Alpengold 302 - Rosi Wallner - E-Book

Alpengold 302 E-Book

Rosi Wallner

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Beschreibung

Rückkehr als gebrochener Mann
Doch dann nimmt Gabriels Leben eine unerwartete Wende
Von Rosi Wallner

Nach seiner verbüßten Haftstrafe wegen versuchten Totschlags ist es schwer für Gabriel Merau, in seinem Heimatdorf wieder Fuß zu fassen. Seine Mutter ist inzwischen verstorben, der kleine Hof vollkommen verfallen, und die Dörfler begegnen ihm mit Ablehnung.
Fast will er schon resigniert aufgeben, da verliebt Gabriel sich ausgerechnet in die reiche Hoftochter Valerie Pachinger, das schönste Madl im ganzen Dorf. Er wagt es kaum zu hoffen, und doch geschieht das Wunder: Valerie erwidert seine Gefühle, und die beiden geraten in einen wahren Glückstaumel.
Gabriel fasst neuen Lebensmut. Zuversicht und Hoffnung erfüllen ihn und seine tiefe Liebe zu der schönen Valerie. Nun wird alles gut, glaubt er, da wendet sich Valerie plötzlich von ihm ab und verlobt sich mit einem anderen ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Rückkehr als gebrochener Mann

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Bastei Verlag / Wolf

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar

ISBN 9-783-7325-8358-4

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Rückkehr als gebrochener Mann

Doch dann nimmt Gabriels Leben eine unerwartete Wende

Von Rosi Wallner

Nach seiner verbüßten Haftstrafe wegen versuchten Totschlags ist es schwer für Gabriel Merau, in seinem Heimatdorf wieder Fuß zu fassen. Seine Mutter ist inzwischen verstorben, der kleine Hof vollkommen verfallen, und die Dörfler begegnen ihm mit Ablehnung.

Fast will er schon resigniert aufgeben, da verliebt Gabriel sich ausgerechnet in die reiche Hoftochter Valerie Pachinger, das schönste Madl im ganzen Dorf. Er wagt es kaum zu hoffen, und doch geschieht das Wunder: Valerie erwidert seine Gefühle, und die beiden geraten in einen wahren Glückstaumel.

Gabriel fasst neuen Lebensmut. Zuversicht und Hoffnung erfüllen ihn und seine tiefe Liebe zu der schönen Valerie. Nun wird alles gut, glaubt er, da wendet sich Valerie plötzlich von ihm ab und verlobt sich mit einem anderen …

„Schau mal, da kommen fei die Pachingers“, sagte die Obermayr-Resi flüsternd und stieß ihre Freundin Irmi Waidinger so unsanft in die Seite, dass diese beinahe ihr gutes Handtaschl hätte fallen lassen.

„Jesses“, murmelte Irmi, richtete aber ihren Blick sofort auf den Großbauern Luitpold Pachinger, der mit seiner Tochter als einer der Letzten die Dorfkirche verließ.

Wie immer verfolgten die beiden älteren Frauen nach dem Sonntagsgottesdienst das Geschehen auf dem Vorplatz der Kirche, eine der wenigen Abwechslungen in ihrem arbeitsreichen, von Armut gezeichneten Leben.

Resi war eine verwitwete Kleinbäuerin, die sich mit einem Hofladen mühsam über Wasser hielt, während Irmi eine Schneiderei betrieb, die schon lange nicht mehr florierte.

Luitpold Pachinger war eine imposante Erscheinung, was nicht zuletzt der feierlichen Tracht des Gebirgsdorfes, die er bei besonderen Anlässen trug, zuzuschreiben war. Seitlich an der knielangen Hose aus Hirschleder, die mit aufwendiger Stickerei verziert war, hing eine Charivari-Kette, teils mit Zähnen von erlegten Wildtieren, teils mit Figuren aus Bergkristall bestückt. Am Revers des dunklen Jankers mit den Hirschhornknöpfen glänzten eine Vielzahl von Medaillen und Abzeichen, die die Wichtigkeit seines Trägers unterstrich. Ein leuchtend roter Spenzer rundete das Erscheinungsbild, das den Eindruck bäuerlichen Stolzes vermittelte, ab.

„Der ist immer noch ein stattliches Mannsbild, der Pachinger-Luitpold“, bemerkte Resi nicht ohne Neid.

„Ja, seltsam, dass er nimmer geheiratet hat. Dabei hätt er doch eine jede haben können“, meinte Irmi.

