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Veronica Miller ist eine Klempnerin mit einer Mission – ihrem Dad das Familiengeschäft abkaufen, damit es endlich ihr gehört. Ein großes, gutaussehendes Problem steht ihr jedoch im Weg. Und es ist keine verstopfte Toilette.
Jack Reid ist der Junge, für den sie auf der Highschool geschwärmt hat. Vor zehn Jahren hat er ihr Herz gebrochen und ist aus der Stadt gezogen. Aber jetzt ist er zurück und definitiv kein Junge mehr. Er ist ein ganzer Mann – und er hätte es wirklich gerne, dass Veronica sein Rohr überprüft. Da sie zu unfreiwilligen Mitbewohnern werden, müssen Jack und Veronica Jahrzehnte an Last, Enttäuschung, Verlangen und unerwiderter Lust aufarbeiten.
Obwohl Veronicas Herz Jack noch nicht vergeben hat, wird mehr als eine Wand aus Kissen in der Mitte des Bettes nötig sein, um sie voneinander fernzuhalten.
Dies war zuvor Montana Eis in der Kleinstadt-Romantik-Serie.
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Veröffentlichungsjahr: 2018
MONTANA ABENTEUER
BUCH 2
Copyright © 2018 von Vanessa Vale
Dies ist ein Werk der Fiktion. Namen, Charaktere, Orte und Ereignisse sind Produkte der Fantasie der Autorin und werden fiktiv verwendet. Jegliche Ähnlichkeit mit tatsächlichen Personen, lebendig oder tot, Geschäften, Firmen, Ereignissen oder Orten sind absolut zufällig.
Alle Rechte vorbehalten.
Kein Teil dieses Buches darf in irgendeiner Form oder auf elektronische oder mechanische Art reproduziert werden, einschließlich Informationsspeichern und Datenabfragesystemen, ohne die schriftliche Erlaubnis der Autorin, bis auf den Gebrauch kurzer Zitate für eine Buchbesprechung.
Umschlaggestaltung: Bridger Media
Umschlaggrafik: Phia Cooch; Deposit Photos: kamenuka
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Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
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ÜBER DIE AUTORIN
Wenn kleine Mädchen mit ihren Puppen spielten, taten die Meisten so, als wären sie die Mütter oder Prinzessinnen oder Lehrerinnen. Sie hielten Kaffeekränzchen mit ihnen ab, verkleideten sich. Das war zumindest das, was meine Schwester Violet mit ihren Puppen getan hatte. Ich? Ich hatte Klempnerin mit meiner gespielt. Ich hatte meine kleine Betsy in einen grauen Overall gekleidet, den ich von einer männlichen Pilotenactionfigur gestohlen hatte, die ich im Spielzeugladen entdeckt hatte. Die Figur hatte ich nackt in die Ecke meines Schranks gepfeffert, bis meine Schwester ihn fand und ihn als Bräutigam für ihre Fantasie-Hochzeiten nutzte.
Ich kleidete meine Puppe, die selbst pinkeln konnte, nicht nur in Männerkleidung, sondern verlegte auch einen Strohhalm an ihrem Hosenbein entlang, um das Fake-Pippi von ihrem anatomisch inkorrekten Körper abzuleiten. Sie brauchte kein Töpfchen. Ich war damals fünf gewesen und hatte bereits gewusst, was ich werden wollte, wenn ich einmal groß war. Ich, Veronica Miller, hatte Klempnerin werden wollen. Genau wie mein Vater.
Jetzt, über zwanzig Jahre später, hatte ich mir meinen Kindheitstraum erfüllt. Ich war die Klempnerin, die ich hatte sein wollen, und arbeitete mit meinem Dad zusammen. Schon bald würde ich allein arbeiten. Nur noch eine letzte Zahlung an meinen Vater standen zwischen seiner offiziellen Pensionierung und meinem neuen Status als Geschäftsinhaberin.
Ich lächelte mir bei dem Gedanken an dieses fast erreichte, gigantische Ereignis zu, während ich meine Haare in der Dusche einschäumte. Ich quiekte und wusch mir schnell das Erdbeer-Shampoo aus den Haaren, als der Wasserstrahl, unter dem ich stand, kalt wurde.
