Alles ist mir lieb - Rainer Maria Rilke - E-Book

Alles ist mir lieb E-Book

Rainer Maria Rilke

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Beschreibung

Exklusive Jubiläumsausgabe zum 150. Geburtstag des Dichters am 4.12.2025

Dieser exklusiv zusammengestellte Auswahlband zeigt Rainer Maria Rilke als Dichter des Herrlichen und des Schmerzlichen, als Kundschafter erster und letzter Dinge, als Beschwörer des Sinnlich-Konkreten wie auch dessen, was unser aller Begreifen übersteigt.

In vier thematischen Abteilungen tritt er hier als tiefgründiger Impresario der Wehmut und der Lust hervor, gerahmt vom Liebes- und Todesdichter Rilke. Seine bekanntesten Gedichte wie «Der Panther», «Das Karussell» oder das «Liebes-Lied» sind in «Alles ist mir lieb» ebenso zu finden wie die seltener zitierten Gedankendichtungen. Daseinsfeier und Innigkeit, Elegisches und Erotisches, Dinghaftes und Transzendentes verschränken sich zu einem existenziellen Reigen der Allbefragung und Allbejahung durch das Dichterwort. Im Wechsel von Vierzeilern, Sonetten und Elegien aus über drei Schaffensjahrzehnten ergibt sich ein facettenreiches Kaleidoskop an Bildern, Tönen, Reimen, dessen «edelsteinklare Stille in der niemals anhaltenden Bewegung», wie Musil es genannt hat, auch nach wiederholtem Lesen immer wieder in Bann schlägt.

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EPUB
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Seitenzahl: 109

Veröffentlichungsjahr: 2025

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«… weil wir den größten Lyriker ehren wollen, den die Deutschen seit dem Mittelalter besessen haben.»Robert Musil

Dieser exklusiv zusammengestellte Auswahlband versammelt 111 Gedichte auf Liebe, Wehmut, Lust und Tod. Er zeigt Rainer Maria Rilke als Dichter des Herrlichen und des Schmerzlichen, als Kundschafter erster und letzter Dinge, als Beschwörer des Sinnlich-Konkreten wie auch dessen, was unser aller Begreifen übersteigt.

Immer meint man seinen Rilke schon hinlänglich zu kennen, und immer entdeckt man ihn wieder von Neuem. In vier thematischen Abteilungen tritt der Lyriker hier als tiefgründiger Impresario der Wehmut und der Lust hervor, gerahmt vom Liebes- und Todesdichter Rilke. Seine bekanntesten Gedichte wie «Der Panther», «Das Karussell» oder das «Liebes-Lied» sind in «Alles ist mir lieb» ebenso zu finden wie die selten zitierten Gedankendichtungen.

Daseinsfeier und Innigkeit, Elegisches und Erotisches, Dinghaftes und Transzendentes verschränken sich zu einem existenziellen Reigen der Allbefragung und Allbejahung durch das Dichterwort. Im Wechsel von Drei- und Vierzeilern, Sonetten und Elegien aus über drei Schaffensjahrzehnten ergibt sich ein facettenreiches Kaleidoskop an Bildern, Tönen, Reimen, dessen «edelsteinklare Stille in der niemals anhaltenden Bewegung», wie Musil es genannt hat, auch nach wiederholtem Lesen immer wieder in Bann schlägt.

Rainer Maria Rilke

ALLES IST MIR LIEB

111 Gedichte über Liebe, Wehmut, Lust und Tod

Auswahl und Zusammenstellung von Horst Lauinger

Mit einer Gedenkrede von Robert Musil

MANESSE VERLAG

LIEBE

Liebes-Lied

Wie soll ich meine Seele halten, dass

sie nicht an deine rührt? Wie soll ich sie

hinheben über dich zu andern Dingen?

Ach gerne möcht ich sie bei irgendwas

Verlorenem im Dunkel unterbringen

an einer fremden stillen Stelle, die

nicht weiterschwingt, wenn deine Tiefen schwingen.

Doch alles, was uns anrührt, dich und mich,

nimmt uns zusammen wie ein Bogenstrich,

der aus zwei Saiten eine Stimme zieht.

Auf welches Instrument sind wir gespannt?

Und welcher Spieler hat uns in der Hand?

O süßes Lied.

Die Liebende

Ja ich sehne mich nach dir. Ich gleite

mich verlierend selbst mir aus der Hand,

ohne Hoffnung, dass ich Das bestreite,

was zu mir kommt wie aus deiner Seite

ernst und unbeirrt und unverwandt.

