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Ein Gefühl zieht durch die Zeit: Das „Amerikanische Lebensgefühl“! Doch jeder empfindet es anders. Manchmal unerklärlich, manchmal bunt und schillernd – in jedem Falle aber unfassbar! Kommen Sie einfach mit auf eine Reise durch eine unerklärliche Welt der sonderbaren Dinge und der merkwürdigen Wunder. Und erleben Sie etwas, dass Sie sich möglicherweise zunächst nicht zu erklären vermögen. Vielleicht bleibt am Ende dann doch ein neues Gefühl, ein gefühlt anderes Lebensgefühl?
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Seitenzahl: 177
Veröffentlichungsjahr: 2014
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Nur ein kleines Lied
Irrlichter
Steinschlag
Tödliche Auszeichnung
Schwester Annemarie
Die Geisterstadt
Helly´s Motel
Donnas Comeback
Die H – Bombe
Sunny und das Lächeln…
Sunny und John
Sunny und der Sonnenwind
Sunny in Phoenix
Sunny und die dunkle Macht 1
Sunny und die dunkle Macht 2
Sunny und Hollywoods unglaubliches
Sunny – California im Blick
Sunny und der Geistersee …
Sunny in Nashville
Sunny und der Stern der Hoffnung
Sunny und der Weihnachtsstern…
Sunny und das Geheimnis …
Es war am Weihnachtsabend irgendwo in Hollywood. Der Kirchendiener Jim schlenderte ganz allein und ziemlich einsam durch die breiten Straßen seiner wunderschön geschmückten Stadt und sah die vielen erwartungsvollen Gesichter all der Kinder, die an ihm vorüberliefen. Und er erinnerte sich an seine eigene Kindheit vor sechzig Jahren - da lebte er noch in Detroit, Michigan. Immer schon war die Familie arm und Papa und Mama mussten sehr hart arbeiten, um wenigstens an Weihnachten ein schönes Essen auf den Tisch zu zaubern. Von großen Geschenken konnte er nur träumen, aber nein, er träumte davon nicht. Denn er wollte nicht, dass seine Eltern nur für ihn allein noch mehr arbeiten mussten als sie es ohnehin schon taten. Der allerschönste Moment war dann, wenn die Mama die Kerzen am Weihnachtsbaum entzündet hatte und mit der kleinen Weihnachtsglocke die Bescherung einläutete. Ja, es war dieses Zusammensein, diese Liebe untereinander, die er sich immer bewahrt hatte. Nachdenklich schaute er zu seiner kleinen Kirche, in welcher er seit vielen Jahren stundenweise tätig war. Irgendwie strahlte sie an diesem Heiligen Abend eine alles durchdringende Traurigkeit aus.
Längst waren die Gottesdienste vorüber und sicherlich würden sehr viele Kinder sehr viele Geschenke bekommen. Ein leises Lächeln huschte über Jims Gesicht und er wischte sich eine winzige Träne vom Kinn. Es war schade, dass er sich damals mit seinen Eltern verstritten hatte und kaltherzig aus Detroit wegging. Die Familie verlor sich schließlich gänzlich aus den Augen und Jim landete dann in Hollywood, wo er anfangs noch glaubte, sein großes Glück zu finden. Doch alle Träume platzten wie dicke Seifenblasen im Wind und er war am Ende froh, dass er in dieser kleinen Kirche ab und an mithelfen durfte. Viel Geld konnte er sich als Kirchendiener jedoch nicht zusammen sparen. Und zu einer Familie hatte er es auch nie gebracht. Aber er konnte die Menschen glücklich machen. Und genau das war es, was ihn selbst ein klein wenig zufrieden sein ließ.
