Alpengold 336 - Monika Leitner - E-Book

Alpengold 336 E-Book

Monika Leitner

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Beschreibung

Ein wahres Traumpaar waren sie schon rein äußerlich, die bildhübsche, zierliche Bürgermeisterstochter Edith Arnreiter und der fesche, hochgewachsene Richard Planegger, der Sohn vom reichen Sonnleitenhof.
Ihre Eltern hätten eine Verbindung zwischen ihnen begrüßt, und Richard liebte Edith mit verzehrender Leidenschaft.
Doch obwohl er beharrlich um sie warb, war Edith sich in ihrem Gefühl zu Richard sehr unsicher. Denn manchmal konnte er sich auf erschreckende Art und Weise verändern. Dann blieb nichts von seinem Charme übrig, sondern er war fahrig, nervös und wie von einer fremden Macht getrieben. In diesen Momenten stand irgendetwas zwischen ihnen, und Richard war für Edith ein völlig Fremder ...


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Inhalt

Cover

Impressum

Von einer fremden Macht getrieben

Vorschau

BASTEI LÜBBE AG

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Michael Wolf

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7517-0533-2

www.bastei.de

www.luebbe.de

www.lesejury.de

Von einer fremden Macht getrieben

Was eine große Liebe in Gefahr brachte

Von Monika Leitner

Ein wahres Traumpaar waren sie schon rein äußerlich, die bildhübsche, zierliche Bürgermeisterstochter Edith Arnreiter und der fesche, hochgewachsene Richard Planegger, der Sohn vom reichen Sonnleitenhof.

Ihre Eltern hätten eine Verbindung zwischen ihnen begrüßt, und Richard liebte Edith mit verzehrender Leidenschaft.

Doch obwohl er beharrlich um sie warb, war Edith sich in ihrem Gefühl zu Richard sehr unsicher. Denn manchmal konnte er sich auf erschreckende Art und Weise verändern. Dann blieb nichts von seinem Charme übrig, sondern er war fahrig, nervös und wie von einer fremden Macht getrieben. In diesen Momenten stand irgendetwas zwischen ihnen, und Richard war für Edith ein völlig Fremder ...

Die alte Frau lag in ihrem Bett und stöhnte.

»Lieber Gott, hilf mir!«, rief sie. »Hilf mir! Lass mich nicht so elend und allein zugrunde gehen!«

Sie wälzte sich hin und her, und ihre Hände tasteten suchend über die Decke.

»O mein Gott, es geht mit mir zu Ende! Wo sind deine Engel, wo ist dein Trost?«

Jetzt vermochte die alte Frau wieder besser zu atmen. Sie lag ruhiger.

Der Wind fuhr sausend über den Dachfirst. Als der Regen heftig einsetzte, zuckte die alte Frau zusammen.

Der Tag war grau und neigte sich seinem Ende entgegen. Als die Nacht hereinbrach, versuchte die alte Frau das Bett zu verlassen, um den Lichtschalter umzudrehen. Sie fiel auf den Boden, wollte wieder ins Bett zurück, konnte sich aber nicht aufrichten.

Völlig erschöpft blieb sie eine Weile liegen.

Der Schmerz durchwühlte wieder ihren ganzen Körper. Die alte Frau fühlte sich einsam und verlassen wie nie.

Nach einer Weile näherten sich Schritte, und es klopfte an die Tür.

Ein junges Mädchen betrat die Stube und blickte erschrocken auf die Frau, die am Boden lag.

»Kathl, was ist denn? Bist du aus dem Bett gefallen?«

Die alte Frau schüttelte den Kopf.

»Den Lichtschalter hab ich drehen wollen«, antwortete sie mühsam.

»Komm, ich helfe dir ins Bett!«

Es war eine schwierige Aktion, aber endlich gelang sie doch.

Das Mädchen bettete die Frau wieder in die Kissen und strich ihr dann über die Stirn

»Du bist ja ganz schwitzig. Ich werde dich jetzt waschen und dir dann Tee kochen.«

Das Mädchen ging an den Herd und stellte einen Wassertopf auf die Platte. Als das Wasser warm war, gab sie es in eine Schüssel und wusch dann die Kranke mit einem Seifenlappen ab.

