Alpengold 310 - Monika Leitner - E-Book

Alpengold 310 E-Book

Monika Leitner

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Beschreibung

Wo sie einst als Magd gedient ...

Dorthin soll sie nun als Bäuerin zurückkehren

Von Monika Leitner

Schnell hat Gaby Fallner die Besorgungen im Dorf erledigt und eilt nun mit der schweren Einkaufstasche zum Lärchenhof zurück. Hier fand die fleißige Magd vor zwei Jahren ein neues Zuhause, und sie ist sehr glücklich bei den lieben Bauersleuten.
Ganz anders war es auf dem Hof, auf dem sie vorher in Diensten stand. Dort hat sie die Hölle erlebt, ehe sie schließlich davongelaufen ist.
In den ersten Monaten nach ihrer Flucht hat Gaby in beständiger Angst gelebt, dass Ferdy Pröll sie suchen und zurückholen würde. Doch inzwischen fühlt sie sich in ihrem Zuhause sicher, und immer öfter gelingt es ihr sogar, die schlimmen Erlebnisse der Vergangenheit zu vergessen.
Eben will Gaby in den kleinen Wiesenpfad einbiegen, der zum Lärchenhof führt, als Ferdy Pröll ihr den Weg versperrt ...

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Seitenzahl: 138

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Inhalt

Cover

Impressum

Wo sie einst als Magd gedient …

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Bastei Verlag / von Sarosdy

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-8954-8

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Wo sie einst als Magd gedient …

Dorthin soll sie nun als Bäuerin zurückkehren

Von Monika Leitner

Schnell hat Gaby Fallner die Besorgungen im Dorf erledigt und eilt nun mit der schweren Einkaufstasche zum Lärchenhof zurück. Hier fand die fleißige Magd vor zwei Jahren ein neues Zuhause, und sie ist sehr glücklich bei den lieben Bauersleuten.

Ganz anders war es auf dem Hof, auf dem sie vorher in Diensten stand. Dort hat sie die Hölle erlebt, ehe sie schließlich davongelaufen ist.

In den ersten Monaten nach ihrer Flucht hat Gaby in beständiger Angst gelebt, dass Ferdy Pröll sie suchen und zurückholen würde. Doch inzwischen fühlt sie sich in ihrem Zuhause sicher, und immer öfter gelingt es ihr sogar, die schlimmen Erlebnisse der Vergangenheit zu vergessen.

Eben will Gaby in den kleinen Wiesenpfad einbiegen, der zum Lärchenhof führt, als Ferdy Pröll ihr den Weg versperrt …

Mit einem Schwung beförderte Schorsch Krummbach das große Büschel Heu auf den Karren, wo es die junge Magd Gaby Fallner zusammenraffte. Als er die Gabel sinken ließ, atmete er schwer und wischte sich mit seinem Taschentuch die Schweißperlen von der Stirn.

Herrgott, war das eine Gluthitze, dachte er dabei. Freilich, er war ja auch nicht mehr der Jüngste. Wind und Sonne hatten seine Haut braun gegerbt und die Jahre sein Haar grau werden lassen. Früher hätte ihm diese Arbeit nichts ausgemacht, als er noch von einer unbändigen Kraft erfüllt gewesen war. Doch jetzt wurde er langsam alt, genau wie Liesl, die es sich nicht hatte nehmen lassen, ihn aufs Feld zu begleiten.

Auch ihr machte die brütende Hitze zu schaffen, das sah man schon an ihrem roten Gesicht. Doch wenn das Heu noch trocken eingebracht werden sollte, dann wurde halt jede Hand gebraucht, das wusste die Bäuerin aus Erfahrung.

Schorsch Krummbach hob den Kopf zum Himmel. Da braute sich etwas zusammen. Der Bauer ahnte, dass es nicht mehr lange dauern konnte, bis das Wetter umschlug. Wenn es nur noch anhielt, bis die letzte Fuhre trocken eingebracht war!

Rasch schwang er sich auf den Traktor und fuhr ein Stück weiter, zu den nächsten Heumanderln, die schnurgerade in Reihen standen. Es war keine Zeit zu versäumen.

Unwillkürlich musste Schorsch an Anton denken, der ihm nun fehlte. Ein bitterer Zug bildete sich um seine Mundwinkel, als er an den Buben dachte. Ihm allein hatte die harte Arbeit der Jahrzehnte gegolten, und nun war sie doch für nichts gewesen. Wenn Gaby nicht auf den Hof gekommen wäre, hätte er nicht gewusst, wie sie zurechtgekommen wären.