„Dämlicher Boiler“, grummelte ich vor mich hin, während ich den Plastikduschvorhang zur Seite riss und hinaus in den Dampf gefüllten Raum trat. Ich sehnte mich danach, in mein eigenes Haus zurückzukehren, da das Rohrsystem meiner Schwester Violet dringend überholt werden sollte. Sogar in der dichten Feuchtigkeit breitete sich auf meinem gesamten Körper Gänsehaut aus, während ich mich schnell abtrocknete und in meinen abgetragenen, dennoch wunderbar bequemen Flanellbademantel kuschelte.
Als ich mich nach vorne beugte und meine nassen Haare mit einem knallpinken Handtuch abtrocknete, hörte ich etwas. Was war das für ein Geräusch? War das die Eingangstür, die geöffnet wurde? Ich erstarrte mit dem Kopf nach unten, starrte zwischen den Säumen des Bademantels auf meine Knie hinab, während sich das Handtuch mit meinen langen Haaren verhedderte. Da ich Klempnerin war, keine Polizistin, fehlte es mir an dem nötigen Training, um meine Panik in Zaum zu halten. Innerhalb eines Herzschlags stieg diese heiße, durch Adrenalin erzeugte Angst in mir auf. Ich hätte schwören können, dass sich sogar die kleinen feuchten Haare in meinem Nacken aufgestellt hatten.
Hilfe. Ich musste Hilfe holen, aber mein Handy lag in meiner Handtasche, die ich neben der Eingangstür, ein Zimmer entfernt von mir, hatte fallen lassen. Und Violet hatte kein Festnetztelefon.
Ich erhob mich, warf meine dunklen Haare über meine Schulter, hielt die Luft an und lauschte. Klappern und leises Murmeln war alles, was ich hören konnte. Wer war in Violets Haus? Derjenige hatte mit Sicherheit einen Schlüssel, da ich nicht gehört hatte, dass ein Fenster zerbrochen worden war, aber die einzige andere Person, die einen Schlüssel haben sollte, war Violet und sie war in Utah.
Auf Zehenspitzen lief ich zur Tür, biss auf meine Lippe und verzog angestrengt das Gesicht, als ich den Türknauf drehte und hoffte, er würde nicht quietschen. Langsam öffnete ich mit angehaltenem Atem die Tür. Als ich in das Schlafzimmer spähte, sah ich nichts Außergewöhnliches. Ein kaum gemachtes Bett, schmutzige Kleider, die achtlos in den Wäschekorb geworfen worden waren. Etwas Schweres trampelte über den Boden in der Nähe der Eingangstür und ich sah in diese Richtung, als hätte ich einen Röntgenblick und könnte durch die Wand die Person im Wohnzimmer sehen.
Ich quetschte mich durch die kleine Lücke, die ich zwischen Badtür und Türrahmen geschaffen hatte, da ich Angst hatte, dass mich die alten Scharniere verraten würden, wenn ich sie weiter öffnete. Ich atmete so ruhig wie möglich, was im Panikmodus ziemlich schwierig war, bückte mich und schnappte mir das Erste, das ich in die Finger bekam, um es als Waffe zu nutzen. Was ich in der Hand hielt, bemerkte ich gar nicht. Ich wusste, es war stabiles Holz gleich einem Baseballschläger und das Beste, was ich zum Schutz finden würde.
Violets Haus war klein, hatte nur ein Stockwerk und einen gruseligen Keller, den ich selten aufsuchte. Wohnzimmer, Küche, Schlafzimmer und Bad. Das war’s. Das bedeutete auch, dass ich mich nirgends verstecken konnte.
Dafür, dass er einfach in fremdes Eigentum einbrach, benahm sich der Kerl nicht gerade wie Mr. Unauffällig. Es war mitten am Nachmittag. Er war durch die Eingangstür hereingekommen und schrecklich laut für jemanden, der an einem Ort eindrang, wo er nicht sein sollte. Auch wenn er der schlechteste Einbrecher aller Zeiten war, bedeutete das nicht, dass er nicht gefährlich war.
