Annabell - Barbara Zimmermann - E-Book

Annabell E-Book

Barbara Zimmermann

0,0

Beschreibung

Annabell Ein tierischer Sommer Kinderroman ab 8 Jahren 224 S. mit s/w Vignetten Mein Name ist Annabell. In den Sommerferien fahre ich zu meinen griechischen Großeltern in ihr bunt grünes Haus auf der Insel Rhodos. Meine Oma ist genauso tierlieb wie ich und ein Esel ist nicht das einzige Tier, das wir retten. Der Nachbarsohn Pawel und ich sind dick befreundet, seit wir klein waren. Jeden Tag erleben wir ein neues Abenteuer an Land oder auf dem Meer. Ob das Chamäleon vom Strand mein Freund sein will? Und was hat es mit der seltsamen Entdeckung aus dem Geheimfach auf sich? Unser Familienleben wird jedenfalls ganz schön durcheinandergewirbelt... Ein Kinderroman für alle, die den Sommer im Süden lieben und ein Herz für Tiere haben.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 149

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Prolog

Dies sind die lustigen und tierischen Abenteuer von Annabell und Pawel auf der griechischen Insel Rhodos mit Esel, Hund, Katze, einem Hühnerhof und Chamy, dem Chamäleon.

Wer den Sommer lieber im Süden verbringen möchte und Tiere mag, ist hier goldrichtig.

Inhalt

Im buntgrünen Haus

Auf dem Markt

Dicke Fische

Das Delphinkind

Katze Minky

Penelope

Chamy

Im Tal der Schmetterlinge

Hund gefunden

Der Hühnerhof

Geburtstagsfeier

Pawel und Annabell

Die Schildkröteninsel

Schöne Ferien

Oma Kassandra

Lindostaxis

Abschied

Im buntgrünen Haus

Darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Annabell und ich wohne mit meinen Eltern in Hamburg. Meine Mutter ist Griechin und mein Glück ist, dass wir in den Ferien nach Rhodos zu meinen Großeltern fahren.

Mein Wecker macht laut „Kikeriki“, wie auf einem Hühnerhof.

Der Wecker sieht aus wie ein Huhn und klingt auch so. Ich wünsche mir nämlich nichts mehr als ein Haustier. Meine Eltern haben nein gesagt, weil sie beide arbeiten und ich erst am Nachmittag aus der Schule komme. Über ein Aquarium würden sie eventuell noch mit sich reden lassen, aber das ist mir zu dumm. Stumme Fische braucht kein Mensch! Aus Protest habe ich alles um mich herum mit Tieren oder Tierlauten ausgestattet. Mein Handy klingelt mit Hundegebell, mein Wecker mit Gegacker, meinen Sportbeutel ziert ein Mops und es gibt kaum ein T-Shirt ohne Tieraufdruck darauf.

Aber heute ist ein guter Tag. Der erste Tag der Sommerferien. Heute fliege ich mit meinen Eltern zu den griechischen Großeltern. Das Beste daran ist, dass ich volle sechs Wochen dortbleiben darf.

„Annabell, steh auf, der Flieger wartet nicht“, ruft meine Mutter durch die halboffene Tür.

Ich beeile mich und nach ein paar Minuten Zähneputzen und Katzenwäsche setze ich mich an den Küchentisch.

„Mama packt noch. Möchtest du ein Klatschbrötchen?“, fragt mein Vater.

„Klar“, sage ich und nehme den Schokokuss, den Vater mir hinhält. Ich lege ihn zwischen die Brötchenhälften und presse sie zusammen, so dass der Schaum an der Seite herausquillt. Mit der Zunge lecke ich ihn rundherum ab und beiße herzhaft in das Brötchen.

Meine Mutter schüttelt den Kopf, als sie die Küche betritt.

„Ihr seid in der Zuckerfalle“, sagt sie zu meinem Vater.

Papa lacht nur.