Als er so vor sich hin grübelnd in eine dunkle Seitenstraße einbog, um langsam nach Hause zu gehen, stand plötzlich ein alter Mann vor ihm. In seiner gebückten Haltung schien es wohl ein Bettler zu sein, dem es wirklich nicht gut ging. Jim fragte den Fremden, ob er ihm helfen könnte. Der alte Mann musterte Jim wortlos, holte dann tief Luft und flüsterte schnell: „Ja, ich glaube, du kannst mir wirklich helfen. Du kannst mich zu deiner Kirche begleiten, um mit mir zu beten.“ Jim wunderte sich, denn er hatte seine kleine Kirche doch längst abgeschlossen, weil der letzte Gottesdienst schon vorüber war. Außerdem war er doch gar kein Pfarrer und er war auch nicht sehr bibelfest. Doch der alte Mann, dem es wahrlich nicht sehr gut zu gehen schien, tat ihm ein wenig leid und so antwortete er: „Gut, wenn du willst. Aber es wird ganz sicher kein großes Erlebnis für dich, denn ich bin kein Pfarrer.“ Der Alte wiegte schweigend mit seinem Kopf und raunte nur: „Ich weiß, ich weiß mein Sohn. Lass uns dennoch gehen.“ Die beiden liefen die Straße hinunter bis sie vor Jims kleiner Kirche standen. Dunkel lag sie unter den Bäumen und Jim kramte umständlich den Schlüssel aus seiner Jackentasche. Die Tür knarrte beim Öffnen und alsbald standen die beiden vor dem kleinen Altar. Jim hatte eine dicke Kerze angezündet, die er neben dem Altar abstellte. Der Alte schaute immer wieder zu Jim und dann zu Jesus am Kreuz. Dabei schien er ganz leise in sich hinein zu kichern. Wollte er sich etwa lustig machen? „Komm, lass uns jetzt beten!“, sagte er dann. Und die beiden knieten nieder und sprachen ein Gebet. Es war eigentlich so, wie es immer war, doch auch wieder völlig anders. Jim konnte es sich nicht erklären aber tief in sich verspürte er eine ganz merkwürdige Leichtigkeit, eine Wärme, die er noch nie gefühlt hatte. Was war das nur? Es war doch nur ein ganz gewöhnliches Gebet, welches er schon so oft gesprochen hatte. Und er hatte doch schon für so viele Menschen gebetet. Ihm fiel auf, dass der vermeintliche Bettler ihm sein Gebet widmete. Warum tat er das? Warum schloss er ihn in sein Gebet ein, wenn er ihn doch überhaupt nicht kannte? Aber kannte er ihn wirklich nicht? Die ganze Zeit über war es Jim, als wenn er den Alten schon ewig kannte. Was ging hier nur vor? Solch eine Liebe, die in seinem Herzen war, solch eine Demut und Hingabe zu Gott hatte er lange nicht mehr verspürt. Doch es wurde immer merkwürdiger, denn der Alte erhob sich plötzlich und begann ein Weihnachtslied zu singen: Stille Nacht. Für einen kurzen Moment hielt Jim inne und wartete kurz ab. Dann sang er einfach mit. Und welch ein Wunder – obwohl er nie singen konnte und sich um jedes Lied herumdrückte, weil er die Texte nicht beherrschte, gingen ihm jetzt die Textzeilen über die Lippen, als sei es niemals anders gewesen. Und er sang so wundervoll, dass er es selbst nicht begriff. Auf einmal öffnete sich die Kirchentür und neugierige Menschen schauten herein. Sie mochten sich wohl fragen, wer da so gut singen konnte. Jim staunte, denn es waren all die vielen Bettler, die vergessenen Kranken und die herumlungernden Kinder, die auf den Straßen umherirrten, weil sie an Weihnachten niemanden hatten. Selbst die Prostituierten und die Gangster, die sonst die Straßen unsicher machten, standen wie staunende Kinder vor dem magisch glänzenden Altar, der doch nur von einer einzigen Kerze erhellt wurde. Und der Alte rief laut: „Kommt nur, kommt alle herein, dieser Gottesdienst ist nur für euch!“ Jim sang ein Weihnachtslied nach dem anderen und konnte einfach nicht mehr aufhören. Und einer nach dem anderen stimmte mit ein in diesen wundersamen Gesang. Plötzlich jedoch verstummte der Alte und starrte wie begannt zur Tür. Als auch Jim dorthin schaute, traf ihn beinahe der Schlag. Waren da nicht … ja wirklich … sie waren es … in der Tür standen seine Mom und sein Dad. Und es war so wie es damals war, als er noch ein Kind war. Weinend rannte er auf seine Eltern zu und umarmte sie und konnte sie einfach nicht mehr loslassen. In diesem so magischen Moment schien alles vergessen, was jemals zwischen ihnen gestanden hatte, und nur dieser eine Heilige Abend zählte. Ach, es war so wunderbar, dieser Gottesdienst in jener