Verbissen arbeitete er weiter, im Wettrennen gegen das umschlagende Wetter.

Plötzlich stieß Liesl einen lauten Seufzer aus, griff sich an die Brust und versuchte etwas zu sagen. Doch sie würgte kein Wort hervor und schien zu taumeln. Schorsch Krummbach ließ die Heugabel fallen und sprang auf sie zu, voller Besorgnis um seine Frau.

Noch bevor er sie erreichen konnte, fiel sie um und rang röchelnd nach Luft. Ihr Gesicht war blaurot geworden, und ihre Finger zuckten.

„Liesl!“, stieß ihr Mann voller Angst hervor, während er sich bekümmert über sie beugte. „Was hast du denn?“

Ein Zittern ging durch den Körper der Bäuerin, und ihre Augen verdrehten sich, als eine furchtbare Erkenntnis in Schorsch hochstieg. Sie musste einen Schlag erlitten haben, ahnte er, während er nach ihren Handgelenken griff.

Die Magd hatte sich beunruhigt vom Heukarren geschwungen und eilte näher. Sie war ein hübsches Dirndl mit braunem Haar und dunklen Brombeeraugen, in denen sich nun Besorgnis spiegelte.

„Es muss die Hitze sein!“, sagte sie und knöpfte das Kleid der Bäuerin am Kragen auf.

Liesl darf nicht sterben, schoss es dem Bauern durch den Kopf. Ohne sie hätte das ganze Leben keinen Sinn mehr für ihn.

„Hilf mir, sie auf den Anhänger zu heben!“, bestimmte er. „Wir bringen sie zum Hof hinunter, und dann holst du gleich den Arzt.“

Gaby Fallner spürte Mitleid mit dem Bauern in sich aufsteigen. War es denn nicht schon schlimm genug, dass der einzige Sohn den Hof und die Eltern verlassen hatte? Wenn die Bäuerin nun starb, dann würde das Glück den Lärchenhof vollkommen verlassen.

Rasch griff sie zu. Gemeinsam trugen sie die bewegungslose Frau behutsam zum Anhänger und legten sie ins Heu.

„Ich setz mich zu ihr“, schlug die Magd vor. „Fahr du zum Hof hinunter, aber ganz vorsichtig, damit sie net so sehr herumgeschüttelt wird.“

Schorsch Krummbach hastete zum Traktor. Die Gangschaltung kreischte, als er sie einrasten ließ. Er musste sich dazu zwingen, langsam zu fahren, obgleich es ihn danach drängte, seine Frau möglichst rasch zum Hof zu bringen.

Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis der Lärchenhof vor ihm auftauchte und er an der Scheune vorbeifuhr.

Breit und behäbig lag das Wohnhaus da, das dunkle Holz des Obergeschosses hob sich warm gegen die weiß gekalkten Grundmauern ab. Eine wahre Blumenpracht rankte sich aus den Kästen. Doch der Lärchenhofbauer warf keinen Blick auf seinen schmucken Hof. All seine Besorgnis galt jetzt nur seiner Liesl.

Die Frau atmete noch immer mühsam, als sie sie ins Haus trugen, hinauf zu der Kammer, die sie seit über dreißig Jahren teilten. Sie lag an der Nordseite und war etwas kühler, dank des offenen Fensters.

Behutsam ließen sie Liesl Krummbach auf das breite Ehebett gleiten.

„Jetzt lauf geschwind ins Dorf und hol den Arzt“, befahl der Bauer. „Ich habe keine ruhige Minute, bis er da ist.“

Die Bäuerin darf nicht sterben, dachte Gaby bekümmert. Seitdem sie auf den Lärchenhof gekommen war, hatte sie sich hier zu Hause gefühlt und war glücklich. Und die Bäuerin war immer gut zu ihr gewesen.

Rasch wandte Gaby sich ab und eilte nach unten. Ein leichter Wind war aufgekommen, der an ihrem Rock zerrte, als sie das Haus verließ und Schleching entgegeneilte.

Sie lief den Feldweg hinunter, und endlich sah sie die ersten Häuser des Dorfes vor sich auftauchen.

Gaby hastete dem Landhaus Dr. Fassbinders entgegen und konnte kaum sprechen, als ihr die Haushälterin auf ihr erregtes Klopfen hin die Tür öffnete.