Es klingelt an der Haustür. Der Taxifahrer mahnt zur Eile, da er sich ein wenig verspätet hat. Wir nehmen unsere Koffer in die Hand und stürmen auf die Straße. Mein Nackenhörnchen für die Reise trage ich um den Hals.

„Hast du abgeschlossen und sind alle Fenster zu? Ist die Kaffeemaschine auch aus?“, fragt Mama meinen Vater.

„Keine Ahnung, ich sehe lieber nach“, sagt er und springt aus dem Taxi.

„Guck, ob meine Nachttischlampe aus ist“, rufe ich ihm nach.

Meine Mutter öffnet die Tür und sprintet ihm hinterher. „Das Bügeleisen!“

Der Taxifahrer schüttelt den Kopf.

Fix sind meine Eltern zurück und wir schaffen es ohne Stau zum Flughafen.

Ich bin erstaunt, als ich in der Halle Boxen sehe, in denen Hunde eingesperrt sind.

„Siehst du, andere Leute haben auch Haustiere und nehmen die sogar mit in den Urlaub“, sage ich zu meiner Mutter.

„Wir sind aber nicht andere Leute“, erwidert sie ein wenig genervt.

„Ihr seid die Anti-Tierfamilie und vielleicht habt ihr ja auch nur mich als Kind, weil ihr gar keine Kinder mögt“, schnaube ich wütend.

„Du bist unser absolutes Wunschkind, Sternchen. Wir wollten so gerne ein Mädchen. Leider bist du unser einziges. Wir hätten gerne noch mehr Kinder gehabt“, meint mein Vater stirnrunzelnd.

„Wer‘s glaubt, wird selig“, erwidere ich und setze mich auf meinen Koffer, um mir die Kopfhörer über die Ohren zu stülpen. Beim Check-in wird die Tasche der Frau vor uns ausgeleert. Der Kontrolleur, der vor seinem Monitor sitzt und das Innenleben der Gepäckstücke begutachtet, hat etwas Verdächtiges gefunden. Es sind nur Feuerzeuge, allerdings zu viele. Die Dame hat sieben davon in der Tasche. Was will man mit sieben Feuerzeugen? Sie darf eins behalten und beschwert sich lautstark.

Endlich geht es weiter. Wir laufen durch einen langen Tunnel und gelangen wie beim Herdenauftrieb zu unserem Flugzeug, wo uns eine Stewardess freundlich begrüßt. Sie schenkt mir eine Tüte mit Spielzeug, für das ich mich zu alt finde. Ein Malbuch mit Stiften. Hallo? Ich werde in zwei Monaten zwölf Jahre alt. Mit beleidigtem Blick gebe ich es ihr zurück.

Ich sichere mir den Fensterplatz von unseren drei Sitzen. So kann ich beim Fliegen auf die Wolken unter uns schauen. Ich mag das, die sehen aus wie Zuckerwatte.

„Worauf freut ihr euch am meisten?“, frage ich meine Eltern.

„Auf Opas Wein und Omas gutes Essen. Und auf das Faulenzen am Strand“, sagt mein Vater.

„Ich freue mich, meine alten Eltern wiederzusehen und Afandou ist ja die Heimat meiner Kindheit. Das ist wie nach Hause kommen. Und du, Annabell, worauf freust du dich?“, fragt meine Mutter.

„Am meisten auf die Tiere, die ich ja in Hamburg nicht habe. Auf Opas alten Esel und die Katze Minky. Und auf Pawel natürlich“, sage ich.

Pawel ist der Nachbarjunge meiner Großeltern und wir kennen uns von klein auf. Mit Pawel ist mir nie langweilig.