kleinen Kirche, fernab vom Glimmer dieser geheimnisvollen Stadt Hollywood. Und es schien wie ein Märchen, wie ein zauberhaftes Märchen aus einem Märchenbuch, welches wohl nur Gott zu erzählen vermochte. Jim schaute sich um, wollte dem Alten danken, dass der seine Eltern aus Detroit geholt hatte, um ihn zu überraschen. Doch der alte Mann war nirgends mehr zu sehen. Und auch Jims Eltern meinten, dass sie niemand eingeladen hätte. Allerdings hätten sie einen Briefumschlag mit einer höheren Geldsumme erhalten. Und in dem kurzen Anschreiben stand, dass sie damit zu ihrem Sohn kommen sollten, der in Hollywood lebte. Jim konnte das alles nicht glauben. Doch es war ihm auch egal. Es war nur noch wichtig, dass sie alle zusammen waren und sich nun nicht wieder aus den Augen verlieren durften. Doch es gab noch ein weiteres Wunder. Aus einem nahen Restaurant wurde eine riesige Lieferung von Sandwiches und Getränken an die Kirche geliefert. Wer sie bezahlt hatte, wollte der Kurierfahrer nicht sagen – es war eine Überraschung. Doch Jim ahnte, dass nur der Alte dahinter stecken konnte. Es war wirklich ein wunderschöner Heiliger Abend in dieser kleinen Kirche. Und Jim hatte auf einmal die Idee, immer solche Gottesdienste zu halten, nicht nur an Weihnachten. Und er wollte diese Gottesdienste für all die armen Menschen abhalten, die in dieser Stadt lebten. Schon am nächsten Tag sprach er mit dem Pfarrer und der schien recht angetan von dieser Idee, hatte er doch von dem großen Erfolg des Gottesdienstes am Heiligen Abend gehört. Immerhin sprach schon die ganze Stadt davon, und in allen Gazetten wurde darüber berichtet. Eine bessere Publicity konnte sich der Pfarrer nicht vorstellen. Jim allerdings ging es gar nicht darum. Er wollte einfach noch mehr für die Armen tun und hielt fortan so oft es ihm möglich war einen solchen Gottesdienst. Und immer sangen sie Weihnachtslieder, auch „Stille Nacht“ Irgendwann wurde auch er als Pfarrer eingesetzt und er wurde sehr berühmt. Viele Städte wollten Jim in ihren Gotteshäusern hören und sehen. Und in jeder Stadt sang er seine Weihnachtslieder, und immer wieder sang er: Stille Nacht.
Seine Eltern zogen zu ihm nach Hollywood und gemeinsam lebten sie in einem kleinen Haus gleich neben der Kirche, welches sich Jim von seinem Geld nun leisten konnte. Ja, es war so, wie es früher war – sie waren alle wieder zusammen. Mehr wollte Jim auch gar nicht. Den alten Mann hatte er nie wieder gesehen; doch immer, wenn er seinen Gottesdienst abhielt, glaubte er, dass der Alte ganz nah bei ihm war. Er hörte ihn sogar singen, und allein das gab ihm die Überzeugung, dass er es richtig gemacht hatte. Er wusste genau, was er im Leben wollte – er wollte die Menschen glücklich machen und wollte für immer mit seinen Eltern zusammen sein. Er wusste, sein Leben war wie ein märchenhaftes Lied und er wollte immer nur dieses eine, leise kleine Weihnachtslied singen:
Stille Nacht.
Mein Job als Kundenberater in einer großen Bank stresste mich schon sehr. Von Tag zu Tag verlangte mein Chef mehr Abschlüsse von mir. Und obwohl ich schon sehr gut war, wollte er immer noch mehr. Ich überlegte schon, wie ich die Kunden am besten über den Tisch ziehen könnte, dachte tatsächlich bereits an krumme Geschäfte. Dennoch plagten mich endlose Skrupel und ein schlechtes Gewissen. Irgendwann würden all diese üblen Dinge ans Tageslicht kommen und dann? Ich wagte nicht, weiter darüber nachzudenken, lenkte mich mit körperlicher Ertüchtigung ab. Wenn es die Zeit erlaubte, fuhr ich aufs Land hinaus. Ich hatte ein ganz bestimmtes Ziel: ein großes Waldgebiet, welches sich an einen merkwürdig geformten Hügel schmiegte. Dort fühlte ich mich wohl und sicher. Stundenlang ging ich dort spazieren und dachte über mich und meinen Job nach. So manche Idee kam mir in dieser verlassenen Gegend. Auch an einem Sonntag, an welchem das Wetter Purzelbäume zu schlagen schien. Mal war es sonnig und warm, dann wieder regnete es und es war kalt und stürmisch. Dennoch zog es mich magisch dorthin. Es war so gegen Drei, als ich auf die kleine Wiese einbog, die als Parkplatz diente. Außer mir schien sich an diesem Tag keiner dorthin verirrt zu haben. Ich schnappte mir meinen Schirm und lief los.
