – aber rechnet nicht mit irgendwelcher Unterstützung. So sieht das nicht aus, was wir da draußen machen werden. Wenn sie uns schlucken, dann schlucken sie uns eben. Und wenn sie zu viele von uns schlucken, werden sie feststellen, dass sie etwas geschluckt haben, was sie nicht verdauen können. Die Union wird ihre Fäden quer durch die Allianz ziehen. Dafür gehen wir hinaus. Das ist der wahre Grund für den ganzen kolonialen Schub.«

Davies warf seiner Frau einen Blick zu. Eine Falte zwischen seinen Augen vertiefte sich.

»Jim gehörte nicht nur zu den Spezialeinsätzen«, sagte Beaumont. »Er ist auch Mitglied des Präsidiums. Und es tut nicht weh, das zu wissen – im geschlossenen Kreis. Auf mich trifft dasselbe zu – seit dem letzten halben Dutzend Jahren. Aus diesem Grund wird Jim immer an die kritischen Stellen geschickt, nicht wahr, Jim?«

Conn zuckte verärgert die Achseln – dachte dann, dass sie ja recht hatte, dass es nicht mehr möglich war, irgendetwas zu vertuschen, was eine Rolle spielte. »Jim wird langsam ein alter Mann, das ist alles. Es sah nach einem guten Auftrag aus. Meine Gründe sind dieselben. Einfach zurückschrauben. Etwas zu tun finden. Das Präsidium hat gebeten. Dies ist ein Pensionsjob. Ich habe gutes Personal erhalten. Mehr will ich nicht.«

So waren sie nun unterwegs, überlegte Conn, nachdem er Beaumont und Davies weggeschickt hatte, Beaumont zu einem Rundgang unten und Davies zum Auspacken und Einrichten. Sie waren unwiderruflich eingeschlossen. Die Venture würde einem strikt von der Welt wegführenden Kurs nach außen folgen, als hätten sie und ihre Begleitschiffe ein Ziel auf der anderen Seite des Unionsraums und nicht in der unmittelbaren Grenzregion, wohin es in Wirklichkeit ging; auf der Cyteen Station war ein falscher Kurs eingetragen für die hartnäckigen Neugierigen.

Das Hilfspersonal, militärisch und sonstiges, fand so zwischen den Azi-Arbeitern seinen Weg an Bord; und Militäroffiziere gingen ganz beiläufig an Bord, als würden sie zu irgendeinem Transport gehören, eine recht übliche Praxis.

Alles verlief sehr glatt. Kein Missionsoffizier übernahm irgendwelche öffentlich sichtbaren Aufgaben; unten auf den Docks kümmerte sich ausschließlich Venture-Personal um die Verladung der Azi und der Kisten, die als für die Endeavor-Minen bestimmt bezeichnet waren.

Die Uhr tickte; die Zeit näherte sich dem Starttermin.

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