Äther - Die Elemente der Magie / Äther - Der Fantasy Bestseller gratis....................... / Feuer - Die Elemente der Magie 2 - Michelle Madow - E-Book

Äther - Die Elemente der Magie / Äther - Der Fantasy Bestseller gratis....................... / Feuer - Die Elemente der Magie 2 E-Book

Michelle Madow

5,0

Beschreibung

Die Elemente der Magie – fünf magische Schüler kämpfen gegen eine uralte Bedrohung. Die USA Today Besteller Serie jetzt endlich auf Deutsch!"Ein Muss!"– USA TodayInhalt:Scheinbar bin ich eine Halbgöttin – und ich kann mit einer Berührung töten. Doch wenn dieses Geheimnis auffliegt, werde ich für immer eingesperrt. Also muss ich mich verstellen – selbst vor denen, die mir am nächsten stehen.Gar nicht so leicht, wenn ich mit meinen vier Freunden nach Griechenland geschickt werde, um die Titanen daran zu hindern, aus der Unterwelt auszubrechen.Uns stehen Proben bevor, die wir vielleicht nicht alle überleben werden. Und Entscheidungen, die unsere Gruppe zu entzweien drohen. Wie lange wird es dauern, bis ich gezwungen bin, meine dunkle Gabe vor den anderen einzusetzen? Werden meine Freunde mich verraten? Und wird sich Blake von mir abwenden, wenn er die Wahrheit erfährt?Denn Blake hält mich für eine Heilerin mit einem Herzen aus Gold. Wenn er nur wüsste …Entdecken Sie jetzt, warum Leser auf der ganzen Welt für Die Elemente der Magie schwärmen!

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FEUER

Die Elemente der Magie – Buch II

von Michelle Madow

Zuerst 2016 erschienen unter dem Titel The Blood of the Hydra (The Elementals Book II).

Titel: Feuer (Die Elemente der Magie Buch 2)

Autor: Michelle Madow

Übersetzung: Julian Kiefer und Jenny-Mai Nuyen

Verlag: verlag von morgen

Cover: Damonza

Deutsche Erstveröffentlichung: Berlin 2021

ISBN:978-3-948684-52-5

© 2021 verlag von morgen, Berlin

Alle Rechte vorbehalten.

INHALTSVERZEICHNIS

INHALTSVERZEICHNIS

KAPITEL EINS

KAPITEL ZWEI

KAPITEL DREI

KAPITEL VIER

KAPITEL FÜNF

KAPITEL SECHS

KAPITEL SIEBEN

KAPITEL ACHT

KAPITEL NEUN

KAPITEL ZEHN

KAPITEL ELF

KAPITEL ZWÖLF

KAPITEL DREIZEHN

KAPITEL VIERZEHN

KAPITEL FÜNFZEHN

KAPITEL SECHZEHN

KAPITEL SIEBZEHN

KAPITEL ACHTZEHN

KAPITEL NEUNZEHN

KAPITEL ZWANZIG

KAPITEL EINUNDZWANZIG

KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG

KAPITEL DREIUNDZWANZIG

KAPITEL VIERUNDZWANZIG

KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG

KAPITEL SECHSUNDZWANZIG

KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG

KAPITEL ACHTUNDZWANZIG

KAPITEL NEUNUNDZWANZIG

KAPITEL DREISSIG

KAPITEL EINUNDDREISSIG

KAPITEL ZWEIUNDDREISSIG

KAPITEL DREIUNDDREISSIG

KAPITEL VIERUNDDREISSIG

KAPITEL FÜNFUNDDREISSIG

KAPITEL SECHSUNDDREISSIG

KAPITEL SIEBENUNDDREISSIG

KAPITEL ACHTUNDDREISSIG

KAPITEL NEUNUNDDREISSIG

KAPITEL VIERZIG

KAPITEL EINUNDVIERZIG

KAPITEL ZWEIUNDVIERZIG

KAPITEL DREIUNDVIERZIG

KAPITEL VIERUNDVIERZIG

KAPITEL FÜNFUNDVIERZIG

KAPITEL SECHSUNDVIERZIG

KAPITEL SIEBENUNDVIERZIG

KAPITEL ACHTUNDVIERZIG

KAPITEL NEUNUNDVIERZIG

KAPITEL FÜNFZIG

KAPITEL EINUNDFÜNFZIG

KAPITEL ZWEIUNDFÜNFZIG

NACHWORT DES VERLAGS

KAPITEL EINS

I

ch hielt den Bogen fest in meiner Hand, den Pfeil direkt auf die Zielscheibe gerichtet. Instinktiv wusste ich, was zu tun war – welche Haltung ich einnehmen und wie ich mein Gewicht ausbalancieren musste. Mit angehaltenem Atem zog ich langsam die Bogensehne zurück. Ich würde treffen. Das spürte ich.

Ich ließ die Sehne los, und der Pfeil pfiff durch die Luft.

Er verfehlte die Scheibe um einen Meter und bohrte sich rechts daneben in die Wand.

„Chris!“ Ich ließ den Bogen fallen und drehte mich um. Chris stand hinter mir, die Hände über den Kopf erhoben, als wollte er sich vor Regen schützen. „Hör auf, deine Kräfte beim Training gegen mich einzusetzen“, sagte ich genervt. „Das wäre ein perfekter Schuss gewesen!“

Er grinste und zeigte mit dem Finger auf mich. Eine leichte Brise wehte an meinem Gesicht vorbei. Er hob den Finger, und ein Pfeil schwebte aus meinem Köcher.

„Was zum Teufel …?“

Bevor ich meinen Satz beenden konnte, formte er mit der Hand eine Pistole. „Peng!“

Der Pfeil schoss direkt in die Mitte der Zielscheibe. „Das istein perfekter Schuss“, sagte er und reckte die Faust in die Höhe.

„Wir sollen den Umgang mit Waffen ohne unsere Kräfte üben“, erinnerte ich ihn. „Nur weil Darius kurz telefonieren gegangen ist, heißt das nicht, dass wir tun können, was wir wollen.“ Ich wusste, dass ich mich wie eine verklemmte Streberin anhörte, aber ich hasste es, im Bogenschießen übertrumpft zu werden – das war mein Spezialgebiet. Es ging um die Ehre. Also hob ich meinen Bogen wieder auf, zog einen weiteren Pfeil aus dem Köcher, legte ihn auf die Sehne, zielte und ließ ihn davonsausen.