Der weitere Flug verläuft ruhig und schon setzt das Flugzeug zum Landen an. Wir passieren fix die Kontrollen und ich laufe, weil ich meinen Opa sehe. Ich falle ihm um den Hals. Er sieht aus wie immer mit seinen grauen Haaren und seinem Bart. Eine angenehme Wärme umgibt mich und ich ziehe meine Strickjacke aus. Und ab jetzt wird griechisch gesprochen, was meine Mutter mir von klein auf beigebracht hat. Schreiben kann ich es allerdings nicht sehr gut, nur verstehen und sprechen.

In Opas alten verbeulten Bus geht es nach Afandou. Opa fährt beim Rückwärtsfahren gerne wo gegen. Oma stört das nicht. Ein Auto ist ein Gebrauchsgegenstand, sagt sie.

Oma erwartet uns mit einer herzlichen Umarmung und einem gedeckten Tisch voller Köstlichkeiten. Ich flitze zuerst in die erste Etage, in mein kleines Zimmer im Giebel des Hauses und öffne mein Fenster. Im Nachbarhaus wohnt Pawel und sein Fenster ist genau gegenüber von meinem.

„PAWEL, PAWEL!“, rufe ich laut und deutlich.

Ob er weiß, dass ich heute komme? Es kommt keine Antwort, aber ich entdecke an dem Fensterbrett ein Körbchen an einem Seil. Das ist neu! In dem Körbchen liegt ein Zettel.

„Heute Abend, fünf Uhr am Strand? Pawel.“

Er hat einen Flaschenzug gebaut, mit dem wir das Körbchen von seinem Fenster zu meinem hin und herziehen können. Coole Idee! Pawel ist immer für Überraschungen gut und mein bester Freund, seitdem ich mich an Besuche bei meinen Großeltern erinnern kann. Ich krame einen Stift aus der Tasche und schreibe auf die Rückseite: „Komme! Freu mich!“

Ich ziehe an dem Seil, bis das Körbchen vor Pawels Fenster hängt. Dann schließe ich mein Fenster und ziehe die weißen Gardinen zu. Die Gardinen duften frisch gewaschen.

Die Katze Minky schleicht in mein Zimmer und hüpft auf das Bett. Sie ist gestreift und hat sehr kleine Ohren. Sie schnurrt und legt sich auf den Rücken als Aufforderung für mich, ihr den Bauch zu kraulen.

„Minky, ich habe dich so vermisst“, säusle ich und liebkose die Katze. Minky ist immer in meiner Nähe, wenn ich in Afandou bin. Selbst, wenn ich zum Bäcker gehe, läuft die Katze neben mir her.

„Annabell, wir wollen essen“, schallt es aus dem Wohnzimmer.

Flink nehme ich die Treppenstufen hinunter und setze mich an den Tisch. Meine Oma züchtet Obst und Gemüse in ihrem Garten. Sie erntet die leckersten Tomaten, Zucchini, Avocados, Zitronen und Oliven von ihren Olivenbäumen und Weintrauben von ihren Reben. In der Mitte ihres Gartens steht ein riesiger Kirschbaum. Diesem hat sie ein Netz übergestülpt, da ansonsten die Stare angeflogen kommen und die Kirschen klauen. Meine Oma hat eine Riesenschüssel mit Salat auf den Tisch gestellt, dazu gibt es Salamis und warmes Fladenbrot.

„Wie geht es Pawel?“, frage ich.

Schließlich habe ich ihn seit den Osterferien nicht gesehen.

„Er ist groß geworden und hilft mir neuerdings an meinen Markttagen am Stand. Allerdings schwänzt er gerne mal die Schule und legt sich in der Zeit lieber an den Strand. Aber das soll seine Mutter regeln. Ist nicht meine Angelegenheit“, sagt meine Oma. „Morgen ist Markttag. Ihr könnt ja beide mitfahren und mir helfen.“

„Gute Idee“, sage ich und beiße in mein Salamibrot.