„Vielleicht, weil er seine Frauen so schnell unter die Erde gebracht hat“, vermutete Resi düster und bekreuzigte sich.

Pachingers erste Frau war nach langem Leiden kinderlos gestorben, und erst hatte es so ausgesehen, als ob Pachinger Wittiber bleiben würde. Doch dann hatte er eine weitaus jüngere Nachbarstochter geheiratet, und alles schien sich zum Guten zu wenden. Eine gesunde Tochter wurde geboren, vier Jahre später war die junge Bäuerin erneut schwanger gewesen. Doch sie hatte eine Totgeburt erlitten, und wenige Tage später war sie ihrem kleinen Sohn nachgefolgt.

Und danach war Pachinger nie wieder auf Freiersfüßen gegangen. Stattdessen hatte er seine einzige Tochter zur künftigen Hofbäuerin erzogen.

Die Aufmerksamkeit der Freundin wandte sich nun Valerie Pachinger zu, die am Arm ihres Vaters die Stufen hinunterschritt.

„Sie hat ja schon wieder ein neues Gewand, die Valerie, man soll es net glauben“, stellte Resi fest.

„Und sogar aus reiner Seide, da ist wahrhaftig net gespart worden“, bemerkte Irmi, die es ja wissen musste.

„Von Kind auf hat der Pachinger seine Tochter verhätschelt und verwöhnt. Wenn sich das amal nur net rächen tät. Solche Kinder sind später oft undankbar. Und wie sie wieder hochmütig dreinschaut, die Valerie, als täten wir überhaupt net für sie existieren“, kam es abfällig über Resis blasse Lippen.

„Schön ist sie ja, die Valerie, kommt ganz nach ihrer Mutter. Aber auch ihre Schönheit wird amal vergehen, und was bleibt dann noch übrig.“

Nach dieser Betrachtung schlugen die beiden Frauen den schmalen Weg zum Dorffriedhof ein, der sich in unmittelbarer Nähe zur Kirche befand. Dann trennten sie sich.

Resi ging schwerfällig zum bescheidenen Familiengrab der Obermayrs, um still im Gedenken an ihren Mann zu verharren.

Wortkarg und mürrisch war er gewesen, ihr Seppi, aber er hatte Tag und Nacht gerackert, um die Familie zu ernähren. Sie hatte nur am Anfang ihrer Ehe gute Worte von ihm gehört, aber sie hatte sich auf ihn verlassen können, allein das zählte.

Resi seufzte und dachte daran, wie er sie als Braut über die Schwelle getragen hatte.

Auch Irmi seufzte, aber eher aus Erleichterung. Denn ihr Mann war ein unverbesserlicher Trunkenbold und Schürzenjäger gewesen, der sie zutiefst unglücklich gemacht und sie beinahe um ihre Existenz gebracht hätte. Sein früher Tod war die Folge seiner Trunksucht gewesen, und Irmi hatte den Witwenstand bereitwillig auf sich genommen.

Die Pachingers hatten sich ebenfalls getrennt. Luitpold steuerte den „Schwarzen Adler“ an, um sich zu einem Frühschoppen zu treffen, während seine Tochter nach Hause zurückkehrte, um nach dem Rechten zu sehen.

Der Pachingerhof lag nicht allzu weit von Niederhofingen entfernt und war über eine Abkürzung, die von der Landstraße abging, schnell zu erreichen. Und so legte Valerie den Weg zu Fuß zurück, wie sie es von Kindheit an gewöhnt war.

Hin und wieder blieb sie stehen und erfreute sich an der herrlichen Naturlandschaft. Das Hochtal wurde von einer Gebirgskette begrenzt, deren Gletscher funkensprühend im hellen Frühlingslicht leuchteten. Schroff stiegen die kahlen Felswände aus dem dunklen Gebirgswald empor, der als Schutzschild gegen Lawinenabgänge diente. Die Almwiesen, die sich anschlossen, waren rot gesprenkelt vom Almrausch, knorrige alte Obstbäume säumten die schmalen Wege, die hindurchführten.

Auch wenn Valerie diesen Anblick immer wieder genoss, so verspürte sie doch keine Dankbarkeit dafür, hier leben zu dürfen, sondern hielt es für eine Selbstverständlichkeit. Genau wie sie es für eine Selbstverständlichkeit hielt, die Erbin eines der größten Bauernhöfe in der Umgebung zu sein.

