Alpengold 271 - Hanni Birkmoser - E-Book

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Hanni Birkmoser

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Beschreibung

Es geht beschaulich zu in dem kleinen Weindorf Eppan in Südtirol, und man kann den Eindruck gewinnen, dass hier die Tage sonniger und heller sind als anderswo. Einen der schönsten Höfe inmitten der Weinberge bewirtschaftet die junge Magdalena. Von heute auf morgen musste sie in die Rolle der Bäuerin hineinwachsen, nachdem ihr Vater ganz plötzlich starb.

Jeden Tag arbeitet Magdalena seitdem für zwei, trotzdem bleibt vieles liegen. Und bald steht die Ernte an!

Als sie an diesem Abend gedankenverloren durch die Weingärten spaziert, hat sie plötzlich das Gefühl, beobachtet zu werden. Hastig macht sie sich auf den Heimweg - und dort wartet ein geheimnisvoller Fremder ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Frühling in Südtirol

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2018 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Michael Wolf

Datenkonvertierung eBook: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-7325-6460-6

www.bastei-entertainment.de

Frühling in Südtirol

Ein mitreißender Heimatroman zum Lachen, Weinen und Träumen

Von Hanni Birkmoser

Es geht beschaulich zu in dem kleinen Weindorf Eppan in Südtirol, und man kann den Eindruck gewinnen, dass hier die Tage sonniger und heller sind als anderswo. Einen der schönsten Höfe inmitten der Weinberge bewirtschaftet die junge Magdalena. Von heute auf morgen musste sie in die Rolle der Bäuerin hineinwachsen, nachdem ihr Vater ganz plötzlich starb.

Jeden Tag arbeitet Magdalena seitdem für zwei, trotzdem bleibt vieles liegen. Und bald steht die Ernte an!

Als sie an diesem Abend gedankenverloren durch die Weingärten spaziert, hat sie plötzlich das Gefühl, beobachtet zu werden. Hastig macht sie sich auf den Heimweg – und dort wartet ein geheimnisvoller Fremder …

Alois, der bejahrte Bauer vom Gamsbichlhof, blinzelte in den blauen Abendhimmel, der sich hoch über dem kleinen Weindorf Eppan am Fuße des Mendelpasses wölbte.

Es war wie ein Geschenk des Himmels, dass er in Südtirol leben durfte, wo die Tage sonniger und heller waren als anderswo. Zumindest schien es dem alten Alois so.

Er schaute, auf seinen Stock gestützt, hinunter auf die Straße, wo sich ein Wagen an den anderen reihte, und seufzte ein bisserl wehmütig, weil vieles so anders geworden war in den letzten Jahren.

Touristen beherrschten das Bild des Dorfes, in der Nähe der Hauptstadt Bozen. Auf den kleinen Plätzen, wo sich früher die Weinbauern zu einem Schwatz und einem Glas vom Roten getroffen hatten, saßen nun bunt gekleidete Urlauber. Eppan lebte vom Fremdenverkehr, und die meisten Dörfler waren zufrieden damit.

Ihn hatten sie auch schon gedrängt, ein paar Kammern auf seinem Hof im Sommer zu vermieten, aber Alois war bei seinem Nein geblieben. Wenn jemand sein Haus betrat, war es lieber Besuch, fremde Gesichter wollte er nicht um sich haben.

Zum Glück war er nicht allein dieser Meinung. Auch die Leute vom Kattnerhof, wo er an diesem Abend hinwollte, hielten nichts vom Vermieten. Die blonde Magdalena, die den Hof nach dem Tode ihres Vaters übernommen hatte, war auf zusätzlichen Verdienst nicht angewiesen. Der Kattnerhof hatte den größten Grundbesitz in der ganzen Umgebung, und Kenner sagten, der Wein von der Magdalena sei genauso gut, wie die junge Bäuerin schön war.

Der alte Alois ging jetzt durch die Weingärten und bestaunte die dichten Reben, die an den Stöcken hingen. Es wurde höchste Zeit, dass sie herunterkamen, und deswegen wollte er heute mit Magdalena sprechen.