Nach dem Essen laufe ich zum Stall, um den alten Esel Ninja zu begrüßen. Er ist sehr alt, sehr grau und schreit jeden Morgen pünktlich um sieben eine Runde „IIIaaah“. Da kann man die Uhr nach stellen. Ich klopfe und streichele den Esel am Hals. Der Esel gibt schnaubende Geräusche von sich, als würde er mich wiedererkennen. Aber vielleicht bilde ich mir das auch nur ein. Ab und zu spannt Opa den Esel vor seinen Karren und dreht eine Runde mit ihm durchs Dorf. Damit der Esel sich nicht unnütz vorkommt. Früher hat er das Obst und Gemüse zu den Markttagen transportiert. Aber die Zeiten sind vorbei, seitdem Opa einen alten Bus gekauft hat.

Ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass meine Verabredung mit Pawel näher rückt.

„Ich schaue mich noch ein wenig im Dorf um“, rufe ich in die Runde und mache mich auf den Weg. Alles müssen meine Eltern nicht wissen. Ich laufe geradeaus zum Strand, wo Pawel auf einem großen Stein sitzt und Richtung Meer schaut.

„Kalimera“, rufe ich ihm von weitem zu, was griechisch ist und guten Tag heißt.

Pawel springt auf. „Mensch, Annabell, bist du groß geworden seit den letzten Ferien.“

„Du aber auch“, antworte ich etwas verlegen.

Pawel umarmt mich ein wenig unbeholfen und klopft mir dabei auf den Rücken. Wir laufen am Wasser entlang und ich nehme meine Schuhe in die Hand. Pawel trägt erst gar keine Schuhe.

„Sollen wir mit dem Boot von meinem Vater auf dem Meer herumfahren?“, fragt Pawel.

„Aber nur am Strand entlang, nicht so weit raus!“

Wir waten durchs Wasser bis zu einem Paddelboot, das dort ankert. Wir werden nass bis zu den Hüften. Pawel hangelt sich ins Boot und reicht mir eine Hand, um mir hineinzuhelfen. Das Boot hat zwei Paddel, die Pawel übernimmt. Der Strand ist so weitläufig, dass nur hier und dort Menschen am Strand zu sehen sind. Wir fahren auf und ab und auf und ab. In dem klaren Wasser sehe ich kleine Fischschwärme und kann bis auf den Grund sehen.

„Morgen fahre ich auch mit zum Markt“, erwähne ich.

„Markt macht Spaß. Außerdem verkaufe ich gerne und deine Oma züchtet die besten Tomaten der ganzen Insel!“, sagt Pawel und rudert zum Ankerplatz.

Wir waten erneut durchs Wasser zurück an den Strand, wo wir Eidechsen und ein Chamäleon sehen. Sie kommen am Abend aus den Felsspalten und gehen auf Nahrungssuche. Still setzen wir uns auf einen Felsen und beobachten die Tiere. Das Chamäleon fährt hier und da seine lange Zunge aus und fängt sich ein Insekt. Ich zücke mein Handy und versuche das zu fotografieren. Aber jedes Mal, wenn ich abdrücke, ist die Zunge schon wieder in seinem Maul. Als das Chamäleon oben auf einen Felsen klettert, schimmert es blau durch es hindurch, als wäre es selbst zum Meer geworden.

„Ich glaube wir sollten nach Hause gehen“, meint Pawel, als die Sonne im Meer versinkt.

Nur fünf Minuten später verabschieden wir uns mit einem „Kalinichta“ am Zaun meiner Großeltern. Mein Opa sitzt auf der Bank vor seinem buntgrünem Haus und raucht ein Pfeifchen. Ich geselle mich zu ihm. Opa legte seine Pfeife beiseite und meint: „Lass uns den Bus für den Markt packen, dann können wir morgen länger schlafen.“

Gesagt, getan. Wir füllen die Weidenkörbe mit Tomaten, Avocados, Zucchini und gelben und blauen Weintrauben. Und einem Karton Kirschmarmelade.

Oma kommt mit einer Handvoll Preisschilder dazu und steckt sie in ihren Korb mit der Kasse.