Meine Handflächen waren schweißnass, als ich um den Türpfosten ins Wohnzimmer spähte. Sein Rücken war mir zugewandt und er wirkte, als würde er auf etwas vor sich hinabsehen, wahrscheinlich sein Handy. Es hatte den Anschein, als würde er eine Nachricht schreiben oder lesen. Groß, um die eins achtzig, vielleicht ein wenig größer, und kompakt. Er trug Jeans und dunkle Lederschuhe. Seine schwarze Jacke war leichter als man es hier mitten im Winter in Montana, das die Eiseskälte in festem Griff hatte, erwarten würde. Eine graue Strickmütze verdeckte den Großteil seiner dunklen Haare.
Ich erkannte ihn nicht, aber war auch nicht in der Stimmung darauf zu warten, dass er sich umdrehte und mich sah. Ich beschloss, das Überraschungsmoment auszunutzen. Ich schlich auf Zehenspitzen zu ihm und ließ meine hölzerne Waffe auf ihn niedersausen. Fest.
Rumms!
Ich hatte auf seinen Kopf gezielt, aber Nervosität und meine rutschigen Hände hatten das versaut und stattdessen traf ich seine Schulter. Der Schlag vibrierte bis in meine Fingerspitzen und brachte sie zum Kribbeln.
„Was zum Henker?“, sagte Mr. Einbrecher mit tiefer, überraschter Stimme und das Handy fiel auf den Boden vor seinen Füßen. Er hob eine Hand zu seinem Oberarm. Als er anfing, sich zu mir zu drehen, schlug ich ihn wieder, diesmal auf seinen Hinterkopf.
Krach!
Das war nicht das Geräusch seines Schädels, der zerbrach, sondern das meiner Waffe. Das Holz zerbrach in zwei Hälften, ein Stück landete klappernd auf dem Boden.
Der Einbrecher grunzte, fiel mit einem Plumps auf seine Knie und dann mit dem gesamten Körper auf den Blümchenteppich vor dem Kamin, das Gesicht mir zugewandt.
Ich stand reglos da, verblüfft, die Hälfte meiner zerbrochenen Waffe noch in den Händen. Ha, das Softballtraining hatte sich doch bezahlt gemacht. Anscheinend hatte ich einen Home Run geschlagen. Ich sah hinab auf die zusammengesunkene Gestalt am Boden. Ein Bein bewegte sich leicht, was, zusammen mit dem Stöhnen, darauf hinwies, dass ich ihn nicht umgebracht hatte. Obwohl er seine Augen geschlossen hatte, erkannte ich ihn sofort.
„Oh, Scheiße“, flüsterte ich, während ich mich neben ihn kniete. Der dicke Wollteppich kratzte an meinem Knie. Warum hatte ich nicht gewusst, wer er war, bevor ich ihn bewusstlos geschlagen hatte? Ich hätte erleichtert sein sollen, dass kein axtschwingender Verrückter versuchte mich zu töten, aber dafür war ich zu überrascht.
Das war Jack Reid. Der Kerl, in den ich in der Highschool verliebt gewesen war und den ich seit über zehn Jahren nicht gesehen hatte. Zehn Jahre, in denen ich oft über ihn fantasiert hatte, darüber, was hätte sein können. Ich hatte oft von dem Moment geträumt, in dem er in mein Leben zurückkehren würde, aber das war definitiv keine meiner Traumvorstellungen. Sicher, als er in meinem Abschlussjahr mit Violet anstatt mit mir ausgegangen war, hatte ich ihn deswegen langsam und schmerzhaft töten wollen, aber ich hatte mir eher vorgestellt, ihn zu erwürgen oder mit bloßen Fäusten auf ihn einzuschlagen. Jetzt, da ich ihn möglicherweise getötet hatte, ihn zumindest bewusstlos geschlagen hatte mit – ich hob meine zerbrochene Waffe hoch – dem Paddle aus der Schachtel Sexspielzeuge für die Sexspielzeugparty, die ich heute Abend veranstalten würde – wurde mir bewusst, dass die Wut und Bitterkeit über seine Abweisung vor all diesen Jahren nicht verschwunden war.