Blitzsauber war es vor dem alten Haus gekehrt, und aus dem offenen Fenster kam ein fröhliches Singen. Der Mann verweilte einen Augenblick und hörte der wohlklingenden Frauenstimme zu. Dann sagte er laut: »Hättest auch eine gute Sängerin abgegeben, Magdalena.«

Die junge Frau, die am Schrank gestanden hatte, wandte sich erschrocken um. Als sie den abendlichen Besucher erkannte, schüttelte sie lachend den Kopf.

»Man könnt meinen, du gehst auf Brautschau, so heimlich schleichst dich heran.«

»Wenn die Braut ausschauen tät wie du, könnt ich es mir auf meine alten Tage noch überlegen«, gab er scherzend zurück.

»Komm herein und trink ein Glasl Wein mit mir. Die Mutter ist zur Andacht in die Kirche gegangen, und die Mali hat sich hingelegt. Das Rheuma macht ihr zu schaffen«, sagte die Magdalena und machte eine einladende Handbewegung.

Alois ließ sich nicht zweimal bitten. Die Gesellschaft der feschen Bäuerin und noch dazu ein Glas vom Roten, dafür hatte sich der Weg schon gelohnt.

Die Küche vom Kattnerhof war groß und geräumig. Überall sah man Magdalenas ordnende Hand, alles zeugte von Geschmack und Wohlstand. Unter dem Herrgottswinkel stand die Fotografie des verstorbenen Bauern. Ein Jahr war es bald her, dass den Kattner-Johann ein umstürzender Baumstamm so schwer getroffen hatte, dass er noch in derselben Nacht gestorben war.

Von heute auf morgen war die junge Magdalena in die Rolle der Bäuerin hineingewachsen, und jedermann im Dorf wusste, dass sie Tüchtigkeit und Ehrgeiz von ihrem Vater geerbt hatte.

Nur ein Herz für die Liebe und ein Mannsbild, das schien sie nicht zu haben. Auch das sagten sie im Dorf.

Daran musste Alois jetzt denken, als er ihr gegenübersaß und mit ihr anstieß. Ein bildschönes Frauenzimmer war sie schon mit den großen, grünen Augen und der kleinen, geraden Nase. Über der hohen Stirn hatte sie die blonden Haare zu einer Zopfkrone hochgesteckt. Kein Wunder, dass einem jungen Burschen da die Sprache wegblieb, wenn es sogar ihm, dem bald Siebzigjährigen, recht angenehm in ihrer Gegenwart war.

»Deine Trauben müssen herunter, Magdalena, sie sind überreif«, sagte er fachmännisch, und sie nickte ein wenig schuldbewusst.

»Ja, freilich, Alois, das hätt längst schon sein sollen. Doch den Mann, den ich dafür angestellt hab, den kannst du vergessen. Der schaut zu tief ins Glas und arbeitet kaum. Ich hab’s zu spät gemerkt. Jetzt halt ich Ausschau nach jemanden, der mir zur Seite steht. Die Mali kann heuer nimmer, und der Mutter möcht ich die Arbeit auch net zumuten.«

»Ein Mannsbild gehört zu dir ins Haus«, brummte er, »und deswegen bin ich auch hier. Vor einer Stunde hat sich ein junger Bursch vorgestellt auf meinem Hof und hat um Arbeit als Knecht nachgefragt. Ich hab ihn fortschicken müssen, weil ich ja den Josef hab. Dann ist mir eingefallen, dass ich ihn hätt zu dir schicken sollen. Es ist noch net zu spät, mein ich. Er wollte im Dorf übernachten und morgen in aller Frühe weiter nach Kaltem und Auer gehen.«

Mit dem Gedanken, einen Knecht zu beschäftigen, trug sich die junge Frau schon länger. Nach dem Tod des Vaters hatte sie für zwei gearbeitet, um die Trauer zu unterdrücken, den sein Verlust hinterlassen hatte. Nun spürte sie, dass sie der vielen Arbeit und der zusätzlichen Rebenernte nicht mehr gewachsen war.

»Und du meinst, er wär etwas für meinen Hof? Hat er Zeugnisse dabei?«, wollte sie wissen.

Der Bauer vom Gamsbichlhof schüttelte den grauhaarigen Kopf.