Ich nehme zwei Tomaten. „Darf ich?“

Oma nickt. „Du darfst essen, was und so viel du möchtest.“

Ich flitze in mein Zimmer, ziehe den Korb von Pawels Fenster zu mir rüber, lege die Tomaten hinein und lasse den Korb zurückwandern. Minky liegt wieder auf meinem Bett und ich packe meinen Koffer aus. Die Sommersachen hänge ich in den kleinen Spind in meinem Zimmer, meine Bücher stelle ich auf den wackligen Nachttisch.

Ein Geräusch am Fenster lässt mich aufhorchen. Der Korb ist zurück und Pawel hat mir einen Kaugummi hineingelegt. Allerdings sieht der aus, als wäre er schon mindestens eine Woche lang in seiner Hosentasche unterwegs gewesen. Ich winke Pawel zu, der noch am Fenster steht, und freue mich auf den morgigen Tag.

Auf dem Markt

„Aufstehen, wer mit zum Markt will“, sagt meine Oma und zieht mir die Bettdecke weg.

Ich beeile mich. Unten angekommen esse ich ein selbstgebackenes Weißbrot mit Omas weltbester Kirschmarmelade.

Meine Oma fährt den Bus selbst, der drei Sitze nebeneinander hat. Als wir eingestiegen sind, gibt Oma Pawel ein Brot in die Hand, das sie ihm geschmiert hat. Er isst es mit Heißhunger, fällt mir auf. Wir fahren fast eine Stunde zu dem Markt nach Rhodos Stadt. Dem Größten, an dem meine Oma teilnimmt. Als wir ankommen, weiß Pawel genau, was zu tun ist. Blitzschnell baut er die umgebauten Tapeziertische auf, setzt die Körbe mit dem Obst darauf, platziert die Preisschilder und spannt Omas Riesensonnenschirm auf. Oma stellt drei Klappstühle hinter den Tisch und ihre Kasse vor sich hin.

Der Markt füllt sich und ich komme mir ein wenig überflüssig vor, da beide in einer Tour die Kunden bedienen. Mich beachtet hier niemand, deshalb bummle ich ein wenig über den Markt. Es gibt viel Obst, aber auch Klamottenstände und Töpfersachen. Alles ist laut und bunt.

Ein kleiner Hund fällt mir auf. Er ist kaum größer als eine Katze und hat braunes gewelltes Fell. Er scheint alleine umherzustreunen und trägt kein Halsband. Ich beobachte ihn und gehe ihm nach. Er läuft ziellos hin und her.

„Komm, Kleiner, komm.“ Ich bücke mich und versuche ihn anzulocken.

Der Hund ist misstrauisch und kommt nicht mal auf einen Meter an mich heran. Ob er ein herrenloser Hund ist? Ich drehe mich um und gehe langsam davon. Aus dem Augenwinkel heraus beobachte ich, dass der Hund mir folgt. Ich bleibe stehen und bücke mich, um den Hund zu greifen. Es gelingt mir, ihn zu umfassen. Ich nehme ihn auf den Arm und bemerke, wie dünn er ist. Schnell laufe ich zurück zum Marktstand meiner Großmutter.

„Oma, schau mal, wen ich hier gefunden habe. Der Hund war ganz allein unterwegs“, platzt es aus mir heraus.

„Annabell! Woher willst du das wissen? Vielleicht sucht ihn jemand. Also wirklich. Du kannst nicht einfach einen Hund mitbringen. Was machen wir jetzt mit ihm?“

Pawel nimmt mir den Hund aus dem Arm und schaut nach. „Eine Hündin ist das und sie ist wirklich sehr dünn!“ Er setzt sie auf den Boden und lässt sie los. Die kleine Hündin rennt auf und davon.

„Das verzeihe ich dir nie!“, schreie ich ihn an und wenn Blicke töten könnten, wäre Pawel nun tot.

