Alpengold 311 - Hanni Birkmoser - E-Book

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Hanni Birkmoser

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Beschreibung

Jeden Tag hab ich’s bereut
Sein Gewissen findet keine Ruhe
Von Hanni Birkmoser

Wein, Musik und die Nähe der schönen Wirtin Rebecca Sterzinger benebeln den sonst so klaren Verstand des jungen Forstamtsanwärters Andreas Brugger an diesem Abend. Wie ein hungriger Bär, der Honig wittert, folgt er ihr wenig später die Treppe hinauf und tappt in die süße Falle, die sie ihm stellt.
Denn mit dem, was in den folgenden Stunden geschieht, hat sie ihn in der Hand ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Jeden Tag hab ich’s bereut

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Bastei Verlag

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-8955-5

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Jeden Tag hab ich’s bereut

Sein Gewissen findet keine Ruhe

Von Hanni Birkmoser

Wein, Musik und die Nähe der schönen Wirtin Rebecca Sterzinger benebeln den sonst so klaren Verstand des jungen Forstamtsanwärters Andreas Brugger an diesem Abend. Wie ein hungriger Bär, der Honig wittert, folgt er ihr wenig später die Treppe hinauf und tappt in die süße Falle, die sie ihm stellt.

Denn mit dem, was in den folgenden Stunden geschieht, hat sie ihn in der Hand …

„Zum Schwarzen Adler, Hotel und Gastwirtschaft“, stand auf dem prächtigen schmiedeeisernen Schild geschrieben, das die Front des stattlichen Hauses im oberbayerischen Stil zierte. „Inhaber: Nepomuk Anderlan, gegründet 1895.“

Das zweiflügelige Gebäude war mit geschnitzten Holzbalkonen geschmückt, von denen im Sommer brennend rote Geranien und weiße Petunien leuchteten. Lange Fensterreihen blitzten in der Sonne, und hinter den roten Ziegeldächern ragten fast bedrohlich nahe Zugspitze, Alpspitze und Waxenstein auf.

Im Westen erhoben sich die sanfteren Berge des Ammergaus, im Süden drohten die nackten Felsgipfel des Wettersteingebirges.

Der „Schwarze Adler“ lag, breit und behäbig hingestreckt, der Kirche gegenüber, und jeder in Sankt Emmeran schaute ihn gern an.

„Die schönste Herberge im ganzen Loisachtal“, prahlten die Dörfler. Sogar in Garmisch gab es, ihrer Meinung nach, keine bessere Unterkunft.

Nepomuk Anderlan, der Wirt, konnte sich freuen. Sein Haus war meist ausgebucht, im Sommer wie im Winter. Und viele, viele fleißige Hände mussten sich rühren, um die Wünsche der Gäste zu befriedigen.

Eben war wieder ein großer Reisebus angekommen, und die Gäste drängten ins Haus. Der Wirt stand wie ein Feldherr vor der Tür, nickte grüßend und kommandierte: „Resl, Frieda, Erika, Jakob! Kümmert euch ums Gepäck.“

Hausknecht und Zimmermädchen liefen herbei und beeilten sich, all die Koffer und Reisetaschen in den weiten, gewölbten Flur zu schleppen.

An der Rezeption stand Monika Anderlan, die Tochter des Hauses, und verteilte die Schlüssel für die vorbestellten Zimmer.

Wally, die Beschließerin, kontrollierte indessen im ersten Stock noch einmal die teuren Apartments, ob auch alles tadellos in Ordnung war und nichts fehlte, von den flauschigen Handtüchern im Bad bis zum Blumenstrauß auf dem Tisch.

In der modern ausgestatteten Küche kümmerte sich Angela, die Chefköchin, um die Fertigstellung der Abendmahlzeit, und der Schankkellner zapfte soeben in der größten der vier Gaststuben ein frisches Bierfass an.

