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Der abschließende Band des antifaschistischen Fantasy-Zweiteilers. Ende der 1920er-Jahre ist der Physikerin Nike Wehner eine bahnbrechende Entdeckung geglückt: Durch die Vereinigung von Naturwissenschaft und Kunst ist es möglich, Magie zu wirken. Diese neu entdeckte Wechselwirkung erfordert keine angeborene Begabung, sondern ist erlernbar – in Berlin hat ein Wettrennen um die Herrschaft über die Magie begonnen. 1930 zeichnet sich ein Sieger ab: Während die Schwarzen Scharen, denen Nikes früherer Magiepartner Sandor Černý angehört, den Kampf um die Straße verliert, unterwandern die Nazis alles von Armenküchen bis hin zu Behörden und Infrastruktur mit Magie. Nike, die als Kriminalassistenz magische Verbrechen aufklärt, muss erkennen, dass die Polizei längst Teil des Problems ist. Was könnte ein Haufen desillusionierter Queers, Künstler, Jüdinnen und Anarchisten gegen eine solche Übermacht ausrichten?
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Seitenzahl: 505
Veröffentlichungsjahr: 2025
J. C. VOGT
ANARCHIE DÉCO 1930
Judith und Christian Vogt wohnen in Aachen. Aufs Zaubern sind sie bestens vorbereitet, denn ihre Magie würde aus dem Zusammenspiel der Wissenschaft Physik mit der Kunst des Schreibens entstehen. Ihr erster gemeinsamer Roman Die zerbrochene Puppe erhielt den Deutschen Phantastik Preis, Schildmaid den Inklings-Preis und mit Roma Nova, Wasteland, Anarchie Déco und Ich, Hannibal waren sie für den Seraph-Literaturpreis nominiert. Mehr findet ihr unter www.jcvogt.de
Die Arbeit an diesem Roman wurde finanziert mit einem Auf geht’s-Künstlerstipendium des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen.
© 2025 Judith Vogt, Christian Vogt
Die Autor*innen behalten sich eine Nutzung des Werks für Text und Data Mining im
Sinne von §44b UrhG vor.
Lektorat von Lena Richter, https://lenarichter.com/lektorat-und-uebersetzung/
Coverdesign von Sameena Jehanzeb, https://saje-design.de/
Korrektorat von Heike Knopp-Sullivan
Satz & Layout von Judith Vogt
Druck und Distribution im Auftrag der Autor*innen:
tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte sind die Autor*innen verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne ihre Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag der Autor*innen, postalisch zu erreichen unter: J. C. Vogt c/o Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, Hohenzollernstr. 56, 30161 Hannover, Germany und per E-Mail unter [email protected].
ISBN 978-3-384-42737-3
Wir danken unseren Kickstarter-Universalmagier*innen:
den Antagonisten
Björn Frederic Schellknecht
Bo Broszat
Dani
Frank Böhmert
Harald
Jascha Urbach
Judith Madera
Judith Rauscher
Lenn
Max
Merlin Thomas
Oma C. Rennrad
Philipp van Hüllen
Prof. Dr. Axel Maas
Ralf H. Schneider
Ralf Murk
Ronja und Benedikt
Roxane Bicker
Silke, Patrick und Timo
Sven Uckermann
Theresa und Elisabeth
Valerie
Zita + Vital
Eine Zusammenfassung des Vorgängerbands
ANARCHIE DÉCO
findet ihr im Anhang.
Cover
ANARCHIE DÉCO 1930
Titelblatt
Urheberrechte
PROLOG
1. WIE AUS DER HAND EINE FAUST WIRD
2. MAGISCHES SONDERKOMMANDO
3. JAHRMARKTSLÄRM
4. AM PULS DER ZEIT
5. ERSTE UNTER GLEICHEN
6. PRIVATERMITTLUNG
7. BEINARBEIT
8. VERDORBENE ÄPFEL
9. HIER HIRN NACHFÜLLEN
10. ERLEUCHTUNG
11. DIE MACHTLOSEN
12. DIE BÜRGERLICHE ORDNUNG
13. LATERNENSTÜRMER
14. MARKOVA
15. AURORA BOREALIS
EPILOG
DANK
NACHWORT
ZUSAMMENFASSUNG ANARCHIE DÉCO (BAND 1)
Cover
Titelblatt
Urheberrechte
PROLOG
ZUSAMMENFASSUNG ANARCHIE DÉCO (BAND 1)
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PROLOG
Ausgerechnet Einstein. Nike stockte mitten im Vortrag, als der berühmteste und schlechtfrisierteste Physiker des Planeten den Hörsaal betrat. Er gesellte sich zu der Gruppe chronisch verspäteter Studierender, die bei solchen Gelegenheiten nie einen Sitzplatz ergatterten. Man war das so gewohnt von ihm. Bitte stellen Sie mir keine Frage, dachte sie flehend.
Professor Nernst hatte eigens das große Auditorium für ihre Disputation gebucht. Wie erwartet tummelten sich die Zuhörer und wenigen Zuhörerinnen auf den Plätzen und stapelten sich auf den Treppenstufen dazwischen. Normalerweise fand sich nur das Institutskollegium zu solchen Veranstaltungen ein, ab und an durchsetzt von interessierten Fachleuten und ein paar Verwandten, die ihre Verwirrung verhehlten: nicht mehr als eine Handvoll Menschen. Heute waren Hunderte gekommen, darunter viele mit Notizblöcken oder Fotoapparaten. Heute, am 29. Oktober des Jahres 1929, um sechzehn Uhr, wurde die erste Doktorarbeit verteidigt, die sich mit magischen Phänomenen im Fachbereich Physik auseinandersetzte. Die Ernsthaftigkeit und Seriosität, die das Ganze wie eine Partikelwolke umgab, konnte Nike selbst immer noch kaum fassen. Zauberei gehörte nun schon seit zwei Jahren zu ihrem Alltag, aber dass sie gerade dabei war, die erste promovierte Magierin zu werden – ein Teil von ihr erwartete immer noch, dafür ausgelacht zu werden.
Sie würde viele der Sensationslustigen enttäuschen. Gezaubert wurde heute nicht. Dabei konnte viel zu viel schief gehen. Ihr Vortrag war rein theoretischer Natur.
Und jetzt war auch noch Einstein aufgetaucht.
»Fräulein Wehner?« Nernsts Stimme traf sie wie eine Ohrfeige. »Ist das eine Kunstpause, haben Sie sich verschluckt, oder haben Sie irgendwo im Hörsaal eine Geistererscheinung entdeckt? Benötigen Sie etwa Rettung vor den Phänomenen, die Sie uns erschlossen haben?«
Gelächter im Saal wie Dutzende weitere Ohrfeigen. Sie hatte Einstein angestarrt wie ein Reh im Scheinwerferlicht. Wie unfassbar peinlich.
Sie fasste sich, indem sie die Vorderseite ihres Anzugs straffte und sich mit der Hand über den Scheitel fuhr, auch wenn sie ihn dabei sicher mit Kreide bestäubte. Sie wandte sich erneut der Tafel zu, auf der die Schrödingergleichung stand. Darunter skizzierte sie den Versuchsaufbau eines ihrer magischen Experimente.
Hatte Einstein ihren Blick bemerkt? Sie wusste, dass er die magische Physik längst nicht mehr für Humbug hielt. Vergangenes Jahr hatte er sogar versucht, Geigenspiel zu einem magischen Versuch beizutragen. Vermutlich hatte er es nicht bei dem einen Versuch bewenden lassen, hatte sie längst überflügelt und würde sie gleich mit seinem Wissen bloßstellen.
Würden sie ihr dann den Titel mangels Originalität verweigern? Sie endlich auslachen? Ihre Hand setzte eine zittrige letzte Linie in ihr Diagramm.
Zu ihrer Überraschung lief der Rest der Disputation reibungslos. Nike hatte den Schwerpunkt auf das Beleben unbelebter Materie gesetzt, und das war etwas, was Berlin nach den Ereignissen im vergangenen Jahr eindrucksvoll in Erinnerung geblieben war. Laufende Steinstatuen ließen wenig Spielraum, die Echtheit von Magie anzuzweifeln. Und die Physik dahinter hatte sie so weit im Griff, wie man sie beim Vernachlässigen der künstlerischen Komponente überhaupt im Griff haben konnte.
Behutsam stellte Einstein nach Ende ihres Vortrags ein paar Fragen. Sie setzten ein tiefes theoretisches Physikverständnis voraus, und Nike konnte sie problemlos beantworten, auch wenn sie sich den Lösungen eher von der experimentellen Seite näherte. Dass er interessiert genug war, um Fragen zu stellen, zeugte von Respekt, und sie konnte sich die Freude darüber kaum verkneifen. Nur eine Anmerkung über Schwingungen und Musik verstand sie nicht, was sie aber mit einem Lächeln und Nicken überspielen konnte.
