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Hanni Birkmoser

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Beschreibung

Sag endlich die Wahrheit, Monika!
Sie weinte an seiner Brust, dann gab sie ihr Geheimnis preis
Von Hanni Birkmoser

Markus Sonnleitner hört die Glocke zum Mittagessen rufen. Und er sieht die Rauchwolken, die vom Kamin seines Hofes hinauf in den blauen Himmel steigen.
Gestern hat er Geburtstag gehabt, den fünfundzwanzigsten und den ersten als Bauer vom Sonnleitenhof. Ja, offiziell gehört der Hof jetzt ihm, doch das Sagen hat nach wie vor sie - seine ältere Schwester. Oft schon hat sich Markus gegen sie aufgelehnt, aber dann erinnert sie ihn jedes Mal daran, was sie alles für ihn getan hat. Elternstelle hat sie an ihm vertreten und später sogar auf einen Mann in ihrem Leben verzichtet.
Ja, das Leben hat Franziska hart und bitter gemacht. Doch von ihrer größten Angst ahnt selbst der Bruder nichts: Es ist die Angst, Markus könne sich verlieben und seine Braut würde ihr ihren Platz auf dem Sonnleitenhof streitig machen ...

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Seitenzahl: 141

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Inhalt

Cover

Impressum

Sag endlich die Wahrheit, Monika!

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Michael Wolf

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar

ISBN 9-783-7325-7929-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Sag endlich die Wahrheit, Monika!

Sie weinte an seiner Brust, dann gab sie ihr Geheimnis preis

Hanni Birkmoser

Ihre Schwägerin Monika ist Franziska Sonnleitner von Anfang an ein Dorn im Auge. Nach dem frühen Tod der Eltern hatte sie als ältere Schwester immer das Sagen auf dem Sonnleitnerhof, und nun die zweite Geige hier zu spielen, das behagt ihr ganz und gar nicht. Sie konnte zwar nicht verhindern, dass ihr Bruder Markus Monika zur Frau genommen hat, doch noch ist nicht aller Tage Abend. Und so lauert Franziska fortan auf eine Gelegenheit, die verhasste Schwägerin loszuwerden. Unaufhörlich belauscht die Schwester die beiden Turteltauben, und eines Tages schnappt sie etwas auf, was niemals jemand erfahren sollte. Dass das nicht so bleibt, dafür wird Franziska nun umgehend sorgen …

Markus Sonnleitner, der Bauer vom Sonnleitnerhof, hörte die Glocke zum Mittagessen rufen. Und er sah die Rauchwolken, die vom Kamin seines Hofes hinauf in den blauen Himmel stiegen.

Er stand still und stützte beide Arme auf seinen Rechen.

Gestern hatte er Geburtstag gehabt, den fünfundzwanzigsten und den ersten als Bauer vom Sonnleitnerhof. Bis vor einem Jahr hatte seine Schwester Franziska, gute fünfzehn Jahre älter als er, den Hof geführt. So war es testamentarisch vom Vater festgelegt worden. Ihrer beider Mutter war bei seiner Geburt im Wochenbett gestorben, und der Vater war ihr gefolgt, als Markus knapp zehn Jahre alt gewesen war.

Als der Vater sein Ende hatte kommen fühlen, hatte er alles in die Hände seiner Tochter Franziska gelegt, einem derben, rechthaberischen Mädchen von damals fünfundzwanzig Jahren. Franziska war es nur zu recht gewesen, die nächsten fünfzehn Jahre als Bäuerin vom Sonnleitnerhof schalten und walten zu können.

Damals hatte es einen jungen Burschen im Leben der Schwester gegeben, den etwas rundlichen, aber immer lustigen Benno Markthaler. Er wollte sie als seine Bäuerin heimführen, doch Franziska hatte es vorgezogen, Bäuerin vom Sonnleitnerhof zu sein.

Benno hatte nach jahrelangem Warten schließlich eine andere geheiratet, aber man erzählte sich, dass er Franziska nicht habe vergessen können.

Markus zog seinen grünen Filzhut tiefer in die Stirn und tat einen Seufzer. Leider war Benno jetzt nicht mehr frei und konnte nicht um die Schwester werben. So musste er sich wohl damit abfinden, dass sie ein Leben lang unter seinem Dach leben würde.