Auch an dem Hoftor verharrte sie kurz und ließ den Blick über das Anwesen schweifen, das breit hingelagert in einer fruchtbaren Senke lag. Seit Generationen bewirtschafteten die Pachingers diesen Hof, und es war erkennbar, dass auch Pachinger alles dafür tat, ihn zu erhalten. Die Lüftlmalerei an der Vorderseite hatte ein Künstler seines Fachs erneuert, die Balustraden, von denen bald üppiger Blumenschmuck herabwallen würde, waren frisch gefirnist.

Auf beiden Seiten befanden sich Stallungen und Wirtschaftsgebäude, die große Scheune war etwas zurückgesetzt. Alles war wohlgeordnet, auf dem Hofplatz lagen keine verrosteten Gerätschaften herum, wie es auf vernachlässigten Gehöften oft der Fall war. Es wuchs auch kein Unkraut zwischen den Ritzen hervor, und der Eingang war malerisch mit bepflanzten Blumenkübeln geschmückt.

Der Hofhund, ein massiger Rottweiler, erhob sich und wollte gestreichelt werden, als Valerie den Hof überquerte, doch das Mädchen rief ihm nur einen kurzen Befehl zu, sodass er sich gekränkt in seine Hütte zurückzog.

***

Als Valerie den Flur betrat, empfing sie der Duft guten Essens, und sie eilte in die Küche, wo Leni, die sonst für die gröberen Arbeiten zuständig war, die Töpfe mit dem Sonntagsmahl beaufsichtigte. Sie war ein mageres junges Mädchen, das es nicht fertigbrachte, sich die Haare ordentlich zu kämmen, sodass sie immer zerrauft in Lenis Stirn hingen.

Als Valerie den Inhalt der Töpfe zu überprüfen begann, wich sie scheu beiseite, es war offensichtlich, dass sie Angst vor der Hoftochter hatte.

„Pass auf, dass das Gemüse net verkocht“, wies Valerie sie streng an.

„Ja. Bleibt der Bauer noch lang aus?“, fragte Leni, was sie gleich darauf bereute, denn Valerie maß sie mit einem scharfen Blick.

„Mach deine Arbeit“, erwiderte sie nur und wandte sich ab.

Oben in ihrer geräumigen Kammer, die mit teuren hellen Möbeln ausgestattet war, zog Valerie das Festtagsgewand aus und hängte es sorgsam auf einen Bügel. Dann wählte sie ein anderes Dirndl aus, das jedoch für zu Hause auch ziemlich aufwendig war. Doch Valerie liebte gute Kleidung, die ihre Schönheit noch mehr unterstrich.

Dann kämmte sie sich die schwarzen Haare, die, in der Mitte gescheitelt, glatt auf ihre Schultern hinabflossen. Sie umrahmten ein Gesicht von geradezu klassischer Schönheit, das von grünen Augen, die golden gesprenkelt waren, beherrscht wurde. Ihr Mund war schön geschwungen, die Oberlippe leicht aufgeworfen, was ihm einen besonderen Reiz verlieh.

Valerie beugte sich vor und musterte sich eingehend im Spiegel. Obwohl sie erst Anfang zwanzig war, litt sie unter der Angst, dass ihre Schönheit früh verblühen könnte, so wie sie es bei vielen Frauen des Tals gesehen hatte. Doch ihre Haut war samtig und ohne Makel, in den Augenwinkeln hatte sich noch kein Fältchen eingenistet.

Doch es war nur eine Frage der Zeit …

Valerie richtete sich auf und schüttelte die unangenehme Vorstellung von sich ab. Von unten hörte sie die Stimme ihres Vaters, die das ganze Haus zu durchdringen schien. Er war also rechtzeitig zurückgekehrt.

„Valerie!“, rief er dröhnend.

„Komm schon!“

Sie eilte die Treppe hinunter, und man setzte sich an den Tisch, den sie vor dem Kirchgang gedeckt und mit einem Blumenstrauß geschmückt hatte. Pachingers Gesicht war leicht gerötet, sicher hatte er wieder einmal ein Weißes zu viel getrunken, aber das sah Valerie ihrem Vater gerne nach. Denn er rührte – außer beim Stammtisch – sonst keinen Alkohol an und führte in jeder Hinsicht einen vorbildlichen Lebenswandel.

Das Essen war ausgezeichnet, und Luitpold Pachinger versäumte es nicht, seine Tochter dafür zu loben.