»Du bist ein so guter Mensch, Edith. Solche wie dich gibt's sonst nicht. Die jungen Mädchen haben heutzutage ...« Sie konnte nicht mehr weitersprechen und rang mühsam nach Luft.

»Komm, red nix mehr, Kathl, lieg ganz ruhig!«

»Und bei dem Wetter bist du hergekommen?«

»Ja, es ist seltsam, aber ich hab's gefühlt, dass du mich brauchst.«

Edith ging an den Herd zurück und brühte Tee auf. Sie flößte ihn der alten Frau löffelweise ein.

»Weißt du, Kathl, du brauchst Flüssigkeit und darfst nicht ohne Trinken sein«, sagte das Mädchen.

Die alte Frau hatte die Augen geschlossen und sprach leise und stockend wie im Traum.

»Der liebe Gott hat dich als Engel auf die Erde geschickt. Die Leute von Lermoos wissen's nur nicht, aber ich, ich weiß es, ich weiß es.«

Die Hände der alten Frau strichen unruhig über die Decke, fanden dann die des Mädchens und umklammerten sie. Sie schien langsam einzuschlafen. Ein Zucken ging über ihr Gesicht und setzte sich im Körper fort.

»Engel«, sagte die alte Frau noch einmal, dann war sie plötzlich ganz still. Edith spürte, wie sich der Druck der Hände lockerte, und dann begriff sie: Die alte Kathl war tot.

»Kathl! Kathl! Komm, was ist denn? Wach auf! Du darfst doch nicht einfach so sterben!«

Aber Edith wusste, dass ihr Rufen umsonst war. Gott hatte die alte Frau aus ihrem irdischen Dasein erlöst, das nur aus Kummer, Mühen, Plagen und Entbehrungen bestanden hatte.

***

Noch an demselben Abend machte Edith die notwendigen Gänge zum Doktor und zum Pfarrer, dass man sich um die Tote kümmerte.

Es war schon sehr spät, als Edith wieder nach Hause kam.

Die Mutter schien schon zu Bett gegangen zu sein. Sie war nicht mehr in der Stube. Aber der Vater war da und empfing sie mit Zorn in den Augen.

»Jetzt brauchst du bloß zu sagen, dass du so lange bei der alten Kathl gewesen bist!«, donnerte er los.

»Ja«, erwiderte Edith leise, »und jetzt ist sie tot. Ich bin noch beim Doktor gewesen und beim Pfarrer.«

Max Arnreiter, Großbauer und Bürgermeister von Lermoos, schwieg eine Weile.

»Es muss einmal gesagt werden, Edith, du machst mir große Sorgen«, sagte er dann. »Du bist so ganz anders als die anderen jungen Mädchen. Was ist nur mit dir? Du hockst dich zu kranken Leuten, pflegst sie, machst Botengänge für sie, putzt die Stuben der Kranken oder Armen. Da stimmt doch was nicht mit dir!«

Auch wenn er aufgebracht war, hörte man doch die Sorge aus seiner Stimme heraus.

»Du hast so was doch nicht nötig, als Tochter des Bürgermeisters und auf einem so großen Hof geboren! Was ist nur mit dir? Du bist auch oft so versonnen und still, so ganz und gar nicht von meiner Art.«

Jetzt lächelte Edith.

»Franz von Assisi war ein reicher Kaufmannssohn und ist in die Armut gegangen, freiwillig, Vater. Und er ist auch so ganz anders gewesen.«

Der Bürgermeister zuckte zusammen.

»Um Gottes willen! Kind, Dirndl, du wirst doch nicht solche Gedanken im Kopf haben? Franz von Assisi, ein Leben in Armut und so? Es würde uns das Herz brechen!«

Ediths Lächeln erlosch. Befremdung zeigte sich auf ihren Zügen.

»Was wäre daran so Schlimmes? Wäre es euch lieber, ich würde ständig auf dem Tanzboden sein und Liebschaften haben?«

Sie wandte sich vom Vater ab, trat an eines der Fenster und blickte in die Dunkelheit hinaus.

»Nein, das würden wir uns nicht wünschen. Aber dass du heiraten und Kinder bekommen würdest als Bäuerin hier auf unserem Hof. Du magst doch den Planegger-Richard vom Sonnleitenhof, oder nicht?«

»Ja, das schon«, sagte sie gegen die Scheiben hin.