„Beruhige dich. Falls sie doch ein Streuner ist, sehen wir sie am nächsten Markttag wieder. Wir packen jetzt zusammen und machen Feierabend. Wir haben gut verkauft. Es sind keine Kirschen und keine Tomaten mehr da“, meint Oma fröhlich.

Pawel ist hochrot im Gesicht und macht sich an die Arbeit. Als alles im Bus verstaut ist, lädt Oma uns noch auf ein Eis ein. Sie kauft Pawel und mir das größte Eis am Stand. Es ist mit Löffelbiskuit gespickt und mit kleinen Marshmallows übersät, dazu gibt es Erdbeeren und Schokoladensauce.

Meine Laune bessert sich ein wenig. So ein leckeres Eis habe ich noch nie gegessen. Auch Oma verspeist ihrs mit Genuss.

Auf dem Nachhauseweg ist es sehr still und Pawel fragt lieber nicht, ob ich mit ihm zum Strand kommen will. Er springt vor seinem Zuhause aus dem Auto und verschwindet wortlos in seinem Elternhaus. Bei meinen Eltern ist die Stimmung bestens. Die beiden haben den ganzen Tag am Strand verbracht und Papas Gesicht ist rot wie ein Krebs. Oma reicht ihm ihr Aloe-Vera-Gel. „Hier, das hilft gegen Sonnenbrand!“

Opa hat den Grill angeschmissen und Koteletts vom Schwein aufgelegt. Wir decken den Tisch mit selbstgemachtem Weißkrautsalat und warmem Fladenbrot. Alle Erwachsenen reden wild durcheinander. Nachdem ich mir den Bauch vollgeschlagen habe, gehe ich in mein Zimmer.

Mein schlechtes Gewissen meldet sich. Streit mit Pawel würde bedeuten, dass ich niemanden mehr in den Ferien habe. Also schreibe ich auf einen Zettel: „In einer Stunde am Strand?“

Ich lege meine Nachricht in den Korb und ziehe am Seil, bis das Körbchen vor Pawels Fenster hält. Ich hüpfe die Treppe herunter und rufe meinen Eltern im Vorbeilaufen zu: „Bin am Strand!“

Dort angekommen setze ich mich auf den Stein, von dem aus wir gestern die Echsen und Chamäleons beobachtet haben. Viel wächst hier nicht, aber ich zupfe ein paar Blätter und lege sie auf einen kleinen Haufen vor dem Echsengestein. Die ersten kleinen Echsen laufen herum. Und dann schleicht sich das Chamäleon vom Vortag heran. Ob es wohl Blätter kaut? Oder nur Insekten fängt? Ich nehme mir vor, es herauszufinden.

Das Chamäleon läuft behäbig vor dem Felsen umher und mir fällt auf, dass es fast selbst wie ein Felsen aussieht. Ich traue mich allerdings nicht näher heran, um es nicht zu erschrecken.

Pawel taucht auf und ich freue mich innerlich, ohne es zu zeigen. Er steht ein wenig verlegen vor mir und hat dabei die Hände in den Taschen. „Lust auf eine Bootsfahrt?“

„Na, klar“, sage ich.

Wir waten durchs Wasser zum geankerten Paddelboot. Das Meer ist heute sehr ruhig und so legen wir uns beide nebeneinander in den Bootsrumpf und lassen es ein wenig treiben. Wir beobachten die Wolken.

„Ich sehe einen Wolf. Und du?“, frage ich.

„Ich sehe ein Schloss und ein Pferd“, meint Pawel.

„Du übertreibst“, finde ich.

Das Boot schaukelt ein wenig und Pawel setzt sich auf. „Donnerlittchen, wir sind zu weit abgetrieben!“

Ich komme hoch und bin entsetzt. Kein Land in Sicht. „Aber das kann doch gar nicht sein in der kurzen Zeit!“

In einiger Entfernung sehen wir ein Fischerboot.