„Du kochst so gut wie deine Mutter“, sagte er, denn mit diesem Lob machte er ihr eine ganz besondere Freude.

Valeries Blick flog hinüber zu der Kredenz, wo die Familienbilder aufgereiht in schweren Silberrahmen standen. Die Aufnahme, die ihr am liebsten war, zeigte ihre Mutter, wie sie ihre kleine Tochter Valerie sorgsam auf dem Taufkissen hielt. Eine glückstrahlende Frau, die ihre Schönheit an die Tochter weitergegeben hatte. Und Valerie verspürte wie immer einen dumpfen Schmerz darüber, weil sie sich nicht mehr an ihre Mutter erinnern konnte.

Auch ihr Vater schien über diesen Verlust nie hinweggekommen zu sein, auch wenn er nicht darüber sprach. Seine Tochter, die ihrer Mutter äußerlich so ähnelte, war sein Augenstern, und nie hatte Valerie ein Wort des Bedauerns aus seinem Mund vernommen, weil er keinen männlichen Erben hatte.

„Was hast du heut vor, Valerie?“, fragte er sie, nachdem er den Teller von sich geschoben und sich zurückgelehnt hatte.

Valerie zuckte mit den Achseln.

„Ich treffe mich mit ein paar Freundinnen im Dorf. Wahrscheinlich fahren wir nach Buchhausen hinüber, dort ist ein Frühlingsfest.“

„Ja, aber dass du mit den Madln zusammenbleibst. Trink net so viel Alkohol, und lass dein Glas net aus den Augen. Und wenn ich dich abends abholen soll, dann rufst du an.“

„Vater, das weiß ich doch alles. Ich pass schon auf mich auf.“

Valerie empfand die Fürsorge ihres Vaters als übertrieben, gleichzeitig aber rührte seine väterliche Liebe sie aber auch. Nicht alle Väter waren so, dass wusste sie von ihren Freundinnen, die sich ständig darüber beklagten, dass zu Hause nur ihre Brüder etwas galten.

„Und ich muss endlich die Steuererklärung fertig machen, es ist eh schon über der Zeit. Da geht wieder der ganze Mittag hin“, murrte Pachinger, der immer wieder erklärte, wie sehr er diesen ganzen Papierkram hasste.

„Da gönnst du dir halt ein Weißes mehr heut Abend am Stammtisch“, meinte Valerie und erhob sich, um das Geschirr zusammenzustellen.

„Schwer verdient“, knurrte Luitpold und verschwand in seinem kleinen Arbeitszimmer, wo er, über unergründbare Formulare gebeugt, qualvolle Stunden verbringen würde.

Da Leni den Sonntagmittag freihatte, wusch Valerie das Geschirr ab und brachte anschließend die Küche in Ordnung. Dann stellte sie fest, dass es höchste Zeit war, sich für das Treffen mit den Freundinnen umzuziehen, und sie verließ eilig die Küche.

Schließlich wollte Valerie sie wieder alle ausstechen, denn das verschaffte ihr jedes Mal große Genugtuung.

***

„Schön schaust du heut fei wieder aus, Valerie! Wirst sicher allen Burschen hier den Kopf verdrehen.“

Gundula Haslinger umarmte Valerie herzhaft und lachte.

Sie war Valeries liebste Freundin, weil sie im Gegensatz zu den anderen keinen Neid kannte und Valerie aufrichtig zugetan war. Dabei fiel sie gegen ihre Freundin sehr ab, denn sie war recht üppig und entsprach auch sonst in keiner Weise dem gängigen Schönheitsideal. Die meisten Mängel ließen sich durch ausladende Dirndlkleider kaschieren, doch all das konnte nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie sich unbeholfen bewegte und in letzter Zeit immer mehr zuzunehmen schien.

Das Madl hatte aber schöne blaue Augen, ein reizendes Lächeln und vor allem ein liebenswertes Wesen. Und nicht zuletzt war sie die Tochter eines reichen Sägewerkbesitzers, und das allein zählte schon etwas.

Außer ihr hatten sich nur noch zwei weitere Madln eingefunden, die Riedinger-Ursel und die Hofstetter-Roswith. Beide begutachteten kritisch Valeries Aufmachung, verloren aber kein Wort darüber.

„Die Mirl ist schon mit ihrem Bruder vorausgefahren, sie und ihre Schwester stoßen dann zu uns“, verkündete Roswith Hofstetter, die in einem blau-weiß gestreiften Dirndl ganz entzückend aussah.