Professorin Lise Meitner, ihre dritte Prüferin, fragte sie Details zum Versuchsaufbau und zu den Energieniveaus bei der magischen Umwandlung eines Elements in das andere. Werner Heisenberg, ihr aus Leipzig angereister zweiter Prüfer, befragte sie zu den Implikationen von Orts- und Impulsunschärfe magischer Wechselwirkungen. Auf all das war sie vorbereitet, nein, sie war die anerkannte Koryphäe auf diesem Gebiet. Es war nur Dozierenden einer anerkannten Universität erlaubt, Fragen zu stellen, sonst hätte das hier ewig gedauert, denn auch die Journaille war anwesend. Dennoch rettete sie das nicht vor der Art Fragen, die mehr eine Anmerkung darstellten – meist von Männern vorgebracht, die etwas anderes im Sinne hatten, als ihre Antwort zu hören.
Walther Nernst, der ihre Betreuung nach dem Tod ihres angehenden Doktorvaters übernommen hatte, wollte unbedingt wissen, wie schnell (und geräuschlos) man Objekte im Wasser auf magische Weise beschleunigen konnte. Alle im Raum wussten, dass er damit auf seine Torpedoforschung anspielte. Mit dieser hatte er einen Weg gefunden, Waffenforschung zu betreiben, ohne gegen die Auflagen des Versailler Vertrags zu verstoßen. Er wollte Nike dafür sogar unbedingt als Mitarbeiterin gewinnen. Sie würde den Teufel tun, ihre Arbeit bei der Polizei aufzugeben, um unter seiner Fuchtel Kriegsforschung zu betreiben.
Am unangenehmsten aber waren die Fragen von Philipp Lenard. Unbeeindruckt von den vernichtenden Blicken seiner Kolleginnen und Kollegen zweifelte er Nikes Aussage an, die Energie für magische Prozesse speise sich (Einsteins E=mc2 folgend) aus dem winzigen Verlust von Masse. Stattdessen brachte er Ströme des Äthers ins Spiel. Er kritisierte ihre Theorie als zu unanschaulich und zu komplex. Dass es auch anders ginge, zeige sich daran, dass die alten Germanen ihre Riten gewirkt hätten, ohne modernes Gerät zu benutzen – Zitat: ohne »Quanten zu schubsen«. Diese Aussage löste Augenrollen bei Meitner aus. Einstein sah aus, als hätte er auf eine Zitrone gebissen. Nernsts und Heisenbergs Mienen blieben unbewegt.
Lenard hatte den neuen Lehrstuhl für Deutsche Physik (neuerdings: Deutsche Physik und Magie) inne und zweifelte an der sogenannten modernen Physik, also Relativitätstheorie und Quantenmechanik. Entsprechend suchte er auch andere Erklärungen für magische Phänomene und driftete dabei teils in obskure Begriffe ab. Obwohl jeder Bezug auf alte Germanen in der Fachwelt als Esoterik und Nazi-Unfug verschrien war, hatte Lenard an der Friedrich-Wilhelms-Universität einen guten Stand.
Ihre Dissertation konnten Lenards Ätherspekulationen jedenfalls nicht verhindern.
»Herzlichen Glückwunsch, Doktor Wehner!«, verkündete Nernst wenig später feierlich. »Magna cum laude. Eine außerordentliche und bahnbrechende Arbeit. Ein bisschen mehr Sorgfalt, und es wäre ein Summa geworden.«
»Doktor Wehner!«, rief Sandor und fiel ihr als Erstes um den Hals. Sie versteifte sich kurz inmitten all des jungenhaften Überschwangs, erwiderte dann aber die Umarmung. Sandor durfte das. Ohne ihn, ihren künstlerischen Kompagnon, hätte sie die duale Magie nie gemeistert. Und erst von dieser aus waren sie gemeinsam in höhere zaubernde Gefilde aufgestiegen. Alle anderen Anwesenden würden ihr aber hoffentlich nur die Hand geben.
»Nicht vergessen, wir dürfen Sie Doktor nennen, aber Sie sich selbst erst, wenn Sie die Urkunde aus dem Sekretariat erhalten haben«, betonte Nernst.
Dann gratulierten die Übrigen – per Handschlag, nur ihre Mutter Rabea umarmte sie, das Gesicht vor Stolz und Rührung ganz verheult.
Sie hatten sich nach der Disputation und einem kurzen Presseinterview mit Prüfenden, dem engsten Freundeskreis und dem Institutskollegium in einen Nebenraum zurückgezogen. Die Journaille hatte sich rasch zerstreut und den Hörsaal verlassen – es gab sicher schon wieder irgendwo das nächste Spektakel, das festgehalten und kommentiert werden wollte.
Rabea hatte aufgefahren: Zur Feier des Tages gab es Gulaschsuppe, belegte Käseschrippen mit kleinen Gürkchen darauf, eine Käseplatte und russische Eier. Am Büffet wirkte Christoph Seidel, Polizist a.D., der nach der Pensionierung im letzten Jahr und der Hochzeit vor wenigen Wochen von ihrem Kollegen und Vorgesetzten zu ihrem Stiefvater geworden war, auf unbestimmte Art unglücklich. Nike konnte nicht sagen, ob er sich zwischen all den studierten Köpfen unwohl fühlte oder ob es an der schweinefleischlosen Käseschrippe in seiner Hand lag.
Nike vermisste Georgette. Zum einen organisierte sie ausgerechnet in dieser Woche selbst eine dreitägige Lehrveranstaltung am Institut für Sexualwissenschaft – zum anderen versuchten sie, nicht auf zu öffentliche Weise zu privat zu sein. Es gab genug Leute, die an ihnen einzeln bereits Anstoß nahmen, aber dieser Anstoß konnte gefährlich werden, wenn sie zu zweit sichtbar waren. Sie würden die Feier in privatem Rahmen nachholen. Nike hatte schon ein paar Ideen.
Eigentlich hatte sich auch ihr aktueller Vorgesetzter, Oberkommissar Reinhold Fuchs, angekündigt. Nike war in seinem Fall deutlich weniger enttäuscht über die Abwesenheit.
»Und? Nächster Halt Professorin?«, neckte Sandor sie mit einem Glas Sekt in der Hand. Nike stellte ihres zur Seite, weil ihre Hand immer noch zu sehr zitterte. Hätte die Anspannung nicht verflogen sein müssen? Sie hatte es geschafft, sie hatte den Titel und sie hatte damit Geschichte geschrieben. Aber irgendwie kam sie nicht zur Ruhe. Eine Nervosität lag in der Luft, selbst hier und jetzt. Vielleicht hatte es mit den jüngsten Ereignissen zu tun, die sie zugunsten ihrer Disputationsvorbereitung bisher erfolgreich verdrängt hatte. Die Börse war normalerweise nichts, was sie interessiert verfolgte, doch diesmal kam man auch mit Desinteresse nicht drumherum.
»Professorin? Wie Meitner? Ich weiß nicht, ob ich Lust hab, mich hier durchzubeißen.« Sie wies mit dem Kinn auf das Haifischbecken der Institutskollegen.
»Außerdem hast du dich ans Gehalt gewöhnt, das dir die Polente zahlt.« Es war halb Scherz, halb Vorwurf, immerhin war es Sandor gewesen, der aus moralischen Gründen die Beratung in Sachen magische Verbrechen aufgekündigt hatte.
»Verdirb mir ruhig den Tag, Sandor«, knurrte sie.
»Tu ich doch nicht. Ich meine nur …« Er senkte die Stimme zu einem beschwörenden Flüstern: »Erste Professorin für Magie!« Er schwenkte das Glas, als würde er schon darauf anstoßen. »Du kannst dich bald sicher nicht mehr retten vor Stellenangeboten. Und ganz ehrlich, schnapp Lenard dieses Deutschmagische Institut unterm Hintern weg!«
»Tatsächlich ist er an meiner Mitarbeit interessiert. Potsdam auch. Und ehrlich gesagt auch Paris, und vielleicht sollte ich eher das in Betracht ziehen. Hast du unten am Schwarzen Brett die Schmiererei gesehen? ›Deutschland erwache!‹, als würde es an dem Ding nicht eh schon von völkischen Manifesten wimmeln.«
Deutschtümelei und Antisemitismus waren in den universitären Strukturen tief verwurzelt, Krawalle wegen des Versailler Vertrags und Schlägereien von faschistischen Verbindungen gegen antifaschistische Bünde keine Seltenheit. Die politische Lage jagte ihr Angst ein, aber letztlich würde sich an einem Ort der Wissenschaft wie diesem hier der Verstand gegen stumpfsinnige Parolen durchsetzen, davon war sie überzeugt.
»Wenn selbst ein Nobelpreisträger wie Lenard den mythischen Kräften der Germanen auf den Grund gehen will, vergeht mir direkt die Lust auf Forschung. Ich denke, ich lass mir noch Zeit mit der Entscheidung … Sollte ich mich doch wieder hineinstürzen, wäre ich auf kreative Kooperation angewiesen.« Sie versuchte sich an einem vielsagenden Zwinkern, hatte aber das Gefühl, dass es ihr nicht gelang.