Er landete in der Mitte der Scheibe, direkt neben Chris’ Pfeil.

Ich hatte immer geglaubt, ich sei im Tennis ein Naturtalent. Aber das war nichts im Vergleich dazu, wie schnell ich das Bogenschießen erlernt hatte. Es waren nur wenige Wochen vergangen, doch der Bogen fühlte sich bereits so vertraut an, als wäre er ein Teil meines Körpers. Kate meinte, das läge daran, dass mein Vater Apollo war – ein griechischer Gott. Er war bekannt für sein Geschick mit Pfeil und Bogen.

Doch ich hatte meinen Vater noch nie getroffen. Letzten Monat hatte er mir ein Geschenk auf der Fensterbank hinterlassen – zumindest ging ich davon aus, dass er es gewesen war. Immerhin war es ein Anhänger in Form einer Sonne mit einem eingravierten A auf der Rückseite. Ich hatte gehofft, dass er mir damit sagen wollte, dass ich ihn bald treffen würde. Aber seitdem wartete ich vergeblich. Offenbar hatte er als vielbeschäftigter Gott keine Zeit für seine Kinder. Eigentlich war das in Ordnung, denn ich hatte bereits eine Familie, und ich liebte meine Mutter, meinen Stiefvater und meine Schwester. Aber ein Teil von mir wünschte sich, meinen leiblichen Vater kennenzulernen. Es tat weh, dass ich ihm offenbar nicht wichtig genug war, um sich wenigstens einmal vorzustellen.

Nun, es lag nicht in meiner Macht, das zu ändern. Und der Schmerz war alt, er begleitete mich mein Leben lang, nicht erst, seit ich erfahren hatte, dass mein Vater kein normaler Mann war.

Ich verdrängte das Gefühl und hielt Chris den Bogen hin. „Willst du es versuchen?“, forderte ich ihn auf. „Ohne Magie.“

„Du weißt, dass ich damit nicht umgehen kann.“ Er ging hinüber zu der Auswahl von Waffen, die auf einem Tresen lagen, und nahm ein Messer in die Hand. Es glänzte im Licht, als er es hochhielt. „Aber mit dem hierhabe ich geübt. Sieh dir das an.“

Er trat dorthin, wo ich gestanden hatte, und warf das Messer auf die Zielscheibe. Es landete in der Wand, noch weiter von der Scheibe entfernt als mein erster, von einem magischen Windzug entführter Pfeil.

„Ich werde schon besser“, sagte er optimistisch. „Am Anfang blieb es nicht einmal in der Wand stecken, und jetzt schau dir das an.“ Ohne sich von der Stelle zu bewegen, nutzte er seine Kraft, um ein weiteres Messer von der Theke hochschweben zu lassen, und schoss es mit einem Wink seiner Hand auf die Zielscheibe. Diesmal bohrte es sich genau in die Mitte. „Aber auf diese Weise habe ich mehr Kontrolle darüber“, sagte er. „Es ist viel einfacher.“

„Nur so lange, bis dir deine Energie ausgeht“, erwiderte ich. „Du weißt, was Darius uns gesagt hat. Wir sollen lernen, wie man Waffen auf normale Weise benutzt. Wir müssen unsere Kräfte aufsparen für Situationen, in denen wir sie wirklich brauchen.“

„Ich weiß, ich weiß.“ Chris schob sich die blonden Locken aus den Augen.

Ich sagte nichts mehr, obwohl ich verstand, warum er frustriert war. Seit unserem Kampf gegen die Harpyie hatten wir jeden Tag nach der Schule geübt, aber Chris hatte den Umgang mit Waffen nicht so schnell gelernt wie der Rest von uns. Er hinkte Blake, Danielle, Kate und mir hinterher, und das wurde jeden Tag offensichtlicher.

„Du musst nur üben“, versuchte ich ihn zu ermuntern und knuffte ihm leicht gegen den Arm. „Deine Kräfte helfen dir bei den Waffen mehr als den von uns anderen, aber wenn du sie weiterhin als Krücke benutzt, wirst du nie besser werden.“

Er hob wieder seine Hände, und die Pfeile und Messer lösten sich aus der Wand und schwebten zu uns zurück. Von zarten Luftströmen geleitet schoben sich die Pfeile in meinen Köcher, und die Messer landeten in Chris’ Händen.

„Aber ich werde dafür immer besser mit meinen Kräften“, sagte er augenzwinkernd, warf eines der Messer in die Luft und fing es am Griff auf. „Aufräumen dauert definitiv nicht mehr so lang.“

Die Tür zum Trainingsraum öffnete sich, und wir drehten uns um. Mein Herz machte einen kleinen Sprung als Blake hereinschlenderte. In seinem komplett schwarzen Trainingsoutfit sah er viel professioneller aus als Chris, der eine zerlumpte Jogginghose und ein T-Shirt trug. Blake lächelte mich mit warmen Augen an. Das reichte schon, um mich erröten zu lassen. Trotz der Gespräche, die wir unter vier Augen geführt hatten, wusste ich nie, ob er nur freundlich war, wenn er mich so ansah, oder … oder ob er auch an unseren Kuss in der Höhle dachte. Wie ich. Immerzu.

Aber ganz gleich, was er empfand oder nicht empfand, er war für mich tabu. Denn wir fünf – Blake, Danielle, Chris, Kate und ich – waren ein Team. Wir mussten zusammenarbeiten. Und Danielles Ex-Freund zu daten, kurz nachdem er mit ihr Schluss gemacht hatte, war undenkbar. Also versuchte ich, ihm aus dem Weg zu gehen. Was nicht leicht war, wenn wir als Gruppe jeden Tag zusammen trainierten, also tat ich mein Bestes, um zumindest nie mit ihm allein zu sein. Würde er mich wieder küssen, würde ich vermutlich nicht widerstehen können.

„Sollte das nicht ein Training ohne magischen Einsatz sein?“, fragte er und kam zu uns herüber.

Ich griff nach einem Pfeil, spannte ihn in den Bogen und ließ ihn in die Zielscheibe surren.

„Keine Magie?“, fragte er stirnrunzelnd.

„Keine Magie“, bestätigte ich, strich mir die Haare aus dem Gesicht und lächelte.

