Alle gehen fort - Wendy Guerra - E-Book

Alle gehen fort E-Book

Wendy Guerra

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Beschreibung

Nieve wächst auf Kuba bei ihrer schrägen Hippie-Mutter auf und erzählt nur ihrem Tagebuch, was sie wirklich denkt. Als sie zu ihrem alkoholkranken und gewalttätigen Vater ziehen muss, wird ihr Tagebuch zu ihrem einzigen Rückzugsort, zu dem Ort, an dem sie vor den Schlägen und Demütigungen sicher ist. Hier darf sie sich fürchten, hier darf sie zweifeln, lieben, streiken. Über die Jahre hinweg bleibt ihr Tagebuch ihr treuester Begleiter, denn nach und nach verlassen alle um sie herum die Insel – Freunde, Familie, Geliebte. Sie wollen fort, den Enttäuschungen Kubas entkommen. Nur Nieve bleibt zurück, auf der Suche nach sich selbst und ihrem Platz im Leben.

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Seitenzahl: 251

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Über dieses Buch

Nieve lebt auf Kuba bei ihrer Mutter und erzählt nur ihrem Tagebuch, was sie wirklich denkt. Als sie zu ihrem alkoholkranken Vater ziehen muss, wird ihr Tagebuch zu ihrem einzigen Rückzugsort. Nach und nach verlassen alle um sie herum die Insel – Freunde, Familie, Geliebte. Nur Nieve bleibt zurück, auf der Suche nach ihrem Platz im Leben.

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Wendy Guerra (*1970) besuchte die Kunsthochschule in Havanna und studierte an der Filmhochschule San Antonio de los Baños. Ihr Debüt Alle gehen fort wurde mit dem spanischen Bruguera-Literaturpreis ausgezeichnet. Ihre Romane sind in dreizehn Sprachen übersetzt. Sie lebt in Havanna.

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Peter Tremp wurde 1955 in Solothurn geboren und wuchs am Zürichsee auf. Er studierte Englisch und Französisch und erwarb das Gymnasiallehrerpatent. 2003 gründete er den Lateinamerika-Verlag.

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Dieses Buch gibt es in folgenden Ausgaben: Taschenbuch, E-Book (EPUB) – Ihre Ausgabe, E-Book (Apple-Geräte), E-Book (Kindle)

Mehr Informationen, Pressestimmen und Dokumente finden Sie auch im Anhang.

Wendy Guerra

Alle gehen fort

Roman

Aus dem Spanischen von Peter Tremp

E-Book-Ausgabe

Unionsverlag

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Impressum

Die deutsche Erstausgabe erschien 2008 im Lateinamerika Verlag, Solothurn.

Originaltitel: Todos se van

© by Wendy Guerra 2006

c/o Indent Literary Agency

www.indentagency.com

© by Unionsverlag, Zürich 2022

Alle Rechte vorbehalten

Umschlaggestaltung: Heike Ossenkop

ISBN 978-3-293-30975-3

Diese E-Book-Ausgabe ist optimiert für EPUB-Lesegeräte

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Version vom 13.06.2022, 18:40h