Er lächelte und schüttelte gleichzeitig den Kopf. »Ach, ich bin doch längst auf der Strecke geblieben. Ich greife Erika hin und wieder im Labor unter die Arme. Ich könnte an der Prager Uni sicher ein gutes Wort für dich einlegen, die schreiben mir immer mal wieder Briefe, ich soll endlich von meinem akademischen Austausch zurückkommen und beim Aufbau des magischen Instituts assistieren.« Er führte ihr vor, wie man charmant zwinkerte. »Aber ich arbeite jetzt … an meiner politischen Karriere.«
»Politische Karriere – willst du dich jetzt doch dem demokratischen System unterordnen oder meinst du dein anarchistisches Anleitungsblättchen?«
Er legte sich die steinerne rechte Hand aufs schwarze Hemd. »Du weißt, mein Herz schlägt nicht für Korruption, Kompromisse, Wahlkampf und Postengeschacher, sondern für anarchistische Anleitungsblättchen. Aber dein Herz schlägt für die Hochschule. Hier bist du viel mehr zu Hause! In deinem Element! Teil der Gleichung. Viel mehr als bei der Polente, egal wie gut die zahlen …«
»Herrgott, du weißt, dass es nicht nur das Geld ist«, flüsterte sie gepresst. »Die Hochschule ist ein Elfenbeinturm, und die Realität findet nun mal woanders statt, ob mir das passt oder nicht.«
Bevor er etwas erwidern konnte, klinkte sich Christoph Seidels sonorer Bass von der Seite ein: »Apropos Polizei. Ich hab ’ne These, wieso uns Fuchs mit seiner Abwesenheit beglückt.«
Er stand am offenen Fenster. Die Schrippe hatte er gegen seine Pfeife getauscht. Kalte Oktoberluft brachte von Unter den Linden nun einen anderen Lärm mit als den üblichen Trubel. Geschrei von Männerstimmen, der Versuch, irgendetwas zu skandieren, was aber nicht gegen die anderen ankam, das Heulen einer Sirene von weiter weg und plötzlich – viel näher – das Splittern von Glas unter ihnen im Erdgeschoss.
Sandor und Nike waren mit zwei Schritten bei Christoph und lehnten sich aus dem Fenster im zweiten Stock: Eine Gruppe von Männern stampfte aus Richtung der Museumsinsel. Sie schienen es genau auf das Hauptgebäude der Friedrich-Wilhelms abgesehen zu haben. Nike brach sofort der Schweiß aus, sie dachte an die Nacht, in der das Labor in Flammen gestanden hatte und Pfeiffer gestorben war. Doch dieser Mob sah nicht nach den üblichen braunen oder roten Krawallmachern aus, nein, es waren Bonzen; Großkotze mit schicken Anzügen, teuren Hüten und Aktentaschen. Einige wedelten wütend mit Papier wie mit Beweismaterial. Einer hatte sein Hemd ausgezogen und lachte laut. Ein hagerer mit Brille machte einen Schupo zur Schnecke, der den Schlagstock bereits gezückt hatte. Viele Mienen unter edlen, modischen Hüten waren von Verzweiflung und Wut verzerrt. Sie marschierten direkt vor dem Haupteingang auf.
»Was sind das für Flitzpiepen?«, fragte Sandor. »Was muss denn passieren, damit die Bourgeoisie zur Demo geht?«
Die Tür flog auf, und Erika, Physikerin auf dem Gebiet der magischen Physik wie Nike, platzte in den Raum. Sie war gerannt, ihr brauner Pferdeschwanz war unordentlich, und sie rückte die Säume ihres dunklen Kostüms zurecht, als ihr Blick auf die versammelte Prominenz fiel. Es war schon merkwürdig, dass sie sich bisher nicht hatte blicken lassen, wo es doch etwas umsonst gab.
»Vielleicht wollen Sie jetzt die Biege machen, meine Damen und Herren!«, rief sie in den Raum. Es war keine Frage.
»Darf ich fragen, was das soll?«, fragte Nernst ungnädig, der am Büffet noch nichts mitbekommen hatte. »Jetzt gönnen Sie Ihrer Kollegin …«
»Ham Sie dit Neuste nich jehört?« Die gebürtige Schweizerin hatte zwei Arten zu berlinern: eine, wenn sie einen leutseligen Eindruck machen wollte, und eine, wenn sie vor Aufregung ganz schnell sprach. »Die Börse in Übersee ist wieder mit Verlust gestartet. Die Leute verhökern ihre Aktien. Alle Aktien. Dit wird’n ausjewachsenes Desaster.«
»Aber was wollen die hier?«, fragte Nike und deutet auf die Menschen auf der Straße. »Sollen wir ihre Aktien kaufen, oder was?«
»Hab meine Ersparnisse neulich auch in Aktien angelegt. Hat mir der Herr von der Bank geraten«, brummelte Christoph besorgt in seine Pfeife.
»Ich versau dir ungern die Fete, Frau Doktor, aber die ehrenwerte Gesellschaft muss hier weg.« Erikas Wangen waren knallrot. »Die da draußen ham die ganzen Spekulationen auf Pump finanziert, komplett auf Sand gebaut, dit is allet implodiert. Jetzt ham die nix – und auch nix mehr zu verlieren. Die Ersten sin’ schon ausm Fenster gesprungen oder inne Spree. Aber stand ja in der Zeitung, dit sich hier heute die Magieelite sammelt, irgendwer hatte wohl die Idee, die könnten uns die Hucke vollhauen, bis wir ’ne Lösung präsentieren. Die Börsenkurse wieder ins Lot zaubern. Aktienpapiere zu Gold.«
»Scheiße«, bemerkte Sandor. »Das versaut dir wirklich die Fete.«
Nike nickte betäubt. Sie hatte eh nie viel für Feiern übriggehabt, vor allem, wenn sie im Mittelpunkt stand. Sie sah sofort zu ihrer Mutter hinüber, die vor dem liebevoll arrangierten Büffet stand, als sei sie bereit, es mit Händen und Füßen zu verteidigen. »Wir müssen Rabea hier rausbringen«, sagte sie zu Christoph, und der lockerte seine Krawatte und schnaufte zustimmend. »Und dich, Nike.«
Nur Sekunden später war eine ratlose Magieelite auf der Flucht. Nike blieb nur der Trost, dass ihre Doktorurkunde ein Papier war, das nicht an Wert verlieren würde.
1
WIE AUS DER HAND EINE FAUST WIRD
Die alte Welt ist morsch, sie knackt in allen Fugen.
Ich will helfen, sie kaputt zu machen.
GROTESKTÄNZERIN VALESKA GERT
Das »Schwarze Herz« sollte brennen. Sandor stand mit dem Rücken zur Außenwand der Druckerei und Jiří verbarrikadierte das Fenster hinter ihm von innen.
»Dávej pozor«, empfahl er Sandor durch die letzte Lücke, Pass auf dich auf, wie er es auch in Prag immer gesagt hatte, wenn er Sandor an die vorderste Front schickte und selbst zurückbleiben musste. Auf Deutsch fuhr er fort: »Verzieht euch, sobald der Siegelzauber steht. Lasst die Roten einfach wüten, die kommen nicht durch.«
»Und ihr kriegt das Siegel sicher ohne mich hin?«, fragte Sandor. Ihre wertvollsten Papiere waren objektiv weniger wert als Aktien. Aber nach dem Schwarzen Freitag hatte ein finsterer Elendswinter die politische Lage von Monat zu Monat schlimmer werden lassen und selbst im Frühjahr nicht haltgemacht – jetzt war Ende Mai und Sandor musste immer häufiger auch diese Papiere verteidigen: ihre illegalen Anleitungen zum Zaubern.
»Klar!«, rief Isolde aus der letzten Lücke, dumpf klang es durch die Bretter, die eilige Hände an den Rahmen nagelten. »Hau ihnen die Hucke voll, Kleiner!« Es war höchste Zeit für den Siegelzauber: Ein Wurfgeschoss zischte so nah an Sandors Ohr vorbei, dass er das alkoholgetränkte Tuch im Flaschenhals hohl brennen hörte. Es schlug hinter ihm gegen das frisch vernagelte Fenster und flammte hoch und heiß auf.
Die drei Dutzend Rotfrontler unter dem Kommando eines bulligen Stahlarbeiters namens Erwin, die gekommen waren, um ihnen das »Schwarze Herz«, Jiřís anarcho-magische Zeitschrift, unterm Hintern anzuzünden, wurden nervös. Kein Wunder, war doch die SA aufgetaucht. Die Braunhemden hatten sich weiter unten in der Straße gesammelt. Vielleicht wollten sie draufhauen, wenn die Schwarzen Scharen und die Rotfront miteinander fertig waren. Seit dem Börsencrash im Herbst war alles blutiger geworden – die Eskalation von Arbeitslosigkeit und Armut stachelte dazu auf, mit geballten Fäusten und gezückten Messern nach Lösungen zu suchen. Die Rotfront war zwar nach dem Blutmai im vergangenen Jahr verboten worden – als Mob aufmarschieren und irgendetwas anzünden ging aber natürlich trotzdem, das war schließlich ohnehin illegal.
Sandor spürte den Beginn des Siegelzaubers – kleine Körnchen Staub hoben sich und begannen, auf allen Oberflächen zu tanzen: der Mauer, der Straße, auf seinem Gesicht und den Unterarmen, deren Ärmel er hochgekrempelt hatte.
Damit beschloss die SA, doch nicht weiter abzuwarten, und sich in den Streit um Jiřís Druckerei einzumischen – Kommandos wurden gebrüllt, Stiefel dröhnten auf dem Pflaster. Sandor legte zwei Finger der Linken auf den alabasternen rechten Handrücken und schob das Muster zu einem Dreieck zusammen. Die steinerne Rechte ballte sich geräuschlos zur Faust.