Als alle neuen Gäste zu ihrer Zufriedenheit untergebracht waren, seufzte Monika Anderlan erleichtert auf. Trotz ihrer Jugend – sie war erst zweiundzwanzig – war sie die tüchtigste Stütze ihres Vaters. Sie hatte nach der Hauswirtschaftslehre auch noch eine Hotelfachschule besucht und war im „Schwarzen Adler“ unentbehrlich. Sie musste nämlich ihre Mutter ersetzen. Anna Anderlan war vor zwei Jahren verstorben.

Reizend sah Monika aus in ihrem blauen Dirndlkleid, das, knapp sitzend, ihre zierliche Figur betonte. Ihre naturgelockten Haare hatten einen warmen Braunton. Sie umrahmten ein liebliches Gesicht mit frischen Farben und glänzenden bernsteinfarbenen Augen.

Monika war bei allen wegen ihrer freundlichen, wenn auch direkten Art beliebt. Sie verstand es, Befehle zu erteilen, die wie liebenswürdige Bitten wirkten. Fast immer war sie nachts die Letzte, die absperrte und sich zu Bett legte. Ihr Vater konnte sich unbedingt auf sie verlassen.

Nepomuk Anderlan, der „Adler-Wirt“, war nun achtundfünfzig und seit dem Tod seiner Frau, der ihn hart getroffen hatte, nicht mehr ganz gesund. Er war ein mittelgroßer, beleibter Mann mit schütterem grauem Haar, und er hing mit inniger Liebe an seiner einzigen Tochter. Monika war ein jugendliches Abbild der verstorbenen Wirtin, die eine tüchtige, gut aussehende Frau gewesen war. Man hatte sie im Dorf hoch geachtet.

Die einzige „Konkurrenz“ des Hotels „Zum Schwarzen Adler“ war die Pension „Edelweiß“, ein kleiner Betrieb am Ortsrand von Sankt Emmeran. Im „Edelweiß“ gab es sechs bescheidene Kammern für Rucksacktouristen und Bergwanderer mit geringen Ansprüchen.

Stets gut besucht war das dazugehörige „Edelweiß-Stüberl“, die Bierkneipe im Erdgeschoss, bevorzugt von Arbeitern, Kleinhäuslern und vor allem von den jungen Burschen des Ortes. Hier konnten sie sich austoben, wogegen im vornehmen „Schwarzen Adler“ Großbauern und vermögende Urlauber den Ton angaben.

Anziehend auf die Dorfjugend wirkte auch die Wirtin der Pension, die fesche dreißigjährige Rebecca Sterzinger. Sie bewältigte die Arbeit mit nur einem Schankkellner und einer Küchenhilfe, die stundenweise kam.

Ihre resolute, lustige Art gefiel vielen, vor allem der jüngeren Generation. Die ältere rümpfte ein wenig die Nase über das freie Wesen der Sterzingerin und hätte nie einen Fuß in das „Edelweiß-Stüberl“ gesetzt. Aber das kümmerte Rebecca Sterzinger wenig.

***

Andreas Brugger hatte einen älteren Mann nach dem Weg zum Forsthaus gefragt, als er aus dem Linienbus gestiegen war. Er hatte die Auskunft erhalten, die Försterei liege nicht im Dorf, sondern weiter außerhalb, dem Eibsee zu. Eine halbe Stunde Gehzeit müsse man schon rechnen.

Andreas überlegte. Es dämmerte bereits stark, er war müde, hungrig und durstig. Seit dem Morgen war er unterwegs von seinem Heimatort in der Ingolstädter Gegend bis hierher. Das letzte Stück von Garmisch war er mit dem Bus gefahren, der nur einmal am Tag fuhr.

Dieses Sankt Emmeran war wirklich ein Nest am Ende der Welt. Doch die Landschaft war von einer so großartigen Schönheit, dass sie einen sofort beeindruckte.

Andreas Brugger war Forstamtsanwärter und hierher versetzt worden. Er hatte sich darüber gefreut, denn er war ein Bergfreund und guter Skiläufer. Es würde ihm gewiss gefallen.