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Inhaltsverzeichnis

Cover

Über dieses Buch

Titelseite

Impressum

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Inhaltsverzeichnis

ALLE GEHEN FORT

Tagebuch der Kindheit – Laguna del Cura, Cienfuegos, Kuba, 1978Samstag, 13. November 197820. Dezember 1978Juni 1979Juli 1979August 1979September 1979Oktober 1979Oktober 1979November 1979November 1979Dezember 1979Dezember 1979Dezember 1979Dezember 1979Dezember 1979Dezember 1979Dezember 1979Dezember 1979Dezember 1979Dezember 1979Dezember 1979Dezember 1979Dezember 1979Dezember 1979Dezember 1979Dezember 1979Dezember 1979Dezember 1979Dezember 1979Dezember 1979Dezember 1979Dezember 1979Mittwoch, 1. Januar 1980Samstag, 4. Januar 1980Sonntag, 5. Januar 1980Freitag, 11. Januar 1980Samstag, 12. Januar 1980Sonntag, 13. Januar 1980Montag, 14. Januar 1980Dienstag, 15. Januar 1980Freitag, 17. Januar 1980Sonntag, 19. Januar 1980Montag, 20. Januar 1980Donnerstag, 24. Januar 1980Freitag, 25. Januar 1980Sonntag, 27. Januar 1980Dienstag, 29. Januar 1980Donnerstag, 31. Januar 1980Freitag, 1. Februar 1980Aus Cayo CarenasSamstag, 5. Februar 1980Donnerstag, 20. März 1980Montag, 24. März 1980Dienstag, 1. April 1980Mittwoch, 2. April 1980Samstag, 19. April 1980Montag, 28. April 1980Dienstag, 29. April 1980Mittwoch, 30. April 1980Donnerstag, 1. Mai 1980Freitag, 20. Juni 1980Montag, 23. Juni 1980Mittwoch, 25. Juni 1980Tagebuch der Jugend – Sonntag, 19. Oktober 1986Im Bus zur KunstschuleDienstag, 22. Oktober 1986Montag, 28. Oktober 1986Dienstag, 29. Oktober 1986StielhandgranateMittwoch, 30. Oktober 1986Freitag, 31. Oktober 1986Samstag, 1. November 1986Sonntag, 2. November 1986Montag, 3. November 1986Dienstag, 4. November 1986Mittwoch, 5. November 1986Freitag, 28. Dezember 1986Donnerstag, 26. März 1987Freitag, 27. März 1987Eine Stunde mit meiner MutterSonntag, 28. März 1987Freitag, 3. April 1987Samstag, 4. April 1987Nieve im SpiegelMontag, 8. April 1987Donnerstag, 11. April 1987GerücheFreitag, 12. April 1987Samstag, 13. April 1987 (Alles, was Freitagnacht geschehen ist)Osvaldos HausOsvaldos ZimmerDie Begierde und der SchmerzDienstag, 17. April 1987Mittwoch, 18. April 1987Die Möglichkeit zu wählenDonnerstag, 19. April 1987Die Freunde von OsvaldoMittwoch, 20. Mai 1987Donnerstag, 21. Mai 1987Alans AbschiedWinter 1988 Treffen mit CleoNotizÜberraschungenSich in den Galerien herumtreibenAdiós CleoWinter 1988 Noch immer die GalerienMeine AbschlussprüfungDie Tage des WartensSchiffe verbrennenAdiós an meine MutterWinter 1989 …Winter 198910. Januar 199011. Januar 199013. Januar 199020. Januar 1990April 199021. April 1990April 1990, an ich weiß nicht welchem TagTouché22. April 1990Endabrechnung und GeständnisWorterklärungen

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»Wir brauchten uns aus dem ganzen Elendnichts zu machen, wenn wir nicht so viel Angstum all jene hätten, die uns teuer sindund denen wir nicht helfen können.«

Anne Frank, Tagebuch19. November 1942

Ich weiß nicht, von welchem Moment an ich kein Mädchen mehr sein wollte.

Ich habe einen sehr hohen Preis dafür bezahlt, alleine aufzuwachsen, während alle von der Insel fortgegangen sind. Einer nach dem andern haben sie mich verlassen; heute kann ich mich nicht wie eine ganz gewöhnliche Frau benehmen, ich stehe außerhalb der Welt. Die Werkzeuge, die man mir gab, nützen mir nichts, ich lebe zurückgezogen im Tagebuch, nur in seinen Seiten fühle ich mich wohl und normal. Im Tagebuch war ich stets eine Erwachsene; ich gab vor ein Mädchen zu sein, aber das stimmte nicht: ich war zu sehr Erwachsene für das Tagebuch und zu sehr Mädchen für das wirkliche Leben.

Seit ich lesen und schreiben kann, vertraue ich mich seinen Seiten an. Ich hoffte zu wachsen und atmete auf, wenn ich heimlich schrieb, um die Geister auszutreiben, aber ich habe den Ausweg noch nicht gefunden. Heute bin ich nicht fähig zu erahnen, was die anderen von mir wollen. Ich musste mich immer wieder von Lebensfetzen trennen, an jedem neuen Ort, an den man mich schleppte. Heute weiß ich nicht, wie ich mir meine Welt erschaffen soll aus den Sprengseln, die in meinem persönlichen Territorium liegen wie gesiebter Sand.

Meine Eltern sind nicht mehr da, sie sind allmählich fortgegangen. Und doch setzen sie sich in meiner Verwaisung mit einer größeren Vehemenz durch als mit ihren damaligen Vorschriften. Cienfuegos, die Stadt meiner Kindheit, schüchtert mich ein; das Dossier meiner Mutter, die Tage vor Gericht, als es darum ging, das Sorgerecht für mich zugesprochen zu bekommen, mein eigenes Dossier.