»Na also. Das wäre der richtige Bauer hier. Aus einer angesehenen Familie, und Geld und Grund würde er auch einbringen. Und dazu ist er außerdem noch ein verdammt hübscher Bursche, meinst du nicht auch?«

Edith wandte sich um.

»Ist schon gut, Vater. Dräng mich nicht! Wir sind doch noch so jung.«

Von des Bürgermeisters Gesicht schwand der besorgte Ausdruck.

»Ja, das stimmt. Aber du hast mir einen schönen Schreck eingejagt vorhin.«

Edith trat auf ihren Vater zu, legte beide Hände gegen seine Brust und einen Herzschlag lang auch ihren Kopf.

»Vater, hör auf, dir Sorgen zu machen wegen mir, denn wegen so was macht man sich keine Sorgen, das wäre Sünde. Wenn ich schlecht wäre und böse, ein Nichtsnutz, eine Streunerin oder sonst was, dann könntest du dir Sorgen um mich machen. Aber so nicht.«

Sie trat wieder zurück.

»Gute Nacht, Vater, ich gehe jetzt schlafen.«

Droben in ihrer Stube kleidete sie sich im Dunkeln aus, warf die Sachen über einen Stuhl, schlüpfte in ihr Nachthemd und trat ans Fenster.

Der Regen hatte an Heftigkeit wieder zugenommen.

Die alte Kathl, nun war sie tot. Wieder war ein Leben auf dieser Erde zu Ende gegangen, für immer und ewig, und keine Spur blieb zurück.

***

Der Sonnleitenhof stand in strahlendem Licht am Hang. Es hatte lange geregnet. Nun leuchteten die Wiesen in frischem Grün, und die Wälder schimmerten dunkelblau.

Aus einer der Stuben erklang an diesem schönen Spätnachmittag Klavierspiel. Es war Ferdinand Planegger, der Hoferbe, der an dem alten Klavier saß, einen dicken Pappendeckel mit Notenpapier auf dem Schoß. Er schlug die Noten an und schrieb sie dann nieder. So entstand eine neue Melodie.

Er war tief in seine Arbeit versunken und hatte nicht gleich wahrgenommen, dass sich die stampfenden Schritte des Vaters näherten.

»Hockst du schon wieder am Klavier? Eine nutzlose Arbeit, die nix einbringt!«, rief der Bauer laut. »Ich werde den alten Kasten fortschaffen lassen. Es wäre gescheiter, du würdest dich um die Hofarbeit kümmern. Du weißt doch, dass ich mit meinem Bein nimmer so arbeiten kann wie früher!«

Ferdinand war aufgesprungen. Der Pappendeckel mit den Notenblättern fiel zur Erde. In seinen Augen blitzte es auf.

»Wenn du das Klavier fortschaffen lässt, hole ich mir ein neues ins Haus. Ich bin schließlich ein erwachsener Mann und kein kleiner Bub mehr, dem man einfach was wegnehmen kann. Du weißt, dass ich eine große Liebe zur Musik hab. Warum willst du sie mir nehmen? Ich vernachlässige doch dabei nicht meine Arbeit auf dem Hof.«

»Blödsinn! Schmarrn! Du bist kein Musiker, du bist ein Bauer!«

»Vater, ich kann dich nicht verstehen. Statt dass du dich freust, dass ich die Musik liebe, dass ich sogar komponieren kann, machst du mir das Leben schwer.«

»Ich will diesen Firlefanz nicht! Ich will, dass du ein Bauer bist und nix sonst!«

Matthias Planegger stieß den Stock schwer auf den Boden.

»Schau deinen Bruder an, wie fleißig der ist. Der macht mir keine solchen Sorgen!«

»Sorgen nennst du das? Das wären wohl keine, wenn ich immer ins Wirtshaus laufen und trinken würde? Das wäre dir vielleicht lieber?«

»Einer, der trinkt, ist wenigstens ein Mann. Aber einer, der immer auf dem Klavier herumklimpert, ganz bestimmt nicht. Mir wäre lieber, der Richard wäre der Hoferbe und nicht du.«

»Warum auch nicht? Es würde mir nix ausmachen. Tauschen wir halt die Plätze!«

Dem Bauern entstand eine steile Falte zwischen den Brauen.