„Außer dass ich mir ziemlich sicher bin, dass da gerade ein paar Pfeile und Messer aus der Wand auf euch zugeflogen sind“, sagte er mit hochgezogener Augenbraue. „Und soweit ich weiß, sind Wände nicht sehr gut im Werfen.“

„Schuldig im Sinne der Anklage“, sagte Chris und hielt beide Messer hoch, als würde er sich ergeben. Mit seinen leuchtenden Augen und seinem jungenhaften Grinsen sah er so aus, als bereitete er sich eher auf eine Kochshow vor als auf den Kampf gegen archaische Monster.

„Du hast also vor, uns in Schwierigkeiten zu bringen?“, fragte ich Blake sarkastisch. Es klang flirtender, als ich es beabsichtigt hatte. Aber ich wollte nicht so wirken, als dächte ich tatsächlich, dass er uns an Darius verpfeifen würde. Schließlich kannte ich ihn gut genug.

Er grinste und zog sein Feuerzeug aus der Tasche. „Da ihr die Regeln ohnehin schon brecht, kann ich ja mitmachen. Hast du schon mal einen brennenden Pfeil abgeschossen?“

„Nein. Aber ich schätze, jetzt wäre ein guter Zeitpunkt, es zu versuchen.“

„Ich dachte mir, dass du das sagen würdest.“ Er kam näher. Ich konnte mich nicht bewegen, konnte nicht atmen – alles, was ich tun konnte, war, seinen Blick zu erwidern, während er über meine Schulter griff und einen Pfeil aus dem Köcher zog. Dann schnippte er das Feuerzeug an und tauchte den Pfeil in die Flamme.

Obwohl die Pfeile nicht dazu gedacht waren, angezündet zu werden, erlosch das Feuer nicht, und der Pfeil hielt der Flamme stand. Auch Blakes Kräfte wurden mit jedem Tag stärker.

„Hier.“ Er hielt mir den flammenden Pfeil hin. „Probier ihn jetzt aus.“

Meine Finger berührten versehentlich seine, als ich nach dem Pfeil griff. Hitze wanderte meine Arme hinauf und zu meinen Wangen, und ich wandte den Blick von ihm ab, um mich auf das Ziel zu konzentrieren. Hoffentlich hatte er nicht bemerkt, welche Wirkung er auf mich hatte.

Ich stabilisierte meine Haltung, hob den Bogen auf Augenhöhe und spannte den Pfeil ganz normal ein. Die Flamme tanzte vor meinen Augen, und die Hitze auf meinem Gesicht erinnerte mich daran, dass dies in Wahrheit alles andere als normal war. Es war Magie.

Ich spürte Blakes prüfenden Blick auf mir, aber ich musste mich konzentrieren. Also zog ich die Bogensehne zurück, zielte – und ließ die Sehne los. Der Pfeil sirrte aufs Ziel zu. Es war kein Volltreffer, aber es war nah dran.

„Versuchen wir es noch einmal“, sagte Blake und trat ein paar Schritte zurück. „Wie weit ist die Zielscheibe entfernt?“

„Ungefähr zwanzig Meter.“ Ich beobachtete, wie die Flammen am Pfeil langsam erloschen.

„Das ist viel weiter weg, als ich mit meinen Feuerbällen zielen kann“, sagte er. „Ich kann ungefähr drei bis sechs Meter weit zielen, und ich bin bei weitem nicht so gut mit Schusswaffen wie du. Wir werden im Kampf vielleicht nicht immer nebeneinander stehen, aber so wie ich das sehe, sollten wir versuchen, so oft wie möglich zusammenzuarbeiten. Wir müssen nur üben. Bist du bereit?“

„Für was?“

Er schnippte das Feuerzeug wieder an und balancierte einen weiteren Feuerball in seiner Hand. Er sah gefährlich aus, wenn er das tat. „Spann den Bogen, dann zeige ich es dir“, sagte er.

Ich tat, was er sagte, und hielt den Pfeil direkt auf das Ziel gerichtet. „Was jetzt?“, fragte ich.

„Nicht zucken.“

Er warf den Feuerball auf die Spitze des Pfeils, der schlagartig in lodernde Flammen aufging und Funken in meine Richtung sprühte. Erschrocken sprang ich zurück. „Hey! Du hättest mich vorwarnen können.“

„Hab ich doch.“ Er lachte. „Ich habe dir gesagt, du sollst nicht zucken.“

Ich atmete tief durch, korrigierte meine Haltung und zog die Bogensehne zurück. Diesmal traf der Pfeil direkt ins Schwarze.

„Noch einmal“, sagte Blake, und ich zog einen weiteren Pfeil. Wenigstens wusste ich jetzt, was ich zu erwarten hatte. Sobald der Pfeil in Flammen stand, ließ ich ihn auf das Ziel los. Wieder ein Treffer, wenn nicht ganz so mittig wie der erste. Ich schnappte mir einen weiteren, und dann noch einen.

„Schneller“, befahl Blake.

Mein Körper fühlte sich wie eine Hochleistungsmaschine an, während ich Pfeil um Pfeil verschoss. Der Rausch war anders als alles, was ich je erlebt hatte, und ich konnte mir vor Aufregung ein Grinsen nicht verkneifen. Ich wollte nicht aufhören. Wir machten weiter, bis der Köcher leer war und alle Pfeile in der Zielscheibe steckten.

„Wow“, sagte ich und hielt den Atem an, während ich die noch brennenden Pfeile bewunderte. Die Flammen verbanden sich und wurden größer, bis die ganze Zielscheibe brannte. Blake lächelte und hob eine Hand. Als er eine Faust ballte, explodierten die Pfeile, und die ganze Scheibe wurde vom Feuer verschlungen.

Dichte Rauchschwaden wanderten durch den Raum. Plötzlich flog ein dicker Wasserstrahl von der Seite auf die Zielscheibe und löschte das Feuer mit lautem Zischen.

„Seid ihr verrückt geworden?“ Danielle kam mit wütend klackernden Stöckelschuhen auf uns zu. „Versucht ihr, unseren Übungskeller abzufackeln?“

„Wir haben eine neue Technik ausprobiert.“ Ich senkte schuldbewusst meinen Bogen. „Wir haben uns wohl mitreißen lassen.“

„Das kann man wohl sagen.“ Danielle hustete und fächelte sich den Rauch aus dem Gesicht. Eine Brise wehte den Rauch von uns weg – dank Chris, der die dunklen Schwaden geschickt aus dem Kellerfenster hinausschickte.