. . . jene Zeiten: O wie war ich Eines,

nichts was rief und nichts was mich verriet;

meine Stille war wie eines Steines,

über den der Bach sein Murmeln zieht.

Aber jetzt in diesen Frühlingswochen

hat mich etwas langsam abgebrochen

von dem unbewussten dunkeln Jahr.

Etwas hat mein armes warmes Leben

irgendeinem in die Hand gegeben,

der nicht weiß was ich noch gestern war.

Alles ist mir lieb, die Sommersprossen

und die Spange, die den Ärmel schloss;

oh wie unerhört und unverflossen

blieb die Süßigkeit, drin nichts verdross.

Taumelnd stand ich, in mir hingerissen

von des eignen Herzens Überfluss,

in den kleinen Fingern, halbzerbissen,

eine Blüte des Konvolvulus. –

Oh wie will das Leben übersteigern,

was es damals, schon erblüht, beging,

als es von dem eigenen Verweigern

wie von Gartenmauern niederhing.

Dich aufdenkend wird mein Wesen erglühter,

meine Adern röten die Nacht.

An meinem Herzen der gerüstete Hüter

klirrt vor Verdacht. Wacht

dein Gefühl durch die mündigen Sterne herüber?

Gehst du aus unaufhaltsamem Raum

Du, der ichs nicht sage, dass ich bei Nacht

weinend liege,

deren Wesen mich müde macht

wie eine Wiege.

Du, die mir nicht sagt, wenn sie wacht

meinetwillen:

wie, wenn wir diese Pracht

ohne zu stillen

in uns ertrügen?

– – – – – – –

Sieh dir die Liebenden an,

wenn erst das Bekennen begann,

wie bald sie lügen.

– – – – – – –

Du machst mich allein. Dich einzig kann ich vertauschen.

Eine Weile bist dus, dann wieder ist es das Rauschen,

oder es ist ein Duft ohne Rest.

Ach, in den Armen hab ich sie alle verloren,

du nur, du wirst immer wieder geboren:

weil ich niemals dich anhielt, halt ich dich fest.

Der Junggeselle

Lampe auf den verlassenen Papieren,

und ringsum Nacht bis weit hinein ins Holz

der Schränke. Und er konnte sich verlieren

an sein Geschlecht, das nun mit ihm zerschmolz;

ihm schien, je mehr er las, er hätte ihren,

sie aber hatten alle seinen Stolz.

Hochmütig steiften sich die leeren Stühle

die Wand entlang, und lauter Selbstgefühle

machten sich schläfernd in den Möbeln breit;

von oben goss sich Nacht auf die Pendüle,

und zitternd rann aus ihrer goldnen Mühle,

ganz fein gemahlen, seine Zeit.

Er nahm sie nicht. Um fiebernd unter jenen,

als zöge er die Laken ihrer Leiber,

andere Zeiten wegzuzerrn.

Bis er ins Flüstern kam; (was war ihm fern?)

Er lobte einen dieser Briefeschreiber,

als sei der Brief an ihn: Wie du mich kennst;

und klopfte lustig auf die Seitenlehnen.

Der Spiegel aber, innen unbegrenzter,

ließ leise einen Vorhang aus, ein Fenster – :

denn dorten stand, fast fertig, das Gespenst.

Für Fräulein Elisabeth von Gonzenbach

Schönheit war einst in tiefbemühten Zeiten

wie nach dem Tag die reine Abend-Ruh;

uns drängt Unsichtbares von allen Seiten,

und aus Gesetzen, die wir überschreiten,

kehrt sich das Leben uns als Drohung zu.

So suchen wir nach einem wachen Geiste,

der nicht mehr ruht, der sich mit uns bewegt.

Wir stürzen hin, und mit uns stürzt das Meiste,

doch kanns geschehn, dass dieses weitgereiste

Gefühl versöhnlich sich zu Ruhe legt.

Wenn irgendwo, in schön geliebtem Hause

Herkömmliches mit Kommendem sich mischt,

von Misstraun fern und ferne vom Applause:

wie atmet man, wie segnet man die Pause,

wie dankt man dann, erinnert und erfrischt!

Ihr Mund ist wie der Mund an einer Büste,

der nie erklang und atmete und küsste

und doch aus einem Leben das verging

das alles, weise eingeformt, empfing

und sich nun wölbt, als ob er alles wüsste –

und doch nur Gleichnis ist und Stein und Ding . . .

Und ihre Stimme kommt von ferneher

und ist vor Sonnenaufgang aufgebrochen,

und war in großen Wäldern, geht seit Wochen,

und hat im Schlaf mit Daniel gesprochen

und hat das Meer gesehn, und sagt vom Meer.