Es war die kürzeste Form von Magie, die erje entwickelt hatte, und er allein kam in ihren Genuss. Normalerweise machten die eingelegten Mosaikplättchen die Hand lediglich ein wenig praktischer als eine Prothese: Sandor konnte die Finger damit spreizen, sie so krümmen, dass er Stift – oder Zigarette – damit halten konnte, er konnte sie öffnen für eine Tasse Tee oder ein Glas Bier. Und eine Faust damit ballen. Erde, Luft, Wasser und Feuer – vier Symbole für vier Elemente und vier Handpositionen. Das Dreieck mit der Spitze nach außen war das alte alchemistische Symbol für Feuer. Es ballte die Hand zur Faust, denn während er den Jungs vom Roten Frontkämpferbund noch alabasterne Schellen mit der flachen Hand verpasst hätte, kam bei den Nazis nichts Geringeres als eine steinerne Faust zum Einsatz.
»Zusammen gegen die Nazis!«, brüllte Sandor dem roten Erwin zu, doch sein Ruf ging im allgemeinen Tumult unter.
»Wir müssen da rein, bevor die Nazis …« – »Zündet die Bude an!« – »Überrennt sie!«
Mit »sie« waren Sandor, Ulrike, Hubs, Tristan und eine Handvoll Oberschüler gemeint, die nun mit dem Rücken zur anzuzündenden Bude standen. Sandor überlegte noch für den Bruchteil einer Sekunde, auch irgendwelche Befehle auszusprechen, aber dann musste er das Kommando seiner alabasternen Faust überlassen.
Sie hatte natürlich kein Eigenleben. Aber es schlug sich mit ihr fast wie von selbst.
Die erste Nase, die unter steinernen Fingergliedern brach, war Erwins. Das hatte er davon, sich in Sachen Druckereierstürmung zur linken Hand der Nazis machen zu lassen. Kurz blitzte zusammen mit dem Aufprall Überraschung in den Augen des bulligeren Stahlarbeiters auf – hatte Sandor ihm nicht gerade eine Allianz angeboten? Dann rammte und stach sich das erste Braunhemd seinen Weg durch die Rotflanke. Der Kerl hielt ein Messer in der Faust und seinen Weg säumten zwei, die blutend am Boden lagen.
Licht fing sich auf der Klinge. Jiří sagte, wenn es um Leben und Tod ginge, könne Sandor zu einem Golem werden. Dieses Gefühl stellte sich beim Anblick des Messers sofort ein. Sandor presste die Zunge gegen den Gaumen, nichts war lästiger, als sie sich bei einem Kinnhaken zu Brei zu beißen. Er hob den linken Ellbogen zur Deckung und trat mit kühler Kalkulation der Entfernung in die Reichweite des Messerschwingers. Der zögerte nicht lange, verkürzte die Distanz mit wippenden Schritten wie ein Boxer und stach zu – ganz nach Messerstecherart nicht einmal, sondern dreimal, viermal, fünfmal mit der Faust. Sandor wich mit dem Körper zurück und parierte die Stiche mit der Hand. Die Klinge ließ kleine Steinsplitter abplatzen, doch das machte ihm keine Angst. Der fünfte Messerstich bohrte sich zwischen Zeige– und Mittelfinger der geballten Faust. Sandor riss den Arm herum und besaß nun ein – wenn auch unpraktisch eingekeiltes – Messer. Der Ruck brachte den Nazi aus dem Gleichgewicht, und Sandor schlug ihm mit der Außenkante der Faust wie mit einem Hammer gegen die Schläfe. Das Messer löste sich und trudelte in die rote Menge. Der Messerstecher fiel der Länge nach hin, Sandor setzte mit nur einem Stiefeltritt nach, für mehr blieb keine Zeit. Da presste sich auch schon eine wogende Meute gegen ihn – er konnte die Armbinden nicht sehen, und die Uniformen waren an diesem diesigen Donnerstagmorgen kaum zu unterscheiden. Seine Leute trugen schwarz – Hemden, Hosen, die Oberschüler Schirmmützen, Hubs ihren Zimmermannshut. Sie schlug neben ihm mit einem Werkzeugstiel um sich, stieß gegen Rippen und erwischte mit einer Rundumbewegung Köpfe. Sandor nutzte den Raum, den sie ihm schuf, und verteilte alabasterne Schläge. Weitere Brandgeschosse flogen. Eines, das ihm gegen die Schulter prallte und nicht zerbarst, las er vom Boden auf und schleuderte es zurück.
»Sandor!«, hörte er Ulrike neben sich schreien. »Der Siegelzauber! Lass uns abhauen!« Sie packte ihn und stieß ihn nach vorn, fort von der Wand.
Die Gelegenheit dazu war gut – aus allen Mauerritzen des Druckereigebäudes wehte Sand, auch aus den Fugen des Kopfsteinpflasters erhoben sich Körnchen, und ganze Böen wurden die Straße hinabgeweht. In einem unhörbaren Wind verdichtete sich der Sand vor der Front des Gebäudes, begann zu glühen. Die Schwarze Schar stürzte sich nach vorn ins Gewühl. Die Kommunisten und Nazis, die es nicht erwarten konnten, die Tür oder das Fenster aufzubrechen, drängten sich zum Gebäude vor und schrien auf, als der Sand die Temperatur eines Schmelzofens ausstrahlte. Sandor konnte die Hitze noch zwei Reihen weiter spüren. Schmerzensschreie, panische Rufe, wütendes Gebrüll brandeten auf, der schmelzende Sand wurde gleißend hell – und erstarrte auf der Fassade zu Glas.
Sandor hörte Hubs’ Triumphgeheul. Sie und Ulrike gaben johlend Fersengeld. Er selbst war eingekeilt. Oder vielleicht wollte er auch einfach noch nicht gehen? Hier ein linker Haken, da eine rechte Gerade. Er duckte sich, blockte mit der steinernen Hand, bis sein Gegenüber, ein Brauner, sich die Faust blutig gehauen hatte und zurückwich, und setzte dann nach. Da traf ihn ein Schlag an der Schulter wie ein Dampfhammer und legte ihn der Länge nach hin.
Er rollte sich auf den Rücken, stützte sich auf die Unterarme, wollte aufspringen. Da wurde sein Golemzustand von einer Erkenntnis durchbrochen: Über ihm ragte ein »Arier« auf. Er keuchte; gegen so einen hatte er noch nie gewonnen. Blitze flackerten in dem Eisblau, das die Augen vollständig erfüllte und kein Weiß mehr ließ. Der Mann war zwei Meter groß, sein Kinn so kantig, dass er damit Brennholz hätte hacken können, die Haut spannte sich wie zähes Leder um das zu großknochig gewachsene Gesicht. Und seine Fäuste schimmerten metallen – Sandors Schulter erzählte mit lebhaftem Schmerz von der Begegnung. Sandors Blick flackerte, er verlor den ruhigen Fokus, der ihn eben noch von Hieb zu Hieb und von Schritt zu Schritt geführt hatte. Irgendwo musste das Magiepärchen sein, das diese Verwandlung zu verantworten hatte.
»Ich hasse Nazimagie«, schnaufte er und robbte rückwärts.
Straßenschlachten fielen nicht unter Nikes liebstes Einsatzgebiet. Am wenigsten mochte sie Straßenschlachten, bei denen sie genau wusste, dass sie Freunde irgendwo in der Mitte des Gewühls finden würde. Vielleicht verletzt, vielleicht Schlimmeres.
Sie war in Oberkommissar Fuchs’ Wagen mitgefahren, er hatte sie wortkarg informiert, dass es um eine Straßenschlacht vor einer schon mehrmals polizeilich durchsuchten Druckerei im Wedding ging. Mehr musste sie nicht wissen, sie ahnte bereits, um welche – und wessen – Druckerei es sich handelte. Als sie mit drei Einsatzwagen dort ankamen, war eine Schlacht mit drei Fronten im Gange. Die Schupos des Weddings beobachteten noch. »Das ist Rotfront, die können wir alle einsacken. Die andere Polizei ist schon am Werk«, bemerkte ein jüngerer Schupo mit vor Aufregung rotgefleckten Wangen und deutete auf die Meute der SA, die aus der entgegengesetzten Richtung gekommen war.
»Das verbitte ich mir«, reagierte Nike, wie sie immer auf derlei Anmerkungen und Scherze reagierte. Und wie immer weiteten sich die Augen des zurechtgewiesenen Gegenübers, während Fuchs belustigt schnaubte. »Wollen Sie vielleicht mal dafür sorgen, dass es weniger Verletzte oder gar Tote gibt?«, forderte sie geradeheraus.
»Überlassen Sie die Einschätzungen ruhig mir.« Fuchs verzog humorlos die Lippen. »Und Sie kümmern sich um Verstöße gegen die Magiereglementierung, Fräulein Wehner.«
Frollein Wehner. Von der Magieinspektion. Selbst bei den Schupos fiel jetzt der Groschen, und sie warfen sich vielsagende Blicke zu oder stießen einander die Ellbogen in die Seiten.