„Sieh es mal so“, sagte Blake und zeigte mit dem Daumen auf das zerstörte Ziel. „Wenn das der Kopf eines Monsters wäre, hätten wir es jetzt besiegt.“

Kate kam hinter Danielle herein, eine Pistole in der Hand. Gemessen an ihrer Körperkraft war sie die Schwächste von uns fünf, also war die Pistole schnell zu ihrer bevorzugten Waffe geworden. Es hatte eine Weile gedauert, bis sie sich an den Gebrauch einer so gefährlichen Waffe gewöhnt hatte, aber jetzt hielt sie sie so selbstverständlich, als wäre sie mit einer Pistole in der Hand geboren worden.

„Es hat verqualmt geroch–“, begann sie, aber ihr Mund blieb offen stehen, als sie das zerstörte Ziel entdeckte. Sie schaute jeden von uns der Reihe nach an, wie um herauszufinden, wer dafür verantwortlich war. „Was ist hier passiert?“

Wir informierten sie über unsere neue Technik, wobei Blake und ich abwechselnd verschiedene Einzelheiten erwähnten. Trotz der Zerstörung spürte ich immer noch den Rausch des Schießens, und die Aufregung hallte in meiner Stimme wider. Denn Blake hatte recht – wir hatten gerade eine fantastische Möglichkeit gefunden, etwas aus der Ferne in die Luft zu jagen.

„Na gut, ich schätze, das könnte eines Tages nützlich sein“, sagte Kate schließlich. „Aber es gibt hier kein Wasser“, fügte sie hinzu und wandte sich an Danielle. „Womit hast du das Feuer gelöscht?“

„Es gibt Wasser in der Luft.“ Danielle streckte ihre Hände aus, als wäre das offensichtlich. „Ich habe es zu einer Flüssigkeit kondensiert und damit das Feuer gelöscht.“ Sie sah zu Blake hinüber und lächelte, obwohl sie dabei ein wenig angestrengt wirkte. „Ihr seid nicht die Einzigen, die Fortschritte machen.“

„Nur dass wir heute ohne Kräfte trainieren sollten“, erinnerte Kate und hielt ihre Waffe hoch. „Wisst ihr noch, was bei der Harpyie passiert ist? Wir haben all unsere Energie verbraucht, um sie zu töten. Wir hatten Glück, dass da ein Portal zum Spielplatz war, aber was wäre, wenn es das nicht gegeben hätte? Wir hätten in der Höhle festgesessen für wer weiß wie lange. Wir müssen besser im Umgang mit Waffen werden, damit wir unsere Kräfte nur einsetzen, wenn wir sie unbedingt brauchen.“

„Die da haben angefangen.“ Danielle starrte uns an. „Ich habe nur den Schaden begrenzt.“

„Eigentlich habe ich meine Kräfte gar nicht benutzt“, sagte ich und hielt den Bogen hoch. „Ich habe nur das Bogenschießen geübt.“

„Du hast deine Kräfte nicht benutzt, weil sie in fast allen Situationen überhaupt nichts bringen“, spöttelte Danielle.

„Hey, hey.“ Blake hob eine Hand. „Kein Grund, böse zu werden.“

„Ich sage bloß, wie es ist.“ Danielle zuckte mit den Schultern, und ihre Augen blitzten verletzt. „Und du hast kein Recht, mir zu sagen, was ich tun soll.“

Ich sah betreten zur Seite. Danielle war eindeutig nicht darüber hinweg, dass er mit ihr Schluss gemacht hatte.

Und obwohl ich den Drang verspürte, ihrer beleidigenden Bemerkung zu widersprechen, sagte ich nichts. Danielle hatte keine Ahnung, was ich wirklich tun konnte. Sie und die anderen wussten nur von meiner Kraft zu heilen. Aber die andere Seite meiner Kräfte – die Fähigkeit, mit einer Berührung zu töten – durfte niemand jemals erfahren. So hatte ich die Harpyie in der Höhle besiegt. Ich hatte schwarze Energie herbeigerufen, die Harpyie berührt und die Energie in ihren Körper geleitet. Die anderen dachten, ich hätte sie mit einem Stalagmit erledigt, und so musste es auch bleiben. Denn schwarze Energie zu benutzen, war streng verboten. Wenn jemand herausfand, was ich tun konnte, würden mir vielleicht sogar meine Kräfte entzogen werden. Oder noch Schlimmeres.

Ich schauderte bei dem Gedanken. Meine Fähigkeit zu töten machte mir Angst. Ich wollte nicht wissen, was die Ältesten mit mir anstellen würden, wenn sie das wahre Ausmaß meiner Fähigkeiten herausfänden. Und erst recht wollte ich nicht wissen, wie meine Freunde darauf reagieren würden.

„Wir sollten aufräumen“, sagte ich, um das Thema zu wechseln. „Und ich schätze, wir werden eine neue Zielscheibe brauchen. Die hier ist ziemlich …“

„… gebraten?“ Blake beendete meinen Satz mit einem Grinsen. „Gegrillt?“

„Ja“, lachte ich. „Genau.“

Unsere Augen trafen sich, aber ich sah schnell wieder weg. Schließlich wollte ich ihm – oder Danielle – keinen falschen Eindruck vermitteln.

„Ich helfe euch beim Aufräumen, aber ich werde nicht diejenige sein, die das Darius erklärt“, sagte Kate.

Wir hatten keine Zeit zu diskutieren, wer ihm beichten würde, dass wir schon wieder ein Trainingsgerät zerstört hatten. Denn just in diesem Moment schlug die Tür mit so viel Kraft auf, dass sie gegen die Wand knallte.

Darius trat ein. Seine Augen waren weit aufgerissen, die weißen Haare zerzaust, und seine Brille saß schief auf der Nasenspitze. Ich klammerte mich an meinen Bogen und machte mich auf eine Standpauke gefasst.