Und wenn sie schlafen, sind sie wie an alles

zurückgegeben was sie leise leiht,

und weit verteilt wie Brot in Hungersnöten

an Mitternächte und an Morgenröten,

und sind wie Regen voll des Niederfalles

in eines Dunkels junge Fruchtbarkeit.

Dann bleibt nicht eine Narbe ihres Namens

auf ihrem Leib zurück, der keimbereit

sich bettet wie der Samen jenes Samens,

aus dem du stammen wirst von Ewigkeit.

Und sieh: ihr Leib ist wie ein Bräutigam

und fließt im Liegen hin gleich einem Bache,

und lebt so schön wie eine schöne Sache,

so leidenschaftlich und so wundersam.

In seiner Schlankheit sammelt sich das Schwache,

das Bange, das aus vielen Frauen kam;

doch sein Geschlecht ist stark und wie ein Drache

und wartet schlafend in dem Tal der Scham.

Archaïscher Torso Apollos

Wir kannten nicht sein unerhörtes Haupt,

darin die Augenäpfel reiften. Aber

sein Torso glüht noch wie ein Kandelaber,

in dem sein Schauen, nur zurückgeschraubt,

sich hält und glänzt. Sonst könnte nicht der Bug

der Brust dich blenden, und im leisen Drehen

der Lenden könnte nicht ein Lächeln gehen

zu jener Mitte, die die Zeugung trug.

Sonst stünde dieser Stein entstellt und kurz

unter der Schultern durchsichtigem Sturz

und flimmerte nicht so wie Raubtierfelle;

und bräche nicht aus allen seinen Rändern

aus wie ein Stern: denn da ist keine Stelle,

die dich nicht sieht. Du musst dein Leben ändern.

Sterne hinter Oliven

Geliebter, den so vieles irre macht,

neig dich zurück bis du im lautern Laube

die Stellen siehst, die Sterne sind. Ich glaube

die Erde ist nicht anders als die Nacht.

Sieh, wie im selbstvergessenen Geäste

das Nächste sich mit Namenlosem mischt;

man zeigt uns dies; man hält uns nicht wie Gäste

die man nur nimmt, erheitert und erfrischt.

Wie sehr wir auch auf diesen Wegen litten,

wir haben nicht den Garten abgenützt,

und Stunden, größere als wir erbitten,

tasten nach uns und gehn auf uns gestützt.

Immer wieder, ob wir der Liebe Landschaft auch kennen

und den kleinen Kirchhof mit seinen klagenden Namen

und die furchtbar verschweigende Schlucht, in welcher die anderen

enden: immer wieder gehn wir zu zweien hinaus

unter die alten Bäume, lagern uns immer wieder

zwischen die Blumen, gegenüber dem Himmel.

Nein, ich vergesse dich nicht,

was ich auch werde,

liebliches zeitiges Licht,

Erstling der Erde.

Alles, was du versprachst,

hat sie gehalten,

seit du das Herz mir erbrachst

ohne Gewalten.

Flüchtigste frühste Figur,

die ich gewahrte:

nur weil ich Stärke erfuhr,

rühm ich das Zarte.

Glücklich, die wissen, dass hinter allen

Sprachen das Unsägliche steht;

dass, von dort her, ins Wohlgefallen

Größe zu uns übergeht!

Unabhängig von diesen Brücken

die wir mit Verschiedenem baun:

so dass wir immer, aus jedem Entzücken

in ein heiter Gemeinsames schaun.

Die Stille

Hörst du, Geliebte, ich hebe die Hände –

hörst du: es rauscht . . .

Welche Gebärde der Einsamen fände

sich nicht von vielen Dingen belauscht?

Hörst du, Geliebte, ich schließe die Lider,

und auch das ist Geräusch bis zu dir.

Hörst du, Geliebte, ich hebe sie wieder . . .

. . . aber warum bist du nicht hier.

Der Abdruck meiner kleinsten Bewegung

bleibt in der seidenen Stille sichtbar;

unvernichtbar drückt die geringste Erregung

in den gespannten Vorhang der Ferne sich ein.

Auf meinen Atemzügen heben und senken

die Sterne sich.

Zu meinen Lippen kommen die Düfte zur Tränke,

und ich erkenne die Handgelenke

entfernter Engel.

Nur die ich denke: Dich

seh ich nicht.

Ich möchte dir ein Liebes schenken,

das dich mir zur Vertrauten macht:

aus meinem Tag ein Deingedenken

und einen Traum aus meiner Nacht.

Mir ist, dass wir uns selig fänden

und dass du dann wie ein Geschmeid

mir lösest aus den müden Händen

die nie begehrte Zärtlichkeit.