Die Tagebücher der Kindheit und der Jugend zu lesen, war eine Reise in den Schmerz. Ich wurde umgestülpt wie ein Handschuh, aber ich entdeckte die Seide auf dessen Innenseite, auf die ich nie geachtet hatte, weil ich mich ausschließlich auf das Gerben des Außenleders konzentriert hatte, um die Schläge der letzten Jahre ertragen zu können. Der Handschuh wurde zu einem Boxhandschuh, und ich fiel nicht hin, ich hielt mich aufrecht wie einer, der durch das Wunder des Zufalls davonkommt, in einem fremden Panzer.

In Kuba geboren zu sein bedeutete, mich zu tarnen in dieser Abwesenheit von Welt, der wir uns ausliefern. Ich habe nicht gelernt, wie man eine Kreditkarte benutzt, die Bankomaten gehorchen mir nicht. In einem fremden Land das Flugzeug zu wechseln, kann mich aus der Kontrolle bringen, mich entorten, mir den Atem verschlagen. Draußen fühle ich mich in Gefahr, drinnen fühle ich mich auf angenehme Weise gefangen.

Ich weiß nicht, in welchem Moment ich es zuließ, dass man mir alles nahm und mich allein und entblößt zurückließ, mit dem Tagebuch in der einen, einem Lippenstift in der anderen Hand, und ich versuchte, mir die Lippen zu schminken mit einem Rot, das viel zu intensiv ist für mein unbestimmtes Alter.

Tagebuch der Kindheit

Die Heimat ist die Kindheit.

Charles Baudelaire

Laguna del Cura, Cienfuegos, Kuba, 1978

Meine Mutter hat einen Ausländer geheiratet, einen Schweden, der in einem Atomkraftwerk arbeitet.

Wir haben an der Lagune ein Haus voll von merkwürdigen Erfindungen, Seile, an denen Schnüre mit Widerhaken angebracht sind, mit denen man blitzblanke Eimer aus dem Meer ziehen kann. Die Eimer bewahren wir im Wasser auf, weil sie durch das Salz des Meeres sauber gehalten werden. Fausto, der Mann meiner Mutter, ist sehr schön, blond und groß. Er schwimmt nackt, geht ohne Kleider, liest die Zeitung nackt. Immer die gleiche Zeitung, die einzige mit schwedischen Wörtern.

Die Nachbarn kommen vorbei, um uns Fisch aus verbotenem Fang zu bringen, und Fausto muss sich widerwillig anziehen. Meine Mutter warnt ihn, dass man uns ins Gefängnis stecken könnte. Er trägt sehr anstößige ausgefranste Jeans.

Wir sind das Lieblingsthema der Nachbarn. Wir leben in einem eleganten Quartier, wo die Häuser Blick auf das Meer haben. Einige wie unseres, das der Staat Fausto leihweise zur Verfügung stellt, blicken auf die Lagune. Meine Mutter will nicht, dass mir dieses Haus ans Herz wächst, und auch sonst keines. Wir leben auf Kosten anderer, das ist die Wahrheit.

Materielle Dinge sind nicht wichtig. Und so lebe ich wie in einem Internat. Aber es gefällt mir hier, und am Nachmittag schwimme ich die Strecke durch die Lagune bis zum Meer. Ich werfe die Schultasche in den Patio, ziehe die Uniform aus, hänge sie an der Hängematte auf und plumps, ab ins Wasser.

In der Strömung bin ich ein Fisch, sie will mich wegtreiben, aber ich halte dagegen, und es dauert eine Weile, bis ich an den Strand zurückkomme. Oder ich lasse mich ruhig driften, mich dahin führen, wohin sie mich schiebt. Ich bin ein Stück von einem hölzernen Schiff, eine Glasscherbe, eine zerbrochene Puppe, ein Süßwasser-Fischlein, das heftig gegen den Strom anschwimmt und abgetrieben wird. Bis ich am Salzwasser im Mund merke, dass ich aufpassen muss, weil ich schon in der Bucht draußen bin.

Samstag, 13. November 1978

Nach vielen Monaten kam mein Vater. Er kannte das Haus nicht. Er hielt sich auf Distanz, war misstrauisch, aber er akzeptierte einen Kaffee.