„Die Lärchenhofbäuerin!“, stieß Gaby keuchend hervor. „Ich glaub … ein Schlaganfall ist es … kann der Herr Doktor gleich …“

„Er ist nicht da!“, erwiderte die alte Haushälterin. „Beim Wirt wird er wahrscheinlich sitzen.“

Gaby vergaß in ihrer Aufregung sogar, sich zu bedanken, als sie sich abwandte und mit fliegenden Röcken zur Dorfstraße zurücklief.

***

Dr. Herbert Fassbinder stand eigentlich schon im pensionsreifen Alter. Als er das kleine Landhaus in Schleching gekauft hatte und hierhergezogen war, hatte er wirklich mit dem Gedanken gespielt, sich in den Ruhestand zu setzen und sich ganz seiner Schmetterlingssammlung zu widmen, die ihm zur Passion geworden war.

Dann jedoch war alles ganz anders gekommen, als er es geplant hatte.

Zwei Jahre nach dem Umzug war seine Frau gestorben, und dagegen hatten alle seine fachlichen Kenntnisse nichts genutzt. Der Verlust hatte ihn furchtbar getroffen.

Sein einziger Sohn war schon vor Jahren nach Amerika ausgewandert, hatte dort eine Praxis eröffnet und eine Amerikanerin geheiratet. Das Angebot, ihm nach Amerika zu folgen, hatte Dr. Fassbinder abgelehnt. Er war zu alt, um auf einem anderen Kontinent ein neues Leben zu beginnen. Außerdem wollte er seiner Schwiegertochter und dem Sohn nicht zur Last fallen.

Ein paar Monate später hatte der junge Sperling seine Sprechstunde in Schleching aufgeben müssen, sodass das kleine Dorf keinen ärztlichen Betreuer mehr gehabt hatte. Die Leute hatten bis Grassau fahren müssen, um behandelt zu werden.

Damals hatte der Bürgermeister ernsthaft mit Dr. Fassbinder gesprochen und ihn gebeten, eine Praxis im Dorf zu eröffnen. Sie würde kaum viel Arbeit, aber auch keinen großen Verdienst einbringen, hatte er gemeint, denn die Leute waren ja meistens pumperlgesund.

Schließlich hatte Dr. Fassbinder sich nach langem Zögern überreden lassen. Er hatte in einem der Räume im Erdgeschoss ein Behandlungszimmer eingerichtet und einen kleinen Anbau anbringen lassen, der als Wartezimmer diente.

Die Haushälterin, die sich seit dem Tod seiner Frau um ihn kümmerte, hatte auch die Pflichten der Empfangsdame übernommen, auch wenn sie denkbar schlecht dafür geeignet war.

Entgegen der Behauptungen des Bürgermeisters gab es jedoch mehr Arbeit, als Dr. Fassbinder angenommen hatte. Ernstere Fälle kamen zum Glück nicht oft vor. Meistens handelte es sich um leichtere Verletzungen und harmlose Erkrankungen. Hier und da brach sich auch ein Bergsteiger oder Skifahrer ein Bein. Aber im Allgemeinen waren die Menschen wirklich erstaunlich gesund.

Den Verlust seiner Frau hatte Dr. Fassbinder noch immer nicht überwunden. In letzter Zeit suchte er oft Trost im Wirtshaus bei einem Glas Wein.

Auch jetzt saß der Doktor, wie die Haushälterin ganz richtig vermutet hatte, beim Wirt. Er war in ein angeregtes Gespräch mit dem Hintermooser verwickelt, bei dem es sich um das Forellenfischen in der Großen Ache drehte.

Das Gespräch wurde jäh unterbrochen, als die verstörte Magd atemlos und sichtlich aufgelöst in die Wirtsstube platzte. Nachdem sie schnell berichtet hatte, was auf dem Lärchenhof geschehen war, erhob sich der Arzt rasch.

„Immer mit der Ruhe“, mahnte er, während er die Magd beim Arm nahm und nach draußen führte. „Erzählen Sie mir genau, was geschehen ist. Wir fahren dann gleich in meinem Wagen zum Hof zurück.“

Mehr erfuhren die Gäste nicht, deren neugierige Blicke sich auf das Madl gerichtet hatten, denn dann schlug schon die Tür hinter ihnen zu.