Doch unser alter Lehrer sah nicht einmal zur verbrannten Zielscheibe hin. „Nehmt eure Waffen und versammelt euch am Transporter. Ein Monster wurde im Hemlock Center gesichtet.“

KAPITEL ZWEI

„W

er hat das Monster gesichtet?“, fragte ich, als wir ins Auto stiegen. „Kein Mensch, oder?“

„Eine Hexe“, antwortete Darius, setzte den Wagen in Bewegung und fuhr in Richtung des Hemlock Centers. „Seitdem wir den örtlichen Hexen die Nachricht überbracht haben, dass sich das Portal zum Kerberos in Kinsley befindet und dass es geschwächt ist, haben wir Wachen in den umliegenden Gebieten aufgestellt. Sie wurden angewiesen, mir sofort Bescheid zu geben, wenn sie etwas Ungewöhnliches bemerken – damit ich das Team, das dafür ausgebildet ist, zusammenrufen kann.“

„Die ahnen vermutlich nicht, dass das ‚Team‘ noch in der Highschool ist“, murmelte Chris.

„Nur die Ältesten dürfen im Moment über euch fünf Bescheid wissen“, sagte Darius. „Eure Fähigkeiten sind noch nie zuvor gesehen worden. Wir wissen nicht, wie die allgemeine Hexenbevölkerung reagieren wird. Es ist das Beste, das alles unter Verschluss zu halten, bis wir herausgefunden haben, wie wir die Nachricht am besten verbreiten können.“

„Wenigstens wissen sie davon, dass das Portal schwächer wird“, sagte Kate. „So konnten sie Schutzzauber um ihre Häuser und Arbeitsplätze legen.“

„Aber Schutzzauber funktionieren nuran festen Orten“, sagte Danielle. „Wenn sie irgendwo anders hingehen, zum Beispiel in ihr Auto, sind sie leichte Beute. Und ich weiß nicht, wie es deinen Eltern geht, aber meine haben keine Ahnung, wie man kämpft. Sie hätten keine Chance gegen die Harpyie gehabt.“

„Ja. Jahrhunderte der Sicherheit haben die meisten von uns definitiv unvorbereitet für den Kampf gemacht“, stimmte Darius zu. „Deshalb haben die Götter euch fünf eure Kräfte und eure Stärke verliehen. Bevor ich es vergesse – ich habe etwas Wasser eingepackt, das ich mit gelber Energie versehen habe. Trinkt es vor dem Kampf, damit ihr euch besser konzentrieren könnt.“

Chris saß ganz hinten, und er nutzte seine Kraft, um die Wasserflaschen aus dem Kofferraum zu uns nach vorn schweben zu lassen. Ich nahm meine in die Hand und trank sie aus. Die gelbe Energie rauschte durch meine Adern, und mein Geist fühlte sich sofort klarer an und meine Sinne geschärft. Was immer auf uns zukommen mochte – ich war vorbereitet.

Darius bog den Transporter in die Einfahrt ein, die zum Hemlock Center führte. Es war Februar, und obwohl es erst später Nachmittag war, war die Sonne schon früh untergegangen. Ich war noch nie im Hemlock Center drin gewesen, aber wenn ich es mir heute anschaute, war das dreistöckige Gebäude, das früher eine Anstalt, dann eine Schule gewesen und jetzt nur noch eine verlassene Ruine war, gruseliger denn je. Mit seinem verrottenden Giebeldach und den umliegenden knorrigen Bäumen hätte es mich nicht gewundert, wenn es dort spuken würde – vor allem, wenn es wie jetzt dunkel war.

„Die Kreatur wurde vor etwa dreißig Minuten dabei beobachtet, wie sie ins Hemlock Center ging“, informierte uns Darius, während er vor dem Eingang parkte. „Laut den diensthabenden Hexen ist sie nicht weggegangen, also gehen wir davon aus, dass sie noch drinnen ist. Es hieß, dass die Kreatur einem Jagdhund ähnelt, aber mit zwei Köpfen und mit einem Skorpionschwanz.“

„Orthros?“ Ich keuchte. „Aber das ist doch …“

Blake sah mich mit panischen Augen an, und ich hielt mich davon ab, den Satz zu beenden. Denn Darius’ Beschreibung klang genau wie Orthros – der Hund, den Blake und ich getötet hatten, nachdem er uns letzten Monat auf dem Spielplatz angegriffen hatte. Aber niemand wusste davon. Denn zu dem Zeitpunkt waren Blake und Danielle noch zusammen gewesen, und Danielle sollte sich nicht fragen, was Blake und ich so spät in der Nacht auf dem Spielplatz zusammen gemacht hatten.

Eigentlich war auchnichts zwischen Blake und mir passiert – wir hatten nur geredet. Aber es war zweifelhaft, dass sie uns glauben würde. Also hatten wir es verschwiegen. Es gab keinen Grund, jetzt ein Drama zu verursachen.

„Hatte die Harpyie nicht erwähnt, dass sie Orthros geschickt hatte, um dich zu entführen, und dass er es nicht geschafft hatte?“, fragte Kate.

„Ja.“ Ich nickte, als ob ich genau das hatte sagen wollen. „Ich glaube, da habe ich den Namen schon mal gehört.“

„Dann kann man wohl davon ausgehen, dass Orthros sich hier eine Weile versteckt hat“, sagte Darius und drehte sich zu uns um. „Ihr fünf müsst euch um Orthros kümmern und von dort verschwinden. Alles, was ihr tun müsst, ist sein Herz aufzuspießen. Mit eurem Training im letzten Monat sollte das ein Kinderspiel für euch sein.“

Kate und Chris sahen einander unruhig an. Ich runzelte die Stirn darüber, wie zuversichtlich Darius klang. Denn letzten Monat, als Blake und ich auf dem Spielplatz gegen Orthros gekämpft hatten, hatten wir es kaum lebend da rausgeschafft. Hätten wir nicht schnell improvisiert und eine Affenstange in einen Speer umfunktioniert, hätte uns der Hund mit Leichtigkeit in einen nächtlichen Snack verwandelt.

„Fünf gegen einen.“ Blake grinste und schaute hinaus auf das Gebäude. Er lehnte sich vor, als könne er es kaum erwarten, hineinzugehen und zu kämpfen. „Warum wirkt ihr alle so nervös? Natürlich haben wir das im Griff.“

Damit stiegen wir aus dem Wagen, sammelten unsere Waffen und liefen hinein.