Er beschloss, seinem künftigen Herrn Oberförster Grabner nicht mehr so spät abends ins Haus zu fallen. Er wollte im Dorf übernachten und sich erst am nächsten Morgen in der Försterei vorstellen. Das Haus mit dem Schild Pension Edelweiß bestärkte ihn in seinem Entschluss. Die Pension lag direkt neben der Bushaltestelle.

Er fasste den Griff seines großen Koffers fester und drückte die Klinke der Tür nieder, die in die Gaststube führte.

Stimmengewirr und Lachen aus rauen Männerkehlen empfingen ihn, und aus dichten Rauchwolken tauchten Köpfe und Gesichter auf. Der Raum war stark besetzt.

Andreas Brugger erspähte einen Tisch am rückwärtigen Fenster, an dem nur ein einzelner vollbärtiger Alter saß, der sich tief über die Tischplatte beugte.

„Ist es erlaubt?“, fragte Brugger und stellte Koffer und Rucksack auf die Bank gegenüber.

Der Bärtige nickte und nuckelte stumm weiter an seiner Pfeife.

Andreas setzte sich und spürte, wie müde er war. Er schrak zusammen, als eine junge Frau an seinen Tisch trat und ihn freundlich anredete:

„Grüß Gott, junger Herr. Was darf ich Ihnen bringen?“

Andreas riss die Augen auf, denn Rebecca Sterzinger war wahrhaftig das Anschauen wert. Die Wirtin war eine große, auffallend schön gewachsene Person, die sich ihrer Reize bewusst war und dementsprechend selbstsicher auftrat.

Ihr regelmäßig geschnittenes Gesicht mit den frischen Farben und der schimmernden Krone goldblonder Haare war bildhübsch und geschickt zurechtgemacht. Die tief ausgeschnittene weiße Dirndlbluse ließ straffe, üppige Brüste ahnen. Das eng geschnürte Samtmieder und der faltige Rock zeigten, dass auch Taille und Hüften tadellos waren.

Ein lockendes Lächeln umspielte Rebeccas volle Lippen, als sie den attraktiven Fremden genau musterte.

„Darf es ein Bier sein, ein Pils oder ein Hefeweizen?“, fragte sie und registrierte belustigt Andreas' wortloses Staunen.

„Ein Weizen“, entschied er. „Und vielleicht gibt es auch noch etwas Warmes zu essen?“

„Aber freilich“, erwiderte die Wirtin. „Ein frisches Wammerl mit Sauerkraut und Knödeln hätt ich da, ganz frisch. Der Metzger hat gestern geschlachtet.“

Andreas stimmte zu. Sein Magen knurrte wie ein hungriger Bär.

Das Essen kam rasch und roch appetitlich. Als sie es auf den Tisch stellte, streifte Rebeccas Arm Andreas’ Schulter.

„Guten Appetit“, wünschte Frau Sterzinger munter. „Hier ist auch Ihr Bier. Sie sind wohl zum Bergsteigen nach Sankt Emmeran gekommen? Ja, es ist schön bei uns, gelt?“

Andreas nickte. „Wunderschön. Aber ich bin beruflich hierher beordert worden, ins Forsthaus.“

„Oh, ein Herr Förster“, rief Rebecca erfreut und anerkennend.

„Erst ein Forstamtsanwärter“, berichtigte Andreas bescheiden, und Rebecca lächelte.

„Freilich. Sie sind ja noch so jung. Der alte Oberförster Grabner …“

Sie wollte eben ihr Urteil über Andreas’ künftigen Chef zum Besten geben, als vom voll besetzten Ofentisch her lauthals nach ihr gerufen wurde.

„Wirtin, Wirtin, geh her! Du hast versprochen, heut für uns aufzuspielen. Versprechen muss man halten.“

„Ja, ich komm schon“, rief Rebecca zurück. Sie nickte Andreas noch einmal liebenswürdig zu und trat dann zu den jungen Burschen, die sie mit lautem Gejohle empfingen. Gleich darauf aber wurden sie still, denn die feinen Klänge einer Zither füllten die Stube. Die Stimme der Wirtin, ein kräftiger, glockenklarer Sopran, setzte ein:

„‘s gibt nur oa Loisachtal alloa,

a Zugspitz und an Waxenstoa.