Das wäre nicht so schlimm gewesen, wenn Franziska nicht mit den Jahren immer herrschsüchtiger geworden wäre. Gehörte der Hof von Rechts wegen jetzt auch ihm, das Sagen hatte nach wie vor sie.

Oft schon hatte sich Markus gegen sie aufgelehnt, aber dann erinnerte sie ihn immer daran, was sie alles für ihn getan hatte. Sie hatte die Elternstelle an dem damals Zehnjährigen vertreten und auch auf einen Mann in ihrem Leben verzichtet.

Markus schwieg dann jedes Mal, weil es einfach keinen Sinn hatte, sich gegen die Schwester aufzulehnen. Er musste mit ihr zusammenleben und das Beste daraus machen.

Während er, seinen Rechen über der Schulter, auf den Sonnleitnerhof zuschritt, dachte er daran, wie schön es wäre, wenn einmal eine junge Frau dort unten auf ihn warten würde. Er war schon ein paarmal verliebt gewesen, aber alle Mädchen hatten große Scheu vor seiner Schwester gehabt.

Sollte er einmal heiraten, würde Franziska seiner Frau das Leben nicht leicht machen. So, wie sie es auch ihm oft genug schwer machte. Als er seinen Hof erreichte, sah er sie vor der Tür stehen, groß und breitschultrig, die Hände in die Hüften gestützt.

„Brauchst wohl eine Extraeinladung zum Essen“, begrüßte sie ihn schnippisch. „Ich hab auch noch etwas anderes zu tun, als auf dich zu warten. Oder meinst du vielleicht, die Arbeit in dem großen Haus tut sich von allein?“

„Ich hab auch net im Gras gelegen und zum Himmel geschaut“, erwiderte Markus. „Immerhin hab ich das ganze Heu vom Ganslhang eingebracht.“

In der Küche wirtschaftete die Magd Zenzl am Herd. Sie war die einzige Bedienstete auf dem Sonnleitnerhof und hatte anstelle der Bäuerin die Kinder aufgezogen. Irgendwie hing auch die sonst so kühle Franziska an ihr und hatte sich gescheut, die alte Frau zusammen mit den anderen Bediensteten zu entlassen.

„Wir sind jung und kräftig, wir brauchen kein Gesinde“, hatte sie damals bald nach dem Tod des Vaters ihrem Bruder gesagt und den Buben gezwungen, wie ein Erwachsener zu arbeiten.

Oft genug hatte die alte Zenzl Mitleid mit ihm gehabt, wenn er abends todmüde beim Essen eingeschlafen war. Markus liebte die Alte heiß und innig und strich ihr auch heute zärtlich über das schüttere graue Haar.

„Riecht nach meiner Leibspeise, Zenzl. Hast du gar einen Kaiserschmarrn für mich auf dem Ofen?“

Das Gesicht der Magd erhellte sich. Sie nickte eifrig.

„Setz dich nur gleich hin, Bub! Sonst wird er mir zu braun. Und frisches Kirschkompott hab ich extra für dich dazu gemacht.“

So, wie er es seit seiner Jugend gewohnt war, schlug Markus ein Kreuzzeichen, bevor er sich an den Tisch setzte. Die Schwester brachte einen Krug kalte Milch, und jetzt fühlte er erst richtig den Durst und Hunger. Die alte Zenzl setzte sich als Letzte an den Tisch und warf Franziska einen scheuen Blick zu.

„Heut Nachmittag hätt ich gerne eine Stunde zur Pfarrköchin geschaut, Franzi. Sie ist krank und freut sich über einen Besuch.“

Franziska runzelte die Stirn.

„Heut Nachmittag wollten wir uns doch draußen in der Sonne den Flickkorb vornehmen. Hast du das vergessen, Zenzl? Die Pfarrköchin wird auch ohne dich wieder gesund werden.“

Die alte Zenzl beugte sich tief über ihren Teller. Sie schämte sich, von der Jüngeren zur Arbeit ermahnt worden zu sein. Aber da kam ihr Markus zu Hilfe.

„Was soll denn der Unsinn, Franzi? Die Zenzl hat sich eine Stunde wohl verdient. Warum bist du denn so kleinlich, der Flickkorb kann doch warten! Setz dich doch auch ein bisserl in den Garten in die Sonne. Du siehst oft gar net, wie schön so ein Sommertag sein kann.“

Franziska erhob sich abrupt und stellte die Teller zusammen. An der Art, wie sie es machte, erkannte Markus, wie tief es sie getroffen hatte, dass er sich auf die Seite der alten Magd gestellt hatte.