KAPITEL DREI

D

ie Tür zum Hemlock Center öffnete sich mit einem lauten Knarren, und ich hielt den Atem an, während ich hineinspähte. Hinter der Tür lag ein riesiger Raum, zwei Stockwerke hoch, mit Balustraden im oberen Geschoss, die alles überblickten. Es war dunkel und muffig, die Kacheln hatten lauter Risse und die noch übrigen Möbelstücke waren morsch und verblichen. Der Wind zog durch die zerbrochenen Fenster, und einige Äste hatten sich sogar ihren Weg ins Innere gebahnt, als ob die Natur versuchte, das verlassene Gebäude zurückzuerobern.

„Siehst du etwas?“, flüsterte Kate hinter mir.

„Nein.“ Die Haare sträubten sich in meinem Nacken, und ich hielt meinen Bogen ausgestreckt vor mir, bereit zum Angriff. „Sollen wir einfach … reingehen?“

„Ich gehe vor.“ Blake öffnete die Tür weiter und schlenderte hinein. In der Dunkelheit war seine Silhouette kaum auszumachen. „Die Luft scheint rein zu sein“, sagte er nach einigen Sekunden. „Aber haltet eure Waffen bereit, nur für den Fall.“

Er nahm seine Pistole aus dem Halter, ebenso wie Kate. Chris hatte beide Messer gezückt, und Danielle zog ihr Katana aus der Scheide. Darius hatte uns beigebracht, uns in Kreisformation zu bewegen, mit dem Rücken zueinander, um alle Richtungen abzudecken. Obwohl wir genau für solche Situationen trainiert hatten, fühlte ich mein Herz so schnell schlagen, dass ich kaum atmen konnte. Zitternd hielt ich meinen Bogen fest. So nervös, wie ich war, würde ich in einem Kampf zu nichts nutze sein.

Blaue Energie würde mir jetzt helfen. Also stellte ich mir vor, wir würden langsam durch ein endloses Meer von Blau schreiten, das unsere Körper umgab … Ich atmete tief durch und zog die blaue Energie in mich hinein. Augenblicklich überkam mich kühle Ruhe. Mein Herz verlangsamte sich auf einen gleichmäßigen Rhythmus, und meine Schritte fühlten sich fester, kräftiger an. Zusammen mit der gelben Energie, die ich im Auto zu mir genommen hatte, wirkte alles ruhig und glasklar – ich hatte fast das Gefühl, im Dunkeln schärfer sehen zu können als vorher.

Wir erreichten die Mitte des Raumes. Ich schaute mich um und hielt mich bereit dafür, dass Orthros jede Sekunde hereinstürmte. Aber alles blieb still. Es war nichts zu hören außer unserem Atem.

„Was jetzt?“, fragte Danielle, ihre Stimme zitterte leicht.

„Jetzt locken wir den hässlichen Hund zum Spielen raus.“ Blake stand aufrechter und sah sich um. „Hey, Orthros!“, rief er, und seine Stimme hallte durch den leeren Saal. „Wir wissen, dass du hier drin bist!“

„Komm raus, wo immer du bist!“, rief Chris hinterher.

Wir warteten angespannt, aber nichts tat sich.

„Vielleicht ist er nicht so dumm, wie wir denken“, sagte Kate. „Wahrscheinlich müssen wir nach ihm suchen.“

„Und die Formation so früh aufbrechen?“, fragte Chris. „Hat Darius nicht gesagt, wir sollen uns immer gegenseitig decken?“

„Aber es nützt auch nichts, wenn wir hier herumstehen und nichts tun“, sagte Blake. „Es gibt vier Türen, die aus diesem Hauptraum herausführen. Jeder von uns sollte sich eine davon vornehmen. Aber wir schauen nur rein – wir gehen nicht hindurch. Nicole, du bleibst in der Mitte und hältst Wache.“

„Sicher“, sagte ich. Aber warum wollte Blake, dass ausgerechnet ich in der Mitte blieb und nichts tat? Wollte er mich beschützen, weil er sich um mich sorgte? Oder dachte er, ich sei die Schwächste, weil ich keine Macht über ein physisches Element besaß?

Er würde das nicht denken, wenn er wüsste, was ich mit meinem Element tatsächlich tun konnte. Dass, wenn ich es schaffen würde, nahe genug an Orthros heranzukommen und ihn zu berühren, der Hund in einer Sekunde tot wäre …

„Bei mir alles sauber“, sagte Chris und schloss die Tür. „Zumindest, soweit ich sehen konnte.“

„Bei mir auch“, sagte Kate. „Da drin sah nichts so aus, als hätte jemand in den letzten Jahren irgendetwas angerührt.“

Auf einmal hörte ich etwas von oben an der Balustrade – ein leises, tiefes Knurren. Hatte ich mir das eingebildet? Ich hob meinen Bogen hoch und zielte mit dem Pfeil in die Richtung des Geräuschs. „Hat das jemand von euch gehört?“, flüsterte ich.

Chris trat neben mich, seine Messer bereit. „Was gehört?“, fragte er.

Ein weiteres Knurren rumorte durch den zweiten Stock, diesmal lauter. Dann hörte ich leise Schritte, wie tapsende Pfoten. Keine Frage – das musste Orthros sein.

Die Schritte hörten auf, und wir starrten gebannt nach oben. Plötzlich ertönte ein wütendes Bellen, und eine vertraute Gestalt tauchte über dem Geländer auf: zwei knurrende, sabbernde Hundsköpfe mit aufgerissenen gelben Augen. Er schnappte bedrohlich mit seinen Mäulern, dann sprang er auf die Brüstung und starrte uns mit gesenkten Köpfen an. Er machte sich bereit, sich von oben auf uns zu stürzen.

„Denk gar nicht erst dran“, sagte Blake, hob seine Pistole und feuerte einen Schuss auf den Hund ab.

Der Schuss hätte perfekt getroffen – direkt in die Brust –, aber der Hund klappte blitzschnell seinen metallisch schimmernden Skorpionschwanz nach vorne und die Kugel prallte daran ab. Das Geschoss pfiff geradewegs zu uns zurück – Chris riss die Hände hoch, und die Kugel machte eine scharfe Kurve vor mir weg und blieb direkt vor ihm schweben.