Auch Ursel konnte sich sehen lassen mit ihrer dunklen Haarpracht und der schlanken Figur. Doch neben Valerie würden ihre Reize wie immer verblassen, was besonders Roswith, die unbedingt heiraten wollte, ein Dorn im Auge war.

„Wir fahren in meinem Wagen nach Buchhausen rüber, da passen wir alle hinein“, schlug Gundula vor.

Sie war im Besitz eines Kleinwagens in grellem Rosa, was jedes Mal Spott auslöste, wenn sie damit auftauchte. Das störte Gundula, die einen Sinn für schrägen Humor hatte, jedoch nicht.

„Jesses, dein Gefährt wird immer enger“, stöhnte Ursel, die sich umständlich hineinzwängte, auf.

„Wenn ich da reinpasse, dann du doch erst recht“, meinte Gundula trocken und verrenkte sich nach dem Sicherheitsgurt.

Sie fuhr mit überhöhter Geschwindigkeit durch das Dorf, verlangsamte aber auf der Landstraße, was nur eine Eigentümlichkeit ihres Fahrstils war. Die Freundinnen schwiegen sich darüber aus, denn wenn es etwas gab, was Gundula doch übel nahm, so war es Kritik an der Art und Weise, wie sie Verkehrsschilder auslegte oder sie sogar völlig unbeachtet ließ.

„Habt ihr gehört, dass der Gabriel Merau wieder im Land ist?“, ließ sich Roswith unvermittelt vernehmen.

Gundula war von dieser Neuigkeit so überrascht, dass der Wagen einen gefährlichen Schlenker machte.

„Was? Der ist schon heraus? Ich hab gedacht, der wär noch eine Weile länger eingekastelt“, sagte sie.

„Er ist wohl vorzeitig wegen guter Führung aus dem Gefängnis entlassen worden“, vermutete Ursel.

„Oder besser gesagt, weil er fei allen etwas vorgemacht hat“, warf Roswith mit schmalen Lippen ein.

„Ein Taugenichts bleibt eben ein Taugenichts, da ist nichts dran zu ändern. Und seine Mutter war ja auch eine Schande für das ganze Dorf. Niemand weiß, wer der Vater von dem Gabriel ist, vielleicht sie selber auch net. So ein Flitscherl ist sie halt gewesen, die Hanne Merau“, sagte Ursel abfällig.

„Und der Apfel fällt halt net weit vom Stamm.“

„Der Gabriel ist aber noch viel schlimmer als seine Mutter“, wurde Gundula von Roswith unterbrochen. „In so jungen Jahren ist er schon wegen versuchten Totschlags im Gefängnis gelandet. Dass der sich traut, wieder hierherzukommen.“

„Wohin soll er denn sonst hingehen? Der hat doch nur noch das alte Geraffel von seiner Mutter selig. Dabei hätt er alle Möglichkeiten gehabt, denn der Gabriel ist wahrhaftig net auf den Kopf gefallen. Schließlich hat Hochwürden dafür gesorgt, dass er zu den frommen Brüdern gekommen ist. Aber auch dort hat er sich net eingefügt und ist nach Hause zu seiner Mutter durchgebrannt.“

Valerie schwieg zu alledem, die Welt, in der sich Menschen wie Gabriel Merau bewegten, war nicht die ihre, und sie wollte nichts damit zu tun haben. Sie hatte ihn immer nur am Rande wahrgenommen, als sie herangewachsen war. Er war ihr als ein wilder Junge in Erinnerung geblieben, der immer abgerissen herumgelaufen war und vor dem alle Angst gehabt hatten. Dann war sie auf eine von Nonnen geleitete Internatsschule gekommen, und er war aus ihrem Gedächtnis entschwunden. Sie hatte keine Vorstellung davon, wie er jetzt als Erwachsener aussah.

„Er hat es halt auch net leicht gehabt, der Gabriel. Könnt ihr euch noch dran erinnern, wie ihn seine Klassenkameraden wegen seiner Mutter schikaniert haben? Kein Wunder, dass er immer um sich geschlagen hat“, meinte Gundula, die immer Verständnis für andere Menschen aufbrachte und dafür meistens nur Spott erntete.

„Schon. Aber das rechtfertigt net, was er später angestellt hat“, sagte Ursel in entschiedenem Ton, und damit war die Diskussion beendet.

***