Meine Mutter zeigte ihm meine Schulhefte, die Noten, alles war in Ordnung. Als er zu mir an die Lagune herunterkam, war er schockiert. Er wollte Fausto schlagen, als er sah, dass wir nackt am Strand »Mörderischer Wal« spielten. Mein Vater bekam einen Wutanfall, er konnte es nicht ertragen. Als wir aus dem Wasser kamen, um ihn zu begrüßen, fiel er geradewegs über Fausto her und platzierte einen Faustabdruck auf seinem Gesicht. Danach sah ich, wie mein Vater im Wasser um sich schlug. Fausto, der nicht wusste, worum es ging, schaute ihn überrascht an. Mein Vater schrie und verteidigte sich, ohne dass er von jemandem angegriffen worden war.

Bei meinem Vater läuft es immer darauf hinaus, dass er uns schlägt. Nie in der Öffentlichkeit, er ist dabei immer sehr vorsichtig. Jetzt jedoch geschah es vor den Augen des Schweden. Ich schämte mich sehr.

Mein Vater ging weg und sagte, er wolle uns nie mehr sehen.

Im ganzen Haus blieb ein Geruch nach Rum zurück. Meine Mutter kann weder genug Englisch noch Französisch, um dem Ausländer zu erklären: »Er schlägt uns einfach.« Fausto hat bei uns beiden im Bett geschlafen. Meine Mutter sieht aus wie ein Kind. Sie weint. Ich fühle mich älter als meine Mutter.

20. Dezember 1978

Meine Mutter sehen wir nicht oft. Im Radio muss sie sich mit Sport und mit den Meldungen aus dem Fernschreiber befassen, stundenlang. Sie sagen, sie sei nicht mehr zuverlässig und könne nicht mehr in den Nachrichten arbeiten. Sie kommentiert nur noch die Baseballspiele.

Sie drohen ihr, sie nach Angola zu schicken. Es macht mir Angst, alleine mit Fausto zurückzubleiben, ich war nie ohne meine Mutter. Ich weiß nicht, wie es möglich ist, dass sie den Präsidenten der DDR nicht empfangen darf, nur weil Fausto Ausländer ist. Meine Mutter sagt, das sei Rassismus. Es gibt nicht nur den Rassismus gegen die Schwarzen, es gibt viele Arten von Rassismus.

Ich habe Angst, dass meine Mutter in den Krieg muss.

Ich möchte eine sehr schlimme Krankheit bekommen, eine unheilbare, damit sie sie nicht wegbringen. Wenn ich nur krank würde. Meine Mutter sagt, für diesen Krieg gebe es keine Erklärung. Aber sie bittet mich, das nicht zu wiederholen.

Wenn sie meine Mutter wegholen, ja, dann sterbe ich, aber vor Traurigkeit.

Sie kann an irgendetwas sterben, sie ist sehr klein, sie hat die gleiche Schuhgröße wie ich und trägt meine Socken. Sie wird diesen Krieg nicht aushalten. Meine Mutter hat vor allem außerhalb des Hauses mehr Angst als ich. Sie zittert, wenn wir alleine sind, und die Laterne fällt ihr aus der Hand, wenn wir nachschauen gehen, woher ein Geräusch kommt. Sie sagt, es sei nicht Angst, sie nennt es Vorsicht, aber ich weiß, es ist eine Art ehrfürchtige Angst.

Ich kann nur laut darüber lachen. In einer Lagune gibt es so viele Viecher … Meine Mutter wird echten Krieg nicht aushalten.

Ich bin im Tagebuch-Streik, weil sie meine Mutter in den Krieg nach Angola weggeholt haben. Diese Seite bleibt weiß, ihr zu Ehren.

Juni 1979

Morgen kommt meine Mutter zurück.

Während sechs Monaten sind Fausto und ich allein gewesen und haben jeden Nachmittag auf ihre Stimme gewartet, wie sie im Radio über Angola berichtete.

Fausto ist Gulliver im Land der Zwerge. Ich umarme ihn, liege an seinem Bart, und er wiegt mich in den Schlaf.

Mich stört es nicht, dass er nackt herumläuft.

Ich weiß, die Nachbarn beschweren sich, und mein Vater hat uns angeklagt. Bald werden wir vor Gericht gehen müssen, Mami weiß es noch nicht. Morgen, wenn sie vom Krieg zurückkehrt, werden wir es ihr sagen. Krieg und Gerichtsverfahren, alles ist auf einmal über uns gekommen.