»Das gibt's nicht, einfach die Plätze tauschen. Der Hoferbe bist du! Aber ich wollte, der Richard wäre vor dir geboren.«

Ferdinand antwortete nicht. Er bückte sich und sammelte die Notenblätter ein, die verstreut auf dem Boden lagen.

»Was komponierst du denn wieder für einen Blödsinn?«, fragte der Bauer jetzt.

Ferdinand legte die Notenblätter auf das Klavier.

»Das ist kein Blödsinn. Du weißt, dass der Bürgermeister fünfzig wird. Nun haben mich die Bäuerin und die Edith gebeten, zu diesem Anlass ein Lied zu komponieren, das dann die ›Lermooser Buam‹ singen werden.«

»Und für dieses Lied musst ausgerechnet du sorgen, wo's genug arme Komponisten gibt. Aber denen müssten sie eben ein Geld dafür zahlen, und du machst es umsonst! Deswegen musst du's machen.«

»Nicht deswegen, Vater, nein. Warum denkst du immer nur an Geld?«

Der Bauer stieß den Stock wieder auf den Boden.

»Wenn's mir nicht so wichtig wäre, würden wir heute nicht da stehen, wo wir sind. Der größte Bauer im Tal! Der schönste Hof!«

»Und trotzdem bist du nicht glücklich, Vater!«

»Papperlapapp!«, stieß der Bauer unmutig hervor. »Was heißt hier schon Glück! Was ist denn Glück?«

»Meine Musik zum Beispiel ist Glück.«

»Ha, ha!« Der Bauer lachte laut auf. »Musik nennst du Glück? Das ist aber ein kleines, ein schwaches Glück!«

»Muss denn Glück immer groß sein und laut?«

»Du kommst ins Philosophieren, und das wird nix, weil du zu wenig Grips dazu im Kopf hast.«

»Ich kann mich erinnern, dass du dasselbe schon mehrmals früher zur Mutter gesagt hast. An diesem Klavier ist sie oft gesessen, und wie schön hat sie gespielt! Auch ihr hast du die Musik vermiest.«

Matthias Planegger stand hoch aufgerichtet da.

»Deine Mutter! Ja, sie ist genauso wie du gewesen. Nix weiter hat sie im Kopf gehabt als die Musik. Vernachlässigt hat sie mich dabei.«

»Erst später hat sie dich vernachlässigt, weil du ihr die Musik nicht gegönnt und du immer an ihr herumgenörgelt hast, sie beschimpft und zuletzt sogar geschlagen hast. Ich weiß das schon! Du drehst es jetzt um. Aber zuerst ist das eine gekommen und dann das andere!«

Der Bauer hob jetzt drohend den Stock.

»Halt dein loses Maul!«

Er ging zur Tür zurück und wandte sich dort noch einmal um.

»Und für heute will ich nix mehr von dem Klimpern hören!«

Ferdinand erhob sich, nahm seine Notenblätter und legte sie in die Kommode seiner Schlafstube. Dann verließ er den Hof und ging langsam und ziellos an den Wiesen entlang. Und dann, ohne dass er sich dessen so recht bewusst wurde, trugen ihn die Füße zum Kirchhof hin.

Eine Weile stand er vor dem Planegger-Grab und dachte an die Mutter, die nicht mehr war. Hübsch war sie gewesen und so schmal und zart, eigentlich gar nicht geschaffen zur Bäuerin. Aber ihren Aufgaben war sie doch immer gerecht geworden.

Es war nicht so, dass er seinem Vater ablehnend gegenüberstand, aber seine robuste, direkte und strenge Art bedrückte ihn.

Ferdinand wusste, dass ihm sein Leben leer erscheinen würde, wenn er sich nicht mehr mit der Musik würde beschäftigen können. Nur die Bauernarbeit allein füllte ihn nicht aus.

Er war glücklich, wenn er mit den Burschen, den Mädchen und Männern der Gesangsgruppe, die er gegründet hatte, Lieder einstudieren, wenn er selber komponieren und am Klavier sitzen konnte. Wenn man ihm das nahm, würde er sich nicht mehr wie ein Mensch vorkommen.