Der mit den rotfleckigen Wangen glaubte offenbar, seinen schlechten Sinn für Humor mit beruflichem Eifer gutmachen zu müssen: »Die Front des Gebäudes wurde mit etwas Magischem überzogen. Zur Verteidigung, nehm ich an.«
Nike nickte. Der wie Glas schimmernde Zauber schützte das Gebäude gegen die Brandsätze, die in Splittern davor lagen und ihren Alkohol verbrannten. Sie kniff die Augen zusammen, musterte die Menge mit flachem Atem, riss ein halbdurchsichtiges Butterbrotpapier und einen Bleistift aus der Jacketttasche und zog die Linien der Straße eilig zu ihrem Fluchtpunkt durch. Als sie sich trafen, flammten bereits mehrere Wirbel auf dem Papier auf und machten es in nullkommanix durchsichtig, sodass Nike die Magie in der Umgebung erkennen konnte. Am Gebäude war die Versiegelung als großflächige magische Markierung sichtbar. Außerdem schimmerten die Silhouetten von vier Personen, die eindeutig Magie wirkten, durchs Papier. Bei einer davon leuchtete nur die rechte Hand auf. Bei der anderen Person war der ganze Körper von Magie erhellt. »Ich würde sagen, Sie fangen mit den Verhaftungen an, Oberkommissar«, empfahl sie eisig. »Die SA hat einen ›Arier‹ mitgebracht.«
Fuchs nickte den anderen zu, Schlagstöcke wurden fester gepackt. Sundgren, Fuchs’ rechte Hand, zückte eine Flüstertüte.
»Sie wissen sehr gut, dass der Arier nicht verhaftet werden kann, weil er die Magie nicht selbst wirkt«, knurrte Fuchs.
»Sie könnten ihn ja wegen der Gewaltverbrechen verhaften, die er gerade begeht, aber das liegt natürlich in Ihrem eigenen Ermessen, ich bin ja nur Assistentin der Magieinspektion. Außerdem ist er ein Beweisstück.« Nike spähte über das Butterbrotpapier hinweg und machte die anderen beiden Personen aus, die ihr Zauber markierte. »Nämlich für die Taten der beiden schräg hinter der roten Fahne da vorn.«
»Die brennende?«
»Nein, die andere. Ein Mann, eine Frau; halten irgendwas in den Händen, zwei Hälften, die zusammengehören. Der Mann eher kein Schläger, ’ne halbe Portion, die Frau ziemlich groß, zwei blonde Zöpfe.«
Fuchs koordinierte sofort die stahlbehelmten Sicherheitspolizisten, die mit ihm aus der Roten Burg angerückt waren. Sundgren brüllte das Übliche in die Flüstertüte, hier sei die Sicherheitspolizei, alle sofort auseinander.
Die ersten ergriffen die Flucht, waren aber zwischen Polizei und SA eingekeilt. Die SA schien noch nicht bereit, den Angriff auf die Druckerei abzubrechen, und drosch auf die Roten ein, die versuchten, Fersengeld zu geben.
Umso mehr Gelegenheit für Fuchs, das Magiepärchen und seinen magisch verstärkten Schläger zu verhaften. Nike blieb wie auf heißen Kohlen am Rand und konnte nichts tun. Sie roch die Brandsätze und das schmelzende Glas, die Geräuschkulisse zündelte an ihren Nerven. Sie konnte zwar feststellen, wo Magie gewirkt wurde, konnte sie aber nicht brechen. Nun drangen auch die Schupos mit ihren Schlagstöcken auf die Menge ein. Fuchs und seine Sipos hatten Pistolen gezogen und Gewehre ausgerichtet, nun ließen sie noch zwei Hunde von der Leine. Die ersten Warnschüsse bissen sich ohrenbetäubend durch den Kampfeslärm in den wolkenverhangenen Himmel.
Das Wogen der Leiber verschob sich: Mehr und mehr lösten sich aus ihren Prügeleien, wenn sie es noch vermochten, und versuchten, sich den Weg freizuschlagen. Auch die ersten Nazis ergriffen die Flucht vor der Polizei. Mit klopfendem Herzen lugte Nike im Chaos durch ihr Butterbrotpapier, doch sie fand Sandor nicht wieder. Dann löste sich die Markierung seiner magischen Hand aus dem Markierungsschatten des Ariers – die menschliche Kampfmaschine hatte ihn in hohem Bogen gegen die Glaswand der Versiegelung geschleudert. Sie schnappte nach Luft: Der Arier ergriff keineswegs die Flucht, sondern setzte nach, stieg über zwei, drei Verletzte, riss Sandor, den Nike jetzt klarer erkennen konnte, vom Boden hoch und presste ihn mit beiden stahlharten Fäusten gegen die Wand. Nike ließ vor Schreck das Papier fallen. Sandor blutete aus der Nase und aus einer Platzwunde über dem Auge, landete aber trotzdem einen alabasternen Fausthieb auf der Schläfe des übernatürlich großen Mannes. Der schüttelte sich kurz, hielt Sandors schwarzen Hemdaufschlag mit nur einer Hand gepackt und langte mit der anderen nach dem Arm mit der Steinfaust. Ein Ruck – Nike schrie auf, ein Echo von Sandors Schrei, den sie durch das Gebrüll, die Fußtritte, Fausthiebe, Schüsse nicht hören konnte, als sich etwas in Sandors Arm verschob; brach. Herrgott, brach der Hüne ihm die Steinfaust ab? Dann waren Fuchs’ Leute endlich durch, ein weiterer Warnschuss galt dem Magiepärchen und hinterließ knapp oberhalb ihrer Köpfe ein Loch und spinnennetzartige Risse in der Glasfassade.
Endlich rissen die beiden das magische Objekt auseinander, das sie zusammengebracht hatten – und Nike stieß zittrig die Luft aus, als sie den Arier schrumpfen sah. Sein strohblondes Haar dunkelte und wurde lichter, Schultern und Rücken wurden krummer. Die Faust, die Sandor an der Schläfe traf, war wieder aus Fleisch und Blut. Sandor stand noch, befreite sich mit einem Schlag mit dem linken Ellbogen und griff sich im Laufen an den schlaff herabhängenden rechten Arm.
Lauf!, gellten Nikes Gedanken, als ein Schlagstock auf den Nacken des Ariers niedersauste. Sandor kam zwei Schritte weiter. Dann traf ihn der Gewehrkolben eines Sipos im Gesicht, und er ging zu Boden. Noch einmal sauste das Gewehr herab, und noch einmal. Nike konnte ihn nicht mehr sehen. Wie von selbst rannte sie los, rempelte sich durch Schupos und Sipos, letzte Schlagabtäusche, blutig geschlagene Flüchtende und machte einen großen Bogen um einen der Hunde, der von einem schreienden Kommunisten mit einer Fahnenstange auf Abstand gehalten wurde.
Erst als sie an der kühlen gläsernen Fassade ankam, holten ihr Puls und ihr Atem auf, was sie versäumt hatten. Mit hämmerndem Herzen und schlitternden Sohlen kam sie auf dem glasüberzogenen Boden zum Stehen und kniete sich neben, nein, über Sandor.
Überall war Blut, sein Arm stand unnatürlich ab, doch abgebrochen hatte der Arier die alabasterne Hand nicht. Sie sah sofort, dass Sandor lebte, denn er atmete das Blut ein, das ihm von Nase und Lippen troff, verschluckte sich daran und hustete kraftlos und kaum bei Bewusstsein. Sie drehte ihn auf die linke Seite, er schrie auf, als sie seinen Arm berührte, und hustete dann weiter.
»Herrgott, Sandor«, fuhr sie ihn an. Ein zuschwellendes Auge blinzelte mühsam.
»N-nike?«, fragte er, und ihre Anwesenheit erleichterte ihn offenbar genug, dass er es wagte, das Bewusstsein zu verlieren.
Ein Schatten fiel über sie, sie sah mit eingezogenem Kopf und rasselndem Atem auf. Was tat sie hier? Würden die Gewehrkolben als nächstes auf sie niedergehen? Fuchs sah auf sie herab, das Gewehr gelassen in der Hand. »Na, sieh mal einer an. Ihr Freund Černý, der Anarchist. Ist das eine Verhaftung, Fräulein Wehner?«
»Nee«, stieß sie hervor. »Sie wissen genau, dass er die Hand magisch nutzen darf, weil sie laut Charité eine Prothese ist.«
»Und mehr hat er nicht gemacht?«
»Sieht er so aus?«
Fuchs sah abschätzig auf ihn herab. »Sieht durch die Mangel gedreht aus, der Bursche. Kann mir nicht helfen, es steht ihm. Hoffe, es ist ihm eine Lehre.«
Gallige Wut stieg in ihrer Kehle hoch. »Und ich hoffe, Sie haben das Magiepärchen erwischt.«
Fuchs schüttelte den Kopf. »Keine Chance. Die waren wie weggezaubert.«
Fassungslos starrte sie ihn an. »Weil Ihre Sipos stattdessen auf Sandor losgegangen sind!«
»Nee. Nee, Fräulein Wehner. Weil Sie nicht in der Lage sind, diese illegalen Magieversuche zu unterbinden«, grollte Fuchs und schien über ihr zu wachsen. Drohte ihr wortlos mit ihrer Schlappe in den Einbruchsfällen der letzten Tage.