Fausto versteht nicht gut Spanisch, und so musste ich ihm das Papier erklären, das gerade heute bei uns eingetroffen ist. Mein Vater klagt meine Mutter an wegen unmoralischen Verhaltens, Verwahrlosung und einiger anderer Sachen. Er will das Sorgerecht, fordert die elterliche Obhut und Gewalt über seine Tochter.

»Teile und herrsche«, sagte Fausto zu mir.

Morgens sieht man merkwürdige Lichter, die ich für Wetterleuchten halte. Ich schlüpfe zu Fausto ins Bett, er erklärt mir, dass es eine Kamera ist, Reflexe von jemandem, der uns von Weitem beobachtet.

»Ich bin ein gefährlicher Schwede. Du musst Angst vor mir haben. Buuuuuh!«, macht er wie ein Gespenst und steckt mich unter die Matratze, um mich vor dem Auge zu verstecken, das uns beobachtet. Er hört nicht auf, mich zu kitzeln. Von dem vielen Lachen und vor Müdigkeit schlafe ich ein.

Nun glaube ich, dass sie mich beobachten. Ich weiß nicht, ob es wahr ist, aber mir scheint, dass ich mich mit Vorsicht bewegen muss. Ich habe in diesen Monaten nichts Schlechtes getan. Ich habe mich besser benommen als je. Ich schwöre es.

Juli 1979

Meine Mutter ist vom Krieg in Angola zurückgekehrt. Ihre Haut ist sehr gelb geworden, sie zittert beim Gehen und sagt, ihretwegen könnten sie jederzeit bei uns vorbeikommen. Sie hat mehr Angst als vorher.

Sie nimmt viele Pillen, die ihr Fausto ans Bett bringt. Sie muss nicht zur Arbeit, und so lese ich ihr aus Büchern vor, denn sie sagt, sie könne ihren Blick nicht konzentrieren. Sie ist sehr dünn. Meine Mutter ist krank vom Krieg in Afrika zurückgekehrt. Sie wollte nicht hingehen und wird nie mehr dorthin zurückkehren.

Sie glaubt, es gebe keine Gerichtsverhandlung, aber Fausto blinzelt mir zu, was bedeutet, dass meine Mutter wie ein Kind ist und nicht weiß, was uns erwartet. Ich lese ihr aus ihrem Lieblingsbuch von Eliseo Diego vor, »El libro de las maravillas de Boloña«. Ich lese laut und bin still, wenn ich sehe, dass sie schläft. Dann erwacht sie wieder, und ich fahre da fort, wo ich aufgehört habe.

Meine Mutter muss sich herrichten, bevor ich von der Schule zurückkehre. Ich will nicht, dass meine Freunde sie so schwach sehen. Mir gefällt es auch nicht. Die Venen an ihren Beinen und am Hals sehen aus wie Zeichnungen. Eltern können sterben, wenn man noch ein Kind ist, ich weiß. Aber ich muss diese Gedanken aus meinem Kopf verbannen.

Der Krieg ist eine Katastrophe. Man sollte niemanden in die Landwirtschaft oder in den Krieg schicken. Es tut mir sehr weh, wenn meine Mutter so schwer atmet. Ich ertrage es nicht, sie schlafen zu sehen.

August 1979

Mami steht fast jeden Tag auf und macht einen Spaziergang im Patio. Sie ist nicht mehr gelb, seit Kurzem geht sie schwimmen, legt sich in die Sonne. Sie zeichnet und sie trällert die alten Lieder der Troubadoure von Cienfuegos.

Ofelia hielt einen kleinen Teller,

der sah niedlich aus, doch er zerbrach, ojeeeeh.

Pancho musste begleichen, was Rafael zerbrochen.

Das ist doch der Gipfel!

Dania kommt jeden Tag vorbei, um uns beim Schälen des Gemüses zu helfen und alles in Ordnung zu halten.

Dania ist meine Klassenkameradin. Ihre Eltern sind Ärzte und nie zu Hause. Sie hilft mir immer bei den Mathematikprüfungen. Sie lässt ihr Aufgabenblatt auf den Boden fallen, ich meines, ich radiere ihre Schrift aus, schreibe dann drüber und mache die Prüfung mit meiner Schrift, während sie die Arbeit noch einmal schreibt, alle Aufgaben löst und das Klassenzimmer vor mir verlässt. Ich helfe ihr gerne bei den Aufsätzen, sie hat keinen Spaß am Schreiben, und ich liebe es, Dinge zu erfinden. Dania findet mich nicht seltsam wie die anderen in der Klasse, sie ist sehr ernst und lacht nicht über meine Mutter. Sie versteht alles, was bei uns passiert, und ist sehr diskret.