„Willst du jetzt im Haus auch den Ton angeben?“, fragte sie ihn mit schmalen Augen. „Das war doch bisher mein Bereich.“

Auch Markus hatte sich erhoben, gewillt, keinen Deut nachzugeben.

„Das soll auch so bleiben, Franzi! Ich red dir da nix drein. Aber die Zenzl geht uns beide an. Und ich als Bauer sage, dass sie den Nachmittag freihat. Und wenn du willst, Zenzl, nimmst du ins Pfarrhaus einen Korb Kirschen mit. Sie sind besonders gut in diesem Jahr.“

Am liebsten hätte ihm die alte Frau so wie früher über das dunkle Haar gestrichen. Aber der Blick seiner Schwester hinderte sie daran. So bedankte sie sich nur leise. Franziska verließ die Küche und warf die Tür lautstark hinter sich zu. Markus hörte die alte Frau seufzen.

„Hast es net leicht mit ihr, Zenzl“, sagte er mitfühlend.

Sie fuhr sich mit der Hand über die Augen.

„Ich bin froh, dass ich bei euch hab bleiben dürfen, Markus. Die Franzi hat es net leicht gehabt. Als junges Ding hat sie dich und den Hof zu versorgen gehabt, und alle Verantwortung ist auf ihr gelegen. Da hat es kaum ein Vergnügen für sie gegeben. So etwas macht hart.“

„Du nimmst sie in Schutz, Zenzl“, sagte er und lächelte, „aber ich weiß schon, dass sie dir das Leben net leicht macht. Mir ergeht es ja net anders. Aber zum Glück kann ich mich wehren, und du tust es halt net.“

Sie ließ heißes Wasser in die Spülschüssel laufen und schüttelte den Kopf.

„Ich kann ihr auch nimmer die Hilfe sein, die sie im Haus braucht. Eine junge Magd gehörte her, die die Kühe melkt und auch ein bisserl auf dem Feld mithilft. Früher waren es doch auch mindestens drei Bedienstete auf dem Hof.“

„Wenn es nach mir ginge, könnt die Schwester sofort eine junge Magd einstellen. Aber sie will ja niemand Fremden im Haus haben.“ Markus zuckte mit den Schultern.

„Du wirst eines Tages eine Frau bringen, Markus! Der Hof braucht eine junge Bäuerin und einen Erben. Das richtige Alter hättest du dafür.“

„Ich denk net ans Heiraten, vorläufig“, entgegnete er fast grob. „Und bei meiner Schwester, da muss mich eine schon sehr gernhaben, dass sie mich nimmt.“

„Wegen deiner Schwester kannst du aber net ein Leben lang allein bleiben“, entgegnete Zenzl. „Du darfst es ihr net gleichtun und net ans Heiraten denken. Für sie wär es damals auch net schlecht gewesen, wenn sie den Benno genommen hätte. Er hat sie sehr gerngehabt … trotz ihrer Herrschsucht.“

„Aber wer weiß, was dann aus dem Sonnleitnerhof geworden wäre“, gab Markus zu bedenken. „Irgendwie wird es schon recht sein, so, wie es gekommen ist. Und ich werde ihr auch niemals vergessen, was sie für mich getan hat.“

***

Draußen auf dem Hof hielt Markus Ausschau nach der Schwester, aber er fand sie nicht. Wahrscheinlich arbeitete sie bereits wieder im Stall. So nahm er seinen Rechen, um das Heu am obersten Hang zusammenzurechen und auf die Schulterkraxe zu laden.

Immer noch stand die Sonne hoch am Himmel, und die Schweißtropfen standen ihm beim Aufstieg auf der Stirn. Er hörte vom Wald her das Rauschen der nahen Klamm. Und wie so oft schlug er auch heute den schmalen Pfad ein, der zu ihr führte.

Im Wald war es schattig und kühl, das Moos dämpfte den Schall seiner Schritte. Das Tosen und Brausen kam immer näher, und dann sah er vorne auf einem Felsvorsprung die einsame Gestalt. Weit beugte sie sich vor, und sein Herzschlag drohte auszusetzen vor Schreck.