Einige Wege kannte ich bereits und so gelangte ich immer tiefer in den Wald. Und es dauerte gar nicht lange, da schlug das Wetter um. Dicke Wolken zogen auf und ein heftiger Regenschauer fiel durch die hohen Bäume am Weg. Das dichte Blattwerk konnte nur wenige Tropfen aufhalten. Der Rest verwandelte den Weg in einen regelrechten Sumpf. Dunkel war es geworden und kalt. Irgendwann war es so stockdunkel, dass ich die Hand nicht mehr vor den Augen sah. Und plötzlich hatte ich mich verlaufen. Der Sturm hatte längst tonnenweise Blätter auf die Wege geweht, sodass ich nicht mehr erkennen konnte, wohin ich trat. Bei jedem Schritt sank ich zentimetertief in den Morast. Sollte ich einfach umkehren? Doch wohin? Unterwegs war ich an so vielen Gabelungen vorbei gekommen, da würde ich den richtigen Weg ganz sicher nicht mehr finden. Ich lief einfach weiter geradeaus, in der Hoffnung, das Waldstück bald durchquert zu haben. Doch das stellte sich als Irrglaube heraus. In der Zwischenzeit war es so dunkel geworden, dass ich mich überhaupt nicht mehr zurechtfand. An einem dicken Baum blieb ich stehen. Ich holte mein Handy aus der Jackentasche, doch es hatte natürlich keinen Empfang. Das hätte mir eigentlich klar sein müssen, denn so tief im Wald, na ja. Längst lief ich nur noch auf einer Art Trampelpfad. Den richtigen Weg hatte ich unmerklich verlassen. Plötzlich raschelte es hinter mir. Sofort blieb ich stehen und spitzte meine Ohren! Gleichzeitig duckte ich mich hinter einen dichten Busch. Außerdem war es zu dunkel, genaueres zu erkennen. Dennoch hörte ich deutlich, wie jemand tief ein-und ausatmete. Dieses Geräusch kam immer näher und wurde immer lauter. Mir blieb fast das Herze stehen. Ich rührte mich nicht, hockte wie erstarrt hinter meinem Busch. Als das Atmen genau vor mir zu sein schien, hielt ich meinen Atem an. Ich blinzelte durchs Geäst und sah mit Schaudern eine Gestalt in einem langen schwarzen Umhang. Sie hatte die Kapuze über den Kopf gezogen und atmete laut und schwer. Sollte ich mich zu erkennen geben? Aber was, wenn diese Gestalt nichts Gutes im Schilde führte? Eisern hielt ich die Luft an und musste wohl schon eine bläuliche Gesichtsfärbung angenommen haben. Da bewegte sich die Person weiter voran und verschwand alsbald im Dunkel des Waldes. Unterdessen war der Sturm derart heftig geworden, dass die Bäume knarrend hin und her schwankten. Außerdem rauschte es so laut, dass man glaubte, am Ufer des tobenden Meeres zu stehen. Doch das war nicht das Schlimmste. Viel größer war meine Angst vor dieser rätselhaften furchteinflößenden Gestalt.