Ankunft

In einer Rose steht dein Bett, Geliebte. Dich selber

(oh ich Schwimmer wider die Strömung des Dufts)

hab ich verloren. So wie dem Leben zuvor

diese (von außen nicht messbar) dreimal drei Monate sind,

so, nach innen geschlagen, werd ich erst sein. Auf einmal,

zwei Jahrtausende vor jenem neuen Geschöpf,

das wir genießen, wenn die Berührung beginnt,

plötzlich: gegen dir über, werd ich im Auge geboren.

O ihr Zärtlichen, tretet zuweilen

in den Atem, der euch nicht meint,

lasst ihn an eueren Wangen sich teilen,

hinter euch zittert er, wieder vereint.

O ihr Seligen, o ihr Heilen,

die ihr der Anfang der Herzen scheint.

Bogen der Pfeile und Ziele von Pfeilen,

ewiger glänzt euer Lächeln verweint.

Fürchtet euch nicht zu leiden, die Schwere,

gebt sie zurück an der Erde Gewicht;

schwer sind die Berge, schwer sind die Meere.

Selbst die als Kinder ihr pflanztet, die Bäume,

wurden zu schwer längst; ihr trüget sie nicht.

Aber die Lüfte . . . aber die Räume . . . .

WEHMUT

Spätherbst in Venedig

Nun treibt die Stadt schon nicht mehr wie ein Köder,

der alle aufgetauchten Tage fängt.

Die gläsernen Paläste klingen spröder

an deinen Blick. Und aus den Gärten hängt

der Sommer wie ein Haufen Marionetten

kopfüber, müde, umgebracht.

Aber vom Grund aus alten Waldskeletten

steigt Willen auf: als sollte über Nacht

der General des Meeres die Galeeren

verdoppeln in dem wachen Arsenal,

um schon die nächste Morgenluft zu teeren

mit einer Flotte, welche ruderschlagend

sich drängt und jäh, mit allen Flaggen tagend,

den großen Wind hat, strahlend und fatal.

Das Karussell

Jardin du Luxembourg

Mit einem Dach und seinem Schatten dreht

sich eine kleine Weile der Bestand

von bunten Pferden, alle aus dem Land,

das lange zögert, eh es untergeht.

Zwar manche sind an Wagen angespannt,

doch alle haben Mut in ihren Mienen;

ein böser roter Löwe geht mit ihnen

und dann und wann ein weißer Elefant.

Sogar ein Hirsch ist da, ganz wie im Wald,

nur dass er einen Sattel trägt und drüber

ein kleines blaues Mädchen aufgeschnallt.

Und auf dem Löwen reitet weiß ein Junge

und hält sich mit der kleinen heißen Hand,

dieweil der Löwe Zähne zeigt und Zunge.

Und dann und wann ein weißer Elefant.

Und auf den Pferden kommen sie vorüber,

auch Mädchen, helle, diesem Pferdesprunge

fast schon entwachsen; mitten in dem Schwunge

schauen sie auf, irgendwohin, herüber –

Und dann und wann ein weißer Elefant.

Und das geht hin und eilt sich, dass es endet,

und kreist und dreht sich nur und hat kein Ziel.

Ein Rot, ein Grün, ein Grau vorbeigesendet,

ein kleines kaum begonnenes Profil –.

Und manchesmal ein Lächeln, hergewendet,

ein seliges, das blendet und verschwendet

an dieses atemlose blinde Spiel . . .

Wir sind die Treibenden.

Aber den Schritt der Zeit,

nehmt ihn als Kleinigkeit

im immer Bleibenden.

Alles das Eilende

wird schon vorüber sein;

denn das Verweilende

erst weiht uns ein.

Knaben, o werft den Mut

nicht in die Schnelligkeit,

nicht in den Flugversuch.

Alles ist ausgeruht:

Dunkel und Helligkeit,

Blume und Buch.

Römische Fontäne

Borghese

Zwei Becken, eins das andre übersteigend

aus einem alten runden Marmorrand,

und aus dem oberen Wasser leis sich neigend

zum Wasser, welches unten wartend stand,

dem leise redenden entgegenschweigend

und heimlich, gleichsam in der hohlen Hand,

ihm Himmel hinter Grün und Dunkel zeigend

wie einen unbekannten Gegenstand;

sich selber ruhig in der schönen Schale

verbreitend ohne Heimweh, Kreis aus Kreis,

nur manchmal träumerisch und tropfenweis

sich niederlassend an den Moosbehängen

zum letzten Spiegel, der sein Becken leis

von unten lächeln macht mit Übergängen.

Und du erbst das Grün