Wie konnte er es wagen, wieder in mein Leben zu platzen, unangekündigt, wenn ich doch kein bisschen bereit für ihn war! Ich wollte geschminkt sein, ein umwerfendes Kleid und Fick-mich-Schuhe tragen, meine Haare frisiert haben, am Arm eines heißen Kerls, der in mich verliebt war, gehen, wenn mich Jack wiedersah. Damit er erkannte, was ihm entgangen war. Dann würde ich ihn unter dem Absatz meines Stilettos zerquetschen, bevor mein Liebhaber meine Aufmerksamkeit auf andere Dinge richtete.
Aber ein abgewetzter Bademantel und verknotete, nasse Haare? Ein Sexspielzeug-Paddle? Rache und etwas Genugtuung wären nett, aber eine Verurteilung wegen eines tätlichen Angriffs? Ojemine.
Nachdem ich das Paddle auf den Boden fallen gelassen hatte, beugte ich mich über Jack und stupste sanft gegen seinen Hinterkopf. Keine Gehirnmasse trat aus, kein Blut quoll unter seiner Mütze hervor. Allerdings war dort eine riesige gänseeigroße Beule. Ich verzog das Gesicht, weil ich mir die Kopfschmerzen – und vielleicht Gehirnerschütterung – vorstellte, die er wahrscheinlich hatte.
Mann, er roch gut. Nach Wald, sauberem Mann vermischt mit dem fruchtigen Duft des Shampoos in meinen Haaren, die wirr um mein Gesicht hingen. Sein Duft war auf unaufdringliche Art und Weise sexy.
„Jack, Jack wach auf“, sagte ich und rüttelte sacht an seiner Schulter. „Jack!“ Er musste aufwachen, denn ich könnte einfach nicht damit leben, in der Stadt als die Frau bekannt zu sein, die Jack Reid mit einem Paddle getötet hatte.
Nach einem weiteren Stöhnen und einigem Ächzen rollte er sich auf den Rücken, blinzelte ein paarmal und starrte mich an. Zuerst wie blind, dann fokussiert.
Junge, sogar fast bewusstlos sah er umwerfend aus. Die zehn Jahre hatten dem Mann viel Gutes getan. Sein Gesicht war kantiger, sein Kiefer markanter. Vielleicht half auch der leichte Bartschatten dabei. Er hatte eine fabelhafte Bräune. Die Art Bräune, die man bekommt, wenn man in Florida lebt. Seine Lippen, von denen ich mit sechzehn geträumt hatte, wie ich sie küsste, sahen immer noch verlockend aus. Seine dunklen Haare, die unter der Mütze hervorlugten, hatten kleine Locken. Seine blauen Augen sahen, selbst in diesem verschwommenen Zustand, genauso aus wie in meiner Erinnerung. Eine Sehnsucht, die ich vergessen hatte, erwachte wieder zum Leben.
Er starrte mich einfach nur an, musterte mich, als wäre ich ein Alien. Eine langsame eingehende Betrachtung von Kopf bis Fuß. Ich konnte nicht erkennen, ob er nur verwirrt war oder er schlimmere Schäden davongetragen hatte. „Jack, sag etwas.“
Er blinzelte. Grinste, aber zuckte gleich darauf zusammen.
„Ähm.“
Oh Gott, hatte ich eine Amnesie bei ihm verursacht?
Er räusperte sich. „Hübscher Busen.“
Ich sah an mir selbst hinab. Eine entblößte Brust hing definitiv heraus, sodass Jack sie sehen konnte, mein Nippel war hart. Ich riss an der Seite meines Bademantels, die offenstand, und meine Hand hielt die Flügel am Hals zusammen.
„Behandelst du so all deine Freunde?“ Seine blauen Augen waren klarer geworden und nicht mehr ganz so vernebelt wie noch vor einer Minute. „Ein Kuss zur Begrüßung wäre wahrscheinlich besser. Aber vielleicht ist das einfach nicht deine Art.“ Sein Blick fiel wieder auf meine Brust.