Da kannst in die ganze Welt ausgehn,

du findest es nirgends mehr so schö.“

Ein Jodler schloss sich an, so jubelnd, dass Andreas voller Bewunderung dachte: Donnerwetter, die Frau versteht es. Die kann sich überall hören lassen.

„Jetzt was Lustiges, Rebecca“, forderte einer der Burschen. „Was von der Lieb.“

Frau Sterzinger ließ sich nicht lange nötigen. Sie sang:

„Dirndl, geh her zum Zaun,

lass dir in die Äugerl schaun.

Wie deine Äugerl san,

schwarz oder braun …“

Die Ihrigen waren von einem ganz hellen Wasserblau, eine Farbe, die Andreas nicht so sehr schätzte. Doch durch ihre dunklen Wimpern und Brauen bekamen sie Ausdruck.

„Gelt, die Wirtin kann singen?“, meinte Andreas’ Gegenüber am Tisch. „Ist überhaupt eine ganz Besondere, die Sterzingerin, die nimmt es an Schneid mit jedem Mannsbild auf.“

Rebecca trat schließlich wieder an den Tisch und erkundigte sich freundlich: „Hat es dem Herrn geschmeckt?“

„Wunderbar“, lobte Andreas und fragte dann nach einem Zimmer für die Nacht.

In Rebeccas Augen trat ein Funkeln, als sie antwortete: „Ja, ich hab noch was frei für Sie, Herr Förster. Die Burgl wird es Ihnen herrichten. Aber kommen Sie doch noch ein bisserl an den Stammtisch. Wir feiern gerade einen Geburtstag, und es ist doch noch zu früh zum Schlafen. Oder mögen Sie keine Musik?“

Natürlich musste er ihrer Einladung folgen, um sie nicht zu beleidigen. Und sie sang und jodelte ja wirklich fabelhaft.

Die Gesellschaft am Ofentisch rückte zusammen und empfing ihn wohlwollend, da die Wirtin ihn aufgefordert hatte. Denn Rebeccas Wort war Gesetz im „Edelweiß-Stüberl“. Die rauen Kerle gehorchten ihr wie zahme Lämmer.

Man ging von Bier zu Tiroler Wein über, und die Stimmung stieg. Die Lieder, die Rebecca zum Besten gab, wurden anzüglicher und drehten sich vorwiegend um Liebe, Wilderei und den oberbayerischen Brauch des Fensterlns. Bei einem besonders deftigen Gstanzl stimmten die Burschen ein, und es klang schon ein wenig grölend, als sie sangen:

„Geh, Hiasl, hoho, lass den Fensterstock do, du kannst ihn net brauchen und mir geht er o …“

Es drehte sich da um einen ländlichen Liebhaber, der beim nächtlichen Besuch des Dirndls im engen Fensterstock stecken geblieben und vom Bauern überrascht worden war.

Endlich, es war schon sehr spät, schloss Rebecca den Zitherkasten und sprach energisch: „Schluss, meine Herren. Polizeistund ist.“

Natürlich gab es noch einige lahme Proteste. Aber letzten Endes verzogen sich die Gäste doch folgsam, denn sie wussten, dass es bei Rebecca keine Widerrede gab.

Als sich der Raum geleert hatte, wandte sie sich mit einem feinen Lächeln an Andreas Brugger.

„Nun zu Ihnen, Herr Förster. Sie müssen mir noch den Meldezettel ausfüllen. Ordnung muss sein.“

Während er schrieb, beugte sie sich halb über ihn, und er fühlte die Wärme ihrer Schulter an seinem Oberarm. Er spürte es mit einer Art Taumel.

Wein, Musik und die Nähe der schönen Frau benebelten seinen sonst so klaren Verstand. Wie ein hungriger Bär, der Honig wittert, folgte er ihr wenig später die Treppe hinauf und tappte in die süße Falle.

***