»Er hat net viel von sich gesprochen, Magdalena. Der Vater hat seinen Hof vertrunken und verspielt, bis schließlich die Gläubiger kein Erbarmen mehr hatten. Von heute auf morgen hat er zusammen mit seiner Schwester vor dem Nichts gestanden. Das Madl arbeitet drüben in Innsbruck als Kindermädchen bei reichen Leuten, und er sucht eine Stelle als Knecht, bis er so viel Geld beisammen hat, dass er wieder an eigenen Besitz denken kann.«

»Sein Vater war Trinker, sagst du.« Misstrauisch blickten Magdalenas grüne Augen ihn an.

Alois schüttelte den Kopf.

»Wir sollten keine Vorurteile haben, Magdalena, und diesem Burschen eine Chance geben. Er macht einen guten Eindruck und schaut aus, als könne er arbeiten. Da verlass ich mich auf meinen gesunden Menschenverstand, und der hat mich noch net getäuscht.« Er nickte dankend, als ihm die junge Frau das Glas ein zweites Mal vollschenkte.

»Wirst ihn denn noch finden? Eppan ist net klein«, wollte sie wissen.

Der alte Mann straffte seine schmale Gestalt.

»Ich bin ein schlauer Fuchs, Magdalena«, sagte er mit einem listigen Augenzwinkern. »Es kommen für so einen Burschen nur zwei Gasthöfe in Betracht. Die haben preiswerte Fremdenzimmer. Wenn du Ja sagst, schau ich, dass ich ihn finde.«

Die alte Kattnerbäuerin kam zur Tür herein. Sie ging etwas gebückt, und ihr faltiges Gesicht erhellte sich, als sie den Besuch sah.

Früher war sie eine gut aussehende Frau gewesen, aber der tragische Unfall im vergangenen Jahr hatte sie frühzeitig altern lassen.

Der Kattner-Johann war zwar ein herrischer Mann gewesen, aber seine Josefa hatte er über dreißig Jahre hindurch vergöttert. Sie hatte sich bei ihm immer verstanden und beschützt gefühlt. Nun war sie mit ihrem einzigen Kind allein und fand sich nur schwer zurecht ohne den geliebten Mann.

»Da schau her, der Alois.« Sie gab ihm die Hand. »Hab dich net gesehen bei der Andacht. Hätt mir denken können, dass dir ein Roter lieber ist.«

»Du wirst schon mitgebetet haben für mich, Josefa, aber ich bin net nur zum Trinken da, obwohl der Rote ganz ausgezeichnet schmeckt. Einen Knecht hätt ich für die Magdalena und hab grad darüber mit ihr gesprochen.«

»Er meint, er wüsst einen geeigneten Burschen«, sagte die junge Bäuerin zur Mutter. »Was hältst du davon?«

Die alte Frau hatte sich zu ihnen gesetzt, nicht ohne einen Blick auf das Bild im Herrgottswinkel zu werfen.

»Ich hab es dir gleich gesagt, als das damals mit dem Vater passiert ist, Magdalena. Ohne Mann bringst du den Hof net durch. Und wenn der Alois jetzt den richtigen hat, dann greif zu. Du weißt, dass die Traubenernte ins Haus steht, und der Stall macht viel Arbeit.«

»Also gut«, sagte Magdalena resolut, und Alois staunte, wie sie in diesem Augenblick dem verstorbenen Bauern glich. »Wenn du ihn noch erwischst, dann schick ihn herauf. Er kann sich das Geld für die Übernachtung im Wirtshaus sparen, wenn er mir zusagt.«

Der alte Bauer stand auf und trank den letzten Schluck im Stehen.

»Vergelt’s Gott für den Wein. Ich will schauen, was ich für euch tun kann.« Mit einem Kopfnicken verließ er die Küche.

Die alte Bäuerin schaute die Tochter an.

»Willst net noch einen kleinen Spaziergang machen, Magdalena? Der Abend ist so schön und hinterher schläfst du besser. Der Mali bring ich ihren Tee schon hinauf.«

Magdalena schaute hinaus in den Abendhimmel, und plötzlich wurde es ihr in der Küche zu eng. Die Mutter hatte schon recht, wenigstens eine Stunde am Abend sollte sie an sich denken. Sie streichelte die verarbeitete Hand der alten Frau.

»Hast recht, Mutter, ich geh schon. Will nur schnell meine Jacke holen, abends wird es jetzt schnell kühl.«

Josefa Kattner schloss die Küchenfenster und schaute ihrer Tochter nach, bis sie zwischen den Reben verschwunden war.