„Nein“, rief er, und das Echo gab sein Nein zurück.

Ganz langsam wandte sich die Gestalt um, und er sah beim Näherkommen ein Mädchen dort oben stehen mit hängenden Armen und gesenktem Kopf. So stand es auch noch, als er zu ihm gekommen war und es an beiden Armen fasste.

„Du wolltest doch net etwa da hinunterspringen?“ Er deutete auf die Klamm, die tief unter ihnen lag.

Jetzt hob das Mädchen sein Gesicht, und Markus schaute in zwei Augen, wie er sie noch nie im Leben gesehen hatte.

„Was tust du hier? Warum stehst du da?“, fragte Markus weiter und ließ ihren Arm nicht los aus Angst, sie könnte einen unüberlegten Schritt auf die Klamm zu machen.

Sie zuckte mit den Schultern und fing auf einmal an zu weinen. Ein heftiges Schluchzen schüttelte die ganze Gestalt.

Markus war ratlos. Seine Schwester hatte er niemals weinen gesehen. Ganz spontan zog er die zierliche Gestalt, die ihm kaum bis an die Schulter ging, an sich und strich beruhigend über ihr Haar. Ganz langsam wurde das Mädchen ruhiger. Und Markus zog sie an der Hand ein paar Schritte fort vom drohenden Abgrund.

„Ich wollt es net tun“, hörte er sie sagen, und die Stimme war weich und dunkel. „Ich komm von der anderen Seite des Tales und will hinunter ins Dorf. Verlaufen hab ich mich und bin dem Rauschen des Wassers nachgegangen. Und dann bin ich da oben gestanden, hab hinuntergeschaut und mir gedacht, ein Schritt nur, und alles wäre zu Ende. Ich hab es nur gedacht, ich wollt es net tun.“

„Komm, wir setzen uns ein bisserl ins Moos und reden miteinander“, schlug Markus vor. „Grad glücklich schaust du mir net aus.“

Sie setzte sich neben ihn und strich ihr Dirndlkleid glatt. Es war ein guter Stoff, der bestimmt nicht billig gewesen war. Überhaupt schaute sie nicht aus, als wäre sie harte Arbeit gewohnt.

„Was willst du denn bei uns im Dorf?“, fragte Markus.

„Mir Arbeit suchen. Ich hab kein Dach mehr über dem Kopf und kein Geld.“

Eine Weile schaute Markus nachdenklich auf den Boden.

„Wirst es net leicht haben bei uns im Dorf. Jetzt zum Sommer sind die Bauern mit Gesinde versorgt. Was hast denn bisher gemacht?“

Ihr Gesicht wurde plötzlich hart.

„Darüber möcht ich net reden! Und ich könnt mir vorstellen, dass eine gute Magd schon irgendwo Arbeit findet.“

„Hast du denn ein Zeugnis bei dir?“, wollte er wissen.

Wieder schüttelte sie mit verschlossenem Gesicht den Kopf.

„Ich arbeite auch gern für wenig Geld. Mir reicht es, wenn ich eine Kammer zum Schlafen und ein bisserl Essen hab.“

Tiefes Mitleid stieg in Markus auf. Wie verzweifelt musste dieses bildhübsche Ding sein! Wer hatte ihr wehgetan? Warum suchte sie hier nach Arbeit? Aber das waren alles Fragen, auf die sie ihm keine Antwort geben wollte.

„Wie alt bist du denn?“

„Gerade zwanzig geworden“, antwortete sie und sah sein Erstaunen. „Das stimmt, ich lüg dich net an.“

Markus lächelte über ihren Ernst.

„Ich hab dich für siebzehn und keinen Tag älter gehalten. Und ich kann dich auch hier im Wald net allein lassen. Ich bin Markus, der Bauer vom Sonnleitnerhof. Wenn du willst, kommst du zu mir auf den Hof. Arbeit gibt es genug.“

Ihre Augen wurden groß.

„Du willst mich wirklich anstellen? Und kennst mich gar net?“

Er lachte und konnte ihr nicht verraten, warum er das gesagt hatte. Weil sie ihm mehr als gut gefiel und weil sein Herz in ihrer Nähe so eigentümlich schnell klopfte. Und weil er auch großes Mitleid mit ihr hatte.