»Magie zu unterbinden – dafür hätte ich wohl in der Forschung bleiben müssen!« Nike senkte jedoch den Blick. Sie kam ja doch nicht gegen ihn an. Stattdessen tastete sie an der Alabasterhand zum Handgelenk und zum Unterarm hinauf, wo sie in Fleisch und Blut überging – der magische Angriff hatte damals glücklicherweise nur die Hand versteinert, auch wenn natürlich Sandors ganzer Körper das Ziel gewesen war. Die Steinhand war intakt, der seltsame Winkel des Arms rührte von der Schulter. »Er muss ins Krankenhaus«, sagte sie tonlos.
»Das müssen hier so einige. Verdammte Querulanten, ich mache drei Kreuze, wenn die politische Lage sich beruhigt. Wie kriegen wir denn die Glasbarriere kaputt?«, fragte Fuchs. »Ich möchte gerne mal bei Černýs Kompagnon Weber anklopfen.«
Sandor beschloss, noch eine Weile bewusstlos zu bleiben. Er schwamm in der Suppe einer gründlichen Gehirnerschütterung, eines Nasenbeinbruchs und genähten Platzwunden an der Stirn und am Hinterkopf. Oh, und einem wiedereingerenkten Schultergelenk – das hatte ihn gründlich aufgeweckt, aber nur lange genug, um das Ausmaß seiner Verletzungen zu erfahren. Auf eine verquere Weise genoss er das Gefühl, nur diffus zu wissen, wer er war (Sandor Černý), wo er war (in einem Spital) und wieviel Zeit vergangen war (vielleicht ein Tag, vielleicht auch nur eine Stunde). Eine Zeitlang plätscherten die Stimmen, doch als sein langsamer Geist sie erst einmal mit Gesichtern und Namen verband, konnte er nicht anders, als der Unterhaltung zu folgen. Im Raum, dessen Hall auf eine hohe Decke schließen ließ, wurde das Gespräch um ihn herum immer hitziger.
Nikes Stimme war hell und feminin. Er wusste, dass sie das hasste und sich deshalb eine Oktave tiefer antrainiert hatte. »Wenn die Rotfront dir die Druckerei anzünden will und die Nazis mit Magie dazukommen, kannst du doch von Glück sagen, wenn die Polizei auch anrückt«, hörte er sie, dann eine verschwommene Antwort und wenig später: »Aber ihr lernt es ja auch nicht. Weder die Kommunisten noch die Nazis werden aufhören, wenn ihr nicht aufhört!« Als sie noch leise und zerknirscht gesprochen hatte, gelang ihr die tiefere Stimmlage, als ihre Argumentation hitziger wurde, verlor sie mit dem Griff um ihre Stimmung auch den um ihre Stimme. Zuneigung schwappte in Sandor auf, dicht gefolgt von Frustration. Wie bei einem Geschwister, das er zwar erst seit zwei Jahren kannte, das ihm aber ebenso vertraut wie unüberbrückbar anders war.
Eine zweite Stimme war rauchig, klang nach Lippenstift, Wasserwelle und Psychotherapie. »Das sagst du so leicht, aber wenn wir immer alles aufgeben würden, was Nazis hassen, dann wären wir bald selbst welche«, zerlegte Georgette Nike, und die stieß überrascht die Luft aus.
»Wir wären klargekommen, aber die Polizei hat alles schlimmer gemacht.« Die tiefe, überlegte, dem Deutschen nicht ganz vertraute Stimme mit dem tschechischen Beiklang kroch Sandor in seinem fast gedankenlosen Zustand unter die Haut und ringelte sich auf Bauchhöhe zusammen. Er musste aufpassen, nicht in seiner vorgeschobenen Bewusstlosigkeit erleichtert zu lächeln. »Der Arier hatte Sandor in der Mangel, aber die Gehirnerschütterung hat er nicht von ihm, sondern von euch.«
»Euch?«, wiederholte Nike, und obwohl das Wort nach Entrüstung klang, war die Stille danach blanke Scham.
»Du arbeitest für die, Nike«, erwiderte Jiří müde. »Nachdem du ihnen die Tür freigeschmolzen hast, haben sie die gesamte Auflage beschlagnahmt. Und die Geldkassette mit dem Zaster für die Lieferjungs ist irgendwie auch weg.«
»Die Versiegelung baute sich schon von selbst wieder ab, ich hab es nur beschleunigt. Wären wir nicht gekommen, würde die Druckerei vielleicht gar nicht mehr stehen. Dann hätten sie euch die angezündet!«
»Wenn Nike nicht da wäre, wäre jemand Schlimmeres auf ihrem Posten«, verteidigte sie Georgette.
»Sehr verantwortungsvoll von Nike, das geringere Übel zu sein.« Jiří hatte diese Art, beißenden Spott in seine sanfte Stimme zu hüllen, dass man sich fast davon geschmeichelt fühlte.
»Sie versucht es ja, sie hat sich mitten im Getümmel vor Sandor geworfen!«
»Georgette …«, seufzte Nike.
»Ja. Ja, ich weiß«, stieß Jiří mit einem langen Atemzug aus. »Dir muss klar sein, Nike, du änderst es nicht. Du machst dich nur zu einem Teil davon.«
»Man ändert immer etwas«, protestierte Georgette. Sie hatte in ihrer Zeit in den Wittenauer Heilstätten auch Gutachten für die Polente geschrieben. »Nur nicht genug.«
»Richtig. Nicht genug.«
»Ändert denn dein ›Schwarzes Herz‹ genug? Vor allem, wenn es dir unterm Arsch angezündet wird?«, knurrte Nike.
»Wenn wir nicht neben dem Nazi-Problem auch noch ein Kommunisten- und Polizei-Problem hätten, sicherlich.«
»Die Polizei hat nur versucht, den Mob aufzulösen«, sagte Nike, und das quittierten sowohl Georgette als auch Jiří mit einem Schweigen, das wie Eiskörner auf Sandor einprasselte. Er wäre beinahe offiziell aufgewacht, weil es so unangenehm war.
»Du weißt, dass das nicht wahr ist«, flüsterte Georgette schließlich. »Du hast es mir selbst erzählt. Das mit der … ›anderen Polizei‹.«
»Ja.« Nike ließ ihre Illusionen los. Das Eis schmolz. »Du hast recht.« Ihre Stimme war gedämpft, als sie sich durchs Gesicht fuhr. »Hör zu, Jiří, ich versuche, herauszufinden, was mit deiner Auflage passiert. Vielleicht kann ich was ausrichten. Sagst du Sandor, dass wir hier waren? Ich komme morgen wieder. Hab … hab viel zu tun.«
»Bei der Dreckspolizei«, sagte Jiří, auf die sardonische, sanftböse Jiří-Weise, die sich unter Sandors Haut um sich selbst schlängelte.
»Bei der Dreckspolizei«, erwiderte Nike fest.
»Pass auf dich auf, Jiří«, seufzte Georgette. Sandor hörte Stühlerücken, Schritte, das Klacken von Jiří Gehstütze und Umarmungen – Stoff auf Stoff, Hände auf Rücken.
Die Tür öffnete sich. Die Tür schloss sich.
»Ich weiß, dass du wach bist«, sagte Jiří auf Tschechisch.
Sandor konnte sich das Grinsen nicht mehr verkneifen. Es spannte an den aufgeplatzten Lippen.
»Ich leide noch unter Diskussionslähmung«, nuschelte er. »Mit unpolitischen Leuten kann man nicht diskutieren.«
»Nike ist nicht unpolitisch.« Schritt, Gehstützenklack, Schritt, Stuhlrücken. Sandor öffnete mühsam die Augen.
»Aber nicht politisch genug.«
»Nicht auf die Weise, die wir uns von unseren Freundinnen wünschen«, stellte Jiří selbstironisch fest und beugte sich vor, um Sandor zu mustern, der ihn kaum scharfgestellt bekam, wie eine schlechte Kamera. Die hohe Decke des mit Vorhängen untertrennten Raums ließ ihn bereits schwindeln.
»Deine Pupillen sehen aus, als hättest du gekokst.«
»Der Rest von mir eher nicht so, was?«
»Ich wünschte.«
»Wie lang war ich weg?«
»Ein paar Stunden.« Der Unterton dieser Aussage fuhr Sandor durch Mark und Bein – er hatte es ganz vergessen!
»Jiří, dein Zug! Kriegst du ihn noch?« Er hätte sich fast aufgesetzt, überlegte es sich dann schlagartig anders. Schon kleine Kopfbewegungen ließen alles schwimmen.
Jiří sah auf die Uhr. »Den krieg ich noch. Wenn ich zum Bahnhof fliege.« Er grinste ihn an, und Sandor legte sich stöhnend die linke Hand vors Gesicht. Der Schatten tat gut. Das Gewicht der Hand, wenn auch diese nicht aus Stein war, eher nicht.