Seufzend setzte sie sich dann noch für ein Weilchen zu dem Bild im Herrgottswinkel und hielt stumme Zwiesprache mit dem verstorbenen Mann: Wenn Magdalena den rechten Burschen zum Heiraten finden würde, dann wäre es das Beste. Dann könnte sie, Josefa, eines Tages getrost die Augen schließen.

***

Im Gasthof »Adler« saßen in der vorderen holzgetäfelten Stube die Bauern von Eppan an blank gescheuerten Holztischen vor ihrem Wein, während im neu erbauten Saal die Urlauber speisten.

Alois Gamsbichler hielt Ausschau nach einem breitschultrigen, dunkelhaarigen Burschen, den er in dem anderen Gasthof nicht gefunden hatte. Er konnte nur noch hier sein.

Im Saal fand er ihn nicht, und die Bedienung schickte ihn in die vordere Gaststube. Dort saß er allein an einem Tisch und trank Bier. Der Mann erkannte den Alten sofort wieder, und ein Lächeln lag auf seinen Lippen.

»Setz dich her, Bauer, und trink mit mir. Ich geb einen aus«, meinte er, und Alois tat das net ungern. Er bestellte ein Achtel vom Roten und setzte eine gewichtige Miene auf.

»Arbeit hab ich für dich, deswegen hab ich nach dir gesucht. Und wenn du net im Dorf geblieben wärst, hättest du was versäumt. Auf dem Kattnerhof, hoch oben in Eppan, suchen sie einen Knecht. Nur Weibsbilder sind im Haus, und die junge Bäuerin, die Magdalena, hat das Sagen. Wennst dich gut mit ihr stellst und arbeitest, wirst du dich über den Lohn net beklagen müssen.«

Sein Gegenüber hatte aufmerksam zugehört, und jetzt stand Erleichterung in seinem männlichen Gesicht. Er schlug dem Alois auf die Schulter.

»Wenn das so ist, dank ich dir recht schön für dein Kommen, Bauer. Ich will mich gleich auf den Weg machen, sonst wird es dunkel. Meine Sachen lass ich einstweilen hier im Gasthof.«

Doch davon wollte der Bauer nichts wissen.

»Nimm gleich alles mit! Wenn du der Magdalena gefällst, kannst dir das Geld für die Übernachtung sparen und gleich eine Kammer beziehen. Wie du ausschaust, schaffst du das bestimmt.«

Und dann erklärte er dem Fremden den Weg durch die schmalen Dorfgassen, durch die Weinberge hinauf zum Kattnerhof. Der junge Mann gab der drallen Bedienung noch einen Schein, damit sie dem Alois ein neues Glas hinstellte. Für ihn wurde der Tag allmählich zu einem Feiertag.

***

Sebastian Hausner machte sich auf den Weg. Es dämmerte bereits, und er hoffte, den Kattnerhof bald zu finden. Wenn er mit der Bäuerin einig werden konnte, so bedeutete das für ihn endlich wieder ein geregeltes Leben.

Seit Wochen war er nun schon auf Arbeitssuche, aber wer stellte im Herbst, nach der Ernte, neues Gesinde ein. Schon gar nicht drüben in Österreich, wo er herkam.

Man hatte ihm den Rat gegeben, es in Südtirol zu versuchen. Dort suchten die Bauern junge Burschen, die während der Weintraubenernte halfen und beim Keltern. So hatte er schweren Herzens seine Schwester Barbara jenseits der Grenze zurückgelassen. Wenigstens hatte sie eine sichere Anstellung bei gutem Lohn gefunden.

Trotzdem war der Abschied schwergefallen. Sie waren von klein auf nie getrennt gewesen, und für das junge Mädchen hatte der ältere Bruder Vaterstelle vertreten.

Wenn er an seinen Vater zurückdachte, dann erfüllte Sebastian Hausner grenzenlose Bitterkeit. Er hatte sich weder um die beiden Kinder gekümmert noch um seinen Besitz. Nach dem frühen Tod der Mutter war es immer mehr bergab mit ihm gegangen, er hatte alles Geld vertrunken und verspielt.