Mein Mund klappte auf, während die Wut in mir hochkochte. „Du bist nicht mein Freund. Du hast diese Chance vor zehn Jahren vertan“, sagte ich bitter.
Jack grinste anzüglich. Das Lächeln, mit dem er mich bedachte, konnte als nichts anderes beschrieben werden. „Begrüßt du jeden, der zur Tür reinkommt, mit deinem nackten Busen oder nur mich?“ Er hob eine Hand und rieb sich den Hinterkopf, zuckte zusammen.
Ich spürte, dass meine Wangen bei dem Gedanken an mein episches Kleiderversagen heiß brannten. Es war absolut und hochgradig peinlich und dazu kam noch, dass er sich diesbezüglich wie ein richtiger Arsch verhielt. „Nur diejenigen, denen ich vorher den Schädel einschlage.“
Zwanzig Minuten später fuhr ich mit meinem Van und Jack auf dem Beifahrersitz auf den Parkplatz der Notaufnahme. Es handelte sich um den Geschäftswagen voller Werkzeuge und Rohre. „Pete’s Klempnerei“ stand in großer schwarzer Kursivschrift auf der Wagenseite. Ich hatte mir Kleider übergeworfen – Jeans, Rollkragenshirt und einen Pullover, dicken Wintermantel, Stiefel und Handschuhe. Meine nassen Haare hatte ich unter eine dicke Wollmütze gestopft, damit sie nicht gefroren.
Wir hatten seit dem Busenblitzer nicht viel gesprochen. Ich schwieg, weil ich zu wütend war, um irgendetwas zu sagen. Ich wollte ihm am liebsten nochmal eins über den Schädel ziehen, weil er sich so widerlich verhielt. Es war mir auch peinlich, dass meine Kleidung mitten in meinem Angriff so versagt hatte, aber den Einbrecher in Schach zu halten, war meine oberste Priorität gewesen. Ich hatte viele, viele Male darüber nachgedacht, mich vor Jack nackt auszuziehen, aber dieser Busenblitzer war nicht das gewesen, was ich im Sinn gehabt hatte. Jetzt war ich züchtig von Kopf bis Fuß bekleidet. Nur die untere Hälfte meines Gesichtes zeigte Haut.
Es war auch viel zu kalt, um mehr Haut zu zeigen. Es war Januar, es war Montana und es war eiskalt. Ich war an monatelangen Schnee gewöhnt. Ich hatte die richtigen Kleider, um das zu beweisen. Ich wusste, in Bezug auf den Winter keine Dummheiten zu machen und war dementsprechend warm eingepackt. Jack andererseits sah aus, als wäre er gerade erst von Florida hierhergekommen. Was er höchstwahrscheinlich auch getan hatte. Seine Schuhe konnten nicht einmal einen Zentimeter Schnee abwehren, seine Jacke würde man in Bozeman im Mai tragen, nicht bei Temperaturen, die unter null Grad Fahrenheit lagen. Die Mütze auf seinem Kopf war das einzige Passende, das er trug. Er hatte sie wahrscheinlich gekauft, als er in die Stadt gekommen war. So eine Mütze wurde in Miami nicht einmal verkauft.
Jack redete auch nicht. Er presste sein Kiefer so fest zusammen, dass seine Zähne noch zu Diamanten werden würden, während er aus der Windschutzscheibe starrte. Einen Arm hatte er vor der Brust verschränkt, seine Hand steckte unter seiner Achsel. Der andere Arm hielt eine Packung gefrorener Erbsen an seinen Hinterkopf. Er sah wütend aus – und als würde er frieren. Er schwieg und war eingeschnappt, weil ich ihn bewusstlos geschlagen hatte.
Ich seufzte, als ich in eine Parklücke fuhr und den Motor ausschaltete. „Okay. Ich werde das Anständige tun und als erste reden.“
„Das Anständige?“, fragte er. Seine Stimme war tiefer als in meiner Erinnerung, aber der Jack Reid meiner Erinnerung war ja auch ein schlaksiger Teenager.