„Da gibt es nur ein Problem.“ Er kratzte sich verlegen am Kopf. „Ich leb net allein auf dem Hof und …“

„Du hast eine Bäuerin?“ Sie fragte es ganz spontan und wusste selber nicht, warum ihr der Gedanke wehtat. Markus lachte.

„Na, Gott behüte! Aber meine Schwester führt den Haushalt und überhaupt das Regiment. Und mit ihr ist net immer gut Kirschen essen.“

Jetzt lächelte das Mädchen und wurde dadurch noch hübscher.

„Ich möchte dich net in Schwierigkeiten bringen, Markus. Ich werdwoanders auch noch etwas finden. Ein bisserl Mut hast du mir ja gemacht. Und jetzt muss ich weiter, der Tag ist bald um.“ Sie erhob sich und Markus ebenfalls, und er hielt wieder ihren Arm fest.

„Nix da, Madl“, sagte er ernst. „So schnell läufst du mir net wieder davon. Wie gesagt, wenn du meinst, mit meiner Schwester auskommen zu können, dann komm mit. Du bekommst einen guten Lohn und eine schöne Kammer auf dem Hof.“

„Aber ich hab kein Zeugnis und möchte auch net gern über mein bisheriges Leben reden“, erklärte sie. Ihr Gesicht wurde wieder ganz merkwürdig hart. „Was wird deine Schwester dazu sagen?“

„Das überlass nur mir. Aber wie du heißt, das müsste ich schon wissen.“

„Monika“, erwiderte sie und schaute ihn mit einem seltsam langen Blick an. „Monika Embacher.“

„Alsdann gehen wir, ich bringe dich gleich hinunter auf den Hof. Das Heu muss halt ein bisserl warten.“

***

Auf dem Embacherhof in Kaltenbrunn herrschte große Aufregung. Schon zum Frühstück war Monika, die Tochter des Hauses, nicht erschienen. Und als die Mutter nun ungeduldig an ihre Kammertür klopfte, war kein Herein zu hören.

Resolut drückte die Bäuerin die Türklinke hinunter und trat in die leere Kammer. Weit standen die Fenster auf, und sie beugte sich hinaus. Die Kammer lag ebenerdig, gleich neben der Stube, und es war ein Leichtes, durch das Fenster hinauszusteigen. Das hatte Monika anscheinend auch getan, nach dem großen Streit mit dem Vater am vergangenen Abend.

„Bertl“, rief die dralle Frau voller Entsetzen, und Albert Embacher, der Bauer, kam mit seinen Stiefeln in die Kammer der Tochter. Er sah das unberührte Bett und wusste gleich Bescheid.

„Sie ist davongelaufen“, keuchte die Mutter, „einfach in der Nacht davongelaufen.“

Der Bauer riss die Schranktüren auf. Ordentlich lag die Wäsche dort, und von den Kleidern fehlte nicht eines.

„Sie kann net weit sein ohne ihre Sachen“, brummte er finster.

Felix, Monikas Bruder, kam und lehnte an der Tür. Er grinste spitzbübisch. Er als Einziger wusste, dass die Schwester fortgelaufen war. Und er hatte sie gehen lassen und versprochen, sie nicht zu verraten, weil er sie verstehen konnte.

„Die wird so schnell net wiederkommen“, meinte er langsam, „und wenn ich sie wäre, würde ich es mir auch überlegen.“

„In vier Wochen soll die Hochzeit sein“, zischte der Vater wütend. „Meinst du, ich lasse mich im Dorf blamieren.“

Die Mutter hatte sich auf Monikas Bett gesetzt und weinte.

„Du hättest net so hart sein sollen mit ihr, Vater! Hättest ihr halt noch ein bisserl Zeit lassen sollen mit der Heirat.“

„Die hätte sie auch haben können, Agnes! Meinetwegen sogar noch ein Jahr. Aber sie ist ja gekommen und hat gesagt, dass sie den Hannes überhaupt net heiraten will. Und das so kurz vor der Hochzeit! Wo sie doch über ein Jahr lang versprochen waren. Was soll der Hannes denn von uns denken? Immerhin ist er der begehrteste Bursche weit und breit, und ihm gehört einmal ein stattlicher Hof. Das Madl muss den Verstand verloren haben.“