Sebastian, der von früh bis spät schuftete, war ohnmächtig dagegen gewesen. Noch hatte der Vater den Hof nicht übergeben, er, der einzige Sohn, war nichts weiter als eine billige Arbeitskraft gewesen. Wäre nicht seine Liebe zur Heimat gewesen und vor allem die kleine Schwester, Sebastian hätte den Vater längst seinem Schicksal überlassen. Ihm hatte keiner mehr helfen können, weder mit Bitten noch mit Drohungen. Auch teure Kuren hatten ihn nicht von seiner Sucht befreien können, aber sie hatten den Hausnerhof mit an den Rand des Ruins gebracht.

Das bisschen Geld, das Sebastian nach der Versteigerung verblieben war, hatte er der Schwester gegeben. Er war zuversichtlich, bald wieder Arbeit zu finden.

Der Kattnerhof war der fünfte Hof, wo er um Arbeit fragte. Nach dem vielen Pech der vergangenen Jahre hatte er einfach keine Hoffnung mehr, dass es ihm jemals wieder besser gehen könnte. Dabei war es sein größter Wunsch, wieder auf der eigenen Scholle zu arbeiten.

Ein schmaler Weg führte jetzt durch die Weingärten. Vor ihm ging eine schlanke junge Frau mit hochgesteckten blonden Haaren. Als hätte sie seinen Blick gespürt, wandte sie sich um und wich ein wenig zur Seite, um ihn vorbeigehen zu lassen.

Sebastian Hausner grüßte freundlich und tat einen kurzen Blick in zwei grüne Augen, wie er sie noch nie gesehen hatte. Er hätte gerne seinen Schritt verhalten, aber der hochmütige unnahbare Ausdruck in ihrem Gesicht ließ seine Worte unausgesprochen.

Wahrscheinlich war sie die Tochter eines reichen Weinbauern, die es sich leisten konnte, auf einen wie ihn herabzuschauen. Doch es tat nicht mehr weh, er war unempfindlich geworden. In den letzten Jahren hatte er nur mehr Demütigungen und Feindseligkeiten zu spüren bekommen, und die besten Freunde hatten sich von ihm, dem Sohn eines Trinkers, abgewandt.

Inmitten der Weinberge tauchte nun ein rotbraunes Schindeldach auf, und Sebastian hörte einen Hund bellen. Bald sah er den Hof vor sich liegen. Wenn er sich nicht verlaufen hatte, musste dies der Kattnerhof sein, so wie ihn der Bauer beschrieben hatte.

Eine alte Frau saß vor dem Haus, die Hände wie zum Gebet gefaltet. Sie schrak hoch, als der Hund wieder zu bellen anfing.

»Sei still, Hasso«, sagte sie und schaute auf den Mann, dem das wütende Knurren des Vierbeiners galt.

»Bin ich recht auf dem Kattnerhof?«, fragte Sebastian und stellte seinen Rucksack auf den Boden. Er war ihm beim Steigen recht schwer geworden.

Die Frau auf der Bank nickte.

»Da bist schon richtig, Fremder. Bist du etwa der neue Knecht?«

Er lachte. »Das wird sich bald entscheiden, Bäuerin. Ich bin Sebastian Hausner und vom Gamsbichlerbauern zu dir geschickt worden. Schön habt ihr es hier oben, und ich würde mich freuen, wenn ich mit dir einig würde.«

Die Alte schüttelte den Kopf, ein Schmunzeln lag auf den faltigen Lippen.

»Da musst warten, bis meine Tochter, die Magdalena, kommt. Die hat jetzt das Sagen auf dem Hof, und das ist gut so. Ich bin viel zu müde.«

Während sich Sebastian setzte und überlegte, wie wohl die Tochter dieser verarbeiteten Frau aussehen würde, kam das Mädchen, dem er eben begegnet war, auf das Haus zu. Es hatte seine Schritte beschleunigt. Jetzt ruhte der Blick fragend auf ihm.

»Das ist Sebastian Hausner, der bei dir arbeiten will, Magdalena«, sagte die alte Bäuerin und schmunzelte über das Erstaunen des jungen Mannes. Die er für eine verwöhnte Bauerntochter gehalten hatte, war also die Bäuerin vom Kattnerhof. Wie man sich doch täuschen konnte.

Er stand auf und überragte das zierliche Mädchen um Haupteslänge. Mit einem offenen Lächeln streckte er Magdalena die Hand hin.