Wer war das nur? Und warum atmete dieser Jemand so schwer? Ich hielt es hinter meinem Busch einfach nicht mehr aus. Ich musste unbedingt wissen, wohin die Gestalt gegangen war. Vorsichtig und in geduckter Haltung schlich ich mich auf den schmalen Pfad zurück. Sollte ich vielleicht doch besser wieder umkehren? Ich wusste es einfach nicht und entschloss mich, doch weiter zu gehen. Der Regen hatte etwas nachgelassen und so brauchte ich wenigstens den Schirm nicht mehr. Langsam, Schritt für Schritt pirschte ich mich voran. Glücklicherweise war wenigstens der Sturm nicht mehr ganz so heftig. Irgendwann endete der Pfad. Ich musste mich entscheiden, entweder weiter durch das unwegsame Gelände zu stolpern oder doch wieder zum Pfad zurück zu kehren. Meine Neugierde siegte schließlich über die Angst und die Vernunft. Mit einem großen Schritt begann ich meine Pirsch durchs Unterholz. Zunächst sah ich nichts weiter als die dunklen Bäume und das dichte Buschwerk um mich herum. Doch plötzlich leuchteten zwei rote Lichter vor mir auf. Ich erschrak derart, dass ich mich regelrecht fallen ließ. Ich fiel ins weiche feuchte Laub und wusste im ersten Moment gar nicht, wovor ich überhaupt Angst haben sollte. Denn die beiden roten Lichter leuchteten lediglich durch das Buschwerk hindurch, kamen von einem einsam im Wald stehenden, bizarr anmutenden Gebäude. Es hatte keinen Zugang oder einen Pfad, der zu einer Tür führen könnte. Die beiden roten Lichter waren zwei hell erleuchtete Fenster. Aber wieso war es ausgerechnet rotes Licht? Langsam ging ich näher heran. Vermutlich gehörte die seltsame Gestalt von vorhin in dieses Haus? Als ich vor einem der Fenster stand, hörte ich erneut dieses seltsame Atmen. Es war derart nahe, dass ich mich hinter einer Hausecke versteckte. Und da kam sie wieder, die schwarz gekleidete Gestalt. Doch plötzlich fiel mir noch etwas anderes auf: diese rätselhafte Gestalt lief nicht durch die Wiese, nein, sie schwebte. Vor Angst wäre ich bald ohnmächtig geworden. Doch ich durfte unter keinen Umständen einen Laut von mir geben. Die seltsame Erscheinung schwebte ums Haus herum. Ich rannte, so schnell mich meine Füße trugen zum nächstbesten Busch. Dort duckte ich mich wieder und wartete ab. Die Gestalt schwebte auf den Busch zu und ich befürchtete schon das Schlimmste. Doch plötzlich zuckte ein heftiger Blitz vom Himmel auf die Gestalt herab. Im selben Augenblick war sie verschwunden. Hatte sie der Blitz getroffen? Oder lag sie vielleicht irgendwo hinter einem Busch und hatte sich verletzt? Doch ich konnte sie nirgends mehr entdecken. Was ging hier nur vor? Mittlerweile traute ich mich überhaupt nicht mehr aus meinem Versteck. Doch mir blieb mal wieder keine Wahl; wenn ich wissen wollte, was das alles zu bedeuten hatte, musste ich mich hervor wagen. Wieder schlich ich mich so leise wie ich konnte hinter meinem Busch hervor und näherte mich dem Gebäude. Die roten Lichter waren erloschen und ich nahm an, dass die Gestalt verschwunden sei. Doch ich irrte mich gewaltig. Als ich vor der hölzernen Tür des Hauses stand, hörte ich wieder dieses entsetzliche Atmen. Mir gefror regelrecht das Blut in den Adern. Und ich wusste auch nicht mehr, wohin ich mich retten sollte. Schon erkannte ich die schwarze Gestalt an der Hausecke. Langsam kam sie näher und blieb plötzlich stehen. Unter der Kapuze blitzten zwei rote Lichter hervor und gaben für einen kurzen Moment den Blick auf einen Totenschädel frei. Gleichzeitig zuckten Blitze am Himmel und tauchten die Gestalt und das Haus in ein gespenstisches furchterregendes Licht. Ich weiß nicht mehr, was es war, aber mir schien in diesem Augenblick alles egal zu sein. Ich brüllte los: „Wer bist Du eigentlich? Der Teufel persönlich? Dann scher Dich weg! Du kriegst mich nicht! Oder willst Du nur die Leute erschrecken!“ Die Gestalt, die vermutlich mit einem solchen Ausbruch meiner Gefühle nicht gerechnet hatte, schwebte zurück zur Hausecke, hinter der sie schnell verschwand. Beim nervösen Kramen in der Jackentasche hielt ich plötzlich eine kleine Taschenlampe in der Hand. Erleichtert stellte ich fest, dass sie funktionierte und hell erstrahlte. Mutig schritt ich zur Hausecke und leuchtete dahinter. Doch die Gestalt war verschwunden. Wieder rief ich laut: „Jetzt hast Du wohl Angst bekommen!“ Doch da war es wieder: das laute Atmen, genau hinter mir. Blitzartig drehte ich mich um und leuchtete mit der Lampe mitten ins Gesicht dieser entsetzlichen Gestalt. Die roten Augen starrten mich an, der Totenschädel bewegte den Mund und ich spürte den eiskalten Hauch, welcher aus der Gestalt wie ein eisiger Wind trat!