Auf einem Gesicht jedoch hatte sich bei Gabys Eintritt Erstauen breitgemacht. Allerdings hatte sie nicht in die Richtung des Tisches geblickt, wo der junge Fremde saß, der bei ihrem Eintritt sichtlich zusammengezuckt war. Jetzt musste er sich anstrengen, um sich nicht zu erheben und dem Paar zu folgen.

Es war ein gut gekleideter junger Mann, der nicht aus der Gegend stammte. Rosi, die im Wirtshaus bediente, hatte ihm sofort schöne Augen gemacht. Er sah ja auch ziemlich fesch aus, wenngleich ein wenig verwegen und fast leichtsinnig.

Welchen Eindruck er auf die Frauenzimmer machte, schien er auch recht gut zu wissen, denn er hatte gleich mit der Kellnerin geschäkert. Jetzt war sein schmales gebräuntes Gesicht auf einmal recht nachdenklich geworden.

Der junge Bursche verrenkte sich den Hals, doch von dem Ecktisch aus konnte er nicht sehen, in welche Richtung sich der Arzt und die Magd entfernten. Er war froh, dass Gaby ihn nicht gesehen hatte. Umso größer würde ihre Überraschung zu einem späteren Zeitpunkt sein, wenn er ihr gegenüberstehen würde. Denn dass es dazu kommen würde, war bereits gewiss.

Gaby Fallner hier zu entdecken, damit hatte er überhaupt nicht gerechnet. Er war nur wegen eines Bindemähers gekommen, der zum Verkauf angeboten wurde, und war noch im Gasthof eingekehrt, um vor der Heimfahrt etwas zu trinken.

Jetzt sah er, dass die Kellnerin aus den Augenwinkeln zu ihm herüberblickte. Er zwinkerte ihr übermütig zu und bewegte den Kopf leicht. Lang brauchte er nicht zu warten, bis sie sich erhob, den Rock über ihren Hüften glatt strich und dann an seinen Tisch trat.

„Darf’s sonst noch etwas sein?“, fragte sie herausfordernd. Sie war ein üppig gewachsenes Madl und daran gewöhnt, dass sich die Mannsbilder ihr gegenüber nicht zurückhaltend gaben.

„Was hat denn das vorhin zu bedeuten gehabt?“, fragte er. „Ist etwas geschehen?“

„Ich weiß es net so recht“, gab Rosi zu und schob eine Hüfte nach vorne. „Die Krummbacherin vom Lärchenhof scheint auf dem Feld umgefallen zu sein. Es wird halt die Hitze gewesen sein.“

„Ja, recht schwül ist es schon“, erwiderte der junge Mann, und sein Blick glitt über die üppigen Formen der Kellnerin. Wenn Gaby nicht so unerwartet aufgetaucht wäre, hätte er vielleicht mit dem Gedanken gespielt, eine Nacht im Gasthof zu verbringen.

Zu Hause waren sie schon daran gewöhnt, dass er manchmal eine Nacht anderswo verbrachte. Die Kellnerin sah aus, als würde sie ihm nicht allzu viel Widerstand entgegenbringen. Doch jetzt wandten sich seine Gedanken in eine ganz andere Richtung.

„Sind Sie zu Besuch hier?“, fragte Rosi neugierig.

„Geschäftlich“, wich er einer Antwort aus. „Haben Sie Lärchenhof gesagt? Den kenne ich gar net.“

„Mei, der liegt ein bisserl abseits vom Dorf, auf der Straße nach Kössen, wo der Weg zum Geigelstein hinaufführt“, erklärte die Kellnerin und ahnte nicht, dass sie ihm dadurch nur weitere Fragen ersparte, die vielleicht aufgefallen wären. „Die Leut haben auch nix wie Verdruss.“

„Verdruss?“, fragte der Fremde mit gerunzelter Stirn.

Rosi warf einen raschen Blick zum Stammtisch hinüber, bevor sie sich uneingeladen auf einen Stuhl sinken ließ.

„Wegen dem Anton halt“, sagte sie leise. „Das ist der Bub von dem Hof. Ich weiß selber net, was da geschehen ist, aber er ist eines Tages auf und davon, und seitdem hat kein Mensch mehr etwas von ihm gehört. Mir scheint, da muss es daheim einen großen Streit gegeben haben.“

„War das die Tochter?“, hakte der Fremde geschickt ein.