Ich holte tief Luft. „Ich habe dich seit über zehn Jahren nicht gesehen und das Erste, das du zu mir sagst, ist ‘hübscher Busen‘. Also, ja, das Anständige.“ Es lag eine leichte Schärfe in meiner Stimme.
Er richtete seinen Blick auf mich, wobei seine Augen kurz zu meinen ‘hübschen Busen‘ fielen. Mein Herz spielte verrückt. Sogar wütend, unter Schmerzen und frierend war er so…Jack. In der Highschool hatte ich Nacht um Nacht über ihn nachgedacht und den einen – und einzigen – Kuss, den wir miteinander geteilt hatten, in meinen Gedanken Revue passieren lassen. Ich musste zugeben, die jüngere Version meiner Selbst hatte einen außergewöhnlich guten Geschmack gehabt.
Ich war einigermaßen attraktiv. Zumindest hatten das die Kerle, mit denen ich bisher in meinem Leben ausgegangen war, gedacht. Ich hatte schnurgerade schwarze Haare, die über meine Schultern fielen, braune Augen. Ich war weder klein noch groß. Mit eins fünfundsechzig lag ich genau in der Mitte. Mein Gewicht passte verhältnismäßig zu meiner Größe – die Worte meines Arztes. Jack schien zu denken, meine Brüste wären einen zweiten Blick wert, sogar bei all den Kleiderschichten, die darüber lagen. Ich musste irgendwie attraktiv für ihn sein, da ich wie meine Schwester aussah – meine eineiige Zwillingsschwester – mit der er geschlafen hatte. Es musste eine Anziehung geben. Andererseits, wenn wir jemals im Bett landen würden, könnte das für ihn tatsächlich ein antiklimatisches Erlebnis sein. Kein erfreulicher Gedanke. Niemand wollte, dass das erste Mal mit einem Mann ein ‘das hatte ich schon mal‘-Erlebnis war, auch wenn er es nicht wirklich gehabt hatte. Nicht mit mir.
„Das Anständige?“, wiederholte er. „Du hast mich wie eine Geisteskranke auf den Kopf geschlagen.“ Seine Stimme klingt, als wäre er genauso wütend wie ich.
Ich holte nochmal tief Luft und begann, bis zehn zu zählen. Ich schaffte es bis sechs. „Was ich nicht getan hätte, wenn du nicht einfach in Violets Haus marschiert wärst. Erklär mir mal, warum du dort warst und woher du den Schlüssel hattest.“
„Mein Onkel renoviert seine Küche, wovon er mir bereits seit Wochen berichtet. Gestern hat er angerufen und mir erzählt, dass er krank sei“, erklärte Jack mit verbitterter Stimme. „Er bräuchte meine Hilfe, um das Projekt beenden zu können. Sagte, er sei zu schwach, um es zu überwachen. Ich bin heute Morgen von Miami hierhergeflogen, hab ein Taxi vom Flughafen genommen und als ich zu seinem Haus kam, hing dort eine Notiz, dass er für den Winter in Arizona ist. Darüber hinaus sind Strom und Wasser ausgeschaltet, weil die hintere Hälfte des Hauses demontiert worden ist.“
Wow. Jacks Onkel musste ihn aus irgendeinem Grund wirklich in Bozeman zurückhaben wollen. So zu lügen, war ein dickes Ding. Ich wäre auch wütend.
„Er hat eine Adresse dagelassen, wo ich unterkommen kann, bis dieser Teil der Renovierungsarbeiten abgeschlossen ist. So bin ich in deiner Bude gelandet. Nachdem ich zehn Blocks gelaufen bin“, er knurrt und verrückt die gefrorenen Erbsen, „und er hatte gesagt, der Schlüssel würde unter dem Fußabstreifer liegen.“
Nach seiner kurzen Zusammenfassung der jüngsten Ereignisse gab es eine Menge, über die ich nachdenken musste. Erstens hatte er sich Sorgen um seinen Onkel gemacht. So große Sorgen, dass er zurückgekommen war, über zweitausend Meilen, nach zehn Jahren. Das sagte etwas aus, da er seit dem Schulabschluss nicht einmal in die Stadt zurückgekehrt war.