»Und … was jetzt?«
Jiří legte zwei Finger auf Sandors Alabasterhand und schob das Mosaik herum zum alchemistischen Symbol für Wasser. Die Spitze des Dreiecks zeigte nun nach unten. Die Faust öffnete sich langsam und ebenso schmerz- wie gefühllos, bis ein Glas hineingepasst hätte. In die offene Hand legte Jiří seine eigene, Sandor konnte nur vermuten, aber nicht spüren, dass er ihm die Finger drückte.
»Mein bester Freund ist krankenhausreif geprügelt worden, ich finde, ich sollte nicht nach Prag zurückgehen«, sagte Jiří dann fest und sah ihm in die Augen.
»Ich komme schon klar.«
»Aber ich kann nicht fliegen, und damit ist es jetzt sowieso zu spät. Außerdem bist du nicht der einzige Grund: Die haben unsere Auflage beschlagnahmt, unser Geld geklaut. Ich kann Isolde damit jetzt nicht allein lassen.«
»Wie konnten sie die Auflage beschlagnahmen? Schriftliche Abhandlungen zur Magie sind doch laut Paragraf Schlagmichtot vom Magieverbot ausgenommen?« Er hatte »Paragraf Schlagmichtot« auf Deutsch gesagt, und Jiří, der mit deutschen Redewendungen nicht so vertraut war, weitete überrascht die Augen, bevor er verstand. Aber was die neue deutsche Magiegesetzgebung anging, kannte er sich ebenso gut aus wie Sandor: Er achtete mit einer Menge Finesse darauf, dass das »Schwarze Herz« in der Grauzone zwischen erlaubter Abhandlung und verbotener Anleitung blieb.
»Na, zu unserem Schutz! Sie haben die Auflage rausgeschleppt und das Gebäude abgesperrt, angeblich, damit die Roten und die Braunen nicht wiederkommen. Aber danach hat mich dieser Fuchs noch mal ausgefragt.«
»Schon wieder. Dieser Scheißkerl.« Sandor hatte nicht vergessen, dass Fuchs bei der Katastrophe um den Singenden Turm auf der Seite derer gestanden hatte, die die Stadt mittels Erdbeben hatten »umgestalten« wollen. Er hatte dafür sogar seinen Kollegen Seidel über den Haufen schießen lassen. Angeblich habe er die Situation falsch eingeschätzt, und Seidel hatte das natürlich alles ganz falsch verstanden. Dass Nike trotzdem entschlossen war, Seite an Seite mit ihm zu arbeiten, bereitete Sandor mehr Kopfschmerzen als die Gehirnerschütterung
»Ob mir nicht klar wäre, dass die Nazis von unseren ›Anleitungen‹ profitieren. Dass unser Problem hausgemacht sei. Hat mir gesagt, ich soll nach Böhmen zurückgehen und dich gleich mitnehmen, sonst würde er dafür sorgen, dass er einen Grund findet, uns festzunehmen und in Handschellen zurückzuschicken.«
»Und da hast du beschlossen, den Zug heute zu verpassen und hierzubleiben.«
»Ja, ich lasse mir einfach von der Polente nichts sagen.« Damit ließ Jiří seine Finger los. Obwohl Sandor keine Empfindungen darin hatte, bildete er sich ein, dass er die Wärme von Jiří Hand sofort vermisste.
»Du lässt dir das nicht einreden, oder?«, fragte Sandor. »Dass wir die Nazis zum Zaubern ermächtigen?«
»Es gäbe einfachere Möglichkeiten, an unsere Anleitungen zu kommen, dazu müssten sie nicht die Druckerei überfallen.«
»Ich wette, sie haben jetzt mit dem Institut für Deutsche Physik Zugriff auf die allerneusten Erkenntnisse. Ich wette, dass nicht wenige von diesen Antisemiten alles brühwarm und leicht verständlich für die SA-Zaubernden aufbereiten.«
»Ich wünschte, die Kommunisten würden dort für Ärger sorgen.«
»Seit dem Brandanschlag, bei dem Nikes Professor draufgegangen ist, wagen sie keinen Aufmarsch mehr vor Universitätsgebäuden. Aber was machst du auch eine Druckerei im roten Wedding auf, du willst den Ärger doch.« Er grinste schief.
Jiří seufzte. »Ich hoffe immer noch, dass sie irgendwann einsehen, dass wir an einem Strang ziehen müssen – gegen rechts und gegen die Bürgerlichen.«
»Mit ihrem Strang wollen sie doch das Rad zurückdrehen.«
»Aber ja nur, weil Moskau beschlossen hat, dass Magie und Kommunismus nicht zusammengehen. Das kann doch nicht sein. Wenn sie begreifen würden, dass die Magie einfach nur genau da hingehört, wo auch die Produktionsmittel hingehören, dann könnten die Roten und die Syndikalisten wieder auf derselben Seite stehen!«
»Auf deiner Seite also.«
Jiří lachte über sich selbst. »Ja, verdammt, auf meiner Seite, Sandor! Das ist ja auch die richtige!«
»Bevor die SA aufmarschiert ist, hab ich mit Erwin geredet, und er hat ja nicht mal unrecht: Der Staat hat die Magie sofort stark reglementiert und die Nutzung außer in polizeilichem und wissenschaftlichem Umfeld zum Verbrechen erklärt. Logisch, dass die Kommunisten denken, dass es einfach nur ein neues Herrschaftsinstrument ist, mit dem das Volk geknechtet wird.«
»Und? Hat er dich rekrutiert?«
»Jiří!« Sandor versuchte, mit möglichst wenigen Regungen zu lachen. Es gluckste in seiner Kehle. »Du weißt, wie ich das meine!«
»Ja, und? Wir dürfen das nicht mit uns machen lassen! Wir müssen verhindern, dass es ein Werkzeug für Wenige gegen Viele wird – aber die anzugreifen, die dieses Werkzeug verteilen wollen, so was fällt doch wohl nur ideologieverrannten Hornochsen ein!«
»In Moskau fürchten sie halt, dass die Entente und das Deutsche Reich damit aufrüsten. Das ist doch der eigentliche Grund, warum kleine Nummern wie Erwin gesagt bekommen, sie sollen überall Brandsätze werfen, wo Magie gewirkt wird.« Sandor ächzte. »Außerdem hab ich dir gesagt, ich leide noch unter akuter Diskussionslähmung.«
»Verzeih«, sagte Jiří weicher.
»Was machen sie jetzt in Prag ohne dich?«
»Weiter.« Jiří zuckte mit den Achseln. »Dazu brauchen sie mich nicht.«
»Du weißt, dass sie das doch tun. Alle brauchen einen Jiří.«
»Oder eine Isolde«, sagte der stets bescheidene, geborene Rädelsführer. »Aber so oder so brennt jetzt hier nicht nur fast meine Druckerei, sondern auch die Luft. Es war eine dumme Idee, gerade jetzt nach Hause zu fahren.«
»Berlin braucht einen Jiří dringender als Prag?«
»Ich hatte den Eindruck, Sandor braucht einen Jiří«, sagte Jiří und zwinkerte mit dem linken Auge, das für beiläufige Zwinkereien reserviert war.
»Oh, ich hab dich eh immer dabei«, gab Sandor zu, der Jiřís Stimme auch dann kommentieren hörte, wenn dieser gar nicht da war. »In meinem schwarzen Herzen.«
2
MAGISCHES SONDERKOMMANDO
Kriminalistik ist zu einem großen Teil Kunst der Menschenbehandlung.
KRIMINALRAT ERNST GENNAT
Nike hatte dafür gesorgt, dass Sandor in die Charité gebracht wurde, wo man mit seiner Hand bereits vertraut war, damit neben der ausgekugelten Schulter, dem Nasenbeinbruch, den diversen Platzwunden und der Gehirnerschütterung auch danach gesehen werden konnte. Mit Sandors steinerner Gliedmaße war alles so weit in Ordnung. Sein verdammter Leichtsinn hatte schon mehrmals bewiesen, dass selbst die schmalen Finger robuster waren, als man es Alabaster zutraute. Magie!
Nike und Georgette hatten die letzten beiden Mittagspausen mit Krankenbesuch verbracht, doch der heutige war der letzte: Georgette hatte Sandors Rechnung beglichen, den Rest seiner Malaise musste er zu Hause auskurieren.
Georgette und Nike trennten sich vor dem Klinikkomplex. Das Institut für Sexualwissenschaft befand sich in einer Villa auf der anderen Seite des Spreebogens. Sie hielten es, wie sie es in der Öffentlichkeit immer hielten, und gaben einander mit einem unwillkürlichen Augenzwinkern die Hand. Vor zwei Jahren hatte Georgette die letzten Anzüge eingemottet, die sie in ihrer früheren Tagesidentität als Psychologe hatte tragen müssen, und konnte mit hochhackigen Schuhen, langen Röcken, gemusterten Blusen und taillierten Mänteln zur Arbeit gehen. Heute trug sie sogar eine mit einem flauschigen Federbüschel geschmückte, schrägsitzende Mütze auf dem Haar, das sie zu einem kinnlangen Bob hatte wachsen lassen. Er funkelte wie ein präzise geschnittener schwarzer Metallhelm in der Mittagssonne.
Nike ließ Georgettes hauchdünn behandschuhte Hand nur zögerlich los. »Wir sehen uns heute Abend«, sagte sie.
»Mach nichts, was ich nicht auch tun würde, Nik«, sagte Georgette.