„Gaby? Geh, wo denken Sie hin. Die arbeitet doch nur als Magd da droben und stammt auch gar net von hier.“

„Vielleicht war sie es, die den Verdruss auf dem Hof angestiftet hat“, schlug der Unbekannte lauernd vor. „Sauber genug ist sie ja dafür.“

Rosi blickte ihn ein wenig erzürnt an, da er trotz ihrer offensichtlichen Reize so viel Interesse an Gaby zeigte.

„Nein, das ist net möglich“, widersprach sie. „Gaby ist doch erst auf den Hof gekommen, als Anton schon eine ganze Zeit lang fort war. Außerdem ist die gar net so. Bei der hat sich noch ein jeder Bursche im Dorf die Zähne ausgebissen, weil sie einen jeden abblitzen lässt. Mir kommt sie fast ein bisserl zu heilig vor, wenn Sie mich fragen.“

Der Fremde lachte erheitert. Die Kellnerin hatte ihm weitaus mehr verraten, als sie ahnte.

„Also, wie wird’s jetzt denn mit dem Wetter?“, fragte er gedehnt.

Rosi zuckte gleichgültig die Schultern.

„Davon versteh ich nix“, meinte sie. „Und für mich ist das gehupft wie gesprungen. Wenn es schön ist, kommen die Sommerfrischler, und wenn net, dann die Bauern aus der Gegend. Woher stammen Sie denn eigentlich?“

„Aus Stephanskirchen“, erwiderte er, obwohl ihm ihre Fragen ein wenig aufdringlich erschienen.

„Das kenn ich gar net“, rätselte die Kellnerin.

„In der Nähe von Rosenheim liegt es, net weit vom Simsee entfernt.“

„Mei, da sind Sie ja ein ganzes Stückl von daheim fort. Haben Sie da einen Hof?“

„Einen sehr schönen sogar“, erklärte der Fremde großspurig.

„Vielleicht komm ich einmal dahin“, behauptete Rosi, die sich schon seit einer Weile überlegte, wie sie mehr über den Gast erfahren konnte. „Da müssen Sie mir aber schon sagen, wie ich ihn finde.“

„Das kann Ihnen ein jeder sagen“, erwiderte der junge Mann. „Sie brauchen nur nach dem Pröllerhof zu fragen oder nach mir, dem Pröll-Ferdy.“

„Das ist aber ein schöner Name“, flötete Rosi. „Ferdy. Bleiben Sie über Nacht bei uns, oder fahren Sie heute noch heim?“

Ferdy zögerte einen Augenblick. Wenn er mit Gaby sprechen wollte, dann war es besser, wenn die Kellnerin vorläufig nichts davon erfuhr.

„Ich werde bald wieder weiter müssen“, sagte er zur sichtlichen Enttäuschung der Kellnerin. „Aber ich komm gewiss ein anderes Mal wieder, jetzt wo ich gesehen hab, wie schön es hier ist und wie fesch die Madln sind.“

„Mei, Sie sind aber ein Draufgänger“, antwortete Rosi geschmeichelt.

Ferdy Pröll lachte gutmütig. Er würde bestimmt wiederkommen, dachte er dabei. Aber dann würde es nicht der Kellnerin wegen sein, sondern um Gaby zu sehen, jetzt da der Zufall sie wieder zusammengeführt hatte, auch wenn sie das in diesem Augenblick noch nicht ahnte.

***

Draußen, vor den Fenstern des Lärchenhofes, hatten sich dunkle Wolken zusammengeballt, die es in der Kammer schon frühzeitig dunkel werden ließen. Die Landschaft wirkte so grau und trostlos, wie es in Schorsch Krummbach aussah, während er neben seiner Frau saß und vor sich hin grübelte. Hier und da blendete ein greller Blitz auf, gefolgt von einem entfernten Donner.

Der Bauer dachte nicht an das Heu, das draußen geblieben war und wahrscheinlich nichts mehr taugen würde, wenn es erst einmal verregnet war.

Der Arzt hatte die Bäuerin gründlich untersucht und ihr eine Spritze gegeben. Eigentlich wäre es vernünftiger gewesen, sie ins Krankenhaus zu schaffen, hatte er dem Schorsch anvertraut, doch er wollte ihr die Fahrt zum entfernten Krankenhaus heute nicht mehr zumuten. Gleich am Morgen wollte er sie dann noch einmal gründlich untersuchen und wenn notwendig eine Überweisung ins Krankenhaus veranlassen.