Die Wohnung sieht aus wie ein Lager, weil Fausto alles zusammenfaltet und neben der Holztreppe stapelt. Das ganze Haus ist ein einziger Stapel. Fausto macht einen Weg hin mit schmutziger und einen Weg zurück mit sauberer Wäsche. Dania und ich steigen auf eine Bank, um die Wäsche aufzuhängen, die Mami langsam wäscht.

Heute Nachmittag sind einige Freunde vom Kinderpuppentheater gekommen. Meine Mutter möchte beim Radio aufhören und wieder Puppen herstellen.

Der Schnellkochtopf ist schon längst so weit und pfeift und pfeift bis zum Gehtnichtmehr. Es riecht nach geschmolzenem Käse.

Generoso und Magaly kommen durch die Hintertüre herein. Nur Freunde genießen dieses Vorrecht. Magaly sieht, dass meine Mutter endlich gelernt hat, mit dem Schnellkochtopf umzugehen. Wir sind alle froh darüber. Magaly hilft ihr, das Haus in einen annehmbaren Zustand zu bringen. Zum Schluss erzählt meine Mutter, was sie gekocht hat: einen Plastikschuh. Sie wollte ihn einschmelzen, um den Grundstoff für die Handpuppen herzustellen. Die Freunde meiner Mutter waren verblüfft. Und wenn es funktioniert hätte? Ach, dann wäre Mami mit dem Kochen von Schuhen und der Herstellung von Puppen reich geworden. Solange daraus nichts wird, gilt Mami als verrückt. So ist dieses Volk.

»Stadt mit geraden Straßen und verdrehtem Verstand.«

Fausto schläft heute nicht zu Hause, er hat Aufsicht. Dania, Generoso, Magaly, meine Mutter und ich essen zusammen eine Steinsuppe, in der alles drin ist, was die Freunde mitgebracht haben. Wir sitzen wieder einmal zusammen wie in guten alten Zeiten: »Möge der Besuch kochen«, wie Mami sagt. Ich freue mich auf die Überraschungen, die ich in der Suppe finde.

Heiße Suppe im August. Moskitos, die von der Lagune her kommen. Die Kerosinlampe im Haus, Faustos Gaslaterne, rußt. Die Freunde sind bei uns, im Haus, das wieder Mami und Fausto gehört. Ich fühle mich besser. Es fühlt sich schon fast an wie früher.

Mein Rezept für Austerncocktails

Austern mit einem Stein an der Mauer des Patios aufschlagen.

Die Muscheln herausnehmen und mit einem Messer öffnen.

Die Austern aus ihrer Schale lösen.

In ein Glas geben und Tomatenpüree, Limone und Salz beifügen.

In einem Zug schlürfen.

September 1979

Der Guajiro-Sänger Gilberto Noda ist gestorben. Er war witzig und brauchte Kraftausdrücke in seinen zehnteiligen Strophen. Er spielte auch Guayo bei Los Naranjos, dem Ensemble, das Mami unterstützt. Luis Gómez ist gekommen, der alte Dichter, der immer mit der Flasche in der hinteren Hosentasche herumläuft. Sie kommen hierher und in die Wohnung in El Palomar, sie essen, trinken, singen und gehen wieder. Meine Mutter nimmt sie im Radiostudio auf Band auf, um sie in ihren Sendungen zu bringen. Nur sehr wenigen gefällt, was sie macht. Und man lässt die Gruppe nicht live spielen, weil sie immer das sagen, wozu sie gerade Lust haben. Luis Gómez singt Tonadas aus Trinidad und andere traditionelle Volkslieder. Ich bin jeweils im Studio eingeschlafen, wenn ich eine Tonada mitsang, die ich auswendig konnte:

Der Tod kommt nachts,

tralala.

Um deine Anzüge zu holen.

Der Tod kommt langsam,

tralala.

Er fliegt durch die Landschaften,

in einer Brise von Wasser und Wein,

tralala.

Der Tod mit seinen Schmerzen,

der sich dein Schicksal holt,

tralala.

Und er raubt dir deine Klöppelspitzen,

wenn er nicht auf einem guten Weg geht,

tralala.