Zweitens war ich diejenige, die ihn davon abhielt, im Haus seines Onkels zu wohnen. Da ich die Klempnerin war, die sein Onkel für den Job engagiert hatte, hatte ich Jack von dem fließenden Wasser abgeschnitten. Wenn er davon erfuhr, würde er wahrscheinlich einen Schlaganfall erleiden. Daran zweifelte ich nicht. Das würde ich ihm jetzt auf keinen Fall erzählen. Ein medizinisches Problem nach dem anderen.
Mein dritter Gedanke war, dass Violet ihren Ersatzschlüssel an einer anderen Stelle verstecken musste.
Und der letzte, nun, mein letzter Gedanke brauchte erst noch Bestätigung.
Da der Motor ausgeschaltet war, war auch die Wärme aus dem Van verschwunden und mein Atem schwebte als weißes Wölkchen vor mir. Ich drehte mich auf meinem Sitz, lehnte einen Arm gegen das Lenkrad und fragte: „Du weißt nicht, wer ich bin, oder?“
Er wandte mir seinen Kopf zu und sah mir in die Augen. „Violet. Veronica.“ Er schloss seine Augen für eine Sekunde und schüttelte langsam den Kopf. „Ich konnte euch nie unterscheiden.“
Genau. Er konnte meinen eineiigen Zwilling und mich nie auseinanderhalten. Jack und ich hatten in unserem Abschlussjahr Zeit miteinander verbracht. Jede Menge Zeit. Dann hatte er den Mut aufgebracht, mich um ein richtiges Date zu bitten, nicht nur Reden in den Gängen oder Partnerarbeit im Biounterricht.
Wie sich herausstellte, hatte er nicht mich daten wollen. Er hatte Violet gewollt. Damals hatte ich ihm natürlich den Kopf zurechtgerückt. Hatte ihn direkt in Violets Arme getrieben, mit der er beim ersten Date geschlafen hatte. Nicht, dass ich verbittert war oder so. Nöö.
„Nun, ich werde es dir nicht verraten“, grummelte ich und klang dabei wie eine Siebtklässlerin. So viel zum Thema sich anständig verhalten.
Auf keinen Fall würde ich es ihm leicht machen. Er konnte allein rausfinden, welche Schwester ich war. Aber ich fühlte mich ein bisschen schlecht, dass ich ihn K.O. geschlagen hatte. Nur ein winzig kleines bisschen. Genug, um das Häufchen Elend zur Notaufnahme zu schleifen. „Lass uns gehen, bevor wir zu Tode erfrieren.“
Jack reichte mir die Tüte Erbsen. „Ich bin bereits erfroren.“ Er hob ein Stück Plastikrohr vom Boden hoch. „Vielleicht wurde mein Gehirn doch etwas zu hart getroffen, denn ich könnte schwören, wir befinden uns in einem Klempner-Van.“ Er ließ das Stück mit einem Klong fallen. „Auf keinen Fall kommst du mit mir, wer auch immer du bist. Ich werde erklären müssen, warum meine Körpertemperatur an Unterkühlung grenzt. Ich werde auch erklären müssen, dass ich nicht weiß, wer mir das angetan hat und ich werde ein CT über mich ergehen lassen müssen. Die werden mir nie glauben, dass es zwei von euch gibt. Und wenn das noch nicht genug ist, muss ich dem Arzt noch erzählen, dass ich damit K.O. geschlagen wurde.“ Er hob die Stücke des Paddles hoch, das er mitgenommen hatte. „Was zur Hölle bist du, eine Domina oder so?“
Ich sah ihn bitterböse an und riss ihm die Stücke aus der Hand. „Ja, oder so.“
Er öffnete den Gurt und die Tür. Anschließend sah er zu mir zurück und zwinkerte. „Kinky. Das gefällt mir.“
Angewidert klappte mir der Mund auf. „Du bist so ein – “
„Also, abholen? Ich schätze, du kommst später vorbei und holst mich ab?“
Ich biss auf meine Lippe, hielt zurück, was ich ihm wirklich an den Kopf werfen wollte, zählte bis zehn. „Ich muss zum Goldilocks und dann werde ich – “
„Goldilocks?“ Er lächelte breit. „Wie ich sagte, kinky.“
Wenn Rauch aus meinen Ohren kommen könnte, wäre es hier und jetzt passiert. Ich umklammerte das Lenkrad, um mich davon abzuhalten, ihn wegen seinem Kommentar nochmal zu schlagen. Nur weil ich halbtags in einem Erotikladen arbeitete, bedeutete das nicht, dass ich auf solche…Dinge stand.