Er pflückte sie aus der Luft und schnippte sie weg. „Ein Glück für dich, dass ich das mit Kate geübt habe“, sagte er zu mir. „Denn ich bin mir nicht sicher, ob deine Heilkräfte ausreichen würden, um einen Schuss durchs Gehirn zu reparieren.“

„Lass es uns nicht testen“, sagte ich und ließ einen Pfeil in Richtung des Hundes fliegen. Er vergrub sich tief in seiner Pfote, wo sein Schwanz ihn nicht schützte, und einer der Köpfe stieß ein Heulen aus. „Keine Pistolen mehr heute Abend“, sagte ich zu Blake und Kate. „Wir können nicht überall Kugeln herumfliegen lassen.“

„Keine Einwände.“ Blake schob seine Waffe in den Halter und zog sein Feuerzeug aus der Tasche. Schatten flackerten durch den Saal, als er einen Feuerball vor sich erzeugte. „Ich bin sowieso besser mit meinen Kräften.“

Er warf den Feuerball auf den Hund, aber dieser machte einen Satz von der Balustrade hinunter, und die Flammen verglühten wirkungslos an der Wand. Die Kacheln knackten unter seinen Pfoten, als der Hund in der Mitte des Saals landete und meinen Pfeil einfach unter sich zerbrach. Knurrend sah er sich nach uns um. Dann stürzte er sich plötzlich auf die Eingangstür, um zu fliehen.

„Nicht so schnell.“ Kate hob die Arme, und draußen schossen knarrend die Zweige eines Baums vor die Tür, um den Weg zu versperren. „So leicht kommst du nicht davon.“

Sofort war Danielle zum Hund gerannt und schwang ihr Schwert. Aber der Hund hob seinen Skorpionschwanz schützend vor sich, und die Klinge prallte mit einem lauten Klirren ab. Eine Sekunde lang starrten sie sich finster an, als plötzlich ein Messer durch den Raum flog – geworfen von Chris. Es traf den Hund direkt in den Nacken.

Er heulte vor Schmerz auf, und Danielle nutzte den Augenblick, um einen riesigen Bogen mit ihrem Schwert zu schlagen. Blut spritzte um sie herum, und das Jaulen des Hundes erstarb. Einer seiner Köpfe rollte direkt vor ihre Füße.

Sie starrte ihn mit offenem Mund an und trat einen Schritt zurück. Aber der Hund war noch am Leben. Sein verbliebener Kopf riss die Augen auf, und blitzschnell schlug sein Skorpionschwanz Danielle das Katana aus ihren Händen. Es schlitterte über den Boden, und Danielle schrie auf. Sie stürzte auf die Knie und hielt sich ihr Handgelenk – es war blutüberströmt.

„Blake!“, rief ich.

Blake warf einen Feuerball auf den Hund, und obwohl Orthros ausweichen konnte, gab mir das genug Zeit, um Danielle am unverletzten Arm zu fassen und in die Ecke des Saals zu ziehen. Ich schaute auf. Blake, Kate und Chris umzingelten den Hund von drei Seiten, Blake mit Feuerbällen in der Hand und Chris mit Messern, die vor ihm schwebten. Wenn ich den Hund doch nur berühren könnte, so wie bei der Harpyie … Aber ich konnte ihnen jetzt nicht helfen. Ich musste Danielle heilen. Für den Augenblick mussten die drei den Hund allein in Schach halten.

Ich nahm Danielles Handgelenk und sah mir die Wunde an. Blut strömte ihren Arm entlang und auf den Boden. „Er hat eine Schlagader erwischt“, sagte ich. „Du verlierst zu viel Blut. Halte still.“

„Okay.“ Sie nickte, ihr Gesicht war blass.

Ich drückte meine Handfläche gegen die Wunde an ihrem Handgelenk und schloss die Augen. Meine ganze Hand war voll von ihrem Blut. Ich stellte mir vor, wie sich der Schnitt für sie anfühlen musste – die gespaltene, klaffende Haut, der brennende Schmerz und die kalte Ohnmacht, die sie fühlen musste, während das Blut ihren Körper schneller verließ, als es nachproduziert werden konnte. Dann stellte ich mir warme, weiße Energie vor, die mich sanft umgab und allen Schmerz von mir nahm, bis nur noch Wohlgefühl übrigblieb. Als mich die weiße Energie völlig erfüllt hatte, lenkte ich sie in meine Handfläche und ließ sie in Danielles Wunde strömen. Meine Hand fühlte sich ganz warm an, während die Magie ihre Haut zusammenwachsen ließ. Nachdem das warme Glühen nachgelassen hatte, öffnete ich meine Augen und begutachtete ihren Arm.

„So gut wie neu.“ Ich lächelte beruhigt. Die Wunde war verschwunden. Ich wurde immer besser im Heilen. „Wie fühlst du dich?“

Sie erwiderte kühl meinen Blick, ihr Gesicht hart vor Entschlossenheit. „Bereit, dieses Ding endlich zu erledigen.“

Wir standen auf und näherten uns dem Hund, und ich vermied es, den abgeschlagenen Kopf anzusehen, während ich in sein Blut trat. Danielle hob ihr Katana auf, und ich hielt meinen Bogen fest, während ich beobachtete, wie der Kampf lief. Blake schoss Feuerbälle auf Orthros, eins seiner Ohren war bereits verkohlt. Chris versuchte, ihn mit seinen Messern zu erwischen, aber der Hund schlug sie mit seinem Schwanz immer wieder aus der Luft.

Kate stand etwas abseits und starrte konzentriert auf eine Marmorsäule. Sie streckte ihre Hände aus, und gerade, als der Hund vor der Säule stand, ließ sie sie umkippen. Krachend zerfiel sie auf dem Boden in Stücke, und Splitter der Bodenfliesen flogen in alle Richtungen. Staub wurde in dicken Wolken aufgewirbelt. Chris blies ihn kurzerhand weg, und aber der Hund war nirgends zu sehen. Die Säule hatte ihn verfehlt.

Ich ließ meinen Blick durch den Saal schweifen. Plötzlich entdeckte ich ihn. Er hatte die Staubwolke genutzt, um die Treppe hinaufzuspringen.

Ich legte einen Pfeil an und spannte die Sehne.

„Hey, Nicole!“, rief Blake, und ich wandte mich zu ihm um. „Fang!“

Er warf einen Feuerball in meine Richtung. Ich erstarrte vor Schreck, aber er traf zielsicher die Spitze meines Pfeils. Flammen loderten vor meinen Augen, und ich setzte den Schuss von neuem an.