Der Tod kommt nachts

und holt sich dein Schicksal,

tralala.

Wie es mir Angst macht, dieses Lied. Es klingt in meinem Kopf und dröhnt wie eine Glocke. Ich glaube, jedes Mal, wenn ich es höre, schlafe ich später ein.

Als wir zu der Aufbahrung kamen, lag Gilberto in einem Zuber mit Eis und wartete darauf, dass der Sarg kam. Ich hatte noch nie einen Toten gesehen; er sah jedoch eher so aus, als würde er schlafen. Er machte mich neugierig, und ich schaute ihn mir sicher sechsmal an. Er trug den Totenanzug und die Totenkrawatte. Mami hatte das schwarzweiße Kleid angezogen, das für die Aufbahrungen, und ich mein marineblaues für alle Gelegenheiten, Haarschleifen und die Lederschuhe, die zwar rutschen, aber mit denen ich durch die Straßen schlendern kann. Als sie anfingen, für ihn zu singen, weinten seine Frau und seine Tochter mehr als alle anderen. Ich weinte nicht, denn ich gehöre nicht zu der Familie.

Plötzlich machten die Troubadoure Platz für Luis Gómez, aber Luis war so betrunken, dass er nicht mehr gehen konnte. Die Alten begannen eine Strophe, damit Luis weitersinge …

Gilberto Noda ist gestorben und heute weint seine Frau um ihn.

Gilberto Noda ist gestorben und heute weint seine Frau um ihn …

Und plötzlich kam Luis zu sich und fuhr mit dem Reimgedicht fort:

Und was sollen wir mit ihm, jetzt, wo er verdammtnochmal gestorben ist.

Die Familie war beleidigt, und sie zogen die Macheten. Meine Mutter war sehr beunruhigt und brachte mich nach Hause. Bestellt und nicht abgeholt. Da stehen wir nun. Sie lacht und ruft ihre Freundinnen herbei, um es ihnen zu erzählen. Ich habe Angst und beginne zu schreiben, da bemerke ich, dass der Lampe das Kerosin ausgeht und ich die Mathematikaufgaben nicht fertig machen kann.

Frühmorgens

Es ist noch ganz früh am Morgen und dunkel. Ich schreibe bei dem Licht, das vom Patio hereinkommt. Die Toten machen mir nicht so sehr Angst. Das Einzige, was mir Angst macht, ist, mit meinem Vater durch die Bars zu ziehen. Auf Bänken zu sitzen, wo meine Füße nicht bis zum Boden reichen, wo mir schwindlig wird und ich manchmal hinunterfalle. Die Betrunkenen trinken in diesen Bars, die voll von Gestank nach Fett und gebratenem Fisch sind. Man muss immer zur Seite springen, weil sie mit Flaschen um sich werfen und Gläser zerschlagen. Sie diskutieren und keiner versteht, was der andere will, manchmal sprechen sie nicht einmal, bevor sie sich schlagen. Die Bar ist der schlimmste Ort der Welt. Der üble Geruch, der von den Betrunkenen ausgeht, erinnert mich an schmutzige Toiletten. Ich will nie mehr in eine Bar gehen. Ich will da nicht mehr hin, vor allem nicht mit meinem Vater.

Die Toten machen mir keine Angst, das wurde mir heute bei der Aufbahrung klar, die Trinker und die Bars machen mir mehr Angst.

Ich kann nicht einschlafen. Ich denke an die Gerichtsverhandlung und daran, was mich erwartet, wenn sie mich zu meinem Vater schicken.

Oktober 1979

Der Gerichtstermin ist immer noch nicht festgelegt worden, und Fausto hat keine Lust mehr, in warmen Hosen herumzulaufen. Jetzt posieren wir für die Nachbarn.

Wenn es keinen Strom gibt, bemalen wir unsere Körper mit meinen Aquarellfarben, setzen uns Hüte auf und Masken, entfachen am Rand der Lagune ein Feuer. Unser Gelächter kann man bis auf die andere Seite hinüber hören, bis zur Straße hin.

Um sieben Uhr morgens, als ich versuchte meine Mutter zu wecken, damit ich nicht zu spät zur Schule komme, sehe ich eine Zeichnung, die sie von mir gemacht hat, während ich schlief. Unter der Zeichnung steht ein Gedicht.

Das Mädchen schläft gefangen inmitten der Bücher.

Wer wird ihre kleinen Dämonen wecken.