„Egal, vergiss es. Du musst nicht herkommen. Wer weiß, wie lange ich bei so einer Verletzung dortbleiben muss.“ Seine Worte troffen vor Sarkasmus. „Ich habe den Schlüssel, damit ich später ins Haus komme. Danke fürs Herbringen“, fügte er hinzu, dann schlug er die Tür zu und stolzierte durch die automatischen Türen der Notaufnahme.
Zehn Minuten später lief ich mit dem zerbrochenen Paddle in der Hand ins Goldilocks. Ich zog die Tür hinter mir zu und schloss die eisige Luft aus. Ich stampfte mit den Stiefeln auf dem Fußabstreifer, nicht unbedingt, um den Schnee zu entfernen, sondern um meinem Ärger Luft zu machen.
„Du wirst nie erraten, wer zurück in der Stadt ist!“, rief Goldie mir von hinter der Theke zu. Goldie war meine siebzigjährige Chefin, die Besitzerin des Goldilocks, dem einzigen Erotikladen in Bozeman Montana. Sie hatte den Laden in den Siebzigern eröffnet und versorgte seitdem die Stadt mit erotischen Spielzeugen, Reizwäsche und Pornos. Ich hatte im College angefangen halbtags für sie zu arbeiten und hatte nie aufgehört.
„Jack Reid“, antwortete ich verärgert, während ich zur Theke lief und die Paddle-Stücke neben die Kasse legte. Ich zog meine Handschuhe und Mütze aus.
„Wie hast du das rausgefunden?“ Goldie musterte mich eindeutig überrascht über den Rand ihrer mit Swarovski-Steinen besetzten Lesebrille. Sie war wie ein Lieblingssnack, salzig und süß. Sie reizte einen oft – wie Salz in einer Wunde – mit ihren unnötigen Einmischungen, aber hatte gute Absichten und war so süß, dass man ihr automatisch vergab. Wieder und wieder. Es war schwer, sie nicht zu erwürgen und gleichzeitig zu küssen.
Heute Nachmittag wirkten ihre fast blonden, aber hauptsächlich grauen Haare um mindestens einen Zentimeter verlängert und wurden von einem lavendelfarbenen Haarband an Ort und Stelle gehalten. Ich musste sie angestarrt haben, denn sie sagte: „Gefällt es dir? Ich hab es mit der Post bekommen. Es ist einer von diesen Bumpits oder Bumpers oder so etwas. Das ist so ein kleines Plastikteil, das man unter die Haare steckt und voila! Sofortiges Puff.“ Sie tätschelte ihre Haare, als ob sie sich vergewissern wollte, dass dem Puff nicht die Luft ausgegangen war.
„Sofortiges irgendwas, alles klar“, erwiderte ich. Puff kam einem definitiv in den Sinn. Passend zu dem Haarband trug sie einen lila Angorapullover mit V-Ausschnitt, fluffig und weich wie ein Babyhase. Ich konnte ihre untere Hälfte hinter der Theke nicht sehen, aber ich stellte mir schwarze Hosen und Stiefel vor. Goldie hielt nichts von subtil, wenn sie auch die ganze Aufmerksamkeit auf sich lenken konnte.
Ich sah gerne hübsch aus, schminkte mich jeden Tag und machte all das übliche Mädchenzeug, zumindest, wenn ich nicht arbeitete. Aber Goldie gewann die Goldmedaille in der Sich-Schick-Machen-Kategorie.