Der Hund hatte sich gerade zu mir umgedreht und knurrte mich von der Treppe aus wütend an. Es klang geradezu hilflos. Er musste verstehen, dass er gegen uns fünf keine Chance hatte. Aber ich hatte keine Zeit zu verlieren. So eine Gelegenheit würde sich so schnell nicht wieder ergeben. Ich wusste, wohin ich zielen musste. Ich holte tief Luft und ließ die Bogensehne los.

Der Pfeil traf den Hund direkt in die Brust.

Es heulte auf und stürzte die Treppe hinunter. Unten sackte er als dunkles Bündel auf dem Boden zusammen. Qualm stieg von ihm auf, und sein Kopf war in einem unnatürlichen Winkel vom Körper weggebogen. Seine Augen hatten ihr gelbes Leuchten verloren. Ich wusste, dass der Schuss gesessen hatte. Dann, genau wie beim ersten Mal, als Blake und ich ihn getötet hatten, flackerte sein Körper ein paar Mal, bevor er in der Dunkelheit verschwand. Übrig blieb nur eine Blutlache, die langsam durch die Rillen zwischen den Kacheln auf uns zufloss.

Stille herrschte im Saal. Langsam ging ich auf die Stelle zu, wo er zuletzt gelegen hatte, und hob den verrußten Pfeil auf, der einsam in der Blutlache lag. Ich wischte ihn an meinem Ärmel ab und legte ihn zurück in meinen Köcher.

Wir hatten es geschafft.

Danielle gesellte sich zu mir und schlug dort, wo er verschwunden war, probeweise durch die Luft. „Er ist weg“, bestätigte sie und steckte ihr Schwert in die Scheide. „Das heißt, wir haben ihn getötet, richtig?“

„Nicht einfach getötet.“ Chris lachte und gab Kate ein High Five. „Wir haben ihn fertiggemacht.“

Meine Augen suchten die von Blake, und mein Herz schlug unruhig, als ich seinen grimmigen Ausdruck sah. Ich wusste, warum er nicht in Feierlaune war. Denn das Flackern und Verschwinden war genau so schon einmal passiert. Auch damals hatten wir gedacht, er sei tot.

Wir hatten vereinbart, den anderen nichts davon zu erzählen. Aber nach dem, was gerade passiert war, mussten sie die Wahrheit erfahren. Er nickte mir zu, was ich als Zeichen dafür nahm, dass er zustimmte.

„Ich glaube nicht, dass er tot ist“, sagte ich und starrte auf die Blutlache. „Ich habe schon einmal gegen dieses Monster gekämpft.“

KAPITEL VIER

„W

as meinst du damit, dass du schon einmal gegen es gekämpft hast?“, fragte Kate. „Das ist unmöglich. Das einzige Monster, das wir je gesehen haben, war die Harpyie. Und die haben wir zusammen getötet.“

„Es ist eine lange Geschichte …“, sagte ich und wusste nicht, wo ich anfangen sollte. Denn es war in der Nacht passiert, als Blake mich bat, mich mit ihm zu treffen, kurz nachdem ich hierher gezogen war. Damals waren er und Danielle noch zusammen gewesen. Wie sollte ich ihnen erzählen, was passiert war, ohne Danielle zu verletzen?

Zum Glück musste ich es gar nicht erst versuchen, denn Blake sprang ein. „Erinnert ihr euch alle an die Nacht, in der wir uns bei mir zu Hause getroffen haben? Als wir die Prophezeiung gelesen haben und feststellten, dass wir fünf Elementarkräfte haben?“, fragte er.

„Natürlich“, sagte Chris. „Wie könnten wir das vergessen?“

„In dieser Nacht, nachdem wir von Sophie’s Diner zurückkamen, konnten Nicole und ich nicht schlafen“, fuhr er fort. „Wir schrieben uns Nachrichten und wollten beide üben, unsere Kräfte einzusetzen. Anstatt alleine in unseren Häusern zu üben, schlug ich vor, dass wir uns gegenseitig helfen. Da wir damals noch keinen Trainingsraum hatten, gingen wir hier auf den Spielplatz.“

„Moment mal.“ Danielle hob die Hand, ihre Augen verengten sich. Ein scharfer Windzug wehte durch das zerbrochene Fenster herein, und ihr Haar wirbelte um ihr Gesicht, was sie noch hexenhafter aussehen ließ als sonst. „Ihr zwei habt euch mitten in der Nacht zum Training rausgeschlichen, ohne den Rest von uns einzuladen?“

„Ihr habt alle geschlafen“, sagte ich. „Und ihr wusstet alle schon euer ganzes Leben lang, dass ihr Hexen seid. Ich wusste es erst seit ein paar Tagen. Ich brauchte die Übung. Ich war nur dankbar, dass Blake mir seine Hilfe angeboten hat.“

„Aber der Spielplatz ist schon seit Wochen zerstört – seit diese Kinder dort Brandstiftung begangen haben …“ Kate brach den Gedanken ab, und sie sah Blake mit offenem Mund an. „Die Harpyie sagte etwas davon, dass sie Orthros nach euch geschickt hätte. Ihr beide habt das Monster doch nicht allein bekämpft … oder doch?“

„Doch. Das haben wir.“ Blake nickte, sein Ausdruck war hart.

„Es hat viel länger gedauert als heute Abend, und es gab ein paar Momente, in denen ich nicht wusste, was ich tun sollte. Ich dachte nicht, dass wir es schaffen würden“, sagte ich und sprach schnell, während ich die schreckliche Nacht in meinem Kopf noch einmal durchlebte. „Wir hatten noch keine Waffen, aber wir hatten Blakes Feuerkraft. Wir haben nur versucht, vor dem Hund wegzulaufen – wir dachten, wenn wir es zum Auto schaffen, könnten wir fliehen –, aber wir saßen oben auf dem Klettergerüst fest. Dann habe ich Blake gebeten, das Holz wegzubrennen, um eine der Affenstangen herauszuholen. Und dann … dann habe ich den Hund damit durchbohrt.“

Chris riss die Augen auf. „Durchbohrt? Nicht gerade die feine englische Art.“

„Orthros flackerte und verschwand dann, genau wie jetzt gerade“, sagte ich. „Wir dachten, wir hätten ihn getötet. Aber anscheinend haben wir das nicht. Denn jetzt ist er zurückgekommen.“

„Und wann bitte wolltet ihr uns davon erzählen?“, fragte Danielle und stützte ihre Hand auf den Griff ihres Schwertes. „Oder wolltet ihr es für immer geheim halten?“

„Wir wollten