»Nie«, erwiderte Nike, doch die Schlägerei und Jiřís Vorhaltungen nagten an ihr und höhlten das Wort aus.
Jiří hatte natürlich recht. Sie vergrub die Hände im verbeulten Jackett und stapfte Richtung Brandenburger Tor, versuchte, ihr Herz zu ignorieren, das sehnsüchtig Unter den Linden vorauseilte zur Friedrich-Wilhelms-Universität, der sie jedoch die kalte linke Schulter zeigen musste. Mit dem Doktortitel hatte sie den altehrwürdigen Hallen des vornehmlich männlich besetzten und definierten Wissens den Rücken gekehrt. Aus irgendeinem Grund empfand sie Traurigkeit darüber, obwohl nichts im Leben ihr so sehr ihren Platz weit unten in einer sozialen Hierarchie hatte weisen wollen wie dieser Ort. Sie stapfte weiter, ihre Gedanken kreisten zurück zu Sandor, der eigentlich mit ihrer früheren Kommilitonin Erika hier forschen sollte, statt sich im Wedding von Kommunisten, Rechten und Polizisten zu Brei schlagen zu lassen. Und noch weiter zurück, zu Professor Pfeiffer, der im Keller erstickt war, als ein Mob die magischen Erkenntnisse zu vernichten versucht hatte.
Manchmal – selten, aber an einem Tag wie diesem durchaus nicht ungewöhnlich – wünschte auch Nike sich, sie hätten die magischen Phänomene nie entdeckt oder nie gründlicher erforscht. Eine rationale Unmöglichkeit, Effekte, die aus Kunst und Naturwissenschaft entstanden – warum lebte sie, eine Physikerin, in einer Welt, in der so etwas möglich war? Eine gefährliche Kraft, die das Potenzial hatte, alles zu verändern, alles zu erschüttern.
Kann ich nicht unten im Keller an Quanten forschen, die für das Alltagsleben der meisten Menschen nie Relevanz haben werden? Nein, sie musste im Polizeidienst magische Verbrechen aufklären. Morde durch Versteinerungen. Raubzüge durch verschlossene Türen. Zerstörerische Stadtarchitektur durch herbeigerufene Erdbeben. Das war nun ihr Leben. Sie grinste in den gegen den Wind aufgestellten Kragen und dachte daran, was Lise Meitner ihr einmal gesagt hatte: Das Leben müsse nicht leicht sein, wenn es nur inhaltsreich sei.
Nike konnte sich nicht über Inhaltsarmut beschweren.
Sie mied den Blick eines Bettlers, der im Windschatten der Staatsoper saß, als warte er nur darauf, fortgejagt zu werden. Ihm fehlten drei Zehen, doch jetzt war fast Sommer, und er reckte die grauen, knotigen nackten Füße in die Sonne.
Manchmal fragte sie sich, wie die vergangenen Jahre seit der Solvay-Konferenz ohne die magische Forschung verlaufen wären. Wären die Unruhen ähnlich gewaltig? Die Ungerechtigkeiten, im Kleinen wie im Großen? Das Gefühl, dass es unter dem Asphalt brodelte, während gleichzeitig die Häuser um sie herum einzustürzen drohten?
Die erbitterten politischen Kämpfe. Die Armut mit ihren vielen Gesichtern, seit dem Krieg und noch erbarmungsloser seit der Weltwirtschaftskrise. Das Säbelrasseln der Unzufriedenheit mit dem Versailler Vertrag. Die deutliche Verschiebung dessen, was als deutsch galt und wer Teil daran hatte.
Wäre es ohne die Magie genauso gekommen?
In der Sakkotasche drehte sie den Ring an ihrem kleinen Finger. Ohne die Magie hätte sie Georgette nicht kennengelernt, hätte sich nie ins Nachtleben gewagt. Hätte eine Seite an sich nie ans Licht geholt und hätte nicht geahnt, wie vielen Menschen es so ging wie ihr. Die Welt behauptete mit einem solch unwissenschaftlichen Starrsinn, dass es nur eine vorgesehene Art zu leben gab. Beinahe hatte sie es ihr abgekauft – selbst in einer Stadt wie dieser, wo sie nur hätte links und rechts schauen müssen, um zu erkennen, dass sie nicht die Erste und ganz gewiss nicht die Einzige war, deren Zahnrad nicht in diese Maschinerie passte und fast abgestumpft wäre am Versuch, sich hineinzuquetschen.
Sie ging über die Spreebrücke. Wie zur Bestätigung ihrer Gedanken kam ihr von der anderen Seite eine bekannte Gestalt entgegen – Gunni, diesmal in Männerkleidung. Sie nickten einander verschwörerisch zu. Natürlich hatte Nike gewusst, dass es ein anderes Ufer gab. Aber dass dieses Ufer der Platz war, nach dem sie Heimweh gehabt hatte, ohne sich ihre eigene Rastlosigkeit erklären zu können? Das hätte sie ohne Magie nie verstanden. Ohne Georgette. Sie grinste in sich hinein, als sie auf der anderen Seite ankam. Sie hatte sich nie für eine Lesbe gehalten. Sie hatte angenommen, dass sie einfach überall falsch war. Falsch bei den Normalsexuellen, wie Georgette sie, nie ohne ironischen Unterton, nannte. Falsch bei den Frauen, so vielfältig sie auch waren. Aber das andere Ufer war größer, als es ausgesehen hatte. Es hatte Platz für Leute wie Georgette und sie, zwei Lesben, von denen die eine nicht selbstverständlich für eine Frau gehalten wurde, und von denen die andere als Frau einsortiert wurde, egal, wie sie sich kleidete, egal, wie sie sich gab. Aber sie war es nicht, es wohnte ein anderer Geist in ihrem Körper – kein Mann, aber vielleicht beides oder vielleicht nichts davon. Wer war sie, nur in zwei Kategorien zu denken, wo Magie sie doch so viel mehr gelehrt hatte?
Auf dem anderen Ufer der Spree hingegen wartete die Rote Burg auf sie, das Polizeipräsidium, und da war sie Nike, eine alleinstehende, mutmaßlich männerfeindliche, verschrobene, halbägyptische Physikerin der Abteilung J.
Und das war sie auch drei Stunden später noch, als sie eigentlich längst ihren Feierabend beim Essen mit ihrer Mutter und deren Mann hätte verbringen wollen. Sie vermisste ihn. Sowohl den Feierabend als auch den Mann. Sie saß allein in dem kleinen Büro, das einst Christoph Seidel gehört hatte, vergraben hinter Berichten und bürokratischen Anträgen zur polizeilichen Magiewirkung und – am allerschlimmsten – rückwirkend auszufüllenden bürokratischen Anträgen zur polizeilichen Magiewirkung.
Sie hatte die zahllosen Häkeldeckchen auf den wuchtigen Aktenschränken, dem stets zu kleinen Schreibtisch und der schmalen Fensterbank entfernt, hatte jedoch Christophs Ablagesystem behalten, drei von ihm mit eigener Hand gehäkelte und mit eigener Lungenkapazität nikotingelb gefärbte Deckchen auf dem Schreibtisch. Eines davon markierte den Platz für Schriftstücke, die bereits fertig waren. Dieser Stapel war bedrückend klein, eigentlich kaum Stapel zu nennen. Daneben lag, was sie das »Heute noch«-Deckchen nannte, und darauf fläzten sich noch einige unangenehme Dokumente. Der letzte war der »Später«-Stapel, mit dem sie eingedenk seines Namens unangemessen viel Zeit verbrachte, indem sie als Arbeitsvermeidungstaktik immer wieder versuchte, die Formulare darauf in eine zeitlich dringliche Reihenfolge zu sortieren, die sich jeden Tag mindestens dreimal verschob.
Ganz oben lag mittlerweile der Antrag für die Auslandsgenehmigungen der Magieforschenden – darunter ihre frühere Kollegin Erika –, die Abgeordnete nach Frankreich begleiten sollten. Die Entente würde in wenigen Wochen darüber verhandeln, ob Magie als kriegsfähige Waffe als Zusatz zum Versailler Vertrag eingestuft und die Nutzung als solche international geahndet wurde.
Aber darum würde sie sich morgen kümmern. Spätestens übermorgen. Sie setzte endlich ihre Unterschrift unter das Formular, in dem sie nachträglich die Erlaubnis beantragte, während des Einsatzes an der Druckerei Magie gewirkt zu haben, und versah es mit einem Durchschlag des Einsatzprotokolls, das ihr Fräulein Ziemek netterweise abgetippt und hereingereicht hatte.
Früher waren sie zu zweit gewesen, und Kriminaloberkommissar Seidel hatte alles Polizeiliche abgewickelt, während Nike nur in beratender Funktion als Wissenschaftlerin der FriedrichWilhelms tätig gewesen war. Aber jetzt zahlte die Polizei ihren Lohn, auch wenn sie nicht verbeamtet war. Das bedeutete aber, dass sie sich als nur mit Müh und Not passend gedengeltes Zahnrad im Polizeigetriebe drehte, verantwortlich für allen Papierkram, den man ihr als Kriminalassistenz der Abteilung J für Verstöße gegen das Magiegesetz zumuten konnte.