Panisch schloss ich meine Augen, wollte weg rennen, doch ich konnte es nicht! Als ich die Augen öffnete lag ich vor meinem Bett. Erschrocken stellte ich fest: der laute Atem war mein eigener gewesen. Ich hatte einen grässlichen Alptraum, schwitzte und zitterte am ganzen Leibe.
Was für ein furchtbarer Traum. Wie kam ich nur auf solche absurde Gedanken? Was hatte sich mein Hirn da Verrücktes ausgedacht? Ich schaute zur Uhr: sie zeigte Viertel nach Eins, Mitternacht war also vorbei. Stöhnend erhob ich mich vom Boden und stieg in mein Bett zurück. Ich dachte an die schwierigen Termine am nächsten Morgen. Gleich drei Kundengespräche musste ich führen. Und mein Chef verlangte Abschlüsse, viele Abschlüsse. Deswegen musste ich schlafen. Ich schaute zum Fenster, wollte sehen, ob es noch offen stand. Ich erschrak - hinter der vom Wind hin und her bewegten Gardine leuchteten zwei rote Lichter…
Es war bei Atkins-Hope, einer verlassenen Gegend irgendwo in den Rocky Mountains. Ich hatte mich in einer kleinen Herberge eingemietet und wollte zu einer Bergtour aufbrechen. Das Wetter schien durchzuhalten und so lief ich los. Doch es kam alles anders, als ich es mir vorstellte. Plötzlich und ohne eine Vorwarnung überraschte mich ein fürchterlicher Schneesturm. Ich konnte mich kaum auf den Beinen halten und es wurde immer eisiger. Zwar hätte ich wissen müssen, dass es hier oben ständig starke Wetterwechsel gab. Doch die Neugierde und der Drang nach dem Unbekannten trieben mich immer weiter voran. Endlich entdeckte ich einen Felsvorsprung und ich legte eine kleine Rast dort ein. Ich wollte mich ausruhen und überlegen, ob ich sicherheitshalber wieder umkehren sollte. Als ich noch einmal nach unten schaute, um zu sehen, wie weit ich schon vorangekommen war, erschrak ich fürchterlich. Etwas weiter unten, zwischen den Felsen lag ein lebloser Mann. Ich konnte zwar nichts Genaues erkennen, doch ich musste zu ihm hinunter klettern, um nachzusehen, ob ich ihm doch noch helfen konnte. Mühsam war der Abstieg, doch als ich an der Stelle ankam, wo ich den Mann hatte liegen sehen, fand ich ihn nicht mehr. Er war verschwunden. Ich konnte mir das nicht erklären. Mehrmals suchte ich das Gelände ab, doch ich fand ihn einfach nicht. Plötzlich jedoch entdeckte ich weiter unten tatsächlich den Fremden wieder. Er lag zwischen Geröll und Felsbrocken und rührte sich nicht.
Diesmal schien es etwas näher zu sein und ich konnte bei genauerem Hinsehen schließlich sein Gesicht erkennen. Ich erschrak - dieser Mann, der dort lag, war ich! Mir lief ein eiskalter Schauer über den Rücken. Wie konnte so etwas möglich sein? Hatte ich jetzt schon Halluzinationen? Oder ähnelte er mir nur? Noch einmal schaute ich hinunter. Doch es gab keinen Zweifel … das Gesicht … sogar die Kleidung … der Rucksack … hundertprozentig lag mein Ebenbild dort unten! Das Gesicht des Mannes war blutverschmiert und ich glaubte noch immer an eine Wahnvorstellung. Sollte tatsächlich die Luft hier oben so dünn sein, dass mir meine Sinne ei