Wer wird sie dereinst verteidigen, wenn die Zigarre erlischt und sie aufwacht

und diesem Traum mit einem Mal ein Ende setzt.

Dem kurzen Traum.

Das Mädchen schläft, wenigstens solange ich es zeichne.

Oktober 1979

Früh am Morgen hat Fausto mit meiner Mutter gesprochen. Ich habe alles gehört, weil ich wach lag, bis sie einschliefen. Sie haben ihn entlassen, und er kann nicht länger in Kuba bleiben. Wir müssen alle zusammen nach Schweden gehen.

Fausto sagt, er habe keinen Eid gebrochen und nichts anderes getan als seine Arbeit. Er geht wegen der Russen. Sie warten ihre Atomkraftwerke nicht, und sie wollen nicht, dass er das schwarz auf weiß aufschreibt. Es scheint, dass einige Anlagen nicht gut instand gehalten werden, und Fausto ist verpflichtet, das zu melden. Ich verstehe es nicht ganz.

Fausto geht zurück nach Stockholm, das ist dort, wo es am meisten Schnee gibt auf der Welt, aber ich glaube nicht, dass mein Vater mich gehen lässt. Ich weiß, er wird nein sagen. Mein Vater will nie das, was wir wollen. Mein Vater steht immer zwischen meiner Mutter und mir. Ich denke immer, dass mir meine Mutter verloren geht wegen ihrer Manie, die eigenen Kräfte zu erproben. Meine Mutter hat fast keine Energie. Das weiß ich.

November 1979

Meine letzten Schulnoten, als sich Mami in Angola aufhielt, waren ziemlich schlecht. Die Schule teilte dem Gericht schriftlich mit, Fausto wecke mich morgens nicht rechtzeitig und ich würde vieles entbehren, wenn Mama nicht in Kuba sei.

Sie sagen mehr oder weniger, dass sie mich aus Gefälligkeit in die nächste Klasse übertreten lassen. Ich bin, was man eine schlechte Schülerin nennt, bin mit meinen Gedanken in den Wolken, während die anderen die Quadratwurzel von ich weiß nicht was suchen. Ich kann das Einmaleins noch immer nicht.

Meine Mutter kam krank von Angola zurück, mit einem nervösen Zucken um den Mund und einem abwesenden Blick. Als wollten sie sie noch mehr verrückt machen, setzten sie die Anhörung auf drei Tage danach an. Fausto bat die Anwälte, sie aufgrund eines ärztlichen Zeugnisses zu verschieben.

Wir können das jetzt nicht mehr ändern, wir müssen vor Gericht gehen, und zwar morgen. Meine Mutter hat das blaue Kleid gebügelt. Das von der Aufbahrung.

Ihr schwarzes Kleid ist das immer gleiche, und Fausto geht in seinem grauen Anzug.

Von morgen an werde ich meine Mutter nicht mehr sehen, ich weiß es. Aber heute werde ich die ganze Nacht bei ihr schlafen.

November 1979

Das Urteil

Heute war der Gerichtssaal voll von Freunden meines Vaters und von unbekannten Personen. Ich hörte, wie schlimme Sachen über meine Mutter gesagt wurden, sie sei »problematisch und schwierig«. Worte wie »moralischer Verfall im Beisein von Kindern« und viele Dinge mehr, an die ich mich nicht erinnere. Alles, was über meine Mutter gesagt wurde, war schlecht.

Für meinen Vater jedoch gab es viel Schmeichelhaftes. Der Richter bat mich zu sagen, bei wem ich wohnen möchte, ich stand auf, alleine, und sah meinen Vater an, der drauf und dran war zu explodieren. Da tauchte aus der Ecke eines Fensters eine kleine Feder auf. Sie schwebte auf mein Gesicht zu und ich blies mit voller Puste. Ich blies etwa fünfmal Richtung Feder, aber ich sagte nichts. Mein Vater unterbrach mich dabei und sagte, natürlich wolle ich bei ihm sein. Ich wollte nicht sprechen. Meine Mutter war anwesend, aber ihr Blick war ins Unendliche gerichtet. Als ob sie sich über mich ärgern würde. Als ob sie von niemandem etwas wissen wolle.

Dann zeigten sie ein paar Fotos mit Fausto. Ich sah mich schön und hässlich in verschiedenen Posen. Fausto sah mich lächelnd an, während ich die kleine Feder überall im Gerichtssaal suchte, ohne sie zu finden.